Samstag, 24. Februar 2018

Ein hinreichend bestimmter unbestimmter Rechtsbegriff?

Der Bodendenkmalsbegriff des § 8 Abs. 1 DMSG

In diesem Beitrag betrachte ich den Bodendenkmalsbegriff des österreichischen Denkmalschutzgesetzes (DMSG) als exemplarisches Beispiel für vergleichbare unbestimmte Rechtsbegriffe in (archäologischen Bestimmungen von) Denkmalschutzgesetzen. Das meiste von dem, was ich hier sage, lässt sich daher sinngemäß auch auf viele andere Denkmalschutzgesetze übertragen; auch wenn diese hier nicht konkret besprochen werden.


Die Legaldefinition des Bodendenkmalsbegriffs in § 8 Abs. 1 DMSG

Die Legaldefinition des Rechtsbegriffs „Bodendenkmal“ findet sich im DMSG in § 8 Abs. 1, und zwar verpackt in den ersten Satz der archäologischen Fundmeldepflicht dieses Gesetzes. Sie lautet, nur die relevanten Bestandteile dieses ersten Satzes herausgreifend, sinngemäß in etwa: Bodendenkmale sind „…unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche“ vorkommende „Gegenstände, die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten“ (§ 8 Abs. 1 1. Satz DMSG). Was Gegenstände sind, die den Beschränkungen des DMSG unterliegen, wird in im ersten Satz des DMSG genauer bestimmt: „…von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung („Denkmale“)“, deren „Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist“ (§ 1 Abs. 1 1. Satz DMSG). 

Setzt man diese Legaldefinition des allgemeinen Denkmalsbegriffs des DMSG in die des Bodendenkmalsbegriffs ein, kommt man also bei der folgenden Definition an:

Bodendenkmale sind „…unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche“ vorkommende, „[unbewegliche und bewegliche] Gegenstände [einschließlich deren Überresten und Spuren], die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig [von Menschen geschaffen“ und „von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung“ sind und daher Denkmale sein könnten, deren Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte und die daher „den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten (Hervorhebungen: RK). 

Die Definition des Bodendenkmalsbegriffs enthält also eigentlich einen dreifachen Konjunktiv, was ihre richtige Auslegung nicht gerade erleichtert. Diesen dreifachen Konjunktiv muss man auch setzen, weil sonst würde der Bodendenkmalsbegriff nur bereits unter Denkmalschutz stehende Gegenstände umfassen. Das würde den Begriff aber weitgehend sinnlos machen, vor allem in dem Kontext der archäologischen Fundmeldepflicht, in dem er steht: der Finder eines Gegenstandes müsste diesen ohne den dreifachen Konjunktiv nämlich nur dann als Bodendenkmal behandeln, wenn anhand seiner Form, Lage und Beschaffenheit offenkundig erkennbar wäre, dass er tatsächlich schon unter Denkmalschutz steht.

Unbestimmte Rechtsbegriffe

Es handelt sich bei diesem Bodendenkmalsbegriff um einen sogenannten „unbestimmten Rechtsbegriff“. Sehr vereinfacht gesagt ist das ein mehr oder minder unklarer und daher auslegungsbedürftiger Begriff in einer Rechtsquelle: der Gesetzgeber kann damit mehrere oder sogar viele verschiedene Dinge gemeint haben, die er nicht konkret – z.B. in Form einer vollständigen Auflistung – benannt hat; meist, weil ihm das aufgrund der Vielfältigkeit der zu regelnden Materie zu umständlich oder gar nicht möglich ist. 

Im Denkmalrecht ist Letzteres beim Bodendenkmalsbegriff klarerweise der Fall: man kann nicht jede einzelne Sache, ja nicht einmal nur jeden Typ von Sache, die ein Bodendenkmal ist (oder gar nur sein könnte), in eine vollständige Liste aufnehmen. Denn eine derartige Liste wäre schon allein deshalb, weil ja stets neue, zuvor noch gänzlich unbekannte Typen von Sachen entdeckt werden könnten, die der Gesetzgeber ebenfalls als Denkmale schützen können will, notwendigerweise immer unvollständig. Die Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs ist also in diesem Regelungsbereich unumgänglich.

