In meinen
bisherigen Beiträgen in dieser Blogschrift[1]
habe ich mich sehr kritisch zu diversen Aspekten der archäologischen Denkmalpflegepraxis und -lehre geäußert und
insbesondere auch die Denkmalämter durchaus
harsch kritisiert. Aus gegebenem Anlass sehe ich mich nun aber auch einmal
veranlasst, einen Beitrag zu ihrer Verteidigung und insbesondere der
Verteidigung des österreichischen Bundesdenkmalamtes
(BDA) zu schreiben.
Zwar wird
auch in diesem Beitrag die staatliche archäologische Denkmalpflege
nicht geschont, weil diese Verteidigungsrede teilweise der Tatsache geschuldet
ist, dass die staatliche Denkmalpflege ihren
gesetzlichen Auftrag nicht deutlich genug kommuniziert. Dennoch: die staatliche
archäologische Denkmalpflege macht
keineswegs alles falsch, was sie tut; sondern ganz im Gegenteil das meiste
durchaus richtig, was auch gelegentlich in entsprechender Deutlichkeit festgestellt
werden muss.
Planierraupe bei der Arbeit. (Bild: Witold Grzesiek 2010, Wikimedia Commons) |
Der
konkrete Anlassfall, der mich dazu bewogen hat, diesen Beitrag zu verfassen,
ist ein bedauerlicher: ein mit mir befreundeter, österreichischer
Heimatforscher hat mir soeben über die jüngst vorgekommene Zerstörung zweier
mittelalterlicher Bodendenkmale in seinem Hauptforschungsgebiet berichtet. In diesem
Zusammenhang hat er auch bitter beklagt, dass das BDA in diesem Fall (wie auch
schon zuvor in diversen ähnlich gelagerten Fällen) nichts unternommen habe und
daran auch überhaupt kein Interesse zu haben scheine.
Versetzt
man sich in seine Position, ist diese Klage auch völlig nachvollziehbar: die
mit dem Schutz der (Boden-) Denkmale betraute Bundesbehörde scheint oft selbst
dann nicht aktiv zu werden, wenn ihr Bürger von vorgekommenen Schäden an Denkmalen
berichten, an deren Erhaltung diese Bürger ein Interesse haben. Das scheint dem
an der Denkmalerhaltung
interessierten Bürger klarerweise unverständlich; und er fragt sich dann, ob
das BDA seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben auch ordnungsgemäß erfüllt.
Dabei hat das BDA in vielen dieser Fälle seine ihm gesetzlich aufgetragenen
Aufgaben, und insbesondere eine seiner „schwierigsten
Aufgaben“ (RV 1999, 39), tatsächlich erfüllt; und es ist „nur“ der Bürger,
der das nicht richtig erkannt hat.
Wer soll eigentlich Denkmale schützen?
Es ist ein
im deutschen Sprachraum – nicht zuletzt aufgrund der jahrzehntelangen,
dementsprechenden Handhabungspraxis durch die staatlichen Denkmalschutzbehörden – ein extrem weit
verbreitetes Missverständnis, dass die Aufgabe, Denkmale
zu schützen, eine ausschließliche Aufgabe des Staates (und seiner damit
beauftragten Denkmalbehörden) sei; sogar in
den staatlichen Denkmalbehörden selbst (siehe
dazu sinngemäß auch schon Karl 2016). Tatsächlich stimmt das aber nur teilweise
bzw. nur sehr bedingt, denn eigentlich ist die Aufgabe, die besonders
bedeutenden Denkmale zum Wohl der
Allgemeinheit zu schützen, eine zwischen dem Staat und seinen Bürgern geteilte
Aufgabe. Dass es sich bei der Denkmalpflege
um eine zwischen Staat und Bürgern geteilte Aufgabe handelt, zeigt sich
insbesondere im österreichischen Denkmalrecht
besonders deutlich; sowohl in der einschlägigen verfassungsrechtlichen
Grundlage als auch im Denkmalschutzgesetz
(DMSG) selbst.
Die Aufgaben des Staates
im Bereich des Denkmalschutzes
Welcher
Teil der Aufgabe des Denkmalschutzes und der
Denkmalpflege den Staat trifft, wird dabei
durch die Kompetenznorm des Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG bestimmt. Diese
Verfassungsbestimmung legt fest, dass im Bereich Denkmalschutz
„die Gesetzgebung und die Vollziehung“
eine Sache (d.h. eine Aufgabe) des Bundes ist. Der österreichische Staat – und
zwar in diesem wiederum der Bund, nicht jedes einzelne der 9, die
Bundesrepublik Österreich konstituierenden, Länder jeweils für sich selbst –
hat also die für den Denkmalschutz
benötigten Gesetze zu erlassen und auch selbst für den Vollzug dieser Gesetze
Sorge zu tragen.
Seiner
gesetzgebenden Aufgabe ist der Staat 1923 hauptsächlich durch die Erlassung der
Erstfassung des (seitdem mehrfach novellierten) DMSG nachgekommen, das bis
heute die wichtigste gesetzliche Grundlage des Denkmalschutzes
in Österreich darstellt. Daneben gibt es auch noch einige andere relevante
Gesetze, die uns an dieser Stelle aber nicht näher beschäftigen müssen, weil
sie für diesen Beitrag weitgehend irrelevant sind.
Seiner
Vollzugsaufgabe ist der Bund hingegen durch die Einrichtung der dafür
erforderlichen Bundesbehörden nachgekommen; darunter primär – als unmittelbar
für den Denkmalschutz zuständige Behörde –
das BDA. Aber er hat auch (sekundär) diverse andere Behörden wie die Polizei,
und die Gerichte geschaffen, die ebenfalls – wenn auch nur unter gewissen
Voraussetzungen – Vollzugsaufgaben im Bereich des Denkmalschutzes
haben. Die Aufgabe dieser Behörden ist es, die einschlägigen Gesetze durchzusetzen,
d.h. ihre Einhaltung durch die Bürger zu erreichen bzw. notfalls auch mittels
staatlicher Gewaltmaßnahmen zu erzwingen.
