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Montag, 2. Dezember 2024

Ein spätbronzezeitliches Metallhandwerkerdepot vom Tabor bei Kamegg, p.B. Horn, Niederösterreich

Raimund Karl[1] und Robert Mann[2]

Abstract: In diesem Beitrag wird ein Metallhandwerkerdepotfund vom Tabor bei Kamegg vorgestellt und ausgewertet. Bestehend aus 9 Kreisrippenpunzen, einem Ösengewicht, zwei Bronzegusstropfen und einem Halbfabrikat einer Bronzenadel stellt dieses Depot den bisher größten bekanntgewordenen Satz spätbronzezeitlicher Werkzeuge zur Verzierung von Metallblechen mit Ringbuckelverzierungen und gleichzeitig den österreichweit ältesten Beleg für die Verwendung von Laufgewichtswaagen dar.

Trotz mehrerer Versuche, diesen außergewöhnlich bedeutenden Fundkomplex bei alternativen Fundmeldestellen zu melden und der Fachwelt bekannt zu machen, dauerte es 7 Jahre bis eine Fundmeldung erfolgreich ans BDA erstattet werden konnte, das trotz der offensichtlichen Bedeutung des Fundes und seines Fundortes die gesetzlichen Fristen des § 9 Abs. 2 DMSG igF (BGBl. I Nr. 41/2024) ungenutzt verstreichen hat lassen und somit festgestellt hat, dass es sich weder bei diesem Depotfund noch bei der insgesamt ca. 17 ha großen Höhensiedlung am Tabor bei Kamegg um „archäologische Denkmale“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG igF handelt.

Mängel im archäologischen Fundmeldewesen sind, wie in diesem Beitrag gezeigt wird, daher nicht den Finder*innen anzulasten, sondern sind primär gravierendem und systematischen Behörden- und Fachversagen geschuldet.

Montag, 15. April 2024

Raubarchäologie?

Reichsbund für deutsche Vorgeschichte, SS-Ahnenerbe
und die dauerhafte Fundverwahrungspflicht des neuen Denkmalschutzgesetzes

Raimund Karl 

Abstract: In diesem Beitrag wird anhand von Beispielen aus der Zeit zwischen 1939-1945 und der Gegenwart gezeigt, dass die „Raubarchäologie“, betrieben vorwiegend durch professionelle Archäologen des Reichsbunds für deutsche Vorgeschichte und des SS-Ahnenerbe, nicht primär die Folge des (ebenfalls zweifellos vorgekommenen, aber ganz anders gelagerten) „Missbrauchs“ des Faches („der Archäologie“) und der archäologischen Denkmalpflege durch eine totalitäre politische Strömung (durch die NSDAP) war. Vielmehr war sie primär und hauptsächlich durch die seit den Anfängen sowohl des Faches als auch der (anfänglich noch nicht, aber seit dem frühen 20. Jahrhundert überwiegend „staatlichen“) archäologischen Denkmalpflege etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts dominanten, innerfachlichen, ebenso totalitären Ideologie des sogenannten (archäologischen) „Erhaltungsparadigmas“ bzw. des „autorisierten Denkmaldiskurses“ [AHD] verursacht und verschuldet. In höchst bedenklicher Weise ist diese Ideologie innerfachlich immer noch dominant und führt, wie ein konkretes und ganz aktuelles Beispiel zeigt, auch in einem demokratischen Verfassungsstaat wie der Republik Österreich zu – zwar in ihrer Brutalität und Grausamkeit nicht mit jenen des Dritten Reichs vergleichbaren, so doch in ihren Ergebnissen in Hinblick auf den Umgang mit der Archäologie – sehr ähnlichen Konsequenzen; also ebenfalls zu einer – nur geringfügig von der des Dritten Reichs unterschiedlichen – „Raubarchäologie“.

Für „das Fach“ in seiner Gesamtheit – das sich niemals ernsthaft mit der Frage beschäftigt hat, ob es (und nicht nur einzelne „faule Äpfel“ unter seinen Angehörigen) (schon vor,) während des Dritten Reichs (und seither) selbst etwas fundamental falsch gemacht hat und mit seiner eigenen Ideologie etwas nicht stimmen könnte, das maßgeblich zum menschenverachtenden Handeln (vieler) seiner Angehörigen geführt hat, sondern sich stattdessen ein bequemes exkulpatorisches Narrativ, „Opfer des politischen Missbrauchs durch die Nazis“ geworden zu sein, zusammengebastelt hat – und für alle Archäolog*innen als Individuen ist diese Erkenntnis von enormer Bedeutung. Denn sie stellt „das Fach“ wie auch jede*n Einzelne*n von uns vor eine schwierige Entscheidung: ob wir „als Fach“ und individuelle Archäolog*innen in einer demokratischen, auf der Achtung der Menschenwürde und der individuellen Grund- und Menschenrechte beruhenden Gesellschaft leben wollen und daher unsere innerfachliche Ideologie fundamental ändern müssen; oder ob wir die autokratischen Herrscher einer menschenverachtenden Archäokratur sein wollen.

