Abstract: Das
österreichische Bundesdenkmalamt [BDA] behauptet seit Jahrzehnten, dass alle
Grabungen und sonstigen Nachforschungen an Ort und Stelle zur Entdeckung von
archäologischen Hinterlassenschaften seiner Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz
[DMSG] bedürfen. Seit der DMSG-Novelle 1999 besagt dieser Paragraf zudem, dass
eine derartige Bewilligung ausschließlich an physische Personen erteilt werden
kann, die ein einschlägiges (archäologisches) Universitätsstudium abgeschlossen
haben. Archäologische Ausgrabungen (und sonstige archäologische Nachforschungen
an Ort und Stelle) dürfen daher laut BDA in Österreich nur unter Leitung durch
professionelle ArchäologInnen durchgeführt werden.
Wie diverse jüngere Erkenntnisse der österreichischen
Gerichte zeigen, ist diese Interpretation der Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG
jedoch entweder grundfalsch; oder § 11 Abs. 1 DMSG ist in seiner Gesamtheit
grundsätzlich verfassungswidrig. In diesem Beitrag wird anhand eines für die
Frage der Anwendbarkeit der § 11 Abs. 1 DMSG zentralen Erkenntnisses des
Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG-ST) gezeigt, wie absurd die
bisherige und immer noch aufrechterhaltene Anwendungspraxis dieses Paragrafen
durch das BDA ist.
In früheren
Beiträgen an diesem Ort (Karl 2018a; 2018b) und einer monografischen Diskussion der
Probleme des österreichischen archäologischen Denkmalschutzes (Karl 2019a) habe ich mich bereits mit einigen
der jüngeren berufungs- und höchstgerichtlichen Erkenntnisse (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008; BVwG 11.9.2017, W183 2168814-1/2E; 19.9.2018, W195 2197506-1/11E) zur Auslegung der Vorschriften des
§ 11 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz [DMSG] – der sogenannten
‚Grabungsgenehmigungspflicht‘ – befasst. Dabei habe ich gezeigt, dass eine
‚Genehmigungspflicht‘ gem. § 11 Abs. 1 DMSG überhaupt nur dann besteht, wenn es
sich bei den durch Grabungen oder sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle
untersuchten Sachen zweifelsfrei für jedermann offensichtlich erkenntlich um
Denkmale iSd § 1 Abs. 1-2, 4 bzw. 5 DMSG handelt. Des weiteren habe ich
gezeigt, dass sich aus den Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG eine fakultative
Vorab-Grabungsgenehmigungsmöglichkeit ergibt, wenn der die Nachforschungen Planende
aus vernünftig nachvollziehbaren Gründen damit rechnet, dass er bei der
Durchführung von Grabungen auf Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG stoßen wird
und in diesem Fall nicht durch die Rechtsfolgen der Entdeckung von
Zufallsfunden des § 9 Abs. 1-3 DMSG behindert werden will (Karl 2019a, 8-27).
Änderungen in der Anwendungspraxis des BDA?
Das BDA hat
auf diese Erkenntnisse – sowohl die gerichtlichen als auch die von mir daraus
gezogenen Schlussfolgerungen – nur insofern reagiert, als es zwei minimale
Änderungen in seinen online zur Verfügung gestellten Unterlagen vorgenommen
hat. Es hat einerseits in seinen Richtlinien für archäologische Maßnahmen
(BDA 2016; 2018) den einleitenden Satz zum formellen Ablauf
des Antragsstellungsverfahrens geringfügig geändert; und andererseits in seinem
Formular zu Beantragung einer Grabungsgenehmigung ein neues Feld hinzugefügt, in
dem der Antragsteller Angaben zu Hinweisen auf das Vorkommen von Denkmalen bzw.
Bodendenkmalen am geplanten Untersuchungsort machen kann bzw. muss.
Der nunmehr
geringfügig geänderte erste Satz der Darstellung des Antragsverfahrens lautet
in der 4. Fassung dieser Richtlinien noch: ‚Voraussetzung für die Aufnahme
jeglicher Grabungstätigkeiten »und sonstiger Nachforschungen an Ort und Stelle
zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher
Denkmale« (§ 11 Abs. 1 DMSG) ist das Vorliegen eines bewilligenden Bescheides
des Bundesdenkmalamtes gemäß § 11 Abs. 1 DMSG.‘ (BDA 2016, 6). Dieser Satz
wurde in der aktuell geltenden 5. Fassung der Richtlinien auf den folgenden
Wortlaut geändert: ‚Voraussetzung für die Aufnahme bewilligungspflichtiger
archäologischer Tätigkeiten ist das Vorliegen eines bewilligenden Bescheides
des Bundesdenkmalamtes gemäß § 11 Abs. 1 DMSG.‘ (BDA 2018, 6).
So
maßgeblich diese Änderung ist, so verwirrend ist sie auch: wurde in der 4.
Fassung noch impliziert, dass alle archäologischen Nachforschungen der
Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterliegen würden, stellt die 5.
Fassung nunmehr rechtlich korrekt fest, dass nur die Aufnahme archäologischer
Tätigkeiten, die der Bewilligungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterliegen, der
Bewilligung des BDA gemäß dieses Paragrafen bedürfen. Was aber nun gem. § 11
Abs. 1 DMSG bewilligungspflichtige Tätigkeiten sind, geht aus der neuen
Formulierung (BDA 2018, 6) nicht hervor. Was bewilligungspflichtige
Tätigkeiten sind, scheint man hingegen weiterhin aus dem 2. Kapitel der
Richtlinien entnehmen zu können, denn dort wird – im Wesentlichen zur 4.
Fassung unverändert – zwischen nicht bewilligungspflichtigen
Prospektionsmaßnahmen einerseits (BDA 2018, 8-10) und andererseits bewilligungspflichtigen
Prospektionsmaßnahmen und archäologischen Ausgrabungen (BDA 2018, 10-20) unterschieden.
Dies
impliziert also, dass die Antwort auf die Frage, ob eine archäologische
Tätigkeit gem. § 11 Abs. 1 DMSG bewilligungspflichtig ist, in erster Linie
davon abhängt, welche Methoden angewandt werden sollen. Das erweckt den
Eindruck, als ob sich im Vergleich zur 4. Fassung nichts Wesentliches geändert
hätte und dieselben Maßnahmen, die vom BDA bis zu den zitierten gerichtlichen
Erkenntnissen der Grabungsgenehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterworfen
wurden, auch weiterhin dieser Genehmigungspflicht unterworfen seien.
Das dem
Antragsformular neu hinzugefügte Feld, in dem der Antragsteller Angaben zu
Hinweisen auf das Vorkommen von Denkmalen bzw. Bodendenkmalen am geplanten
Untersuchungsort machen kann bzw. muss, ist für ArchäologInnen, die sich nicht
im Detail mit der einschlägigen Judikatur und ihrer Interpretation
auseinandergesetzt haben, ebenfalls hochgradig intransparent und
unverständlich. In diesem Feld soll der Antragsteller angeben, welche objektiven
Anhaltspunkte für das Vorhandensein von ‚Denkmalen im Untergrund‘ vorliegen. Zur
Auswahl stehen hier als im Formular anklickbare Punkte die folgenden Möglichkeiten:
- das zu untersuchende Objekt steht bereits gem. §§ 2a oder 3 DMSG unter Denkmalschutz,
- es handelt sich dabei um eine durch wissenschaftliche Befunde bekannte archäologische Fundstelle, die
o
in
der Fundstellendatenbank des BDA registriert,
o
in
einem Verzeichnis bzw. Archiv einer (zu benennenden) Fachinstitution
registriert,
o
in
(zu zitierender) wissenschaftlicher Literatur publiziert,
o
in
einer früheren, noch nicht registrierten/publizierten gem. § 11 Abs. 1 DMSG
bewilligten Maßnahme befundet oder
o
einer
noch nicht registrierten/publizierten, beim BDA gem. § 8 DMSG eingegangenen
Fundmeldung befundet ist; oder
- es ist auf Grundlage vom Antragsteller (beizufügender) neuer Daten bzw. sachverständiger Ausführungen wahrscheinlich, dass am geplanten Untersuchungsort Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche vorkommen.
Die hier
angebotenen Auswahlmöglichkeiten erwecken also ebenfalls den Eindruck, als ob eine
Grabungsgenehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG weiterhin für alle archäologischen
Tätigkeiten erforderlich wäre, bei denen mit der Entdeckung irgendwelcher
beliebiger archäologischer Funde oder Befunde zu rechnen ist. Das ist zwar für aufmerksame
archäologische Fachleute insofern ein merklicher Unterschied, als früher diese
Angaben nicht verlangt wurden und sich aus der Tatsache, dass man sie nun
machen muss, e contrario ableiten lässt, dass man, wenn keine solche
objektiven Anhaltspunkte am geplanten Untersuchungsort bekannt sind, keinen
Antrag auf Erteilung einer Grabungsgenehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG stellen
muss, ja eventuell sogar gar nicht stellen soll oder darf (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008; BVwG 11.9.2017, W183 2168814-1/2E; 19.9.2018, W195 2197506-1/11E; Karl 2019a, 18-26). In der Praxis scheint es
jedoch für die meisten von professionellen ArchäologInnen geplanten
Feldforschungsmaßnahmen weitgehend irrelevant zu sein, weil diese gewöhnlich
nicht an Orten archäologische Nachforschungen anstellen, an denen sie nicht
damit rechnen, dass sie archäologische Funde oder Befunde antreffen werden.
Nachdem kaum ein archäologisches Feldforschungsprojekt auf einer Bodenfläche
stattfindet, von der nicht schon wenigstens Fundmeldungen gem. § 8 Abs. 1 DMSG
vorliegen, scheint also jede archäologische Maßnahme, die bis zur Einführung
dieser neuen Regelung (angeblich) gem. § 11 Abs. 1 DMSG bewilligungspflichtig
war, auch weiterhin der Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG zu
unterliegen.
Zusammenfassend
lässt sich sagen, dass sich trotz einiger formaler Änderungen in Richtlinien
und Antragsformular und maßgeblichen Änderungen in der Anwendungspraxis der
Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG durch das BDA auf Metallsuchen durch
interessierte Laien (siehe z.B. BDA 2020) in seiner Handhabungspraxis der
Grabungsgenehmigungspflicht im Hinblick auf professionelle archäologische
Feldforschungen nichts Maßgebliches geändert zu haben scheint. Wo
professionelle ArchäologInnen Feldforschungsmaßnahmen planen, bei deren
Durchführung sie mit der Entdeckung von archäologischen Funden und Befunden
rechnen, scheinen sie weiterhin einer Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG
zu bedürfen.
Wann braucht man eine Grabungsgenehmigung?
Aber stimmt
das auch? Braucht man wirklich, wenn man an einer Stelle archäologische
Tätigkeiten durchführen will, an der man aufgrund konkreter Hinweise auf deren
dortiges Vorhandensein mit der Entdeckung archäologischer Hinterlassenschaften
rechnet bzw. rechnen muss, eine Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG? Oder
genügt die bloße Tatsache, dass man bei geplanten Nachforschungen an einem
bestimmten Ort wahrscheinlich archäologische Funde und/oder Befunde entdecken
wird, weil an diesem bekanntermaßen archäologische Hinterlassenschaften im
Boden vorkommen, für sich alleine betrachtet noch nicht für die Auslösung der
gesetzlichen Grabungsgenehmigungspflicht?
Die
letztgenannte Frage ist keineswegs an den Haaren herbeigezogen: die Bestimmung
des § 11 Abs. 1 DMSG spricht schließlich von Grabungen und sonstigen
Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zweck der Entdeckung von Denkmalen; nicht
von Grabungen und sonstigen Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zweck der
Entdeckung von archäologischen Hinterlassenschaften. Das ist ein maßgeblicher
Unterschied, denn – wie ich nicht zuletzt hier schon deutlich dargestellt habe
(Karl 2018c; 2019b) – es ist keineswegs jeder archäologische Fund
und auch keineswegs jeder archäologische Befund ein Denkmal, dessen Erhaltung
aufgrund seiner besonderen Bedeutung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Die
Schutzbestimmungen des DMSG sind aber grundsätzlich nur auf Denkmale anzuwenden,
deren Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist, weswegen es
auch für die Anwendung des § 11 Abs., 1 DMSG zwingend erforderliche
Voraussetzung ist, dass ein denkmalschutzrelevantes Denkmal vorliegt
(vgl. dazu sinngemäß auch VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, Rn 18), nicht nur irgendwelche –
eben gerade nicht denkmalschutzrelevanten – beliebigen Sachen (inklusive
nicht denkmalschutzwürdiger archäologischer Überreste).
Schon aus
dem Gesetzeswortlaut allein ergibt sich daher, dass es höchstwahrscheinlich für
die Auslösung der Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG nicht ausreicht,
dass an einem bestimmten Ort, an dem eine Person Grabungen oder sonstige
Nachforschungen durchführen möchte, bekanntermaßen archäologische
Hinterlassenschaften unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche vorkommen. Vielmehr
ist es weitaus wahrscheinlicher, dass vom Nachforschungen Planenden ex ante
nicht nur zu beurteilen ist, ob am geplanten Ort der Untersuchung
(wahrscheinlich) archäologische Überreste vorkommen, sondern auch, ob den
(wahrscheinlich) dort vorkommenden archäologischen Überresten auch derartige
Bedeutung zukommt, dass ihre Erhaltung (wenigstens wahrscheinlich) tatsächlich
im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Dass dem
tatsächlich so ist, ergibt sich auch aus der ebenfalls seit 2018 vorliegenden
Judikatur zu ebendieser Frage.
LVwG-ST vom 22.1.2018, 30.37-3312/2015-44
Das
Erkenntnis des VwGH vom 23.2.2017, Ro 2016/09/0008 erging in einem Fall, in dem es um
die Anlage eines Grabungsschnittes in einer prähistorischen
Kupferbergbau-Abraumhalde zum Zweck der Entnahme von Bodenproben für
naturwissenschaftliche Untersuchungen ging. Diese hatte der Durchführende ohne
Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG durchgeführt, weil er davon
ausgegangen war, dass eine derartige Genehmigung für seine Nachforschungen
nicht erforderlich sei. Das BDA hatte hingegen, nachdem es Kenntnis des Falls
erlangte, Strafanzeige gegen den Forscher bei der örtlich zuständigen
Bezirkshauptmannschaft [BH] Liezen erstattet.
Gegen die daraufhin
durch die BH Liezen (16.10.2015, GZ: BHLI-15.1-1733/2015) über ihn verhängte
Geldstrafe wegen Verletzung des § 11 Abs. 1 DMSG in Höhe von € 1.000 (bzw. 3
Tage Ersatzfreiheitsstrafe bei Uneinbringlichkeit) erhob der Beschuldigte
erfolgreich Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Steiermark [LVwG-ST], das
die Strafe in erster Linie deshalb aufhob, weil es den Untersuchungsgegenstand,
die prähistorische Abraumhalde, für eine natürliche Ablagerung und daher
grundsätzlich nicht denkmalschutzfähig hielt (LVwG 29.7.2016,
30.37-3312/2015-16). Gegen dieses Erkenntnis erhob die BH Liezen
Revisionsrekurs an den VwGH, dem der VwGH (23.2.2017, Ro 2016/09/0008) im wesentlichen stattgab und den
Fall zur neuerlichen Entscheidung unter Beachtung der Rechtsansicht des VwGH,
dass eine prähistorische Bergbau-Abraumhalde eine von Menschen geschaffene Bodenformation
sei, der Denkmalcharakter iSd § 1 Abs. 1-2 DMSG zukommen könne und daher zu
ermitteln sei, ob es sich bei der Halde tatsächlich um ein Denkmal handle, an
das LVwG-ST zurück verwies.