Die Hauptaufgaben des BDA
Die
Hauptaufgabe der primären Vollzugsbehörde für den Denkmalschutz,
des BDA, ist dabei primär die Verwaltung der Denkmale;
d.h. die Anwendung der denkmalrechtlichen
Bestimmungen. Das bedeutet insbesondere, dass das BDA Nachforschungen
anzustellen hat, die dem Zweck der Ermittlung dienen, welche der unzählig
vielen Denkmale,
die es in Österreich gibt, von derart beschaffener geschichtlicher,
künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung sind, dass ihre Erhaltung
aufgrund dieser Bedeutung iSd § 1 Abs. 1 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen
ist. Diese Denkmale hat es
dann in einem der in § 1 Abs. 4 genannten Verfahren, d.h. durch einen separaten
Verwaltungsakt (nach dem sogenannten konstitutiven Prinzip; DGUF 2013) unter Denkmalschutz zu stellen. Ebenso hat es diverse
andere im Gesetz – so z.B. in §§ 5 Abs. 1, 9 Abs. 3 oder 11 Abs. 1 – genannte,
rechtsgestaltende Verfahren durchzuführen und ebenfalls durch jeweils separate
Verwaltungsakte zu entscheiden.
Zusätzlich
hat das BDA erforderlichenfalls auch – wenn ihm mutmaßliche Verstöße durch
Normunterworfene gegen das DMSG oder andere denkmalrechtliche
Bestimmungen bekannt werden – Anzeigen an die zur Strafverfolgung zuständigen Behörden
zu erstatten. Die Letztgenannten haben dann – wenn dem Täter eine
Verwaltungsübertretung oder mit strengerer gerichtlicher Strafe bedrohte Tat
nachgewiesen werden kann – den Täter entsprechend den gesetzlichen
Strafbestimmungen (hauptsächlich des § 37 DMSG bzw. des § 126 Abs. 1 Z 3 StGB)
zu bestrafen.
Die dem BDA
aufgetragenen Aufgaben sind also – wenigstens in erster Linie –
Verwaltungsaufgaben im Bereich des rechtlichen, nicht des praktischen Schutzes
von (besonders bedeutenden) Denkmalen. Was
den praktischen Schutz der Denkmale
betrifft, kann und muss das BDA eventuell gewisse Vorgaben machen, aber
eigentlich ist dieser nicht seine Aufgabe; bzw. bestenfalls nur sehr bedingt,
hauptsächlich dann, wenn „Gefahr im Verzug“ und daher unmittelbares oder
wenigstens rasches Handeln erforderlich ist.
Die Aufgaben des Bürgers
im Bereich des Denkmalschutzes
Für die
tatsächliche – d.h. die „praktische“ – Erhaltung der (besonders bedeutenden) Denkmale sind hingegen die Normunterworfenen, also
die Bürger selbst, verantwortlich; und unter diesen wiederum insbesondere eine
bestimmte Gruppe von Bürgern, nämlich jene, denen ein oder mehrere, ganz
bestimmte (besonders bedeutende) Denkmale im
eigentumsrechtlichen Sinn gehören. Zwar müssen sich selbstverständlich auch
alle anderen Bürger an die Bestimmungen des DMSG halten, aber das DMSG richtet
sich insbesondere an „Denkmaleigentümer“.
Dass es die
Denkmaleigentümer sind, die die primären
„Normadressaten“ des DMSG sind, geht schon in aller wünschenswerten
Deutlichkeit aus dem ursprünglichen Langtitel des DMSG hervor, der in der
Erstfassung dieses Gesetzes von 1923 lautete: „Bundesgesetz vom 25. September 1923, betreffend Beschränkungen in der
Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller
Bedeutung (Denkmalschutzgesetz)“ (DMSG
1923). Das DMSG bezweckte also von Beginn an primär die Beschränkung der
Verfügungsgewalt über Denkmale; und die
rechtliche Verfügungsgewalt kommt streng genommen nur dem rechtmäßigen
Eigentümer einer Sache zu.
Aufgrund
der verfassungsgesetzlichen Eigentumsgarantie des Art. 5 StGG (und des
ebenfalls in Verfassungsrang stehenden Art. 1 1. Zusatzprotokoll EMRK; Berka
1999, 399-416) darf der Staat die Verfügungsgewalt des Eigentümers einer Sache
nur dann beschränken, wenn dies aufgrund eines entsprechenden öffentlichen
Interesse erforderlich erscheint; und nur auf Basis eines entsprechenden
Gesetzes. Dabei ist laut § 354 ABGB das subjektive Eigentum die Befugnis, „mit der Substanz und den Nutzungen einer
Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Andern davon auszuschließen“.
Daraus erwächst dem vollständigen Eigentümer laut § 362 ABGB das Recht, „in der Regel seine Sache nach Willkühr
benützen oder unbenützt lassen; er kann sie vertilgen, ganz oder zum Theile auf
Andere übertragen, oder unbedingt sich derselben begeben, das ist, sie
verlassen“.
Dieses
Recht ist die „Verfügung“ ihres
Eigentümers: dieser darf eben mit ihm gehörenden Sachen tun (oder auch lassen),
was auch immer ihm gerade gefällt, d.h. sie auch nach seinem freien Belieben
verändern oder zerstören und jedenfalls auch jeden Dritten (inklusive den
Staat) von jedem Gebrauch dieser Sachen ausschließen; und der Staat darf ihn
normalerweise daran auch nicht hindern. Nur wenn ein guter Grund dafür vorliegt
– z.B. weil eben ein besonderes Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung
einer ganz bestimmten Sache besteht, die einem beliebigen Bürger gehört – darf
der Staat doch diese Verfügungsgewalt des Eigentümers auf gesetzlichem Weg
beschränken. Das ist der Punkt, an dem das DMSG ansetzt, weshalb eben die
primären Normadressaten dieses Gesetzes die Denkmaleigentümer
sind: die Personen, denen die rechtliche Verfügungsgewalt bezüglich eines oder
mehrerer besonders bedeutender Denkmale
zukommt, deren Willkür der Gesetzgeber durch die denkmalrechtlichen
Bestimmungen des DMSG beschränkt.
Einfacher
gesagt bedeutet das, dass der Staat durch das DMSG das Recht von Personen
beschränkt, mit ganz konkreten, in ihrem Eigentum stehenden Sachen, die
besonders bedeutende Denkmale sind, willkürlich
zu tun (oder zu lassen), was diesen gerade gefällt. Er beschränkt damit ihre Verfügung
über diese Denkmale, indem er ihnen mittels
des DMSG sagt, welche Verfügungen sie bezüglich in ihrem Eigentum befindlichen Denkmalen unterlassen müssen und welche sie
vorzunehmen haben (und natürlich auch, welche sie weiterhin willkürlich vornehmen
dürfen).