Dadurch, dass der Gesetzgeber bei der Erlassung eines Gesetzes statt einer genauen Legaldefinition einen unbestimmten Rechtsbegriff verwendet, spart er sich also – was ihm meist sehr willkommen ist – sich schon zum Zeitpunkt seiner Verschriftlichung genau überlegen zu müssen, was alles von dem Begriff umfasst werden soll. Er hält das Gesetz dadurch aber auch einigermaßen flexibel und dennoch anwendbar, ohne es dauernd novellieren zu müssen. Das macht es nicht nur für ihn, sondern auch für alle, die es dann anwenden müssen, erheblich leichter, sich an es zu halten: ein Denkmalschutzgesetz, das sich alle paar Monate ändert, weil neue Fundtypen in die Liste der geschützten Bodendenkmale aufgenommen werden, würde nämlich selbst professionelle JuristInnen und ArchäologInnen völlig überfordern, um vom Durchschnittsbürger erst gar nicht zu reden.

Probleme der Unbestimmtheit

Unbestimmte Rechtsbegriffe haben aber in der Anwendungspraxis auch einen nicht unbedeutenden Nachteil; insbesondere wenn sie, wie der Bodendenkmalsbegriff, notwendigerweise gemäß dem deklaratorischen Prinzip (DGUF 2013) anzuwenden sind. 

Denn das deklaratorische Prinzip macht es erforderlich, dass der gewöhnliche Normunterworfene – d.h. der Durchschnittsbürger – idealerweise noch an Ort und Stelle bei der Entdeckung seines Neufundes den Bodendenkmalsbegriff auch korrekt auslegen kann; d.h. – wenigstens zumeist – richtig erkennt, ob der gerade entdeckte Gegenstand nun ein Bodendenkmal im Sinne des DMSG ist oder nicht. Weil ist er das, muss ihn der Normunterworfene auch rechtlich als solches behandeln, d.h. ihn gem. § 8 DMSG dem Bundesdenkmalamt (BDA) melden und die Schutzvorschriften des § 9 für neu entdeckte Bodendenkmale beachten. Ist er das hingegen nicht, kann er die denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen völlig ignorieren und sollte das sogar: schließlich will der Gesetzgeber nicht, dass das BDA durch unzählige fälschlich erstattete Fundmeldungen mit Arbeit überlastet wird, für die er ihm gar nicht die erforderlichen Personalressourcen zur Verfügung gestellt hat.

Aber auch das im österreichischen Verfassungsrecht normierte Rechtsstaatsprinzip macht es erforderlich, dass Gesetze eine gewisse Bestimmtheit haben müssen, damit sich der Bürger überhaupt an sie halten und die staatlichen Behörden sie auch korrekt anwenden können. Denn Art. 18 Abs. 1 B-VG bestimmt, dass „[d]ie gesamte staatliche Verwaltung […] nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden“ darf. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber insbesondere seinen Verwaltungsbehörden keinen zu breiten Auslegungsspielraum einräumen darf, aufgrund dessen sie die zu unbestimmten Bestimmungen – und sei es auch nur völlig unbeabsichtigt – verfassungswidrig anwenden könnten.

Hinzu kommt, dass – nachdem die Missachtung der denkmalrechtlichen Vorschriften bei Funden von Bodendenkmalen auch gem. § 37 Abs. 3 DMSG unter Strafe gestellt wird – der Normunterworfene auch im Sinne des staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes – wenigstens normalerweise – korrekt bestimmen können muss, ob er ein Bodendenkmal entdeckt hat oder nicht. Schließlich ist im Sinne des § 1 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) und des Art. 7 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) auch zu beachten, "dass eine Tat nur bestraft werden darf, wenn sie gesetzlich vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, und strafgesetzliche Vorschriften das strafbare Verhalten unmissverständlich und klar erkennen lassen" (VwGH 25.1.2005, 2004/02/0284). Kann der Normunterworfene also aufgrund der Unbestimmtheit einer Bestimmung nicht richtig erkennen können, wann er sie zu beachten hat, kann er für ihre Missachtung auch dann nicht bestraft werden, wenn er sie eigentlich beachten hätte müssen.

