Sachverständigenäußerungen in der
archäologischen Denkmalpflege
Raimund Karl
Abstract: Sachverständigengutachten und
sonstige sachverständige Äußerungen spielen im archäologischen Denkmalschutz
eine besonders bedeutende Rolle, weil die meisten Verwaltungsentscheidungen in
diesem Bereich letztendlich auf Basis dieser Grundlage getroffen werden. Anhand
der Akteninhalte einiger konkreter Fälle im Bereich der Erteilung von
Grabungsgenehmigungen gem. § 11 Abs. 1 DMSG wird in diesem Beitrag gezeigt,
dass die Amtssachverständigen des Bundesdenkmalamtes weder unvoreingenommene
und unparteiische Ermittlungen anstellen noch Amtssachverständigengutachten
erstellen, die den Anforderungen des Gesetzes oder des Hauptverbands der
allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen entsprechen.
Gleichermaßen wird gezeigt, dass die Ermittlungen der Amtssachverständigen
sämtliche Grundprinzipien wissenschaftlicher Integrität und Ethik verletzen und
deren Tätigkeit stattdessen der Definition von wissenschaftlichem Fehlverhalten
entspricht. Statt ihre Aufgabe zur unvoreingenommenen, objektiven, sachlichen
und unparteilichen Ermittlung des tatsächlichen Sachverhalts durch den Regeln
der Kunst entsprechende wissenschaftliche Nachforschungen zu erfüllen, versuchen
sie durch autoritäre Äußerungen und, falls erforderlich, eklektische Erhebungen
von ihre Vorurteile zu bestätigen scheinenden Quellen ihren subjektiven Willen
und die von ihnen präferierten wissenschaftlichen Fachmeinungen willkürlich
durchzusetzen.
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Ganz generell spielen
im staatlichen Denkmalschutz, insbesondere im archäologischen Denkmalschutz,
Sachverständigengutachten bzw. -äußerungen eine besonders bedeutende Rolle.
Dies liegt im zuletzt
genannten Bereich zuallererst schon allein daran, dass für die meisten denkmalschutzrechtlichen
Normunterworfenen – d.h. „normale Durchschnittsbürger“, die in aller
Regel kaum über irgendwelche Sachkenntnisse im Bereich der Archäologie und
insbesondere der überwiegenden Mehrheit der „einheimischen“ Archäologie[2]
verfügen – kaum erkenntlich ist, was überhaupt ein „archäologischer“
Fund oder eine „archäologische“ Fundstelle ist. Schließlich sind Funde
im „bodenfrischen“ Zustand (wie z.B. stark korrodierte und fragmentierte
Metallfunde) oft nicht einmal als von Menschen geschaffene Gegenstände erkennbar
oder erscheinen (wie als Gefäßreste erkennbare Keramikfragmente) dem ungeschulten
Betrachter wie alltäglicher (wenn auch vielleicht nicht aus jüngster Zeit
stammender) Müll; und sind archäologische Fundstellen – im Gegensatz zu
Baudenkmalen und Ruinen – mit dem freien Auge aufgrund fehlender obertägig
sichtbarer Strukturen meist nicht einmal von ihrer Umgebung unterscheidbar.
Dass es für
Durchschnittsbürger noch viel schwieriger, ja nachgerade unmöglich ist, dann
auch noch die – um es mit den Worten des österreichischen Denkmalschutzgesetzes
[DMSG] auszudrücken – „geschichtliche, künstlerische oder sonstige
kulturelle Bedeutung“, die einem solchen „von Menschen geschaffenen
Gegenstand“ zukommt, auch nur zu erkennen, geschweige denn sie im Vergleich
mit der anderen, gleichartigen Gegenständen – ob es sich dabei nun um einen
einzelnen beweglichen Kleinfund oder eine eventuell mehrere Hektar, wenn nicht
gar mehrere Quadratkilometer große Fundstelle handelt – zukommenden Bedeutung auch
nur ansatzweise verlässlich zu beurteilen, versteht sich daher gänzlich von
selbst. Schließlich ist Voraussetzung für eine derartige, verlässliche vergleichende
Bewertung, dass der sie Vornehmende einen einigermaßen umfassenden Überblick
darüber hat, welche anderen, dem ihm vorliegenden gleichartige Gegenstände es
überhaupt bekanntermaßen gibt und welche Bedeutung diesen zukommt. Dass bei
dieser Bewertung in Österreich noch dazu „die in der Fachwelt vorherrschende
Wertschätzung“ dieser Bedeutung „ausschließliche Grundlage des
öffentlichen Interesses“ an der Erhaltung eines solchen Gegenstandes ist (VwGH
30.10.1991, 91/09/0047; 4.10.2012, 2010/09/0079; Bazil et al. 2015, 17-18, Rz 9),
macht es schließlich völlig unmöglich, dass der Durchschnittsbürger diese
vergleichende Bewertung verlässlich korrekt vornehmen kann. Denn dem
Durchschnittsbürger fehlt per Definition der besondere Sachverstand, der dafür
notwendig ist, um überhaupt erkennen zu können, welche Wertschätzung in der „Fachwelt“
„vorherrscht“ (und welche z.B. nur eine von der vorherrschenden
abweichende Minderheitsmeinung darstellt).
Schon das macht
Sachverständigengutachten im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes um
einiges bedeutender als in anderen Bereichen des Denkmalschutzes, in denen es
wenigstens zumeist um eindeutig als solche erkenntliche, menschengeschaffene
Objekte – eben z.B. Gebäude oder Kunstwerke – geht; auch wenn sich eventuell im
Einzelfall über die geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle
Bedeutung des betreffenden „Gegenstandes“ vortrefflich streiten lässt.
Denn auch wenn der Durchschnittsbürger z.B. ein brutalistisches Bauwerk für
abgrundtief hässlich und abstoßend halten und deshalb auch nicht als „schützenwert“
(RV 1999, 37) erachten mag, so vermag er wenigstens nicht zu bestreiten, dass
es ein „historisches“ Gebäude ist und somit wenigstens potentiell
architekturgeschichtlich oder kulturell wertvoll sein könnte. Und der
Durchschnittsbürger hat auch – wenigstens eine oberflächliche – Vorstellung
davon, welche anderen, dem brutalistischen Bauwerk „gleichartige“
Gegenstände es gibt, kann also auch, wenn auch nur in eingeschränktem Maß, eine
vergleichende Bedeutungsbeurteilung vornehmen, wie subjektiv auch immer diese
Beurteilung sein mag. Im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes muss
hingegen zuerst einmal sachverständig bestimmt werden, dass die betreffende – für
den Durchschnittsbürger oft unerkenntliche oder gänzlich unsichtbare – Sache
überhaupt existiert, ehe man dazu voranschreiten kann, darüber diskutieren zu
können, ob ihr auch bei vergleichender Betrachtung mit anderen, gleichartigen
Sachen ausreichende Bedeutung dafür zukommt, dass ihre Erhaltung im
öffentlichen Interesse gelegen ist oder auch nur gelegen sein könnte.
Zusätzlich wird im
Bereich des archäologischen Denkmalschutzes die Bedeutung von Sachverständigenäußerungen
noch dadurch erhöht, dass nicht nur die Beurteilung der Bedeutung
archäologischer Gegenstände einigermaßen verlässlich nur durch Sachverständige
erfolgen kann; sondern auch die immer noch wichtigste Methode des
Informationsgewinns über archäologische Sachen – ihre Ausgrabung – eine
invasive Untersuchungsmethode darstellt und daher den Untersuchungsgegenstand
wenigstens teilweise verändert, wenn nicht sogar zerstört. Genügt bei einem
Gebäude oder einem Kunstwerk also oft die bloße (vollkommen zerstörungsfreie) Inaugenscheinnahme
dafür, um die für eine vergleichende Beurteilung seiner Bedeutung
erforderlichen Informationen gewinnen zu können bzw. das (oder wenigstens das
meiste), was man aus anderen Gründen über ihn wissen will, herauszufinden;
genügt eine bloße Inaugenscheinnahme bei archäologischen Sachen zumeist nicht. Das
liegt nicht zuletzt daran, dass man archäologische Gegenstände – insbesondere
bewegliche Kleinfunde und Bodenbefunde – überhaupt nicht in Augenschein nehmen
kann, so lange sie sich noch im Erdboden befinden; sondern sie überhaupt erst
dann den menschlichen Sinnen zugänglich werden, wenn sie durch eine Grabung
(welcher Art auch immer, zufällig oder vorsätzlich) freigelegt bzw. in deren
Rahmen aus dem Boden geborgen werden.
Das führt dazu, dass
man – wenigstens wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass bei einer Grabung
bzw. sonstigen Erdarbeit (aus fachlicher Sicht: welcher Art auch immer; aus
rechtlicher Sicht hingegen nur bei Grabungen zum Zweck deren Entdeckung bzw. unter
gewissen Voraussetzungen wie dass der Ort, an dem gegraben werden soll, schon
unter Denkmalschutz steht) „archäologische“ Gegenstände entdeckt werden
dürften, deren Bedeutung derart beschaffen sein dürfte, dass ihre Erhaltung im
öffentlichen Interesse gelegen ist – um den dadurch möglicherweise verursachten
Schaden an (und sei es nur: möglichen) archäologischen Denkmalen und den
dadurch möglicherweise verursachten Informationsverlust über deren
Beschaffenheit so gering als möglich zu halten, schon vor bzw. bei der
Entdeckung dieser Gegenstände im engeren Sinn[3]
und ihrer Untersuchung in Hinblick auf ihre Denkmalschutzwürdigkeit so
sachgerecht als möglich vorgehen sollte (bzw. unter gewissen Voraussetzungen:
muss). Das wiederum erfordert jedoch die sachverständige Beurteilung, welche
Art bzw. Durchführungsweise der Grabung bzw. sonstigen Erdarbeit im konkreten
Einzelfall tatsächlich sachgerecht ist; z.B. welche Methoden dafür geeignet
sind, das betreffende Objekt möglichst schonend freizulegen, Informationen über
es (und seine Bedeutung) zu dokumentieren, usw.; was wiederum – in einem der
eigentlichen Feldarbeit vorgelagerten Genehmigungsverfahren wie in Österreich
dem des § 11 Abs. 1 DMSG – die Erstellung eines Sachverständigengutachtens über
die vom Grabenden geplante (bzw. wenn das, was er plant, nicht sachgerecht ist,
die von ihm abweichend von seinen Planungen zu wählende) Vorgehensweise
erforderlich macht.
Genügt es also in den
meisten anderen Bereichen des Denkmalschutzes, Sachverständigengutachten
betreffend der Bedeutung eines möglicherweise denkmalschutzwürdigen
Gegenstandes einzuholen, wird im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes, sobald
ein begründeter Verdacht besteht, dass an einer bestimmten Stelle ein „schützenswerter“
(RV 1999, 37) bzw. „denkmalschutzrelevanter“ (VwGH 23.2.2022, Ro
2016/09/0008, Rz 18) Gegenstand wenigstens wahrscheinlich vorhanden ist, eventuell
schon für die Bestimmung der Art und Weise, auf die festzustellen ist, ob
dieser Gegenstand überhaupt vorhanden ist, ein Sachverständigengutachten
erforderlich. Das erhöht natürlich die Bedeutung, die Sachverständigenäußerungen
im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes zukommt, noch weiter gegenüber
solchen in anderen Bereichen des Denkmalschutzes.
(Amts-) Sachverständigengutachten
Dabei ist sowohl die
Beurteilung der Bedeutung eines möglicherweise „schützenswerten“ (RV
1999, 37) Gegenstandes, als auch der Frage, was ein „archäologischer“
Gegenstand ist, als auch der Frage, was in einem konkreten Fall eine sachlich
geeignete Art und Weise ist, um festzustellen, ob ein möglicherweise „schützenswerter“,
möglicherweise „archäologischer“, Gegenstand überhaupt vorhanden ist und
welche Eigenschaften er aufweist, jeweils „in erster Linie durch die
Fachbeamten des BDA vorzunehmen (RV 1979)“ (Bazil et al. 2015, 23 Rz 33).
Diese sind dabei als Amtssachverständige tätig (ibid.; VwGH 20.11.2001, 2001/09/0072);
was insofern wesentlich ist, als „[e]inem schlüssigen
Amtssachverständigengutachten […] so lange zu folgen“ ist, als
dessen „Richtigkeit nicht durch Gegenausführungen und Gegenbeweise von
vergleichbarem Aussagewert widerlegt ist (VwGH 3.6.2004, 2002/09/0134). Ein
Amtssachverständigengutachten kann im Allgemeinen nur durch ein auf gleichem
wissenschaftlichen Niveau stehendes Gegengutachten widerlegt werden
(VwGH 25.9.1992, 92/09/0198; VwGH 20.3.2014, 2013/09/0154). Die Beweiskraft eines
Sachverständigengutachtens wird auch durch den Nachweis erschüttert, dass es
mit den Denkgesetzen oder mit den Erfahrungen des täglichen Lebens
im Widerspruch steht: Das Vorbringen, ein Gutachten stehe mit wissenschaftlichen
Erfahrungen im Widerspruch, ist jedoch durch ein Sachverständigengutachten
unter Beweis zu stellen (VwGH 25.4.1992, 91/09/0019)“ (Bazil et al. 2015,
23 Rz 34; Hervorhebung: im Original).
Das ist von
erheblicher Bedeutung, denn normalerweise ist es so, dass sich Behörden in
Verwaltungsverfahren inhaltlich mit jedem (auch nur einigermaßen sachlichen) Parteivorbringen
auseinandersetzen und dieses auch in ihrer Entscheidungsfindung bzw.
-begründung adäquat berücksichtigen bzw. darauf eingehen müssen. Im
Unterschutzstellungs- und Grabungsgenehmigungsverfahren kann hingegen das BDA
alles Parteivorbringen völlig ignorieren, das von den Schlussfolgerungen des
Amtssachverständigengutachtens abweicht; wenigstens solange das Parteivorbringen
nicht ein auf gleichem wissenschaftlichem Niveau wie dieses stehendes Gegengutachten
ist; egal wie gut begründet das von der Partei selbst geführte Argument sein
mag. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass eine Partei, die einer anderen
Ansicht ist als das BDA bzw. dessen Amtssachverständiger, allein nicht gegen
das BDA gewinnen kann; sondern wenigstens einen Privatsachverständigen finden
(und bezahlen[4])
muss; bzw. umgekehrt: dass sich das BDA mittels des Amtssachverständigengutachtens
in derartigen Verfahren so gut wie immer durchsetzt.
Ansprüche an (Amts-) Sachverständigengutachten
Weil dem so ist, sind
an Amtssachverständigengutachten besonders hohe Ansprüche zu stellen. Schon der
einschlägige Kommentar zum DMSG stellt daher fest, dass „[d]er Sachverständige
[…] die Tatsachen zu erheben (Befund) und aus diesen Tatsachen auf Grund
besonderer Fachkunde tatsächliche Schlussfolgerungen zu ziehen (Gutachten)“
hat (ibid.; Hervorhebung: im Original). Das ist auch nur geringfügig verkürzt
das, was der (sinngemäß auch generell auf die Tätigkeit von Amtssachverständigen
anzuwendende) § 127 Abs. 2 erster Satz der Strafprozessordnung [StPO] zu den
Pflichten von Sachverständigen festhält: „Sachverständige haben den Befund
und das Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen und nach den Regeln ihrer
Wissenschaft oder Kunst oder ihres Gewerbes abzugeben“. Das wiederum
entspricht auch im Wesentlichen dem Inhalt des Eides, der bei Eintragung in die
Gerichtssachverständigenliste gem. § 5 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz [SDG]
zu leisten ist: „Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden
einen reinen Eid, daß ich die Gegenstände eines Augenscheins sorgfältig
untersuchen, die gemachten Wahrnehmungen treu und vollständig angeben und den
Befund und mein Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen und nach den Regeln
der Wissenschaft (der Kunst, des Gewerbes) angeben werde; so wahr mir Gott
helfe!“ (§ 5 Abs. 1 SDG).[5]
Besonders wesentlich,
um beurteilen zu können, was von einem ordentlichen (auch einem Amts-) Sachverständigengutachten
und auch vom standesgemäßen Verhalten eines Sachverständigen erwartet werden
kann, ist der Verhaltenskodex[6]
des Hauptverbands der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen
Österreichs bei Erstattung von Befund und Gutachten, insbesondere über
gerichtlichen, staatsanwaltschaftlichen oder verwaltungsbehördlichen Auftrag.
Denn gemäß Punkt 1.1 der allgemeinen Verhaltensgrundsätze des Hauptverbands ist
„[d]er gerichtliche Sachverständige […] ein unabhängiges, zur
Objektivität und Unparteilichkeit verpflichtetes Hilfsorgan des Gerichtes und
der Staatsanwaltschaft (Verwaltungsbehörde) und als solches Teil der
Rechtspflege“, d.h. erfüllt exakt dieselbe Funktion, die auch der bei einer
Verwaltungsbehörde dauerhaft beschäftigte Amtssachverständige erfüllt.
Im Wesentlichen erlegt
der Verhaltenskodex ihres Hauptverbandes Gerichtssachverständigen die folgenden
Verpflichtungen auf: der Sachverständige hat fristgerecht zu arbeiten und Fristüberschreitungen
sofort der auftraggebenden Stelle mitzuteilen (vgl. 357 Abs. 1 Zivilprozessordnung
[ZPO]). Er hat unverzüglich seine Sachkompetenz für das Gutachten zu prüfen;
bei Zweifeln daran den Auftrag ganz oder teilweise abzulehnen und erforderlichenfalls
die Beiziehung eines anderen Sachverständigen bzw. die Einholung eines
Hilfsgutachtens vorzuschlagen. Allfällige Befangenheit hat er von sich aus zu
prüfen, jeden Anschein einer Befangenheit zu vermeiden und allfällige, seine
Unabhängigkeit, Objektivität und Unparteilichkeit fraglich erscheinen lassen
könnende Gründe (z.B. verwandtschaftliche, enge freundschaftliche oder
geschäftliche Verbindungen, aber auch Streitigkeiten mit einer Partei oder
einem Beteiligten) dem Auftraggeber mitzuteilen. Liegen die ordnungsgemäße
Bearbeitung des Gutachtensauftrags hindernde Gründe (z. B. Überlastung mit
behördlichen oder beruflichen Aufträgen, Befangenheit oder fehlende fachliche
Kompetenz) vor, hat er den Auftrag abzulehnen.
Er hat den Auftrag
unter seiner persönlichen Verantwortung auszuführen, darf dazu aber Hilfskräfte
beiziehen. Das bloße Abnicken der unkontrollierten, selbständigen Arbeit von
Hilfskräften ist allerdings nicht erlaubt. Bei der Befundaufnahme und den
Ermittlungen sind die Rechte von Parteien und sonstigen Beteiligten zu
respektieren; ebenso sind die Verfahrensvorschriften über den Sachverständigenbeweis
zu beachten, bei der Befundaufnahme stets der Grundsatz des beiderseitigen
Gehörs zu wahren und bei selbständigen Ermittlungen auf Unparteilichkeit und
die Einhaltung der Prinzipien eines fairen Verfahrens zu achten; ansonsten aber
der Fortgang des Verfahrens möglichst zu beschleunigen. Bei der Befundaufnahme
sind selbstverständlich auch die allgemein anerkannten Regeln der
Gutachtensmethodik im betreffenden Fachgebiet zu beachten. Der
Sachverständige ist bei der Erstellung des Gutachtens zu objektiver, sachlicher
und unparteilicher Vorgangsweise verpflichtet. Die Befundaufnahme ist
hinreichend zu dokumentieren. Beweismittel sind wenigstens bis zum
rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aufzubewahren und danach den
Berechtigten auszufolgen.
Der Aufbau eines (Amts-)
Sachverständigengutachtens
Sachverständigengutachten
folgen normalerweise auch einer bestimmten Struktur, die ebenfalls im
Verhaltenskodex des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen vorgeschrieben wird.
Der betreffende Abschnitt wird hier zur besonderen Verdeutlichung vollständig
wörtlich zitiert:
„2.11.1. Zu
Beginn ist die fachliche Kompetenz (Ausbildung und Qualifikation) für die
Erfüllung des Gutachtensauftrags darzulegen, wozu im Bereich des
Zertifizierungsumfangs der Hinweis auf die aufrechte Zertifizierung genügt.
Wenn der Gutachtensauftrag den Zertifizierungsumfang überschreitet, ist darauf
hinzuweisen und darzulegen, aus welchen Gründen die für die Erfüllung des
Auftrags notwendige Fachkompetenz ungeachtet dessen vorliegt.
2.11.2.
Sodann sind der erteilte Auftrag und die daraus abzuleitenden fachlichen Fragen
darzustellen.
2.11.3. Der
Sachverständige hat anzugeben, welche Leistungen er persönlich erbracht hat.
Die für die Erstattung des Gutachtens herangezogenen Hilfskräfte, Hilfsbefunde
und Hilfsgutachten sind genau zu bezeichnen.
2.11.4. Es
sind Ort und Zeit der Befundaufnahme sowie die erschienenen Personen anzugeben
und der Verlauf der Befundaufnahme darzustellen. Dazu gehören insbesondere die
durchgeführten Untersuchungen und Erhebungen, die Angaben der Beteiligten und
die dem Sachverständigen zur Verfügung gestellten Unterlagen. Falls der
Sachverständige für die Erfüllung des Auftrags erforderliche Informationen
nicht erhalten konnte, hat er im Gutachten darauf hinzuweisen. Ebenso sind
allfällig unterbliebene Untersuchungen, die unter Umständen noch möglich wären,
anzuführen, wobei auch die Gründe für diese Vorgangsweise anzugeben sind
(Negativkatalog).
2.11.5. Der
Sachverständige hat anzugeben, von welchem Sachverhalt er bei der Erstattung
seines Gutachtens ausgeht (Befund). Werden alternativ mehrere Sachverhalte
angenommen und Varianten gebildet, sind beweiswürdigende Ausführungen zu
unterlassen.
2.11.6.
Sodann sind die aus dem Befund abgeleiteten fachlichen Schlussfolgerungen und
die dabei verwendeten Erfahrungssätze verständlich darzustellen (Gutachten).
Das Gutachten hat eine verständliche, nachvollziehbare und überprüfbare
Begründung zu enthalten. Der Sachverständige hat die von ihm herangezogenen
Quellen (zB Normen, Lehrmeinungen, Praxiserfahrung) anzugeben. Wenn der
Sachverständige einzelne Fragen nicht beantworten konnte, hat er im Gutachten
darauf hinzuweisen.
2.11.7. Der
Sachverständige hat – soweit zweckmäßig – die wesentlichen Ergebnisse seines
Gutachtens in einer Zusammenfassung darzustellen.“[7]
In
Amtssachverständigengutachten kann selbstverständlich die unter 2.11.1.
genannte Darstellung der fachlichen Kompetenz (der Ausbildung und
Qualifikation) des Sachverständigen für die Erfüllung des Gutachtenauftrags
durch den Verweis, dass es sich um ein Gutachten im Bereich der amtlichen
Aufgaben des Amtssachverständigen handelt, ersetzt werden. Das entspricht der Feststellung
des zertifizierten Gutachters, dass ein von ihm verfasstes Gutachten in den
Bereich seiner aufrechten Zertifizierung fällt, wodurch jede Notwendigkeit zu
einer weiteren fachlichen Kompetenzdarstellung entfällt.
Dass diese
Feststellung die sonst erforderliche Darstellung der Fachkompetenz des
Gutachters völlig ersetzt, liegt daran, dass Voraussetzung für die Eintragung
in die Gerichtsgutachterliste gem. § 2 Abs 2. Z 1 SDG ist, dass der Bewerber „a)
Sachkunde und Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des
Verfahrensrechts, über das Sachverständigenwesen, über die Befundaufnahme sowie
über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens“ hat, „b)
zehnjährige, möglichst berufliche Tätigkeit in verantwortlicher Stellung auf
dem bestimmten oder einem verwandten Fachgebiet unmittelbar vor der Eintragung;
eine fünfjährige Tätigkeit solcher Art genügt, wenn der Bewerber als
Berufsvorbildung ein entsprechendes Hochschulstudium oder Studium an einer
berufsbildenden höheren Schule erfolgreich abgeschlossen hat“ sowie „d) persönliche
Eignung für die mit der Ausübung der Tätigkeit des Sachverständigen verbundenen
Aufgaben“ und „e) Vertrauenswürdigkeit“ glaubhaft machen kann; Voraussetzung
für die alle 5 Jahre erforderliche Rezertifizierung gem. § 6 Abs. 3 SDG der
Nachweis von Fortbildungsaktivitäten ist und Sachverständige im Rahmen der
Rezertifizierung auch stichprobenartig von Leitern von Gerichtsabteilungen in
Hinblick auf die Qualität und Verlässlichkeit ihrer bisherigen
Gutachtertätigkeit geprüft werden; insbesondere in Hinblick auf „die Sorgfalt
der Befundaufnahme, […] die Rechtzeitigkeit der Gutachtenserstattung
sowie […] die Schlüssigkeit, die Nachvollziehbarkeit und den richtigen
Aufbau der Gutachten“ (§ 6 Abs. 3 SDG).
Bei
Amtssachverständigen kann hingegen davon ausgegangen werden, dass ihre
Fachkompetenz erstmals bei ihrer Anstellung überprüft wurde und sie – selbst
wenn sie diese zuvor schon hatten – im Rahmen der dienstlichen Ausbildung
Kenntnisse des Verfahrensrechts, des Sachverständigenwesens, über die
Befundaufnahme und den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren
Gutachtens vermittelt bekommen haben, seither regelmäßig an fachlichen und
dienstlichen Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen und auch im Rahmen des
jährlichen Mitarbeitergesprächs durch ihre(n) mit der Dienstaufsicht befassten
Vorgesetzten – wenigstens ebenfalls stichprobenartig – in Hinblick auf die
Qualität und Verlässlichkeit ihrer bisherigen Gutachtertätigkeit überprüft
werden. Die Feststellung, dass ein von ihm verfasstes Gutachten im Bereich
seiner – sozusagen amtlich zertifizierten – fachlichen Expertise liegt, ersetzt
somit die Notwendigkeit der Darstellung der fachlichen Kompetenz des
Amtssachverständigen.
Aber abgesehen von
diesem kleinen Unterschied zu einem Gerichtssachverständigengutachten kann und
muss davon ausgegangen werden, dass Amtssachverständigengutachten dem hier dargestellten
Aufbau entsprechen, also die gleichen Punkte im Wesentlichen in der gleichen
Reihenfolge abarbeiten. Ein gutes Beispiel dafür, wie Sachverständigengutachten
aufzubauen sind und was sie zu enthalten haben, und zwar unbeachtlich der
Frage, ob sie von einem Amts-, einem gerichtlich beeideten oder einem
Privatsachverständigen verfasst wurden, lässt sich auch aus der diesbezüglichen
Richtlinie des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz (BMSGPK 2020) entnehmen, das auch alle soeben genannten
Aspekte abhandelt.
Ausschlaggebend bei
einem Sachverständigengutachten ist letztendlich – weshalb sich auch der
genannte Gutachtenaufbau generell durchgesetzt hat – dass es schlüssig sein
muss. Der VwGH hat dazu ausgesprochen, dass „[e]ine
Sachverständigenäußerung, die sich in der Abgabe eines allgemein gehaltenen
Urteils erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil
gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen beschafft wurden, erkennen läßt, […]
als Beweismittel unbrauchbar“ ist und daher eine „Behörde, die ein
solches Urteil ihrem Bescheid zugrunde legt, […] ihre Pflicht zur Feststellung
des maßgebenden Sachverhaltes“ verletzt (VwGH 25.1.1995, 94/12/0232).
Ein Gutachten, ob es nun ein Amts- oder ein Privatsachverständigengutachten
ist, ist also völlig unbrauchbar, wenn es nicht in nachvollziehbarer Weise
darstellt, auf welchem Weg der es verfasst habende Gutachter zu den von ihm
gezogenen Schlussfolgerungen gelangt ist.
Amtssachverständigenäußerungen im
archäologischen Denkmalschutz
Die
Gutachtenerstellung im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes in
Österreich hat sich lange Zeit praktisch ausschließlich auf
Amtssachverständigengutachten bzw. sonstige sachverständige Äußerungen (oft als
„Stellungnahmen“ bezeichnet) durch archäologische Fachkräfte des BDA
beschränkt; einzig in seltenen Ausnahmen, in denen es im gerichtlichen
Instanzenzug erforderlich erschienen ist, das (bzw. die) in einem solchen Fall
ergangene(n) Amtssachverständigengutachten durch zusätzliche externe Gutachten
zu unterstützen, sind gelegentlich Universitätsangestellte oder
Museumskuratoren vom BDA dazu herangezogen worden, um die amtliche Ansicht
zusätzlich zu verstärken (z.B. VwGH 21.1.1994, 93/09/0386; 18.12.2012, 2010/09/0175).
Archäologisch-denkmalwissenschaftliche Privatgutachten im Auftrag von Parteien,
die als Beweismaterial gegen die Ansicht des BDA bzw. dessen
Amtssachverständigen vorgelegt wurden, scheinen hingegen lange Zeit vollständig
gefehlt zu haben, wenigstens finden sich in der Fachliteratur und auch in der
veröffentlichten Judikatur der österreichischen Gerichte (im Bereich des
archäologischen Denkmalschutzes) kaum bzw. keine Hinweise darauf (anders als im
Baudenkmalschutz, wo gegen die Ansicht der Behörde argumentierende
Privatgutachten gelegentlich zu finden sind).
Seit der 2. Fassung
seiner Grabungsrichtlinien (BDA 2012, 6) verlangt das BDA nun auch als Teil der
„Mitteilung des Endes der Geländearbeit“, dass der Inhaber der
betreffenden Genehmigung nach § 11 Abs. 1 DMSG „in gutachterlicher Form
festzuhalten“ habe, „ob weitere denkmalpflegerische Maßnahmen an Ort und
Stelle erforderlich“ seien. Diese Verpflichtung wurde schließlich in den
aktuellen Richtlinien des BDA (2022, 31) in den „verbindlichen Bestandteil“
umgewandelt, „als gutachterliche Stellungnahme festzuhalten, ob nach
Abschluss der Maßnahme noch Bodendenkmale an Ort und Stelle erhalten oder ob
weitere denkmalpflegerische Maßnahmen erforderlich sind“.
Was damit genau
gemeint ist, bleibt allerdings jeweils unklar; denn um eine Beauftragung des
jeweiligen Genehmigungsinhabers mit der Erstellung eines für den Amtsgebrauch
gedachten Gutachtens – für dessen Erstellung er entsprechend der Bestimmungen
des § 53a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz [AVG] iVm §§ 24-51 GebAG zu bezahlen
wäre – kann es sich dabei wohl kaum handeln. Hier ist also an einen Versuch zu
denken, eine Arbeit, die eigentlich die Amtssachverständigen des BDA im Rahmen
des Feststellungsverfahrens gem. § 9 Abs. 3 DMSG von Amts wegen durchzuführen
hätten (Karl 2022), kostenschonend durch einen Verwaltungstrick an uninformierte
Dritte auszulagern, die nicht wissen, dass sie für die Erledigung dieser
Aufgabe eigentlich vom BDA bezahlt werden müssten. Davon abgesehen können für
diesen Beitrag derartige Gutachten – worum es sich auch immer dabei nun genau
handelt – unbeachtlich bleiben, weil es sich dabei jedenfalls nicht um
Amtssachverständigengutachten im engeren Sinn handelt.