Damit macht
der Bundesgesetzgeber letztendlich die Denkmaleigentümer
für die praktische Erhaltung ihrer besonders bedeutenden Denkmale verantwortlich: sie dürfen diese iSd § 1
Abs. 1 DMSG nicht mehr zerstören, verändern oder ins Ausland verbringen
(wenigstens nicht ohne eine eigene Genehmigung gem. §§ 5 Abs. 1 bzw. 17 Abs. 1
durch das BDA dafür erteilt bekommen zu haben) und – und das ist wichtig – all dies
auch nicht mehr Dritten erlauben. Sie dürfen auch nicht mehr iSd § 4 Abs. 1 Z 2
unbedingt notwendige Instandhaltungsmaßnahmen in der offenbaren Absicht
unterlassen, ihr Denkmal zu zerstören und dasselbe
auch nicht mehr Dritten erlauben. Ebenso müssen sie sich an diverse weitere
Beschränkungen ihrer Verfügungsgewalt halten – so z.B. erforderliche
Besichtigungen, Grabungen, etc., durch das BDA gem. § 30 Abs. 1 erlauben – und
dürfen auch ihnen gegenüber verantwortlichen Dritten – z.B. Grundpächtern von
Bodenflächen, auf denen sich unbewegliche Denkmale
befinden – deren Missachtung nicht gestatten.
Die Denkmalerhaltungspflicht trifft in der Praxis also
eigentlich überhaupt nur den Denkmaleigentümer:
er hat dafür zu sorgen, dass sein Denkmal
erhalten bleibt. Zwar ist diese Erhaltungspflicht in Österreich nur eine
sogenannte „passive“ (Bazil et al. 2015, 7, 16)[2],
d.h. beschränkt sich auf solche Verfügungen, die nicht „über den an sich schon gegebenen Erhaltungsaufwand“ hinausgehen
(VwGH 23.5.2015, 2012/09/0108), aber sie trifft dennoch nur den Eigentümer des
konkret betroffenen Denkmals, nicht
beliebige sonstige Bürger.
Damit
bleibt als kurzer Sinn der langen Rede: die praktische Erhaltung der Denkmale ist im österreichischen Denkmalrecht nicht die Aufgabe des Staates,
sondern die des jeweils bezüglich des konkreten Denkmals
betroffenen Denkmaleigentümers; dem der
Staat dabei auch nicht – außer eventuell durch Förderungen iSd § 32 DMSG –
besonders zu Hilfe kommt, geschweige denn zu Hilfe kommen muss. Vielmehr mischt
sich der Staat nicht weiter als unbedingt notwendig in die Verfügungsgewalt des
Denkmaleigentümers bezüglich seines Denkmals ein, weder im Negativen noch im
Positiven; und darf das auch gar nicht.
Die denkmalschützerische Aufgabenteilung in
Österreich
Wir fassen
im österreichischen Denkmalrecht also eine
ganz klare und eindeutige Aufgabenteilung zwischen Staat und Bürgern im Bereich
des Denkmalschutzes: Aufgabe des Staates ist
es, die Gesetzgebung und rechtliche Verwaltung der Denkmale
zu besorgen; Aufgabe der Denkmaleigentümer
seienden Bürger ist es hingegen, die Denkmale,
die der Staat als erhaltenswert ausgewiesen hat, in der Praxis tatsächlich zu
erhalten.
Dass diese
Aufgabenteilung in der Praxis manchmal weniger eindeutig wirkt, als sie es aus
rechtlicher Sicht ist, tut dabei nichts zur Sache. Zwar mischt sich der Staat
bis zu einem gewissen Grad – insbesondere durch Gewährung von Förderungen zur Denkmalerhaltung und auch durch die selbstständige
Durchführung von unerwartet erforderlich werdenden, dringenden Maßnahmen zur
Rettung akut gefährdeter Denkmale – auch in
die praktische Denkmalpflege ein. Aber das
tut er in erster Linie, weil er sich selbst als Hüter des Allgemeinwohls nicht
völlig von der Aufgabe der „Denkmalrettung“
freistellen kann und daher – wenn der einzelne Denkmaleigentümer
selbst nicht rasch genug reagieren kann (oder will) oder nicht über die
notwendigen Mittel verfügt, um sein akut gefährdetes Denkmal
selbst „retten“ zu können – im Notfall auch selbst entgegen der normalen
Aufgabenteilung eingreifen muss.
Aber ein
solches, staatliches Eingreifen in die praktische Denkmalpflege
ist eben nur für den Ausnahmefall vorgesehen, nicht als Regel. Das schlägt sich
daher auch in der personellen und ressourcenmäßigen Aufstellung der von ihm
geschaffenen Denkmalverwaltungsbehörde BDA
nieder: das BDA beschäftigt derzeit gerade einmal 14 archäologische Fachkräfte
– und diese nicht alle in Vollzeit – für die archäologische Denkmalpflege. Dass diese nicht neben ihren
zahlreichen Verwaltungsaufgaben auch noch die gesamte „praktische Denkmalpflege“ an Ort und Stelle im Feld erledigen
können, versteht sich in Anbetracht dieser Anzahl von selbst.
Die Folgen dieser Aufgabenverteilung
Dadurch,
dass er diese Aufgabenverteilung im Bereich des Denkmalschutzes
vorgesehen hat, bürdet der Staat nun manchen seiner Bürger – eben denen, die Eigentümer
eines (besonders bedeutenden) Denkmals sind
– Beschwerungen auf, die – obgleich nur „passive“ Pflichten – eine bedeutende Last
für diese darstellen können. Denn es handelt sich bei Denkmalen
schließlich in der Regel (auch wenn es Ausnahmen davon gibt) um eher ältere
Gegenstände, deren Erhaltung im Vergleich mit ihren moderneren Gegenstücken oft
einen vergleichsweise erhöhten Aufwand verursacht; und die auch oft – aus verschiedensten
Gründen – nicht mehr uneingeschränkt zum modernen Gebrauch geeignet sind.