Das LVwG
prüfte daher im wiederaufgenommenen Verfahren sowohl die Rechtsfrage, ob es
sich bei den vom Beschuldigten angestellten Grabungen in der Halde um eine
genehmigungspflichtige Nachforschung iSd § 11 Abs. 1 DMSG gehandelt hat, als
auch die Rechtsfrage, ob es sich bei der Halde um ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1-2
DMSG handle, auf welches die Bestimmungen des DMSG Anwendung finden könnten.
Dabei kam es abschließend zum Erkenntnis, dass es sich bei den Nachforschungen des
Beschuldigten nicht um genehmigungspflichtige Nachforschungen iSd § 11 Abs. 1
DMSG gehandelt habe, weil dieser weder die Entdeckung noch die Untersuchung eines
Denkmals bezweckt habe; und dass die Halde selbst – auch wenn sie hypothetisch
als menschengeschaffene Bodenformation ein solches gewesen hätte sein können –
nicht von ausreichender geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger
kulturelle Bedeutung sei, um ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1-2 DMSG zu sein (LVwG-ST
22.1.2018, 30.37-3312/2015-44, 11-9). Es hob daher neuerlich das
Straferkenntnis der BH Liezen (16.10.2015, GZ: BHLI-15.1-1733/2015) auf und
stellte das Verfahren gegen den Beschuldigten aufgrund Fehlens einer strafbaren
Verwaltungsübertretung ein. Nachdem keine weiteren grundlegenden Rechtsfragen
zu klären waren und das Erkenntnis des LVwG-ST auf Basis des einschlägigen
Erkenntnisses des VwGH (23.2.2017, Ro 2016/09/0008) gefunden war, wurde die
ordentliche Revision nicht zugelassen. Nachdem auch keine außerordentliche
Revision beantragt wurde, ist das Erkenntnis rechtskräftig.
Ich würde interessierten
LeserInnen empfehlen, sich das Erkenntnis ganz durchzulesen. An dieser Stelle
werde ich nur seine beide wesentlichen Elemente, die Frage nach dem Zweck der
Nachforschungen und die nach dem Denkmalcharakter der Halde, noch etwas genauer
betrachten.
Der Zweck der Nachforschungen des zu Unrecht Beschuldigten
Interessant
ist zuerst, dass vom zu Unrecht Beschuldigten zu keiner Zeit bestritten wurde,
dass er mit Einwilligung des Grundeigentümers zu Nachforschungszwecken durch
Anlage eines Grabungsschnitts von eineinhalb Schaufelbreiten (ca. 40 cm) und
bis zu 50 cm Tiefe in die Substanz der betroffenen Halde eingedrungen sei. Nach
Säuberung des dadurch erzeugten Profils seien die angetroffenen Bodenhorizonte
mit Hilfe eines Maßbandes dokumentiert und anschließend von unterhalb der
Humusschicht und rezentem Schieferschutt aus dem aus lehmigen Feinsediment
bestehenden Haldenkörper insgesamt drei Proben gestochen worden. Unmittelbar
anschließend sei der Schnitt wieder verfüllt worden. Ebenso wurde vom
Beschwerdeführer nicht bestritten, dass er für die derartige Probenentnahme
keine Genehmigung des Bundesdenkmalamtes gem. § 11 Abs. 1 DMSG eingeholt hatte.
Vielmehr
bestritt der Beschuldigte, dass es sich bei seinen Nachforschungen um solche
zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung von Denkmalen handle. Er führte dazu
schon in seiner ursprünglichen Bescheidbeschwerde aus, dass im Bereich der
betroffenen Halde ‚seit dem Beginn ihrer Erforschung vor 70 Jahren keine
Bodendenkmale (zB Werkzeuge wie Kupferbeile) gefunden worden‘ (LVwG-ST 22.1.2018, 30.37-3312/2015-44, 4) seien und daher dort auch
weiterhin nicht mit deren Entdeckung zu rechnen sei. Die zur Probenentnahme
durchgeführte Grabung sei aus rein naturwissenschaftlichen Zwecken erfolgt und
entspreche methodisch der Standardvorgehensweise der montanistischen
Haldenforschung. Derartige ‚naturwissenschaftliche Haldenforschung werde
seit Jahrzehnten ohne denkmalschutzrechtliche Genehmigung ungehindert
durchgeführt‘ (LVwG-ST 22.1.2018, 30.37-3312/2015-44, 4) und unterliege keiner
denkmalrechtlichen Bewilligungspflicht.
Der
Beschuldigte gab des weiteren an, dass die Grabung im Rahmen eines
Vorbereitungsprojekts für die Anlage eines Lehrwegs ‚Der Kupferweg von [R]
nach [J]‘ im Beisein und entsprechend der Empfehlungen eines emeritierten
Universitätsprofessors für Urgeschichte und ehemaligen Montanarchäologen
durchgeführt worden sei. Die entnommenen Proben seien dann im Institut für Geochemie in Leoben von einem
dort tätigen Universitätsprofessor analysiert und die Ergebnisse dieser
Untersuchung bei der vom Beschuldigten geleiteten Tagung ‚Vom Kupfererz zum
Kupferbeil‘ am 26.07.2015 in- und ausländischen Montanhistorikern
vorgestellt worden. Die aus den Proben gezogenen Schlüsse seien inzwischen auch
publiziert. Auch dem sachverständigen Gutachten eines vom LVwG-ST beigezogenen Montanisten
zufolge ließe sich aus Untersuchungen von Bergbauhalden bzw. deren
Haldeninhalten sehr gut auf die zugehörige Lagerstätte schließen, weniger
jedoch auf die Art der dazugehörigen Bergbautätigkeit, und noch weniger auf
frühere Kultur. Aus bergbaugeschichtlicher Sicht könne daher aus einer Halde
nur abgeleitet werden, dass es im unmittelbaren Umfeld Bergbau- und
Aufbereitungsaktivitäten gegeben habe; über die Bergbau- und
Aufbereitungsaktivitäten selbst hingegen praktisch nichts. Der Zweck der
Beprobung wäre also ein rein naturwissenschaftlicher zum Zwecke der Lagerstättenforschung
gewesen, nicht die Entdeckung und Untersuchung von Denkmalen.
Es war also
im konkreten Fall durchaus erkenntlich und auch offen eingestandenermaßen der
Zweck der Forschungen, Erkenntnisse über den prähistorischen Kupferbergbau zu
gewinnen; etwas, was jeder professionelle Archäologe zweifelsfrei als
‚archäologische‘ bzw. ‚urgeschichtliche‘ Forschung betrachten würde. Dennoch
beabsichtigte der Beschuldigte subjektiv nicht die Untersuchung eines Denkmals,
sondern er betrieb Lagerstättenforschung mit naturwissenschaftlichen
Forschungsmethoden. Für die Verwendung der einschlägigen
naturwissenschaftlichen Forschungsmethoden ist die Beprobung der Halde
erforderlich gewesen, die Probenentnahme erfolgte dabei mit der dafür empfohlenen
naturwissenschaftlichen Beprobungsmethode, der Grabung eines Profilschnittes
durch den Untersuchungsgegenstand, die Halde.
§ 11 Abs. 1
DMSG unterwirft nun aber nicht die naturwissenschaftliche bzw. montanistische
Forschung einer denkmalrechtlichen Genehmigungspflicht. Ganz im Gegenteil, wie
den Regierungsvorlagen zu den letzten beiden DMSG-Novellen ganz eindeutig
entnommen werden kann, dienen die Bestimmungen des § 11 DMSG der Regelung des archäologischen
Grabungswesens. Dass es darum geht, ergibt sich einerseits aus der Erläuterung,
dass die Regelungen des § 11 DMSG ganz allgemein zur Bestimmung einer ‚für
die Wissenschaft notwendig geregelte[n] Vorgangsweise bei der
Durchführung der Grabungen, der Durchführung der Meldungen usw.‘ (RV 1990, 20) dienen; und andererseits daraus, dass die
Erteilung der Bewilligung vom Abschluss eines einschlägigen
Universitätsstudiums abhängig gemacht wird. Bezüglich letzterem ist dabei zu
bedenken: ‚“Einschlägige” Universitätsstudien sind Studien der Archäologie
sowie der Ur- und Frühgeschichte, soweit es sich um Studien handelt, bei denen
zugleich praktische Ausgrabungstätigkeit Pflichtfach ist‘ (RV 1999, 54). Nachdem die Montanistik nicht als
einschlägiges Universitätsstudium genannt wird, ebenso wenig wie die
Paläontologie und einige andere naturwissenschaftliche Universitätsstudien, in
denen die Quellengewinnung ebenfalls (wenigstens teilweise) durch Ausgrabungen
und die Entnahme von Bodenproben erfolgt, ergibt sich zwingend, dass der
Gesetzgeber nicht die naturwissenschaftliche, sondern nur die archäologische
Feldforschung einer Genehmigungspflicht unterwerfen wollte.
Natürlich
kann man hier jetzt sagen: das ist doch offensichtlicher Unfug, weil eine
naturwissenschaftliche Grabung vielleicht anders dokumentiert wird als eine
archäologische Grabung, aber beide mit den exakt gleichen Methoden das exakt gleiche
Loch in den Boden machen, wo sie stattfinden und daher dort allfällig
vorkommende Denkmale gleichermaßen zerstören. Was uns zum Problem mit den
Denkmalen zurückbringt.
Der (fehlende) Denkmalcharakter einer prähistorischen Bergbau-Abraumhalde
§ 4 Abs. 1
DMSG verbietet die Zerstörung sowie jedwede Veränderung eines gem. §§ 2, 2a, 3
bzw. (zeitweilig) gem. § 9 Abs. 3 DMSG geschützten Denkmals ohne Vorliegen der
dafür erforderlichen Genehmigung des BDA gem. § 5 Abs. 1 DMSG. Das bedeutet,
dass selbstverständlich auch naturwissenschaftliche Ausgrabungen von
geschützten Denkmalen ohne denkmalrechtliche Bewilligung des BDA gesetzlich
verboten sind. Bei allen anderen Bodenflächen, unabhängig davon, ob sie
archäologische Fundstellen beinhalten, von dort archäologische Funde bekannt
sind, oder nichts dergleichen von ihnen bekannt ist, ist das hingegen nicht der
Fall: was nicht gem. §§ 2, 2a, 3 bzw. (zeitweilig) gem. § 9 Abs. 3 DMSG unter
Denkmalschutz steht, das ist auch nicht geschützt. Vielmehr ist die Verfügung
des Eigentümers über sein nicht unter Denkmalschutz stehenden Grundstück und
alle seine Bestandteile – und zu denen gehören rechtlich gesehen wenigstens
auch alle im Boden des Grundstücks befindlichen unbeweglichen archäologischen
Überreste – denkmalrechtlich nicht beschränkt. Der Eigentümer eines nicht
denkmalgeschützten Grundstückes darf also mit ihm tun und lassen, was er
möchte, inklusive beliebigen Dritten die Durchführung von Grabungen zum Zwecke
der Entnahme beliebiger Bodenbestandteile gestatten.
Die einzige
Ausnahme von dieser Regel, dass der Eigentümer mit seinem nicht
denkmalgeschützten Grundstück machen darf, was er will, ist die, dass er selbst
oder ein von ihm dazu ermächtigter Dritter subjektiv ein Denkmal auf seinem
Grundstück entdecken möchte und sich auf diesem auch tatsächlich bekanntermaßen
oder vorhersehbarerweise ein Denkmal befindet, dessen Erhaltung im öffentlichen
Interesse gelegen ist. In diesem Fall wird nämlich der subjektive
Anknüpfungstatbestand des § 11 Abs. 1 DMSG erfüllt und seine Anwendbarkeit ist
auch objektiv gegeben, weil ein Denkmal, dessen Vorhandensein die Voraussetzung
der Anwendbarkeit aller Schutzbestimmungen des DMSG ist, tatsächlich vorhanden
ist (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, Rn 17-18).
Ist das
zweite Element nicht gegeben, greift die Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1
DMSG nämlich unter keinen Umständen. Ist an der Stelle, an der eine Grabung
oder sonstige Nachforschung durchgeführt wird, nämlich gar kein Denkmal
vorhanden, an dessen Erhaltung tatsächlich ein öffentliches Interesse besteht,
hätte das BDA spätestens im Rahmen seiner gem. § 37 Abs. 8 in Strafverfahren gem. § 37 Abs. 1-4 DMSG einzuholenden
Stellungnahme (erforderlichenfalls bescheidmäßig) festzustellen, dass an der
Erhaltung dort befindlicher Sachen kein öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2
DMSG besteht. Das muss zwingend die Einstellung des bereits laufenden
Strafverfahrens gem. § 37 Abs. 6 DMSG nach sich ziehen: Ziel des
Denkmalschutzgesetzes ist nicht der Schutz beliebiger Sachen, sondern die
Bewahrung geschützter Denkmale vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins
Ausland (§ 1 Abs. 1 DMSG). Damit ist, wenn am Ort einer tatsächlich
durchgeführten Nachforschung tatsächlich kein Denkmal ist, auch gleichgültig,
ob der dort eine Nachforschung Durchführende eine Genehmigung des BDA gem. § 11
Abs. 1 DMSG beantragt und erteilt bekommen hat oder nicht, weil er kann nicht
dafür bestraft werden, dass er dort, wo man keine Denkmale finden kann, weil
dort keine Denkmale sind, nach Denkmalen, die dort gar nicht sind, gesucht hat.
Es war
daher auch im konkreten Fall vor dem LVwG-ST von entscheidungswesentlicher
Bedeutung, ob die prähistorische Bergbau-Abraumhalde ein Denkmal ist, dessen
Erhaltung iSd § 1 Abs. 1-2 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen ist oder
nicht. Denn liegt die Erhaltung dieser Halde nicht im öffentlichen Interesse,
dann braucht man für ihre Zerstörung – und zwar aus egal welchen Gründen und
für egal welche Zwecke – keinesfalls eine denkmalrechtliche Genehmigung, egal
ob man damit die Entdeckung eines Denkmals bezweckt oder nicht.