Festzustellen, ob bzw.
inwieweit Amtssachverständigengutachten (bzw. sonstige Äußerungen) im Bereich
des archäologischen Denkmalschutzes den oben genannten Anforderungen sowohl
inhaltlich als auch in ihrer Form genügen – und darum soll es hier nicht
zuletzt gehen – ist allerdings leider einigermaßen schwierig, denn solche
Gutachten und sonstige Amtssachverständigenäußerungen werden (wenigstens
normalerweise) nicht veröffentlicht und sind nur Parteien zugänglich. Auch in
den einschlägigen gerichtlichen Erkenntnissen werden Gutachten und sonstige
Amtssachverständigenäußerungen gewöhnlich höchstens in stark zusammengefasster
Form abgehandelt; bzw. wo sich längere Zitate aus Sachverständigengutachten
finden (z.B. VwGH 18.12.2012, 2010/08/0175) sind diese gerade nicht aus den
Amtssachverständigengutachten, sondern aus den Gutachten (zusätzlich
bestellter) externer Sachverständiger.[8]
Selbst wenn in solchen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnissen auch
Amtssachverständigengutachten erwähnt bzw. deren Resultate zusammengefasst und
als schlüssig bezeichnet werden, so ist dies – insbesondere in Absenz von den
Ausführungen des bzw. der Amtssachverständigen entgegentretenden Gegengutachten
durch nichtamtliche Privatsachverständige – wenig aussagekräftig, weil die
Verwaltungsgerichte in solchen Fällen regelhaft begründend darauf verweisen,
dass von den dagegen Einwände erhebenden Parteien den Amtssachverständigengutachten
nicht auf wenigstens gleichem wissenschaftlichen Niveau entgegengetreten wurde
(z.B. VwGH 21.1.1994, 93/09/0386; 18.12.2012, 2010/08/0175) und daher allfällig
erhobene Einwände (ob diese nun tatsächlich berechtigt gewesen sein mögen oder
nicht) unbeachtlich zu bleiben hatten.
Tatsächlich ist es
sogar so, dass selbst in Fällen, in denen ich selbst als Antragsteller Partei
war und die Behörde eigentlich zur Behandlung meines Antrags sachdienliche
Ermittlungen anzustellen gehabt hätte (BVwG 11.9.2017, W183 2168814-1/2E; 19.9.2018, W 195 2197506-1/11E;
23.11.2021, W183 2245662-1/3E; 23.3.2022, W176 2245661-1/10E), die wohl
auch in diesen Fällen teilweise einzuholen gewesenen
Amtssachverständigengutachten entweder gar nicht eingeholt oder mir wenigstens nicht
zur Kenntnis gebracht worden sind; auch wenn ich sie eventuell im Wege der
Akteneinsicht gem. § 17 Abs. 1 AVG ausheben hätte können. Aus Gründen, die ich
gleich noch darstellen werde, erschien mir dies allerdings wenig zielführend,
weshalb ich in diesen Fällen auf die Akteneinsicht verzichtet habe. In anderen
Fällen wurde sie mir hingegen vom BDA mit der Begründung, dass in diesen
überhaupt kein auf die Erstellung eines Bescheides abzielendes
Verwaltungsverfahren anhängig sei, wenigstens vorerst verweigert (BDA 21.7.2022,
GZ 2022-0.527.192) bzw. ist sie aufgrund des aktuellen Verfahrensstandes in
einem derzeit laufenden Verfahren (noch) nicht sinnvoll.
Mir sind allerdings in
meiner Tätigkeit als Privatgutachter in letzter Zeit einige relevante Akten aus
Verfahren im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes zur Kenntnis gelangt.
Auf manche davon kann und werde ich im Folgenden genauer eingehen, wenngleich
ich auch aus Vertraulichkeitsgründen nicht alle, die mir zur Kenntnis gelangt
sind, besprechen kann bzw. darf. In diesen haben sich Amtssachverständige
vielfach geäußert, wenngleich auch oft diskutierbar ist, ob diese Äußerungen
Gutachtencharakter haben. Es genügt hier festzustellen, dass die Qualität
dieser Äußerungen bzw. Gutachten durchaus variiert; d.h. das, was ich im Folgenden
bezüglich der Äußerungen von Amtssachverständigen sage, zu denen ich mich hier
detaillierter äußern kann bzw. darf, nicht unbedingt verallgemeinert und auf
alle Äußerungen und Gutachten übertragen werden kann. Auch ist die Anzahl der Äußerungen,
die mir zur Kenntnis gelangt sind, gering, d.h. die Ergebnisse ihrer
Untersuchung bestenfalls bedingt über die genauer besprochenen Einzelfälle hinaus
generalisierbar.
Noch dazu stammen die
Beispiele, auf die ich genauer eingehen kann, alle aus einem sehr engen Bereich,
nämlich dem der Erteilung von Grabungsgenehmigungen gem. § 11 Abs. 1 DMSG, sind
also nicht einmal für den archäologischen Denkmalschutz insgesamt
repräsentativ; bzw. nur insofern, als mit derzeit jährlich etwa 650 erteilten
Genehmigungen (siehe dazu die eigenen Angaben des BDA im jährlichen
Tätigkeitsbericht der Abteilung für Archäologie des BDA in den Fundberichten
aus Österreich) gemäß dieser Bestimmung dies einer der Bereiche der
Tätigkeit der archäologischen Fachabteilung ist, in der vergleichsweise (z.B. mit
Unterschutzstellungen gem. §§ 2a, 3 und 9 Abs. 3 DMSG) viele
Amtssachverständigengutachten erstellt bzw. Äußerungen eingeholt werden müssen
(aber vergleiche dazu die derzeit ca. 1.200 Gutachten, die die Fachabteilung „im
Rahmen der Behandlung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen,
Umweltverträglichkeitsprüfungen und Ähnlichem“ [Hebert & Hofer 2020, 10]
erstellt). Dass sie allerdings wenigstens für diesen – wenngleich auch sehr
beschränkten – Bereich der Tätigkeit der Fachabteilung für Archäologie des BDA
durchaus repräsentativ sein dürften, ergibt sich aus den im Folgenden
dargestellten Fällen von selbst und ist auch der hauptsächliche Grund, weshalb
ich es in meinen eigenen, schon oben zitierten Fällen (BVwG 11.9.2017, W183
2168814-1/2E; 19.9.2018, W 195
2197506-1/11E; 23.11.2021, W183 2245662-1/3E; 23.3.2022, W176 2245661-1/10E)
unterlassen habe, Akteneinsicht zur Aushebung der in diesen Fällen erstellten
Amtssachverständigenäußerungen zu nehmen: nachdem diese Fälle alle ebenfalls
aus dem Bereich der Genehmigungsverfahren gem. § 11 Abs. 1 DMSG stammen und in
keinem davon signifikante Hinweise auf von der in den besprochenen Fällen
abweichende Amtssachverständigengutachtertätigkeit vorliegen und das BDA sicherlich
darauf zurückgegriffen hätte, wenn es sie in meinen (den hier besprochenen
zeitlich vorhergehenden) Fällen gegeben hätte, würde das nur zusätzliche
Beispiele für das gleiche Vorgehen liefern; also nichts Neues oder Zusätzliches
zum hier Dargestellten beitragen.
In der Folge werde ich
drei Fälle von Anträgen um Erteilung einer Genehmigung besprechen, die Kollege
Andreas Konecny 2021 gestellt und auch teilweise schon hier besprochen hat
(Konecny 2022a) und die noch nicht abgeschlossen, also allesamt noch bei
Gericht anhängig sind. Dennoch ist es bereits jetzt möglich, sich zu den in
diesen Fällen erstellten Amtssachverständigenäußerungen zu äußern, insbesondere
was die in den drei Fällen vom Antragsteller vorgeschlagene Grabungsmethodik
betrifft. Der erste dieser drei Fälle ist dabei in zwei maßgebliche Teile
geteilt; nämlich den das ursprüngliche Genehmigungsverfahren bis zum den
ergangenen Bescheid aufhebenden und den Fall zur neuerlichen Durchführung des
Genehmigungsverfahrens an das BDA zurückverweisenden Beschluss des BVwG vom
10.1.2022, W176 2248975-1/3E betreffenden, ersten Teil, der (im Wesentlichen) zeitlich
vor den beiden anderen Fällen durchgeführt wurde; und den das neuerliche
Genehmigungsverfahren bis zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides durch das
BDA vom 25.7.2022, GZ 2022-0.408.279 und die dagegen am 19.8.2022 erhobene
Bescheidbeschwerde des Genehmigungswerbers an das BVwG betreffenden, zweiten
Teil, der (mehr oder minder) gleichzeitig mit bzw. etwas nach den beiden
anderen besprochenen Fällen durchgeführt wurde. Der folgende Abschnitt ist
daher in vier Unterkapitel geteilt, weil ich die betreffenden Fälle bzw.
Fallteile in chronologischer Reihenfolge besprechen werde.
Eine kupferzeitliche Grube in
Höflein, Teil 1
Der erste der hier
besprochenen Fälle ist insofern besonders bemerkenswert, als der konkrete archäologische
Befund, aus dem die Entnahme einer Bodenprobe für naturwissenschaftliche
Untersuchungen geplant war – eine ovale Grube der kupferzeitlichen Kosihy-Čaka Kultur – bereits 2014 vom Antragsteller im Rahmen einer vom BDA
gem. § 11 Abs. 1 DMSG bewilligten Rettungsgrabung vor Errichtung einer
Windenergieanlage zu wohl mehr als der Hälfte ausgegraben worden war; wobei
diesbezüglich inzwischen sowohl der Grabungsbericht in den FÖ 53 (Konecny 2014)
als auch eine Publikation der Grabungsergebnisse in den Acta Carnuntina
5/2 (Konecny 2015) vorliegen. Im Gegensatz zum sonstigen Normalfall ist also
nicht nur die Fundstelle, sondern sogar der konkret betroffene Befund nicht nur
bereits grundsätzlich bekannt und dem BDA im Wege einer Fundmeldung gem. § 11
Abs. 4 DMSG samt aller erforderlichen Dokumentationsunterlagen zur Kenntnis
gebracht worden,[9]
sondern sogar schon als wissenschaftlich weitestgehend erforscht zu betrachten.
Es bestanden in diesem Fall also nachgerade optimale Voraussetzungen für eine
sachverständige Beurteilung der für die geplante Probeentnahme vom
Antragsteller ins Auge gefassten Forschungsmethodik, die dieser auch (kurz) in
einer Beilage zu seinem Antrag dargestellt hatte (siehe für das vollständige
Zitat Konecny 2022a, 415).
Die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene
Untersuchungsmethodik wich allerdings insofern von der bis kurz davor gemeinhin
vom BDA in allen dessen Grabungsgenehmigungsbescheiden als „verpflichtend
einzuhaltende“ Auflage vorgeschriebenen Richtlinien (BDA 2018) ab,
als der Antragsteller im „Grabungskonzept“-Formular nicht die Checkbox für die
Methodenwahl „gemäß den „Richtlinien für archäologische Maßnahmen“ in der
gültigen Fassung“, sondern die „gemäß folgenden Ausführungen“ –
nämlich die in der Beilage kurz dargestellte Methodik „nach allgemein
bekannten und anerkannten und gängigen Prinzipien feldarchäologischer Methodik,
abhängig von den abzutragenden Primärkontexten
bevorzugter Weise im kontextfolgenden Abtrag“ (Konecny 2022a, 415) – ausgewählt hatte. Damit hatte er
die Einhaltung der „eine generelle Ausformulierung der für die Durchführung
archäologischer Maßnahmen festzusetzenden »Einschränkungen, Auflagen und
Sonderregelungen […] (hinsichtlich […] Art der Durchführung, Meldepflichten,
Kontrollen usw.)«“ darstellenden und „welche Informationen zu erfassen und
wie diese zu dokumentieren sind, welche Dokumente anzufertigen sind und wie mit
der materiellen Hinterlassenschaft archäologischer Fundstellen umzugehen ist“
bestimmenden „Festlegungen“ (BDA 2018, 6) des Amtes abgewählt. Inwieweit
es sich bei der alternativ vom Antragsteller vorgeschlagenen Methodik um eine
tatsächlich signifikante Abweichung von den vom BDA (2018; 2022) in seinen
Richtlinien gemachten „Festlegungen“ handelt, kann an dieser Stelle
dahingestellt bleiben.
Über den am 23.7.2021 gestellten Antrag
entschied das BDA daraufhin erstmals mit Bescheid vom 23.8.2021, GZ:
2021-0.544.655 und erteilte Konecny die beantragte Bewilligung, die jedoch
zeitlich entgegen seines Antragsvorbringens (in dem er die Bewilligung für den
Zeitraum vom 2.11.2021 bis zum 30.11.2022 beantragt hatte) auf den Zeitraum vom
25.8.2021 bis zum 31.12.2021 beschränkt und mit zwei Auflagen verbunden wurde.
Bei diesen Auflagen handelte es sich um die Verpflichtung 1. die
stratigrafische Grabungsmethode zu verwenden, wobei jede stratigrafische
Einheit zu dokumentieren sei, und 2. von „der Maßnahme unmittelbar
betroffene unbewegliche Bodendenkmale […] bei Abschluss der Maßnahme
nach vorheriger Festlegung mit dem Bundesdenkmalamt zu sichern und
Veränderungen der Erdoberfläche […] bei Abschluss der Maßnahme so weit
als möglich durch Wiederherstellen des ursprünglichen Zustands rückgängig zu
machen“ (BDA 23.8.2021, GZ: 2021-0.544.655).
Diese Auflagen wurden aufgrund einer „Stellungnahme“
der Amtssachverständigen Mag. Martina Hinterwallner mit dem Bescheid verbunden,
aus der hervorgeht, „dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer
Bewilligung gegeben“ seien, aber die „Standardauflage 2 (da invasive
Maßnahme zutreffend)“ sei, „weil dadurch eine Schonung der Substanz und
eine weitgehende Bereinigung des Bodeneingriffs erzielt werden könne und als
weitere Auflage – in Hinblick auf die archäologisch relevante Befunde – die
stratigraphische Grabungsmethode anzuwenden sei“ (BVwG 10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 2). Jedwede nähere Begründung dafür fehlt allerdings
sowohl in dieser Stellungnahme selbst als auch im sonstigen Verwaltungsakt und
diese Stellungnahme oder sonstige „Ermittlungsergebnisse“ allfälliger
Erhebungen des BDA wurden Konecny (unter Verletzung der Bestimmungen des § 45
Abs. 3 AVG) auch nicht zur Kenntnis gebracht und ihm auch keine Möglichkeit zur
Stellungnahme dazu eingeräumt.
Gegen diesen Bescheid bzw. gegen die darin
enthaltene, von der beantragten abweichende Befristung und die beiden mit dem
Bescheid verbundenen Auflagen erhob Konecny daraufhin mit Schreiben vom
16.9.2021 Beschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz [B-VG]
wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts. Im Wesentlichen rügte er darin den
bekämpften Bescheid deswegen, weil die Ausführungen im Bescheid zu Auflage 1
jede sachliche Begründung für die Notwendigkeit des Inhalts vermissen ließen
und diese ihm daher willkürlich auferlegt worden sei; eine wie auch immer
geartete Begründung für Auflage 2 im Bescheid völlig fehle und weder ein
sachlicher noch ein rechtlicher Grund für die Erteilung dieser Auflage und somit ebenfalls Willkür vorliege; und das Gleiche auch für die von der
beantragten abweichende Beschränkung des Gültigkeitszeitraums der Bewilligung
gelte. Es wurden daher in der Beschwerde die Anträge gestellt, das BVwG möge
den bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass dem ursprünglichen Antrag
des Beschwerdeführers ohne Auflagen und im von ihm beantragten Zeitraum
stattgegeben werde bzw. ersatzweise den angefochtenen Bescheid aufheben und zur
Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.
Im Beschwerdevorentscheidungsverfahren gem.
§ 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz [VwGVG] gab daraufhin das BDA der
Beschwerde insofern Folge, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides mit
Bescheid vom 4.11.2021, GZ 2021-0.651.018 dahingehend „abgeändert“
wurde, dass der Gültigkeitszeitraum der erteilten Bewilligung auf die Zeit vom
2.11.2021 bis zum 31.12.2021 beschränkt wurde; während der ursprünglich
erteilte Bescheid ansonsten unverändert blieb. Im Verfahren hatte das BDA dazu
zwei „fachliche Äußerungen“ von Mitarbeitern der zuständigen
Fachabteilung Archäologie eingeholt, die hier wie im Bescheid vom 4.11.2021, GZ
2021-0.651.018 zitiert vollständig wiedergegeben werden, weil es sich dabei um
die ersten beiden im Kontext dieses Beitrags relevanten „Amtssachverständigengutachten“
handelt bzw. gehandelt haben sollte:
„Wie in der Stellungnahme zu GZ 2021-0.544.655 vom 31.08.2021 festgehalten, handelt es sich beim Datum des Beginns um einen Schreibfehler. Die im Bescheid erlassene Auflage der stratigrafischen Grabungsmethode entspricht dem allgemein anerkannten Stand der Technik in Österreich und erlaubt eine genaue Dokumentation von taphonomischen Prozessen an einem Siedlungsbefund.
Mag. Martina HINTERWALLNER, 08.10.2021
Ein Verzicht auf die Anwendung der stratigraphischen Methode würde einen Verzicht auf einen Teil der nur im Zuge der Grabung zu gewinnenden Informationen und damit einen dokumentationslosen Teilverlust des zwangsweise zu zerstörenden Bodendenkmals bedeuten. Die zweite Auflage soll die denkmalgerechte Bewahrung von an Ort und Stelle erhaltbaren Befunden garantieren. Letztlich entsteht die Verpflichtung zur Beiziehung des BDA auch aus § 11 Abs. 4 und § 9 Abs. 3 DMSG. Die – soweit als möglich gebotene – Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands dient ebenfalls der Schonung des Bodendenkmals und des Grundstücks an sich.
8. 10. 2021 Hebert“ (BDA 4.11.2021, GZ 2021-0.651.018, 5).
Tatsächlich handelt es sich dabei
natürlich wohl nicht wirklich um Amtssachverständigengutachten, sondern um
formlose Emails, in denen die beiden Zeichnenden einfach ihre subjektive
Sichtweise der gewöhnlichen Handhabungspraxis des BDA wiedergeben und die der
für die Verschriftlichung des Bescheides zuständige Sachbearbeiter der Rechtsabteilung
des BDA einfach in den Bescheid kopiert hat. Wie dieser Sachbearbeiter zur
Schlussfolgerung gelangt sein kann, dass diese vollkommen substanzlosen,
subjektiven Meinungsbekundungen nicht (Sachverständigen-) Äußerungen sind, „die
sich in der Abgabe eines allgemein gehaltenen Urteils“ erschöpfen, „aber
weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie
diese Tatsachen beschafft wurden, erkennen“ lassen und daher „als
Beweismittel unbrauchbar“ sind und daher die Behörde nicht „ein solches
Urteil ihrem Bescheid zugrunde“ legen kann, ohne dadurch „ihre Pflicht
zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes“ zu verletzen (VwGH
25.1.1995, 94/12/0232), erschließt sich leider nicht, auch nicht aus der
rechtlichen Beurteilung in der Bescheidbegründung.
Tatsächlich sind diese beiden Äußerungen,
von denen die zweite noch dazu vom Leiter der Fachabteilung für Archäologie
des BDA kommt, Lehrbuchbeispiele für als Beweismittel vollkommen unbrauchbare (Vor-)
„Urteile“ von „Sachverständigen“: es sind reine Autoritätsargumente,
die weder schlüssig begründet noch irgendwie nachvollziehbar sind. Es scheinen
hier im konkreten Fall die beiden Amtssachverständigen geglaubt zu haben, dass
es völlig ausreicht, dass sie irgendeine völlig unsubstantiierte Behauptung
von sich geben, weil wenn sie etwas sagen, dann ist das auch so. Und der
zuständige Mitarbeiter der Rechtsabteilung des BDA, der in diesem Fall die
rechtliche Beurteilung vorgenommen hat, hat das auch vollkommen widerspruchslos
akzeptiert und sich dann seitenweise rechtliche Scheinbegründungen[10]
dafür einfallen lassen, warum das in einem Verwaltungsverfahren in einem
demokratischen Rechtsstaat auch rechtlich vollkommen in Ordnung ist, dass zwei
Amtssachverständige kraft der Autorität ihrer Amtssachverständigenstellung
einfach willkürlich irgendetwas anordnen, dessen Notwendigkeit sie nicht einmal
zu begründen versucht, geschweige denn tatsächlich sachlich begründet
haben. Roma locuta, causa finita.[11]
Dass Konecny auch mit dem vom BDA „abgeänderten“
Bescheid vom 4.11.2021, GZ 2021-0.651.018 nicht zufriedengestellt war, vermag
in Anbetracht der an diesem erkennbaren, eklatanten und nachgerade
provokativen Amtswillkür bei der Entscheidung wohl kaum zu verwundern. Er
stellte daher fristgerecht einen Vorlageantrag, in dem er im Wesentlichen
ausführte, dass die Behörde sein Beschwerdevorbringen vollständig ignoriert
habe und seinen in der Beschwerde gestellten Anträgen nicht Rechnung getragen
worden sei. Schließlich änderte er mit Schreiben vom 13.12.2021 seinen
verfahrenseinleitenden Antrag gem. § 13 Abs. 8 AVG dahingehend ab, dass der
beantragte Gültigkeitszeitraum der Genehmigung auf 1.5.2022 bis 31.5.2023
festgesetzt wurde und legte gleichzeitig ein von mir verfasstes Privatgutachten
zur Frage der Grabungsmethodik vor. In diesem war ich, in der Zusammenfassung
durch das Gericht,
„(nach einem Befund, in dem auf den Gegenstand des Gutachtens, die verwendeten Quellen, den Stand der Technik und Wissenschaft im Bereich der Grabungsmethodik sowie die Umstände des konkreten Falles eingegangen wird) zusammengefasst zum Ergebnis“ gekommen, „dass die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Vorgehensweise zur Entnahme von Bodenproben aus dem kupferzeitlichen Grubenbefund eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Grabungsmethode darstelle, die dem derzeitigen Stand von Technik und Wissenschaft in der archäologischen Feldforschung entspricht, und diese Vorgehensweise keinen nationalen oder internationalen facharchäologischen Standards oder Normen der wissenschaftlichen Grabungsmethodik widerspreche, sondern im Gegenteil zu einer wesentlich gezielteren Probenentnahme und besseren Dokumentation der Befundsituation führe. Hingegen entsprächen die der Entscheidung der Behörde in der Beschwerdevorentscheidung zugrundeliegenden Äußerungen der Amtssachverständigen weder dem Tenor der einschlägigen Fachliteratur zu archäologischer Grabungsmethodik noch den Standards der führenden internationalen archäologischen Berufsverbände und Fachgesellschaften“ (BVwG 10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 7).
Konkret zu den
Auflagen und der zeitlichen Befristung der Genehmigung hielt das Gericht in
seiner rechtlichen Beurteilung das Folgende fest:
Was die zweite Auflage betreffend Sicherung unbeweglicher Bodendenkmale und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angeht, wird in der Beschwerdevorentscheidung (gestützt auf die entsprechende Aussage in der fachlichen Äußerung des Amtssachverständigen Dr. HEBERT) nun festgestellt, dass diese Auflage der Schonung des Bodendenkmals und des Grundstücks an sich dient. Damit werden aber keine Feststellungen im Sinne von Ausführungen zur Beschaffenheit des Bodendenkmals oder des Grundstücks festgestellt, aus denen der Schluss gezogen werden kann, dass eine derartige Auflage im vorliegenden Fall (der sich im Übrigen dadurch auszeichnet, dass die gegenständliche Siedlungsgrube vom Beschwerdeführer 2014 bereits zu mehr als der Hälfe im Rahmen einer Rettungsgrabung anlässlich der Errichtung einer Windparkanlage ausgegraben wurde) rechtlich geboten ist.
Indem die Frage der Grabungsmethode einen unabdinglichen Bestandteil der Grabungsbewilligung darstellt, weil ohne Klärung der Methodik die Grabung nicht durchgeführt werden kann, ist das gesamte Grabungsbewilligungsverfahren somit in seinen Sachverhaltsermittlungen mangelhaft geblieben.
Die genannten Ermittlungen sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts für eine abschließende Beurteilung der Frage notwendig, ob die Grabungsbewilligung unter Auflagen bzw. unter welchen Auflagen diese zu erteilen ist. Da bislang nicht hinreichend ermittelt wurde, macht das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund ökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Im fortgesetzten Verfahren über den – zulässigerweise (vgl. etwa VwGH 29.04.2015, 2013/05/0004; 05.03.2014, 2011/05/0135). gemäß § 13 Abs. 8 AVG hinsichtlich des Zeitraums, für den die Grabungsbewilligung beantragt wird, modifizierten – Antrag wird die belangte Behörde die dargestellten Ermittlungsschritte setzen sowie nachvollziehbare Feststellungen treffen müssen, wobei auf die Verpflichtung zur Gewährung von Parteiengehör hingewiesen wird. Was die Dauer der Bewilligung angeht, wird sie zu berücksichtigen haben, dass die Textierung von § 11 DSMSG keineswegs nahelegt, dass das Ende des Zeitraumes regelmäßig mit dem Ablauf eines Kalenderjahres zu bestimmen ist, eine Verwaltungspraxis Derartiges nicht begründen kann und die Entwicklung von Wissenschaft und Technik kein Umstand ist, der der Erteilung einer Grabungsbewilligung für einen Zeitraum von 13 Monaten entgegenstehen kann“ (BVwG 10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 10-12; Hervorhebungen: RK).
Das BVwG gab also dem
BDA durchaus konkrete Anweisungen, wozu es Ermittlungen anzustellen habe, um
dazu nachvollziehbare Tatsachenfeststellungen treffen zu können, auf denen es
seine Entscheidung stützen könnte, ob eine allfällig zu erteilende Genehmigung
überhaupt mit irgendwelchen Auflagen zu verbinden sei und, falls ja, mit
welchen. Auch wenn diese Anweisungen konkret nur auf den gegenständlichen
Einzelfall anwendbar sind, lässt sich aus ihnen gleichzeitig auch
grundsätzlicher und allgemeingültig ableiten, dass die in diesem Einzelfall vom
Gericht verlangten Ermittlungen auch in jedem gleich gelagerten anderen Fall
anzustellen sind, denn nur wenn sie ordentlich durchgeführt werden (und ihre
Durchführung auch ordentlich dokumentiert wird) kann ein
Grabungsgenehmigungsbescheid rechtmäßig mit Auflagen verbunden werden,
insbesondere natürlich solchen, welche die konkret bei der Feldforschung zu
verwendende wissenschaftliche Methodik und eine Verpflichtung zur „Wiederherstellung
des ursprünglichen Zustands“ betreffen.
Bauvorbereitende und -begleitende
Grabungen in Bad Deutsch-Altenburg (Fall A)
Teilweise zeitlich überlappend mit dem
noch laufenden Genehmigungsverfahren für die geplante Probenentnahme in Höflein
hatte Konecny noch zwei weitere Genehmigungsanträge gem. § 11 Abs. 1 DMSG
gestellt, und zwar das gleiche (große) denkmalgeschützte Grundstück in Bad Deutsch-Altenburg
im Bereich der canabae legionis des antiken Carnuntum betreffend. Der
erste davon war bereits am 20.9.2021 gestellt worden und betraf bauvorbereitende
bzw. baubegleitende Grabungen für die Abteufung eines Brunnens und die
Reparatur bereits vorhandener Drainagen im Boden des Feldes. Als
Gültigkeitszeitraum wurde die Zeitspanne vom 1.11.2021 bis zum 31.4.2023
beantragt.
Auch in diesem Fall hatte Konecny nicht
die Option „gemäß den „Richtlinien
für archäologische Maßnahmen“ in der gültigen Fassung“, am
Grabungskonzept-Formular des BDA angekreuzt, sondern eine alternative Methodik
dargestellt. Nachdem bei den geplanten Baubeobachtungen für die
Drainagereparaturen der Aushub der schon bestehenden Drainagekünetten mit dem
Bagger geplant war und auch die Grabung für den Brunnen – in einem laut
Geophysik voraussichtlich befundfreien Bereich – auf eng beschränkter Fläche
nach Baggerabhub des Oberbodens durchgeführt werden sollte, wurde die geplante
Methodik im Wesentlichen wie folgt dargestellt: die Grabung werde „…nach
Maßgabe der forscherischen Notwendigkeit und auch unter Berücksichtigung
wirtschaftlicher Gesichtspunkte nach geltenden wissenschaftlichen Grundsätzen
der Forschung mit Methoden, die international anerkannten Standards der
Grabungstechnik entsprechen (v. a. kontextorientierter Abtrag, dazu wenn
angebracht Planumsgenerierung, Sondierschnitte, aber auch Künettenpräparierung
entlang vorhandener Störungen etc.) durchgeführt und mit entsprechenden,
allgemein anerkannten Methoden der Wissenschaft unter Anwendung analoger und
digitaler Prozeduren dokumentiert“ (Beilage „Fragestellung und Methodik“
zum Antrag A. Konecny vom 20.9.2021, 2). Auch hier kann dahingestellt bleiben,
inwieweit es sich bei der vorgeschlagenen Methodik um eine tatsächlich
signifikante Abweichung von den von BDA (2018; 2022) in seinen Richtlinien
gemachten „Festlegungen“ handelt.
Daraufhin entwickelte sich in diesem Fall rasch
einiges an Aktivität: der zuständige Mitarbeiter der Fachabteilung des BDA, Dr.
Martin Krenn, ersuchte um eine Besprechung im Feld mit den beteiligten
Personen, die dann auch (unter Beteiligung des Leiters der archäologischen Fachabteilung
des BDA, HR Hebert) am 22.10.2021 stattfand, in der es aber primär um die Frage
ging, wo genau der Brunnen abgeteuft und ob die Drainagekünetten – die auf der
vom LBI ArchPro hergestellten Geophysik nicht bzw. nur sehr schlecht erkennbar
waren – nicht durch eine neuerliche geophysikalische Prospektion genauer
lokalisiert werden könnten. Bezüglich der Geophysik hatte dafür das BDA auch
das LBI ArchPro kontaktiert und nach den verwendeten Messmethoden, warum im
betreffenden Bereich wenige bzw. keine Befunde zu erkennen seien, und nach den
dort liegenden Drainagen gefragt. Ein Protokoll Heberts zum Ortsaugenschein ist
im Akt enthalten und wurde auch Konecny und dem Grundeigentümer (als aufgrund
der erforderlichen Aufhebung des Denkmalschutzes gem. § 5 Abs. 1 DMSG beteiligter Partei) zur Stellungnahme zur Kenntnis
gebracht.
Erste Stellungnahme: Dr. Krenn
Bezüglich der eigentlich auch beantragten
Genehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG findet sich als erstes Aktenstück eine
Stellungnahme vom zuständigen Sachbearbeiter in der archäologischen Fachabteilung,
Dr. Krenn. Diese datiert ausweislich des nächsten Aktenstücks[12] vom
10.12.2021, was allerdings aus ihr selbst nicht erkennbar ist; vielmehr findet
sich an ihrem Ende der Vermerk: „Ergänzt 4.1.2022 Hebert“; der
ursprüngliche Inhalt der Stellungnahme von Dr. Krenn lässt sich daher leider
aus dem mir vorliegenden Akt nicht mehr exakt rekonstruieren. Dennoch sei kurz
der wesentliche Inhalt dieser vom Leiter der zuständigen Fachabteilung
ergänzten Stellungnahme Dr. Krenns wiedergegeben.