Freitag, 28. Oktober 2022

„Wenn ich etwas sage, dann ist das so“

Sachverständigenäußerungen in der archäologischen Denkmalpflege

Raimund Karl

Abstract: Sachverständigengutachten und sonstige sachverständige Äußerungen spielen im archäologischen Denkmalschutz eine besonders bedeutende Rolle, weil die meisten Verwaltungsentscheidungen in diesem Bereich letztendlich auf Basis dieser Grundlage getroffen werden. Anhand der Akteninhalte einiger konkreter Fälle im Bereich der Erteilung von Grabungsgenehmigungen gem. § 11 Abs. 1 DMSG wird in diesem Beitrag gezeigt, dass die Amtssachverständigen des Bundesdenkmalamtes weder unvoreingenommene und unparteiische Ermittlungen anstellen noch Amtssachverständigengutachten erstellen, die den Anforderungen des Gesetzes oder des Hauptverbands der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen entsprechen. Gleichermaßen wird gezeigt, dass die Ermittlungen der Amtssachverständigen sämtliche Grundprinzipien wissenschaftlicher Integrität und Ethik verletzen und deren Tätigkeit stattdessen der Definition von wissenschaftlichem Fehlverhalten entspricht. Statt ihre Aufgabe zur unvoreingenommenen, objektiven, sachlichen und unparteilichen Ermittlung des tatsächlichen Sachverhalts durch den Regeln der Kunst entsprechende wissenschaftliche Nachforschungen zu erfüllen, versuchen sie durch autoritäre Äußerungen und, falls erforderlich, eklektische Erhebungen von ihre Vorurteile zu bestätigen scheinenden Quellen ihren subjektiven Willen und die von ihnen präferierten wissenschaftlichen Fachmeinungen willkürlich durchzusetzen.

Dienstag, 6. September 2022

Nicht denkmalgeschützte geschützte Denkmale?

 Ein Plädoyer für eine begriffliche Entwirrung

Raimund Karl

Abstract: Aufgrund der im österreichischen Denkmalschutzgesetz (DMSG) erstmals 1990 zusätzlich zum Begriff „Denkmal“ eingeführten Begrifflichkeiten des „Denkmals, das unter Denkmalschutz steht“ und des „Bodendenkmals“ und deren inkonsistenter Verwendung im Gesetz kommt es (wohl schon seit 1991, aber gehäuft merklich in den letzten paar Jahren) zu widersinnigen Anwendungen gesetzlicher Bestimmungen des DMSG. Das Paradebeispiel dafür ist die angeblich nur mit Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG gestattete Nachforschung zum Zweck der Entdeckung nicht denkmalgeschützter „“Denkmale“ im weitesten Sinn“, an deren Erhaltung zwar gar kein öffentliches Interesse besteht, die aber anscheinend doch vor Versuchen, sie durch „Forschungsgrabungen“ zu entdecken oder zu untersuchen, geschützt sind. Derartige nicht denkmalgeschützte geschützte Denkmale darf daher ihr Eigentümer (oder von diesem ermächtigte Personen) zu nahezu jedem beliebigen Zweck willkürlich zerstören, verändern oder auch ins Ausland verbringen, nur eines darf er nicht: sie zu Entdecken oder Untersuchen versuchen. In diesem Beitrag wird die diesen Unsinn verursachende Begriffsverwirrung diskutiert und ein Lösungsvorschlag gemacht, mit dem man diese Begriffsverwirrung sehr leicht beseitigen könnte.

Mittwoch, 24. August 2022

Ab- oder Zurückweisen?