Im
konkreten Fall hatte das BDA sowohl in der Strafanzeige als auch in
Stellungnahmen in den folgenden Berufungs- und Revisionsverfahren jeweils
behauptet, dass es sich bei der betroffenen Abraumhalde um ein ‚Bodendenkmal‘
handle, dessen Untersuchung durch Grabungen und sonstige Nachforschungen an Ort
und Stelle daher den Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG unterläge. Wie
allerdings das LVwG-ST (22.1.2018, 30.37-3312/2015-44, 11-2) mit aller Deutlichkeit
feststellt, handelt es sich dabei um nicht mehr als völlig unsubstantiierte
Behauptungen, dass ‚Halden künstlich errichtete Bodenformationen‘ seien,
‚denen geschichtliche und kulturelle Bedeutung zukommen könne, da sie
Aussagen über Abbau- und Verhüttungstätigkeiten früherer Zeiten zuließen und
sowohl häufig Ziel montanarchäologischer Untersuchungen gewesen seien und seien
als auch unter Denkmalschutz stünden‘. Das BDA hat jedoch – obwohl es
wiederholt zum Verfahren Stellung genommen hat – weder ein einschlägiges
Fachgutachten vorgelegt, in dem konkrete Gründe für die Schutzwürdigkeit der
konkret betroffenen Halde auf wissenschaftlichem Niveau ausgeführt worden wären.
Noch hat es unabhängig vom Strafverfahren irgendwelche konkreten Handlungen
gesetzt, aus denen gefolgert werden könnte, dass das BDA selbst an die
Schutzwürdigkeit der konkret betroffenen Halde geglaubt hätte. Es hat vielmehr
– obwohl es spätestens Februar 2015 auf den Fall aufmerksam wurde – bis zum rechtskräftigen
Ende des Verfahrens (und übrigens auch seither nicht) kein Unterschutzstellungsverfahren
bezüglich der betroffenen Halde eingeleitet, geschweige denn sie rechtskräftig
gem. § 3 Abs. 1 DMSG unter Denkmalschutz gestellt; und die von Gericht
befragten VertreterInnen des BDA gaben nicht einmal an, dass die Einleitung
eines solchen Verfahrens vom BDA beabsichtigt würde bzw. warum ihm ein solches
aussichtsreich erscheinen würde.
Dementgegen
hatte der vom Gericht bestellte Montanist festgestellt, dass derartige Halden
sehr häufig seien, kulturgeschichtlich wenig aussagekräftig, und regelmäßig
montanistisch beprobt würden. Das BDA sprach diesem Gutachter zwar – mit der
Begründung er sei kein Montanarchäologe – den notwendigen Sachverstand ab, das
Gericht war davon aber in Anbetracht der Tatsache, dass er im Jahr 1998 für die
gesamte Bergbaukunde, wozu auch Bergbaukunde, Bergtechnik, Bergwirtschaft und
Geschichte des Bergbaus gehören, habilitiert worden war, nicht besonders
beeindruckt (LVwG-ST 22.1.2018, 30.37-3312/2015-44, 9-10).
In
Anbetracht der konkreten Beweislage blieb damit dem LVwG-ST letztendlich gar
nichts anderes übrig, als zum Schluss zu kommen, dass es sich bei der
betroffenen Halde nicht um ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG handelt, dessen
Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Damit war auch klar, dass die
Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG für Nachforschungen zum Zwecke des
naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns auf dieser Halde nicht bestand,
obwohl zweifelsfrei und unbestrittenermaßen Grabungen an Ort und Stelle
durchgeführt worden waren und die Halde auch zweifelsfrei eine archäologische
Fundstelle darstellt.
Genehmigungsfrei erlaubte wissenschaftliche Forschungsgrabungen
Bei der vom
im konkreten Fall zu Unrecht Beschuldigten durchgeführten Grabung in der
betroffenen prähistorischen Bergbau-Abraumhalde hat es sich also um eine wissenschaftliche
Forschungsgrabung in einer (auch dem sie Durchführenden) als prähistorische,
von Menschen künstlich geschaffene Bodenformation bekannten archäologischen
Ablagerung gehandelt. Es wurde eine archäologische Fundstelle mit invasiver
Methodik an Ort und Stelle wissenschaftlich untersucht, wenn auch nicht mit
einer kulturgeschichtlich-archäologischen, sondern einer lagerstättenkundlichen
Fragestellung, die aber wiederum für die Geschichte des Bergbaus und somit erst
recht für die prähistorische Forschung von wissenschaftlichem Interesse ist.
Eine Genehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG war dafür allerdings nicht erforderlich,
weil der die Grabung Durchführende weder die Entdeckung noch die Untersuchung
von Denkmalen unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche bezweckt hat noch damit
rechnen musste, durch seine Grabungen die Entdeckung von Denkmalen unter der
Erd- bzw. Wasseroberfläche herbeizuführen, weil es sich beim
Untersuchungsgegenstand um kein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG gehandelt hat. Und
das DMSG schützt nun einmal nur Denkmale, nicht irgendwelche beliebigen Sachen
wie nicht denkmalschutzwürdige archäologische Ablagerungen, egal ob das BDA
diese fälschlich als Bodendenkmale bezeichnet oder nicht.
Daraus
sollte man nun eigentlich ableiten können, dass im Bereich der archäologischen
Feldforschung das Gleiche gilt: steht eine archäologische Fundstelle (noch)
nicht unter Denkmalschutz, ist sie nicht als Denkmal geschützt und daher ihre
Erforschung zu archäologischen Zwecken ebenso genehmigungsfrei erlaubt wie ihre
Erforschung zu naturwissenschaftlichen Zwecken oder ihre willkürliche
Zerstörung oder Veränderung zu beliebigen anderen Zwecken. Schließlich besteht
rechtlich kein Unterschied zwischen archäologischer und naturwissenschaftlicher
Forschung; und sachlich kein Unterschied zwischen der dabei verwendeten
Datengewinnungsmethode, der ‚Veränderung der Erdoberfläche bzw. des Grundes
unter Wasser (Grabung)‘ (§ 1 Abs. 1 DMSG) zur Freilegung, Dokumentation und
Bergung von im Boden befindlichen Ablagerungen zum Zweck ihrer wissenschaftlichen
Untersuchung und Interpretation.
Der absurde archäologische Denkmalschutz in Österreich
Die
Anwendungspraxis des BDA, wie sie in den Richtlinien (BDA 2018, 6-20) und im oben beschriebenen neuen Feld
auf den Antragsformularen für § 11 Abs. 1 DMSG-Bewilligungen dargestellt wird, ist
jedoch eine andere: das BDA besteht darauf, dass jede archäologische Feldforschungsmaßnahme,
die es in den Richtlinien als ‚genehmigungspflichtig‘ bezeichnet (BDA 2018, 10-20), einer Grabungsgenehmigung bedarf, wenn
am Ort der Durchführung irgendwelche Hinweise für das dortige Vorkommen
beliebiger archäologischer Überreste sprechen; und zwar völlig unabhängig
davon, ob die betreffende Fundstelle unter Denkmalschutz steht oder nicht. Dies
findet auch Bestätigung in der Tatsache, dass es Strafanzeige erstattet, wenn
z.B. nicht invasive, geophysikalische Prospektionen auf seit langem bekannten,
aber nicht denkmalgeschützten Fundstellen ohne seine Bewilligung gem. § 11 Abs.
1 DMSG durchgeführt werden (BH Baden 30.6.2020, GZ: BNS2-V-19 72636/2).
Das führt
allerdings aus archäologisch-denkmalpflegerischer Sicht zu einer vollkommen
absurden Situation.
Denn in
Österreich wäre es damit nach in der Praxis zum Ausdruck gebrachter Rechtsansicht
des BDA jeder beliebigen Person gesetzlich frei erlaubt, eine in der
Fundstellendatenbank des BDA und/oder anderen fachlichen Archiven registrierte
und/oder in wissenschaftlicher Literatur publizierte und/oder durch
Fundmeldungen gem. § 8 DMSG bekannte aber nicht gem. §§ 2, 2a, 3 bzw.
(zeitweilig) gem. § 9 Abs. 3 DMSG geschützte archäologische Fundstelle
- willkürlich vorsätzlich zu zerstören,
- willkürlich vorsätzlich zu verändern,
- willkürlich vorsätzlich zu nicht archäologischen Forschungszwecken mittels nicht invasiver als auch invasiver Methoden (Grabungen) zu entdecken und zu untersuchen,
- in ihr enthaltene bewegliche Kleinfunde, denen nicht als Einzelobjekt Denkmalcharakter iSd § 1 Abs. 1-2 DMSG zukommt, ins Ausland zu verbringen, oder
- in jeder beliebigen anderen nicht gesetzlich verbotenen Weise zu behandeln,
ohne dafür einer denkmalrechtlichen
Bewilligung zu bedürfen.
Gesetzlich
verboten wäre es
nach Rechtsansicht des BDA hingegen, jedwede in der Fundstellendatenbank
des BDA und/oder anderen fachlichen Archiven registrierte und/oder in
wissenschaftlicher Literatur publizierte und/oder durch Fundmeldungen gem. § 8
DMSG bekannte aber nicht gem. §§ 2, 2a, 3 bzw. (zeitweilig) gem. § 9
Abs. 3 DMSG geschützte archäologische Fundstelle durch
- fundstellenverändernde (invasive) Forschungshandlungen (Grabungen) oder
- zerstörungsfreie (nicht invasive) Forschungshandlungen (Prospektionen)
ohne
denkmalrechtliche Bewilligung des BDA mit archäologischem Erkenntniszweck zu entdecken und zu
untersuchen.
Man darf also
in Österreich gemäß der Anwendungspraxis des § 11 Abs. 1 DMSG durch das BDA mit
nicht denkmalgeschützten archäologischen Fundstellen ohne jedwede
denkmalrechtliche Bewilligung alles machen, was man will und ihr Eigentümer
gestattet, außer sie zu archäologischen Forschungszwecken entdecken und erforschen.
Gleichheit
vor dem Gesetz besteht übrigens auch bei denkmalgeschützten archäologischen Fundstellen
nicht, sondern die gleiche Disparität lässt sich feststellen: bedarf der
Grundeigentümer zur willkürlichen Zerstörung oder Veränderung ebenso wie der
Naturwissenschafter zur invasiven wissenschaftlichen Untersuchung eines
geschützten archäologischen Denkmals nur einer Bewilligung des BDA gem. § 5
Abs. 1 DMSG, brauchen graduierte ArchäologInnen zur invasiven archäologischen
Untersuchung desselben geschützten Denkmals zusätzlich dazu auch eine
Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 DMSG. Warum es zum Erreichen des dabei unerreichbaren
gesetzlichen Schutzziels des DMSG der in Wirkung, Erscheinung und Substanz unveränderten
Erhaltung der Denkmale bei ihrer mit invasiven Methoden erfolgenden
archäologischen wissenschaftlichen Erforschung zwei verschiedene Arten
gesetzlicher Zerstörungs- bzw. Veränderungsbewilligungen braucht, bei der mit
denselben invasiven Methoden erfolgenden naturwissenschaftlichen Erforschung
hingegen nur eine, ist ebenfalls nicht ganz einsichtig.
Unklar ist
auch, welchen Sinn es haben soll und welchen legitimen Zweck der Gesetzgeber
(angeblich) damit verfolgt, dass er zwar nicht die Zerstörung, Veränderung oder
invasive naturwissenschaftliche Untersuchung nicht denkmalgeschützter
archäologischer Fundstellen, sehr wohl jedoch ihre wissenschaftliche Untersuchung
z.B. mit gänzlich zerstörungsfreien archäologischen Prospektionsmethoden einer
denkmalrechtlichen Genehmigungspflicht unterwirft. Überhaupt ist nicht ganz
einsichtig, weshalb der Gesetzgeber überhaupt die archäologische Untersuchung
von Sachen, die gar keine Denkmale sind, einer denkmalrechtlichen
Genehmigungspflicht unterworfen hat und welchen legitimen Zweck er damit
verfolgt haben könnte.
In gewissem
Sinn haben wir also hier ein interessantes rechtliches Paradoxon vor uns: Sachen,
an deren Erhaltung kein öffentliches Interesse besteht und die daher auch nicht
als Denkmal geschützt sind, werden durch ein Denkmalschutzgesetz vor gerade der
Art von Erforschung geschützt, für die ebendieses Denkmalschutzgesetz
geschützte Denkmale zu erhalten versucht. Kann der Gesetzgeber gemeint haben,
dass man geschützte archäologische Denkmale für die wissenschaftliche
Erforschung mit archäologischen Methoden schützen muss, alle anderen
archäologischen Sachen hingegen vor ihrer Erforschung mit archäologischen
Methoden, weil diese Sachen ja sonst für die naturwissenschaftliche Forschung
oder die willkürliche Zerstörung durch ihren Eigentümer verloren gehen könnten?
Illegaler Unsinn
Natürlich
ist das alles Unsinn: der Gesetzgeber hat schließlich in aller Eindeutigkeit
festgestellt, welches Ziel er mit den Bestimmungen des DMSG verfolgt: er will
Denkmale von derartiger geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger
kultureller Bedeutung in Wirkung, Erscheinung und Substanz unverändert
erhalten, wenn dies aufgrund dieser Bedeutung im öffentlichen Interesse gelegen
ist (§ 1 Abs. 1 DMSG). Um dieses Ziel auch tatsächlich erreichen zu können, hat
er ein Gesetz geschaffen, das ‚ dem Bundesdenkmalamt zugleich ausreichende
Ermächtigungen ebenso verleiht, wie ausreichende Grenzen zu setzen vermag,
wobei diese Grenzen sowohl Grenzen der Rechte als auch Grenzen der der
Denkmalschutzbehörde auferlegten Pflichten bedeuten‘ (RV 1999, 30). Ein ganz wesentlicher Teil dieser
Grenzziehung war es dabei, dem BDA aufgrund der ihm nur in beschränktem Ausmaß zugeteilten
Ressourcen aufzutragen, sich auf den Schutz jener Anzahl von Denkmalen zu
beschränken, der ‚vom Fachlichen her erforderlich ist und vom
Administrativen her bewältigt werden kann‘ (RV 1999, 39). Klar ist, dass das BDA die Denkmale, an
deren Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht, aus der Masse aller gewöhnlichen
Sachen auszuwählen hat (RV 1999, 32-4, 38-9; Karl 2018c). Bezüglich der von ihm
ausgewählten, besonderen Denkmale hat es dann rechtlich durch Unterschutzstellung
gem. §§ 2a bzw. 3 DMSG die Verfügungsgewalt ihrer Eigentümer – insbesondere
durch die Überwachung der Einhaltung der Verbote der §§ 4, 6, 7 und 16 DMSG –
zu beschränken und somit diese geschützten Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG vor
Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland zu bewahren, d.h. zu erhalten.
Davon, dass
das BDA mittels der Bestimmungen des DMSG auch gewöhnliche Sachen schützen
sollte, an deren Erhaltung gar kein öffentliches Interesse besteht, ist
hingegen nicht die Rede. Und daran ändern auch die gesetzlichen Bestimmungen
der §§ 8-9 DMSG betreffend zufälliger Funde von Bodendenkmalen (iSd § 8 Abs. 1
DMSG) und jene das Vorgehen bei wissenschaftlichen Ausgrabungen von
archäologischen Denkmalen (iSd § 1 Abs. 1 DMSG) betreffenden des § 11 DMSG nichts.
