Zur Entscheidungspflicht gem. § 9 Abs. 3
Denkmalschutzgesetz des Bundesdenkmalamtes binnen sechs Wochen ab Eingang von Fundmeldungen
Raimund Karl
Abstract: Die Bestimmung des § 9 Abs. 3 Denkmalschutzgesetz
(DMSG) verpflichtet das Bundesdenkmalamt (BDA), binnen sechs Wochen ab Abgabe
einer Fundmeldung über die Entdeckung eines mutmaßlichen „Bodendenkmals“
iSd § 8 Abs. 1 DMSG ein stark beschleunigtes Verwaltungsverfahren durchzuführen
und zum Abschluss zu bringen. In diesem Verfahren hat das BDA zu ermitteln, ob
dem Fund – handle es sich dabei nun um einen beweglichen Kleinfund oder eine
ganze archäologische Fundstelle – derart beschaffene geschichtliche,
künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt, dass seine Erhaltung
iSd § 1 Abs. 2 DMSG tatsächlich (oder iSd § 1 Abs.5 DMSG wenigstens
wahrscheinlich) im öffentlichen Interesse gelegen ist oder nicht. Kommt es
aufgrund seiner Ermittlungen in diesem Verfahren zum „positiven“ Schluss,
dass ein solches öffentliches Interesse an der Erhaltung dieses Denkmals
tatsächlich (oder wenigstens wahrscheinlich) besteht, hat es diese Tatsache bescheidmäßig
festzustellen und damit die dauerhafte Unterschutzstellung dieses Denkmals gem.
§ 9 Abs. 3 DMSG zu verfügen. Kommt es in diesem Verfahren hingegen zu einem „negativen“
Schluss, also zu dem Ergebnis, dass ein solches öffentliches Interesse an der
Erhaltung des betroffenen Gegenstandes tatsächlich (oder auch nur
wahrscheinlich) nicht besteht, hat es selbstverständlich auch diese Tatsache
bescheidmäßig festzustellen. Schließlich ist diese Negativfeststellung des
öffentlichen Interesses dafür erforderlich, dass der Eigentümer dieses
Gegenstandes eindeutig und mit Rechtssicherheit weiß, dass es sich dabei nicht
um ein „Denkmal“ handelt, bezüglich dessen er irgendwelche Bestimmungen
des DMSG beachten müsste, sondern um eine gewöhnliche Sache, bezüglich der
seine Eigentümerwillkür denkmalrechtlich nicht eingeschränkt ist.
Diese Verpflichtung des BDA, anlässlich der Entdeckung
eines mutmaßlichen Bodendenkmals binnen kurzer Frist (ursprünglich binnen eines
Monats, seit 1990 binnen sechs Wochen, ab dem Zeitpunkt, an dem das BDA vom
Fund Kenntnis erlangt) findet sich bereits – seither im Wesentlichen
unverändert – in der Stammfassung des DMSG vom 25. September 1923. Das BDA
erlässt auch tatsächlich – wenn auch nur sehr selten – gelegentlich positive
Feststellungsbescheide gemäß dieser Bestimmung. Negative Feststellungsbescheide
als Resultat dieses Verfahrens erteilt das BDA hingegen scheinbar nie (und zwar
soweit nachvollziehbar persistent seit 1923 nicht), in den letzten Jahrzehnten
unter Berufung auf eine gänzlich unsubstantiiert ventilierte Behauptung im
einschlägigen, vom derzeitigen Präsidenten des BDA als Hauptautor verfassten,
Gesetzeskommentar, die Frist des § 9 Abs. 3 DMSG sei „lediglich
eine Ordnungsvorschrift“, das BDA müsse sich also nicht an sie halten.
Dieser Ansicht widerspricht aber nicht nur eindeutig der Gesetzeswortlaut
(nicht nur des § 9 Abs. 3 selbst, sondern auch des § 26 Z 1 DMSG), sondern auch
der explizit ausgedrückte Wille des Gesetzgebers in den Regierungsvorlagen zu
den DMSG-Novellen von 1990 und 1999 zur bescheidmäßigen Entscheidungspflicht
des BDA in Fällen der „Unterschutzstellung kraft gesetzlicher Vermutung“.
Es handelt sich also bei dieser Behauptung, das BDA
hätte gar keine Entscheidungspflicht, sondern könne, wenn es will, binnen sechs
Wochen ab Abgabe einer Fundmeldung eine beschleunigte Unterschutzstellung eines
archäologischen Bodenfundes vornehmen, ohne eine Verpflichtung zur
Negativfeststellung des öffentlichen Interesses zu haben, um eine dummdreiste
Ausrede. Diese soll davon ablenken, dass das BDA allein in den letzten 10
Jahren in ca. 8.700 Fällen (insgesamt seit 1923 hingegen in geschätzt 40.000
Fällen) die Erfüllung seiner Dienstpflicht zur Entscheidung von Fällen des § 9
Abs. 3 DMSG verweigert und damit den Betroffenen (primär Denkmaleigentümern) –
in manchen Fällen sogar schweren wirtschaftlichen – Schaden verursacht hat.