Bemerkungen zu einer außerordentlichen Revision des Bundesdenkmalamtes

Raimund Karl

 

Abstract: Vor einigen Monaten berichtete ich im „Murmeltiertag“ über ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), in dem meine Beschwerde gegen einen abweisenden Bescheid des BDA über einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung für bauvorbereitende archäologische Voruntersuchungen auf meinem eigenen Grundstück in Wien aufrechterhalten, der Bescheid des BDA aufgehoben und mein ursprünglicher Antrag wegen Fehlens einer gesetzlichen Bewilligungspflicht für die von mir geplanten Arbeiten zurückgewiesen wurde. Gegen dieses Erkenntnis hat das BDA außerordentliche Revision erhoben, scheinbar, weil es geglaubt hat, dass sein Bescheid in rechtswidriger Weise aufgehoben und mein ursprünglicher Antrag zu Unrecht zurückgewiesen wurde; tatsächlich wohl aber eher, weil es sich auf diesem Weg vor dem von mir im „Murmeltiertag“ geäußerten, begründeten Verdacht schützen wollte, dass seine Organe amtsmissbräuchlich gehandelt haben könnten bzw. sogar dürften, als sie meinen Antrag abgewiesen haben. In diesem Beitrag wird auf diese außerordentliche Revision genauer eingegangen und gezeigt, wie absurd das Beschwerdevorbringen des BDA in diesem Schriftsatz ist. Tatsächlich wurde diese Revision inzwischen auch von Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zurückgewiesen, weil das BDA in seiner Begründung nicht dargestellt hat, dass es einen berechtigten Beschwerdegrund hatte.

Freitag, 5. August 2022

Quo usque tandem abutere, Bundesdenkmalamt, officium vestrum?

Ein weiteres Erkenntnis des BVwG zur Grabungsgenehmigungspflicht in Österreich

Raimund Karl

Abstract: Das österreichische Bundesdenkmalamt (BDA) behauptet seit Jahrzehnten, dass die Metallsuche in Österreich flächendeckend ohne Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz (DMSG) verboten ist. Wie das jüngste Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) zu dieser Rechtsfrage zeigt, ist diese Rechtsmeinung unrichtig. Vielmehr ist die Metallsuche auf allen Bodenflächen, von denen keine konkreten Hinweise auf das dortige Vorkommen von denkmalschutzrelevanten Gegenständen öffentlich bekannt sind, ohne denkmalrechtliche Genehmigung generell erlaubt, solange der Nachforschende damit nicht subjektiv die Entdeckung von Denkmalen bezweckt.

In diesem Beitrag wird das einschlägige Erkenntnis des BVwG und dessen Konsequenzen ebenso diskutiert wie die Frage, weshalb das BDA den verfahrenseinleitenden Antrag des Autors dieses Beitrags abgewiesen hat, obwohl völlig offensichtlich war, dass eine Genehmigungspflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG für das geplante Vorhaben nicht erforderlich sein konnte, war doch das Untersuchungsgebiet explizit auf jene Bodenflächen in der gesamten Gemeinde Wieselburg (Stadt & Land) beschränkt, von denen jedweder Hinweis auf das dortige Vorkommen von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG oder auch nur Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG fehlt. Es besteht der begründete Verdacht, dass die entscheidungsbefugten Organe der Behörde in diesem Fall subjektiv willkürlich gehandelt haben und absichtlich die Grund- und Menschenrechte des Autors dieses Artikels einschränken wollten bzw. eingeschränkt haben, obwohl dafür jedwede gesetzliche Grundlage fehlt.

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Freitag, 17. Dezember 2021

Jeder kann Fundberichte schreiben?

Eine Beurteilung der Qualität der Fundberichte aus Österreich 2015 

Abstract: In diesem Beitrag wird eine Beurteilung der Qualität der in den Fundberichten aus Österreich veröffentlichten archäologischen Feldforschungsberichte für das Berichtsjahr 2015 vorgestellt. Diese – durchschnittlich gute – Qualität unterscheidet sich allerdings unbeachtlich aller „Normierungsversuche“ der letzten Jahrzehnte teilweise deutlich von Berichtsautor*in zu Berichtsautorin*in, aber auch in anderer Beziehung. So zum Beispiel sind die Berichte aus einigen Bundesländern durchschnittlich signifikant besser als die aus anderen; und auch Berichte bestimmter Typen von Organisationen deutlich besser als die bestimmter anderer Typen von Organisationen. Dabei lässt sich feststellen, dass die Berichte von privaten Grabungsfirmen im Durchschnitt geringfügig besser sind als die von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen, öffentlichen Museen, Stadtarchäologien etc., während solche von Mitarbeiter*innen des BDA in ihrer Qualität nicht nur deutlich hinter den Berichten aller anderen Arten von Organisationstypen zurückbleiben, sondern sogar durchschnittlich negativ zu beurteilen sind. Ebenfalls beachtenswert ist, dass wenigstens tendenziell die besseren Feldforschungsberichte überwiegend von jungen, noch nicht besonders arrivierten Kolleg*innen zu stammen scheinen, während gerade ältere, arrivierte Kolleg*innen in fachlichen Leitungspositionen des öfteren qualitativ mangelhafte Berichte abzugeben scheinen.

