Worum es hier gehen soll ist die archäologische Denkmalpflege; und wie man sie verstehen (und eventuell auch neu durchdenken) kann. Ob wirklich ein Blog daraus wird, oder nicht eher eine Sammlung einigermaßen kurzer, mehr oder minder wissenschaftlicher Artikel zu Themen der Archäologie, des (archäologischen) Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, wird wohl erst die Zukunft weisen. Ich sage es einmal so: ich sehe dies hier als experimentelle Blogschrift, ein Mittelding zwischen Blog und Zeitschrift. Es wird daher auch pdf-Fassungen der hier verfassten Beiträge geben, gesetzt (mit Seitenzahlen und was man sonst so noch für ein effektives Zitieren braucht), die ich vorerst einmal auf meiner Academia.edu-Seite parken werde.
Inspiriert dazu, diese Plattform einzurichten, hat mich ein Emailaustausch mit Rainer Schreg im Zusammenhang mit einem Gastbeitrag, den ich für seinen populären Wissenschaftsblog Archaeologik geschrieben habe; und auch generell eben dieser Blog. In diesem Zusammenhang hat sich für mich aus unserer Korrespondenz ergeben, dass eine Plattform, die spezifisch einer Diskussion der archäologischen Denkmalpflege und ihrer Praktiken dient, wenigstens im deutschen Sprachraum bisher weitgehend zu fehlen scheint. Daher: diese Plattform, die nicht nur durch die genannte Korrespondenz, sondern auch generell durch Archaeologik inspiriert ist.
Aus diesem Grund, um das auch gleich festzustellen, sind auch Gastbeiträge von anderen AutorInnen sehr willkommen: wer sich über die archäologische Denkmalpflege Gedanken macht und diese auch (in entsprechender Form) verschriftlichen will bzw. schon hat, ist herzlich eingeladen, seine Texte an mich zu schicken und um ihre Aufnahme auf diesen Wissenschaftsblog zu ersuchen. Sofern sie den gewöhnlichen Regeln des zivilisierten Umgangs miteinander genügen und auch so verfasst sind, dass sie als - und sei es nur mehr oder minder - wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Fragen von Denkmalschutz und Denkmalpflege zu betrachten sind, stelle ich sie dann gerne hier ein.
Mir persönlich geht es hier derzeit hauptsächlich darum, verschiedene Fragen der archäologischen Denkmalpflege anzusprechen und meine Gedanken dazu in (wenigstens vergleichsweise) einfacher Form darzustellen. Das wird oft auch in kritischer Form geschehen, denn meiner derzeitigen Meinung nach ist die archäologische Denkmalpflege im deutschsprachigen Raum derzeit in einer schweren Krise; und zwar - neuerlich meiner Meinung nach - in erster Linie deshalb, weil all jene, die sie interessiert, viel zu wenig darüber nachdenken und sich nicht öffentlich darüber austauschen. Es wird, so scheint es mir, über die archäologische Denkmalpflege, und da wiederum insbesondere über wesentliche Grundfragen, viel zu wenig und wenn dann meist nur in stillen Kämmerlein nachgedacht; wenn sie nicht überhaupt zur reinen Praxis verkommen ist.
Denkmalpflege ist nämlich, letztendlich, ein Dienst an der Allgemeinheit, oder will sich selbst wenigstens als solchen verstanden wissen. Um der Allgemeinheit dienen zu können, muss man ihr - oder wenigstens jenen Teilen von ihr, die sich dafür interessiert - auch zuhören und mit ihr auch darüber reden, was ihr und uns archäologischen DenkmalpflegerInnen - ob nun denkmalamtlichen, musealen oder auch akademischen, ob staatlichen oder privaten - wichtig und bedeutend ist. Denn wie Georg Dehio schon 1905 festgestellt hat: der Staat allein kann die Aufgabe, die Denkmale zu schützen und zu pflegen, unmöglich allein erfolgreich erfüllen, sondern er braucht dafür auch die, die sich privat für die Denkmale, ihre Erhaltung und ihre Pflege interessieren, weil allein hat er einfach nicht die dafür notwendigen Resourcen.