Nach Feststellung, dass die Genehmigungen
nach §§ 11 und 5 DMSG aufgrund wirtschaftlicher Notwendigkeiten und sehr
geringem Substanzverlustes erteilt werden könne, findet sich zum
Genehmigungszeitraum die Bemerkung „frühestens 01.01.2022 bis 31.12.2022
(nicht wie angesucht 2023) Begründung: s. Stellungnahme Hebert zu [interner
Link zum Akt Höflein (inklusive Verweis „Beim Gericht“)]“. Was
davon rechtlich zu halten ist – wir haben ja schon oben gesehen, dass das
Gericht die Begründung der Befristung von Bewilligungen auf ein Kalenderjahr[13] nicht
akzeptiert hat – braucht nicht weiter erwähnt zu werden. Dass es in einer „Stellungnahme“
eines Amtssachverständigen keine zulässige sachliche Begründung einer
Festlegung ist, auf eine – noch dazu für eine den Akt ausgehoben habende Partei
eventuell nicht einmal zugängliche – Begründung in einem anderen Akt zu
verweisen, die noch dazu eventuell nicht einmal rechtlich haltbar ist, weil
dieser andere Fall aufgrund einer (nicht zuletzt auch diese Begründung
angreifenden) Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts beim
Verwaltungsgericht anhängig ist, versteht sich eigentlich von selbst. Ein
sonstiger, sachlicher Grund für die Beschränkung des Genehmigungszeitraums auf
ein Kalenderjahr wird ebenfalls nicht angeführt, die Festlegung eines von der
beantragten Zeitspanne abweichenden Genehmigungszeitraums ist also pure Willkür.[14]
Dem folgen etwa zwei Seiten Textvorschläge
und „Begründungen“ für Auflagen, eingeleitet mit der Bemerkung: „Da
im vorliegenden Konzept keine detaillierten Angaben zur geplanten Vorgangsweise
bzw. zu Bericht und Dokumentation vorhanden sind und zumeist auf allgemein
anerkannte Methoden der Wissenschaft bzw. die "forscherisch angezeigten
Genauigkeit" verwiesen wird, wären Auflagen zu erteilen, um Durchführung
und Dokumentation der archäologischen Maßnahme nach dem Stand von Wissenschaft
und Technik und im Interesse einer nachhaltigen Archvierung zu gewährleisten“
(Stellungnahme Dr. Krenn/HR Hebert zu GZ 2021-0.704.939 vom 10.12.2021 bzw.
4.1.2022, 1). Das ist insofern spannend, als es sich bei Andreas Konecny ja
nicht um einen dem BDA vollkommen unbekannten Berufsanfänger handelt, dem man eventuell
nicht zutrauen kann, dass er weiß, was „allgemein anerkannte Methoden der
Wissenschaft“ sind. Vielmehr ist er seit vielen Jahrzehnten dem BDA als fähiger
Ausgräber amtsbekannt und hat nicht nur ein einschlägiges Doktorat, sondern
sogar eine Habilitation[15]
und ist somit höher qualifiziert als der Amtssachverständige, der ihm irgendwelche
Methodenvorschriften erteilen will. Aber selbst wenn es wirklich
detaillierterer Angaben von Konecny bedürfte, um ihm die Genehmigung so wie von
ihm beantragt zu erteilen, dann wäre ihm im Wege eines Verbesserungsauftrags
eine genauere Methodenbeschreibung aufzutragen gewesen.
Dem folgen 5 Vorschläge für Auflagen und
deren Begründung. Die erste ist, dass die vom BDA bereitgestellte
Maßnahmennummer auf allen angefertigten Dokumenten anzuführen sei. Begründet
wird dies mit einem Zitat aus den Richtlinien des BDA (2022, 6), dass
die Grabungsfunde und Dokumentationsunterlagen in ihrer Gesamtheit an Stelle
des zerstörten Bodendenkmals treten. Auch das ist spannend, einerseits, weil
das BDA zur Begründung, dass etwas sachlich notwendig ist, eine unsubstantiierte
Behauptung seiner selbst zitiert, als ob dieser irgendwelche Beweiskraft zukäme;
und andererseits, weil der explizit deklarierte Zweck des DMSG die körperlich
unveränderte Erhaltung von Denkmalen durch Schutz ihrer authentischen
Erscheinung, Substanz und Wirkung vor Zerstörung, Veränderung und Verbringung
ins Ausland ist und daher aus rechtlicher Sicht ein Denkmal niemals durch eine
– und sei sie auch noch so vollständige – Dokumentation seiner Zerstörung
ersetzt werden kann (VfGH 19.3.1964, K 11 -4/63; VwGH 8.11.1973, 1072/73; 16.1.1975,
1799/74). Der Zweck von mit Bescheiden verbundenen Auflagen ist es jedoch
immer, sicherzustellen, dass der Gesetzeszweck auch tatsächlich verwirklicht
wird, was im gegenständlichen Fall durch die Auflage bzw. ihre Begründung
überhaupt nicht erreicht werden kann.
Die zweite Auflage ist die schon von oben
bekannte Vorschrift, unbeachtlich der konkreten Befundsituation an Ort und
Stelle jedenfalls die stratigrafische Methode zu benutzen. Als Begründung
findet sich neuerlich ein Verweis auf einen anderen Verwaltungsakt: „s.
Stellungnahme Hebert zu [interner Link zum Akt „Teesdorf“]“,
wobei diese Auflagenbegründung im Fall „Teesdorf“ zwar noch nicht zum
Zeitpunkt der ursprünglichen Abfassung dieser Stellungnahme, aber sehr wohl zum
Zeitpunkt ihrer „Ergänzung“ durch Hebert am 4.1.2022 vom BVwG als
vollkommen unsachlich und untauglich verworfen worden war: „Im
gegenständlichen Fall wurde festgestellt, dass seitens der belangten Behörde
betreffend die Frage, mittels welcher Grabungsmethodik die betroffene Fläche
untersucht werden soll, keinerlei Ermittlungen durchgeführt wurden und auch
keine Feststellungen getroffen wurden. Es ist aus dem gesamten Akt nicht
nachvollziehbar, warum diese Auflage erteilt wurde.“ (BVwG 15.12.2021, W183
2245660-1/3E, 7; vergleiche dazu auch die im Wesentlichen inhaltsgleiche
Beurteilung derselben Auflage im bereits oben besprochenen Fall „Höflein“,
BVwG 10.1.2022, W176 2248975-1/3E,
10-11).
Die dritte Auflage betrifft die Vermessung
und Planerstellung, wobei erstere gemäß der Vermessungsverordnung ([VermV
2016], BGBl. II Nr. 235/2018) im österreichischen Referenzsystem MGI im
Subdezimeterbereich (< 0,1 Meter) zu erfolgen habe, wobei Koordinaten im
System ETRS 89 optional angeführt werden können. Die Vermessungsverordnung gilt
allerdings eigentlich nur für den Wirkungsbereich des Vermessungsgesetzes, d.h.
im Wesentlichen die Grundstücksvermessung für den Grenzkataster, verlangt dafür
aber eine Messgenauigkeit von < 2 cm bei der satellitengestützten und < 4
cm bei terrestrischer Messung (§ 6 Abs. 1 VermV 2016). Die Diskrepanz zwischen
zitierter Rechtsnorm und Auflage bleibt unerklärt. Es sei außerdem ein
Maßnahmenpolygon und ein interpretierter Gesamtplan im Sinne der Richtlinien
(BDA 2022, 42-48) anzufertigen, auch wenn die Richtlinien in diesem
Zusammenhang im Auflagentext nicht genannt werden, sondern nur der wesentliche
Inhalt der betreffenden Bestimmungen wiedergegeben wird. Begründet wird das mit
der unsubstantiierten Behauptung, dass die Georeferenzierung im
österreichischen Koordinatensystem unerlässlich für die Nachvollziehbarkeit der
archäologischen Maßnahme sei und die bestimmte Darstellungsweise der
Übertragung für Raumordnungs- und Denkmalschutzzwecke diene. Letztendlich
begründet Krenn also diese Auflage damit, dass er einen anders erstellten
Gesamtplan eventuell nicht oder nicht so leicht verstehen würde; also mit
behördlicher Bequemlichkeit.
Die vierte Auflage betrifft die
Berichtabgabe und Dateiformate, wobei auf die entsprechende Kundmachung des
BDA gem. § 13 AVG bezüglich zulässiger Dateiformate verwiesen wird. Begründet
wird das mit der Möglichkeit der behördlichen Verarbeitung im elektronischen
Akt, der in § 11 Abs. 7 DMSG vorgesehenen Publikation der Berichte und der
Langzeitarchivierung in Abstimmung mit dem Bundesrechenzentrum. Weshalb etwas,
was bereits vom BDA mittels Kundmachung gem. § 13 AVG festgesetzt wurde, noch
einmal in Form einer Auflage in einen Bescheid aufgenommen werden muss, ist
nicht nachvollziehbar, einmal abgesehen davon, dass es Aufgaben des BDA auf den
Antragssteller verlagert. Das gilt übrigens nicht zuletzt auch für die
Publikation der Berichte, die das BDA dem Wortlaut des Gesetzes zufolge als
übersichtliche Gesamtdokumentation zusammenzufassen hat, d.h. wenigstens die editorischen
Aufgaben dem BDA aufbürdet werden. Auch diese Auflage wird also im Endeffekt
mit behördlicher Bequemlichkeit begründet.
Als fünfte und letzte Auflage wird
schließlich die schon aus dem Fall „Höflein“ bekannte Verpflichtung zur
Sicherung und Wiederherstellung vorgeschlagen. Als Begründung dafür findet sich
wieder ein Verweis auf die Stellungnahme Heberts im Akt zum Fall „Teesdorf“,
die auch der im oben zitierten Fall „Höflein“ entspricht und die vom
BVwG bereits vor der „Ergänzung“ der Stellungnahme von Krenn durch
Hebert als in der Sache völlig irrelevant abgelehnt wurde (BVwG 15.12.2021,
W183 2245660-1/3E, 7; 10.1.2022,
W176 2248975-1/3E, 11).
Diese Stellungnahme, die die Beauflagung
des beantragten Bescheides als erforderlich darstellt, enthält also durchgehend
nur vollkommen willkürlich gewählte, überwiegend der behördlichen
Bequemlichkeit bzw. Arbeitsersparnis dienende Auflagen, die sachlich vollkommen
unbegründet bleiben und teilweise sogar dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes diametral
widersprechen. Auch hier scheinen die beiden an der Erstellung dieser
Stellungnahme beteiligten Amtssachverständigen geglaubt zu haben, dass es
völlig ausreicht, dass sie irgendwelche unfundierten, autoritären Behauptungen
aufstellen, weil wenn sie etwas sagen, na dann ist das so. Eine sachverständige
Beurteilung des Antragsvorbringens von Konecny bezüglich der von ihm zu
verwenden geplanten Methodik und sonstigen Vorgehensweise ist es hingegen nicht.
„Ermittlungen“ im Februar und März 2022
Die Stellungnahme von Krenn vom 10.12.2021
und ihre Ergänzung durch Hebert am 4.1.2022 sollte, so sollte man eigentlich
annehmen, schon kurz nach ihrer Abfassung durch die Beschlüsse des BVwG in dem
Fällen „Teesdorf“ (BVwG 15.12.2021, W183 2245660-1/3E) und „Höflein“
(BVwG 10.1.2022, W176 2248975-1/3E)
obsolet geworden sein. Schließlich hatte das BVwG – noch dazu durch beide seine
normalerweise für Denkmalschutzfälle zuständigen Richter*innen, Dr. Pieler und
Mag. Newald – mit Bestimmtheit festgehalten, dass willkürlich mit (Grabungsgenehmigungs-)
Bescheiden verbundene Auflagen rechtlich unzulässig sind und das BDA nicht nur
Ermittlungen anzustellen hat, anhand derer sich die Erforderlichkeit erteilter
Auflagen beweisen lässt, sondern diese auch so zu dokumentieren hat, dass das
für ein eventuell nachprüfendes Gericht auch nachvollziehbar ist. Und
tatsächlich scheinen die beiden Beschlüsse des BVwG einen kurzen
Nachdenkprozess im BDA ausgelöst zu haben, weil über die Weihnachtsferien und
den Jänner hat sich vorerst nichts weiteres getan.
Dann scheint das BDA
mit „Ermittlungen“ begonnen zu haben. In einer wohl durch (eine) mündliche,
nicht niederschriftlich erfasste und daher auch nicht veraktete Anfrage
ausgelösten Email vom 1.2.2022 schreibt Dr. Eva Steigberger, die
stellvertretende Leiterin der Fachabteilung für Archäologie, an HR Hebert, HR
Preinsperger, die Leiterin der Rechtsabteilung des BDA, sowie zwei
Sachbearbeiter der Rechtsabteilung, Mag. Bauer und Mag. Clemenz, bezüglich
einer Begründung für die Befristung und die Methodenauflagen wie folgt:
„Ich hoffe, das entspricht, bitte rückfragen, wenn es zu unklar ist - neben dem Reden ist schreiben schwer.....
Die fachliche Qualifikation wie auch die Angemessenheit von Dauer und Ausdehnung wird im Zug des Ermittlungsverfahrens für die Bescheiderlassung geprüft.
Ob diese Qualifikation auch praktisch dem Stand der Wissenschaft und Technik umgesetzt wird, kann nur mit Erhalt einer Dokumentation und Berichtslegung, die jährlich vorgesehen ist, geprüft werden. Insbesondere deshalb, weil die Dokumentation als Ersatzmaßnahme im Endeffekt den Erhalt des Denkmals ersetzt.
Bei länger laufender Maßnahme (über die 12 Monate hinaus) gibt die Dokumentation und Berichtslegung die Möglichkeit dieser Prüfung.
Andreas Kinne, Tabellen und Tafeln zur Grabungstechnik, 7. Auflage 2013. Insbesondere zur Methodik: 15 - 18. https://ausgrabungstechnik.de 9. Auflage 2019“ (Email von E. Steigberger vom 1.2.2022, 15:20).
Hebert reagiert darauf
binnen einer Stunde: „Von Krenn-Leeb kommt auch noch etwas“ (Email von
B. Hebert vom 1.2.2022, 16:38).
Einmal abgesehen
davon, dass wir hier schon wieder den wenigstens aus denkmalrechtlicher Sicht
haarsträubenden Unsinn der „Dokumentation als Ersatzmaßnahme“ für den „Erhalt
des Denkmals“ sehen, den der Gesetzgeber im DMSG definitiv nicht vorgesehen
hat (egal was aus archäologisch-fachlicher Sicht davon zu halten ist) und
scheinbar ernsthaft über die „fachliche Qualifikation“ eines einschlägig
Habilitierten mit über mehrere Jahrzehnte hinweg makellosem Portfolio von
erfolgreich und gesetzeskonform abgewickelten archäologischen
Feldforschungsprojekten diskutiert wurde, wird hier das schon vom BVwG als
absurd betrachtete Argument der sich angeblich ständig und rasch ändernden
Methodik zu stützen versucht, indem auf eine Literaturstelle zur
Grabungsmethodik verwiesen wird, die etwa alle drei Jahre in neuer Auflage
veröffentlich wird. Ungünstigerweise scheint allerdings niemand in die beiden
zitierten Auflagen von Kinnes (2013, 15-17; 2019, 15-17) „Tabellen und
Tafeln zur Grabungstechnik“ geschaut zu haben; denn wäre das passiert,
hätte das BDA zweifelsfrei feststellen müssen, dass in beiden Auflagen drei „Grabungsmethoden“
– die „Flächengrabung, Grabung nach Plana und Profilen“, die „Schichten-“
bzw. „stratigrafische Grabung“ und die „Wheeler-Kenyon-Methode“ –
jeweils wort- und abbildungsident dargestellt werden. Nur am Rande bemerkt sei,
dass diese (neben anderen) Grabungsmethoden auch alle bereits von Mortimer
Wheeler (1954) in seinem Grabungslehrbuch „Archaeology from the Earth“
in sehr ähnlicher, aber weit detaillierterer Weise dargestellt wurden als bei
Kinne (2013, 15-17; 2019, 15-17). So gar arg rasante grabungsmethodische
Entwicklungen scheinen also doch nicht in der „Natur der archäologischen
Methode“ zu liegen.
Dem folgt im Akt eine
undatierte, aber auf den Beschluss des BVwG vom 10.1.2022, W176 2248975-1/3E
und die Emails vom 1.2.2022 bezugnehmende Stellungnahme von Mag. Bauer mit
seinen Rechercheergebnissen zur Frage der Befristung von Grabungsgenehmigungsbescheiden
und der Möglichkeit eines Widerrufsvorbehalts als Auflage. In dieser wird unter
anderem neuerlich völlig unreflektiert und kritiklos die unsubstantiierte
Argumentation der archäologischen Fachabteilung – unter anderem wird aus
Steigbergers soeben zitierter Email der wesentliche Inhalt übernommen
– als Fakt übernommen und rechtlichen Erwägungen zugrunde gelegt. Unter anderem
liest man in dieser Stellungnahme nun:
„Darüber hinaus wurde aus fachlicher Sicht auch vorgebracht, dass sich der Stand von Wissenschaft und Technik im Bereich der Archäologie rasant entwickelt. Siehe dazu etwa die Richtlinien Archäologische Maßnahmen, die seit dem Jahr 2010 nun in der mittlerweile 6. Fassung vorliegen (vgl. dortiges Nachwort). Dies zeigt sich beispielsweise auch bei der Literatur Kinne, TABELLEN und TAFELN zur Grabungstechnik, die im Jahr 2013 in 7. Auflage und im Jahr 2019 bereits in 9. Auflage erschienen ist (siehe https://ausgrabungstechnik.de). Bei einer Bewilligung, die über einen längeren Zeitraum läuft, wäre somit auch diesen Aspekten in Form einer entsprechenden Nebenbestimmung Beachtung zu schenken (s. u.), wiederum orientiert am Kalenderjahr“ (undat. Stellungnahme S. Bauer zu GZ 2021-0.704.939, 3-4; Hervorhebung: RK).
Zweck der
Stellungnahme ist dabei allerdings nicht, die Rechtslage und die fachlichen
Erfordernisse neutral und unparteilich zu analysieren, um herauszufinden, was
der Gesetzgeber damit gewollt haben dürfte und wie fachliche Erfordernisse
damit in Einklang gebracht werden können, sondern Zweck ist es, die Bindung der
Laufzeit von Grabungsgenehmigungsbescheiden an das Kalenderjahr doch auch
entgegen der Judikatur des BVwG irgendwie retten zu können.
Sechs Tage vor Ablauf
der AVG-Frist für die Erledigung des Genehmigungsverfahrens scheint dann das
nächste Aktenstück auf. Datiert mit 14.3.2022, 11:31, ist es ein pdf-Ausdruck
der Webseite und, datiert mit 14.3.2022, 13:21, der Bestellformular-Seite von Andreas
Kinne, auf der dieser für seine „Tabellen und Tafeln zur Grabungstechnik“
(Kinne 2019) wirbt und diese erworben werden können. Nicht ganz nachvollziehbar
ist, weshalb sich, wer auch immer sich die Mühe gemacht hat, Kinnes
Bestellseite zu besuchen, nicht auch die Mühe gemacht hat, sich die 8. Auflage (Kinne
2016) auf der academia.edu-Webseite von Kinne anzuschauen, die dort als
Volltext gratis zum Download zur Verfügung steht. Welchen Zweck die Aufnahme der
Webseite zum Buch von Kinne in den Akt erfüllen soll, ist nicht nachvollziehbar.
Am 15.3.2022 ist das
BDA jedenfalls immer noch mit der Frage befasst, wie viel kürzer als auf das
laufende Kalenderjahr man die Genehmigung befristen kann: Hebert schreibt dazu
eine Stellungnahme, dass auch die Abteilung für Archäologie einen Zeitraum von
20 Tagen, wie auch von Antragsteller selbst als eigentliche Grabungsdauer
angegeben, als realistisch erachte, vielleicht ein Monat bei schlechten
Bedingungen. Nachdem es um die Errichtung eines vom Grundeigentümer gewollten
Brunnens gehe, sei wohl auch die Nutzung des Grundstücks für die eine Auflage
darstellende Grabung kein Problem. Die Stellungnahme wird beschlossen vom Satz:
„Zusätzliche Stellungnahmen von Externen wurden bewusst nicht eingeholt“
(Stellungnahme Hebert zu GZ 2021-0. 704. 939 vom 15.3.2022).
Am 16.3.2022 schreibt
schließlich Mag. Bauer aus der Rechtsabteilung eine Email an Dr. Steigberger,
mit HR Hebert, HR Preinsperger und Mag. Clemenz im CC:
„Liebe Eva,
wie besprochen, würden wir noch einen Literaturauszug benötigen, aus dem hervorgeht, dass die stratigrafische Methode in aller Regel die zuverlässigere ist und auch an den Universitäten als grundlegende und bevorzugte Methode gelehrt wird.
Vielen Dank!“ (Email S. Bauer vom 16.3.2022, 14:28).
Auch das ist einigermaßen bemerkenswert:
die Behörde versucht hier überhaupt nicht, den tatsächlichen Sachverhalt zu
ermitteln und systematisch irgendwelche Beweise zu erheben, z.B. indem
Fachliteratur zur Grabungsmethodik oder auch nur mein im Beschluss des BVwG vom
10.1.2022, W176 2248975-1/3E vom
Gericht genanntes Gutachten zur Frage der Grabungsmethodik konsultiert bzw. ein
Gerichtssachverständiger für Archäologie mit der Erstellung eines einschlägigen
Gutachtens beauftragt wird. Vielmehr scheint die Behörde davon auszugehen, dass
– obwohl zwei einschlägig Habilitierte eine andere Meinung vertreten, die sie zu
dieser Zeit auch schon jeweils durch eine auf dem wissenschaftlichen Niveau
eines Sachverständigengutachtens stehende Äußerung in einschlägigen Verfahren
nach Ansicht des BVwG schlüssig belegt hatten – die von den
Amtssachverständigen immer noch völlig unsubstantiiert und damit überhaupt
nicht objektivierbar vertretene Meinung, dass ausschließlich die stratigrafische
Methode am „Stand der Technik und Wissenschaft“ sei, tatsächlich
zutrifft und man nur noch irgendeine Literaturstelle bereitstellen muss, um
diese Ansicht auch ausreichend zu bestätigen. Eine objektive, sachliche und
unparteiliche Vorgangsweise sieht jedenfalls anders aus.
Literaturstelle hat sich allerdings
scheinbar keine gefunden, und so antwortet kurz danach HR Hebert (an Mag. Bauer
und in CC Dr. Steigberger) mit zwei „Quellennachweisen“:
„Ich nehme vorweg: Dass Stratigraphie ein essentieller Lehrinhalt ist, sieht man z. B. aus https://www.studieren.at/studien/archaeologie/
oder
https://ufind.univie.ac.at/de/course.html?lv=060069&semester=2019S” (Email B. Hebert vom 16.3.2022, 18:29).
Auch das ist spannend:
beide diese „Quellen“ sind nämlich alles andere als aussagekräftig,
schon gar nicht dafür, dass – worum Bauer eigentlich ersucht hat – „die
stratigrafische Methode in aller Regel die zuverlässigere ist“. Ist zweiteres
wenigstens das Verzeichnis der im Sommersemester 2019 am Institut für
Urgeschichte und historische Archäologie an der Universität Wien angebotenen
Lehrveranstaltungen; ist das erste ein „unabhängiger Studienführer“ der
TarGroupMedia GmbH aus Köln, in dessen Impressum (Abb. 1) sich ein Warnhinweis findet, dass „spezielle
Fragen“ zu „Studieninhalten“ nicht beantwortet werden können, man
solle sich stattdessen direkt an die jeweilige Hochschule wenden.
Abb. 1: Impressum der Webseite "studieren.at" samt Warnhinweis (Screenshot: RK, 1.10.2022). |
Also lässt sich aus
diesen beiden „Quellen“ nicht wirklich etwas ableiten, was darüber hinausgeht,
dass „Stratigrafie“ und „Grabungstechnik“ Lehrinhalte sind, die
in Archäologiestudien vermittelt werden. Die Erstellung einer Beschreibung der
Schichtabfolge im Bodens (= „Stratigrafie“) ist aber letztendlich Ziel
jeder derzeit anerkannten archäologischen Ausgrabungsmethode und eine „Stratigrafie“
kann daher auch bei Anwendung einer jeden davon gleichermaßen erstellt werden.
Tatsächlich hat kein geringerer als Thomas Jefferson bereits 1784 – d.h. vor
Erfindung der „stratigrafischen Methode“ (z.B. Pitt-Rivers 1887;
Atkinson 1946), ja sogar vor Einführung des Begriffs der „Stratigrafie“
(durch den englischen Geologen William Smith in den 1790ern) – kompetent und
nachvollziehbar nicht nur die Stratifikation eines von ihm ausgegrabenen,
mehrphasigen Grabhügels beschrieben, sondern sogar schon die „stratigrafische
Sequenz“ der zu seiner Errichtung gesetzten Handlungen korrekt erkannt und
dargestellt (Jefferson 1801, 142-147).
Nicht nur muss HR
Hebert als Amtssachverständiger wissen, dass nicht nur die „stratigrafische
Methode“ (nach britischem Vorbild heute zumeist in Anlehnung an Harris
1989), sondern jede derzeit allgemein anerkannte Grabungsmethode zur
Dokumentation der bei einer Grabung angetroffenen Stratifikation geeignet ist; er
weiß es auch tatsächlich, arbeitet er doch schon seit jener Zeit als
Amtssachverständiger im BDA, als das BDA noch der Verwendung der „stratigrafischen
Methode“ (damals im Wiener Fachjargon „Negativgrabung“ genannt)
höchst skeptisch gegenüberstand und die „Abstichgrabungs-“ bzw.
„Planumsmethode“ (z.B. Gersbach 1998, 29-31, 53-84) nicht zuletzt deshalb
bevorzugte, weil „nur“ damit auch für Dritte die nachvollziehbare Kontrolle
der horizontalen und vertikalen Stratifikation anhand der dabei erzeugten Plan-
und Profilschnitte möglich sei. Er kann also auch nicht ernsthaft geglaubt
haben, dass die von ihm zitierten Webseiten die Ansicht, dass die „stratigrafische
Methode“ jedenfalls – und zwar völlig unabhängig von den Umständen des
Einzelfalls – zu bevorzugen sei, auch nur schwach unterstützen, geschweige denn
einen positiven Beweis dafür liefern würden.
Vielmehr nutzt Hebert
hier gezielt die Tatsache, dass die „stratigrafische Methode“ den
Begriff „Stratigrafie“ in ihrer Bezeichnung verwendet – etwas, was der
historischen Begriffsentwicklung im England des 19. Jahrhunderts und der
dortigen direkten Übernahme der „stratigraphic method“ (z.B. Pitt-Rivers
1887; Atkinson 1946) aus der Geologie in die Archäologie geschuldet ist – in
bewusster Täuschungsabsicht, um den Eindruck zu erwecken, es würde sich aus den
beiden zitierten Webseiten ableiten lassen, dass die von den
Amtssachverständigen des BDA vertretene Ansicht, „dass die stratigrafische
Methode in aller Regel die zuverlässigere ist“ (Email S. Bauer vom 16.3.2022,
14:28; Hervorhebung: RK, vgl. BDA 2012, 8; 2018, 15; 2022, 21), tatsächlich
zutrifft. Auch das hat nichts mit objektiver, sachlicher und unparteilicher
Vorgangsweise zu tun; geschweige denn, dass es ein Vorgehen „nach bestem
Wissen und Gewissen und nach den Regeln der Wissenschaft“ (§ 127 Abs. 1
StPO; § 5 Abs. 1 SDG) wäre. Es ist vielmehr ein Versuch, mittels eines
Sophismus der eigenen Ansicht zum Durchbruch zu verhelfen, also ein durch und
durch parteiisches Vorgehen.
Es geht also weder den
Organen der Rechtsabteilung noch jenen der Fachabteilung darum, den
tatsächlichen Sachverhalt ordentlich und unvoreingenommen zu ermitteln und dann
auf Basis dieser Ermittlungsergebnisse eine sachlich wohl begründete
Entscheidung zu treffen. Vielmehr konspirieren Rechts- und Fachabteilung
miteinander, um nachträglich Beweise – und seien es nur Scheinbeweise – dafür heranzuschaffen,
die Vorurteile der Behörde nachträglich doch irgendwie rechtfertigen und von
Anfang an sachlich korrekt erscheinen lassen. Die Behörde will zeigen, dass sie
von Anfang an Recht hatte, und dazu ist ihr praktisch jedes Mittel recht –
inklusive so lächerliche wie Verweise auf Webseiten, die – außer dass das Wort „Stratigrafie“
darauf vorkommt – überhaupt nichts zeigen, geschweige denn beweisen.
Zweite „Stellungnahme“: Dr.
Alexandra Krenn-Leeb
Wohl wissend, dass solche
Webseitenverweise lächerlich sind und gegen ein auch in diesem Fall im
Beschwerdeverfahren zu erwartendes Privatgutachten keine Aussicht auf Bestand
haben würden, hatte sich Hebert gleichzeitig doch noch einmal an eine Externe
gewandt, deren Befassung Anfang Februar bereits angekündigt worden war, die
sich aber bisher doch noch nicht schriftlich dazu geäußert hatte: „Krenn-Leeb“
(Email von B. Hebert vom 1.2.2022, 16:38). Warum sich diese nicht schon
geäußert hatte, kann anhand des Inhalts der Email vermutet werden, die ihr
Hebert (mit Steigberger und Krenn im CC) nun schickte, um sie (wohl noch
einmal) um Unterstützung zu bitten:
„Liebe Alexandra!
Gibt es da vielleicht irgendetwas ganz Allgemeines von universitärer Seite beizutragen? Im Curriculum oder Beschreibung der Lehrgrabungen??
Wäre uns sehr geholfen und kann ganz "anonym" bleiben“ (Email von B. Hebert vom 16.3.2022, 15:21).
Nachdem sich im Akt
keine sonstige Kommunikation mit Krenn-Leeb findet (wenngleich auch das Email
von Steigberger vom 1.2.2022, 16:38 und das von Bauer vom 16.3.2022, 14:28
zitiert werden), muss wohl davon ausgegangen werden, dass es hierzu auch eine
mündliche, nicht niederschriftlich veraktete Kommunikation zwischen Hebert und
Krenn-Leeb bzw. auch schon zuvor zwischen Krenn und Krenn-Leeb (die immerhin
ein Ehepaar sind) gegeben hat.[16]
Es handelt sich dabei auch nicht um einen Gutachtenauftrag im engeren Sinn,
sondern vielmehr um ein Ersuchen um eine die Sichtweise des Amtes
unterstützende „allgemeine“ Äußerung; für die noch dazu in Aussicht
gestellt wird, dass diese „anonym“ bleiben könne. Es ersucht hier also
das BDA um so etwas ähnliches wie eine „Sachverständigenäußerung“, die
sich aber „in der Abgabe eines allgemein gehaltenen Urteils“ erschöpfen
soll, was eigentlich von Haus aus „unbrauchbar“ ist (VwGH 25.1.1995,
94/12/0232), und bezüglich derer der befragten (wohl ohnehin als befangen zu
betrachtenden) Sachverständigen in Aussicht gestellt wird, dass die Tatsache,
dass sie eine Äußerung abgegeben hat, an dieser Kommunikation beteiligten
Dritten nicht bekannt werden würde; d.h. wohl insbesondere sie auch fachliche
Drittkontrolle und Kritik nicht zu fürchten hätte. Auch wenn es nicht explizit
gesagt wird: es ist eine Bitte um das, was man umgangssprachlich als „Gefälligkeitsgutachten“
bezeichnet, eine (mehr oder minder fachlich vertretbare) Äußerung, die im
Wesentlichen zu dem Ergebnis kommt, das der Auftraggeber gerne hätte.