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Murmeltiertag

Zum Erkenntnis des BVwG vom 23.11.2021, W183 2245662-1/3E zur Grabungsgenehmigungsregelung in Österreich

Abstract: Die Genehmigungsvorschrift des § 11 Abs. 1 DMSG hat in den letzten Jahren bereits mehrfach die Verwaltungsgerichte beschäftigt, obwohl die Rechtslage eigentlich als eindeutig zu bezeichnen ist. Die fortgesetzte Weigerung des BDA, seine Spruchpraxis gesetzeskonform zu gestalten, hat nun dazu geführt, dass sich ein weiteres Erkenntnis des BVwG (vom 23.11.2021, W183 2245662-1/3E) zu den bereits vorhandenen Erkenntnissen (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008; LVwG Steiermark 22.1.2018, LVwG 30.37-3312/2015-44; BVwG 11.9.2017, W183 2168814-1/2E; 19.9.2018, W 195 2197506-1/11E) hinzugesellt, das in diesem Beitrag genauer besprochen wird.

Im gegenständlichen Fall ging es um eine geplante bauvorbereitende archäologische Untersuchung meines Grundstückes in Wien 13 vor Beginn der Errichtung eines Einfamilienhauses. Obgleich ich bei der geplanten archäologischen Nachforschung weder subjektiv die Entdeckung bzw. Untersuchung von Denkmalen bezweckt hatte noch objektiv – auch nach Ansicht des BDA – konkrete Hinweise auf das dortige Vorkommen irgendwelcher denkmalschutzrelevanten Gegenstände vorlagen, hat das BDA meinen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 DMSG abgewiesen statt – wie es das tun hätte müssen – ihn wegen Unzuständigkeit der Behörde zurückzuweisen. Das BVwG hat in seinem hier besprochenen Erkenntnis die rechtswidrige Abweisung meines Antrags korrigiert und diesen unter der expliziten Feststellung zurückgewiesen, dass für die von mir geplante Maßnahme eine Grabungsgenehmigungspflicht nach § 11 Abs. 1 DMSG nicht besteht.

In diesem Beitrag wird diskutiert, wie und warum es zu diesem Erkenntnis gekommen ist, weshalb die Zurückweisung der einzig mögliche Ausgang des Verfahrens gewesen ist, und was die Konsequenzen dieses Erkenntnis für archäologische Forschung und archäologischen Denkmalschutz in Österreich sind.

Donnerstag, 3. September 2020

Wer hat soviel Pinke-Pinke, wer hat soviel Geld?

Finanzierungspflichten für ‚denkmalpflegerisch notwendige‘ archäologische Maßnahmen in Österreich


Abstract: Das österreichische Bundesdenkmalamt (BDA) tut seit wenigstens drei Jahrzehnten so, als ob archäologische Rettungsgrabungen im Kontext geplanter Baumaßnahmen vom Vorhabenträger entsprechend dem in der Valletta-Konvention angedeuteten Verursacherprinzip finanziert werden müssten. Eine genaue Analyse der tatsächlichen Rechtslage zeigt jedoch, dass dies – außer unter ganz bestimmten Voraussetzungen bei nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) genehmigungspflichtigen Vorhaben – durch das österreichische Denkmalrecht nicht vorgesehen ist.

Ganz im Gegenteil, das Denkmalschutzgesetz (DMSG) trennt scharf zwischen Erhaltungsmaßnahmen, die jeder durchschnittlich sorgfältige Eigentümer aus eigenem Antrieb laufend durchführen würde, die Eigentümern, Vorhabenträgern bzw. Antragstellern, die um denkmalrechtliche Genehmigungen (darunter solche für die geplante Veränderung bzw. Zerstörung geschützter Denkmale) angesucht haben, rechtmäßig aufgetragen werden können; und über diese ‚passive‘ Denkmalerhaltungspflicht hinausgehende ‚aktive‘ Erhaltungs- und Erforschungsmaßnahmen, die zum Nutzen der Öffentlichkeit durchgeführt werden und deren Kosten daher auch von der öffentlichen Hand zu tragen sind. Denn das erklärte ausschließliche Regelungsziel des DMSG und seiner relevantesten Schutzbestimmung, der des § 4 Abs. 1, ist die in Erscheinung, Wirkung und Substanz unveränderte Bewahrung geschützter Denkmale vor Zerstörung, Veränderung und Verbringung ins Ausland.

