Dienstag, 6. September 2022

Nicht denkmalgeschützte geschützte Denkmale?

 Ein Plädoyer für eine begriffliche Entwirrung

Raimund Karl

Abstract: Aufgrund der im österreichischen Denkmalschutzgesetz (DMSG) erstmals 1990 zusätzlich zum Begriff „Denkmal“ eingeführten Begrifflichkeiten des „Denkmals, das unter Denkmalschutz steht“ und des „Bodendenkmals“ und deren inkonsistenter Verwendung im Gesetz kommt es (wohl schon seit 1991, aber gehäuft merklich in den letzten paar Jahren) zu widersinnigen Anwendungen gesetzlicher Bestimmungen des DMSG. Das Paradebeispiel dafür ist die angeblich nur mit Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG gestattete Nachforschung zum Zweck der Entdeckung nicht denkmalgeschützter „“Denkmale“ im weitesten Sinn“, an deren Erhaltung zwar gar kein öffentliches Interesse besteht, die aber anscheinend doch vor Versuchen, sie durch „Forschungsgrabungen“ zu entdecken oder zu untersuchen, geschützt sind. Derartige nicht denkmalgeschützte geschützte Denkmale darf daher ihr Eigentümer (oder von diesem ermächtigte Personen) zu nahezu jedem beliebigen Zweck willkürlich zerstören, verändern oder auch ins Ausland verbringen, nur eines darf er nicht: sie zu Entdecken oder Untersuchen versuchen. In diesem Beitrag wird die diesen Unsinn verursachende Begriffsverwirrung diskutiert und ein Lösungsvorschlag gemacht, mit dem man diese Begriffsverwirrung sehr leicht beseitigen könnte.

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Ich habe mich in der „Archäologischen Denkmalpflege“ schon in meinem ersten hier veröffentlichten Beitrag und seither noch mehrmals damit beschäftigt, dass offensichtlich das österreichische Bundesdenkmalamt (BDA), aber teilweise auch die österreichischen Gerichte, bei der Auslegung der Bestimmungen des österreichischen Denkmalschutzgesetzes (DMSG) erhebliche Schwierigkeiten haben, den Sinn dieses Gesetzes bzw. seiner einzelnen Bestimmungen richtig zu erkennen. Sie haben daher auch Schwierigkeiten dabei, dieses Gesetz bzw. seine einzelnen Bestimmungen richtig anzuwenden. Richtig anwenden bedeutet dabei, das Gesetz so anzuwenden, dass dadurch das Ziel, das der Gesetzgeber zu erreichen versucht, tatsächlich erreicht wird bzw. – wenn dieses Ziel nicht vollständig erreicht werden kann – die größtmögliche Annäherung daran erreicht wird; d.h. der Wille, den der Gesetzgeber damit verfolgt hat, dass er dieses Gesetz bzw. seine einzelnen Bestimmungen erlassen hat, möglichst verwirklicht wird.

Damit das BDA bzw. die seine Entscheidungen nachkontrollierenden Gerichte das Gesetz richtig anwenden können, ist es also notwendig, dass sie tatsächlich den Willen des Gesetzgebers bzw. den Sinn des Gesetzes, das er erlassen hat, richtig erkennen. Dies wird allerdings in der Praxis dadurch maßgeblich erschwert, dass der Wortlaut des DMSG von einer nachgerade babylonischen Sprachverwirrung gekennzeichnet ist, insbesondere was die absolut zentralen Begriffe (geschütztes) Denkmal und Bodendenkmal betrifft, die dort verwendet werden. Zwar hat der Gesetzgeber in den Erläuterungen zu den Regierungsvorlagen zu den beiden jüngeren Novellen des DMSG (RV 1990; 1999) seine Absichten (d.h. seinen Willen) genauer zu erklären und damit auch die Verwirrung bezüglich des Sinns der von ihm – im Gesetzeswortlaut leider noch dazu höchst uneinheitlich – verwendeten Begriffe zu beseitigen versucht; der gewünschte Erfolg scheint jedoch bisher nicht bzw. bestenfalls in sehr geringem Maß (und auch nur deshalb, weil zahlreiche an sich unnötige Gerichtsverfahren angestrengt wurden, um zu dieser Klärung beizutragen) eingetreten zu sein.

§ 1 Abs. 1 erster Satz DMSG, heute und gestern

Die hauptsächliche Ursache für das bestehende Problem ist die in § 1 Abs. 1 erster Satz DMSG enthaltene Legaldefinition des sogenannten „weiten“ Denkmalbegriffs (Bazil et al. 2015, 16 Rz 1) des DMSG. Diese lautet, aus dem weiteren semantischen Kontext des ersten Satzes des DMSG herausgerissen und im Sinne einer nominalistischen Definition geringfügig ergänzt:

„[V]on Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung“ (§ 1 Abs. 1 erster Satz DMSG) werden in diesem Gesetz „Denkmale“ genannt.

Diese Definition ist, wenn man voraussetzt, dass mit dem eingeschobenen Satzteil „von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung“ jedes – und sei es auch noch so geringe – Maß an Bedeutung gemeint ist, das einem von Menschen geschaffenen oder auch nur gestaltend veränderten Gegenstand zukommt, so umfassend, dass damit alles, was man im weitesten Sinn als „Menschenwerk“ bezeichnen könnte, erfasst wird. Denn – wie ich ebenfalls schon mehrfach ausgeführt habe – kommt jedem von Menschen geschaffenen oder auch nur irgendwie gestaltend verändertem Gegenstand ein gewisses – wenn auch in den allermeisten Fällen nur sehr geringes – Maß an solcher – wenigstens geschichtlicher – Bedeutung zu: schließlich beweist die Tatsache, dass er existiert, dass er – irgendwann einmal in der ferneren oder näheren Vergangenheit – von einem Menschen geschaffen oder gestaltend verändert wurde; ist damit eine (mögliche) Quelle für die Gewinnung (geschichts-) wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Vergangenheit; und hat somit in der Gegenwart ein gewisses – und sei es ein auch noch so geringes – Maß an geschichtlicher Bedeutung.