Gerade bei
vergleichsweise wirtschaftlich wertvollen Denkmalen
– wie z.B. einem sehr alten Haus – kann eine Verpflichtung des Eigentümers zu
seiner – auch nur „passiven“ – in Erscheinung und Substanz „unveränderten“ Erhaltung
mit bedeutenden Kosten verbunden sein. Selbst wenn der Eigentümer nur fehlende
Dachziegel oder beschädigte Fenster ersetzen muss (Bazil et al. 2015, 43):
werden die Dachziegel, mit denen das Haus gedeckt, und die Fenster, die in es
eingebaut sind, heute nicht mehr erzeugt, bedarf der Eigentümer des Hauses
ihrer Sonderanfertigung, die oft weitaus teurer ist als die allgemein
erhältlichen modernen Dachziegel oder Fenster. Auch mag die Raumaufteilung in
einem alten Haus für den modernen Gebrauch überhaupt nicht mehr geeignet sein;
und somit seine in Erscheinung und Substanz unveränderte Erhaltung jedwede für
seinen Eigentümer auch (wirtschaftlich oder sonstwie) vorteilhafte Nutzung
dieses Gebäudes unmöglich machen. Die Gründe, die dazu führen können, sind
mannigfaltig; gleichen sich aber alle darin, dass sie – selbst bei bloß
„passiver“ Erhaltung des Denkmals – in der
Regel zu Mehrkosten für dessen Eigentümer führen.
Gleichzeitig
kann der Staat auch nicht seinen Bürgern einfach per Gesetz auftragen, dass sie
alle Denkmale
– iSd § 1 Abs. 1 DMSG alle „von Menschen
geschaffene[n] unbewegliche[n] und bewegliche[n] Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender
menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter
Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger
kultureller Bedeutung“ – dauerhaft in Erscheinung und Substanz unverändert
erhalten müssen. Denn das würde nicht nur den Kern des Eigentumsrechts – mit
seinem Eigentum in der Regel willkürlich verfahren zu dürfen – weitgehend
aushöhlen, sondern wäre auch praktisch vollkommen undurchführbar: schließlich
kommt jeder von Menschen geschaffenen Sache irgendeine geschichtliche,
künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zu. Es dürfte also nichts
mehr, was von Menschen geschaffen wurde, zerstört, verändert oder ins Ausland
verbracht werden, was das moderne Leben gänzlich zum Erliegen bringen würde;
und das kann der Gesetzgeber gar nicht wollen.
Eine der „schwierigsten Aufgaben“ des BDA
Eine der
schwierigsten Aufgaben, die das BDA als staatliche Denkmalbehörde
zu erfüllen hat, ist daher die, die sowohl rechtlich als auch praktisch
notwendige Auswahl zu treffen. Dass dem so ist, hat sogar der österreichische
Gesetzgeber ganz explizit in der Regierungsvorlage zur Novelle des DMSG aus dem
Jahr 1999 zum Ausdruck gebracht:
„Das Denkmalschutzgesetz
ging von vornherein von einer klaren Beschränkung
durch wissenschaftlich überlegte Auswahl aus. Nur in dieser Beschränkung
kann der Denkmalschutz auch jene Effizienz
entfalten, deren er bei einer zu großen Anzahl von Unterschutzstellungen
verlustig gehen würde. Aus diesem Grund ist es einer der schwierigsten Aufgaben des Bundesdenkmalamtes,
jene Auswahl in jenem Umfang für die Unterschutzstellungen zu treffen, die vom Fachlichen her
erforderlich ist und vom Administrativen her bewältigt werden kann.“ (RV 1999, 39; Hervorhebung: RK).
Eine der
zentralsten und wichtigsten Verwaltungsaufgaben, die das BDA also vom
Gesetzgeber aufgetragen bekommen hat – meiner Meinung nach ist es sogar die
allerwichtigste und gleichzeitig auch die allerschwierigste –, ist es daher,
diese Unterscheidung zwischen derart besonders bedeutenden Denkmalen und bloßen gewöhnlichen Denkmalen
vorzunehmen, die für ein effektives Funktionieren des Denkmalschutzes
unabdingbar erforderlich ist. Anhand welcher Kriterien es diese Auswahl zu
treffen hat, hat der Gesetzgeber ebenfalls festgelegt, und zwar in § 1 Abs. 2
DMSG. Dieser lautet:
„Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen
Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus
überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut
handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht
hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und
Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang
durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht
werden kann.“ (§ 1
Abs. 2 DMSG; Hervorhebung: RK).
Das BDA hat
also bei der Unterschutzstellung von Denkmalen die im Zitat
hervorgehobenen Kriterien zu betrachten. Daraus folgt aber z.B. zwingend, dass
es, wenn es in einer bestimmten Region mehrere oder sogar viele grundsätzlich
gleichartige Denkmale einer bestimmten Art gibt – wie z.B. mittelalterliche
Burgställe (wie in einem der Fälle, die diesen Beitrag ausgelöst haben) – nicht
alle diese gleichartigen Denkmale unter Denkmalschutz
stellen kann. Vielmehr kann es nur jene davon unter Denkmalschutz
stellen, die wenigstens in einem, noch besser aber in mehreren der genannten
Kriterien über alle anderen gleichartigen Denkmale hinausragen. Nur
wenn ein Denkmal
z.B. eine besondere Eigenschaft (Qualität) hat, eines der wenigen oder gar das
Letzte seiner Art ist (Vielzahl), eine besondere, seltene Unterart einer
(ansonsten) häufigen Art von Denkmal ist (Vielfalt), und sei es auch nur in der
betreffenden Region, in der es sich befindet (Verbreitung) oder mit ihm etwas
anderes über die Vergangenheit erfahrbar wird als durch alle anderen
gleichartigen Denkmale (geschichtliche Dokumentation) kann es auch als Denkmal unter Schutz gestellt werden.
Die Folgen der Erfüllung dieser Aufgabe durch das BDA
Erfüllt das
BDA also die ihm vom Gesetzgeber aufgetragene Aufgabe, jene Denkmale aus der Menge aller gleichartigen Denkmale
auszuwählen, deren Bedeutung derart besonders ist, dass ihre Erhaltung deswegen
im öffentlichen Interesse gelegen ist, folgt daraus in der Regel – insbesondere
bei Denkmalen
einer Art, die in einer bestimmten Region noch vergleichsweise häufig vorkommt,
wie z.B. mittelalterliche Burgställe – dass es die überwiegende Mehrheit dieser
Denkmale
nicht unter Denkmalschutz stellen kann, darf
oder auch nur soll.