Eine Erhaltung von (archäologischen oder beliebigen sonstigen) Denkmalen durch wissenschaftliche Dokumentation ihrer Zerstörung ist hingegen im DMSG nicht vorgesehen, sondern vielmehr dem gesetzlichen Regelungsziel diametral entgegengesetzt. Um die dadurch verursachten Probleme zu lösen – zu denen nicht zuletzt gehört, dass das BDA durch Vorspiegelung falscher Tatsachen der ‚Privatwirtschaft‘ massiven wirtschaftlichen Schaden verursacht hat, um notwendige archäologische Feldforschungen finanzieren zu können – ist entweder eine grundlegende Neuregelung des österreichischen Denkmalrechts oder eine massive Aufstockung der personellen und finanziellen Ausstattung des BDA, oder sogar beides, dringend erforderlich.

Donnerstag, 27. August 2020

Schutz für oder vor archäologischer Forschung?


Abstract: Das österreichische Bundesdenkmalamt [BDA] behauptet seit Jahrzehnten, dass alle Grabungen und sonstigen Nachforschungen an Ort und Stelle zur Entdeckung von archäologischen Hinterlassenschaften seiner Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz [DMSG] bedürfen. Seit der DMSG-Novelle 1999 besagt dieser Paragraf zudem, dass eine derartige Bewilligung ausschließlich an physische Personen erteilt werden kann, die ein einschlägiges (archäologisches) Universitätsstudium abgeschlossen haben. Archäologische Ausgrabungen (und sonstige archäologische Nachforschungen an Ort und Stelle) dürfen daher laut BDA in Österreich nur unter Leitung durch professionelle ArchäologInnen durchgeführt werden.
Wie diverse jüngere Erkenntnisse der österreichischen Gerichte zeigen, ist diese Interpretation der Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG jedoch entweder grundfalsch; oder § 11 Abs. 1 DMSG ist in seiner Gesamtheit grundsätzlich verfassungswidrig. In diesem Beitrag wird anhand eines für die Frage der Anwendbarkeit der § 11 Abs. 1 DMSG zentralen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG-ST) gezeigt, wie absurd die bisherige und immer noch aufrechterhaltene Anwendungspraxis dieses Paragrafen durch das BDA ist.

Mittwoch, 18. März 2020

Umfrage Archäologie und Denkmalpflege 2020

Umfrage Archäologie und Denkmalpflege 2020
https://surveygoldcloud.com/s/70026159A5B546DD/42.htm
Mittels der Umfrage 'Archäologie und Denkmalpflege 2020' soll die Meinung verschiedener Personengruppen mit Interessen an Archäologie und Denkmalpflege zur Bedeutung archäologischer Funde und Fundstellen sowie deren Erhaltung und Erforschung ermittelt werden.
Untersucht werden die Fragen:
  • welche Funde und Fundstellen erhalten werden sollen,
  • wem Funde und Fundstellen gehören sollen,
  • wer für die Kosten der Erhaltung und Erforschung von Funden und Fundstellen aufkommen soll,
  • ob privater Erwerb von Funden und Fundstellen generell verboten sein sollte,
  • ob Privateigentümer von Funden und Fundstellen dieser enteignet werden sollten,
  • ob allfällige Enteignete eine Entschädigung und wenn ja in welcher Höhe erhalten sollen,
  • unter welchen Umständen Notgrabungen durchgeführt werden sollten,
  • ob die Erhaltung oder die Erforschung archäologischer Funde und Fundstellen wichtiger ist,
  • welche archäologischen Forschungsmaßnahmen bezahlt werden sollten,
  • von wem und bis in welcher Höhe diese Forschungsmaßnahmen bezahlt werden sollten, und
  • wenn private und öffentliche Interessen an Archäologie miteinander in Konflikt geraten, welchen davon der Vorrang vor den anderen zukommen sollte.
Darüberhinaus werden diverse für die Auswertung als relevant erachtete demografische Daten erhoben.
Die Beantwortung der Umfrage ist voll anonymisiert, personenbezogenen Daten, die eine Identifikation des/der Beantwortenden ermöglichen, werden zu keinem Zeitpunkt aufgezeichnet.
TeilnehmerInnen müssen bestätigen, dass sie älter als 18 Jahre sind und der Verwendung der von ihnen übermittelten Antworten für wissenschaftliche Analysen und Veröffentlichungen zustimmen.
Die Beantwortung der Umfrage dauert ca. 15 Minuten.
Eine Auswertung der wichtigsten Ergebnisse der Umfrag wird nach ihrem Abschluss hier auf der 'Archäologische Denkmalpflege' (https://archdenk.blogspot.com/) veröffentlicht.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Umfrage beantworten könnten, wenn Sie ein Interesse an Archäologie haben oder auch nur völlig unbeabsichtigt aus beruflichen Gründen oder als Eigentümer archäologischer Funde oder Fundstellen gelegentlich oder regelmäßig mit Archäologie in Kontakt kommen.