Es versteht sich daher eigentlich von selbst, dass der Gesetzgeber durch die Bestimmungen des DMSG nicht alle diese „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) vor „Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland“ (§ 1 Abs. 1 letzter Satz DMSG) schützen wollte, denn das hätte zur Folge, dass man nicht einmal das selbst zubereitete Essen verspeisen dürfte, ohne dafür zuvor eine denkmalrechtliche Bewilligung beantragt und erteilt bekommen zu haben: schließlich ist auch die Zubereitung des Essens eine „gestaltende Veränderung“ der dazu verwendeten Zutaten durch den es zubereitenden „Menschen“ von wenigstens minimaler „geschichtlicher Bedeutung“, die zubereitete Speise somit ein „“Denkmal“ im weitesten Sinn“, und ihr Verspeisen somit eine „Zerstörung“ oder wenigstens maßgebliche „Veränderung“ eines „Denkmals“ iSd § 1 Abs. 1 erster Satz DMSG. Hätte der Gesetzgeber also tatsächlich alle „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ denkmalrechtlich schützen wollen, würden wir vermutlich alle vor dem fertig gekochten Essen verhungern, während wir auf die denkmalrechtliche Bewilligung warten, es auch verspeisen zu dürfen.

Um auszuschließen, dass man ihn auf diese Weise missverstehen kann, hat der Gesetzgeber daher schon in ebendem ersten Satz des DMSG, in den er die Legaldefinition des „weiten“ Denkmalbegriffs (Bazil et al. 2015, 16 Rz 1) eingebaut hat, gleich auch dazu gesagt, dass er die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen nicht derart exzessiv angewandt sehen will, sondern deren Anwendung ausschließlich auf jene „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ beschränkt sehen möchte, deren „Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist“ (§ 1 Abs. 1 erster Satz DMSG). Dass er das auch wirklich so gemeint hat, hat er dann auch noch zusätzlich in der RV 1999 expliziert, wo er ausdrücklich festhält, dass „[b]ei weitem nicht alle“ davon „schützenswert“ (RV 1999, 37) sind.

Dass nicht alle „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ tatsächlich „schützenswert“ sind, bedeutet natürlich, dass der Gesetzgeber auch keineswegs alle davon durch die Bestimmungen des DMSG schützen will; sondern vielmehr, bevor diese Bestimmungen überhaupt zur Anwendung kommen können, die vom Staat mit dem Vollzug dieses Gesetzes betraute Behörde, „dh. das Bundesdenkmalamt“, „erst jene“ davon „auswählen“ muss, „deren Bedeutung derart ist, dass ihre Erhaltung im öffentlichen bzw. nationalen Interesse gelegen ist“ (RV 1999, 37). Daher sagt auch der erste Satz des DMSG, wenn man ihn zur Gänze liest und nicht nur (wie oben) die Legaldefinition des „weiten“ Denkmalbegriffs (Bazil et al. 2015, 16 Rz 1) aus ihm herausschält, genau das. Das wird auch ganz besonders deutlich, wenn man das semiotische Signifikat der Legaldefinition des „weiten“ Denkmalbegriffs (Bazil et al. 2015, 16 Rz 1), d.h. ihren Inhalt bzw. deren Bedeutung, weg[1] und stattdessen nur den semiotischen Signifikanten, d.h. den Begriff „Denkmal“, im Satz stehen lässt:

„Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf […] „Denkmale“ Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist.“ (§ 1 Abs. 1 erster Satz DMSG).

Grammatikalisch handelt es sich dabei um eine klassische Hauptsatz-Nebensatz-Konstruktion, wobei es sich bei dem verwendeten Nebensatz um einen Konditionalsatz handelt, der dementsprechend den Sinn des Hauptsatzes von einer bestimmten Bedingung abhängig macht. Sagt der Hauptsatz für sich alleine betrachtet, dass die im DMSG enthaltenen Bestimmungen auf alle „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ Anwendung finden, schränkt der Konditionalsatz durch die in ihm enthaltene Bedingung „wenn ihre Erhaltung […] im öffentlichen Interesse gelegen ist“ diese Anwendbarkeit der Bestimmungen des DMSG wieder stark ein: nämlich auf nur jene von allen „“Denkmalen“ im weitesten Sinn“, die der im Konditionalsatz enthaltenen Bedingung genügen; also die davon, deren Erhaltung auch tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Das kann nun aber zu Verständnisschwierigkeiten im weiteren Text des DMSG führen und tut das, wie die in früheren Beiträgen schon detailliert geschilderten Probleme zeigen, auch tatsächlich: es ergibt sich nämlich aus dieser Satzkonstruktion notwendigerweise, dass es viele Gegenstände gibt, die zwar – im Sinne der oben zitierten Legaldefinition – „Denkmale“ genannt werden (können), auf die jedoch das DMSG überhaupt nicht anwendbar ist, weil sie die mit der Legaldefinition mittels Konditionalsatzkonstruktion verbundene Bedingung nicht erfüllen. Und diese Menge der „“Denkmale“ im weitesten Sinn“, deren Erhaltung tatsächlich nicht im öffentlichen Interesse gelegen ist, enthält ein großes Vielfaches mehr Elemente als die von ihr zu unterscheidende Menge der (geschützten) „Denkmale“ im engeren Sinn, deren Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist und auf die die Bestimmungen des DMSG daher auch anwendbar sind. Der Gesetzgeber unterscheidet allerdings – wenigstens anscheinend – begrifflich nicht zwischen diesen beiden Gruppen sondern nennt beide gleichermaßen nur „Denkmale“.