Denn die
Bestimmungen der §§ 8-9 DMSG dienen ausschließlich dem Zweck, unter der Erd-
bzw. Wasseroberfläche entdeckte und daher bis dahin gänzlich unbekannte oder
wenigstens unzureichend bekannte Gegenstände, die offenkundig – d.h. für
jedermann unschwer und unmittelbar erkennbar (Karl 2018d; Karl 2019b, 147-53) – von derartiger Bedeutung
zu sein scheinen, dass sie aller Voraussicht nach denkmalschutzwürdig sind, dem
BDA zur denkmalfachlichen Beurteilung vorgelegt werden, ehe sie zerstört bzw.
verändert werden. Diese hat das BDA, sobald es Kenntnis von ihnen erhält, binnen
6 Wochen entweder – sofern ihre Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse
gelegen ist – per Bescheid (d.h. gem. § 3 Abs. 1 DMSG) zeitlich unbefristet
unter Denkmalschutz zu stellen oder stellt – wenn es sie nicht per Bescheid schützt
– automatisch gem. § 9 Abs. 3 DMSG 2. Satz fest, dass an ihrer fortgesetzten
Erhaltung ein öffentliches Interesse tatsächlich nicht besteht. Im ersten Fall
wird damit aus dem Bodendenkmal ein gem. § 3 Abs. 1 DMSG geschütztes Denkmal
iSd § 1 Abs. 1 DMSG; im zweiten Fall war es hingegen immer eine ganz
gewöhnliche Sache, auf die die Bestimmungen des DMSG nicht anzuwenden sind,
weil sie kein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG ist.
Die
zeitweilige Unterschutzstellung von Bodendenkmalen kraft gesetzlicher Vermutung
des § 9 Abs. 3 DMSG dient also ausschließlich dem Zweck, dem BDA zu
ermöglichen, binnen gesetzlicher Frist die Entscheidung zu treffen, ob die ihm erstmals
bekannt werdende Sache im öffentlichen Interesse zu erhalten ist oder nicht;
nicht dem dauerhaften Schutz von (archäologischen) Sachen, an deren Erhaltung
gar kein öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 1 DMSG besteht. Der zeitweilige
gesetzliche Schutz für Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG des § 9 Abs. 3 DMSG besteht
daher auch nicht bereits vor der, sondern erst ab dem Zeitpunkt der Entdeckung
des Bodendenkmals bis längstens 6 Wochen, nachdem das BDA von seiner Entdeckung
Kenntnis erhalten hat.
Dass der
Gesetzgeber Nachforschungen zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung zum
Zeitpunkt ihrer Durchführung denkmalrechtlich nicht geschützter Sachen den
Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG unterwerfen wollte, scheidet hingegen
zwingend deshalb aus, weil er damit in verfassungswidriger Weise intentional in
die Wissenschaftsfreiheit des Art. 17 StGG eingreifen würde, ohne dass ein
verfassungsgesetzlich gleichrangig geschütztes Rechtsgut vorliegt, das durch
die unbeschränkte Ausübung der Wissenschaftsfreiheit (ernsthaft) gefährdet
würde (Berka 1999, 344-6): gem. Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG ist nämlich nur der
Denkmalschutz in Gesetzgebung und Vollziehung Aufgabe des Bundes und somit ein
verfassungsgesetzlich geschütztes Rechtsgut; nicht der Schutz archäologischer
Funde und Befunde, denen kein Denkmalcharakter zukommt. Darum hat auch das
LVwG-ST (22.1.2018, 30.37-3312/2015-44) die Untersuchung der Halde im oben
besprochenen Fall durch eine zweifellos Forschungszwecken dienende Grabung als
nicht der Genehmigungspflicht dieses Paragrafen unterliegend beurteilt: es gab
am Ort der Grabung kein Denkmal, daher bestand auch keine denkmalrechtliche
Grabungsgenehmigungspflicht. Gilt dies für Nachforschungen durch Grabungen zu naturwissenschaftlichen
Forschungszwecken, muss dasselbe aufgrund des allgemeinen
Gleichheitsgrundsatzes der Bundesverfassung (Art. 7 B-VG; Art. 2 StGG; Berka
1999, 503-5) auch für Grabungen zu archäologischen Forschungszwecken gelten;
andernfalls würde der Gesetzgeber verbotenerweise sachlich unbegründet zwischen
‚naturwissenschaftlicher bergbaugeschichtlicher‘ Forschung einerseits und
‚archäologischer‘ Forschung andererseits unterscheiden.
Aus
rechtlicher Sicht war und ist es in Österreich also schon seit Inkrafttreten seiner
Erstfassung im Jahre 1923 so, dass die denkmalrechtliche
Grabungsgenehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG ausschließlich auf die
Ausgrabung und sonstige Nachforschungen zum Zweck der Erforschung archäologischer
Fundstellen anwendbar ist, die rechtskräftig unter Denkmalschutz stehen bzw.
bezüglich derer bekanntermaßen ein Unterschutzstellungsverfahren am Laufen ist.
Diese Genehmigungspflicht hat das BDA nur nun schon seit Jahrzehnten in
systematischer und zunehmend massiver Überschreitung seiner rechtlichen Kompetenzen
auf alle ‚Nachforschungen‘ nach ‚archäologischen Sachen‘ auszudehnen versucht,
egal ob diesen ausreichende Bedeutung für das Bestehen eines öffentlichen
Erhaltungsinteresses iSd § 1 Abs. 1-2 DMSG zukommt.
Diese stetig
zunehmende, illegale Ausweitung seiner Kompetenzen durch das BDA hat auch lange
Zeit funktioniert; einerseits, weil die archäologische Fachwelt Angst davor
hatte und hat, Schwierigkeiten mit das Gesetz rechtswidrig anwendenden Organen
des BDA und gegebenenfalls den Strafverfolgungsbehörden zu bekommen; und andererseits,
weil für die meisten archäologischen Ausgrabungen die freiwillige, präventive
Einholung einer Grabungsgenehmigung, auch wenn sie streng rechtlich nicht
erforderlich ist, zur Vermeidung von unnötigen Verzögerungen im Fall der
unerwarteten Entdeckung eines Bodendenkmals bei ihrer Durchführung wenigstens
bei geplanten Ausgrabungen sinnvoll ist (Karl 2019a, 8-27). Es hat daher lange Zeit
niemand das Risiko auf sich genommen, sich gegen die überschießende
Anwendungspraxis des BDA auf dem Rechtsweg zu wehren zu versuchen.
Erst in den
letzten Jahren hat das BDA nun dadurch, dass es Melde- und Arbeitseinstellungspflichten
bei der Entdeckung von unerwarteten Bodendenkmalen selbst bei gem. § 11 Abs. 1
DMSG bewilligten Grabungen – bei denen die Zerstörung und Veränderung von
Bodendenkmalen im wissenschaftlich notwendigen Rahmen durch § 11 Abs. 5 DMSG
explizit gesetzlich erlaubt ist – in Genehmigungsbescheiden und den Richtlinien
(BDA 2018, 20) vorschreibt und auch außergesetzliche
Kompetenzen über Grabungen anderer Fachwissenschaften als der Archäologie an
sich zu reißen versucht hat, den Bogen so deutlich überspannt, dass er
gebrochen ist. Erst diese extrem exzessive Überschreitung seiner Kompetenzen
durch das BDA hat dazu geführt, das der Gerichtsweg nun doch beschritten wurde,
was 2017 und 2018 zu gleich vier maßgeblichen Erkenntnissen der Berufungsgerichte
und des Höchstgerichts geführt hat (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008; BVwG 11.9.2017, W183 2168814-1/2E; 19.9.2018, W195 2197506-1/11E; LVwG-ST 22.1.2018, 30.37-3312/2015-44).
Die
scheinbar absurde Rechtslage, dass zwar die Zerstörung, Veränderung sowie auch
die Ausgrabung von bekannten, aber nicht denkmalgeschützten, archäologischen
Fundstellen zu beliebigen Zwecken außer (angeblich) ihrer archäologischen
Erforschung ohne jedwede denkmalrechtliche Genehmigung erlaubt ist; jede
Nachforschung an Ort und Stelle zum Zweck ihrer Entdeckung bzw. Untersuchung
mit archäologischer Erkenntnisabsicht hingegen (angeblich) ohne Genehmigung des
BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG verboten; resultiert nun nicht etwa aus den genannten
gerichtlichen Erkenntnissen, sondern daraus, dass das BDA versucht, wenigstens
im Bereich des archäologischen Feldforschungswesens möglichst viele der
Kompetenzen, die es sich in den letzten ca. 4 Jahrzehnten unrechtmäßig angemaßt
hat, doch irgendwie in die Zukunft zu retten. Indem es sowohl in seinen überarbeiteten
Antragsformularen als auch in seinen Richtlinien (BDA 2018, 6-20) bewusst irreführende Formulierungen
benutzt, versucht es den Eindruck zu erwecken, als ob (weiterhin) für alle mit
archäologischem Erkenntniszweck durchgeführten Feldforschungen eine Genehmigung
gem. § 11 Abs. 1 DMSG erforderlich sei, wenn vom geplanten Untersuchungsort
irgendwelche – und seien es auch noch so schwache – Hinweise auf das dortige
Vorkommen irgendwelcher archäologischen Überreste im Boden vorliegen. Damit
schützt es aber im Endeffekt nur rechtswidrigerweise archäologische Fundstellen
von für eine Unterschutzstellung als Denkmal unzureichender Bedeutung vor,
statt für ihre, sinnvolle, wissenschaftliche archäologische Erforschung.
Was das BDA eigentlich tun sollte
Das seit
wenigstens 4 Jahrzehnten fortgesetzte Fehlverhalten des BDA und sein illegaler
Versuch, die archäologische Feldforschung seiner Entscheidungshoheit zu
unterwerfen, führt letztendlich dazu, dass es die Pflichten nicht erfüllt, die
ihm der Gesetzgeber tatsächlich aufgetragen hat, sondern sich stattdessen in
die Durchsetzung von Rechten verzettelt hat, die ihm der Gesetzgeber überhaupt nicht
eingeräumt hat.
Dass sich
das BDA nicht in die freie archäologische Forschung einzumischen hat, solange
der konkrete Forschungsgegenstand, in dem es in einem konkreten Einzelfall
geht, kein Denkmal ist, an dessen Erhaltung ein öffentliches Interesse iSd § 1
Abs. 2 DMSG besteht, versteht sich schließlich eigentlich von selbst. Seine
Aufgabe ist schließlich der Schutz der Denkmale vor deren Zerstörung, nicht der
Schutz aller archäologischen Quellen vor ihrer Erforschung; auch wenn sich
seine Organe vielleicht erfolgreich, aber nichtsdestotrotz fälschlich,
eingeredet haben, dass jeder archäologische Fund und jeder Befund ein Denkmal
ist. Denn die ihnen vom Gesetzgeber übertragene Aufgabe dieser Organe ist es
nicht, sich selbst einzureden, dass – weil sie das gerne hätten – jeder archäologische
Fund und jeder Befund ein Denkmal ist, sondern durch eine ‚wissenschaftlich
überlegte Auswahl‘ (RV 1999, 39) aus der Masse aller archäologischen
Funde, Befunde und Fundstellen jene herauszuheben, die von derart besonderer
Bedeutung sind, dass ihre Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist (Karl 2018c).
Wann hat das BDA über die Denkmalschutzwürdigkeit einer Fundstelle zu entscheiden?
Dass das
BDA eine eigene Fachabteilung für Archäologie hat, hat eigentlich nur einen
einzigen Grund: die dort beschäftigten archäologischen Fachleute sind
Amtssachverständige, deren Aufgabe es ist, die wissenschaftlichen Beweismaterialien
bereitzustellen, welche das BDA als Verwaltungsbehörde braucht, um denkmalrechtlich
relevante Rechtsfragen entscheiden zu können.
Die
wichtigste Rechtsfrage, die das BDA zu entscheiden hat, ist nun aber selbstverständlich
die, ob eine bestimmte, menschengeschaffene Sache von derartig besonderer
geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ist, dass deren
Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen ist. Denn nur
die Sachen, an deren Erhaltung ein solches öffentliches Interesse besteht, sind
Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG, bezüglich derer der Staat aufgrund der ihm durch
Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG verfassungsgesetzlich übertragenen Kompetenz in die
verfassungsgesetzlich durch Art. 5 StGG gewährleistete Eigentumsgarantie
eingreifen darf. Und nur unter der Voraussetzung, dass er aufgrund seiner
Denkmalschutzkompetenz in die Eigentumsgarantie eingreifen darf, darf der Staat
eine Sache den Schutzvorschriften des DMSG unterwerfen (Berka 1999, 404-13; cf.
Bazil et al. 2015, 7). Es ist daher für das Tätigwerden des BDA von
essentieller Bedeutung, dass es zuallererst einmal feststellt, welche Sachen
Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG sind, denn alle Sachen, die keine sind, gehen es
einfach überhaupt nichts an.
Gleichzeitig
ist die Klärung genau dieser Rechtsfrage auch für Eigentümer von Sachen,
bezüglich derer ein begründeter Verdacht besteht, dass sie Denkmale iSd § 1
Abs. 1 DMSG sein könnten, von nicht zu vernachlässigender Bedeutung. Schließlich
führt die allfällig zu befürchtende Unterschutzstellung solcher Sachen zu einer
signifikanten Beschränkung der Verfügungsgewalt über diese Sache und kann somit
eine erheblichen Belastung ihres Eigentümers verursachen (Berka 1999, 407).
Kommt also der Verdacht auf, dass eine Sache ein Denkmal sein könnte, liegt es
im Interesse ihres Eigentümers, dass so rasch als möglich geklärt wird, ob sie
eines ist oder nicht.
Bei den
meisten Sachen, die Gegenstände des gewöhnlichen Rechtsverkehrs sind, ist das
zumeist kein Problem: ihre Existenz ist in der Regel (wenigstens ihrem
Eigentümer) bekannt, der auch zumeist ihre geschichtliche, künstlerische oder
sonstige kulturelle Bedeutung einigermaßen gut abschätzen kann. Zwar kann es in
seltenen Fällen, z.B. durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, dazu kommen,
dass die Bedeutung einer bekannten Sache neu beurteilt wird und sich das BDA
daher zur Einleitung eines Unterschutzstellungsverfahrens entschließt; aber das
ist die Ausnahme zur sonst geltenden Regel, dass eine in alltäglichem Gebrauch
stehende Sache kein Denkmal ist.
Maßgeblich
anders ist die Lage jedoch bei Sachen, die – ob nun durch absichtliches
Verstecken, durch langfristige Vernachlässigung oder unbeabsichtigten Verlust –
in Vergessenheit geraten sind und nun unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche
verborgen bzw. – selbst wenn noch Hinweise auf der Oberfläche auf ihre Existenz
hindeuten – für den Durchschnittsbürger nicht mehr als eigenständige Sachen
erkennbar sind; wie das bei archäologischen Funden, Befunden und Fundstellen
nahezu regelhaft der Fall ist. Denn in den meisten Fällen weiß weder ihr
rechtmäßiger Eigentümer noch sonst jemand von ihrer Existenz, geschweige denn,
dass man ihre Bedeutung abschätzen könnte: was man nicht kennt, kann man
schließlich auch nicht beurteilen. Solange man nicht einmal weiß, dass auf
einem bestimmten Grundstück eine archäologische Fundstelle ist, scheidet also
jede Anwendung denkmalrechtlicher Bestimmungen auf dieses Grundstück aus, weil
man keinen Grund zur Annahme hat, dass sich dort irgendwelche Denkmale
befinden, auch wenn sie es tatsächlich tun. Aber nicht nur das: selbst wenn
bereits bekannt ist, dass sich auf einem bestimmten Grundstück eine archäologische
Fundstelle befindet, ist das, was dieser Fundstelle ihre geschichtliche,
künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung verleiht – nämlich eben die
einzelnen beweglichen Kleinfunde, die unbeweglichen Befunde, und die
kontextuellen Beziehungen zwischen diesen, aus denen sie besteht – zumeist
immer noch mehrheitlich, wenn nicht sogar gänzlich, im Boden verborgen und
daher oft denkmalrechtlich nicht ausreichend beurteilbar.