Freitag, 14. Februar 2020

Lotterie spielen oder Milch kaufen?


Zur Frage der Zielgerichtetheit von Nachforschungen

Abstract: Denkmalrechtliche Nachforschungsgenehmigungsbestimmungen sind heute eines der wichtigsten, wenn nicht sogar das wichtigste Rechtsinstrument, das die archäologische Denkmalpflege zum Schutz archäologischer Hinterlassenschaften vor Gefahren verwendet, die diesen – ob nun angeblich oder tatsächlich – von im Zusammenhang mit oder gar zur Herbeiführung ihrer Entdeckung gesetzten Handlungen ausgehen. Viele Archäologieinteressierte, ArchäologInnen und auch wenigstens einige archäologische DenkmalpflegerInnen interpretieren die entsprechenden denkmalrechtlichen Bestimmungen als allgemeine Pflicht, vor Beginn von Nachforschungen, die – und sei es nur rein hypothetisch – zur Entdeckung von archäologischen Überresten führen könnten, eine denkmalbehördliche Genehmigung zu beantragen und erteilt zu bekommen. Sie gehen daher davon aus, dass „die theoretisch nie auszuschließende Möglichkeit, dass sich ein möglicher Fund als potentielles Kulturdenkmal herausstellt“ (AG Buchen 16.8.2017, 1 OWi 25 Js 6341/17, 3), bereits ausreicht, um die Nachforschungsgenehmigungspflicht auszulösen und daher jede ungenehmigte Nachforschung rechtswidrig ist und bestraft werden kann.

Wie in diesem Beitrag gezeigt wird, ist diese Ansicht jedoch ganz grundsätzlich falsch: genehmigungspflichtig sind nämlich nur solche Nachforschungen, bei denen der Handelnde gezielt (d.h. mit dolus directus 1. Grades) die Entdeckung des gesetzlichen Schutzgegenstandes (d.h. Denkmalen) herbeizuführen versucht, die vorhersehbare Entdeckung wissentlich (d.h. mit dolus directus 2. Grades) oder billigend (d.h. mit dolus eventualis) in Kauf nimmt oder wenigstens fahrlässig die im Rahmen der gewöhnlichen Sorgfaltspflicht zur Verhinderung des Eintretens der Entdeckung erforderlichen Vorkehrungen nicht trifft. Dass ein Nachforschender mit diesem dolus directus, dolus eventualis oder fahrlässig gehandelt hat, setzt allerdings denknotwendig voraus, dass er tatsächlich Denkmale entdecken wollte oder konkrete Hinweise darauf vorliegen hatte (oder bei Beachtung seiner Sorgfaltspflicht vorliegen gehabt hätte), dass seine Handlungen am Tatort den verbotenen Taterfolg voraussichtlich herbeiführen werden; und dass das tatsächlich der Fall war, ist in einem allfällig angestrengten Strafverfahren dem Tatverdächtigen nachzuweisen.