Wie war das 1923 und 1978?

Dabei würde diese Konditionalsatzkonstruktion des § 1 Abs. 1 erster Satz DMSG eigentlich vollständig für eine klare Abgrenzung genügen, und hat sowohl in der Stammfassung des DMSG (BGBl. 533/1923) als auch der Fassung nach seiner ersten großen Revision (BGBl. 167/1978) noch vollständig genügt. Denn diese beiden ersten Fassungen des DMSG enthalten im Prinzip die gleiche Legaldefinition des „weiten“ Denkmalbegriffs (Bazil et al. 2015, 16 Rz 1) in der gleichen Konditionalsatzkonstruktion, die auch noch in der derzeit gültigen Fassung des DMSG zu finden ist: „Die in diesem Gesetz enthaltenen Beschränkungen finden auf unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmale) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist“ (§ 1 Abs. 1 erster Satz DMSG idF BGBl. 533/1923) bzw. „Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Beschränkungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung (Denkmale) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist“ (§ 1 Abs. 1 erster Satz DMSG idF BGBl. 167/1978). In ihrem restlichen Wortlaut wird dann allerdings der Begriff „Denkmal“ stets[2] nur in Bezug auf jene Gegenstände benutzt, auf die dieses Gesetz iSd § 1 Abs. 1 erster Satz DMSG tatsächlich anwendbar ist, d.h. an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse tatsächlich besteht.

Besonders deutlich zeigt sich das z.B. an den nahezu wortlautgleichen Bestimmungen des § 8 DMSG idF BGBl. 533/1923 und § 8 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 167/1978. Diese lautet in der Stammfassung:

„Zur Hintanhaltung der Gefährdung von unbeweglichen Denkmalen durch Veränderungen in ihrer Umgebung (zum Beispiel durch Anbringung von Reklameschildern, Schaukästen, Aufschriften und dergleichen) kann die politische Behörde erster Instanz auf Antrag des Bundesdenkmalamtes Verbote erlassen“ (§ 8 DMSG idF BGBl. 533/1923).

Es ist hier vollkommen selbstverständlich, dass mit der Verwendung des Denkmalbegriffs in diesem Satz nicht alle unbeweglichen „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) – also alle von Menschen geschaffenen oder gestaltend veränderten, unbeweglichen Gegenstände – gemeint sind, sondern nur solche „unbeweglichen Denkmale“, an deren Erhaltung auch tatsächlich ein öffentliches Interesse besteht: seinem ersten Satz zufolge sind die Beschränkungen des DMSG schließlich nur auf die zuletzt genannten und daher „schützenswerten“ (RV 1999, 37) Denkmale anwendbar, nicht auf alle Sachen, die man im Sinne des „weiten“ Denkmalbegriffs (Bazil et al. 2015, 16 Rz 1) „Denkmale“ nennen kann.

Die ersten beiden Fassungen des DMSG kennen also zwar sehr viele Sachen, die man „im weitesten Sinn“ (RV 1999) „Denkmale“ nennen kann, lassen aber keinerlei Zweifel daran, dass alle „Beschränkungen“ des DMSG ausschließlich nur auf solche „Denkmale“ angewendet werden können, an deren Erhaltung tatsächlich ein öffentliches Interesse besteht. Besonders deutlich zeigt sich das auch an den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 533/1923 und 167/1978, welche die heute in § 8 Abs. 1 DMSG igF enthaltene Fundmeldepflicht für Zufallsfunde von „Denkmalen“ regeln. Neuerlich im Wortlaut der Stammfassung zitiert, besagt diese Bestimmung:

„Werden bisher verborgen gewesene Gegenstände, die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Gesetzes unterliegen, aufgefunden, so hat der Finder und, wenn der Grundbesitzer hievon Kenntnis erhalten hat, auch dieser der politischen Behörde erster Instanz, der Ortspolizeibehörde oder der Gendarmerie sofort, spätestens aber an dem der Auffindung folgenden Tage, Anzeige zu erstatten“ (§ 9 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 533/1923).

In dieser Bestimmung wird nicht einmal der „weite“ Denkmalbegriff des § 1 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 533/1923 benutzt, sondern – um jedes Missverständnis zu vermeiden – von Gegenständen gesprochen, die offenkundig den Beschränkungen des DMSG unterliegen; bei denen also schon der Durchschnittsbürger, der ihrer als erster ansichtig wird, unmittelbar erkennt, dass ihre Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist (bzw. aller Wahrscheinlichkeit nach im öffentlichen Interesse gelegen sein dürfte). Die Bestimmung des § 9 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 533/1923, und auch die desselben Paragrafen idF BGBl. 167/1978, unterwirft also nur solche Neufunde bisher verborgener Gegenstände der Fundmeldepflicht (samt deren Rechtsfolgen), die offensichtlich „schützenswert“ (RV 1999, 37) sind, nicht alle, die irgendwie mit dem „weiten“ Denkmalbegriff des § 1 Abs. 1 DMSG in der jeweiligen Fassung bezeichnet werden können.

Sowohl 1923 als auch 1978 war also völlig klar, dass alle Bestimmungen des DMSG nur auf Denkmale anzuwenden waren, die „schützenswert“ (RV 1999, 37) sind; und es daher vollkommen gleichgültig war, dass man auch viele andere Sachen mit dem Begriff „Denkmal“ bezeichnen konnte. Das DMSG kannte sozusagen eine gewaltige Menge von nicht denkmalschutzwürdigen, aber nur eine (vergleichsweise winzig) kleine Menge von schützenswerten und daher auch vom DMSG geschützten Denkmalen.