Für den
archäologischen Denkmalschutz ist das tatsächlich ein nicht unerhebliches
Problem: solange man eine archäologische Fundstelle nicht entdeckt und
ausreichend erforscht hat, kann man sie auch nicht (nach konstitutivem Prinzip;
DGUF 2013, 2) unter Denkmalschutz stellen.
Die zuständige Denkmalbehörde kann ihre Bedeutung schließlich nicht genau genug
beurteilen, um feststellen zu können, ob diese derart beschaffen ist, dass die
Erhaltung der Fundstelle als Denkmal im öffentlichen Interesse gelegen ist, und
kann sie das nicht, kann sie sie auch nicht unter Denkmalschutz stellen.
Dieses
Problem war und ist auch dem österreichischen Gesetzgeber durchaus bewusst; und
er hat daher gesetzlich durch die Bestimmung des § 1 Abs. 5 DMSG Vorkehrung
dafür getroffen, indem er das für die Unterschutzstellung einer bereits
bekannten, aber noch nicht ausreichend erforschten archäologischen Fundstelle erforderliche
Beweismaß geringer angesetzt hat als das für die Unterschutzstellung anderer
(bereits ausreichend erforschter) Denkmale. Ist gewöhnlich für die
Unterschutzstellung eines Denkmals erforderlich, dass die Sache ein Kulturgut
ist, ‚dessen Verlust‘ tatsächlich (d.h. mit Sicherheit)
‚eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner
Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und
Verteilung bedeuten würde‘ (§ 1 Abs. 2 DMSG), genügt es ‚[w]enn eine
ausreichende Erforschung von Denkmalen – wie insbesondere bei nicht
ausgegrabenen Bodendenkmalen – noch nicht abgeschlossen ist‘ für die
Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Sache, ‚wenn
die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten auf Grund des
wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und‘
ihre ‚unversehrte Erhaltung […] andernfalls gefährdet wäre‘
(§ 1 Abs. 5 DMSG; Hervorhebung: RK). ‚Dieses geringere Beweismaß
behördlicher Überzeugung richtet sich danach, ob bei verständiger Würdigung
aller glaubhaft gemachten Umstände die Beweisanzeichen „mehr für als gegen“
das Vorhandensein verborgener Denkmale sprechen (VwGH 21.4.1994, 93/09/0386; VwGH 18.12.2012, 2010/09/0175).‘ (Bazil et al. 2015, 24-5: Hervorhebungen: wie
im Original).
Gleichzeitig
würde jedoch ab dem Zeitpunkt ihres Bekanntwerdens die Tatsache, dass sich auf
einem bestimmten Grundstück eine archäologische Fundstelle befindet, die noch
nicht hinreichend untersucht ist, um dem BDA zu gestatten, ihre geschichtliche,
künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung im Hinblick auf die
denkmalrechtliche Unterschutzstellungsfrage abschließend zu beantworten, ein
erhebliches Problem für den Eigentümer des betroffenen Grundstückes darstellen.
Denn dieser müsste nun – es liegt ja nunmehr ein begründeter Verdacht vor, dass
sich auf seinem Grundstück ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG befinden könnte – ja
stets damit rechnen, dass das BDA sein betroffenes Grundstück unter
Denkmalschutz stellt und ihn somit erheblich belasten könnte.
Mehr noch,
das BDA, wenn es Nachforschungen zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung
dieser Fundstelle ab dem Zeitpunkt ihrer Entdeckung der Bewilligungspflicht des
§ 11 Abs. 1 DMSG unterwirft, wie es das in den Richtlinien (BDA 2018, 6-20) und in seinem o.g. Antragsformular wenigstens
impliziert und auch tatsächlich in der Praxis handhabt (BH Baden 30.6.2020, GZ:
BNS2-V-19 72636/2), belastet ihn ab dem Zeitpunkt, an dem die Fundstelle auf
seinem Grundstück bekannt wird, durch eine Beschränkung seiner Verfügungsgewalt
über sein Eigentum. Denn zur Verfügungsgewalt des Eigentümers gehört
selbstverständlich auch das Recht, sein Eigentum wie es ihm gefällt archäologisch
zu untersuchen oder auszugraben zu versuchen bzw. eine solche Untersuchung bzw.
Ausgrabung auch beliebigen Dritten zu gestatten; definiert doch § 354 ABGB das subjektive
Eigentumsrecht allgemein als ‚das Befugniß, mit der Substanz und den
Nutzungen einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Andern davon
auszuschließen‘ und § 362 ABGB genauer als das Recht ‚seine Sache nach
Willkühr benützen oder unbenützt lassen; er kann sie vertilgen, ganz oder zum Theile
auf Andere übertragen, oder unbedingt sich derselben begeben, das ist, sie
verlassen‘.
Dabei ist
insbesondere das Recht auf die willkürliche Nutzung seines Grundstücks, z.B.
zur Suche nach ökonomisch wertvollen Gegenständen, von besonderer Bedeutung: schließlich
fällt das Eigentum an bei der Nutzung seines Grundstücks allfällig entdeckten
Schatzfunden iSd § 398 ABGB gem. § 399 ABGB jeweils hälftig ihrem Finder und
dem Grundeigentümer zu, bringt also im Erfolgsfall, v.a. wenn der
Grundeigentümer gleichzeitig Finder ist, bedeutenden wirtschaftlichen Nutzen
für den Grundeigentümer. Dieses Recht auf die wirtschaftlich vorteilhafte
Nutzung seines Eigentums durch den Grundeigentümer darf aber der Staat nicht
aufgrund eines bloßen Verdachts, dass sich in dessen Grundstück vielleicht (auch)
ein Denkmal befinden könnte, dauerhaft beschränken, sondern erst, wenn rechtskräftig
festgestellt wurde, dass sich dort tatsächlich ein Denkmal befindet. Es ist
daher zum Schutz der berechtigten Interessen des Grundeigentümers – die größtmöglich
zu schonen sind (VwGH 21.4.1994, 93/09/0386; 25.6.2013, 2011/09/0178; Bazil et al. 2015, 25) –
erforderlich, rasch zu entscheiden, ob die Fundstelle, die auf seinem
Grundstück entdeckt wurde, ein Denkmal ist, an dessen Erhaltung ein öffentliches
Interesse besteht, oder ob sie das nicht ist.
Auch das hat der
österreichische Gesetzgeber vorhergesehen und dafür Vorkehrung getroffen,
nämlich durch die Fundmeldepflicht des § 8 samt deren Rechtsfolgen gem. § 9
DMSG. Diese Pflicht betrifft bekanntermaßen gem. § 8 Abs. 1 DMSG alle unter der
Erd- bzw. Wasseroberfläche entdeckten ‚Gegenstände,
die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen
dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten (Bodendenkmale)‘ (cf. Karl 2018d; 2019b); wobei die
Fundmeldung entweder binnen eines Werktags ab Auffindung direkt ans BDA oder
binnen gleicher Frist an eine von mehreren anderen zulässigen Meldestellen zu
erstatten ist, wobei die alternativen Meldestellen ihrerseits gem. § 8 Abs. 1
DMSG verpflichtet sind, das BDA umgehend von der eingegangenen Fundmeldung in
Kenntnis zu setzen. Diese Fundmeldepflicht trifft gem. § 8 Abs. 2 DMSG
jedenfalls immer den Finder sowie je nach Kenntnis potentiell auch andere
Personen, die hier für uns nicht von weiterer Bedeutung sind. Die
Allgemeingültigkeit der Fundmeldepflicht ist hingegen von besonderer Bedeutung,
darauf komme ich gleich noch zurück.
Wird ein
Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG entdeckt (ob zufällig oder absichtlich spielt
dank § 9 Abs. 5 DMSG kaum eine Rolle), sind der Finder sowie gegebenenfalls
auch die weiteren in § 8 Abs. 2 genannten Personen gem. § 9 Abs. 1 DMSG dazu
verpflichtet, die Fundstelle bis zu fünf Werktage ab erfolgter Fundmeldung
unverändert zu belassen. Bewegliche Kleinfunde sind bei Gefahr ihres sonstigen
Abhandenkommens gem. § 9 Abs. 2 DMSG vom Finder entgegen der Bestimmungen des §
9 Abs. 1 DMSG in sicheren Gewahrsam zu nehmen. Die entdeckten Bodendenkmale stehen
des weiteren gem. § 9 Abs. 3 DMSG automatisch zeitweilig für bis zu 6 Wochen ab
Abgabe der Fundmeldung entsprechend aller Rechtsfolgen der Unterschutzstellung
per Bescheid gem. § 3 Abs. 1 DMSG unter Denkmalschutz. Darüber hinaus sind von
diesbezüglich Verfügungsberechtigten gem. § 9 Abs. 4 bewegliche Bodendenkmale
auf Verlangen auf bis zu 2 Jahre dem BDA zur wissenschaftlichen Untersuchung
zur Verfügung zu stellen.
Gleichzeitig
erwächst jedoch auch durch Abgabe der Fundmeldung durch eine der in § 8 Abs. 2
DMSG genannten, meldepflichtigen Personen dem BDA eine Pflicht, nämlich gem. §
9 Abs. 3 DMSG binnen 6 Wochen zu entscheiden, ‚ob diese Bodendenkmale
weiterhin den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes (in allen Fällen nach den
Rechtsfolgen für Unterschutzstellungen durch Bescheid gemäß § 3 Abs. 1)
unterliegen‘. Wie es in den Erläuterungen zur einschlägigen
Regierungsvorlage ausgedrückt wird, hat das BDA ‚innerhalb von sechs Wochen
ab Fundmeldung […] eine bescheidmäßige Feststellung zu treffen […],
ob die Gegenstände weiterhin unter Denkmalschutz stehen, andernfalls sie nicht
mehr geschützt sind‘ (RV 1990, 19-20). Lässt das BDA also diese sechswöchige
Frist ungenutzt verstreichen, stellt es unmittelbar rechtskräftig fest,
dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der entdeckten
Sache tatsächlich nicht besteht.
Kenntnis
von der Existenz einer archäologischen Fundstelle kann das BDA jedoch einzig
auf dem Weg der Fundmeldung erlangen. Denn auch dienstliche Wahrnehmungen von
Organen des BDA sind von der Fundmeldepflicht des § 8 DMSG nicht ausgenommen.
Entdeckt also ein Organ des BDA in Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben ein
Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG (ob nun im Erdboden oder am Dachboden eines
seinen Fund verheimlicht habenden Erstfinders), ist dieses Organ des BDA Finder
iSd § 8 Abs. 2 DMSG und daher – nachdem es Kenntnis vom Fund erlangt hat – zur
unmittelbaren Anzeige des Fundes an das BDA verpflichtet. Ob es dies nun durch
eine förmliche Fundmeldung mit Email an die vom BDA dafür auf seiner Webseite
angegebene Adresse, durch eine interne Aktennotiz, oder sogar nur mündlich an
den örtlich zuständigen Kollegen im Amt erledigt (wenn es nicht selbst das zuständige
Organ sein sollte), spielt dabei keine Rolle, weil es keine Formvorschriften
gibt, die bei Fundmeldungen gem. § 8 Abs. 1 DMSG eingehalten werden müssen.
Damit
beginnt die Entscheidungsfrist des § 9 Abs. 3 DMSG für jede Fundstelle, die dem
BDA bekannt wird, mit der ersten diesbezüglich beim BDA eingegangenen
Fundmeldung zu laufen; ob diese Fundmeldung nun durch Dritte oder durch Organe
des BDA selbst erstattet wurde. Das BDA hat also von dieser ersten Fundmeldung
an sechs Wochen Zeit, um sachdienliche Ermittlungen anzustellen, deren
Ergebnisse es ihm ermöglichen, die geschichtliche, künstlerische oder sonstige
kulturelle Bedeutung dieser Fundstelle in Hinblick auf die Frage zu beurteilen,
ob die Fundstelle – im Sinne des § 1 Abs. 5 DMSG wenigstens wahrscheinlich –
den in § 1 Abs. 2 DMSG genannten Kriterien für das Bestehen eines öffentlichen Interesses
an ihrer Erhaltung iSd § 1 Abs. 1 DMSG entspricht. Ist das der Fall, hat das
BDA einen dementsprechenden Bescheid zu erlassen, gegen den – wie gegen jeden
anderen Unterschutzstellungsbescheid – Rechtsmittel zulässig sind, die
allerdings keine aufschiebende Wirkung entfalten. Ist es hingegen der Fall,
dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der Fundstelle nicht besteht,
hat das BDA dies entweder bescheidmäßig festzustellen oder kann die Frist
einfach verstreichen lassen, ohne irgendwie tätig zu werden, weil beides die
gleichen Rechtsfolgen nach sich zieht: die Fundstelle ist dann nicht mehr
geschützt.
Und es ist
tatsächlich stets die ganze Fundstelle, über deren Unterschutzstellung das BDA in
diesem Fall binnen 6 Wochen zu entscheiden hat, nicht nur etwa die konkreten
Fundgegenstände, die am Fundort entdeckt wurden. Denn nicht nur ist eine
archäologische Fundstelle nichts anderes als die Stelle, an der archäologische
Funde entdeckt werden können – etwas, was selbstverständlich auch die Abteilung
für Archäologie des BDA sehr wohl weiß – und damit jede Fundstelle, von der
auch nur ein Fund eines möglichen Bodendenkmals bekannt geworden ist, dem BDA
durch Fundmeldung iSd § 8 Abs. 1 DMSG bekannt geworden.
Sondern es
ist auch – was für die hier besprochene Materie weit bedeutender ist – die
Fundstelle als Ganzes als die primär (potentiell) denkmalschutzrelevante,
zusammenhängende Sache zu betrachten, über deren Denkmalschutzwürdigkeit das
BDA binnen der Sechswochenfrist des § 9 Abs. 3 DMSG zu entscheiden hat. Als
Fundstelle zusammengehörende archäologische Funde und Befunde gelten nämlich
entweder als ‚Mehrheiten unbeweglicher oder beweglicher Denkmale, die
bereits von ihrer ursprünglichen oder späteren Planung und/oder Ausführung her
als im Zusammenhang stehend hergestellt wurden (wie Schloss-, Hof- oder
Hausanlagen mit Haupt- und Nebengebäuden aller Art, einheitlich gestaltete
zusammengehörende Möbelgarnituren usw.)‘ iSd § 1 Abs. 3 DMSG als
Einzeldenkmale, inklusive der mit ihnen ‚in unmittelbarer Verbindung
stehenden (anschließenden) befestigten oder in anderer Weise architektonisch
mit einbezogenen Freiflächen‘. Oder sie sind, wie das bei mehrphasigen,
nicht kontinuierlich benutzten Fundstellen der Fall sein kann, Gruppen von
Gegenständen, die ‚wegen ihres geschichtlichen, künstlerischen oder
sonstigen kulturellen Zusammenhanges einschließlich ihrer Lage ein Ganzes
bilden‘, d.h. ein Ensemble iSd § 1 Abs. 3 DMSG.