Wie in diesem Beitrag ebenfalls gezeigt wird, kann dieser Nachweis allerdings überhaupt nur dann erbracht werden, wenn am Tatort tatsächlich Denkmale vorkommen und – außer in extrem seltenen Ausnahmefällen –diese Tatsache auch tatsächlich öffentlich oder wenigstens subjektiv dem Tatverdächtigen bekannt ist. Denn nur, wenn das der Fall ist, kann er überhaupt vorsätzlich Denkmale zu entdecken versucht, eventualvorsätzlich ihre Entdeckung billigend in Kauf genommen oder diese wenigstens fahrlässig nicht verhindert haben.
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Freitag, 27. Dezember 2019

Immaterielles Kulturerbe Archäologie

und die archäologische Standesidentität


Abstract: Mit dem Begriff Archäologie werden normalerweise insbesondere materielle Sachen verbunden, insbesondere Fundgegenstände, die man in der Landschaft finden, oder aber ausgraben muss; wobei insbesondere das Ausgraben von Funden als die typische Aufgabe von ArchäologInnen angesehen wird. Diese ArchäologInnen sehen sich selbst nicht erst heutzutage als die Hüter der verlorenen Kulturschätze der Menschheit, um die sie sich zum Wohle der Allgemeinheit als die dazu ausschließlich befugten ExpertInnen kümmern wollen und sollen, ja sogar dazu verpflichtet sind. Es geht, so scheint es, bei Archäologie ausschließlich um das materielle Kulturerbe, dessen stets unvoreingenommene und selbstlose Verwalter jene hochqualifizierten WissenschafterInnen sind, die ordentlich gelernt haben, was archäologisches Kulturerbe ist und wie man mit ihm umgeht, und die nun dieses Wissen völlig emotionslos in der Praxis anwenden, um den objektiv bestmöglichen Schutz des archäologischen Kulturerbes zu erreichen.

In diesem Beitrag zeige ich, dass tatsächlich die Archäologie nicht primär materielles, sondern in erster Linie immaterielles Kulturerbe ist, eine bestimmte, ganz spezifisch gestaltete (und sich auch über die Zeit verändernde, ursprünglich „westliche“) kulturelle Praxis, die bereits seit der Antike hauptsächlich dem Zweck dient, Geschichte(n) über die Vergangenheit zu erzählen. Gleichzeitig dient diese kulturelle Praxis und die für ihre Ausübung charakteristischen Ausdrucksformen, Darstellungsweisen, Wissen und Fertigkeiten sowie die damit verbundenen Werkzeuge, Objekte, Artefakte und kulturellen Räume der archäologischen Fachwelt als Instrument zur Konstruktion ihres Identitäts- und Kontinuitätsgefühls und macht somit aus „den ArchäologInnen“ eine Kulturerbegemeinschaft im Sinne internationaler kulturschützender Rechtsinstrumente wie der Faro-Konvention und der UNESCO-Übereinkommen zum Schutz und der Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen und zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes. Das hat signifikante Konsequenzen, nicht nur dafür, wie wir uns selbst und unser archäologisches und denkmalpflegerisches Handeln betrachten und beurteilen sollten, sondern vor allem auch für die Organisation der staatlichen Denkmalpflege, die in Anbetracht dieser Tatsache grundlegend überdacht werden muss und stark reformbedürftig erscheint.

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Donnerstag, 16. Mai 2019

EAA-Wahlprüfsteine Archäologie und Kulturgutschutz für die EU-Parlamentswahlen 2019 - Resultate aus Österreich

Die von der EAA erarbeiteten Wahlprüfsteine "Archäologie und Kulturgutschutz" werden im folgenden Dokument im Wortlaut in deutscher Übersetzung widergegeben. Anschließend an jede Frage werden alle fristgerecht eingegangenen Parteiantworten unkommentiert und vollständig dokumentiert. Von den antretenden Parteien haben sich SPÖ, FPÖ, NEOS und KPÖ nicht und die ÖVP nur teilweise an dem Prozess beteiligt. Dafür liegt eine Antwort der für ein Antreten nicht ausreichende Unterstützungsunterschriften erreicht habenden Partei „Demokratische Alternative“ vor.
Zum Verfahren: Zur Arbeitserleichterung der Parteien waren zu jedem Wahlprüfstein mögliche Positionen als Antwortoptionen vorformuliert worden. Es bestand neben der Möglichkeit, eine dieser Optionen auszuwählen, bei jedem Wahlprüfstein die Möglichkeit einer frei formulierten Antwort. Die Wahlprüfsteine wurden in Österreich seitens der EAA am 15.4.2019 an alle Parteien versandt, die Unterstützungsunterschriften für ein Antreten bei der Europawahl gesammelt hatten (EP-Fraktion in Klammer): ÖVP (EVP), SPÖ (SPE), FPÖ (MENL), GRÜNE (EGP), NEOS (ALDE), EUROPA JETZT, KPÖ (EL), CPÖ, Demokratische Alternative, EUAUS, EU-NEIN, Liste Öxit, Volt Österreich. Alle Parteien, die nach Ablauf der Frist (30.4.) noch nicht geantwortet hatten, fragte die EAA am 30.4. erneut an und räumte eine Fristverlängerung bis 10.5.2019 ein. Nach Fristende langte noch eine allgemeine Antwort der ÖVP ein. Die Veröffentlichung der vorliegenden Antworten erfolgte am 15.5.2019. Die Parteien werden hier in der Reihenfolge ihrer Anordnung am Wahlzettel bzw. für nicht antretende Parteien in alphabetischer Reihenfolge angeführt. Alle schriftlichen Antworten der Parteien werden hier vollständig und unverändert wiedergegeben, lediglich das Layout wurde angepasst und offensichtliche Tippfehler bereinigt.
Zum unmittelbaren überblicksmäßigen Vergleich sind die von den Parteien gewählten Antwortoptionen in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Graue X = keine Antwort, schwarze Buchstaben = entsprechende vorgegebene Option ausgewählt, blaue Buchstaben = vorgegebene Option plus Freitextantwort gewählt.