Krenn-Leeb kommt
dieser Bitte dann auch nach und schreibt (wieder mit Steigberger und Krenn im
CC) zurück:
„Lieber Bernhard!
Bereits Mitte der 1980er Jahre hielt die stratigrafische Grabungsmethode Einzug in die Lehrgrabungen des Instituts für Urgeschichte und Historische Archäologie (UHA) der Universität Wien. Anfangs wurden noch beide Grabungsmethoden – stratigrafische und Planungsgrabung – parallel zueinander praktiziert und vermittelt. Es wurde in einigen Fällen wegen der langjährigen Forschungsgrabungen von einem grundlegenden Wechsel der Dokumentationstätigkeit abgesehen. In manchen Fällen wurde eine Mischung von stratigrafischer Abbauweise und Dokumentation gemäß der Planungsgrabung kreiert, sodass die Fundmaterialien bereits stratigrafisch getrennt worden sind, die Befunddokumentation allerdings noch analog erfolgte. Spätestens ab Beginn der 2000er Jahre wurde dann verstärkt die stratigrafische Grabungsmethode eingeführt, was vor allem durch die nunmehr leistbarere Ausstattung mit Tachymetern forciert worden ist. Die teure Grundausstattung verhinderte tatsächlich einen frühzeitigeren Wechsel, denn der Wille und das Verständnis für die Notwendigkeit der stratigrafischen Grabungsmethode existierte grundsätzlich! 2006 gelang flächendeckend die Finanzierung der Tachymeter und es wurde bei Forschungs- und Lehrgrabungen nur mehr ausschließlich die stratigrafische Grabungsmethode vermittelt und praktiziert.
Da die stratigrafische Grabungsmethode seit Jahren im Lehr- und Forschungsbetrieb der UHA Wien nachhaltig verankert ist, wird sie vielfach gar nicht mehr explizit erwähnt. Anhand der Kompetenzprotokolle und der Lehrinhalte in den Vorlesungsverzeichnissen und den Curricula kann jedoch eine einheitliche Praxis der stratigrafischen Grabungsmethode eindeutig nachvollzogen werden (z. B. Angaben zu SE-Protokollen, SE-Blättern, Vermessungsübungen mit dem Tachymat etc.). Auch die einschlägigen Lehrveranstaltungen im Bachelor- (KU Grundlagen der Vermessung und Stratigrafie, 3 St., 5 ECTS) und im Mastercurriculum (KL) Angewandte Vermessung und Stratigrafische Praxis, 3 St., 5 ECTS) verweisen dezidiert auf die stratigrafische Grabungsmethodik.
Im Anhang übermittle ich Dir (m)ein aktuelles Kompetenzprotokoll für die diesjährige Lehrgrabung in Ratzersdorf sowie die Curricula des Bachelor- und Masterstudiums der UHA Wien.
Einschlägige Hinweise auf die Praxis der stratigrafischen Grabung gibt es auch in den Lehrinhalten der einzelnen Lehrgrabungen im Vorlesungsverzeichnis.
Hier der Link zu unseren Lehrgrabungen im Sommersemester 2022S:
Hier der Link zur Lehrgrabung Ratzersdorf, wo die stratigrafische Grabungsmethode erwähnt ist:
Ich hoffe, Dir mit den gewünschten Angaben behilflich gewesen zu sein!“ (Email von A. Krenn-Leeb vom 17.3.2022, 10:11).
An die Email angehängt
und auch veraktet finden sich dann 2 1/2 Seiten Kompetenzprotokoll für die
Grabung von Krenn-Leeb in Ratzersdorf 2022 sowie jeweils 16 Seiten BA- und
MA-Curriculum für das Studium Urgeschichte und Historische Archäologie.
Bei dieser Email
Krenn-Leebs ist schon diskutierbar, inwieweit die historische Darstellung der archäologischen
Methodenentwicklung in Österreich den Tatsachen entspricht: ich z.B. habe meine
Lehrgrabungen am genannten Institut in den Jahren 1989 (bei Daim) und 1990
(bei Neugebauer[17])
absolviert und bei beiden wurde ausschließlich die „Abstichgrabungs-“
bzw. „Planumsmethode“ (im Wesentlichen entsprechend der Darstellung in
Gersbach 1998, 29-31, 53-84) als „einzig zulässige“ Grabungsmethode
gelehrt. Ich kann nun natürlich nicht ausschließen, dass nicht bereits Mitte
der 1980er Jahre die stratigrafische Methode Einzug in manche Lehrgrabungen dieses
Instituts gehalten hat, dass die beiden Methoden in dieser „anfänglichen“
Zeit „parallel zueinander praktiziert und vermittelt“ wurden, entspricht
aber jedenfalls nicht meinen Erfahrungen. Ganz im Gegenteil wurde wenigstens
bis Mitte der 1990er am genannten Institut die „Negativgrabungsmethode“
überwiegend negativ beurteilt und mehrheitlich abgelehnt; und ich erinnere mich
sehr konkret über längere Diskussionen unter Studierenden, die wenigstens auch „stratigrafisch“
graben lernen wollten, wie und wo (insbesondere in Großbritannien) man das am
ehesten könnte. Aber gut, solche unterschiedlichen Wahrnehmungen der
historischen Entwicklung können unterschiedlichen Entscheidungen Einzelner –
wie eben welche Lehrgrabung bei welchem Lehrenden man besuchte – und
unterschiedlichen Freundschaftszirkeln unter Studienkolleginnen geschuldet
sein, d.h. sind wenigstens bis zu einem gewissen Grad subjektiv.
Manches in der
Darstellung ist allerdings fachlich einfach Unsinn: dass z.B. irgendein
Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von Tachymetern und der Verwendung der
stratigrafischen Grabungsmethode besteht, bedürfte einer weit stärkeren
Begründung als der unsubstantiierten Behauptung in einer Email, das sei so
gewesen. Die einschlägige Fachliteratur (z.B. Barker 1993, 36-48, 72-159;
Gersbach 1998, 29-43; Drewett 1999, 92-103; Roskams 2001, 93-118; Collis 2004,
1-56, 64-97; Linke 2011; Sigl & Vetterling 2012, 26-33; Kinne 2013, 15-17;
2016, 15-17; 2019, 15-17; Webster 2014, 55-63) stellt jedenfalls die
Verfügbarkeit eines Tachymeters nicht als essentielles Kriterium für die
Verwendung der stratigrafischen Methode dar. Und selbstverständlich hat man,
z.B. in Großbritannien, schon lange – nämlich über ein Jahrhundert lang – bevor
Tachymeter „leistbar“ wurden stratigrafisch gegraben, ein kausaler
Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit von Tachymetern und der Verwendung der
stratigrafischen Grabungsmethode scheidet daher schon allein aufgrund der
allgemeinen Denkgesetze aus.
Es kann in diesem
Zusammenhang übrigens auch dahingestellt bleiben, ob – wenigstens am Institut
für Urgeschichte und historische Archäologie – die stratigrafische Methode
inzwischen „nachhaltig verankert“ ist und als „einheitliche Praxis“
vermittelt wird, völlig unbeachtlich der Tatsache, dass an diesem Institut auch
andere Lehrmeinungen vertreten werden. Denn auch wenn es den Tatsachen
entsprechen sollte, dass die stratigrafische Methode nach Sicht auch nur einer
Mehrheit der Lehrenden am Institut alternativlos unter allen Umständen
anzuwenden wäre, dann kommt auch dem im gegenständlichen Verfahren für die
relevante Frage keinerlei Beweiskraft zu, und zwar gleich aus mehreren Gründen.
Der vielleicht wichtigste davon ist, dass das BDA seit spätestens der 2.
Auflage seiner Richtlinien, also seit 1.1.2012, die Verwendung der
stratigrafischen Methode bei Grabungen (BDA 2012, 8; 2018, 15; 2022, 21)
alternativlos verpflichtend vorschreibt; und zwar bis vor kurzem auch in den
seltenen Fällen, in denen ein Antragsteller eine von den Richtlinien
abweichende Vorgehensweise vorgeschlagen hat (siehe dazu BVwG 19.9.2018, W 195 2197506-1/11E;
Konecny 2022a). Universitäten in Österreich und insbesondere archäologische
Institute wie das für Urgeschichte und historische Archäologie der Universität
Wien, die Studierende in erster Linie für den inländischen Grabungssektor
ausbilden, müssen also Studierende vorwiegend in dieser Methode unterrichten,
wenn sie diesen Studierenden nicht jede Karrieremöglichkeit am archäologischen
Arbeitsmarkt von Anfang an verbauen wollen. Dass sich dieses grabungsmethodische
Diktat des BDA also auch im Lehrangebot und den Curricula der Universitäten
abbildet, versteht sich von selbst.
Im konkreten Fall kommt aber noch die schon genannte Befangenheit von
Krenn-Leeb selbst maßgeblich erschwerend hinzu: Krenn-Leeb ist seit langem
Studienprogrammleiterin und hat daher selbst einen maßgeblichen Einfluss auf
den Inhalt der Curricula an diesem Institut. Sie leitet noch dazu einschlägige
Lehrveranstaltungen zur Grabungsorganisation, den Richtlinien des BDA
und dergleichen selbst und lässt die einschlägigen
Denkmalschutzlehrveranstaltungen durch ihren Ehemann durchführen − der noch dazu der für die Richtlinien hauptverantwortliche
Mitarbeiter des BDA ist. Dass Krenn-Leeb auch selbst am (wenigstens teilweise
gescheiterten) Versuch persönlich beteiligt war, den gesamten
Rettungsgrabungsmarkt in Österreich durch Verwendung dubioser
Vereinskonstruktionen unter direkte Kontrolle der einschlägigen Fachabteilung
des BDA zu bekommen, ist hinlänglich bekannt und auch eindeutig bewiesen (siehe
dazu Karl 2011, 89-127, 315-325). Dass Krenn-Leeb daher auch ihren Einfluss am
Institut für Urgeschichte und historische Archäologie genutzt hat, um für ein –
durchaus als Positivum zu bewertendes – möglichst reibungsloses Zusammenspiel
mit dem BDA zu sorgen und gleichzeitig die hauptsächlich von ihrem Mann
erstellten Richtlinien und die darin enthaltenen Feststellungen zu
fördern versucht, versteht sich von selbst.
Das eigentliche Problem ist hier also nicht so sehr der Inhalt von
Krenn-Leebs Email, auch wenn man auch diesen wenigstens teilweise anzweifeln
kann und muss, sondern vielmehr, dass Krenn-Leeb in jedem Fall nicht als
unabhängige und unvoreingenommene Auskunftsperson gelten kann und daher, egal
was sie sagt, keinen Beweiswert hat; und was auch immer sie sagt ob des Fehlens
jedweden Bezugs zum konkret gegenständlichen Einzelfall auch a priori als „Beweismittel“
wertlos ist, ein „allgemein gehaltenes Urteil“, das „weder die
Tatsachen, auf die sich […] gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen
beschafft wurden, erkennen läßt“ (VwGH 25.1.1995, 94/12/0232). Ganz im
Gegenteil: sowohl sie selbst als auch worum Hebert sie ersucht hat ist, gerade
wenn die Behörde ernsthaft ermitteln und tatsächlich unvoreingenommen, objektiv
und unparteilich feststellen wollen würde, was im konkret gegenständlichen
Einzelfall sowohl fachlich als auch rechtlich geboten ist, das exakte Gegenteil
von dem, was notwendig wäre.
Hebert scheint das allerdings anders gesehen haben und reagiert darauf
mit der folgenden Email an Bauer und Preinsperger (mit Steigberger im CC): „Ich
glaube, das ist die ideale Stellungnahme - und Eva Steigberger ist damit von
weiterem Suchen mM nach entbunden“ (Email von B. Hebert vom 17.3.2022,
10:39). Krenn-Leeb hat das Vorurteil des Amtes, wie von Hebert gewünscht, in
einer „Gefälligkeitsemail“ bestätigt – weil von einem „Gutachten“
kann man bei dieser Email ja nicht ernsthaft sprechen – und Hebert ist damit so
zufrieden, dass er Steigberger nicht weiter mit der Suche nach einer
Literaturstelle, die das Vorurteil des Amtes zu bestätigt scheint, zu belasten
zu brauchen glaubt. Auf die Idee, sich zu fragen, warum es scheinbar in
mehreren Monaten (wenigstens den 1 ½ seit Anfang Februar, als Steigberger
erstmals darum gefragt wurde) nicht möglich war, Fachliteratur zu finden, die
das Vorurteil des Amtes bestätigt, scheint niemand gekommen zu sein.
Parteiengehör und weitere „Ermittlungen“
Der Rechtsabteilung
des BDA lagen nun also als „Beweismaterialien“, die seine „Amtssachverständigen“
in mehreren Monaten „Ermittlungen“ gesammelt hatten, ein sachlich
unbegründeter Auflagenkatalog eines Amtssachverständigen, zwei aussagenlose
Webseiten über Archäologiestudieninhalte und ein nicht referenziertes
Gefälligkeitsemail der Ehefrau des den Auflagenkatalog erstellt habenden
Amtssachverständigen über die (angebliche) Geschichte der Grabungsmethodenentwicklung
am Wiener Urgeschichteinstitut sowie die Curricula für BA- und MA-Studium der
Urgeschichte und historischen Archäologie an der Universität Wien vor. Der
einzige Hinweis auf einschlägige Fachliteratur, der sich im ganzen Akt findet,
ist der Screenshot der Webseiten von Kinnes (2013; 2019) Tabellen und Tafeln
zur Grabungstechnik, auf dem man Fotos des Umschlages des betreffenden Buches
ansehen kann.
Trotzdem scheint die Rechtsabteilung des BDA diesen Fall jetzt für entscheidungsreif gehalten zu haben, denn es wurde nun, noch mit Schreiben vom 17.3.2022, Konecny das Ergebnis der Ermittlungen des BDA zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt. Dies geschah in Form eines Entwurfs der wesentlichen Festlegungen, die dem Bescheid zugrunde gelegt bzw. mit diesem verbunden werden sollten. Diese waren
1.) die Befristung des Genehmigungszeitraums bis 31.12.2022 (nicht wie angesucht bis 2023), also auf das aktuelle Kalenderjahr, aus den oben schon angeführten, von Hebert am 15.3.2022 vorgeschlagenen Begründung die Grabung könne nicht wesentlich länger als 20 Tage dauern;
2.) die von Krenn am 10.12.2021 in der von Hebert am 4.1.2022 ergänzten Stellungnahme vorgeschlagenen 5 Auflagen, d.h. Verpflichtung zur Verzeichnung der Maßnahmennummer auf allen Dokumenten; zur Verwendung ausschließlich der stratigrafischen Methode; zur Vermessung und Planerstellung im Sinne der Vorgaben in den Richtlinien (BDA 2022, 42-48); zur Beachtung der ohnehin schon gem. § 13 AVG kundgemachten Vorgaben des BDA bezüglich zulässiger Fileformate; und zur Sicherung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands betroffener Bodendenkmale und des Grundstücks; jeweils mit den dort angegebenen Begründungen sowie im Fall der Vorschrift der stratigrafischen Grabungsmethode unter Verweis auf die beiden im Akt zu findenden Studienwebseiten; sowie
3.) ein Widerrufsvorbehalt, der dem BDA jederzeit gestattet hätte, wenn „die Nachforschungen nicht (wie bewilligt) nach dem Stand der Wissenschaft vorgenommen und/oder dokumentiert werden“, die Genehmigung auch mitten während der Grabung noch plötzlich zurückzuziehen; mit einer von Bauer entwickelten (ebenfalls fadenscheinigen) rechtlichen Begründung.
Dazu wurde Konecny
eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt. Tatsächlich hatte
dieser auch wirklich nicht viel dazu zu sagen: er verwies darauf, dass die
neuerliche Beschränkung des Genehmigungszeitraums in eklatantem Widerspruch zu
dem Beschluss des BVwG vom 10.1.2022, W176 2248975-1/3E stehe; die Ausführungen
des Amtes zur Grabungsmethodik bereits durch zwei dem Amt bekannte, mit
ausreichender Literatur unterlegte Privatgutachten widerlegt und ein weitaus
breiteres Methodenspektrum als nur die stratigrafische Grabung international
als wissenschaftlich geeignet anerkannt sei; auch alle übrigen Bescheidauflagen
neuerlich willkürlich seien; und insbesondere der angekündigte
Widerrufsvorbehalt offenkundig eine spezifisch auf ihn gemünzte „Sonderbehandlung
zur außergerichtlichen Durchsetzung gesetzeswidriger Bescheidauflagen“ sei.
Diese Stellungnahme
hatte wenigstens insofern eine Wirkung, als nun neuerlich im BDA „Ermittlungen“
angestellt wurden. Diese gehen nun von der Abteilung für Archäologie aus und
betreffen die Frage danach, wie die Sachlage bezüglich der Maßnahmennummern für
Maßnahmen ist, die mit einer nicht auf das betreffende Kalenderjahr beschränkten
Laufzeit bewilligt werden. Denn, so zeigt sich nun, das ist doch möglich, und
so schreibt nun Hebert an Preinsperger:
„Liebe Sylvia!
Was mir noch eingefallen ist: Wenn Du die Bewilligung über ein Kalenderjahr hinaus erteilst, wie machst Du das bitte mit den Maßnahmennummern? Da wir jeweils 3 Monate nach Jahres-wechsel einen Bericht etc. zu bekommen haben, wären das in unserem System auch zwei (oder mehr) Maßnahmennummern, sonst bricht unser digitales Archivierungssystem zusammen. Die Maßnahmennummern müsstest Du bitte bei uns (Hinterwallner oder Krenn für NÖ) anfordern“ (Email von B. Hebert vom 27.4.2022, 22:50).
Das eigentliche
Problem war also das digitale Archivierungssystem des Amtes, das offenkundig so
programmiert wurde, dass es mit „mehrjährigen“ Maßnahmen, wie sie der
Gesetzgeber vorgesehen hat, nicht umgehen kann. Aber statt dieses Problem durch
eine Umprogrammierung dieses oder Anschaffung eines neuen Systems zu lösen (das
z.B. gleich statt einer eigenen Maßnahmennummer die ohnehin einzigartige
Geschäftszahl des Bescheides als Ordnungsnummer verwenden könnte), oder eine
andere Lösung zu finden, die vielleicht dem Amt etwas mehr Arbeit macht; hat
das Amt Genehmigungsbescheide rechtswidrig jeweils mit (spätestens) Ende des
Kalenderjahres befristet, in dem sie ausgestellt wurden. „The computer says
no“.[18]
Dass damit Antragsteller,
die ein mehrjähriges Projekt geplant hatten, zur mehrmaligen Beantragung
derselben Maßnahme gezwungen waren, was deren Zeit und Ressourcen unnötig
verschwendete, scheint im BDA niemanden gekümmert zu haben; nicht einmal, als
sich Konecny – wie sich zeigt völlig berechtigt – darüber beschwert hat.
Stattdessen hat man sich im Amt zuerst durch Vermischung fachlicher
Halbwahrheiten mit rechtlichen Spitzfindigkeiten eine vollkommen abstruse Verteidigung
der eigenen Willkür zusammenzubasteln versucht, um sie doch irgendwie vor
Gericht durchsetzen zu können. Dabei war, wie die im Endeffekt gefundene
Alternativlösung zeigt, eine ganz einfache und die Interessen von
Antragsstellern viel schonendere Lösung des Problems möglich, die wohl im
Endeffekt auch dem Amt die Arbeit erleichtern wird: es genügt scheinbar völlig,
zwei oder mehr Maßnahmennummern (eine pro Jahr) zu vergeben, womit sich der Antragsteller,
der ein mehrjähriges Projekt plant, die wiederholte Einbringung, und das BDA
die wiederholte Prüfung des im Wesentlichen identen Antrags ersparen kann.
All das wäre seit
Jahren möglich gewesen, ohne dass das BDA das Gesetz einfach rechtswidrig
anwenden und sich dazu irgendwelche Lügengeschichten über die der „Natur der
archäologischen Methode“ geschuldete „rasante Entwicklung der
Grabungsmethodik“ ausdenken zu müssen; während es Antragstellern „verpflichtend“
die Verwendung einer im späten 19. Jahrhundert (z.B. von Pitt-Rivers 1887) bzw.
spätestens von Atkinson (1946) und Wheeler (1954) im ersten Drittel bis zur Mitte
des 20. Jahrhunderts entwickelten Methode und einer von Harris (1979) zu Beginn
des letzten Viertels desselben Jahrhunderts entwickelten Darstellungsmethode vorschreibt.
Der Bescheid vom 3.5.2022, GZ
2022-0.216.415
Im Endeffekt erging
schließlich der Genehmigungsbescheid – wenn auch etwa eineinhalb Monate nach
Ende der Frist des § 73 Abs. 1 AVG, bis zu deren Ablauf dieser Fall eigentlich zu
erledigen gewesen wäre – ohne die offensichtlich unnötige Befristung auf das
Kalenderjahr und ohne den in den Konecny zur Stellungnahme vorgelegten Ermittlungsergebnissen
noch vorgesehenen Widerrufsvorbehalt, weil der wohl zu offensichtlich
rechtswidrig gewesen wäre.
Vollumfänglich
enthalten sind allerdings die 5 von Krenn in seiner ursprünglichen
Stellungnahme vorgeschlagenen Auflagen, obwohl für keine davon eine sachliche
Begründung im Verwaltungsverfahren ermittelt (und folglich auch nicht im
Bescheid mit schlüssiger Begründung gerechtfertigt) wurde. Sachliche Begründungen
dafür, dass auf allen bei der Grabung angefertigten Dokumentationsteilen die Maßnahmennummern
des BDA anzuführen seien und dafür, dass Vermessung und Planerstellung in
bestimmter Form zu erfolgen habe, fehlen völlig, Die Auflage zu den zur Abgabe
von Berichten und Dokumentationsunterlagen zu verwendenden Dateiformaten ist
redundant, weil ohnehin schon gem. § 13 AVG vom BDA kundgemacht. Zur im Fall „Höflein“
und auch im Fall „Teesdorf“ ebenfalls schon strittig gewesenen Auflage
betreffend der Sicherung von Bodendenkmalen und Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustandes des Grundstücks, die vom BVwG (15.12.2021, W183 2245660-1/3E; 10.1.2022, W176 2248975-1/3E) zu dieser Zeit schon zwei Mal als sachlich
unbegründet aufgehoben worden war, finden sich auch im ganzen Akt zum Fall „Bad
Deutsch-Altenburg (Fall A)“ keinerlei sachdienlichen Ermittlungen.
Die Ermittlungen
hingegen, die das BDA bezüglich der ebenfalls in „Teesdorf“ und „Höflein“
als unsachlich beurteilten Auflage zur Grabungsmethodik (ibid.) angestellt hat,
gingen weder auf die in diesen beiden Fällen vorgelegten, ausführlichen,
jeweils ausreichend mit Verweisen auf einschlägige Fachliteratur und andere
fachliche Dokumente (wie Grabungsrichtlinien deutscher Denkmalämter; die Verhaltenskodizes
archäologischer Berufsverbände und Gelehrtengesellschaften; etc.) unterlegten
Privatgutachten ein; noch versuchten sie auch nur ansatzweise, den
tatsächlichen Sachverhalt zu ermitteln, sondern führten eine selektive – und
noch dazu weitgehend als gescheitert zu betrachtende – Suche nach Quellen durch,
die das Vorurteil der beteiligten Amtssachverständigen des BDA bestätigen und
damit eventuell als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten. Die einzigen
Quellen dafür, die das BDA letztendlich gefunden zu haben scheint, sind zwei in
der Sache aussagenlose – aber dennoch im Bescheid zitierte – Studieninformationswebseiten
und eine Gefälligkeitsemail der Ehefrau des Amtssachverständigen, der die fünf
Auflagen ursprünglich vorgeschlagen hatte.
Im Endeffekt scheint
also das BDA aus den Aufhebungen seiner Genehmigungen in den Fällen „Teesdorf“
und „Höflein“ kaum etwas gelernt zu haben. Vor allem fehlt offenkundig
die Einsicht, dass – und sei es nur hypothetisch – die Möglichkeit bestehen
könnte, dass man sich im Amt nicht nur in Hinblick auf die Zulässigkeit der
willkürlichen Beschränkung des Genehmigungszeitraums geirrt haben könnte, sondern
auch in Hinblick auf die erteilten Auflagen.
Insbesondere die
Amtssachverständigen in der Abteilung für Archäologie sind so absolut überzeugt
davon, dass sie tatsächlich „die ewige Wahrheit“ (Watzlawick 2001, 102) schon
kennen, dass sie es nicht einmal dann für notwendig halten, ihre eigenen
Ansichten kritisch zu hinterfragen, wenn sie gleichermaßen von höchst
qualifizierten Fachkollegen als auch von den Gerichten für ihre Willkürentscheidungen
kritisiert werden. Und statt die einschlägige Fachliteratur zu konsultieren, um
sich selbst auf den Stand der Wissenschaft zu bringen, den ihnen ihre – übrigens
mit Ausnahme von Hebert höher als sie selbst qualifizierten – Fachkollegen näherzubringen
versucht haben, suchen sie lieber in ihrer eng beschränkten Meinungsblase die
Bestätigung ihrer Vorurteile. Ist das schon rechtlich ein erhebliches Problem,
so ist es das aus fachlicher Sicht noch umso mehr; ein Punkt, auf den wir
später noch zurückkommen werden müssen.
Die am 3.6.2022
dagegen erhobene Bescheidbeschwerde ist noch bei Gericht anhängig, ihr Ergebnis
wird hier wohl zu gegebener Zeit genauer zu diskutieren sein.
Surveys und Mikrosondagen in Bad Deutsch-Altenburg
(Fall B)
Ebenfalls teilweise zeitlich überlappend
mit dem Verfahren „Höflein“ und nahezu vollständig gleichzeitig mit dem
Verfahren „Bad Deutsch-Altenburg (Fall A)“ hatte Konecny noch einen
weiteren Genehmigungsantrage gem. § 11 Abs. 1 DMSG gestellt, der das gleiche
(große) denkmalgeschützte Grundstück in Bad Deutsch-Altenburg im Bereich der canabae
legionis des antiken Carnuntum betraf wie im soeben besprochenen Fall A. Dieser
Antrag wurde am 3.11.2021 beim BDA eingebracht und betraf (mit einem der
Aufsammlung von Oberflächenfunden dienenden Survey) verbundene Mikrosondagen
zur Ermittlung numerisch quantifizierbarer Relationen zwischen dem bei
Grabungen feststellbaren Bodenbefund, den Ergebnissen hochauflösender
geophysikalischer Prospektionen (des LBI-ArchPro) und bei Surveys
festzustellender Oberflächenfunddichte; d.h. eine befundprognose-methodische, archäologisch-denkmalpflegerische
Forschungsmaßnahme.
Dazu wurden 4 konkrete Stellen auf der
betreffenden Parzelle ausgewählt, an denen sich ausweislich der
geophysikalischen Messbilder keine substanziellen Denkmalbestandteile (d.h.
Mauern, solide Böden, etc.) befinden. An diesen Stellen sollen über einen
längeren Zeitraum wiederholt bei unterschiedlichen Bewuchs-, Bearbeitungs- und
Bewetterungszuständen in bestimmten, jeweils 2 m2 großen Flächen
Oberflächenfunde ausgezählt, aber (mit Ausnahme der Metallfunde zur Sicherung
der Eigentumsrechte des Grundeigentümers) in situ belassen werden; gefolgt von
einer jeweils ¼ m2 messenden manuellen Ausgrabung einer Mikrosondage
bis zu einer Tiefe von inklusive der obersten 15cm der ungestörten Stratifikation
mit Auszählung des gesamten darin enthaltenen Fundmaterials. Als
Gültigkeitszeitraum wurde die Zeitspanne vom 15.12.2021 bis zum 31.12.2023
beantragt.
Auch in diesem Fall hatte Konecny eine zu
der in den Richtlinien (BDA 2018) definierten alternative Methodik
dargestellt, die grosso modo der im Fall „Höflein“ entsprach. Auch hier
kann dahingestellt bleiben, inwieweit es sich bei der vorgeschlagenen Methodik
um eine tatsächlich signifikante Abweichung von den von BDA (2018; 2022)
gemachten „Festlegungen“ handelt. Der in diesem Fall geplante Eingriff
betrifft den 5x10-7 Teil der Gesamtfläche und vermutlich nicht mehr
als den 5x10-8 Teil des Volumens des Denkmals canabae legionis;
bewegt sich also in Hinblick auf die Fläche im Bereich von Tausendsteln eines
Promilles, in Hinblick auf das Volumen von Zehntausendsteln (die gleiche
Maßnahme müsste also – ungefähr – 20 Millionen Mal durchgeführt werden, um das
Denkmal vollständig zu zerstören).
Zu diesem Fall braucht glücklicherweise nichts
Weiteres gesagt zu werden, denn der Akteninhalt und der Bescheidspruch samt
Beauflagung entspricht weitestgehend ident denen für „Bad Deutsch-Altenburg
(Fall A)“, wobei der Bescheid auch am gleichen Tag ergangen ist (BDA 3.5.2022,
GZ 2022-0.246.998). Abgesehen von den selbstverständlich abweichenden
anfänglichen Eingaben von Konecny und der Maßnahmenbezeichnung in manchen
Aktenstücken weicht nur die amtssachverständige Stellungnahme zur
Eingriffserheblichkeit ins Denkmal insofern von ihrem Gegenstück im Akt „Bad
Deutsch-Altenburg (Fall A)“ ab, als sie natürlich auf die Tatsache Bezug
nimmt, dass nur Mikrosondagen geplant sind und daher aus anderen Gründen als
im anderen Akt keine fachlichen Einwände gegen die geplante Maßnahme erhoben
werden.
Es gilt also exakt dasselbe, was oben zum
Akt „Bad Deutsch-Altenburg (Fall A)“ gesagt wurde: die Behörde hat nicht
ernsthaft versucht zu ermitteln, ob und wenn ja welche Auflagen im konkreten
Einzelfall tatsächlich rechtlich erforderlich sind, sondern nur versucht, ihre
Vorurteile durch nachträglich eklektisch erhobene, selektiv das gefällte
Vorurteil zu bestätigen scheinende, komplett untaugliche „Beweismaterialien“
als sachlich gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Auf den Gedanken, dass sie
einen Fehler gemacht haben könnte, kommt die Behörde hingegen nicht.
Auch die ebenfalls am
3.6.2022 gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde ist noch bei Gericht
anhängig, auch ihr Ergebnis wird hier wohl zu gegebener Zeit genauer zu
diskutierten sein.
Eine kupferzeitliche Grube in
Höflein, Teil 2
Aber da war ja auch
noch der Fall „Höflein“, in dem das BVwG mit Beschluss vom 10.1.2022, W176
2248975-1/3E den Bescheid des BDA vom 23.8.2021, GZ:
2021-0.544.655 bzw. dessen „abgeänderte“ Fassung vom 4.11.2021, GZ
2021-0.651.018 aufgehoben und den Fall zur neuerlichen Entscheidung unter
Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts ans BDA zurückverwiesen hatte.