Nachdem
grundsätzlich der ganze, die gesetzlich geforderte Bedeutung habende,
Gegenstand unter Denkmalschutz zu stellen ist (VwGH 1.7.1998, 96/09/0216), hat das BDA daher binnen 6 Wochen
ab dem Eingang einer Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG zu prüfen, ob an der
Erhaltung der ganzen, ihm dadurch (erstmals) bekannt gewordenen, Fundstelle ein
öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG tatsächlich oder iSd § 1 Abs. 5 DMSG
wenigstens wahrscheinlich besteht und, sofern dies der Fall ist, die Fundstelle
als Ganzes gem. § 3 Abs. 1 DMSG per Bescheid unter Denkmalschutz zu stellen. Das
ist unabhängig davon der Fall, ob der konkrete (bewegliche oder unbewegliche) Fundgegenstand,
durch den das BDA von der Existenz der Fundstelle Kenntnis erlangt hat, als
abtrennbarer Bestandteil der Fundstelle von hinreichender Bedeutung für eine
eigenständige Teilunterschutzstellung (Bazil et al. 2015, 25-7) bzw. auch für
sich alleine betrachtet (z.B. als künstlerisch wertvoller beweglicher
Fundgegenstand) von hinreichender Bedeutung für eine Unterschutzstellung als
Einzeldenkmal ist. Diese Möglichkeiten schließen sich schließlich nicht
gegenseitig aus, sondern sind gleichzeitig nebeneinander zulässig (Bazil et al.
2015, 21).
Sofern die
eingegangene Fundmeldung selbst ausreichende Beweise enthält, damit das BDA
entscheiden kann, ob ‚die für die
Unterschutzstellung‘ der gesamten Fundstelle ‚erforderlichen Fakten auf Grund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes
wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale
andernfalls gefährdet wäre‘ (§ 1 Abs. 5 DMSG), z.B. durch (vorhersehbarerweise
wahrscheinlich darauf stattfindende) Metallsuchen (Bazil et al. 2015, 25) oder
wissenschaftliche Forschungsgrabungen auf dem betreffenden Grundstück, hat es
die ihm aufgetragene Entscheidung unmittelbar zu treffen, ohne weitere
Ermittlungen anstellen zu müssen. Enthält die eingegangene Fundmeldung hingegen
die für die Entscheidung der relevanten Rechtsfrage erforderlichen Beweise
nicht bzw. nicht in ausreichendem Maß, hat das BDA binnen der ihm gesetzlich
durch § 9 Abs. 3 DMSG eingeräumten Sechswochenfrist eigene sachdienliche
Ermittlungen anzustellen, um die für die Entscheidung erforderlichen Beweise zu
erlangen.
Zur Durchführung
dieser Ermittlungen ist das BDA durch die Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1- 3 iVm
30 Abs. 1 und 2 DMSG auch gesetzlich ermächtigt. Es darf dazu alle entdeckten
Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG in Augenschein nehmen sowie – gem. § 30 Abs.
1 DMSG auch durch Entnahme von Restaurierungsproben, die Anfertigung von
Fotoaufnahmen und die Durchführung von Grabungen – wissenschaftlich
untersuchen. Erforderlichenfalls kann es auch Dritte (wie z.B. archäologische
Dienstleistungsunternehmen) vertraglich mit der Durchführung dieser Untersuchungen
beauftragen; derartige Maßnahmen gelten dann in jedem Fall (ob vom BDA selbst
oder einem vertraglich beauftragten Dritten durchgeführt) als amtswegige
Maßnahmen (Grabungen) des BDA und bedürfen daher gem. § 11 Abs. 2 DMSG keiner Bewilligung nach dem DMSG (d.h.
auch nicht gem. § 5 Abs. 1, trotzdem die betroffenen Bodendenkmale kraft
gesetzlicher Vermutung gem. § 9 Abs. 3 DMSG unter Denkmalschutz stehen).
Gewinnt das
BDA durch die binnen der ihm durch § 9 Abs. 3 DMSG eingeräumten
Sechswochenfrist von ihm selbst oder durch von ihm beauftragte Dritte
durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen des ihm (erstmals) bekannt
gewordenen Bodendenkmals ausreichende Beweise, um die Rechtsfrage, ob die
Erhaltung der betreffenden archäologischen Fundstelle als Denkmal iSd § 1 Abs.
1 bzw. 5 DMSG (wenigstens
wahrscheinlich) im öffentlichen Interesse gelegen ist, positiv entscheiden zu
können, hat es diese gem. §§ 9 Abs. 3 iVm 3 Abs. 1 DMSG per Bescheid unter
Denkmalschutz zu stellen. Das vormalige Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG, d.h.
die archäologische Fundstelle in ihrer Gesamtheit (bzw. im Falle einer
Teilunterschutzstellung iSd § 1 Abs. 8 DMSG die denkmalschutzwürdigen Teile der
Fundstelle) wird durch eine derartige bescheidmäßige Unterschutzstellung zu
einem Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG, das wie jedes andere derartige Denkmal den
Schutzbestimmungen des DMSG vollständig unterworfen ist.
Reichen
hingegen die durch diese wissenschaftlichen Untersuchungen ermittelten Beweise
nicht dafür aus, die relevante Rechtsfrage positiv zu beurteilen, hat das BDA
entweder durch Feststellungsbescheid gem. § 9 Abs. 3 zu entscheiden; oder
dadurch, dass es die Frist ohne Erlassung eines Unterschutzstellungsbescheids
bzw. gänzlich ungenutzt verstreichen lässt, unmittelbar rechtskräftig
entschieden; dass an der Erhaltung der betreffenden archäologischen Fundstelle
ein öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG tatsächlich nicht besteht. In
diesem Fall wird das vormalige Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG, d.h. die
betroffene archäologische Fundstelle in ihrer Gesamtheit, im rechtlichen Sinn
zu einer ganz gewöhnlichen (archäologischen) Sache, die eben gerade kein
Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG ist und auf die daher auch keine der Bestimmungen
des DMSG anwendbar ist. Eine Verlängerung dieser Sechswochenfrist für eine
Entscheidung auf bestimmte oder gar unbestimmte Zeit ist weder vorgesehen noch
möglich.
Prägnant
zusammengefasst lautet also die Antwort auf die in der Überschrift dieses
Kapitels gestellte Frage, wann das BDA über die Denkmalschutzwürdigkeit einer
archäologischen Fundstelle zu entscheiden hat: spätestens sechs Wochen
nachdem das BDA erstmals Kenntnis von ihr erlangt hat. Entscheidet es
binnen dieser Frist nicht, hat der Gesetzgeber per gesetzlicher
Fristsetzungsbestimmung gem. § 9 Abs. 3 DMSG entschieden, dass die betreffende
Fundstelle dann in ihrer Gesamtheit nicht mehr den Bestimmungen des DMSG
unterliegt; und zwar auch nicht der Grabungsgenehmigungsbestimmung des § 11
Abs. 1 DMSG. Die Fundstelle ist dann nämlich nicht länger ein Denkmal – auch
kein ‚Bodendenkmal‘ iSd § 8 Abs. 1 DMSG – und daher auch durch das DMSG ‚nicht
mehr geschützt‘ (RV 1990, 19-20).
Aber was ist, wenn das BDA sich irrt oder nicht genug Kapazität hat?
Nun mag der
archäologisch gebildete Leser an dieser Stelle vielleicht einwerfen wollen:
aber es können ja trotzdem in der Fundstelle noch zahllose weiterhin völlig
oder wenigstens weitgehend unbekannte Kleinfunde, Befunde oder Kontexte
vorkommen, die ihrerseits allein für sich selbst oder als Ensemble von
derartiger Bedeutung sein könnten, dass ihre Erhaltung im öffentlichen
Interesse gelegen ist. Ja sogar die Fundstelle in ihrer Gesamtheit kann von
solcher Bedeutung sein, dass ihre Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG tatsächlich im
öffentlichen Interesse gelegen ist: schließlich kann sich das BDA bei seiner
Beurteilung der Denkmalwürdigkeit der Fundstelle geirrt haben; oder kann
einfach nicht genug Kapazität gehabt haben, um binnen der gesetzlichen
Sechswochenfrist so vollständige Ermittlungen durchzuführen, um ausreichende
Beweise für die tatsächlich erforderliche Unterschutzstellung der Fundstelle
als Denkmal zusammenzutragen. Dieser Einwurf ist auch völlig berechtigt, denn
das BDA kann es schließlich sogar gänzlich unterlassen haben, ob nun aus
Kapazitätsgründen oder auch nur aus bloßer Schlamperei, auch nur irgendwelche
der erforderlichen Ermittlungen anzustellen, die es eigentlich durchzuführen
gehabt hätte.
Aus der
Tatsache, dass das BDA die Fundstelle nicht binnen 6 Wochen ab Abgabe der
ersten diesbezüglichen Fundmeldung bescheidmäßig gem. § 3 Abs. 1 DMSG unter
Denkmalschutz gestellt hat ergibt sich daher auch nicht zwingend, dass an ihrer
Erhaltung kein öffentliches Interesse besteht. Es ergibt sich nur
rechtsverbindlich, weil das BDA eben gesetzlich verpflichtet ist, die Entscheidung
über ihre Denkmalschutzwürdigkeit binnen dieser 6 Wochen zu treffen; mit der
Rechtsfolge dass, wenn es sie nicht binnen dieser Frist trifft, die Fundstelle
nicht mehr durch das DMSG geschützt ist.
Kommt das
BDA also zu späterer Zeit zur Überzeugung, dass es sich ursprünglich geirrt,
das damals zuständige Organ geschlampt, oder es zur Zeit seiner Entscheidungspflicht
nicht genügend Kapazität zur Durchführung der für eine allfällige
Unterschutzstellung erforderlichen Untersuchungen hatte, kann es immer noch
jederzeit die notwendigen Ermittlungen anstellen, die erforderlich sind, um die
Frage, ob es sich bei dieser Fundstelle nicht doch um ein Denkmal iSd § 1 Abs.
1 DMSG handelt, aufgrund neu gewonnener zusätzlicher Erkenntnisse über ihre
geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung neu zu
beurteilen. § 30 Abs. 1 und 2 DMSG ermächtigen
das BDA schließlich zu jeder Zeit, die zur Auffindung, Verzeichnung und Bewahrung von Denkmalen erforderlichen
Ermittlungen anzustellen und dafür auch die notwendigen Feldforschungsmaßnahmen
durchzuführen oder bei Dritten in Auftrag zu geben. Werden durch diese
Ermittlungen oder auch durch weitere, neu eingehende Fundmeldungen neue Fakten
bezüglich der (fälschlich unmittelbar nach ihrer erstmaligen Entdeckung) nicht
denkmalgeschützten Fundstelle bekannt, die eine Neubewertung ihrer
Denkmalwürdigkeit ausreichend begründen können, kann das BDA jederzeit ein
normales Unterschutzstellungsverfahren gem. § 3 Abs. 1 DMSG durchführen und die
neu beurteilte Fundstelle somit, wenn ein öffentliches Interesse an ihrer
Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 tatsächlich oder iSd § 1 Abs. 5 DMSG wenigstens
wahrscheinlich besteht, wie jede andere bekannte Sache auch als Denkmal iSd § 1
Abs. 1 DMSG schützen. Ein Unterschutzstellungsverfahren kann schließlich
bezüglich jeder bekannten Sache (Fundstück, Ensemble, Gebäude, etc.) jederzeit
angestoßen werden, es muss sich dabei nicht um eine 'neue' bisher unentdeckte
Sache handeln. Einzig die Möglichkeit zur beschleunigten Unterschutzstellung der
Fundstelle in ihrer Gesamtheit gem. § 9 Abs. 3 steht dem BDA in diesem Fall
nicht mehr zur Verfügung.
Auch hindert die
Unterlassung der Unterschutzstellung der Fundstelle beliebige Dritte nicht,
durch eigene wissenschaftliche oder auch nicht wissenschaftliche Untersuchungen
der Fundstelle, sei es mit nicht invasiven Methoden oder durch Grabungen,
neues, zusätzliches Beweismaterial dafür zu sammeln, dass der Fundstelle doch
die gesetzlich geforderte Bedeutung iSd § 1 Abs. 2 DMSG zukommt. Denn nachdem
es sich bei der Fundstelle ja amtlich rechtsverbindlich festgestelltermaßen um
gar kein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG handelt, sind auch die Bestimmungen des §
11 Abs. 1 DMSG auf Nachforschungen zum Zwecke der Untersuchung dieser
Fundstelle nicht anwendbar und daher auch wissenschaftliche Forschungsgrabungen
auf dieser Fundstelle genehmigungsfrei erlaubt (siehe sinngemäß LVwG-ST 22.1.2018, 30.37-3312/2015-44). Entdeckt der Forscher dabei unter
der Erd- bzw. Wasseroberfläche dem BDA bislang unbekannte bewegliche oder
unbewegliche ‚Gegenstände, die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit
offenkundig den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten‘
und daher iSd § 8 Abs. 1 DMSG Bodendenkmale sind, ist er sogar wie jeder andere
Zufallsfinder auch dazu verpflichtet, diese dem BDA gem. § 8 DMSG zu melden und
die Rechtsfolgen des § 9 DMSG zu beachten (wenn er nicht bereits zuvor vom BDA
eine von ihm freiwillig und präventiv beantragte Genehmigung gem. § 11 Abs. 1
DMSG erteilt bekommen hat). Entdeckt er hingegen keine Sachen, die für sich als
Einzelobjekte oder Ensembles betrachtet offenkundig Denkmale iSd § 1 Abs. 1
DMSG sind, kann der Forscher immer noch die bei seinen Untersuchungen
gewonnenen Erkenntnisse durch freiwillige Übermittlung seiner Ergebnisse,
Pläne, Fotos etc. oder allfällig über seine Forschungsergebnisse verfasste
Veröffentlichungen dem BDA zur Kenntnis bringen.
Auf Basis
solcher nach der erstmaligen Entdeckung der Fundstelle eingegangenen weiteren
gesetzlich verpflichtenden oder freiwilligen Fundmeldungen kann das BDA dann
seinerseits, wenn sich in diesen hinreichende Beweise dafür finden, dass die
Fundstelle in ihrer Gesamtheit doch von derart beschaffener Bedeutung ist, dass
ihre Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen ist, ein
normales Unterschutzstellungsverfahren gem. § 3 Abs. 1 DMSG betreffend der
Fundstelle durchführen. Schließlich liegen dem BDA durch die neu gewonnenen
Erkenntnisse der Privatforscher neue Fakten über das Denkmal vor, die gegebenenfalls
eine Neubeurteilung seiner geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen
kulturellen Bedeutung sachlich zu begründen gestatten. Zwar scheidet auch hier
streng genommen ein beschleunigtes Unterschutzstellungsverfahren gem. § 9 Abs.