ÖVP
SPÖ
FPÖ
GRÜNE
NEOS
EUROPA JETZT
KPÖ

Demokr. Altern.
I. Planung
X
X
X
a
X
a
X

d
II. Agrarpol.
X
X
X
d
X
a
X

d
III.a Eigentum
X
X
X
b
X
b
X

d
III.b Metallsuche
X
X
X
a
X
a
X

a
III.c Umsetzung
X
X
X
a
X
b
X

a, b, c
IV. Mobilität
X
X
X
e
X
b
X

a, b, c
V. Open Access
X
X
X
b
X
b
X

d

Dienstag, 19. Februar 2019

Wie viele Fundmeldungen braucht das Land?


Abstract: In diesem Beitrag zeige ich, dass es nahezu vollkommen gleichgültig ist, wie viele Fundmeldungen pro Jahr durch MetallsucherInnen in Österreich abgegeben werden. Denn MetallsucherInnen in Österreich machen alljährlich so viele Funde, dass es für die professionelle Archäologie völlig unmöglich wäre, mit den eingehenden Fund- und Informationsmassen fertig zu werden, wenn alle davon alle ihre Bodenfunde oder auch nur Funde bedeutenderer archäologischer Gegenstände tatsächlich melden würden. Es ist daher weit weniger die Menge der eingehenden Fundmeldungen als vielmehr die Qualität der Auswahl der ‚richtigen‘, aus archäologisch-wissenschaftlicher und -denkmalpflegerischer Sicht wirklich ‚wichtigen‘ Funde, die ausschlaggebend dafür ist, ob Fundmeldungen wissenschaftlich und denkmalpflegerisch nützlich oder schädlich sind.

Da aber die meisten Finder von Bodenfunden keine ExpertInnen sind, stellt gerade diese notwendige Vorauswahl durch die Finder selbst ein ernsthaftes Problem dar: die FinderInnen können in der Regel derzeit gar nicht wissen, welche Funde sie nun melden sollen und welche nicht; weil wir uns seit Jahrzehnten standhaft weigern, ihnen auf auch nur ansatzweise verständliche Weise mitzuteilen, welche wir gemeldet bekommen wollen und welche nicht. Dies ist ein rein fachintern verursachtes Problem, das auch nur durch die Fachwissenschaft gelöst werden kann: wir müssen uns darauf einigen, was so wichtig ist, dass wir es unbedingt brauchen, und was nicht wichtig genug ist, um derzeit unsere stark beschränkten Ressourcen darauf verschwenden zu können. Wenn wir das Ergebnis dieses fachinternen Bewertungsprozesses dann im Wege von Bestimmungsbüchern mit archäologisch-wissenschaftlichen Wertangaben mit den interessierten Laien teilen, die – ob mit oder ohne Metallsuchgerät – nach Bodenfunden suchen (oder solche auch nur finden), dann werden wir auch viel eher die Fundmeldungen bekommen, die wir wollen und brauchen, weil sie uns etwas nützen.

Das müssen dafür dann nur erstaunlich wenige sein; eben weil es nicht auf die Quantität, sondern die Qualität der durch Meldungen gewonnenen Informationen ankommt. Damit wäre auch die Betreuung eines systematischen Fundmeldesystems – ob nun freiwillig oder gesetzlich vorgeschrieben – nicht allzu aufwändig: geschätzt würden dafür 11 Vollzeitstellen genügen. Ein solches System würde also kein Vermögen kosten, sondern wäre überschaubar.

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