Es sind
dann aber natürlich Denkmale, deren Bedeutung nicht derart beschaffen
ist, dass ihre Erhaltung deswegen im öffentlichen Interesse gelegen ist und die
das BDA daher auch nicht unter Denkmalschutz
gestellt hat (oder auch nur stellen hätte können, wenn es das gewollt hätte),
genau das: nicht geschützt. Damit kann ihr Eigentümer dann selbstverständlich
auch im Rahmen seines Eigentumsrechts iSd §§ 354 und 362 ABGB mit ihnen machen,
was auch immer ihm gefällt, d.h. sie auch nach Belieben zerstören, verändern
oder auch (wenn sie beweglich sind) ins Ausland verbringen. Sie sind zwar Denkmale,
aber die Verfügung ihres Eigentümers über sie wird durch die Bestimmungen des
DMSG nicht beschränkt; und das BDA kann, ja darf sogar, daher auch nicht das
mindeste tun, wenn dieser Eigentümer seine Willkür derart nutzt, dass er das
betreffende Denkmal zerstört oder wenigstens stark verändert. Was eventuell
z.B. bedeutet: der mittelalterliche Burgstall, der das betroffene Denkmal
ist, wird weggebaggert oder mit schwerem Gerät einplaniert.
Die Folge
davon, dass das BDA seiner wichtigsten und schwierigsten Aufgabe vollkommen
korrekt nachkommt, ist also – so widersinnig das bei oberflächlicher
Betrachtung der Sach- und Rechtslage auch erscheinen mag – dass die meisten
Sachen, die Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG sind, nicht geschützt werden, jedenfalls
nicht durch das BDA selbst. Vielmehr ist die zwingende Folge der korrekten
Anwendungspraxis der Bestimmungen des DMSG durch das BDA, dass in der
überwältigenden Mehrheit aller Fälle Denkmaleigentümer mit ihren Denkmalen
tun und lassen dürfen, was auch immer sie wollen und daher auch, wenn sie das
tun, gelegentlich das eine oder andere Bodendenkmal, das ihr oder eines ihrer Denkmale
ist, dann auch tatsächlich willkürlich kaputt machen. Erledigt das BDA seine
wichtigste und schwierigste Aufgabe korrekt, dann führt das also dazu, dass die
meisten Denkmale
von ihren Eigentümern oder von diesen dazu ermächtigten Dritten kaputt gemacht
werden dürfen.
Das Missverständnis der Bürger
Für Bürger,
insbesondere für solche, die sich für die Erhaltung und Pflege von Denkmalen bzw. Bodendenkmalen aktiv
interessieren – ob nun generell für die aller oder auch nur eines oder mehrerer
ganz bestimmter – ist das selbstverständlich nicht erfreulich und in der
überwältigenden Mehrheit aller Fälle auch gänzlich unverständlich.
Denn zum
einen unterscheiden die Bürger – nicht einmal die interessierten, selbst wenn
sie von der denkmalrechtlich maßgeblichen Unterscheidung zwischen Denkmalen
und Denkmalen wissen (was die meisten
überhaupt nicht tun, weil sie bisher praktisch überhaupt nicht kommuniziert
wurde) – nicht aufgrund einer sachverständigen, den nationalen Gesamtkulturgüterbestand mitberücksichtigenden,
Beurteilung ihrer Bedeutung zwischen Denkmalen und Denkmalen.
Vielmehr weisen sie regelhaft subjektiv und mehr oder minder willkürlich auf
Basis ihrer persönlichen Vorlieben manchen Denkmalen eine besondere
Bedeutung zu, anderen hingegen nicht; völlig unbeachtlich der im Gesetz
genannten Kriterien für eine Unterschutzstellung von Denkmalen.
Auch sehen
Bürger – vor allem an der Erhaltung eines oder mehrerer bestimmter Denkmale
interessierte – das BDA als ihren natürlichen Verbündeten, wenigstens
anfänglich. Denn sie glauben – weil das auch von und über Denkmalämter regelhaft seit es sie gibt öffentlich
stets hauptsächlich so kommuniziert wird – dass das BDA eben genau jene Behörde
ist, die der Staat genau und ausschließlich dafür geschaffen und damit
beauftragt hat, die Denkmale zu schützen und zu erhalten. Sie gehen also davon
aus, dass das BDA sie in ihrem Anliegen, ein bestimmtes oder auch mehrere
bestimmte Denkmale zu
schützen und zu erhalten, auch mit all seinen staatlichen Machtbefugnissen
unterstützen und ihnen zur Seite stehen wird, denn das sehen sie als die
Aufgabe des BDA an.
Selbst wenn
sie wissen, dass die eigentliche Aufgabe des BDA ist, jene Denkmale, deren Erhaltung aufgrund ihrer
besonderen Bedeutung im öffentlichen Interesse gelegen ist, von allen anderen Denkmalen,
bei denen das nicht der Fall ist zu scheiden – und nur die wenigstens wissen
das – glauben sie, dass das BDA ihr Anliegen auch tatsächlich unterstützen wird
und sogar unterstützen muss. Denn sie glauben schließlich normalerweise, dass
die Denkmale, für
die sie sich selbst besonders interessieren, auch tatsächlich von derart
besonderer Bedeutung sind, dass ihre Erhaltung deswegen im öffentlichen
Interesse gelegen sein muss.
Sie selbst
finden schließlich in der Regel irgendetwas an diesen Denkmalen besonders
interessant; und sei es nur, dass sie diese für die Geschichte ihres eigenen
Heimatortes als bedeutend betrachten und sich daher ihrer Erforschung widmen
(wollen). Daher kommen sie normalerweise auch gar nicht auf die Idee, dass das
BDA das anders sehen könnte als sie; ja eventuell sogar – wenn es seine ihm
gesetzlich aufgetragenen Aufgaben korrekt erfüllen will – eventuell anders
sehen muss, weil das konkrete betroffene Denkmal eben in Hinblick auf die vom
Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 DMSG genannten Kriterien bei objektiver Betrachtung keineswegs
besonders bedeutend ist.
Sie sind
daher dann auch besonders enttäuscht, wenn sich das BDA um „ihr“ Denkmal
und dessen Schutz vor Zerstörung oder Veränderung durch dessen rechtmäßigen
Eigentümer überhaupt nicht kümmert; und sogar immer barscher auf ihr
zunehmendes Drängen reagiert, dass es doch endlich etwas zum Schutz des
betroffenen Denkmals tun müsse. Diese Enttäuschung schlägt dann oft auch
zunehmend in Zorn auf das BDA um, das aus Sicht dieser Bürger eben seine ihm
gesetzlich aufgetragene Aufgabe „für den Schutz der Denkmale zu sorgen“ nicht zu erfüllen, sondern stattdessen
unverständigen Denkmaleigentümern die Zerstörung der Denkmale nicht nur zu erlauben, sondern diese sogar noch
durch „Untätigkeit“ dabei zu fördern scheint.
Woher kommt dieses Missverständnis?