„Geschützte“ und „Bodendenkmale“: die unseligen Novellen von 1990 und 1999

Erst in den Novellen des DMSG von 1990 (BGBl. 473/1990) und 1999 (BGBl. I 170/1999) kommt es durch die Einführung der neuen Rechtsbegriffe des „geschützten“ bzw. „unter Denkmalschutz stehenden Denkmals“ und des „Bodendenkmals“ und von nun an hochgradig inkonsistente Begriffsverwendung zur für die jüngere Zeit charakteristischen Sprachverwirrung im DMSG.

Das „unter Denkmalschutz stehende Denkmal“ taucht dabei erstmals konkret in der Schutzbestimmung des § 4 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 473/1990 auf, d.h. dem gesetzlichen Zerstörungs- und Veränderungsverbot. Hatte diese Bestimmung in der Fassung von 1978 noch mit der Formulierung „Bei Denkmalen, auf die die Bestimmungen des § 2 zutreffen oder bei denen das öffentliche Interesse an der Erhaltung gemäß § 3 Abs. 1 oder § 6 Abs. 2 festgestellt wurde…“ (§ 4 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 167/1978) begonnen; lautete die in der Novelle von 1990 neu gewählte Formulierung nun „Bei Denkmalen, die gemäß §2, § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1 oder 2 (oder in den Fassungen vor der Novelle BGBl. Nr. 167/1978 gemäß § 4 Abs. 2) oder § 10 Abs. 3 unter Denkmalschutz stehen…“ (§ 4 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 473/1990).

Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff des „Bodendenkmals“: lautete die Bestimmung zur Fundmeldepflicht in der Fassung von 1978 noch „Werden bisher verborgen gewesene Gegenstände, die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Gesetzes unterliegen könnten, aufgefunden, …“ (§ 9 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 167/1978); wird in diese Formulierung nun der Bodendenkmalsbegriff eingefügt und somit (systematisch an falscher Stelle ins Gesetz integriert) eine neue Legaldefinition generiert: „Werden unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche Gegenstände, die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Gesetzes unterliegen könnten (Bodendenkmale), aufgefunden (Zufallsfunde)…“ (§ 9 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 473/1990).

Das erweckt den Eindruck, als ob der Gesetzgeber nun zwischen drei verschiedenen Arten von „Denkmalen“ unterscheiden würde; die sich durch zunehmende begriffliche Weite kennzeichnen:

1.)    „Denkmale, die unter Denkmalschutz stehen“; auf die durch explizite Verwendung dieser oder gleichartiger Formulierungen in ihnen die Bestimmungen der §§ 4, 5, und 12 Abs. 2 sowie 5 DMSG idF BGBl. 473/1990 angewendet werden können;

2.)    „“Denkmale“ in weitesten Sinn“ (RV 1999, 37), d.h. alle tatsächlich von Menschen geschaffenen oder gestaltend veränderten Sachen von irgendeiner – und sei es auch nur minimaler – geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung iSd § 1 Abs. 1 erster Halbsatz; auf die wohl einige Bestimmungen des DMSG angewendet werden können, nur die unter 1.) spezifisch genannten Bestimmungen nicht; und

3.)    „Bodendenkmale“, d.h. alle unter bzw. auf der Erd- bzw. Wasseroberfläche aufgefundenen Gegenstände, die aufgrund ihrer sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ sein könnten; auf die (nur) die „archäologischen“ Bestimmungen der §§ 1 Abs. 2 sowie 9-11 DMSG idF BGBl. 473/1990 angewendet werden können.

Dass der Gesetzgeber das – und vor allem eine sich daraus (wenigstens in der Anwendungspraxis des BDA) ergebende massive Ausweitung der Anwendbarkeit der diversen Bestimmungen des DMSG, vor allem auf die praktisch gar nicht mehr begrenzte und vollkommen unüberschaubare Menge der „Bodendenkmale“ – tatsächlich gewollt hätte, ist angesichts der Ausführungen in den Erläuterungen zur zugehörigen RV 1990 (und dann ebenso und noch deutlicher zur RV 1999) allerdings auszuschließen. Schließlich ist beiden Regierungsvorlagen sehr deutlich die Intention des Gesetzgebers zu entnehmen, den Begriff „Denkmal“ „gegenüber dem bisherigen rechtlichen Zustand“ nicht auszuweiten (RV 1990, 11); sondern Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die sich daraus ergeben, dass der Denkmalbegriff „nicht exakt abgrenzbar“ und „daher – vor allem Nichtfachleuten – in manchen Fällen nicht klar“ sei, „ob nun einem Objekt wenigstens eine Minimalbedeutung als Denkmal zukommt und es daher kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz steht oder nicht“ (RV 1990, 13); und der Gesetzgeber auch keineswegs beabsichtigte, alle „Bodendenkmale“ zu schützen, die – selbst wenn sie andernfalls ohnehin gem. „§ 2 Abs. 1 DMSG (kraft gesetzlicher Vermutung) unter Denkmalschutz stehen“ (RV 1990, 19) würden – jeden Schutz verlieren, wenn nicht „innerhalb von sechs Wochen ab Fundmeldung das Bundesdenkmalamt eine bescheidmäßige Feststellung“ (ibid.) trifft, dass sie weiterhin unter Denkmalschutz stehen. Noch expliziter ist in dieser Beziehung dann die RV 1999, die ganz klar feststellt, dass die meisten „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ gerade nicht „schützenswert“ sind und das BDA daher (bevor das DMSG auf sie angewendet werden kann) jene davon auszuwählen hat, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist (RV 1999, 37) und generell große Besorgnis darüber ausdrückt, dass nur ein geringer Prozentsatz „kraft gesetzlicher Vermutung“ unter Denkmalschutz stehender unbeweglicher Objekte das „zu Recht“ tue (RV 1999, 33).