Aber noch wichtiger ist: versucht er diese Aufgabe allein zu erledigen, ist es nur allzuleicht möglich, dass er vergisst - und noch mehr, dass seine Organe, die diese Aufgaben tatsächlich in seinem Namen erfüllen sollen, vergessen - wofür, bzw. genauer, für wen, er die Denkmale denn nun überhaupt erhält und pflegt. Begüstigter der Denkmalpflege soll nämlich nicht in erster Linie er selbst, und sollen schon gar nicht primär die Organe, die er für die Erfüllung dieser Aufgabe beschäftigt sein, sondern eben die Allgemeinheit und vor allem jene Teile von ihr, die sich für Denkmale interessieren und daher auch wollen, dass sie erhalten und gepflegt werden.
Wenigstens mir erscheint es so, als ob die professionellen DenkmalpflegerInnen, oder wenigstens viele davon im deutschen Sprachraum, dieses Ziel, um das es letztendlich bei der archäologischen Denkmapflege geht und gehen muss, aus dem Auge verloren haben; weil wir schon lange nicht mehr, und vor allem nicht mit irgendwelchen "Außenstehenden", darüber reden. Ich habe dafür durchaus Verständnis: in der Hektik des Alltags und aller der Pflichten, die man - gerade in der regelhaft unterfinanzierten und personell nicht ausreichend für die Erledigung aller ihr aufgetragenen Aufgaben ausgestatteten staatlichen Denkmalpflege - in übermäßiger Zahl zu erfüllen hat, hat man oft nicht einmal die Zeit, auch nur kurz zu pausieren und über die Denkmalpflege, ihre Aufgaben, Ziele und Grundfragen, auch nur selbst in aller dafür notwendigen Ruhe nachzudenken; geschweige denn dazu, mit - potentiell - jedem dahergelaufenen Hinz und Kunz, der sich gerade für irgendein Denkmal irgendwo besonders interessiert (oder, was wenigstens ebenso oft, wenn nicht sogar öfter, der Fall zu sein scheint, sich von einem ganz bestimmten Denkmal besonders gestört fühlt) auch noch länger darüber zu diskutieren, was er in Bezug auf die Denkmale gerne will.
Aber so verständlich das alles auch sein mag: gerade in der Denkmalpflege, gerade unter einem modernen Verständnis, sollte es nicht nur um das Wachhalten von Erinnerungen, nicht nur um das An- und das Gedenken, sondern auch und ganz besonders um das Nach- und das Durchdenken gehen; nicht nur der Vergangenheit und der Reste, die von ihr auf uns gekommen sind, sondern insbesondere darüber, wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander interagieren und voneinander abhängen (oder manchmal auch gerade nicht voneinander abhängen) und was und wie uns das im hier und heute betrifft - und vielleicht sogar auch das eine oder andere Mal helfen kann. Bei Denkmalen geht es letztendlich ums Denken, und auch um den Austausch der Gedanken, die man sich in diesem Zusammenhang macht.
Dieser Blog - oder was auch immer letztendlich daraus wird - soll diesem Denken, dem An-, dem Ge-, aber auch den Nachdenken über die Denkmale und Durchdenken des archäologischen Denkmalschutzes und der Denkmalpflege Platz bieten; was immer auch diese Gedanken sein mögen. Wenigstens mir erscheint es an der Zeit, die archäologische Denkmalpflege neu und vermehrt zu denken, und ich hoffe, dass wenigstens meine Gedanken dazu - und hoffentlich auch die von allfälligen GastautorInnen - auch andere zum Weiterdenken anregen.
Raimund Karl
Bangor / Gwynedd, 6.2.2018
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