Dass dieses
Missverständnis weit verbreitet ist, ist allerdings keineswegs die alleinige
Schuld der Bürger, die sich nur nicht ausreichende Kenntnis über die Aufgaben
des BDA verschafft haben; sondern – und hiermit komme ich zur anfänglich
angekündigten Kritik an BDA (und an der archäologischen Fachwelt) –
hauptsächlich unsere Schuld.
Denn gerade
im Bereich der archäologischen Denkmalpflege
kennzeichnet sich sowohl die behördliche als auch die fachlich-archäologische
Außenkommunikation in Wort und Tat durch eine fundamentale Inkongruenz: obwohl
der Gesetzgeber dem BDA sowohl eindeutig als auch explizit als seine
hauptsächliche Aufgabe die „Beschränkung [der
geschützten Denkmale] durch wissenschaftlich überlegte Auswahl“ (RV 1999, 39)
aufgetragen hat, behaupten wir regelmäßig, dass die archäologischen
Schutzbestimmungen des DMSG dem Schutz aller Bodendenkmale dienen. Das
liegt nicht zuletzt daran, dass die archäologische Denkmalpflege,
wie ich bereits in „Ein
hinreichend bestimmter unbestimmter Rechtsbegriff?“ erläutert habe, aus
letztendlich (übrigens erkenntnislogisch unhaltbaren) erkenntnistheoretischen
Gründen den Denkmalwert von Bodendenkmalen
stets nur retrospektiv zu bestimmen können glaubt und daher einen totalen
archäologischen Denkmalschutz zu erreichen
versucht. Daher behauptet die staatliche archäologische Denkmalpflege nunmehr seit wenigstens vielen Jahrzehnten, dass
ihre Aufgabe der Schutz aller (archäologischen
bzw. Boden-) Denkmale sei und sagt nie, dass ihre Aufgabe
tatsächlich nur die Auswahl der schützenswerten
archäologischen Denkmale
ist.
Dabei
stützt sie sich einerseits auf die Judikatur der Gerichte und die juristische
Fachliteratur, insbesondere die vom Amtsjuristen verfasste Kommentarliteratur,
und deren in juristischer Fachsprache gehaltene und daher nicht
allgemeinverständliche Diktion. Diese erweckt z.B. missverständlich den
Eindruck, dass „[d]ie Zielsetzung des Denkmalschutzes […] weit über das landläufige Verständnis hinaus[gehe] und […] die Erhaltung des überkommenen Kulturgutes
schlechthin zum Inhalt“ habe (Bazil et al. 2015, 16). Dass damit aufgrund
der in § 1 Abs. 11 DMSG bestimmten sprachlichen Gleichbedeutung der Begriffe „Denkmal“ und „Kulturgut“ im österreichischen Recht selbstverständlich
iSd § 1 Abs. 1 nichts anderes gemeint ist und sein kann, als dass die Erhaltung
aller Denkmale das Ziel des Denkmalschutzes ist – nicht die Erhaltung aller Denkmale
– fällt dabei günstigerweise unter die Wahrnehmungsschwelle des
Durchschnittsbürgers (und eventuell auch vieler ArchäologInnen und sogar
staatlicher DenkmalpflegerInnen).
Andererseits
stützt sie sich auf das (schon von Hoernes 1892, 26-43 vorgegebene) fachliche
archäologische Paradigma, das jeder – jeweils für sich betrachtet nur
unscheinbaren und wenig bedeutenden – archäologischen Beobachtung (z.B. an
einem Fundgegenstand oder Befund) eine unbestimmbar große Bedeutung im (angeblich)
rein induktiven archäologischen Erkenntnisprozesses zuweist. Dadurch wird aus
fachlicher Sicht jedes „Bodendenkmal“, eine „unersetzliche Quelle[…]“
(Kriesch et al. 1997, 24) der archäologischen Forschung, deren Erhaltung iSd §
1 Abs. 1 DMSG daher im fachlichen Interesse gelegen ist, das die archäologische
Fachwelt wiederum traditionellerweise mit dem öffentlichen Interesse an seiner
Erhaltung gleichsetzt. Die Fachwelt postuliert daher regelmäßig eine unbedingte
Erhaltungsnotwendigkeit aller Bodendenkmale und vertritt dieses Postulat auch in
der fachlichen Außenkommunikation (und oft sogar in der Innenkommunikation)
weitgehend kompromisslos.
Die fehlende
Nachvollziehbarkeit der denkmalbehördlichen Praxis
Noch
zusätzlich verschärft wird diese schon für sich missverständliche
Außenkommunikation von BDA und archäologischer Fachwelt dadurch, dass auch die
Anwendungspraxis der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen durch das BDA
offensichtlich mit seiner Unterschutzstellungspraxis inkongruent und daher für
den Bürger nicht nachvollziehbar ist. Das zeigt sich ganz besonders am – vor
allem für an der Erhaltung und Erforschung von Denkmalen interessierte
Bürger – ganz unmittelbar offensichtlichen Selbstwiderspruch zwischen der (bzw.
den Folgen der) Unterschutzstellungspraxis des BDA und seiner Anwendungspraxis
gesetzlicher NFG-Pflichten wie der des § 11 Abs. 1 DMSG.
Denn die
rechtlich korrekte Anwendung der Unterschutzstellungsbestimmungen des DMSG
durch das BDA führt ja, wie oben bereits ausgeführt, notwendigerweise dazu,
dass die (überwältigende) Mehrheit aller (Boden-) Denkmale
nicht unter Denkmalschutz gestellt werden
kann. Das führt nun aber unweigerlich dazu, dass wenigstens manche (Boden-) Denkmale
der unbeschränkten Eigentümerwillkür überlassen bleiben und daher tatsächlich
der willkürlichen Zerstörung anheimfallen, ohne dass das BDA irgendetwas
dagegen tut oder auch nur dagegen tun kann. Der Bürger, insbesondere der an der
Erhaltung und Erforschung von Denkmalen besonders
interessierte, sieht das natürlich.
Gleichzeitig
wird aber dem Bürger vom BDA kommuniziert, dass er, wenn er ein (Boden-) Denkmal
an Ort und Stelle so wie es ihm selbst richtig erscheint (mit Einverständnis
durch dessen Eigentümer) untersuchen möchte, einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG
bedarf (BDA 2018, 10-20). Denkmalforschungsinteressierte Bürger werden sogar
nicht selten vom BDA mit Strafanzeigen bedroht, wenn sie „Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und
Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche“ (§ 11
Abs. 1 DMSG) ohne die dafür laut BDA stets erforderliche Genehmigung
durchführen oder auch nur durchzuführen beabsichtigen. Mehr noch, das BDA
behauptet sogar, sich auf den Gesetzeswortlaut berufend, dass eine solche NFG
dem Durchschnittsbürger gar nicht erteilt werden darf, weil diesem (angeblich) die
zum Schutz der Denkmale
erforderliche Kompetenz zu ihrer sachgerechten Behandlung fehlt.