Vor allem aber ist die Verwendung – insbesondere der scheinbar neu eingeführten – Begrifflichkeiten im Gesetz auch alles andere als konsistent. Von „Denkmalen, die unter Denkmalschutz stehen“ wird z.B. in der Fassung von 1990 nur in den schon unter 1.) genannten Bestimmungen der §§ 4, 5, und 12 Abs. 2 sowie 5 DMSG idF BGBl. 473/1990 gesprochen, obwohl auch einige weitere Bestimmungen des DMSG, die nur den einfachen Denkmalbegriff verwenden (also sich anscheinend auf alle „“Denkmale“ in weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) beziehen), zweifellos nur auf „Denkmale, die unter Denkmalschutz stehen“ Anwendung finden können.

So bestimmt z.B. § 7 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 473/1990:

„Besteht Gefahr, daß Denkmale (vor allem entgegen den Bestimmungen der §§ 4 bis 6) zerstört, verändert oder veräußert werden und dadurch das Interesse der Denkmalpflege wesentlich geschädigt würde, so hat die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bundesdenkmalamtes oder — bei Gefahr im Verzug — von Amts wegen die jeweils geeigneten Maßnahmen (einschließlich baulicher Art), Verfügungen und Verbote zur Abwendung dieser Gefahr zu treffen.“ (§ 7 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 473/1990).

Diese Bestimmung kann offensichtlich nur auf „Denkmale, die unter Denkmalschutz stehen“ Anwendung finden, weil sonst z.B. die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde auch jederzeit Verfügungen und Verbote zur Abwendung der Gefahr treffen könnte, dass im örtlichen Gasthaus Speisen veräußert, geschweige denn verzehrt werden dürfen: schließlich handelt es sich auch bei der zubereiteten Speise um ein „“Denkmal“ in weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) iSd § 1 Abs. 1 DMSG (in allen Fassungen), deren Verzehr ihre Zerstörung im denkmalrechtlichen Sinn darstellt. Natürlich ist in dieser Bestimmung mit dem Begriff „Denkmal“ nur das, „das unter Denkmalschutz steht“ gemeint, nicht jeder beliebige Gegenstand, der aus irgendwelchen Gründen als „“Denkmal“ in weitesten Sinn“ bezeichnet werden kann. Dass damit tatsächlich nur geschützte Denkmale gemeint sind, ergibt sich aus der RV (1990, 18-19) sinngemäß eindeutig, ohne dass auch nur einmal der Begriff des „geschützten Denkmals“ verwendet wird.

Exakt das gleiche gilt übrigens auch für § 7 Abs. 1 DMSG igF und dessen nahidenten Vorgänger, § 8 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 473/1990, in dem ebenfalls der Begriff „Denkmal“ offensichtlich im Sinn von „eine Sache, die unter Denkmalschutz steht“ verwendet wird. Diese der „Vermeidung der Gefährdung und Beeinträchtigung des Bestandes oder Erscheinungsbildes von unbeweglichen Denkmalen durch Veränderung in ihrer Umgebung (zB durch Anbringung von Reklameschildern, Schaukästen, Aufschriften und dergleichen)“ dienende Bestimmung findet sich (wie schon oben zitiert) ja auch schon in nahezu identem Wortlaut in § 8 DMSG idF BGBl. 533/1923, die damals sicher ausschließlich auf „geschützte Denkmale“ anwendbar war. Es lässt sich aber weder aus der RV 1990 noch der RV 1999 in irgendeiner Weise ableiten, dass der Gesetzgeber die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf alle „“Denkmale“ in weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) ausweiten wollte.

Noch inkonsistenter ist die Verwendung des Begriffs „Bodendenkmal“, für den sich zwar nun in § 9 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 473/1990 eine Legaldefinition findet, der aber schon in § 11 Abs. 5 und 8 DMSG idF BGBl. 473/1990 dann in deutlich anderem Sinn verwendet wird: sind „Bodendenkmale“ iSd § 9 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 473/1990 noch wie unter 3.) ausgeführt Gegenstände, die „“Denkmale“ in weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) sein könnten; sind mit demselben Begriff in § 11 Abs. 5 und 8 DMSG idF BGBl. 473/1990 offensichtlich tatsächlich unter Denkmalschutz stehende archäologische Überreste gemeint.

Völlig unklar, was jetzt genau mit dem Bodendenkmalbegriff gemeint ist, wird es schließlich in § 10 Abs. 1 DMSG igF. Dieser stellt in seinem letzten Satz fest: „Bewegliche Bodendenkmale gelten - unabhängig von ihrem Verkehrswert - stets als Schatzfund“ (im Sinne der §§ 398-401 ABGB). Ist damit gemeint, dass Bodenfunde beweglicher Gegenstände, die „“Denkmale“ in weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) sein könnten, „stets als Schatzfund“ gelten? Also praktisch jeder Bodenfund, weil selbst Naturspiele, die der Laie in der Regel nicht als solche erkennt, könnten schließlich „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) sein, auch wenn sie es – weil sie Naturspiele sind – tatsächlich nicht sind? Und bleibt ein solches „Bodendenkmal“ ein „Bodendenkmal“, auch wenn sein Finder es bloß irrtümlich nicht als Naturspiel erkannt und daher eigentlich fälschlich für ein „Bodendenkmal“ gehalten hat, weil schließlich nicht ausschlaggebend ist, ob der Fund tatsächlich ein „“Denkmal“ im weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) ist oder auch nur sein kann, sondern nur, dass er aufgrund seiner Lage, Form und Beschaffenheit offenkundig eines sein hätte können? Oder ist damit gemeint, dass bewegliche Kleinfunde im oder auf dem Erdboden, die Bestandteil eines „Denkmals“ sind, „das unter Denkmalschutz steht“, „stets als Schatzfund“ gelten? Und wer bestimmt eigentlich in welchem Verfahren, ob ein konkreter Fundgegenstand nun tatsächlich ein „Bodendenkmal“ ist und nicht nur eines sein könnte? Der Laie, der den Fundgegenstand entdeckt hat, kann das ja selbst gar nicht verlässlich beurteilen (und der Fachmann auch nicht; weil ob etwas eine Sache ist, die eine andere Sache sein könnte, weil der Durchschnittsbürger sie eventuell für eine solche Sache halten könnte, die sie eventuell gar nicht ist, das ist selbst für den Fachmann nur durch willkürliches Machtwort und nicht vernünftig aufgrund von Fakten entscheidbar; vergleiche dazu auch Karl et al. 2017, 111-117, insbesondere 111-112).