Diese Rechtsansicht war, zur Erinnerung,
dass die vom BDA im ursprünglichen Genehmigungsverfahren unternommenen
Ermittlungen in ihrer Gesamtheit mangelhaft geblieben waren und daher im
fortgesetzten Verfahren ausreichende Ermittlungen anzustellen und
Feststellungen zu treffen seien, aus denen einerseits abgeleitet werden könne,
dass die stratigrafische Grabungsmethode tatsächlich „zur Dokumentation der zu erwartenden
archäologischen Hinterlassenschaften besser geeignet“ sei als die von Konecny „in seinem Antrag
dargelegte Methodik“ und andererseits bezüglich der „Auflage betreffend
Sicherung unbeweglicher Bodendenkmale und Wiederherstellung des ursprünglichen
Zustands“ in Hinblick auf die „Beschaffenheit des Bodendenkmals oder des
Grundstücks […] der Schluss gezogen werden“ könne, „dass eine
derartige Auflage im vorliegenden Fall […] rechtlich geboten“ sei.
Diese Ermittlungen seien nämlich „für eine abschließende Beurteilung der Frage
notwendig, ob die Grabungsbewilligung unter Auflagen bzw. unter welchen
Auflagen diese zu erteilen ist“ (BVwG 10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 10-11).
Das sind ziemlich
präzise Anweisungen, die das Gericht dem BDA gegeben hat: zu entscheiden ist
die Frage, ob die Grabungsgenehmigung überhaupt mit irgendwelchen Auflagen zu
verbinden ist, und, falls ja, mit welchen Auflagen sie zu verbinden ist. Das
macht detaillierte Ermittlungen bezüglich des entscheidungswesentlichen
Sachverhalts erforderlich.
Denn die erste,
grabungsmethodische Auflage darf nach Ansicht des Gerichts überhaupt nur unter
der Voraussetzung mit dem Genehmigungsbescheid verbunden werden, dass sie
tatsächlich für die Dokumentation der konkret zu erwartenden archäologischen
Hinterlassenschaften wenigstens besser geeignet ist als die von Konecny
vorgeschlagene. Dazu ist also einerseits so genau als möglich zu ermitteln, wie
die im gegenständlichen Fall zu erwartenden archäologischen
Hinterlassenschaften konkret beschaffen sind; was in diesem Fall – da Konecny
(2014; 2015) bereits mehr als die Hälfte des konkret betroffenen Befundes
ausgegraben und die Grabungsergebnisse dem BDA auch gemeldet und sie in Form
einer wissenschaftlichen Auswertung veröffentlicht hatte – ungewöhnlicherweise auch
sehr genau möglich ist. Und dazu ist andererseits so genau als möglich zu
ermitteln, wie gut die in Frage kommenden Grabungsmethoden – die von Konecny in
seinem Antrag als „abhängig von den abzutragenden Primärkontexten
bevorzugter Weise im kontextfolgenden Abtrag“ (Konecny 2022a, 415)
beschriebene oder die vom BDA präferierte „stratigrafische“ Methode –
relativ (d.h.: im Vergleich miteinander) für die Dokumentation dieser ganz
konkreten archäologischen Hinterlassenschaft (dem im Boden verbliebenen Rest
der bereits mehrheitlich ausgegrabenen kupferzeitlichen Grube) geeignet sind.
Das bedeutet natürlich, dass sachdienliche Ermittlungen zur Eignung beider
Methoden zur Dokumentation des konkreten archäologischen Befundes anzustellen
sind, nicht nur zu ermitteln ist, dass eine der beiden Methoden „gewöhnlich“
oder „im Normalfall“ besser geeignet ist als die andere, um irgendwelche
beliebigen archäologischen Hinterlassenschaften zu dokumentieren. Es geht also
um Ermittlungen, die auf die Umstände des konkreten, verfahrensgegenständlichen
Einzelfalls abstellen, nicht um Ermittlungen, die „sich in der Abgabe eines
allgemein gehaltenen Urteils“ erschöpfen, das „zur Feststellung des
maßgebenden Sachverhaltes“ gerade nicht genügt (VwGH 25.1.1995, 94/12/0232).
Gleichermaßen darf
nach Rechtsansicht des Gerichts die zweite, die Sicherung nach der Grabung
verbleibender Bodendenkmale und die Wiederherstellung des ursprünglichen
Zustandes des Grundstücks betreffende, Auflage nur unter der Voraussetzung mit
dem Genehmigungsbescheid verbunden werden, dass sie aufgrund der „Beschaffenheit
des Bodendenkmals oder des Grundstücks“ tatsächlich rechtlich geboten ist. Auch
dazu ist also einerseits so genau als möglich zu ermitteln, wie die im
gegenständlichen Fall betroffenen archäologischen Hinterlassenschaften konkret
beschaffen sind; was – worauf das Gericht in diesem Zusammenhang konkret
hinweist – in diesem Fall aufgrund von Konecnys (2014; 2015) Ausgrabung von
mehr als der Hälfte davon eben ausnahmsweise auch wirklich sehr genau möglich
ist. Andererseits ist bezüglich dieser Auflage hingegen so genau als möglich zu
ermitteln, wie genau die Bedeutung des betroffenen Bodendenkmals bzw. der
derzeitige Zustand des betroffenen Grundstückes beschaffen ist; denn gem. §§ 1
Abs. 1, 2 und 4 iVm 4 Abs. 1 DMSG ist die Erhaltung von „“Denkmale[n]“
im weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) nur dann rechtlich geboten, wenn sie deren
geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller „Bedeutung wegen
im öffentlichen Interesse gelegen ist“ (§ 1 Abs. 1 DMSG). Denn eine Sache –
auch wenn sie im weitesten Sinn der Legaldefinition des Denkmalbegriffs des § 1
Abs. 1 DMSG als „Denkmal“ bezeichnet werden kann – deren Bedeutung nicht
derart beschaffen ist, dass ihre in Erscheinung, Substanz und Wirkung
unveränderte Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen wäre (die also in der
Diktion der RV 1999, 37, nicht „schützenswert“ ist), muss aus
rechtlicher Sicht auch nicht erhalten und braucht damit auch weder „gesichert“
noch der ursprüngliche Zustand des betreffenden Grundstücks wiederhergestellt werden.
Das BDA war also vom BVwG angewiesen worden, drei Tatsachen zu ermitteln:
1) wie genau die betroffene archäologische Hinterlassenschaft beschaffen ist;
2) ob ihre Ausgrabung „abhängig von den abzutragenden Primärkontexten bevorzugter Weise im kontextfolgenden Abtrag“ (Konecny 2022a, 415) schlechter, etwa gleich gut, oder aber besser als die vom BDA präferierte „stratigrafische Methode“ zu ihrer Dokumentation geeignet ist; und
3) ob ihre geschichtliche, künstlerische oder sonstige Bedeutung derart beschaffen ist, dass ihre Erhaltung deswegen iSd § 1 Abs. 2 DMSG tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist oder nicht.
Auch in diesem Fall
ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen, dass das BDA auch im fortgesetzten
Verfahren überhaupt keine sachdienlichen Ermittlungen zur Feststellung dieser
Tatsachen vorgenommen hat. Die Aktenstücke, die eigene „Ermittlungen“
des BDA bzw. deren „Ergebnisse“ dokumentieren, sind ident mit den in den
beiden Akten „Bad Deutsch-Altenburg (Fall A)“ und „Bad
Deutsch-Altenburg (Fall B)“ enthaltenen: die Email Steigbergers vom
1.2.2022, 16:38 mit dem Verweis auf und Kopien der Webseite zu Kinnes (2013;
2019) Tabellen und Tafeln zur Grabungstechnik; Heberts Email vom
16.3.2022, 18:29 mit den Links zum Vorlesungsverzeichnis des Instituts für
Urgeschichte und historische Archäologie der Universität Wien für das
Sommersemester 2019 und zur von der TarGroupMedia GmbH aus Köln betriebenen Studieninformationswebseite
https://www.studieren.at/studieren/archäologie/ samt Kopien des Inhalts dieser Webseiten;
sowie die von Krenn-Leeb an ihr Email vom 17.3.2022, 10:11 angehängten 2 1/2
Seiten Kompetenzprotokoll für ihre Lehrgrabung in Ratzersdorf 2022 sowie
jeweils 16 Seiten BA- und MA-Curriculum für das Studium Urgeschichte und
Historische Archäologie; Krenn-Leebs Email selbst, dem diese Dokumente
angeschlossen waren, fehlt hingegen, ebenso wie Heberts Ersuchen an Krenn-Leeb vom
16.3.2022, 15:23 „irgendetwas ganz Allgemeines von universitärer Seite
beizutragen“. Inwieweit diese (durchaus signifikanten) Dokumente in den Akt
des fortgesetzten Verfahrens im Fall „Höflein“ absichtlich nicht
aufgenommen wurden oder ihr Fehlen bloßer Schlamperei bei der Veraktung
geschuldet ist, kann dahingestellt bleiben.
Die dem BDA vom
Gericht aufgetragenen nachvollziehbaren Ermittlungen zur schlüssigen
Feststellung der drei für die Frage der Erforderlichkeit der Beauflagung des
Genehmigungsbescheids mit den beiden strittigen Auflagen
entscheidungswesentlichen Tatsachen fehlen hingegen zur Gänze: auf die
Beschaffenheit der im gegenständlichen Einzelfall konkret betroffenen
archäologischen Hinterlassenschaft wird mit keinem einzigen Wort eingegangen.
Gleichermaßen findet sich kein einziges Wort zur Frage, ob die Ausgrabung dieser
konkreten archäologischen Hinterlassenschaft „abhängig von den abzutragenden
Primärkontexten bevorzugter Weise im kontextfolgenden Abtrag“ (Konecny 2022a,
415) schlechter, etwa gleich gut, oder aber besser als die vom BDA präferierte „stratigrafische
Methode“ zu ihrer Dokumentation geeignet ist. Und auch zur Frage, ob die
geschichtliche, künstlerische oder sonstige Bedeutung dieser konkreten
archäologischen Hinterlassenschaft derart beschaffen ist, dass ihre Erhaltung
deswegen iSd § 1 Abs. 2 DMSG tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist
oder nicht, ist kein einziges Wort im gesamten Akt zu finden.
Ganz im Gegenteil:
statt wie vom Gericht angeordnet ordentliche, unparteiliche, sachdienliche
Ermittlungen mit konkreter Bezugnahme auf den gegenständlichen Einzelfall
durchzuführen, hat das BDA in nachgerade krasser Missachtung der Rechtsansicht
des Gerichts im fortgesetzten Verfahren überhaupt keine Ermittlungen angestellt,
sondern nur ein paar Aktenstücke aus parallel laufenden Verfahren, in denen es
die Ergebnisse der in jenen anderen Verfahren durchgeführten, höchst
oberflächlichen und ausschließlich auf die Bestätigung seiner Vorurteile
gerichteten, eklektisch geführten Scheinermittlungen dokumentiert hat, in den
Akt des fortgesetzten Verfahrens im Fall „Höflein“ kopiert. Es hat nicht
einmal relevante Beweismittel angefordert, von deren Existenz es tatsächlich
Kenntnis hatte, wie das von mir verfasste, im ersten Beschwerdeverfahren vor
dem BVwG von Konecny vorgelegte und vom Gericht in seinem Beschluss vom 10.1.2022 (W176 2248975-1/3E, 7) gewürdigte Sachverständigengutachten,
um sich von diesen Kenntnis zu verschaffen und diese erforderlichenfalls in
seiner neuerlichen bescheidmäßigen Entscheidung entsprechend würdigen zu
können. Es hat auch nicht einen der ihm verfügbaren Amtssachverständigen oder
alternativ einen externen, z.B. gerichtlich zertifizierten, Sachverständigen mit
der Erstellung eines auf gleichem wissenschaftlichen Niveau stehenden
Gegengutachtens beauftragt; oder auch nur eines (keinen Bezug auf das von Konecny
als Teil seines Beschwerdevorbringens vorgelegte Privatsachverständigengutachten
nehmenden) Gutachtens zur Ermittlung der entscheidungswesentlichen Fakten
beauftragt. Es hat vielmehr einfach gar nichts von dem getan, was seine Organe
– und sei es auch nur bei ordentlicher Erfüllung ihrer allgemeinen
Dienstpflichten, d.h. die spezifischen Ermittlungsanordnungen des BVwG noch gar
nicht berücksichtigend – „unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu,
gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den“ ihnen „zur Verfügung
stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen“ (§ 43 Abs. 1 BDG) gehabt hätten.
Nach etwa drei
Monaten, in denen es im fortgesetzten Verfahren Däumchen gedreht hatte, hat es
mit Schreiben vom 7.4.2022, GZ 2022-0.032.893 dann Konecny seine „Ermittlungsergebnisse“
unter Darstellung des bisherigen Verfahrensganges zur Kenntnis gebracht.
Bezüglich der Gültigkeitsdauer
stellte das BDA entgegen der inzwischen modifizierten, beantragten Frist vom
1.5.2022 bis 31.5.2023 und des expliziten Hinweises durch das Gericht, dass seiner
(zu beachtenden!) Rechtsansicht nach „die Textierung von § 11 DSMSG
keineswegs nahelegt, dass das Ende des Zeitraumes regelmäßig mit dem Ablauf
eines Kalenderjahres zu bestimmen ist“ (BVwG 10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 11-12)
eine Befristung der Genehmigung für die Grabung auf das Kalenderjahr 2022 in
Aussicht; im Wesentlichen mit der Begründung, dass die vom Antragsteller in
seinem Konzept dargestellte Maßnahme auch nach dessen eigenen Angaben nur 2-5
Tage in Anspruch nehmen sollte, deshalb selbst in Anbetracht anderer
Verpflichtungen innerhalb eines halben Kalenderjahres durchgeführt werden könne
und der Durchführungszeitraum daher im Sinne des Denkmalschutzgesetzes auf das
Kalenderjahr 2022 einzuschränken sei. In der langwierigen, sich hauptsächlich
auf die Ermächtigung des BDA zur Ermessensentscheidung über Einschränkung von
Bescheiden in § 11 Abs. 1 DMSG stützenden Begründung findet sich unter anderem
unter Berufung auf die jährliche Berichtspflicht bei mehrjährig bewilligten
Projekten des § 11 Abs. 6 DMSG der in Anbetracht des oben zitierten Satzes im
Beschluss des BVwG bemerkenswerte Satz: „Anhand dieser Bestimmung kann in
Bezug auf Nachforschungen eine grundsätzliche Orientierung am Kalenderjahr festgemacht
werden“ (BDA 7.4.2022, GZ 2022-0.032.893, 4; Hervorhebung: im Original).
Ebenso hielt das BDA
an den beiden Auflagen der Verpflichtung zur Verwendung der stratigrafischen
Methode und der Sicherung von Bodendenkmalen und Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustands des Grundstückes fest. Erstere begründete es im
Wesentlichen mit der nur durch Links auf das Vorlesungsverzeichnis des
Sommersemesters 2019 für das Institut für Urgeschichte und historische
Archäologie der Universität Wien und die von der TarGroupMedia GmbH aus Köln
betriebenen Studieninformationswebseite https://www.studieren.at/studieren/archäologie/ unterstützten, unsubstantiiert ventilierten
Behauptung, die stratigrafische haben sich „in aller Regel“ als „[g]egenüber
älteren Methoden wie der lange vorherrschenden und auch für weniger geschultes
Personal leichter auszuführenden Planums- und Abstichgrabung“ als die „zuverlässigere
erwiesen“ (BDA 7.4.2022, GZ 2022-0.032.893, 7). Dies lässt sich natürlich
weder aus den zitierten „Quellen“ noch aus dem sonstigen Akteninhalt in
irgendeiner Weise schlüssig nachvollziehen, schließlich hat das BDA jedwede,
auch nur den primitivsten wissenschaftlichen Standards genügende, Ermittlungen
zu dieser Frage gänzlich unterlassen.
Zweitere begründete es
hingegen im Wesentlichen mit der nur teilweise zitierten Bestimmung des § 11
Abs. 5 erster Satz DMSG,[19]
aus der es ableiten möchte, dass damit „die grundsätzliche Forderung nach
einer unveränderten Erhaltung aller Bodendenkmale festgeschrieben“ wird,
„von der nur dann und immer nur in dem geringsten möglichen Ausmaß abzugehen
ist, wenn die Abwägung der Antragsgründe (z.B. Erkenntnisgewinn durch
wissenschaftliche Forschung, wirtschaftliche Notwendigkeiten, öffentliche
Interessen) dies zulässt. Der Verlust an Substanz ist dann durch eine dem Stand
von Wissenschaft und Forschung entsprechende Dokumentation wettzumachen bzw. zu
ersetzen“ (BDA 7.4.2022, GZ 2022-0.032.893, 8);[20]
was übrigens – nur ganz am Rande bemerkt – dem vielfach explizit vom
Gesetzgeber in den beiden jüngsten RVs (1990, 10, 19-20; 1999, 30, 32-37, 41-45)
ausgedrückten Willen der Beschränkung des Denkmalschutzes auf gezielt
ausgewählte Denkmale diametral widerspricht. Tatsächlich hat der Gesetzgeber
als gesetzliches Schutzinstrument für Denkmale, die noch nicht ausreichend
erforscht sind – „wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen“
– die bescheidmäßige Unterschutzstellung aufgrund des geringeren Beweismaßes
der „Wahrscheinlichkeit“ des Bestehens eines öffentlichen
Erhaltungsinteresses gem. § 1 Abs. 5 DMSG vorgesehen, und zwar explizit für
sogenannte „Fundhoffnungsgebiete“ im Sinne des Art. 2 Europäisches
Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes (BGBI. Nr. 239/1974;
inzwischen in revidierter Fassung: BGBl. III Nr. 22/2015), wodurch „Schutzzonen
zur Erhaltung künftiger Ausgrabungen“ geschaffen werden sollen (RV 1990,
10, 12; siehe dazu auch RV 1999, 38-39).
Seine krass dem explizit
deklarierten Willen des Gesetzgebers widersprechende Auslegungsakrobatik begründet
das BDA ausschließlich mit seinen eigenen Richtlinien: Archäologische
Maßnahmen (2022, 33), Standards der Baudenkmalpflege (BDA 2015) und Standards
für die konservatorische Behandlung von archäologischen Funden (BDA 2016).
Das BDA erhebt hier also seinen eigenen, unter anderem in seinen diversen
selbstverfassten und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrenden Richtlinien
und Standards ausgedrückten, Willen über den eindeutig und explizit
ausgedrückten Willen des Gesetzgebers.
Wäre es nicht absolut
schockierend, müsste man darüber beinahe schon wieder lachen, so völlig
verrückt ist diese Argumentation. Konecny hat in seiner per Email am 19.4.2022
16:33 eingesandten Stellungnahme daher völlig zurecht darauf hingewiesen, dass
die beabsichtigten Auflagen ebenso wie die angekündigte Befristung der
Gültigkeitsdauer der zu erteilenden Bewilligung weiterhin völlig rechtswidrig
und indiskutabel seien.
Daraufhin hat das Amt
trotz mehrfacher Erinnerung durch den Anwalt Konecnys den Akt einfach weiter bis
über den Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 AVG hinaus
liegen lassen und erst nach Erhebung einer Säumnisbeschwerde gem. Art. 130 Abs.
1 Z 3 B-VG durch Konecny einen neuen Genehmigungsbescheid gem. § 11 Abs. 1 DMSG
erlassen. Dieser mit 25.7.2022 datierte Bescheid des BDA (GZ 2022-0.408.279)
wurde letztendlich doch nicht auf das Kalenderjahr 2022 sondern, wie von
Konecny beantragt, bis 31.5.2023 befristet, sehr wohl allerdings mit den beiden
Auflagen samt deren soeben dargestellten, dummdreisten Begründungen verbunden.
Auch die dagegen
erhobene Beschwerde Konecnys gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wegen
Rechtswidrigkeit des Inhaltes ist noch beim BVwG anhängig. Es wird besonders
spannend werden zu sehen, wie der zuständige Richter bzw. die zuständige
Richterin beim BVwG die fehlende Ermittlungstätigkeit und abstrusen
Begründungen des BDA für die Beauflagung des Bescheides in diesem Fall beurteilen
werden.
Schon jetzt kann man
allerdings sagen: das BDA scheint nichts, aber auch gar nichts, aus den
Beschlüssen des BVwG (15.12.2021, W183
2245660-1/3E; 10.1.2022, W176
2248975-1/3E) in den Fällen „Teesdorf“ und „Höflein“ gelernt zu haben,
schon gar nicht, dass es den entscheidungswesentlichen Sachverhalt im
konkreten, verfahrensgegenständlichen Einzelfall neutral, vollständig und
nachvollziehbar zu ermitteln und darzustellen hat. Was uns zu den „Amtssachverständigen“
und deren „Gutachten“ und sonstigen Äußerungen in archäologisch-denkmalpflegerischen
Verwaltungsverfahren zurückbringt.
Die Qualität der
Amtssachverständigenäußerungen
Nach dem, was oben
dargestellt wurde, bedarf es keiner besonderen Erläuterung mehr, dass keine der
Äußerungen von Amtssachverständigen in den dargestellten Verfahren auch nur im
entferntesten den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten genügt, weder
individuell noch die gesammelten Äußerungen von Amtssachverständigen im
jeweiligen Akt summativ bzw. kollektiv. Selbst wenn man vernachlässigt, dass
Gutachten – auch solche von Amtssachverständigen – wenigstens grundsätzlich der
vom Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten
Sachverständigen dargestellten Form genügen sollten,[21]
und die Äußerungen der Amtssachverständigen in den besprochenen Akten
summarisch als Inhalt eines kollaborativ von mehreren Amtssachverständigen
gemeinsam erstellten Gutachtens betrachten will, fehlt auch inhaltlich so
ziemlich alles, was für ein Amtssachverständigengutachten erforderlich ist.
Denn weder haben die
Amtssachverständigen im Sinne des Sachverständigeneides des § 5 SDG „die
Gegenstände des Augenscheins sorgfältig“ untersucht noch „die gemachten
Wahrnehmungen treu und vollständig“ angegeben und (auch entgegen § 127 Abs.
2 StPO) den Befund und das Gutachten auch nicht „nach den Regeln der
Wissenschaft“ abgegeben. Es handeln
die Amtssachverständigen in diesen Fällen auch nicht einmal ansatzweise objektiv
und unparteilich, Fristen werden regelmäßig ausgereizt oder gar überschritten,
über große Strecken gibt es Grund, an der Sachkompetenz der
Amtssachverständigen zu zweifeln, es wird nicht einmal Befangenheit im engeren
Sinn, geschweige denn jeder Anschein von Befangenheit vermieden und die Gründe,
die allfällig die Unabhängigkeit, Objektivität und Unparteilichkeit von sich
Äußernden fraglich erscheinen lassen könnten, nicht offengelegt. Bei der
Befundaufnahme und den Ermittlungen werden die Rechte von Parteien und
sonstigen Beteiligten missachtet; die Verfahrensvorschriften über den
Sachverständigenbeweis nicht beachtet, bei der Befundaufnahme der Grundsatz des
beiderseitigen Gehörs nicht gewahrt und bei selbständigen Ermittlungen weder
auf Unparteilichkeit noch auf die Einhaltung der Prinzipien eines fairen
Verfahrens geachtet. Bei der Befundaufnahme werden auch die primitivsten, allgemein
anerkannten Regeln der Gutachtensmethodik im Fach der Archäologie missachtet;
und von objektiver, sachlicher und unparteilicher Vorgangsweise ist nichts zu
bemerken.
Sowohl Andreas Konecny
(2022b) als auch ich selbst (Karl 2021) haben erst vor kurzem auf die sowohl
vergleichsweise zu denen von Grabungsfirmen, Universitäten,
Forschungseinrichtungen und Museen als auch im Vergleich mit den Anforderungen
der Richtlinien (BDA 2012; 2018; 2022) und des § 11 Abs. 6 DMSG oft erschreckend
mangelhaften Grabungsberichte der Amtssachverständigen des BDA hingewiesen. Es
lässt sich im Bereich der Fund- bzw. Grabungsberichterstattung daher attestieren,
dass die Amtssachverständigen des BDA zwar durchaus mit einiger Penetranz von
allen anderen im Feld arbeitenden Archäologen die Einhaltung der willkürlich
von ihnen vorgegebenen Regeln (BDA 2012; 2018; 2022) einfordern, aber „selbst
keine oder kaum umfassende und mit allen zur anschaulichen Darstellung
notwendigen Zeichnungen, Plänen, Fotos und sonstigem Dokumentationsmaterial
ausgestattete Berichte“ (Konecny 2022b, 285) liefern, d.h. oft die auch sie
treffende gesetzliche Verpflichtung des § 11 Abs. 6 DMSG missachten.
Eine damit sehr
vergleichbare, um nicht zu sagen idente, Mangelhaftigkeit (BVwG 15.12.2021, W183 2245660-1/3E, 7; 10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 11) zeigt sich – wenigstens oft und jedenfalls in
den hier besprochenen, konkreten Verfahren – in den Äußerungen der
Amtssachverständigen sowie allgemeiner in der gesamten Durchführung von
Grabungsgenehmigungsverfahren. Nicht nur summarisch, sondern auch individuell
betrachtet bleiben die Äußerungen der Amtssachverständigen – ob sie nun völlig
formlos in internen Emails an ihre Kollegen in der Fach- und Rechtsabteilung,
oder etwas förmlicher als „Stellungnahme“ tituliert und strukturiert
abgegeben werden – in den konkret besprochenen Verfahren durchgehend sachlich
völlig unsubstantiierte, d.h. nicht mit nachvollziehbarer, objektiver oder
wenigstens objektivierbarer, solider Evidenz untermauerte und damit
letztendlich unbegründete Behauptungen; sind subjektive Meinungsäußerungen; etwas,
was man umgangssprachlich als autoritäre „Rülpser aus Wien“[22]
bezeichnen könnte.
Das bedeutet natürlich
keineswegs, dass diese „Rülpser“ unbedingt fachlich gänzlich falsch
sind. Wenn z.B. Hinterwallner in ihrer „fachlichen Äußerung“ (BVwG 10.1.2022,
W176 2248975-1/3E, 4) vom 8.10.2021 behauptet, „[d]ie im Bescheid erlassene
Auflage der stratigrafischen Grabungsmethode entspricht dem allgemein
anerkannten Stand der Technik in Österreich und erlaubt eine genaue
Dokumentation von taphonomischen Prozessen an einem Siedlungsbefund“, dann
stimmt das auch wenigstens in dem Sinn, dass es sich bei der stratigrafischen
Grabungsmethode nicht nur in Österreich, sondern sogar international, tatsächlich
um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte und somit auch dem Stand der
Technik entsprechende Grabungsmethode handelt, die auch, wenigstens aus theoretischer
Sicht, eine genaue Dokumentation von taphonomischen Prozessen erlaubt (siehe
dazu z.B. Barker 1993, 36-48, 72-159; Gersbach 1998, 29-43; Drewett 1999,
92-103; Roskams 2001, 93-118; Collis 2004, 1-56, 64-97; Linke 2011; Sigl &
Vetterling 2012, 26-33; Kinne 2013, 15-17; 2016, 15-17; 2019, 15-17; Webster
2014, 55-63). Die von Hinterwallner unsubstantiiert ventilierte Behauptung ist
also – für sich allein betrachtet – durchaus richtig.
Die Probleme mit
dieser Behauptung liegen also nicht darin, dass sie per se falsch ist,
sondern dass sie im Kontext der eigentlich zu beantwortenden Frage – ist die
von Konecny im konkreten Einzelfall der kupferzeitlichen Grube in „Höflein“
vorgeschlagene Vorgehensweise „nach allgemein
bekannten und anerkannten und gängigen Prinzipien feldarchäologischer Methodik,
abhängig von den abzutragenden Primärkontexten bevorzugter Weise im
kontextfolgenden Abtrag“ (Konecny 2022a, 415) dazu
geeignet, das Ziel, das der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 11 Abs. 1
DMSG zu erreichen versucht hat, zu erreichen oder nicht – nicht nur eine
klassische Themenverfehlung, sondern auch in mehreren relevanten Aspekten unvollständig
ist und somit zu einem im konkreten Einzelfall falschen Schluss führt; nämlich
eben dem Schluss, dass der Genehmigungsbescheid mit der Auflage der
verpflichtenden Verwendung der „stratigrafischen Methode“ zu verbinden
ist, um den gesetzlichen Anforderungen des § 11 Abs. 1 DMSG zu genügen.
Das beginnt schon damit, dass
Hinterwallner (und ebenso in deren jeweiligen Äußerungen die anderen sich in
diesem und den beiden anderen Fällen geäußert habenden Amtssachverständigen)
vernachlässigt, auch nur ansatzweise darauf einzugehen, dass Konecny ohnehin festgestellt
hatte, dass er bei der Grabung bevorzugterweise „im kontextfolgenden Abtrag“
vorzugehen beabsichtigte. Das ist aber gerade im gegenständlichen Kontext ganz
wesentlich, denn ein Vorgehen „im kontextfolgenden Abtrag“ bedeutet
nichts anderes, als dass Konecny vorgeschlagen hat, „bevorzugter Weise“
die „stratigrafische Methode“ anzuwenden, denn der „kontextfolgende Bodenabtrag“
ist die essenzielle, charakteristische Eigenschaft, durch die sich diese von manchen
anderen wie z.B. der „Planumsgrabungsmethode“ unterscheidet (siehe dazu z.B. Barker 1993, 36-48, 72-159;
Gersbach 1998, 29-43; Linke 2011; Sigl & Vetterling 2012, 26-33; Kinne
2013, 15-17; 2016, 15-17; 2019, 15-17; 2019, 15-17).[23]
Das einzige, was
Konecny also durch die von ihm vorgeschlagene Vorgehensweise abweichend von den
„verbindlichen“ Vorgaben der Richtlinien des BDA (2018, 16; 2022, 21-22)
und der unter absolut allen Umständen „verpflichtend einzuhaltenden“
Bescheidauflage zur Verwendung der „stratigrafischen Methode“ genehmigt
bekommen will, ist, dass er im Fall, in dem ihm aufgrund der an Ort und Stelle
im konkreten Einzelfall tatsächlich gegebenen Befundsituation – eben „abhängig
von den abzutragenden Primärkontexten“ – ein Abgehen von der „stratigrafischen
Methode“ wissenschaftlich geboten erscheint, selbstständig von sich aus auf
eine andere, ebenfalls wissenschaftlich anerkannte, aber unter den konkreten
Umständen der angetroffenen Befundsituation besser geeignete Grabungsmethode
wechseln darf, ohne seine Grabung unterbrechen und sich den Wechsel auf die
andere Methode extra vom BDA genehmigen lassen zu müssen. Dass Konecny als
erfahrener Ausgräber und habilitierter Fachmann eminent dazu qualifiziert ist, eine
solche Entscheidung auch selbstständig und ohne dafür auch nur Rücksprache mit
der Behörde halten, geschweige denn sich das extra von ihr genehmigen lassen zu
müssen, zu treffen, bedarf keiner besonderen Erwähnung: wenn habilitierte
Archäologen mit mehreren Jahrzehnten umfangreicher Grabungserfahrung nicht ausreichend
dazu qualifiziert sind, eine solche methodische Entscheidung selbstständig zu
treffen, dann kann auch nicht angenommen werden, dass Mag. Hinterwallner, die
weder habilitiert ist noch auch nur annähernd mit der Konecnys vergleichbare
Ausgrabungserfahrung hat, diese Entscheidung treffen kann, selbst wenn sie
tatsächlich eine Dienstreise zur Grabung macht, um die Befundsituation an Ort
und Stelle selbst in Augenschein zu nehmen.