Das ist nun
aber – und zwar nicht nur für den Durchschnittsbürger, sondern auch für
Fachleute wie mich – ein unauflösbarer Selbstwiderspruch. Es kann schließlich
der Denkmalschutzgesetzgeber nicht gewollt
haben, dass zwar der Eigentümer sein Denkmal (samt aller seiner noch im Verborgenen gelegenen
Bestandteile) willkürlich zerstören darf, aber weder dieser Eigentümer noch der
Durchschnittsbürger (oder auch ich) es zu untersuchen (oder seine Bestandteile
zu entdecken) versuchen darf. Denn das verstößt nicht nur offensichtlich gegen
den vom Gesetzgeber mit dem DMSG verfolgten, von ihm auch explizit genannten
Zweck, Denkmale als Quellen der
archäologischen Forschung zu erhalten; sondern es kann auch rechtlich nicht der
Fall sein: entweder das Denkmal
ist nicht denkmalgeschützt, in welchem
Fall sein Eigentümer (und auch jeder Dritte mit dessen Zustimmung) mit ihm tun
darf, was er will; oder es ist denkmalgeschützt, in welchem Fall niemand –
auch nicht sein Eigentümer – das Denkmal aus
egal welchen Gründen zerstören, verändern oder ins Ausland verbringen darf.
Beides gleichzeitig kann nicht der Fall sein.
Darüber
hinaus wäre das auch aus denkmalpflegerischer
Sicht völlig widersinnig. Schließlich ist es das deklarierte Ziel der
archäologischen Denkmalpflege, die
(archäologischen) Denkmale
möglichst als Quellen der wissenschaftlichen Forschung zu erhalten. Es kann
also gar nicht sein, dass aus Sicht des BDA Denkmale vor der Erforschung – und sei es nur der durch
ihren Eigentümer oder einen beliebigen Dritten – geschützt werden müssen, aber
nicht davor, wissenschaftlich unerforscht durch ihren Eigentümer vernichtet zu
werden. Schließlich würde das BDA damit genau das Gegenteil dessen erreichen,
was es behauptet, dass es erreichen will, und was es zu erreichen hat.
Das unvermeidliche Missverständnis des Bürgers über die Aufgabe des BDA
Aus dem,
was es behauptet, und noch mehr aus der Anwendungspraxis des BDA muss der
Bürger daher zwingend die Schlussfolgerung ziehen, dass die dem BDA vom
Gesetzgeber aufgetragene Aufgabe die ist, alle (Boden-) Denkmale
zu erhalten und zu schützen, nicht nur die rechtliche Verfügungsgewalt von
Eigentümern besonders bedeutender Denkmale
über diese kleine Minderheit aller Denkmale zu beschränken.
Denn nicht
nur ist es das, was es nach außen hin in aller Regel kommuniziert, es ist auch
das, was zwingend aus seiner Auslegung des § 11 Abs. 1 DMSG folgt. Schließlich
ist das BDA als Bundesbehörde zur Manuduktion
verpflichtet und muss in deren Rahmen Bürger richtig über die Gesetzeslage beraten.
Die Auslegung des § 11 Abs. 1 durch das BDA kann aber ausschließlich nur dann
richtig sein, wenn es tatsächlich die ihm gesetzlich aufgetragene Aufgabe ist,
alle (Boden-)
Denkmale
(wenigstens rechtlich) zu schützen; und gleichzeitig die ausschließliche Aufgabe
der staatlichen Denkmalpflege und der
professionellen Archäologie ist, diese Denkmale in der Praxis (nötigenfalls durch
ihre sachgerechte Ausgrabung) zu erhalten. Denn nur, wenn man diese
Aufgabenteilung im Bereich der archäologischen Denkmalpflege
voraussetzt, kann der Gesetzgeber vorgesehen haben, dass das BDA Nachforschungen
zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung von (Boden-) Denkmalen
auch dann einer Genehmigungspflicht unterwirft, wenn an ihrer Erhaltung gar
kein öffentliches Interesse besteht.
Nachdem der
Bürger aber nun weder annehmen kann, dass das BDA selbst nicht weiß, welche
Aufgabe ihm der Gesetzgeber eigentlich aufgetragen hat, noch, dass das BDA ihn
im Rahmen der Wahrnehmung seiner behördlichen Manuduktionspflicht über seine
Rechte und Pflichten vorsätzlich belügt – weil beides darf das BDA nicht – muss
er davon ausgehen, dass das auch tatsächlich die Aufgabe des BDA und die denkmalpflegerische Aufgabenverteilung ist. Damit
kommt er aber unweigerlich und unvermeidlich bei dem Missverständnis an, das
schon oben erläutert wurde: dass das BDA, wenn es ein bereits bekanntes, aber
nicht denkmalgeschütztes, Denkmal
nicht schützt, seine ihm vom Gesetzgeber aufgetragenen Aufgaben nicht
ordentlich erledigt, weil es auch dieses Denkmal schützen müsste, aber das nicht tut.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Aus dem
bisher Gesagten folgt, dass das BDA zwar rechtlich korrekt seine ihm gesetzlich
aufgetragenen Aufgaben erfüllt, wenn es Denkmale, an deren Erhaltung kein
öffentliches Interesse besteht, nicht vor der Zerstörung, Veränderung oder
Verbringung ins Ausland durch ihren Eigentümer (oder von diesem dazu
ermächtigte Dritte) bewahrt; sondern sie der unbeschränkten Eigentümerwillkür
überlässt.
Der Bürger
wird aber durch die Inkongruenz zwischen der Tatsache, dass das BDA nicht
schutzwürdige Denkmale nicht schützen darf, und der missverständlichen
Außenkommunikation und (und in der Sache auch falschen)
Auslegung der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG durch das BDA zwingend in ein
grundsätzliches Missverständnis über die Aufgaben des BDA und die denkmalpflegerische Aufgabenverteilung zwischen
Staat und Denkmaleigentümern geführt. Der
Bürger muss nämlich aufgrund dieser Inkongruenz davon ausgehen, dass dem BDA
(gemeinsam mit der archäologischen Fachwelt) tatsächlich vom Gesetzgeber die
Aufgabe erteilt wurde, alle (Boden-) Denkmale sowohl rechtlich als auch praktisch
zu schützen, während ihn selbst und auch Denkmaleigentümer nur eine Verpflichtung zur
Unterlassung der Zerstörung (etc.) von Denkmalen trifft. Die Denkmalpflege wäre
somit ausschließlich eine Aufgabe des Staates (und der archäologischen
Fachwelt, soweit diese im Auftrag des Staates tätig wird).