Geschützte nicht denkmalgeschützte Denkmale?

Resultat dieser totalen begrifflichen Ungenauigkeit ist, dass es enorm schwierig wird, von den Bestimmungen des DMSG nicht vollständig verwirrt zu werden.

In der Praxis hat das die Folge, dass teilweise selbst normalerweise hoch kompetente Gerichte die Meinung vertreten, es sei „zwischen dem Begriff des Denkmals und des denkmalgeschützten Denkmals zu unterscheiden“ (BVwG 15.12.2021, W183 2245660-1/3E, 10) und daher für die Anwendung mancher Bestimmungen des DMSG, wie z.B. der des § 11 Abs. 1, völlig irrelevant, ob „mangels Seltenheitswertes und Dokumentationscharakters“ die „Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung“ eines von (geplanten) Nachforschungen betroffenen „Denkmals“ nicht gegeben seien (ibid.). Das würde jedoch bedeuten, dass es nicht denkmalgeschützte Denkmale gibt, die dennoch, weil sie „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ sind, geschützt sind; also „geschützte nicht denkmalgeschützte Denkmale“, die der Gesetzgeber zwar nicht als „schützenswert“ (RV 1999, 37) betrachtet, aber dann trotzdem – zwar nicht vor ihrer willkürlichen Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland, aber ihrer Entdeckung durch wissenschaftliche Nachforschungen – schützt (was noch dazu überhaupt keinen Sinn ergibt, weil dadurch genau das Gegenteil dessen erreicht wird, was der Gesetzgeber explizit laut § 1 Abs. 1 DMSG mit dem DMSG erreichen will).

Dabei hat dieses Gericht zwar durchaus damit recht, dass zwischen dem „“Denkmal“ im weitesten Sinn“ und dem „denkmalgeschützten Denkmal“ zu unterscheiden ist; nämlich so, wie es der Gesetzgeber schon in den Fassungen des DSMG von 1923 und 1978 getan hat und auch in denen von 1990 und 1999 weiter tun will: „geschützt“ sind bzw. sollen solche „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ werden, deren Erhaltung ihrer Bedeutung wegen „im öffentlichen bzw. nationalen Interesse gelegen ist“; während die Erhaltung aller anderen „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ gerade nicht im öffentlichen Interesse gelegen ist und sie daher „bei weitem nicht […] schützenswert“ (RV 1999, 37) sind. Dass er das nicht in jeder einzelnen Bestimmung des DMSG neuerlich dazu sagt, sondern nur in manchen extra erwähnt, liegt aber nicht etwa daran, dass er nun zwischen (nur ein wenig) geschützten nicht denkmalgeschützten „Denkmalen“ und (etwas mehr) geschützten „denkmalgeschützten Denkmalen“ unterscheidet, weil er letztendlich doch alle „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ schützen will; sondern vielmehr daran, dass im Text des DMSG inzwischen eine solche babylonische Sprachverwirrung herrscht, die bewirkt, dass ein Denkmal einmal als geschütztes und ein anderes Mal als Bodendenkmal und wieder ein anderes Mal einfach nur als Denkmal und, weil es so viel Spaß macht, auch noch als Bodendenkmal, aber eventuell in anderen Sinn als in einer anderen Verwendung des Bodendenkmalbegriffs, bezeichnet wird.

Nicht geschützte denkmalgeschützte Denkmale!

Aus dieser Tatsache – dass nämlich der Gesetzgeber überhaupt nur tatsächlich „schützenswerte“ Denkmalsubstanz erhalten will, nicht alle „“Denkmale“ im weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) mit den zwischen Substanzteilen gelegenen „Freiflächen“ (RV 1990, 11) – folgt gerade bei „archäologischen Denkmalen“ (Bazil et al. 2015, 43 Rz 6) – was auch immer jetzt genau unter dieser wiederum anderen Begrifflichkeit zu verstehen ist – dass es sogar Teile von „denkmalgeschützten Denkmalen“ (wenn man unter diesem Begriff die konstitutiv durch Verordnung oder Bescheid denkmalgeschützte Bodenfläche verstehen will, in der sich irgendwelche Überreste vergangener gestaltender menschlichen Tätigkeit verbergen) gibt, die (wenigstens teilweise, wenn nicht sogar großteils) durch das DMSG überhaupt nicht – also nicht einmal durch das Zerstörungs- bzw. Veränderungsverbot des § 4 Abs. 1 DMSG igF – geschützt sind.