Es kann also gar
keinen vernünftigen Grund geben, warum man die Wahl der für die Ausgrabung des
konkreten Befundes geeignetsten Methode nicht dem an Ort und Stelle schon
anwesenden, höchstqualifizierten Wissenschafter, dem Grabungsleiter,
überlassen sollte (in diesem Sinn z.B. auch Linke 2011, 5). Umgekehrt ist es
allerdings wissenschaftlich nachgerade fahrlässig, in Unkenntnis bzw. unter
Nichtbeachtung der konkreten Umstände an Ort und Stelle dogmatisch darauf zu
beharren, dass eine und nur eine ganz bestimmte Grabungsmethode angewendet
werden darf, völlig unbeachtlich der Frage, ob diese unter den an Ort und
Stelle gegebenen Umständen überhaupt dafür geeignet ist, ein Maximum an
Information aus dem Boden zu gewinnen. Deshalb ist die von Konecny
vorgeschlagene Vorgehensweise im konkreten Fall auch tatsächlich die
geeignetere als die dogmatische Verpflichtung zur Verwendung der „stratigrafischen
Methode“, die das BDA durch die Beauflagung des Bescheides zu erzwingen
versucht. Die Unterlassung aller sachdienlichen Ermittlungen durch das BDA führt
also im konkreten Fall tatsächlich zu einem fachlich falschen Schluss, auch
wenn die Behauptung von Hinterwallner – isoliert für sich betrachtet – durchaus
eine gewisse Berechtigung hat.
Hinzu kommt, dass die
Behauptung Hinterwallners, auch wenn sie nicht per se falsch ist, eben
unvollständig ist: es ist zwar richtig, dass die „stratigrafische Methode“
eine allgemein anerkannte Grabungsmethode ist und daher auch dem Stand der
Wissenschaft im Bereich des archäologischen Grabungswesens entspricht. Es ist
die „stratigrafische Methode“ jedoch keineswegs die einzige allgemein
anerkannte Grabungsmethode und daher auch nicht die einzige, die dem Stand der
Wissenschaft im Bereich des archäologischen Grabungswesens entspricht. Es gibt
vielmehr mehrere verschiedene Grabungsmethoden, die alle allgemein anerkannt
sind und daher dem Stand der Wissenschaft in diesem Bereich entsprechen (z.B.
Barker 1993, 36-48, 72-159; Gersbach 1998, 29-43; Drewett 1999, 92-103; Roskams
2001, 93-118; Collis 2004, 1-56, 64-97; Linke 2011; Sigl & Vetterling 2012,
26-33; Kinne 2013, 15-17; 2016, 15-17; 2019, 15-17; Webster 2014, 55-63). Dies
ist aber im konkreten Einzelfall maßgeblich, weil in diesem nicht auf
allgemeiner Ebene zu entscheiden ist, welche Grabungsmethode „die Beste“
ist (einmal abgesehen davon, dass es zu dieser Frage durchaus unterschiedliche
Meinungen im Fach gibt), sondern zu entscheiden ist, ob die von Konecny
vorgeschlagene Vorgehensweise im konkreten
Einzelfall dazu geeignet ist, das Ziel, das der Gesetzgeber durch die Bestimmung
des § 11 Abs. 1 DMSG zu erreichen versucht hat, zu erreichen.
Dazu muss man sich
eben wenigstens den konkret betroffenen Befund ansehen, der im Fall „Höflein“
ja noch dazu in ungewöhnlich hohem Maß bekannt ist. Es handelt sich dabei
schließlich um eine schon von Konecny (2014; 2015) selbst mehrheitlich
ausgegrabene Siedlungsgrube, die isoliert direkt unter der Humusschicht liegt
und mit einer einzigen, homogenen Ablagerung verfüllt ist. Es handelt sich also
um genau eine solche Befundsituation, über die z.B. Linke (2011, 4) schreibt,
dass „die Freilegung des anstehenden Bodens im Relief sinnlos“ ist.
Überhaupt ist diese Situation eine solche, in der es keinen signifikanten
Unterschied macht, ob z.B. in „stratigrafischer“ oder „Planumsmethode“
gegraben wird: gibt es nur eine homogene, fundführende Schicht unter dem Humus,
entfällt der üblicherweise als einer der wesentlichsten Vorteile der
stratigrafischen Grabungsmethode angeführte Aspekt der „sauberen
Fundzuordnung“ (Linke 2011, 4; vgl. Email von A. Krenn-Leeb vom 17.3.2022,
10:11; Sigl & Vetterling 2012, 29; Kinne 2013, 16; 2016, 16; 2019, 16),
weil auch bei der Grabung in Planumsmethode die Fundzuordnung zur einzig
fundführenden Schicht absolut exakt ist.
Und gerade in einer
solchen Fundsituation ist auch die ebenfalls für sich betrachtet zwar richtige,
aber unvollständige Behauptung, die stratigrafische Methode erlaube „eine
genaue Dokumentation von taphonomischen Prozessen“ (BVwG 10.1.2022, W176
2248975-1/3E, 4), unmaßgeblich für die Entscheidung, ob die von Konecny
vorgeschlagene Vorgehensweise dazu geeignet ist, das
Ziel, das der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG zu
erreichen versucht hat, auch tatsächlich zu erreichen. Denn nicht nur sind auch
andere Methoden dafür geeignet, taphonomische Prozesse genau zu dokumentieren –
die Grabungen Lünings auf der Aldenhovener Platte, die für die deutschsprachige
Beschäftigung mit der archäologischen Taphonomie besonders bedeutend waren
(Wolfram 2014, 287), wurden z.B. nicht mit der „stratigrafischen“
sondern in „Planumsmethode“ durchgeführt – sondern Konecnys geplante Beprobung
der einzigen vorhandenen Befundschicht und der Wand bzw. des Bodens des
Befundes bezweckte gerade die Untersuchung und Dokumentation taphonomischer
Prozesse, die bei der ursprünglichen, in „stratigrafischer Methode“
durchgeführten Grabung des bereits 2014 untersuchten Teils dieser Grube nicht
(ausreichend genau) dokumentiert worden waren. Es lässt sich also auch aus der
Tatsache, dass die „stratigrafische Methode“ eine genaue Dokumentation
taphonomischer Prozesse erlaubt, kein Argument dafür gewinnen, dass die von
Konecny vorgeschlagene Vorgehensweise nicht oder auch nur die „stratigrafische
Methode“ besser dafür geeignet ist, das vom Gesetzgeber mit der Bestimmung
des § 11 Abs. 1 DMSG angestrebte Ziel auch tatsächlich zu erreichen.
Das – dass die „stratigrafische Methode“
(signifikant) besser dafür geeignet ist als die von Konecny vorgeschlagene
Vorgehensweise, das vom Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG
angestrebte Ziel zu erreichen – ist aber die Voraussetzung dafür, dass das BDA überhaupt
in seinem genehmigenden Bescheid durch eine dementsprechende Auflage Konecny
die Verwendung der „stratigrafischen Methode“ vorschreiben darf; denn
nur wenn diese Voraussetzung tatsächlich erfüllt ist, kann diese Auflage im
Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit staatlicher Reaktion überhaupt
erforderlich sein (Berka 1999, 156-167, insbesondere 159-160 Rz 272-273). Denn
eine Methodenvorschrift, wie es die Auflage zur Verwendung der „stratigrafischen
Methode“ nun einmal ist, greift jedenfalls in die Wissenschaftsfreiheit des
Genehmigungsinhabers ein, indem sie die ihm durch Art. 17 StGG gewährleistete
Freiheit der Methodenwahl nimmt (Berka 1999, 344 Rz 591). Der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtet aber den Staat, wenn er einen
solchen Eingriff vornimmt, um ein legitimes gesetzliches (Schutz-) Ziel zu
erreichen, dass er das Mittel verwendet, das die durch den Eingriff betroffene
Freiheit am wenigsten einschränkt; also die Freiheit des Bürgers nicht weiter
beschränkt, als unbedingt notwendig ist, um das gesetzliche Ziel zu erreichen
(Berka 1999, 159 Rz 272). Sind nun aber mehrere Methoden gleich gut dafür
geeignet, dieses Ziel zu erreichen (oder sich ihm wenigstens gleichermaßen
anzunähern), kann es nicht im genannten Sinn erforderlich sein, eine bestimmte
davon zu verwenden, womit der Staat auch nicht die Verwendung der einen (und
somit das Verbot der Verwendung einer anderen) als Auflage mit einem
genehmigenden Bescheid verbinden darf.
Hinterwallners Äußerung (BVwG 10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 4) mag
daher für sich allein betrachtet richtig sein, als amtssachverständige Äußerung
zur tatsächlich zu beantwortenden Frage ist sie jedoch grundfalsch. Dasselbe
gilt für die anderen Äußerungen von Amtssachverständigen (und die eine externe
Äußerung) in den oben geschilderten Verfahren auch: sie sind entweder
Themenverfehlungen, und/oder so krass unvollständig, dass sie den Sachverhalt
in einem völlig anderen Licht erscheinen lassen, als er gezeigt werden müsste, und/oder
so eklektisch bei der Auswahl der verwendeten Quellen, dass sie nur dazu
geeignet sind, ein vorgefasstes Vorurteil zu bestätigen, nicht hingegen den tatsächlichen
Sachverhalt zu ermitteln, und/oder einfach überhaupt ganz falsch. Resultat
davon ist, dass, wenn sich fachlich kompetente Bescheidete über die entsprechend
dieser Amtssachverständigenäußerungen entschiedenen und beauflagten Bescheiden bei
Gericht beschweren, nicht nur der Beschwerdeführer sondern auch das Gericht erkennt,
dass das BDA entweder gar keine Ermittlungen angestellt hat oder diese
Ermittlungen derart „mangelhaft“ (BVwG 15.12.2021,
W183 2245660-1/3E, 7; 10.1.2022,
W176 2248975-1/3E, 11) waren, dass der ergangene Bescheid mit dem
Mangel der Rechtswidrigkeit behaftet und daher aufzuheben ist.
Das Ermittlungs- bzw.
Äußerungsverhaltensmuster insbesondere der Amtssachverständigen in der
archäologischen Fachabteilung (obwohl die Rechtsabteilung um nichts besser zu
sein scheint) ist hochgradig problematisch, denn es ist nur auf die zwei möglichen
Arten zu erklären, die sich bei meinen jüngeren Kritiken des BDA zunehmend
herauskristallisieren: entweder haben die in diesen Verfahren tätigen Organe
des BDA überhaupt nicht verstanden, was ihre Aufgaben und wie diese korrekt zu
erledigen sind, d.h. sind sowohl fachlich als auch rechtlich krass inkompetent;
oder sie haben sehr wohl verstanden, was sie tun müssten, aber halten sich
absichtlich nicht an den ihnen vom Gesetzgeber erteilten Auftrag, sondern
versuchen bloß durch Einsatz von Halbwahrheiten, Interpretationsakrobatik
(sowohl in fachlichen als auch in rechtlichen Fragen) und Lügen (ob nun „nur“
durch Auslassung oder durch intentional falsche Behauptungen) in ihren
Verfahrensäußerungen (ob nun schriftlich in den Akten oder auch mündlich in
Verhandlungen) für den Fall einer möglichen gerichtlichen Nachprüfung
wenigstens den Anschein zu erwecken, als ob sie ihre Aufgaben doch irgendwie erfüllen
würden.
Ist Ersteres der Fall,
dann sind sie für die Funktion des Amtssachverständigen, die sie zu erfüllen
haben, völlig ungeeignet. Ist Zweiteres der Fall, dann missbrauchen sie die
Befugnisse, die ihnen der Gesetzgeber erteilt hat, um ihren Willen entgegen
dem des Gesetzgebers zum Schaden von Bürgern an deren verfassungs- und
einfachgesetzlichen Rechten durchzusetzen und allfällig von diesen Geschädigten
zur Verteidigung von deren Rechten angerufene Kontrollinstanzen darüber
vorsätzlich zu täuschen. Weder das eine noch das andere ist in einem
demokratischen Rechtsstaat akzeptabel.
Amtssachverständigenäußerungen und wissenschaftliche
Integrität
Ich habe mich in
diesem Beitrag mit der grob mangelhaften Qualität der Amtssachverständigenäußerungen
im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes bisher primär in Hinblick auf
die sich daraus ergebenen rechtlichen Probleme bzw. Probleme für die ordentliche
Rechtspflege befasst, denn das ist der Bereich, in dem die festgestellte
Mangelhaftigkeit vorwiegend virulent wird bzw. konkrete Auswirkungen und Folgen
für Betroffene (vor allem für betroffene Archäologen) hat. Bisher unbeachtet
gelassen habe ich jedoch einen anderen, aus archäologisch-fachlicher Sicht
eigentlich noch weit wichtigeren Punkt, nämlich die Frage, wie derartige
Äußerungen aus wissenschaftlicher und vor allem wissenschafts- bzw.
forschungsethischer Sicht zu bewerten und zu beurteilen sind.
Schließlich handelt es
sich bei den Amtssachverständigen der Fachabteilung für Archäologie des BDA um
Fachwissenschafter, die überhaupt nur aufgrund ihres besonderen
wissenschaftlichen Sachverstands diese Funktion ausüben können und deren
sachverständige Äußerungen selbstverständlich – wenigstens primär –
wissenschaftliche Äußerungen sind. Gleichermaßen sind die Ermittlungen, die die
Amtssachverständigen anstellen müssen, um die Fragen, die ihnen von ihrem
Auftraggeber – der Behörde, die den maßgeblichen Sachverhalt rechtlich zu beurteilen
und dementsprechend im jeweiligen Verfahren rechtlich zu entscheiden hat –
gestellt wurden, wie erforderlich objektiv, sachlich und unparteilich
beantworten zu können, in erster Linie wissenschaftliche Ermittlungen, d.h.
wissenschaftliche Forschungen; und die Antworten, die sie auf diese Fragen
geben, in erster Linie wissenschaftliche Schlussfolgerungen auf Basis der von
ihnen bei ihren Ermittlungen festgestellten wissenschaftlichen Fakten. Es
handelt sich also bei ihrer Tätigkeit als Amtssachverständige um eine durch und
durch wissenschaftliche Tätigkeit.
Es ist somit bei der
Bewertung von Amtssachverständigenäußerungen keineswegs nur relevant, ob sie
den rechtlichen Anforderungen an Sachverständigengutachten wie z.B. jenen des §
5 Abs. 1 SDG, des § 127 Abs. 1 StPO oder auch des Verhaltenskodex des
Hauptverbands der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten
Sachverständigen[24]
genügen; sondern auch und wenigstens aus fachlicher Sicht noch weit relevanter,
ob sie den Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis genügen, wie sie z.B. im Praxisleitfaden
für Integrität und Ethik in der Wissenschaft der österreichischen
Hochschulkonferenz (BMBWF 2020) dargestellt werden. Das ist gerade im
Bereich des archäologischen Denkmalschutzes von besonders gehobener Bedeutung,
denn im Gegensatz zu den meisten anderen archäologischen
Sachverständigenäußerungen, z.B. zur Datierung eines bestimmten Fundes, Befundes
oder einer Fundstelle, der Erstellung einer Typologie oder Chronologie oder
auch einer historischen, kulturellen oder sozialen Interpretation
archäologischer Hinterlassenschaften, die zumeist keinerlei signifikante
Auswirkungen auf heute lebende Menschen haben, haben
Amtssachverständigenäußerungen im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes
praktisch immer reale Auswirkungen auf konkrete, derzeit lebende Menschen.
Gerade, wenn es um
behördliche Entscheidungen geht, führen die Ergebnisse der wissenschaftlichen
Forschungen bzw. die wissenschaftlichen Äußerungen von Amtssachverständigen regelhaft
dazu, dass Betroffene zu bestimmten Handlungen oder Unterlassungen verpflichtet
werden, in ihre Rechte eingegriffen wird, ihnen eventuell bedeutende
zusätzliche Kosten verursacht werden oder sonstige wirtschaftliche Nachteile
entstehen, usw., haben also ganz konkrete Auswirkungen auf diese Personen. Unter
bestimmten Umständen können die wissenschaftlichen Äußerungen der Amtssachverständigen
sogar dafür entscheidend sein, ob über einen Betroffenen eine bis zu
zweijährige Freiheitsstrafe verhängt werden kann oder nicht (vgl. dazu Karl
2022 für die möglichen Rechtsfolgen in Fällen, in denen § 9 Abs. 3 DMSG
anzuwenden wäre). Dass bei wissenschaftlicher Forschung, die derart
einschneidende Folgen für von ihren Ergebnissen Betroffene haben kann, in
besonders hohem Maß darauf zu achten ist, dass sie den Anforderungen an
wissenschaftliche Integrität und Ethik genügt, ist daher offensichtlich.
Die österreichische
Hochschulkonferenz definiert in ihrem Praxisleitfaden fünf zentrale
Grundprinzipien der Forschungsintegrität: Unabhängigkeit, Ehrlichkeit,
Gewissenhaftigkeit, Transparenz und Fairness (BMBWF 2020, 11). Um maximal zu
verdeutlichen, was mit diesen fünf Grundprinzipien gemeint ist, sei hier die Kurzdefinition
dieser Begriffe im Praxisleitfaden vollständig im Wortlaut zitiert:
„• Unabhängigkeit heißt, dass die Wahl der Methoden, die Bewertung von Forschungsdaten und -materialien, aber auch die Gewichtung und Beurteilung von Aussagen und Ergebnissen der Forschung anderer nicht durch politische, wirtschaftliche, weltanschauliche oder ähnliche Faktoren gelenkt werden. Unabhängigkeit bedeutet daher, bestmögliche Objektivität und Unparteilichkeit im gesamten Forschungsprozess.
• Ehrlichkeit heißt Unvoreingenommenheit im gesamten Forschungsprozess, das Vermeiden nicht gerechtfertigter Behauptungen und haltloser Versprechungen bzw. einer positiv oder negativ verzerrten Darstellung der Forschungsresultate.
• Gewissenhaftigkeit bedeutet, Methoden entsprechend dem Stand der Wissenschaft (lege artis) anzuwenden, Forschungsprozesse mit größter Sorgfalt zu entwickeln und durchzuführen sowie in geeigneter Form darüber zu berichten.
• Transparenz meint, nachvollziehbar zu machen, welche Daten, Materialien und Methoden der eigenen Forschung zugrunde liegen und auf welche Weise Erkenntnisse gewonnen wurden. Die Argumentation ist klar darzulegen, und die einzelnen Schritte im Forschungsprozess müssen überprüfbar sein. Transparenz ist auch im Hinblick auf mögliche Interessenskonflikte finanzieller oder sonstiger Art herzustellen.
• Fairness bedeutet einen gerechten und respektvollen Umgang mit anderen Wissenschaftler/innen im Rahmen des gesamten Forschungsprozesses. Fairness gegenüber anderen Forschenden ist insbesondere bei Begutachtungsprozessen und bei der Untersuchung von wissenschaftlichem Fehlverhalten wichtig“ (BMBWF 2020, 11-12).
Es ist natürlich kein
Zufall, dass diese Prinzipien weitestgehend dieselben sind, die auch aus
rechtlicher Sicht bei der Erstellung von Sachverständigengutachten zu beachten
sind. Es geht schließlich sowohl bei diesen Grundprinzipien der Forschungsintegrität
als auch bei den Prinzipien zur Erstellung von Sachverständigengutachten darum,
sicherzustellen, dass bei den jeweiligen Ermittlungen und ihrer Bewertung
möglichst verlässliche Ergebnisse erzielt werden.
Neben diese fünf
Grundprinzipien der Forschungsintegrität treten „zum Schutz Dritter – von
Menschen, Tieren, der Umwelt und der Gesellschaft“ (BMBWF 2020, 12) noch
drei Grundprinzipien der Forschungsethik: Autonomie, Nichtschadensprinzip und
Gerechtigkeit. Auch deren Kurzbeschreibung sei hier vollständig im Wortlaut
zitiert:
„• Autonomie bzw. Selbstbestimmung (auch: Respekt vor der Würde und Unversehrtheit des Menschen) erkennt das Recht des Einzelnen an, selbst Entscheidungen zu treffen. Das Prozedere für die informierte Einwilligung (informed consent) bei der Teilnahme an Studien und das Instrumentalisierungsverbot von Menschen basieren auf dem Autonomieprinzip.
• Das Nichtschadensprinzip bzw. die Prinzipien des Nutzens und der Schadensvermeidung beinhalten die moralische Verpflichtung, die möglichen Schäden eines Forschungsprojektes zu minimieren. Hier ist zu berücksichtigen, dass Schäden oft mehrdimensional sind und physische, psychische, soziale, finanzielle oder ökologische Dimensionen umfassen können.
• Gerechtigkeit umfasst Fairness, Gleichbehandlung und Güterverteilung. Die Kernfrage hierbei ist, wem der Nutzen der Forschung zugutekommt und wer die Risiken und Belastungen tragen soll. Das Prinzip der Gerechtigkeit gilt damit auch für die Auswahl der Teilnehmer/innen und Proband/innen von Studien“ (BMBWF 2020, 12-13).
Diese Grundprinzipien
der Forschungsintegrität und Forschungsethik sind bei jeder wissenschaftlichen
Forschung zu berücksichtigen, völlig unbeachtlich der Frage, zu welchem Zweck
und in welchem Kontext sie durchgeführt wird. Denn es kommt jedem einzelnen wissenschaftlichen
Forscher, natürlich auch dem wissenschaftlichen Sachverständigen, bei seiner
Forschung eine besondere Verantwortung zu, die die österreichische Hochschulkonferenz
wie folgt genauer definiert: „das Wohl von Menschen sowie belebter und
unbelebter Umwelt in der Forschung zu respektieren und zu schützen sowie
mögliche Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt zu bedenken und Schäden zu
vermeiden“ (BMBWF 2020, 11). Dass dies insbesondere auch für
Amtssachverständige und da wiederum insbesondere solche gilt, die im Bereich
des Denkmalschutzes tätig sind, ergibt sich ebenfalls nicht zuletzt direkt aus
dem Praxisleitfaden: dieser erwähnt spezifisch als eine der „wesentlichen
Rechtsvorschriften, die für Ethikkommissionen und ihre Mitglieder von Relevanz
sind, […] das Bundesgesetz betreffend den Schutz von Denkmalen wegen
ihrer geschichtlichen, künstlerischen und sonstigen kulturellen Bedeutung
(Denkmalschutzgesetz – DMSG)“ (BMBWF 2020, 26). Schließlich ist für dessen korrekten
Vollzug die wissenschaftliche Forschung der Amtssachverständigen des BDA von
besonders hoher Bedeutung (siehe dazu z.B. Bazil et al. 2015, 22-23 Rz 31-35).
Dass die in den oben
genauer besprochenen Fällen besonders relevante Frage nach der Grabungsmethode
eine genuin wissenschaftliche Frage ist, bedarf keiner besonderen Erläuterung,
ist doch die Tatsache, dass es sich dabei um eine solche handelt, in Anbetracht
dessen, dass es sich bei der archäologischen Ausgrabung um die generell
wichtigste Art der Primärquellengewinnung zur Beantwortung wissenschaftlicher
archäologischer Fragen handelt, allgemein bekannt und somit offensichtlich.
Ebenso ist innerfachlich als allgemein bekannt voraussetzen, dass es zur Frage
der Grabungsmethodik seit über einem Jahrhundert eine konstant, wenn auch oft
nur unterschwellig, manchmal aber auch heftig und kontrovers, geführte Methodendiskussion
gibt (siehe dazu z.B. Droop 1915; Byers & Johnson 1939; Atkinson 1946; Wheeler
1954; Harris 1989; Barker 1993; Gersbach 1998; Drewett 1999; Roskams 2001;
Collis 2004; Linke 2011; Sigl & Vetterling 2012; Kinne 2013; Webster 2014),
die Frage der Grabungsmethodenwahl also definitiv eine wissenschaftliche Frage
ist.
Dass diese
Methodendiskussion inklusive der damit verbundenen Diskussion über geeignete
Dokumentationsmethoden keineswegs endgültig abgeschlossen ist, ja gar nicht
endgültig abgeschlossen sein kann, schon gar nicht generell zugunsten einer
ganz konkret bestimmten Vorgehensweise, wie sie das BDA in seinen Richtlinien
bis hin zu zulässigen Fileformaten, Schriftgrößen und Ordnerstrukturen vorgibt
(BDA 2012, 8-33; 2018, 16-43; 2022, 21-66), weder international, noch im
deutschen Sprachraum, oder auch nur in Österreich, sollte ebenfalls wenigstes
innerfachlich generell bekannt sein und versteht sich eigentlich ebenfalls von
selbst. Es ergibt sich aber auch, falls irgendjemand das ernsthaft bezweifeln
wollen würde, schlüssig schon allein aus der Tatsache, dass die denen des BDA
entsprechenden Grabungsrichtlinien deutscher Denkmalämter (z.B. BayLfD 2020; LfDH
2017; LVR 2020) teilweise deutlich andere Vorgaben machen, nicht zuletzt in
Hinblick auf die bevorzugt anzuwendende Grabungsmethode; und auch die
Einschätzung im Grabungstechnikerhandbuch des Verbandes der Landesarchäologen
der Bundesrepublik Deutschland e.V. bezüglich der zu wählenden Grabungsmethode
(Linke 2011) von den grabungsmethodischen Vorgaben des BDA deutlich abweicht;
und für Österreich alleine schon dadurch, dass wenigstens zwei für
archäologische Fächer habilitierte, auch erkleckliche internationale
Grabungserfahrung vorweisen könnende Archäologen – nämlich Konecny und ich –
die Lehrmeinung vertreten, dass die Frage der Wahl der Grabungsmethode nicht
durch einfache Vorgabe eines ganz bestimmten Schema F durch das BDA in
unverbindlichen amtlichen Richtlinien (BDA 2012; 2018; 2022) und auch
nicht durch die verbindliche grabungsmethodische Beauflagung von
Genehmigungsbescheiden entschieden werden kann.
Es ist also vollkommen
klar – und muss bei Beachtung ihrer wissenschaftlichen Sorgfaltspflicht (BMBWF
2020, 12) auch den als Amtssachverständige mit dem Fall befassten Wissenschaftern
des BDA (und der sich im Verfahren geäußert habenden externen Kollegin)
vollkommen klar gewesen sein – dass im Fall des Eingangs eines Antrags auf
Erteilung einer Grabungsgenehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG, in dem der
Antragsteller ein vom BDA in dessen Richtlinien „verbindlich“ (z.B. BDA
2022, 21-22) vorgeschriebenen abweichendes grabungsmethodisches Vorgehen
vorgeschlagen hat, eine genuin wissenschaftliche Frage – nämlich ob die
vorgeschlagene methodische Vorgehensweise im Rahmen des wissenschaftlich
allgemein anerkannten Kanons der archäologischen Grabungsmethoden angesiedelt
ist oder nicht – durch genuin wissenschaftliche Forschung (d.h. durch die
Ermittlung und Feststellung des tatsächlichen Sachverhalts in Bezug auf die sich
stellende Forschungsfrage) zu beantworten ist. Das geht aber bei Beachtung der
Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis bzw. der Grundsätze der
Forschungsintegrität und Forschungsethik (BMBWF 2020, 11-13) nicht dadurch, dass
ein paar Sachverständige autoritativ ihre subjektive Fachmeinung darüber
niederschreiben, welche ganz generell betrachtet die zu bevorzugende
Grabungsmethode sei. Nicht einmal, wenn diese Sachverständigen tatsächlich unabhängig
voneinander der gleichen Meinung sind; wobei davon in den oben konkret
besprochenen Fällen ohnehin nicht die Rede sein kann – nicht einmal bezüglich
der beigezogenen externen Sachverständigen, die immerhin die Ehefrau des
Amtssachverständigen ist, der für die Richtlinien des BDA (2012; 2018;
2022) hauptverantwortlich ist und sich in zwei der gegenständlichen Verfahren als
erster Amtssachverständiger geäußert und die schlussendlich auch den Bescheiden
in diesen Fällen angeschlossenen Auflagen vorgeschlagen und verfasst hat.
Dass die in den oben
besprochenen Verfahren getätigten Forschungen (bzw. „Ermittlungen“) und
Äußerungen der Amtssachverständigen (und der beigezogenen externen
Wissenschafterin) den Grundsätzen der Forschungsintegrität und Forschungsethik
nicht genügen, ergibt sich natürlich schon gänzlich schlüssig aus der Tatsache,
dass das BVwG sie im Fall „Höflein“ und im hier nicht genauer
besprochenen Fall „Teesdorf“ aus rechtlicher Sicht als derart „mangelhaft“
(BVwG 15.12.2021, W183 2245660-1/3E, 7; 10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 11) beurteilt hat, dass es jeweils von der ihm durch § 28 Abs. 3 zweiter
Satz VwGVG eingeräumten Ermächtigung „den angefochtenen Bescheid mit
Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides
an die Behörde“ zurückzuverweisen Gebrauch machen musste, statt zur Verfahrensbeschleunigung
gleich in der Sache selbst zu entscheiden.
Es ist aber auch anhand der Darstellungen
des relevanten Akteninhalts weiter oben eindeutig ersichtlich, dass
Forschungsintegrität und Forschungsethik nicht beachtet wurden. Weder können
die oben zitierten Äußerungen der Amtssachverständigen auch nur als ernsthafter
Versuch, im – grob verkürzten – Forschungsprozess bestmögliche Objektivität und
Unparteilichkeit walten zu lassen, gewertet werden; von Ehrlichkeit im Sinne
von Unvoreingenommenheit kann nicht einmal im Entferntesten die Rede sein; eine
gewissenhafte Anwendung auch nur der grundlegendsten aller Forschungsmethoden,
des Studiums der einschlägigen Fachliteratur, geschweige denn irgendwelcher sonstigen
Methoden hat es nicht gegeben (nicht einmal in das einzige, nicht unbedingt wissenschaftlich
besonders hochstehende, Fachbuch, auf das im Akt verwiesen wird, scheint
irgendeiner der Amtssachverständigen auch nur einen Blick geworfen zu haben); auch
ist keinesfalls transparent nachvollziehbar gemacht worden, welche Daten,
Materialien und Methoden den Äußerungen der Amtssachverständigen zugrunde liegen
und auf welche Weise sie zu den von ihnen geäußerten Erkenntnissen gelangt sind
(und auch mögliche Interessenskonflikte wurden nicht transparent gemacht);
geschweige denn, dass mit dem Antragsteller fair, gerecht oder respektvoll
umgegangen worden wäre. Es wurde also kein einziges Grundprinzip der
Forschungsintegrität (BMBWF 2020, 11-12) beachtet.
Gleichermaßen wurde das
verfassungsgesetzlich gewährleistete und durch seine einschlägige Habilitation
noch zusätzlich verstärkte Recht Konecnys, selbst wissenschaftliche
Entscheidungen wie insbesondere die Wahl der ihm unter den konkreten Umständen
des Einzelfalls am geeignetsten erscheinenden Forschungsmethode zu treffen,
gänzlich aufgehoben und ihm stattdessen von Organen des Staates dogmatisch die
Verwendung einer ganz bestimmten wissenschaftlichen Forschungsmethode
vorgeschrieben. Auch primum non nocere, das Nichtschädigungsprinzip,
wurde nicht beachtet, sondern vielmehr Konecny nicht nur ungeniert vorsätzlich
an seinem Recht zur selbstständigen
Auswahl seiner Forschungsmethoden geschädigt, sondern seine Fälle auch grundlos
mehrfach über die gesetzlichen Entscheidungsfristen hinaus liegen gelassen, im
Fall „Höflein“ sogar, nachdem und obwohl das BVwG (10.1.2022, W176 2248975-1/3E, 10-12) dem BDA eine Ermittlungsanordnung mit spezifischen Instruktionen, was
zu ermitteln sei, erteilt hatte. Nur am Rande bemerkt: im Fall „Teesdorf“
hat das Gericht sogar spezifisch festgestellt, dass das BDA „allenfalls
einen Sachverständigen beizuziehen gehabt“ hätte (BVwG 15.12.2021,
W183 2245660-1/3E, 7), wohl weil es anhand der Äußerungen der
Amtssachverständigen in jenem Fall nicht zu erkennen vermochte, dass es sich
bei diesen um Sachverständigenäußerungen gehandelt hat.