Der Bürger
– insbesondere der am Denkmalschutz interessierte – missversteht somit
unweigerlich die rechtlich korrekte Untätigkeit des BDA in Fällen, in denen es
gerade aufgrund seines gesetzlichen Auftrags untätig bleiben muss, als Versagen
der Denkmalbehörde in der Erfüllung ihrer
(gar nicht bestehenden) Aufgaben. Die Folge davon ist, dass er enttäuscht ist,
wenn ihn das BDA nicht in seinen Denkmalschutzanliegen unterstützt; und sogar zornig auf
es wird, wenn es sich – nach dem x-ten Versuch es doch zu irgendeiner Tätigkeit
zu bewegen – dem ihm nunmehr „lästig“ werdenden Bürger gegenüber abweisend
verhält und er sich daher sogar aktiv durch es behindert fühlt.
Für das
gesellschaftliche Verständnis der staatlichen archäologischen Denkmalpflege – und mittelbar dadurch auch für die
Anliegen der archäologischen Fachwelt – und ihrer Aufgaben und Entscheidungen,
ist dieses unweigerliche Missverständnis devastierend. Denn gerade dann, wenn
das BDA seinem gesetzlichen Denkmalschutzauftrag
korrekt nachkommt, indem es Denkmale von Denkmalen
scheidet und letztere dann der unbeschränkten Eigentümerwillkür überlässt,
zerstört es seine Reputation an der Basis, deren Unterstützung es in der
Gesellschaft tatsächlich braucht.
Es ist
daher dringend notwendig, dass archäologische Denkmalpflege
und die Fachwelt endlich damit beginnen, ihre eigentliche Aufgabe öffentlich
adäquat zu kommunizieren. Diese Aufgabe ist es nämlich keineswegs, alle
archäologischen Denkmale um jeden Preis zu schützen und zu erhalten und jeden
anderen – vor allem an Denkmalen interessierte
Bürger – aus dem Bereich der praktischen archäologischen Denkmalpflege möglichst vollständig
auszuschließen. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, aufgrund unseres besonderen
Sachverstandes zwischen jenen archäologischen Denkmalen,
deren Bedeutung derart besonders ist, dass bei objektivierter Betrachtung ihre
Erhaltung im öffentlichen und ihre Erforschung wenigstens im wissenschaftlichen
Interesse gelegen ist, und jenen Denkmalen zu unterscheiden, bei denen das
nicht der Fall ist und die daher der Willkür der an ihnen Interessierten
überlassen werden können und auch müssen.
Gleichzeitig
ist es auch erforderlich, unser denkmalpflegerisches
und fachliches Handeln mit unseren öffentlich kommunizierten
Aufgabenbeschreibungen in Übereinstimmung zu bringen. Denn solange wir in
unseren öffentlichen Äußerungen alle Verantwortung für die Erhaltung aller
archäologischen Denkmale an uns zu reißen versuchen, dieser Verantwortung aber dann
in unserer Handlungspraxis zumeist nicht nachkommen (können, weil wir gar nicht
die dafür notwendigen Ressourcen haben), wird es immer so wirken, als ob wir
bei der Erfüllung unseres gesellschaftlichen und rechtlichen Auftrags versagen
würden; selbst, wenn wir ihn tatsächlich vollständig erfüllen.
Denn es ist
für den nicht sachverständigen Außenstehenden – welcher der Bürger stets
bleiben wird – völlig unverständlich, wenn das BDA stets behauptet, für den
Schutz aller archäologischen Denkmale verantwortlich zu sein, aber dann nur die
geringe Teilmenge davon, die Denkmale sind,
und diese auch nur rechtlich durch Beschränkung der Eigentümerwillkür, schützt.
Ebenso unverständlich ist es, wenn die archäologische Fachwelt stets behauptet,
dass jeder archäologische Fund wissenschaftlich unendlich wertvoll ist, nur um
dann bei professionellen Grabungen zahllose davon mit dem Bagger wegschieben zu
lassen. Noch viel unverständlicher wird es schließlich für den Bürger, wenn wir
ihm strengstens verbieten, auch nur mit jenen Denkmalen, die wir selbst,
für ihn offensichtlich, – und aus unserer Sicht auch aus guten Gründen – gar
nicht erhalten wollen, irgendetwas selbstständig und selbstverantwortlich
anzufangen.
Nur, wenn
man dem Bürger auch nachvollziehbar erklärt, dass unsere Aufgabe die
Unterscheidung zwischen dem wirklich und dem nicht so besonders Wichtigen ist;
und ihm dann auch das nicht Wichtige zu seiner eigenen Verfügung überlässt –
wie es die Unterschutzstellungsbestimmungen des österreichischen DMSG auch
gesetzlich vorsehen –; hat man eine Chance, die notwendige gesellschaftliche
Akzeptanz der und Unterstützung für die denkmalpflegerischen
Aufgaben zu erzeugen, die wir erfüllen wollen und sollen.
Literaturverweise
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RV 1999. Regierungsvorlage. Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend
Beschänkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher,
künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert
wird. 1769 der
Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP [26.2.2018].
[1] Für die Bedeutung der
farblichen Unterscheidung der Begriffe Bodendenkmal (für Gegenstände, die nur so
genannt werden) und Bodendenkmal (für
Gegenstände, die den archäologischen Schutzbestimmungen des DMSG unterliegen) sowie
Denkmal
(für Gegenstände, die nur so genannt werden) und Denkmal
(für Gegenstände, die unter Denkmalschutz stehen) siehe bereits genauer den
Beitrag „Behördliche
Leseverständnisprobleme“. Die Begriffe Denkmal und Kulturgut sind gem. § 1 Abs. 11 DMSG
jeweils (in beiden genannten möglichen Bedeutungen) gleichbedeutend.
[2] Das ist einer der wenigen
bedeutenderen Unterschiede zur Rechtslage in Deutschland, wo aufgrund der
verfassungsrechtlichen Allgemeinwohlbindung des Eigentumsrechts des Art. 14
Abs. 2 GG auch eine aktive Erhaltungspflicht des Denkmaleigentümers
besteht.
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