Wie der VwGH festgestellt hat, ist vielmehr „iSd § 1 Abs. 2 und § 4 DMSG 1923 "(d)er Grundsatz der geringstmöglichen Unterschutzstellung" anzunehmen“ und darf „die Unterschutzstellung "die unbedingt notwendige Eigentumsbeschränkung nicht überschreiten" (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur DSMG-Novelle 1999, 1789 BlgNR, 20. GP, 39)“ (VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178), woraus folgt, „dass sich das“ durch eine Unterschutzstellung „ausgesprochene Verbot der Zerstörung sowie jeder Veränderung, die den Bestand (Substanz), die überlieferte (gewachsene) Erscheinung oder künstlerische Wirkung des unter Schutz gestellten Denkmals beeinflussen könnte, gemäß § 4 Abs. 1 DMSG 1923“ nur auf dem denkmalgeschützten Denkmal „zuordenbare Überreste (§ 1 Abs. 8 und 9 DMSG 1923) bezieht“ und „daher nicht die - keine Überreste enthaltenden Teile - der betroffenen Grundstücke“ betrifft (ibid.). Dieser Gedanke, sinngemäß fortgesetzt, bedeutet übrigens sogar, dass auf einem z.B. aufgrund des dortigen Vorkommens einer römischen Villa aufgrund deren Bedeutung unter Denkmalschutz gestellten Grundstück allfällig zwischen den tatsächlich zur römischen Benutzungsphase dieser Fundstelle gehörenden Überresten anzutreffende archäologische Funde und Befunde anderer Zeitstellung ebenfalls nicht unter Denkmalschutz stehen und daher willkürlich zerstört, verändert und ins Ausland verbracht werden dürfen, obwohl sie sich in einer Bodenfläche befinden bzw. aus einer Bodenfläche stammen die, weil sich in ihr auch ein denkmalgeschütztes Denkmal befindet, unter Denkmalschutz steht.

Diese Funde und Befunde anderer Zeitstellung wären somit nicht geschützte „“Denkmale“ im weitesten Sinn“, die von einem „denkmalgeschützten Grundstück“ stammen, auf (bzw. in) dem sich auch ein „denkmalgeschütztes Denkmal“ befindet. Die dadurch generierte Rechtsunsicherheit, Unklarheit und natürlich auch völlige Unverständlichkeit der gesetzlichen Bestimmungen für den Normunterworfenen ist also maximal.

Dass sich in einem Gesetz, das nicht geschützte nicht denkmalgeschützte Denkmale, geschützte nicht denkmalgeschützte Denkmale, nicht geschützte denkmalgeschützte und geschützte denkmalgeschützte Denkmale kennt, die es je nach Lust und Laune unsystematisch und unabhängig davon, was jetzt konkret gemeint ist, einmal einfach nur „Denkmal“, ein anderes Mal „unter Denkmalschutz stehendes Denkmal“, und dann wieder einmal „Bodendenkmal“ nennt, kein Mensch mehr auskennt, versteht sich eigentlich von selbst. Dass sich da selbst die mit dem Vollzug des Gesetzes betraute Behörde und die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht leicht tut, liegt auf der Hand (auch wenn das systematische Fehlentscheidungen des BDA, die stets in eine ganz bestimmte Richtung ausfallen, nicht entschuldigt).

Ein Lösungsvorschlag

Dabei wäre und ist das Problem der begrifflichen Verwirrung eigentlich recht leicht zu beseitigen; und es sollte auch dringend beseitigt werden.

Die optimale Lösung wäre natürlich, ein von Grund auf neues und auf gegenwärtige Gegebenheiten angepasstes DMSG zu entwickeln. Wie ich schon des Öfteren erwähnt habe, wurde der Entwurf für das DMSG 1923 noch von Alois Riegl kurz nach 1900 auf Basis verschiedener Vorschläge aus dem späten 19. Jahrhundert verfasst. Als es 1923 dann erlassen wurde, war es für die damaligen Verhältnisse relativ gut angepasst. Sowohl im noch nicht industrialisierten Bauwesen als auch in der noch nicht industrialisierten Land- und Forstwirtschaft wurden Baugruben damals noch überwiegend händisch von Bauarbeitern ausgeschachtet, die Felder praktisch durchgehend noch mit von Pferden gezogenen Handpflügen gepflügt, und auch die Waldarbeit noch fast durchgehend manuell, maximal unterstützt mit pferdegezogenen Karren, durchgeführt (Karl 2014, 19-20, 33). Heute – das DMSG feiert nächstes Jahr seinen 100. Geburtstag – ist es hingegen nicht mehr adäquat, und die kleinen, überwiegend kosmetischen Anpassungen, die durch die 3 „großen“ Novellen des DMSG 1978, 1990 und 1999 vorgenommen wurden, haben an der grundsätzlichen Funktionsweise – und damit auch seiner Eignung für moderne Verhältnisse – nichts verbessert. Ganz im Gegenteil, wie oben gezeigt wurde, haben insbesondere die letzten beiden „größeren“ Novellen ob ihrer Sprachverwirrung die Situation maßgeblich verschlechtert, statt das Gesetz an gegenwärtige Bedürfnisse anzupassen.

Die einfachere und weniger aufwändige, aber wenigstens für ein besseres Verständnis der Bestimmungen des DMSG sicher ausreichende, wenn auch weniger befriedigende Lösung wäre es aber, die ganzen völlig unnötigerweise in der Novelle von 1990 eingefügten Zusatzbegriffe wie „Denkmale, die unter Denkmalschutz stehen“ und „Bodendenkmale“ aus dem Wortlaut des Gesetzes ersatzlos zu streichen. Denn alle Bestimmungen des DMSG sind vollständig und tatsächlich richtig verständlich, wenn man die babylonische Sprachverwirrung einfach beseitigt und überall nur noch von „Denkmalen“ bzw. „Gegenständen, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes [erforderlichenfalls: offenkundig] unterliegen“ spricht. Denn schon alleine dadurch wäre wieder dank der Bestimmung des § 1 Abs. 1 DMSG erster Satz völlig klar, dass – obwohl man alle von Menschen gestaltend geschaffenen oder veränderten Gegenstände „im weitesten Sinn“ mit dem Begriff „Denkmal“ bezeichnen kann – die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nur auf solche „Denkmale“ Anwendung finden, deren „Erhaltung“ ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen „Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist“. Denn auf diese, und zwar auf nur diese, will der Gesetzgeber diese Bestimmungen auch tatsächlich angewendet wissen, und zwar in praktisch allen Fällen (außer bei wirklich erstmals neu entdeckten Bodenfunden, die offenkundig denkmalschutzwürdig sind, auf die die Bestimmungen des § 8 samt deren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG igF anzuwenden sind; bezüglich derer aber gem. § 9 Abs. 3 DMSG igF binnen 6 Wochen ab Abgabe der diesbezüglichen Fundmeldung jedenfalls ebenfalls bescheidmäßig festzustellen ist, ob ihre Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist oder nicht).