Und von Gerechtigkeit im Sinne von
Fairness und Gleichbehandlung kann auch keine Rede sein: das BDA erteilt
regelhaft Grabungsgenehmigungen binnen weniger Wochen, manchmal sogar binnen
zwei Tagen oder noch weniger, obwohl die beantragten Genehmigungen die Erforschung
geschützter Denkmale zum Ziel haben, solange die Antragsteller brav die
Checkbox ankreuzen, dass sie die geplante Maßnahme entsprechend den Richtlinien
(BDA 2022) durchführen werden; während im Fall „Höflein“ die Erteilung
einer rechtmäßigen Genehmigung vom BDA nun seit mehr als einem Jahr vollkommen
grundlos verweigert wird, obwohl der dort von Konecny zu untersuchen
beabsichtigte Befund nicht nur schon hinreichend durch ihn selbst (Konecny
2014; 2015) dokumentiert und mehrheitlich ausgegraben wurde, sondern dieser
Befund auch mit absoluter Sicherheit nicht die gesetzlichen Kriterien für die
Feststellung eines öffentlichen Interesses an seiner Erhaltung iSd § 1 Abs. 2
oder auch nur 1 Abs. 5 DMSG erfüllt und somit überhaupt nicht
denkmalschutzfähig ist. Und es ist auch deshalb wirklich völlig grundlos, weil
aus der von Konecny in seinem Antrag selbstdeklarierten Präferenz für die
Grabung in stratigrafischer Methode, wo deren Anwendung aufgrund der
angetroffenen Befundsituation wissenschaftlich sinnvoll und möglich ist, in
Anbetracht des in Höflein konkret zu erwartenden Befundes ohnehin die
Schlussfolgerung zu ziehen ist, dass er – es sei denn er stößt bei der Grabung
auf eine unerwartete Befundsituation, die ein Abgehen davon ratsam erscheinen
lässt – ohnehin ganz von sich aus bei der Ausgrabung des noch im Boden
verbliebenen Rests der kupferzeitlichen Grube nach der stratigrafischen Methode
vorgehen würde.
Es wurde von den wissenschaftlichen
Organen des BDA also bei deren „sachverständigen“ Äußerungen im
Verwaltungsverfahren auch kein einziges Grundprinzip der Forschungsethik (BMBWF
2020, 12-13) beachtet, während sie gleichzeitig wichtigtuerisch behaupten, dass
sie einem habilitierten Archäologen mit mehreren Jahrzehnten Grabungserfahrung exakt
vorschreiben müssen, welche Grabungsmethode er unter allen Umständen und völlig
unbeachtlich der konkreten Befundsituation, die er bei der Grabung im Boden
antrifft, unhinterfragt zu verwenden hat, weil angeblich nur das in
ausreichender Weise sicherstellt, dass dem Willen des Gesetzgebers, „eine
für die Wissenschaft notwendig geregelte Vorgangsweise bei der Durchführung der
Grabungen, der Durchführung der Meldungen usw.“ (RV 1990, 20) zu
gewährleisten, Genüge getan wird. Denn offensichtlich glauben diese
Amtssachverständigen, dass sie kraft ihres Amtes dazu berufen sind, allen
anderen Archäologen vorzuschreiben, wie diese ihre Wissenschaft auszuüben
haben, weil diese anderen Archäologen – selbst wenn sie dafür habilitiert sind
– nicht kompetent genug dafür sind, dass man sie irgendeine Entscheidung selbst
treffen lassen dürfte, weil dadurch ein „“Denkmal“ im weitesten Sinn“
(RV 1999, 37) zerstört werden könnte, das ohnehin „nicht schützenswert“
(ibid.) ist und auf das der Gesetzgeber daher seiner eigenen expliziten
Feststellung in § 1 Abs. 1 DMSG zufolge die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes überhaupt
nicht anwendbar gemacht hat.
Wissenschaftliches Fehlverhalten
Ist das Vorgehen der Amtssachverständigen aus
rechtlicher Sicht problematisch, dann ist es das aus fachlicher Sicht nur umso
mehr so. Es verstößt krass gegen die Grundprinzipien der Forschungsintegrität
und der Forschungsethik. Und es erweckt den begründeten Verdacht, dass hier
nicht bloß einmalig ein Fehler unterlaufen ist, sondern tatsächlich
systematisches wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt. Wiederum laut dem Praxisleitfaden
liegt
„[w]issenschaftliches Fehlverhalten […] vor, wenn Forschende vorsätzlich, wissentlich oder grob fahrlässig gegen die Richtlinien guter wissenschaftlicher Praxis verstoßen. Vorsätzlich handelt, wer beim Forschen einen Verstoß gegen Standards guter wissenschaftlicher Praxis für möglich hält und sich damit abfindet. Wissentlich handelt, wer den Verstoß gegen Standards guter wissenschaftlicher Praxis nicht bloß für möglich, sondern für gewiss hält. Grob fahrlässig handelt schließlich, wer die nach dem konkreten Forschungskontext gebotene Sorgfalt außer Acht lässt und deshalb nicht erkennt, dass er bzw. sie die Standards guter wissenschaftlicher Praxis in einem hohen Ausmaß verletzt“ (BMBWF 2020, 22).
Dass seitens der Amtssachverständigen des
BDA in den oben zitierten Verfahren wenigstens grobe Fahrlässigkeit vorliegt,
sollte offensichtlich sein; und dass sie die Standards guter wissenschaftlicher
Praxis in einem hohen Ausmaß verletzt haben, ist wohl der Fall, nachdem sie
keines der Grundprinzipien von Forschungsintegrität und Forschungsethik bei
ihrer Beurteilung einer wissenschaftlichen Methodenfrage beachtet haben.
Der Praxisleitfaden nennt auch
einige der häufigsten Arten solcher Vergehen, von denen im konkreten Kontext
der Amtssachverständigenäußerungen von wissenschaftlichen Organen des BDA vor
allem zwei von besonderer Bedeutung erscheinen:
„die Fälschung von Daten (falsification), z. B. durch die Manipulation des Forschungsprozesses, die Abänderung oder das selektive Weglassen von Daten, die der Forschungsthese wider-sprechen, oder die irreführende Interpretation von Daten mit dem Ziel, ein gewünschtes Ergebnis zu erhalten;“
und
„die Behinderung der Forschungstätigkeit anderer Wissenschaftler/innen sowie andere unlautere Versuche, das wissenschaftliche Ansehen einer anderen Wissenschaftlerin/eines anderen Wissenschaftlers zu mindern; hierunter sind insbesondere anonym geäußerte unspezifische und unbegründete Vorwürfe von Verstößen gegen die Standards guter wissenschaftlicher Praxis zu verstehen“ (BMBWF 2020, 22).
Dass in den oben detailliert besprochenen
Fällen die beteiligten Organe des BDA den Forschungsprozess wenigstens dadurch
manipuliert haben, dass sie Daten selektiv weggelassen bzw. eklektisch
überhaupt nur solche Daten angeführt haben, die das von Anfang an bestehende
Vorurteil des Amtes, die stratigrafische sei die einzig wissenschaftlich
anerkannte und daher zulässige Grabungsmethode bestätigen, und auch die
beigezogene externe Sachverständige explizit nur nach diese Ansicht
bestätigenden Angaben gefragt haben, ihre ganzen Erhebungen also ausschließlich
auf das Ziel ausgerichtet waren, das gewünschte Ergebnis zu erreichen, wurde
bereits weiter oben in aller Deutlichkeit herausgearbeitet.
Ebenso ist völlig offensichtlich, dass
dadurch, dass die Genehmigungsverfahren in den oben dargestellten Fällen vom
BDA zuerst monatelang, teilweise über die Frist des § 73 Abs. 1 AVG hinaus,
verschleppt werden, dann doch noch erlassene Bescheide mit rein
amtswillkürlichen Auflagen verbunden werden, die – nachdem das BVwG (10.1.2022, W176 2248975-1/3E) solche Bescheide wegen ihrer krassen Willkürlich- und Rechtswidrigkeit
aufgehoben hat – die Behörde im fortgesetzten Verfahren neuerlich ohne
irgendwelche Ermittlungsschritte zu setzen über die AVG-Frist hinaus liegen hat
lassen, um dann neuerlich einen mit im Wesentlichen exakt denselben krass
willkürlichen Auflagen verbundenen neuen Bescheid zu erlassen, die von Konecny
geplante Forschungstätigkeit wenigstens be-, wenn nicht sogar gänzlich
verhindert werden soll und auch tatsächlich wird. Dies ist umso
offensichtlicher, wenn man bedenkt, dass das BDA regelhaft Archäologen, die
sich dem Methodendiktat der Richtlinien des BDA (2012; 2018; 2022) „freiwillig“
unterwerfen, Genehmigungen gem. § 11 Abs. 1 DMSG binnen weniger Wochen, oft
sogar binnen weniger Tage, für denkmalschützerisch weit problematischere
Grabungen erteilt. Tatsächlich gibt das BDA sogar in seinen Richtlinien
explizit an, dass Anträge „rechtzeitig (spätestens sechs Wochen vor
Beginn der Maßnahme) beim Bundesdenkmalamt“ (BDA 2022, 9; Hervorhebung:
im Original) einzubringen sind, ohne in irgendeiner Weise darauf hinzuweisen,
dass diese Selbstverpflichtung vom BDA nur unter der Voraussetzung beachtet
wird, wenn sich der Antragssteller dem Methodendiktat der Richtlinien unterwirft.
Gerade Zeit ist für den individuellen
Forscher bei der Planung und Durchführung seiner Forschungen einer der
wichtigsten, wenn nicht sogar der absolut wichtigste Aspekt, hängen doch die
gesamte Projektplanung ebenso wie die Projektkosten gerade bei
Grabungsprojekten primär von dieser Variable ab. Selbst wenn man berücksichtigt,
dass Wissenschafter ihre Forschungen wenigstens theoretisch fortsetzen können,
bis sie tot umfallen, ist die durchschnittliche Zeit, die ein Forscher in
seiner Lebenszeit für seine Forschungen zur Verfügung hat, wohl auf ungefähr 50
Jahre beschränkt; eine Verzögerung eines Projektes um etwa ein Jahr – zu der es
in allen oben genauer diskutierten Fällen bereits gekommen ist – bedeutet also
den Verlust von etwa 2% der gesamten dem betroffenen Forscher zur Verfügung
stehenden Lebensforschungszeit, und – wenn er bereits mehrere Jahrzehnte tätig
ist – den Verlust eines noch größeren Anteils seiner verbleibenden Lebensforschungszeit.
Die in der Sache, wie bereits gezeigt, völlig unnötige Verschleppung der
Anträge Konecnys durch das BDA – gerade nachdem das BDA in allen diesen Fällen ohnehin
jedwede ernstzunehmenden Ermittlungen unterlassen hat; und wenn es ernsthaft
ermittelt hätte, unschwer in einem Tag feststellen hätte müssen, dass die von
Konecny vorgeschlagene zum Erreichen des gesetzlichen Schutzziels wenigstens genauso
gut geeignet ist wie die in den Richtlinien (BDA 2022) vorgeschlagene
Vorgehensweise – hat Konecnys Forschung also schon massiv behindert, und das
nur, weil die wissenschaftlichen Organe des BDA in einem wissenschaftlichen Methodenstreit
ihre Meinung mit staatlichen Gewaltmitteln durchsetzen wollen, indem sie die
„freiwillige“ Unterwerfung unter ihr Methodendiktat mit rascher Erledigung von
Genehmigungsanträgen belohnen und die Verweigerung ihres Diktats mit
rechtswidrigem Verwaltungshandeln bestrafen.
Dazu kommt noch, dass die an den oben
genauer diskutierten Fällen beteiligten, wissenschaftlichen Organe des BDA mit
ihren fachlichen Äußerungen unlauter das wissenschaftliche Ansehen Konecnys
mindern, indem sie ihm unspezifisch und sachlich gänzlich unbegründet
vorwerfen, die von ihm für von ihm geplante Grabungen vorgeschlagene
Vorgehensweise würde den Standards guter wissenschaftlicher Ausgrabungspraxis
nicht genügen (weil würde sie das, dann wäre eine Beauflagung des Bescheides
mit einer Methodenvorschrift von Haus aus unzulässig weil ein nicht
erforderlicher Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit des § 17 StGG) und wäre
nicht „auf dem Stand von Wissenschaft und Technik“, also nicht lege
artis; obwohl es tatsächlich ihr dogmatisches Beharren auf einer ganz
bestimmten Methodik in Unkenntnis oder Missachtung des konkret zu
untersuchenden Befundes ist, das gerade nicht lege artis ist (siehe zur
Notwendigkeit, dem Grabungsleiter die Wahl aus den verschiedenen, allgemein
anerkannten wissenschaftlichen Grabungsmethoden zu überlassen z.B. Linke 2011,
4; sinngemäß gleich z.B. Drewett 1999, 92). Überhaupt entspricht die von
Konecny vorgeschlagene Vorgehensweise exakt der, die Sigl & Vetterling (2012, 26-33) empfehlen
und ist völlig konsistent mit dem Tenor der gesamten aktuellen deutschsprachigen
Fachliteratur zum Thema (Gersbach 1998, 29-43; Linke 2011; Sigl &
Vetterling 2012, 26-33; Kinne 2013, 15-17; 2016, 15-17; 2019, 15-17), entspricht
also der herrschenden Lehre exakt; während der methodische Dogmatismus, den das
BDA per Auflagendiktat zu erzwingen versucht, durch kein einziges einschlägiges
deutschsprachiges Fachbuch unterstützt wird. Spricht sich der faktenwidrige Vorwurf
der zuständigen und somit mit besonderer Autorität ausgestatteten staatlichen
Behörde, Konecny würde „veraltete“ Methoden benutzen und nicht „am
Stand der Wissenschaft und Technik“ arbeiten, dann innerfachlich herum – selbstverständlich
aller oben dargestellten Details entkleidet, sodass für Dritte nicht
nachvollziehbar ist, dass es tatsächlich nicht Konecny ist, der nicht lege
artis arbeitet, sondern die Amtssachverständigen sind, die contra lege
artis und entgegen aller Grundprinzipien wissenschaftlicher Integrität und
Ethik kraft ihres Amtes dogmatisch ihre subjektiven Vorlieben durchzusetzen
versuchen – dann schadet das selbstverständlich Konecnys innerfachlichem
Ansehen gravierend, während die Amtssachverständigen und die Mangelhaftigkeit
ihrer Ermittlungen und Äußerungen in Ermangelung der Einsehbarkeit des
Verwaltungsaktes für unbeteiligte Dritte anonym bleiben können.
Es scheint in diesem
Bereich also tatsächlich wissenschaftliches Fehlverhalten vorzuliegen, und zwar
in erheblichem Ausmaß. Statt die Grundprinzipien wissenschaftlicher Integrität
und Ethik in ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu beachten, scheinen die
Amtssachverständigen des BDA wenigstens in den oben genauer geschilderten
Fällen diese vollständig zu missachten und, statt unabhängig, ehrlich, gewissenhaft,
transparent und fair vorzugehen, die Autonomie des kompetenten Forschers und
das Nichtschadensprinzip zu beachten und Gerechtigkeit walten zu lassen,
scheinen die Amtssachverständigen genau gegenteilig zu handeln, um ihre
subjektiven Fachmeinungen allen ihren Fachkollegen im Bereich der Feldforschung
aufzuzwingen. Und das ist, aus wissenschaftlicher und wissenschaftsethischer
Sicht, ein noch weit größeres Problem als die Mangelhaftigkeit der
Ermittlungstätigkeit der Amtssachverständigen aus rechtlicher Sicht ist, denn
es untergräbt fundamental die wissenschaftliche Integrität im Bereich der
archäologischen Feldforschung; eine Integrität, die ebendiese
Amtssachverständigen zu verteidigen vorgeben.
Prüft eigentlich überhaupt jemand die
Prüfer?
Andreas Konecny (2022b)
hat jüngst in einem hier in der Archäologischen Denkmalpflege
veröffentlichten Artikel im Kontext seiner Untersuchung der Qualität der von
den Amtssachverständigen des BDA über deren eigene jüngere Feldforschungen abgelieferten
Berichte iSd § 11 Abs. 6 DMSG ganz berechtigt die Frage gestellt, wer
eigentlich diese Prüfer prüft, ist diese Qualität doch – nicht zuletzt auch im
Vergleich zum Durchschnitt der anderen in Österreich tätigen Archäologen (siehe
dazu auch Karl 2021) – grob mangelhaft und mehrheitlich nicht oder nur
teilweise den vom BDA (2012; 2018; 2022) selbst herausgegebenen Richtlinien
genügend. Wie ich letzthin – ebenfalls hier – gezeigt habe (Karl 2022),
vernachlässigt das BDA bzw. vernachlässigen diese Amtssachverständigen nahezu
regelhaft ihre dienstlichen und gesetzlichen Pflichten in Fällen, in denen sie aufgrund
des Eingangs von Fundmeldungen gem. §§ 8 Abs. 1 bzw. 11 Abs. 4 DMSG Verfahren
gem. § 9 Abs. 3 DMSG zur positiven oder negativen Feststellung des Bestehens
eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung der gemeldeten „Bodendenkmale“
iSd § 8 Abs. 1 DMSG einzuleiten, durchzuführen und binnen sechs Wochen Frist ab
Abgabe dieser Fundmeldungen bescheidmäßig zu erledigen hätten. Nun habe ich in
diesem Beitrag gezeigt, dass diese Amtssachverständigen auch in Verfahren gem.
§ 11 Abs. 1 DMSG ihre dienstlichen und gesetzlichen Pflichten zur treuen,
gewissenhaften, engagierten und nicht zuletzt unparteiischen Durchführung
sachdienlicher Ermittlung und Erstattung amtssachverständiger Äußerungen nicht
befolgen und gleichzeitig auch aus fachlich-wissenschaftlicher Sicht alle
Grundprinzipien der wissenschaftlichen Integrität und Ethik verletzen.
Es zeigt sich hier
also ein erschreckendes Muster des behördlichen und wissenschaftlichen Totalversagens.
Statt ihre dienstlichen, gesetzlichen und wissenschaftlichen Pflichten zu
erfüllen, scheinen die Organe des BDA einfach zu tun und zu lassen, was sie
wollen und keine sachlichen, nachvollziehbar begründeten Entscheidungen zu
treffen; ja nicht einmal die tatsächlichen Sachverhalte ernsthaft und auch nur
einigermaßen gewissenhaft entsprechend den Verwaltungsvorschriften und lege
artis zu ermitteln zu versuchen; sondern stattdessen einfach ihren
subjektiven Willen und ihre subjektiven, gänzlich sachlich unbegründet
verbleibenden, Meinungen qua Staatsgewalt gegen die und zum Schaden der
berechtigten Interessen aller anderen Staatsbürgern durchzusetzen zu versuchen.
Sie scheinen, ganz im Sinne des in der Überschrift dieses Beitrags zitierten
Diktums von Wolfgang Schüssel, der Ansicht zu sein, dass wenn sie etwas sagen,
es auch tatsächlich so ist.
Umso dramatischer ist
es, dass auch alle internen Qualitätskontrollen im BDA (und eventuell auch im diesen
vorgeordneten Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und
Sport [BMKÖS]), gleichermaßen total zu versagen scheinen.
Eine Kommission für
wissenschaftliche Integrität und eine Ethikkommission, deren Einrichtung der Praxisleitfaden
(BMBWF 2020, 20) allen wissenschaftlichen Institutionen empfiehlt, oder auch
diesen „vorgelagerte“ Ombuds- oder Vertrauenspersonen zur Beratung
Forschender (BMBWF 2020, 8, 21), scheint es im BDA bzw. im BMKÖS bisher nicht
zu geben: nicht nur finden sich keine einfach zu findenden Informationen, wie
diese erforderlichenfalls kontaktiert werden können, „auf der Webseite der
Institution“ (BMBWF 2020, 21); sondern auf diesbezügliche Anfrage konnte
oder wollte mir auch die Leiterin der für den Denkmalschutz zuständigen
Abteilung IV/4 des BMKÖS nicht weiterhelfen.[25]
Wer im BDA oder auch BMKÖS also zu informieren ist, wenn – wie in den oben
genauer besprochenen Fällen – ein begründeter Verdacht auf wissenschaftliches
Fehlverhalten bei der Forschungstätigkeit von Wissenschaftern einer
Fachabteilung des BDA besteht, ist ebenso unklar wie ein solcher Verdacht
geprüft und – vorausgesetzt er erweist sich als berechtigt – sanktioniert
würde.
Dabei ist das
essenziell, denn wenn die als Amtssachverständige tätigen Wissenschafter, von
deren unabhängiger, ehrlicher, gewissenhafter, transparenter und gerechter
Ermittlung tatsächlicher wissenschaftlicher Sachverhalte und ebensolchen Beurteilung
von wissenschaftlichen Fachfragen die rechtliche Beurteilung von Denkmalschutzrechtsfragen
abhängt, sich bei ihren wissenschaftlichen Ermittlungen und Urteilen tatsächlich
wissenschaftlich fehlverhalten, dann sind alle Verwaltungsverfahren, die sich
direkt oder auch nur indirekt auf die Forschungsergebnisse dieser
Amtssachverständigen stützen, (auch rechtlich!) fundamental kompromittiert.
Kann sich die Behörde nicht auf die wissenschaftliche Integrität[26]
ihrer als Amtssachverständige beschäftigten Organe verlassen, kann sie ihre
Aufgaben überhaupt nicht verlässlich erledigen und das Vertrauen der
Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben durch
die Behörde wird massiv untergraben, wenn nicht gänzlich zerstört.
Obwohl es keine interne
wissenschaftliche Kontrolle der wissenschaftlichen Integrität und Ethik der
Forschung der Amtssachverständigen gibt, hätten die gravierenden Mängel in der
Qualität ihrer Äußerungen dennoch unmittelbar bemerkt werden müssen, nämlich
bei der rechtlichen Beurteilung im Rahmen des behördlichen
Entscheidungsfindungsprozesses. Selbst nicht archäologisch, aber juristisch
gebildete Sachbearbeiter in der Rechtsabteilung des BDA müssen im Stande sein
zu erkennen, dass den oben zitierten, vollkommen unsubstantiierten, subjektiven
Meinungsäußerungen, ebenso wie unspezifischen Webseiten, die nicht einmal einen
erkennbaren Bezug zur eigentlich zu entscheidenden Fragestellung haben, oder
auch Äußerungen der Ehefrau des kritisierte Auflagen vorgeschlagenen habenden Amtssachverständigen,
kein nennenswerter Beweiswert zukommt und sie nicht von solcher Qualität sind,
wie man sie von einer Amtssachverständigenäußerung erwarten würde.
Das ist umso mehr der
Fall, wenn dieser Sachbearbeiter auch Privatsachverständigengutachten vorliegen
hat oder wenigstens von deren Existenz in Gerichtsakten weiß, die von Gerichten
als kompetent beurteilt werden (BVwG 15.12.2021,
W183 2245660-1/3E, 7; 10.1.2022, W176
2248975-1/3E, 7), die sich durch einen klaren Befund und ein eigentliches
Gutachten kennzeichnen, einen umfangreichen Apparat an Fachliteratur als
Quellen angeben und teilweise verbatim zitieren, auf den konkret betroffenen
Befund eingehen und sogar teilweise mit erklärenden Schaubildern aus der
einschlägigen Fachliteratur zusätzlich untermauert sind. Dass
Amtssachverständigenäußerungen wie die oben zitierten und derartige
Fachgutachten nicht auf gleichem wissenschaftlichen Niveau stehen, muss auch
ein Verwaltungsjurist, der mit der Beweiswürdigung vertraut ist, erkennen; und muss
auch korrekt erkennen, dass es die Amtssachverständigenäußerungen sind, die
nicht einmal im entferntesten das wissenschaftliche Niveau der Privatgutachten
erreichen.
Wenn dann sogar noch
infolge von Beschwerden Betroffener über auf gleichermaßen unsachliche
Amtssachverständigenäußerungen gestützte Bescheide diese nicht nur wegen ihrer
fundamentalen Mangelhaftigkeit aufgehoben werden (BVwG 15.12.2021, W183 2245660-1/3E; 10.1.2022, W176 2248975-1/3E), sondern das Gericht klare Anweisungen erteilt, was
zu ermitteln ist und dass nachvollziehbare Feststellungen zu treffen sind (BVwG
10.1.2022, W176
2248975-1/3E, 10-12), oder gar feststellt, dass die Behörde überhaupt keine
Ermittlungen angestellt hat und überhaupt nicht nachvollziehbar ist, warum die
Behörde in der von ihr gewählten Weise entschieden hat, und die Beiziehung
eines Sachverständigen empfiehlt (BVwG 15.12.2021,
W183 2245660-1/3E, 7), also in kaum verklausulierter Form der Behörde krasse gleichheitswidrige
Willkür (Berka 1999, 546-548 Rz 984-987; siehe auch z.B. VfGH 29.6.1984,
B650/81; 5.10.1988, B 184/88; 11.6.2019, E1809/2018; 25.8.2022, E1720/2022;
etc.) und gleichzeitig mangelnden Sachverstand vorwirft, sollten eigentlich
mehr als nur die Alarmglocken schrillen.
Das ist allerdings offensichtlich nicht
der Fall. Ganz im Gegenteil scheint es eine stillschweigende (oder nur mündlich
getroffene) Übereinkunft zwischen der Fach- und der Rechtsabteilung zu geben,
die dem Zweck dient, den Mitarbeitern der Fachabteilung die Durchsetzung ihres
Willens zu ermöglichen, auch wenn dieser Wille diametral dem explizit
ausgedrückten Willen des Gesetzgebers widerspricht und dafür
erforderlichenfalls mittels haarsträubender Auslegungsakrobatik der Sinn völlig
eindeutiger gesetzlicher Bestimmungen in deren genaues Gegenteil verkehrt wird;
und umgekehrt die Auslegungsakrobatik der Rechtsabteilung durch autoritative
Amtssachverständigenmeinungen zu angeblich aus fachlicher Sicht gegebenen
Notwendigkeiten als sachlich doch irgendwie gerechtfertigt erscheinen zu lassen
bzw. Gerichte durch fachliche Halbwahrheiten, Lügen durch Auslassung usw.
täuschen zu können. Der Grad der Kollusion zwischen den beiden Abteilungen zu
Zwecken der Rechtsbeugung ist dabei atemberaubend, die Argumentationsstruktur
jedoch dieselbe: so wie die Fachabteilung behauptet, dass wenn sie etwas sagt,
das auch so ist; beharrt die Rechtsabteilung darauf, „anderer Rechtsansicht“
zu sein als die einzig mögliche Auslegung des Gesetzes erforderlich macht,
ohne auch nur ansatzweise zu begründen (oder begründen zu können), warum ihre
Rechtsansicht zutreffen sollte, ja überhaupt auch nur rein hypothetisch zutreffen
könnte (und wenn sie dafür behaupten muss, dass eine grammatikalisch eindeutig
als indirekte Fragesatzkonstruktion erkennbare Bestimmung eine
Konditionalsatzkonstruktion ist, dann tut sie das; siehe dazu Karl 2022).
Und so wie die rechtliche Kontrolle
versagt, versagt offensichtlich auch die Dienstaufsicht, wenigstens hinauf bis
zum Präsidenten des BDA. Denn die meisten in den oben besprochenen Fällen
ergangenen Bescheide sind nicht im Namen des Präsidenten von einem anderen
Organ des BDA unterzeichnet, sondern mit dem Namen des Präsidenten selbst (z.B.
BDA 3.5.2022, GZ 2022-0.216.415; 3.5.2022, GZ 2022-0.246.998; 25.7.2022, GZ
2022-0.408.279). Überhaupt hätte in Anbetracht der Tatsache, dass in den
letzten ca. 5 Jahren von professionellen Archäologen gegen 8
Grabungsgenehmigungsbescheide Beschwerde erhoben wurde und die 6 davon,
bezüglich derer bereits Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit (teilweise
bis zum VwGH) vorliegen, allesamt wegen grober Mängel als rechtswidrig
beurteilt und aufgehoben wurden (und dasselbe Ergebnis auch für die 2 noch
nicht entschiedenen Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist), d.h.
das BDA in diesem Rechtsbereich derzeit eine Niederlagenquote von 100% hat, schon
längst durch das Präsidium eine ernsthafte Prüfung unternommen werden müssen,
was hier so katastrophal schief läuft. Dies scheint jedoch nicht geschehen zu
sein, obwohl die Betroffenen das Präsidium bereits wiederholt auf die in diesem
Bereich bestehenden Mängel und Probleme hingewiesen haben.
Statt die geäußerten Kritiken wenigstens
so weit ernst zu nehmen, dass im Amt Ermittlungen angestellt würden, ob
eventuell tatsächlich im Amt irgendetwas nicht so funktionieren könnte, wie es
sollte, scheint sich das BDA ungerecht von jenen verfolgt zu fühlen, die es – inzwischen
in vielen Fällen – durch von der Verwaltungsgerichtsbarkeit als rechtswidrig
beurteilte Fehlentscheidungen geschädigt hat. Aber das ist wohl kaum
verwunderlich, passt es doch ausgezeichnet in das sich auch sonst abzeichnende
Muster des amtlichen Totalversagens: man scheint im Amt auf allen Ebenen an die
absolute Unfehlbarkeit der Amtsorgane kraft ihrer Amtsstellung zu glauben; zu
glauben, dass, wenn eines der Organe etwas sagt, es auch tatsächlich so ist. Auch
wenn eine große Anzahl Beweise für das Gegenteil vorliegen: das Amt und seine
Organe haben immer recht, weil sie, und nur sie, wissen was wahr ist. Fehler
machen immer nur die Anderen.
Dass wenigstens die österreichische
Verwaltungsgerichtsbarkeit halbwegs funktioniert und man daher, wenn das BDA –
wie es das nachweislich regelmäßig tut – wieder einmal Willkür übt und krass
rechtswidrige Entscheidungen trifft (oder diese ebenso krass rechtswidrig
unterlässt, wenn das eigentlich vom BDA durchzuführende Verwaltungsverfahren in
vorhersehbarer Weise nicht zum Ergebnis führen würde, das das BDA gerne hätte;
siehe dazu Karl 2022), man als von solchen Fehlentscheidungen Betroffener aber nicht
aus wirtschaftlichen oder beruflichen Gründen auf eine rasche Entscheidung
angewiesen ist[27]
und es sich zeitlich und finanziell leisten kann, nach mehr oder minder
langwierigem Rechtsstreit doch Recht bekommt, ist zwar grundsätzlich erfreulich
und spricht dafür, dass der Rechtsstaat wenigstens teilweise funktioniert.