3 DMSG aus, wenigstens soweit die – ja bereits bekannte und rechtswirksam als
nicht schutzwürdig befundene – Fundstelle in ihrer Gesamtheit betroffen ist,
aber es ist dem BDA schließlich auch unbenommen, ein normales
Unterschutzstellungsverfahren gem. § 3 Abs. 1 innerhalb kurzer Zeit (sogar
weniger als 6 Wochen) durchzuführen, wenn die Beweislage dafür ausreichend
hochqualitativ ist.
Falls sich
das BDA also beim Unterschutzstellungsverfahren gem. § 9 Abs. 3 DMSG betreffend
einer ihm zuvor gänzlich unbekannten Fundstelle geirrt oder aus Schlampigkeit
oder Kapazitätsüberlastung die dafür vorgesehene Sechswochenfrist ungenutzt
verstreichen lassen hat, hat das beinahe keine rechtlichen Auswirkungen. Einzig
die Möglichkeit, die nunmehr bekannte Fundstelle als Ganzes in einem
beschleunigten Unterschutzstellungsverfahren gem. § 9 Abs. 3 DMSG unter
Denkmalschutz zu stellen, scheidet dadurch aus; und die Bestimmungen der §§ 4-11
DMSG sind auf die Fundstelle nicht mehr anwendbar; wobei die Anwendbarkeit der
§§ 8-9 DMSG auf ihre noch in ihrer Substanz verborgenen, zum Zeitpunkt ihrer
erstmaligen Entdeckung noch nicht ausreichend erkannten, beweglichen und
unbeweglichen Bestandteile jedoch, sofern sie offenkundig als Einzelobjekte
oder Ensembles Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG sind, ungebrochen bestehen
bleibt. Selbst wenn sich das BDA also bei seiner Erst- und auch allfällig
vorgekommenen späteren Neubeurteilungen der Fundstelle geirrt hat, ist (praktisch)
nichts verloren: es kann seinen Fehler, sobald es ihn bemerkt, problemlos
ausbessern.
Was das BDA nicht tun darf
Was das BDA hingegen
nicht tun darf (bzw. seine Organe nicht tun dürfen), ist gegenüber Dritten so zu
tun, als ob Fundstellen, bezüglich derer es bereits rechtswirksam festgestellt
hat, dass an ihrer Erhaltung – wenigstens beim derzeitigen Kenntnisstand – ein
öffentliches Interesse tatsächlich nicht besteht, dennoch weiterhin ein
Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 oder gar ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG wären, das
irgendwelchen denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen unterworfen ist. Denn das
BDA weiß, dass an der Erhaltung einer ihm bekannten, aber von ihm nicht binnen
6 Wochen ab ihrer erstmaligen Entdeckung (oder seither) bescheidmäßig gem. § 9
Abs. 3 (bzw. § 3 Abs. 1) DMSG unter Denkmalschutz gestellten Fundstelle rechtswirksam
festgestelltermaßen kein öffentliches Interesse besteht: schließlich hat es das
Fehlen dieses öffentlichen Erhaltungsinteresses selbst im Rahmen eines ihm
gesetzlich verpflichtend aufgetragenen Beurteilungsverfahren festgestellt.
Damit weiß das BDA aber notwendigerweise auch, dass die Bestimmungen des DMSG
auf derartige bekannte, aber aufgrund des fehlenden öffentlichen
Erhaltungsinteresses nicht unter Denkmalschutz gestellte Fundstellen in ihrer
Gesamtheit nicht anwendbar sein können. Schließlich beginnt § 1 Abs. 1 DMSG
vollkommen eindeutig mit den Worten: ‚Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen
Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche
Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher
Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von
geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung
(„Denkmale“) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im
öffentlichen Interesse gelegen ist‘ (§ 1 Abs. 1 DMSG 1. Satz). Das ist
nicht kompliziert, sondern tatsächlich für jedermann, auch den ganz normalen
Durchschnittsbürger, ohne Schwierigkeiten ganz eindeutig verständlich.
Tatsächlich dürfen die
Organe des BDA das nicht einmal dann, wenn sie selbst tatsächlich ehrlich davon
überzeugt sind, dass die Bestimmungen des DMSG – wie z.B. die des § 11 Abs. 1
DMSG – auch auf Sachen anwendbar sind, bezüglicher derer bereits rechtsverbindlich
von der dafür zuständigen – nämlich der sie beschäftigenden – Behörde
festgestellt wurde, dass ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung
tatsächlich nicht besteht. Denn als mit dem Vollzug des DMSG beauftragte Organe
der zuständigen Verwaltungsbehörde trifft die – auch tatsächlich eine
denkmalrechtliche Einschulung erhalten habenden – Organe des BDA, selbst die
als archäologische Sachverständige in der Abteilung für Archäologie und nicht
als Denkmaljuristen in der Rechtsabteilung dieser Behörde tätigen, aufgrund
ihres besonderen Sachverstandes auch eine deutlich erhöhte Sorgfaltspflicht.
Selbst wenn sie es daher tatsächlich nicht wissen bzw. ehrlich nicht glauben,
dass dem so ist, hätten sie aufgrund ihrer erhöhten Sorgfaltspflicht als
Sachverständige für Denkmalschutzfragen wissen müssen, dass auf Sachen, an
deren Erhaltung amtlich festgestelltermaßen kein öffentliches Interesse
besteht, die Bestimmungen des DMSG nicht anwendbar sind. Wie gesagt: es ist
keine besonders herausragende intellektuelle Leistung, den ersten Satz des DMSG
richtig zu verstehen, sondern selbst der fachlich unausgebildete Durchschnittsbürger
ist dazu fähig. Und ideologische archäologische oder denkmalpflegerische Verblendung
ist auch kein zulässiger Entschuldigungsgrund dafür, dass man als Amtsorgan der
zu dessen Vollzug zuständigen Behörde eine kinderleicht zu verstehende Bestimmung
der Grenzen des Anwendungsbereichs des DMSG nicht versteht (bzw. eigentlich:
nicht richtig verstehen will).
Was das BDA (bzw. jedes
seiner Organe) auch nicht darf, ist aus seiner eigenen Untätigkeit eine
verquere Rechtfertigung dafür zu konstruieren zu versuchen, dass ein
Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG auch nachdem die Sechswochenfrist des § 9 Abs.
3 DMSG ungenutzt verstrichen ist, weiterhin ein Bodendenkmal sei, auf das die
Bestimmungen der §§ 8-11 DMSG zeitlich unbeschränkt anwendbar bleiben. Die
Tatsache, dass das BDA seiner Entscheidungspflicht gem. § 9 Abs. 3 DMSG in den
dafür vorgesehenen 6 Wochen nicht nachgekommen ist, bedeutet nämlich nicht
etwa, dass die denkmalrechtlich relevante Rechtsfrage irgendwie ‚unentschieden‘
geblieben ist. Vielmehr hat das BDA einfach durch seine Untätigkeit
entschieden, dass die betreffende Fundstelle kein Denkmal ist.
Das ändert sich auch
nicht dadurch, dass das BDA tatsächlich unzureichende Personalkapazitäten und/oder
nicht genug Ressourcen hat, um alle neu entdeckten Fundstelle binnen 6 Wochen
ab dem Zeitpunkt, an dem es erstmals von ihnen Kenntnis erhält, ausreichend
wissenschaftlich zu untersuchen, um ausreichend Beweise für die
Unterschutzstellung jener davon ermitteln zu können, deren Erhaltung aufgrund
der ihnen zukommenden besonderen Bedeutung iSd § 1 Abs. 5 DMSG wenigstens
wahrscheinlich iSd § 1 Abs. 2 im öffentlichen Interesse gelegen ist. Das ist aus denkmalfachlicher Sicht bitter und
ein Verwaltungsorganisationsproblem, aber aus rechtlicher Sicht völlig
gleichgültig: dass die Behörde eventuell ihrer Dienstpflicht gar nicht korrekt nachkommen
konnte, weil sie von der Regierung nicht mit genügend Personal und Sachmitteln dafür
ausgestattet wurde, um die anfallende Arbeit in der dafür gesetzlich
verfügbaren Zeit auch tatsächlich erledigen zu können, ändert nicht die automatischen
Rechtsfolgen des ungenutzten Verstreichens einer gesetzlichen
Entscheidungsfrist. Schafft es das BDA nicht, die ihm gesetzlich aufgetragenen
Aufgaben korrekt zu erledigen, weil es nicht genug Personal dafür hat, muss es sein
Ressourcenproblem lösen, um die ihn aufgetragenen Aufgaben gesetzeskonform
erledigen zu können; nicht sein (und sei es völlig unverschuldetes) Versagen,
diese Aufgaben korrekt zu erledigen, zu einem gesetzlichen Schutzinstrument
umzudeuten versuchen. Letzteres gilt natürlich umso mehr, wenn die Behörde
Ressourcen darauf verschwendet, seine Amtssachverständigen alljährlich Hunderte
von gesetzlich gar nicht erforderlichen § 11 Abs. 1 DMSG-Genehmigungen
ausstellen zu lassen, weil seine Organe sich einbilden, das ihre Hauptaufgabe nicht
etwa der Denkmalschutz, sondern die Qualitätskontrolle der wissenschaftlichen
Arbeit ihrer archäologischen FachkollegInnen ist.
Und es ändert sich
auch nicht dadurch, dass das BDA so tut, als ob die Entscheidungspflicht des §
9 Abs. 3 DMSG nicht ausgelöst würde, wenn nicht ein außenstehender Dritter
förmlich unter Nennung von § 8 Abs. 1 DMSG Fundmeldung erstattet hat, sondern
die eigenen Organe des BDA durch eigene dienstliche Wahrnehmungen, ob nun im
Feld, in facheinschlägigen Quellenarchiven, der Fachliteratur, oder durch informelle
Mitteilungen durch FachkollegInnen erstmalig Kenntnis einer ihnen zuvor
unbekannten archäologischen Fundstelle erlangt haben. Denn die Tatsache, dass §
9 Abs. 3 DMSG Bodendenkmale vom Zeitpunkt ihrer Entdeckung bis längstens ‚sechs
Wochen ab Abgabe der Fundmeldung (§ 8 Abs. 1)‘ automatisch Kraft
gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz stellt, lässt sich nicht so
interpretieren dass, wenn niemals ein außenstehender Dritter Fundmeldung gem. §
8 Abs. 1 DMSG erstattet, zwar der automatische Schutz kraft gesetzlicher
Vermutung, die Sechswochenfrist des § 9 Abs. 3 DMSG jedoch niemals, zu laufen
beginnt; bzw. nur dann so interpretieren, als ob die Sechswochenfrist nie zu
Laufen beginnen würde, wenn man fälschlich davon ausgeht, dass Organe des BDA über
dem Gesetz stehen bzw. von der Fundmeldepflicht des § 8 DMSG ausgenommen sind. Das
ist jedoch nicht der Fall, da eine Ausnahme von der Fundmeldepflicht des § 8
Abs. 1 DMSG für Organe des BDA im DMSG nicht vorgesehen ist. Erstattet also
kein außenstehender Dritter Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG, erfolgt diese iSd
§ 8 Abs. 1 DMSG in dem Augenblick, als ein Organ des BDA erstmals von der
Existenz der Fundstelle Kenntnis erlangt, womit die Entscheidungsfrist des § 9
Abs. 3 DMSG zu laufen beginnt.
Letztendlich muss das
BDA, wenn es jene archäologischen Fundstellen, die ihm bekannt geworden sind
und die es für archäologische Denkmale hält, auf die seiner Ansicht nach die
Bestimmungen des DMSG angewendet werden sollen, denkmalrechtlich schützen will,
diese Fundstellen ausreichend wissenschaftlich untersuchen (lassen) und per
Bescheid unter Denkmalschutz stellen; ob nun in einem beschleunigten
Unterschutzstellungsverfahren gem. § 9 Abs. 3 oder in einem gewöhnlichen gem. §
3 Abs. 1 DMSG. Hat es das bezüglich einer bestimmten Fundstelle nicht binnen der
Sechswochenfrist des § 9 Abs. 3 DMSG ab dem Zeitpunkt getan, an dem sie ihm
erstmals bekannt wurde, dann darf das BDA so lange keine der Bestimmungen des
DMSG auf diese Fundstelle anwenden, bis es sie in einem normalen
Unterschutzstellungsverfahren gem. § 3 Abs. 1 DMSG unter Denkmalschutz gestellt
hat.
Was das BDA also ganz
besonders nicht tun darf, wenn es die besonders bedeutenden archäologischen
Denkmale (iSd § 1 Abs. 1 und 2 DMSG) Österreichs schützen will, ist, die dafür
erforderliche Arbeit einfach nicht zu erledigen und stattdessen so zu tun, als
ob die Nichterledigung der dafür erforderlichen Arbeit irgendwie doch dazu
führt, dass die archäologischen Fundstellen, die das BDA zwar kennt, aber nicht
geschützt hat, durch das DMSG als Denkmale geschützt wären. Denn das führt
nicht nur dazu, dass die wirklich bedeutenden archäologischen Fundstellen nicht
geschützt sind (siehe auch RH 2017, 12, 41-7);
sondern auch dazu, dass das BDA die Bestimmung des Art. 18 Abs. 1 B-VG
verletzt: ‚Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze
ausgeübt werden‘.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Aus dem hier
besprochenen Erkenntnis des LVwG-ST (22.1.2018, 30.37-3312/2015-44) ergibt sich neuerlich, was ohnehin
schon jeder wusste, der des Lesens des ersten Satzes des § 1 Abs. 1 DMSG
mächtig ist: die Bestimmungen des DMSG sind ausschließlich auf jene von
Menschen geschaffenen, bedeutenden Gegenstände anwendbar, an deren Erhaltung
ein öffentliches Interesse besteht. Und wie ebenfalls schon jeder wusste, der §
1 Abs. 4 DMSG gelesen hat, wird ‚[d]as öffentliche Interesse an der
Erhaltung im Sinne des Abs. 1 (Unterschutzstellung) […] wirksam kraft
gesetzlicher Vermutung (§ 2) oder durch Verordnung des Bundesdenkmalamtes (§
2a) oder durch Bescheid des Bundesdenkmalamtes (§ 3)…‘.
Wie bereits
andernorts (Karl
2019a, 18) festgestellt, hat das zur Folge, dass die ‚(Grabung) und
sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und
Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw.
Wasseroberfläche‘ (§ 11 Abs. 1 DMSG) tatsächlich nur dann einer
denkmalrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegt, wenn bei objektiver
Betrachtung tatsächlich ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG entdeckt bzw.
untersucht wird. Dies findet auch Bestätigung durch die Vorschrift des § 37
Abs. 6 DMSG, dass auch bereits laufende Strafverfahren wegen Verstößen gegen (unter
anderem auch) die Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG einzustellen sind, wenn das
BDA feststellt, ‚dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung‘ des
betroffenen ‚Denkmals tatsächlich nicht besteht oder bestanden hat‘.