Wobei: wenn man schon dabei ist, den Wortlaut des DMSG dahingehend zu ändern, dass er verständlicher ist, könnte man gleich auch den Wortlaut des § 1 Abs. 1 DMSG dahingehend ändern, dass auch dem ebenfalls unnötig Verwirrung stiftenden „weiten“ Denkmalbegriff (Bazil et al. 2015, 16 Rz 1) des DMSG der Garaus gemacht wird. Dazu braucht man nicht mehr zu tun, als den in Klammer gesetzten Ausdruck „Denkmale“ vom Ende des Hauptsatzes an das Ende des an diesen angefügten Konditionalsatzes zu verschieben und diesen mit dem Wort „deren“ statt den Worten „wenn ihre“ beginnen zu lassen. Das Ergebnis davon wäre der folgende Satz:

„Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung Anwendung, deren Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist („Denkmale“)“. (Neuvorschlag für § 1 Abs. 1 erster Satz DMSG).

Damit würde die Bedeutung des Rechtsbegriffs „Denkmale“ auf jene Gegenstände beschränkt, die der Gesetzgeber auch tatsächlich als „schützenswert“ (RV 1999, 37) erachtet und auf die er daher die Bestimmungen des „Denkmalschutzgesetzes“ angewendet sehen will.

Dies würde an der einen oder anderen Stelle des Gesetzes eventuell kleine sprachliche Anpassungen erforderlich machen, so z.B. in der Bestimmung des § 30 Abs. 1 DMSG igF, in der der Beginn des ersten Satzes von „Jedermann ist verpflichtet, zur Ermittlung und Auffindung von Denkmalen und zur Verzeichnung, zur Beaufsichtigung (Kontrolle) und Bewahrung (Rettung) vorhandener Denkmalbestände…“ auf „Jedermann ist verpflichtet, zur Ermittlung und Auffindung von Gegenständen, die Denkmale iSd § 1 Abs. 1 sein könnten, und zur Verzeichnung, zur Beaufsichtigung (Kontrolle) und Bewahrung (Rettung) vorhandener Denkmalbestände…“ geändert werden könnte, um jedes mögliche Missverständnis von vornherein auszuschließen. Von solchen kleinen Änderungen abgesehen, könnte aber der Wortlaut des DMSG weitestgehend unverändert bleiben.

Der insgesamt durch eine solche Gesetzesänderung verursachte Arbeitsaufwand (inklusive des notwendigen Aufwands an parlamentarischer Zeit) wäre also minimal. Wenigstens so viel sollte die dadurch erzeugte, maßgeblich verbesserte Rechtssicherheit dem Gesetzgeber zum 100-jährigen Jubiläum des DMSG eigentlich schon wert sein: schließlich ist es genau diese Rechtssicherheit und Klarheit, die er schon durch die 1990 und 1999 getroffenen Neuregelungen erreichen wollte (RV 1999, 32-34, 37-44), aber offensichtlich aufgrund der begrifflichen Unklarheit, die er durch die uneinheitliche und verwirrende Verwendung verschiedener Denkmalbegriffe in den Novellen vom 1990 und 1999 erzeugt hat, nicht erreicht hat.

Bibliografie

Bazil, C., Binder-Krieglstein, R., Kraft, N. 2015. Das österreichische Denkmalschutzrecht. Kurzkommentar. 2. Aufl., Wien: Manz.

Karl, R. 2014. Was ist eine Forschungsgrabung? Überlegungen zu archäologischem Recht, Theorie und Praxis im Denkmalschutz. Wien: http://archaeologieforum.at, 2014 [4.9.2022].

Karl, S., Koch, I., Pieler, E. 2017. Revidierung der gesetzlichen Vorschriften zu archäologischen Funden und Schätzen in der österreichischen Monarchie zwischen 1834 und 1846. Mit einem Ausblick auf die heutige Situation. Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LXXI/1, 86-119 [4.9.2022].

RV 1990. Regierungsvorlage. Bundesgesetz vom XX.XXXXX, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz) geändert wird. 1275 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP [4.9.2022].

RV 1999. Regierungsvorlage. Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert wird. 1769 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP [4.9.2022].



[1] In diesem vollständigen Zitat des ersten Satzes des DMSG ist das Signifikat der Legaldefinition des Denkmalbegriffs (des „Denkmal“ genannten Signifikanten) durchgestrichen, um dies zu verdeutlichen: „Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung („Denkmale“) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist.“ (§ 1 Abs. 1 erster Satz DMSG).

[2] Es gibt von dieser konsistenten Verwendung des Denkmalbegriffs in den Fassungen BGBl. 533/1923 und 167/1978 nur eine einzige Ausnahme, nämlich der bei „Denkmalen“ im öffentlichen oder kirchlichen Eigentum (bzw. Besitz), die kraft gesetzlicher Vermutung automatisch unter Denkmalschutz stehen, bis das BDA auf Antrag des Eigentümers oder Besitzers oder von Amts wegen festgestellt hat, dass ein öffentliches Interesse an deren Erhaltung tatsächlich nicht besteht.

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