Wirklich zufriedenstellen kann es aber nicht, denn es kann schließlich in einem
demokratischen Rechtsstaat nicht sein, dass öffentliche
Verwaltungseinrichtungen die geltenden Gesetze regelmäßig wissentlich und
willentlich missachten und stattdessen ihre Amtsbefugnisse zur Durchsetzung
ihres, dem des Gesetzgebers entgegengesetzten, eigenen Willens missbrauchen und
man deswegen jedes Mal erst Beschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG beim BVwG führen
muss, damit man eine gesetzeskonforme Entscheidung in einem
denkmalschutzrechtlichen Verwaltungsverfahren bekommt.
Vor allem ist die verwaltungsgerichtliche
Kontrolle aber auch keine sinnvolle Prüfung der Qualität der Dienstleistungen –
denn dabei handelt es sich letztendlich – welche die als Amtssachverständige
tätigen Organe der Behörde auf Kosten des Steuerzahlers erbringen (sollten bzw.
zu erbringen verpflichtet sind); denn geprüft und nötigenfalls vom Gericht
hergestellt wird nur die Rechtmäßigkeit der erteilten Bescheide. Die Qualität
der Leistung der Amtssachverständigen bleibt hingegen weiterhin gleichermaßen
mangelhaft; wie gezeigt wurde sogar, wenn das Gericht diesen klare Anweisungen
gibt, dass, was und in welcher (nämlich hinreichender) Qualität sie zu
ermitteln hätten; ohne dass es eine erkennbare Sanktion für die für die
gezeigten Missstände letztendlich Verantwortlichen gibt.
Wenn ich etwas sage, dann ist das so!
Wie in diesem und früheren Beiträgen (z.B.
Karl 2021; 2022; Konecny 2022a; b) gezeigt wurde, lässt sich anhand des
Amtshandelns der Wissenschafter, die als Amtssachverständige in der Abteilung
für Archäologie des BDA die fachliche Expertise bereitstellen sollten, die
dafür notwendig ist, um die tatsächlichen Sachverhalte zu ermitteln, auf denen
die denkmalschutzrechtlichen Entscheidungen der Behörde aufbauen müssen, ein
regelhaftes Verhaltensmuster erkennen, das sich in allen bisher genauer
untersuchten Bereichen – jeweils anhand von Dokumenten, die diese
Wissenschafter selbst im Rahmen der Erledigung ihrer dienstlichen Aufgaben
verfasst haben, bzw. aus deren Fehlen, wo sie die Erfüllung ihrer
Dienstpflichten vernachlässigt oder verweigert haben – zeigt und dokumentieren
lässt. Es ist dies das Verhalten des absoluten Souveräns, des autokratischen
Herrschers (entsprechend der Beschreibung durch z.B. Friedrich & Brzezinski
1965, insbesondere 7-8) bzw. des „Philosophen-Königs“ in Platons Politeia
(8.543; Shorey 1969), wie es auch Watzlawick (2001, 102-104; vgl. dazu auch Schmitt 2015, 51; Popper 1980) auch
insbesondere im Kontext des Umgangs mit der Wahrheitserkenntnis und dem
(scheinbar) gesicherten, (scheinbar) wahren Wissen dessen, der die Wahrheit
nicht mehr sucht, sondern schon zu besitzen glaubt, beschrieben hat.
Wie es Friedrich und
Brzezinski ausdrücken:
„…dies ist die Quintessenz der Autokratie: dass der Autokrat allein und für sich bestimmen kann, in welchem Maß er seine Macht ausüben will. Alle selbstauferlegten Grenzen — und solche gibt es immer — ändern nichts an diesem zentralen Kriterium, so lange der Autokrat die Macht hat sie zu verwerfen, wenn er das im Interesse des Regimes für wünschenswert hält. Solche Autokratie kann kollektiv sein; ist aber immer noch autokratisch, solange das Kollektiv oder ein Teil davon ‘die höchste und dauerhafte Macht über Bürger und Untertanen, uneingeschränkt durch Gesetze’ (Bodin) besitzen und daher keine Rechenschaft für ihre Ausübung ablegen muss ‘außer gegenüber dem unsterblichen Gott’ (oder einer anderen immateriellen Entität wie ‘dem Volk’). Diese ultimative Entscheidungsgewalt des Souveräns wird verkürzt beschrieben als ‘das letzte Wort‘ zu haben” (Friedrich § Brzezinski 1965, 8; Übers.: RK).[28]
Regeln, auch vom demokratischen
Gesetzgeber erlassene Gesetze, gelten für den „Philosophen-König“ nicht.
Er steht vielmehr – als der, der die Wahrheit schon kennt und ihr, sofern das
nötig ist, mit jedem Mittel auch gegen den Widerstand seiner, im Vergleich zu
ihm minderen, unwissenden Untertanen Durchbruch verschaffen darf, ja sogar zum
Besten Aller (das ja nur er wirklich kennt) zum Durchbruch verhelfen muss
(Watzlawick 2001, 102) – über den Regeln, selbstverständlich auch und besonders
über den minderen, mundanen Regeln, die sich die – schließlich aus den die
Wahrheit nicht kennenden und daher zur Beurteilung der Frage, was für sie am Besten
ist, gar nicht fähigen einfachen Bürgern (Watzlawick 2001, 104) bestehende – Gesellschaft
selbst gegeben hat; an die er sich daher auch nicht halten muss. Verpflichtet
ist er nur der höheren Wahrheit, dem, das wirklich „das Beste“ für „Alle“
ist, nur dem „Allgemeinwohl“, das er, und zwar ausschließlich nur er, als
Weisester der Weisen, erkennen kann und auch tatsächlich kennt. Daher ist letztendlich
sein Wille Gesetz, muss er „das letzte Wort“ (Friedrich & Brezinski
1965, 8) haben; weil wenn er etwas sagt, dann muss das so sein und ist daher
auch so.
Dass sie – ob nun
bewusst oder unbewusst bleibt sich letztendlich gleich – so denken zeigt sich
am gesamten (Amts-) Handeln der Amtssachverständigen der Abteilung für
Archäologie: natürlich müssen sie keine mit ihren eigenen Richtlinien
(BDA 2012; 2018; 2022) konformen Berichte liefern (Konecny 2022b), nicht nur,
weil die Regeln, die sie allen Anderen vorschreiben, für sie selbst nicht
gelten, sondern weil sie schließlich schon wissen, was sie bei ihren
Feldforschungen gefunden haben, dass sie richtig vorgegangen sind, und wie das,
was sie gefunden haben, denkmalrechtlich und fachlich zu beurteilen ist. Und
außer ihnen braucht das eigentlich auch niemand zu wissen, schließlich sind sie
die „Philosophen-Könige“, und in einem autokratischen System genügt es
völlig, wenn der „Philosophen-König“ die Wahrheit kennt, weil was alle
Anderen – die ohnehin nicht wissen, was wahr ist – sich denken oder wollen,
letztendlich vollkommen gleichgültig ist: alle Anderen brauchen schließlich nur
brav das tun, was der „Philosophen-König“ ihnen anschafft, weil nur dieser,
und nicht sie selbst, weiß, was für sie und vor allem „die Allgemeinheit“
am „Besten“ und daher notwendig ist.
Natürlich müssen sie auch
nicht binnen gesetzlicher Frist gem. § 9 Abs. 3 DMSG bescheidmäßig feststellen,
ob ein (neu entdecktes oder wiederaufgefundenes) „Bodendenkmal“ überhaupt
tatsächlich ein solches iSd § 8 Abs. 1 DMSG und, falls ja, von derart
beschaffener Bedeutung ist, dass seine Erhaltung deswegen iSd § 1 Abs. 2
tatsächlich (oder wenigstens iSd § 1 Abs. 5 DMSG wahrscheinlich) im
öffentlichen Interesse gelegen ist; und schon gar nicht binnen der gesetzlichen
Frist bescheidmäßig feststellen, dass die Erhaltung irgendeines „Bodendenkmals“
tatsächlich nicht im öffentlichen Interesse gelegen ist (Karl 2022). Denn sie
wissen schließlich, dass es „das Beste“ für „die Allgemeinheit“
ist, dass „alle Bodendenkmale“ unverändert erhalten werden (siehe dazu
auch BDA 7.4.2022, GZ 2022-0.032.893, 8), bis sie von professionellen
Archäologen mit Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG – auf die vom BDA
vorgeschriebene Weise – ausgegraben werden, weil die dabei geborgenen
„… unbeweglichen und beweglichen Bestandteile sowie die Dokumentationsunterlagen […] in ihrer Gesamtheit an die Stelle des durch die archäologische Maßnahme veränderten oder zerstörten Bodendenkmals (= der archäologischen Fundstelle)“ treten, „dessen – eine geschichtliche Dokumentation ermöglichende – Quellenfunktion weiter“ führen und „somit als weiterhin zusammengehörige Elemente des archäologischen Erbes zu betrachten und zu bewahren“ sind: „die unbeweglichen und beweglichen Bestandteile in ihrer Materialität, die Dokumentationsunterlagen als zugehöriges Archivgut“ (BDA 2022, 6; Hervorhebung: im Original),
auch wenn der
Gesetzgeber (d.h. „die Allgemeinheit“), der explizit (§§ 1 Abs. 1 und 4
Abs. 1 DMSG) Denkmale nur in ihrer originalen, körperlichen Erscheinung,
Substanz und Wirkung vor „Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins
Ausland“ bewahren will, aufgrund seiner fachlichen Unwissenheit nicht
verstanden hat, dass das „das Beste“ für „Bodendenkmale“ und
daher auch für „die Allgemeinheit“ (d.h. ihn selbst) ist. Auch hier
reicht es völlig aus, dass sie wissen, was wahrhaftig der Fall ist.
Und natürlich müssen
sie im Kontext von Grabungsgenehmigungsanträgen nicht weiter und schon gar
nicht auf Basis von externer Evidenz (wie z.B. Fachliteratur) sachlich
begründen, warum es im konkreten Einzelfall erforderlich ist, unbedingt nach
der stratigrafischen und keinesfalls in irgendeiner anderen Methode zu graben.
Sie haben schließlich „die Wahrheit“ zur Frage der zu verwendenden
Grabungsmethode schon durch Aufnahme der stratigrafischen Methode als „verbindlichen
Bestandteil“ (BDA 2022, 21-22), dessen „Vorgaben […] zu folgen“ ist
(BDA 2022, 7), in ihren Richtlinien klar gesagt; dann durch Aufnahme der
stratigrafischen Methode als Auflage eines Bescheids für eine nicht freiwillig
richtlinienkonforme Maßnahme etwas lauter gerufen; und schließlich im Akt durch
längere Erklärungen in eigenen Worten und einen Haufen (wenig aussage- und noch
weniger beweiskräftiges) Papier geschrieen: „Roma locuta.“; „Roma
locuta!“; „Roma locuta!“; und verstehen nun nicht, warum
widerspenstige Antragsteller wie Konecny und ich und unverständige Richter*innen
am BVwG nicht endlich akzeptieren, dass daher die „causa finita!“ ist
und immer noch dagegen sind und irgendwas über fehlende sachliche Begründungen
daherfaseln.
Sie verstehen daher
auch die Frage nicht, die ihnen das Gericht stellt, wenn es ihnen sachdienliche
Ermittlungen, die Beiziehung eines Sachverständigen oder auch nachvollziehbare
Feststellungen zur relativen Eignung von Grabungsmethoden zu treffen
vorschreibt: nicht nur kennen sie ohnehin schon „die Wahrheit“, was „die
beste“ Grabungsmethode ist, sie sind auch die höchste Autorität zu dieser
Frage und haben schließlich schon festgestellt, was „die beste“
Grabungsmethode ist. Wozu sollten sie irgendwelche Fachliteratur zu der
Thematik konsultieren und zitieren: die kann schließlich, nachdem sie „die
Wahrheit“ ja schon kennen, auch nichts anderes zur Frage sagen als sie
selbst und hat weniger Autorität als sie, die „Philosophen-Könige“; weil
wenn sie etwas anderes sagt, dann ist schließlich die Fachliteratur falsch,
nicht das, was die „Philosophen-Könige“ sagen.
Tatsächlich sind sie wohl
überhaupt nicht im Stande zu verstehen, dass das Gericht sie dazu auffordert,
zu ermitteln, ob die stratigrafische Methode tatsächlich im konkreten
Einzelfall die besser zur Ausgrabung des konkret betroffenen Befundes geeignet
ist als die von Konecny vorgeschlagene Vorgehensweise (BVwG 10.1.2022, W176
2248975-1/3E, 10-11). Denn diese Frage setzt gedanklich voraus, dass es – und
sei es nur höchst vorläufig und vorerst rein hypothetisch – sein könnte, dass
nicht Konecny mit seiner Ansicht falsch liegt, sondern sie; was aber per
definitionem nicht sein kann. Und es ist noch viel unvorstellbarer, dass
sie irgendetwas ermitteln müssten, weil das wiederum setzt gedanklich voraus,
dass sie „die Wahrheit“ noch nicht kennen; und das kann auch nicht sein,
sonst wären sie ja nicht „Philosophen-Könige“. Was man schon weiß, das
braucht und kann man nicht mehr ermitteln, weil man weiß es ja schon.
Vereinfacht gesagt:
sie sind so vollständig überzeugt davon, dass sie „die Wahrheit“ schon
wissen und daher nicht nur berechtigt, sondern vom Gesetzgeber dazu ermächtigt
und sogar dazu verpflichtet sind, die „ewige Wahrheit“ den „Unwissenden“
auch zu vermitteln, „wenn nötig auch gegen deren Willen“ (Watzlawick
2001, 102), dass sie sich überhaupt nicht vorstellen können, dass sie das, was
sie autoritativ von sich geben, auch irgendwie belegen müssen. Sie haben und
sind im Recht, weil sie sie sind; und dass sie etwas sagen, ist mehr als Beweis
genug dafür, dass das auch tatsächlich so ist.
Wer schon zu wissen
glaubt, dass der Gesetzgeber das wollte, was er selbst will, der versucht den
Willen des Gesetzgebers natürlich nicht mehr zu ergründen, sondern setzt
einfach seinen eigenen Willen an dessen Stelle. Wer davon überzeugt ist, zu
wissen, was „das Beste“ für das „Allgemeinwohl“ ist und was dafür
erforderlich ist, der beachtet natürlich nicht irgendwelche Regeln, die ihn
dabei behindern, es auch tatsächlich zu erreichen. Und wer sich sicher ist,
dass er „die Wahrheit“ schon kennt, der versucht auch nicht mehr, sie zu
ermitteln, denn das, was man schon hat, braucht man nicht mehr suchen
(Watzlawick 2001, 102). Und bequem ist es auch noch, weil man muss sich keine
mühsame, zeitraubende Arbeit antun, die noch dazu womöglich zu einem anderen
Ergebnis führen könnte als dem, das man haben will. Das hier attestierte
amtliche Totalversagen folgt daraus von selbst.
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Wheeler, R.E.M. 1954. Archaeology from the Earth. Oxford:
Clarendon Press.
Wolfram, S. 2014. Taphonomie. In D. Mölders, S. Wolfram (Hg.), Schlüsselbegriffe
der Prähistorischen Archäologie, 285-289. Münster: Waxmann [3.10.2022].
[1] Zitat von Dr. Wolfgang Schüssel, damals österreichischer Bundeskanzler (https://www.derstandard.at/story/1741195/wenn-ich-etwas-sage-dann-ist-das-so [27.9.2022]).
[2] Oft werden von Befragten in erster Linie Überreste der klassischen
Antike, vor allem im Mediterranraum, das alte Ägypten, die Reste vorkolonialer
mittel- und südamerikanischer „Hochkulturen“ und eventuell besonders ikonische
archäologische Denkmale wie Stonehenge in England mit dem Begriff Archäologie
verbunden; während die Tatsache, dass es auch in heimischen Gefilden
Archäologie gibt, von Befragten erst auf entsprechende Nachfrage realisiert
wird (und dann oft wieder zuerst provinzialrömische Überreste als erste
Assoziation genannt werden, während ur- und frühgeschichtliche,
mittelalterliche und neuzeitliche Überreste unerwähnt bleiben oder als
vergleichsweise unbedeutend betrachtet werden).
[3] Als Entdeckung (bzw. Auffindung) eines Gegenstandes im engeren Sinn ist
zu verstehen, dass dieser (erstmals oder wieder) den menschlichen Sinnen
zugänglich und dadurch von anderen Gegenständen wie z.B. dem Boden, in dem er
zuvor eingeschlossen war, (einigermaßen eindeutig) unterscheidbar wird und
damit im engeren rechtlichen Sinn des Fundes iSd § 389 Abs. 1 ABGB auch der
Inbesitznahme durch seinen Finder (bzw. allgemeiner gesprochen der
tatsächlichen menschlichen Verfügungsgewalt) zugänglich wird.
[4] Nachdem ich selbst gelegentlich als Privatgutachter tätig bin, kann ich
guten Gewissens sagen, dass das in nahezu jedem Fall ein teures Vergnügen ist;
wenn das Gegengutachten auch Hand und Fuß haben und auch nur mit einer halbwegs
realistischen Wahrscheinlichkeit zur Widerlegung des
Amtssachverständigengutachtens geeignet sein soll. Denn die Erstellung eines
solchen (auf den konkreten Einzelfall und die Argumentation des
Amtssachverständigen zu deren Widerlegung zugeschnittenen) Gutachtens kostet
den Gutachter selbst in relativ einfachen Fällen wenigstens ein paar Tage, wenn
nicht ein paar Wochen intensive Arbeit, und das zu Sätzen von nicht unter € 80
die Stunde exklusive Umsatzsteuer (siehe dazu für akademische Gutachten die –
weil gesetzlich festgesetzt für den Bereich privater Gutachten nicht
repräsentativen, sondern unterdurchschnittlichen – Gerichtsgutachtersätze in §
34 Abs. 3 Z 3 Gebührenanspruchsgesetz [GebAG]).
[5] Gem. § 5 Abs. 1 letzter Satz SDG kann die Anrufung Gottes auf Verlangen
des Bewerbers unterbleiben.
[6] https://www.gerichts-sv.at/standesregeln.html [27.9.2022].
[7] https://www.gerichts-sv.at/sr_verhalten_befund.html [28.9.2022].
[8] Diese lassen sich bei entsprechender Kenntnis der Fachkollegenschaft
sogar trotz Anonymisierung meist eindeutig identifizieren, manchmal sogar
aufgrund von im zitierten Text enthaltenen Zitaten aus durch die betreffenden
Sachverständigen verfasster Fachliteratur.
[9] Was, nur ganz am Rande bemerkt, die Pflicht des BDA gem. § 9 Abs. 3 DMSG
ausgelöst hat, binnen 6 Wochen ab Abgabe der Fundmeldung gem. § 11 Abs. 4 DMSG
bescheidmäßig zu entscheiden, ob an der Erhaltung des bei der Grabung im Boden
verbliebenen Rests der betroffenen Grube ein öffentliches Interesse tatsächlich
besteht oder tatsächlich nicht besteht (siehe Karl 2022); eine Entscheidung,
die es unterlassen zu haben scheint, wohl weil ein solches öffentliches
Interesse an der Erhaltung des im Boden verbliebenen Rests dieser Grube
tatsächlich nicht besteht und diese bei bescheidmäßiger Feststellung dieser
Tatsache durch das BDA ab jenem Zeitpunkt den Bestimmungen des DMSG nicht mehr
unterlegen wäre, darunter (und sei es nur aufgrund der Bestimmung des § 37 Abs.
6 DMSG) selbstverständlich auch nicht mehr der Grabungsgenehmigungspflicht des
§ 11 Abs. 1 DMSG.
[10] Auf diese Scheinbegründungen wird in diesem Beitrag nicht weiter
eingegangen, weil es sich für die Diskussion von Amtssachverständigengutachten
(oder sonstiger Amtssachverständigenäußerungen) weitgehend gleich bleibt, wie
die Rechtsabteilung des BDA sie letztendlich bewertet und, um im Sinne der
Meinungsäußerung der Amtssachverständigen entscheiden zu können, sich
rechtliche Scheinbegründungen ausdenkt, um dessen Amtswillkür zu begründen. Es
wird aber eventuell zu einem späteren Zeitpunkt auch dieses Verhalten der Rechtsabteilung
des BDA hier zu diskutieren sein, weil es ein höchstgradig bedenkliches,
systematisches Verhaltensmuster darstellt, dass sich an vielen anderen Fällen
ebenfalls zeigen lässt.
[11] Rechtsgrundsatz aus dem Kirchenrecht, dass nach Entscheidung der
höchsten Instanz – des Papstes – keine Rechtsmittel und kein Raum für weitere
Diskussionen mehr bleibt. Es handelt sich dabei um das Machtwort des absoluten
autokratischen Herrschers, gegen das jeder Widerspruch sinnlos und Widerstand
unmöglich ist.
[12] Stellungnahme vom
14.12.2021, mittels derer HR Hebert den Akt „[a]ufgrund der Festlegung, dass
von der üblichen Beantragung abweichende (d. h. ohne Bezug auf die
"Richtlinien für archäologische Maßnahmen" gestellte) Ansuchen nach §
11 (und 5) DMSG der RA vorzulegen sind […] mit der Bitte um Prüfung und
weitere Entscheidung übermittelt“.
[13] Im Wesentlichen: es sei Amtsgebrauch das so zu tun, das amtliche
Aktenverwaltungssystem nicht im Stande, mit mehrjährigen Vorgängen umzugehen
(dazu noch später mehr) und außerdem würde sich der Stand der Technik und
Wissenschaft so rasch ändern, dass mehrjährige Genehmigungen nicht ausgestellt
werden könnten, ohne Gefahr zu laufen, dass deren methodische Beauflagung nach
einem Jahr bereits als veraltet anzusehen sei. Im Prinzip ist das das
altbekannte, als „Beamten-Dreisatz“ (Becker 2014, 157) bezeichnete,
Totschlagargument: „Das war schon immer so; das hat es noch nie gegeben; da
könnte sonst ja jeder daherkommen!“.
[14] Das ist umso mehr der
Fall, als sich aus den Bestimmungen der §§ 11 Abs. 4 und 6 DMSG eindeutig
ablesen lässt, dass der Gesetzgeber von § 11 Abs. 1 DMSG-Genehmigungen mit
mehrjähriger oder gar unbefristeter Laufzeit ausgegangen ist; ja diese
eventuell sogar für den Regelfall gehalten hat. Die regelhafte Befristung auf
ein Kalenderjahr läuft also sogar dem eindeutig erkenntlichen Willen des
Gesetzgebers entgegen, stellt also – selbst wenn man davon ausgehen darf, dass
der Gesetzgeber eine Befristung (auch auf ein Kalenderjahr), sofern diese
sachlich notwendig ist, nicht ausschließen wollte – jedenfalls einen
Ermessensexzess des BDA dar.
[15] Das bedeutet, dass Konecny „in gesetzlicher Weise“ seine
Befähigung zur Vertretung des ganzen Faches der Archäologie in Forschung und
Lehre „nachgewiesen hat“ (Art. 17 StGG 1867). Dass das einen vollen
positiven Urkundenbeweis (iSd § 47 AVG) seiner Befähigung zur „für die
Wissenschaft notwendig geregelte Vorgangsweise bei der Durchführung der
Grabungen, der Durchführung der Meldungen usw.“ (RV 1990, 20) darstellt,
den das BDA in seiner Beweiswürdigung nicht einfach vollkommen grundlos
missachten darf, sondern ausschließlich nur dann, „wenn die Behörde im Hinblick
auf die besonderen Umstände des Einzelfalles dagegen Bedenken hat, daß die
Urkunde diesen Beweis liefert“ sollte sich also eigentlich völlig von
selbst verstehen.
[16] Inwiefern das eine Verletzung der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit
des § 46 Beamten-Dienstrechtsgesetz [BDG] dargestellt hat, wenn nicht
beabsichtigt war, Krenn-Leeb als externe Sachverständige mit der Erstellung
eines Gutachtens zu befassen – was offenkundig unterblieben ist und auch
ausgeschlossen gewesen wäre, weil Dr. Krenn-Leeb als Ehefrau von Dr. Krenn
zweifellos nicht als völlig unbefangen zu betrachten ist und sich daher
eigentlich schon von sich aus jeder auch nur im weitesten Sinn als „gutachterlich“
zu verstehenden Äußerung im besprochenen Verfahren zu enthalten gehabt hätte
(siehe dazu auch 2.3 des Verhaltenskodex für Sachverständige; https://www.gerichts-sv.at/sr_verhalten_befund.html [1.10.2022]) – sei an dieser Stelle
dahingestellt.
[17] Der als an der Universität Wien habilitierter Mitarbeiter der
Fachabteilung – damals hieß sie noch sachlich richtiger „für Bodendenkmale“
– des BDA Lehrgrabungen auf großflächigen Rettungsgrabungen des BDA
durchgeführt hat.
[18] https://en.wikipedia.org/wiki/Computer_says_no [2.10.2022].
[19] Vollständig: “Den nach Abs. 1 Berechtigten
sind die Veränderungen und Zerstörungen an Bodendenkmalen nur in jenem
Ausmaß gestattet, als dies durch eine wissenschaftliche Grabungsarbeit unvermeidlich
und daher notwendig ist. …“ (§ 11 Abs. 5 erster Satz DMSG;
Unterstrichen: vom BDA zitierter Ausschnitt).
[20] Das ist übrigens eine vollkommen absurde Auslegung: das BDA versucht
hier einen aus seinem Kontext gerissenen Halbsatz einer gesetzlichen
Bestimmung, die Genehmigungsinhaber ausdrücklich zur Zerstörung bzw.
Veränderung von (nicht bereits bescheidmäßig gem. § 3 Abs. 1 DMSG oder in einem
anderen in § 2 Abs. 3 DMSG genannten Verfahren unter Denkmalschutz gestellten)
Bodendenkmalen (die selbstverständlich infolge ihrer Entdeckung gem. § 9 Abs. 3
DMSG vom Zeitpunkt ihrer Entdeckung bis längstens 6 Wochen nach Abgabe einer
sie betreffenden Fundmeldung gem. §§ 8 Abs. 1 oder 11 Abs. 4 DMSG mit allen
Rechtsfolgen für Unterschutzstellungen durch Bescheid gem. § 3 Abs. 1 kraft
gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz stehen) im wissenschaftlich
notwendigen Ausmaß ermächtigt (d.h. das sonst gem. § 4 Abs. 1 DMSG auch für
derart zeitweilig kraft gesetzlicher Vermutung geschützte Denkmale bestehende
Veränderungsverbot für die Grabungen des Genehmigungsinhabers aufhebt), in eine
„Festschreibung“ einer „grundsätzliche[n] Forderung nach einer
unveränderten Erhaltung aller Bodendenkmale“ umzudeuten. Wer diese „Forderung“
„festgeschrieben“ haben soll, ist allerdings nicht klar, denn der
Gesetzgeber schreibt keine „Forderungen“ fest, sondern gesetzliche
Pflichten. Hätte der Gesetzgeber aber eine gesetzliche Pflicht zur „unveränderten
Erhaltung aller Bodendenkmale“ festschreiben wollen, dann hätte er diese
wohl kaum in einer nur e contrario aus einer spezifisch nur Inhaber
einer Genehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG betreffenden Ausnahmebestimmung von
diesem generellen Veränderungsverbot in § 11 Abs. 5 abzuleitenden, aber
nirgendwo explizit niedergeschriebenen gesetzlichen Bestimmung versteckt, sondern
hätte die Bestimmung des § 4 Abs. 1 DMSG statt nur mit den Worten „Bei
Denkmalen, die unter Denkmalschutz stehen, ist die Zerstörung sowie jede
Veränderung, die den Bestand (Substanz), die überlieferte (gewachsene)
Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflussen könnte, ohne Bewilligung
gemäß § 5 Abs. 1 verboten“ mit den Worten „Bei allen Bodendenkmalen, ob
diese unter Denkmalschutz stehen oder nicht, sowie bei Denkmalen, die unter
Denkmalschutz stehen, ist die Zerstörung sowie jede Veränderung, die den
Bestand (Substanz), die überlieferte (gewachsene) Erscheinung oder
künstlerische Wirkung beeinflussen könnte, ohne Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1
verboten“ begonnen. Das BDA spinnt sich hier also einen „totalen
Bodendenkmalschutz“ zusammen, eine (nämlich: seine) Forderung, die es in
seiner Anwendungspraxis des Gesetzes, bzw. korrekter:
Gesetzesmissbrauchspraxis, dann auch tatsächlich umzusetzen versucht. Hier war
also wohl der Wunsch des BDA der Vater des abstrusen Gedankens.
[21] https://www.gerichts-sv.at/sr_verhalten_befund.html [28.9.2022].
[22] Etwa in diesem Sinn 2021 verwendet vom Tiroler ÖVP-Politiker Franz Hörl
(https://www.sueddeutsche.de/meinung/aktuelles-lexikon-ruelpsen-1.5201748 [3.10.2022]).
[23] Nicht hingegen unterscheidet sich in dieser Beziehung die „stratigrafische
Methode“ z.B. von der „Wheeler-Kenyon-Methode“ (Kinne 2019, 17;
Wheeler 1954), bei der der Bodenabtrag ebenfalls (wenigstens vorzugsweise, wo
das nicht durch von Eigenschaften von Primärbefunden bedingte Notwendigkeiten
nicht möglich oder wenigstens nicht empfehlenswert ist) kontextfolgend erfolgt.
[24] https://www.gerichts-sv.at/standesregeln.html [4.10.2022]
[25] Meine diesbezügliche Email an Dr. Elsa Brunner vom 5.10.2022, 15:04
blieb leider gänzlich unbeantwortet.
[26] Die dann auch durch Veranstaltung von „Fachgesprächen“ zu „Archäologie
und Ethik“ (siehe dazu diverse Beiträge in der Österreichischen
Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 2/2022, 8-89) nicht gerettet werden
kann. Tatsächlich stellt in Anbetracht der oben gezeigten, nicht zuletzt
wissenschaftsethischen Defizite, die offensichtlich im Bereich der dieses „Fachgespräch“
veranstaltet habenden Fachabteilung der Behörde bestehen, die Frage, ob es
nicht nachgerade geboten scheint, eine Fortbildungsveranstaltung für
wissenschaftliche Mitarbeiter dieser Abteilung zum Thema Wissenschaftsethik zu
veranstalten: schließlich findet sich unter den an der zitierten Stelle
publizierten Beiträgen keiner, der sich mit ethischen Defiziten im Bereich des
denkmalschützerischen Amtshandelns befasst zu haben scheint.
[27] Wie es das kommerziell tätige Grabungsunternehmen, die ihre Aufträge
nicht auf unbestimmte Zeit verschieben können, während sie auf eine
gerichtliche Entscheidung warten, aber auch Universitätslehrer regelhaft sind,
die ihre Praxislehrveranstaltungen (ob nun Grabungen oder Surveys) während des
Semesters abhalten müssen, für das sie angekündigt wurden und in denen die
Studierenden sie auch für ihren ordnungsgemäßen Studienfortschritt brauchen.
[28] „…this is the quintessence of autocracy: that the autocrat is
able to determine by and for himself to what extent he will use his power. Any
selfimposed limits — and there always are such — do not alter this key
criterion, as long as the autocrat retains the power to discard them, whenever
he deems it desirable in the interest of the regime. Such autocracy may be
collective; it still is autocratic, as long as the collective or a part of it
possesses the ‘highest and perpetual power over citizens and subjects,
unrestricted by laws’ (Bodin), and therefore does not have to account for its
use ‘except to immortal God’ (or some other intangible entity such as ‘the
people’). Such ultimate decisional power of the sovereign has been given a
shorthand description, that of ‘the last word.’” (Friedrich § Brzezinski
1965, 8).
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