Das hat bei
jeder dem BDA bereits bekannten archäologischen Fundstelle, die es nicht binnen
der ihm dafür von § 9 Abs. 3 DMSG eingeräumten Frist von 6 Wochen ab dem
Zeitpunkt, an dem es erstmals von ihr Kenntnis erlangt hat, ‚(in allen
Fällen nach den Rechtsfolgen für Unterschutzstellungen durch Bescheid gemäß § 3
Abs. 1)‘ unter Denkmalschutz gestellt hat, zur Folge, dass eine gesetzliche
Genehmigungspflicht für Grabungen und sonstigen Nachforschungen auf dieser
Fundstelle gem. § 11 Abs. 1 DMSG nicht besteht. Nachdem es das BDA unterlassen
hat, diese Fundstelle binnen der dafür vorgesehenen gesetzlichen
Entscheidungsfrist des § 9 Abs. 3 DMSG bescheidmäßig unter Denkmalschutz zu
stellen, hat es bereits rechtswirksam festgestellt, ‚dass ein öffentliches
Interesse an der Erhaltung‘ der Fundstelle ‚tatsächlich nicht besteht
oder bestanden hat‘. Es ist daher selbstverständlich auch das BDA an diese
– seine eigene – Entscheidung gebunden, solange es nicht aufgrund neuer
Erkenntnisse über die Fundstelle eine Neubeurteilung ihrer Bedeutung vorgenommen
und als Folge davon eine von seiner früheren negativen abweichende, positive bescheidmäßige
Unterschutzstellungsentscheidung gem. § 3 Abs. 1 DMSG getroffen hat.
Während für
Grabungen und sonstige Nachforschungen auf bereits länger bekannten, aber nicht
denkmalgeschützten archäologischen Fundstellen keine denkmalrechtliche
Genehmigungspflicht besteht, ist die freiwillige, präventive Beantragung einer
Grabungsgenehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG zulässig, wenn der Antragsteller
subjektiv ernsthaft damit rechnet, dass er bei der Durchführung der von ihm
geplanten Feldforschungsmaßnahmen Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG entdecken
wird. Das BDA muss diese Genehmigung erteilen, weil ihm keine sachlichen Gründe
bekannt sein können, die gegen ihre Erteilung sprechen: schließlich ist die
Erhaltung der Fundstelle rechtsverbindlich festgestelltermaßen nicht im
öffentlichen Interesse gelegen; und darf sie aus denselben Gründen auch nicht
mit Auflagen verbinden, weil denkmalrechtliche Auflagen jedenfalls immer der im
öffentlichen Interesse gelegenen Erhaltung von denkmalschutzwürdigen Denkmalen
dienen müssen, die im konkreten Einzelfall schließlich fehlen.
Eine
derartige freiwillige Vorab-Genehmigung gestattet ihrem Inhaber, allfällig bei
der Durchführung seiner gem. § 11 Abs. 1 DMSG vorab bewilligten Forschungen
entdeckte Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG in jenem Ausmaß zu verändern oder
zu zerstören, ‚als dies durch eine wissenschaftliche Grabungsarbeit
unvermeidlich und daher notwendig ist‘ (§ 11 Abs. 5 DMSG). Die freiwillig
eingeholte Vorab-Grabungsgenehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG befreit ihren
Inhaber von den Fundmeldepflichten für Zufallsfunde des § 8 und ihren
Rechtsfolgen nach § 9 DMSG und unterwirft ihn stattdessen den Melde- und
Berichtspflichten des § 11 Abs. 3, 4 und 6 DMSG; was unnötige Verzögerungen im
Ablauf wissenschaftlicher Forschungsgrabungen zu vermeiden gestattet.
Empfehlungen für Änderungen
in den Richtlinien (BDA 2018)
Um
Missverständnisse – nicht zuletzt solche seiner eigenen Organe – zu verhindern,
sollte das BDA dringend seine Richtlinien überarbeiten und durch Änderung des
ersten Absatzes des Kapitels zur Antragstellung deutlich machen, unter welchen
Voraussetzungen welche denkmalrechtlichen Genehmigungen vor der Aufnahme
welcher archäologischer Feldforschungsmaßnahmen beantragt werden müssen bzw.
können. Z.B. könnte der folgende Textvorschlag den derzeitigen ersten
Absatz (BDA 2018, 6) ersetzen:
Genehmigungspflichtige Maßnahmen
Für die Durchführung invasiver Maßnahmen (Bodenbeprobungen, Anlage von Schurfen oder Testschnitten, Grabungen, etc.) auf Bodenflächen, die unter Denkmalschutz stehen oder bezüglich derer ein Unterschutzstellungsverfahren am Laufen ist, ist eine Genehmigung des BDA gem. §§ 5 Abs. 1 und 11 Abs. 1 DMSG verpflichtend erforderlich.
Für die Verwendung von Bodensuchgeräten (z.B. Metallsuchgerät, Magnetometer, Bodenradar, etc.) auf Bodenflächen, die unter Denkmalschutz stehen, ist eine Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 8 DMSG verpflichtend erforderlich.
Fakultativ genehmigungsfähige Maßnahmen
Für geplante invasive Maßnahmen auf Bodenflächen, die nicht unter Denkmalschutz stehen, bei denen aus nachvollziehbaren Gründen (z.B. weil sich dort bekanntermaßen eine archäologische Fundstelle befindet) die Entdeckung von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu befürchten ist, können Personen, die ein einschlägiges Universitätsstudium abgeschlossen haben, fakultativ eine Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragen und erteilt bekommen. Inhabern einer derartigen Genehmigung sind gem. § 11 Abs. 5 DMSG die Veränderung und Zerstörung bei der genehmigten Maßnahme entdeckter Bodendenkmale in dem Ausmaß gestattet, als dies bei wissenschaftlicher Grabungsarbeit unvermeidlich und notwendig ist. Anstelle der Fundmeldepflicht für Zufallsfunde des § 8 Abs. 1 DMSG (samt ihren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG) gelten für derart genehmigte Maßnahmen die Melde- und Berichtspflichten für Forschungsgrabungen gem. § 11 Abs. 3, 4 und 6 DMSG.
Funde von Bodendenkmalen bei ungenehmigten Grabungen bzw. Nachforschungen
Werden bei Grabungen oder sonstigen Nachforschungen an Ort und Stelle, die ohne Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG durchgeführt werden, Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG entdeckt, sind jedenfalls die Fundmeldepflicht des § 8 DMSG samt deren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG zu beachten.
Für die Durchführung invasiver Maßnahmen (Bodenbeprobungen, Anlage von Schurfen oder Testschnitten, Grabungen, etc.) auf Bodenflächen, die unter Denkmalschutz stehen oder bezüglich derer ein Unterschutzstellungsverfahren am Laufen ist, ist eine Genehmigung des BDA gem. §§ 5 Abs. 1 und 11 Abs. 1 DMSG verpflichtend erforderlich.
Für die Verwendung von Bodensuchgeräten (z.B. Metallsuchgerät, Magnetometer, Bodenradar, etc.) auf Bodenflächen, die unter Denkmalschutz stehen, ist eine Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 8 DMSG verpflichtend erforderlich.
Fakultativ genehmigungsfähige Maßnahmen
Für geplante invasive Maßnahmen auf Bodenflächen, die nicht unter Denkmalschutz stehen, bei denen aus nachvollziehbaren Gründen (z.B. weil sich dort bekanntermaßen eine archäologische Fundstelle befindet) die Entdeckung von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu befürchten ist, können Personen, die ein einschlägiges Universitätsstudium abgeschlossen haben, fakultativ eine Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragen und erteilt bekommen. Inhabern einer derartigen Genehmigung sind gem. § 11 Abs. 5 DMSG die Veränderung und Zerstörung bei der genehmigten Maßnahme entdeckter Bodendenkmale in dem Ausmaß gestattet, als dies bei wissenschaftlicher Grabungsarbeit unvermeidlich und notwendig ist. Anstelle der Fundmeldepflicht für Zufallsfunde des § 8 Abs. 1 DMSG (samt ihren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG) gelten für derart genehmigte Maßnahmen die Melde- und Berichtspflichten für Forschungsgrabungen gem. § 11 Abs. 3, 4 und 6 DMSG.
Funde von Bodendenkmalen bei ungenehmigten Grabungen bzw. Nachforschungen
Werden bei Grabungen oder sonstigen Nachforschungen an Ort und Stelle, die ohne Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG durchgeführt werden, Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG entdeckt, sind jedenfalls die Fundmeldepflicht des § 8 DMSG samt deren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG zu beachten.
Mit diesem
oder einem im Wesentlichen damit inhaltsgleichen einleitenden Text würde das
BDA eindeutig klar machen, unter welchen Voraussetzungen welche
denkmalrechtlichen Genehmigungen verpflichtend vor der Durchführung
archäologischer Feldforschungsmaßnahmen einzuholen sind und unter welchen
Voraussetzungen fakultativ eine Genehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG für geplante
archäologische Feldforschungsmaßnahmen beantragt werden kann. Gleichzeitig
könnten im zweiten Kapitel die überflüssigen und irreführenden Überschriften ‚2.1.1
Nicht bewilligungspflichtige Prospektionsmethoden‘ (BDA 2018, 8) und ‚2.1.2 Bewilligungspflichtige
Prospektionsmethoden‘ (BDA 2018, 10)
ersatzlos gestrichen werden.
Empfehlungen für Änderungen in den Antragsformularen
Das BDA
sollte darüber hinaus auch seine Formulare für die Beantragung von
Genehmigungen gem. § 11 DMSG maßgeblich abändern.
Derzeit
(Stand: 25.8.2020) enthalten sowohl das Formular ‚02 Prospektionskonzept‘
als auch das Formular ‚03 Grabungskonzept‘ das weiter oben beschriebene Feld,
in dem der Antragsteller Angaben zu Hinweisen auf das Vorkommen von Denkmalen
bzw. Bodendenkmalen am geplanten Untersuchungsort machen soll bzw. muss. Dies
erscheint unnötig kompliziert und verwirrend. Es wird daher empfohlen, dieses
Feld in den beiden Konzeptformularen ersatzlos zu streichen.
Stattdessen
wird empfohlen, im Formular ‚01 Antrag auf Erteilung einer Bewilligung‘ eine
dem obigen Vorschlag zur Ergänzung der Richtlinien im Wesentlichen
entsprechendes Feld hinzuzufügen, das dem Antragssteller sowohl zu
spezifizieren als auch zu begründen erlaubt, ob und warum eine verpflichtend
einzuholende Genehmigung gem. §§ 5 Abs. 1 und 11 Abs 1 DMSG; gem. § 11 Abs. 8
DMSG, oder eine fakultative Genehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragt wird.
Für diesen Zweck wäre die Überschrift dieses Formulars auf ‚Antrag auf
Erteilung einer Bewilligung‘ zu kürzen und unmittelbar danach das neue Feld
einzufügen, das etwa wie folgt gestaltet sein könnte:
[Option 1:] gem. §§ 5 Abs. 1 und 11 Abs. 1 DMSG
Begründung: Die Bodenfläche, die mittels invasiver
Feldforschungsmethoden (z.B. Bodenbeprobungen, Anlage von Schurfen oder
Testschnitten, Grabungen, etc.) untersucht werden soll, steht gem. §§ 2a oder 3
DMSG unter Denkmalschutz.
[Option 2:] gem. § 11 Abs. 8 DMSG
Begründung: Die Bodenfläche, die mittels Bodensuchgerät
(Metallsuchgerät, Magnetometer, Bodenradar, etc.) untersucht werden soll, steht
gem. §§ 2a oder 3 DMSG unter Denkmalschutz.
[Option 3:] gem. § 11 Abs. 1 DMSG
Begründung: Die Bodenfläche, die untersucht werden soll, steht
nicht gem. §§ 2a oder 3 DMSG unter Denkmalschutz, es sprechen jedoch konkrete
Hinweise dafür, dass bei ihrer Untersuchung mit invasiven Methoden die
Entdeckung von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu befürchten ist. Diese
Hinweise sind:
[Tickbox:] Auf dieser Bodenfläche befindet
sich eine durch wissenschaftliche Befunde bekannte archäologische Fundstelle,
die
[Tickbox:] in der
Fundstellendatenbank des BDA registriert ist
[Tickbox:] in einem
Verzeichnis/in einem Archiv der Fachinstitution [Name] registriert ist:
[Tickbox:] in
wissenschaftlicher Literatur publiziert ist: [Zitat]
[Tickbox:] Auf dieser
Bodenfläche ist aufgrund der im Folgenden genauer bezeichneten, bislang
unbekannten Daten (z. B. Luftbildern, LIDAR, etc.) oder neuer Interpretationen
(z. B. Topografie, predictive modelling, etc.) und der folgenden
sachverständigen Ausführungen das Vorkommen von Bodendenkmalen wahrscheinlich:
[sachverständige Ausführungen, beigefügte neue Daten, etc.]
Auch das
würde zu erhöhter Transparenz und zur Beseitigung allfällig bestehender
Verwirrungen sowohl in der antragstellenden Fachwelt als auch unter den Organen
des BDA führen, welche Genehmigungen aus welchen Gründen beantragt werden
(müssen) und welche Art von Genehmigung daher – vorausgesetzt der konkrete
Antrag ist bewilligungsfähig – ohne oder mit welchen Auflagen erteilt werden
kann bzw. muss. Dies würde gleichzeitig auch dafür sorgen, dass die Organe des
BDA, die bisher ohne Rechtsgrundlage fälschlich Genehmigungen gem. § 11 Abs. 1
DMSG für den Einsatz von Bodensuchgeräten (= Prospektionsgeräten) erteilt
haben, obwohl deren Einsatz ‚zu welchem Zweck immer‘ nur auf
denkmalgeschützten Bodenflächen bewilligungspflichtig ist, in Hinkunft dafür
rechtlich korrekt Bewilligungen gem. § 11 Abs. 8 DMSG erteilen, wo dies
tatsächlich erforderlich ist.
Damit wäre
dann einigermaßen gewährleistet, dass das BDA tatsächlich das DMSG so anwendet,
wie es der Gesetzgeber gewollt hat; statt, wie es das seit Jahrzehnten auf die
eine oder andere Weise grob rechtswidrig tut, seinen eigenen Willen
rechtswidrig durchzusetzen zu versuchen, was nur so lange funktioniert, als niemand
dagegen vor Gericht zieht – wie zuletzt mehrfach (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008; BVwG 11.9.2017, W183 2168814-1/2E; 19.9.2018, W195 2197506-1/11E; LVwG-ST 22.1.2018, 30.37-3312/2015-44) geschehen. Will das BDA die ihm gesetzlich
übertragene Aufgabe erfüllen, die Denkmale zu schützen, statt sich vor den
Gerichten zu blamieren, weil es diese nicht geschützt, sondern nur behauptet
hat, dass sie geschützt sind, sollte es sich besser darauf konzentrieren, mehr
Unterschutzstellungen vorzunehmen. Weil, wenig überraschend, ist alles, was
nicht unter Denkmalschutz gestellt wurde, auch nicht durch das
Denkmalschutzgesetz geschützt.
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Bundesdenkmalamt.
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RV 1990. Regierungsvorlage. Bundesgesetz vom
XX.XXXXX, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der
Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller
Bedeutung (Denkmalschutzgesetz) geändert wird. 1275 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XVII. GP [19/8/2020].
RV 1999. Regierungsvorlage. Bundesgesetz, mit
welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über
Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung
(Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert wird.. 1769 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XX. GP [19/8/2020].
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