Hinreichend bestimmte unbestimmte Rechtsbegriffe

Dieses Problem kann der Gesetzgeber dadurch umgehen bzw. zu umgehen versuchen, dass er in der Legaldefinition des Begriffs die charakteristischen Eigenschaften der von ihm gemeinten Sachen beschreibt, durch die sie sich von beliebigen anderen Sachen unterscheiden. Ist diese Beschreibung ausreichend verständlich formuliert, dass sie die Gesetzesanwender auch – wenigstens zumeist – richtig interpretieren können, bezeichnet man den unbestimmten Rechtsbegriff als „hinreichend bestimmt“: sein objektiver Sinn (d.h. was der Gesetzgeber jetzt wirklich exakt mit dem Begriff meint) erschließt sich zwar nicht unmittelbar, aber ist genau genug – eben hinreichend – erkennbar, dass jene, die den Rechtsbegriff anwenden sollen, ihn in der Regel auch richtig anwenden können.

Im Fall des Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1 DMSG bestimmt der Gesetzgeber drei solche Eigenschaften bzw. Kriterien, anhand derer sich jene Sachen, die in den Bereich seiner Legaldefinition fallen, von beliebigen anderen Sachen unterscheiden bzw. unterscheiden lassen sollten:
  1. „unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche“: damit eine Sache ein Bodendenkmal sein kann, muss sie sich bis (wenigstens) kurz vor dem Zeitpunkt ihrer Entdeckung im Boden oder unter Wasser befunden haben oder noch befinden. Damit scheiden alle Sachen, die sich schon seit längerem nicht mehr dort befinden, aus der Menge der vom Bodendenkmalbegriff umfassten Sachen aus.
  2. Denkmaleigenschaft: damit die Sache ein Bodendenkmal sein kann, muss sie eine sein, die iSd § 1 Abs. 1 DMSG ein Denkmal sein könnte, d.h. von Menschen geschaffen oder gestaltend verändert wurde. Damit scheiden alle zweifelsfrei „natürlich“ entstandenen Sachen aus.
  3. öffentliches Erhaltungsinteresse: damit eine Sache ein Bodendenkmal sein kann, muss ihre historische, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung – nach der in sachverständigen Kreisen vorherrschenden Meinung (Bazil et al. 2015, 22-23) – derart beschaffen sein, dass ihre Erhaltung deswegen im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte. Das schließt alle Sachen aus, die sicherlich so unbedeutend sind, dass ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung nicht bestehen kann.
Damit glaubt der Gesetzgeber, den unbestimmten Rechtsbegriff "Bodendenkmal" hinreichend genau bestimmt zu haben, um all jenen, die das DMSG korrekt anwenden sollen, wenigstens normalerweise die richtige Auslegung dieses Begriffs zu ermöglichen. Er erläutert sogar, wie Normunterworfene bei der Auslegung des Begriffs vorgehen sollen: sie sollen die Sache anhand ihrer sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften, d.h. Form, Lage oder Beschaffenheit, beurteilen und jene ausscheiden, die wenigstens einem der drei genannten Kriterien nicht entsprechen. Alle Sachen, die nach diesem Ausscheidungsverfahren übrigbleiben, sind Bodendenkmale im Sinne des DMSG, die entsprechend der dafür vorgesehenen denkmalrechtlichen Schutzvorschriften zu behandeln sind.

Ermessensspielräume

Nun ist aber von den drei Kriterien nur eines für sich betrachtet einigermaßen eindeutig, nämlich das erste: ob eine Sache unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche entdeckt wurde bzw. erst kurz vor ihrer Entdeckung an diese gelangt ist, ist tatsächlich normalerweise aufgrund ihrer Lage und oft auch ihrer Beschaffenheit einigermaßen eindeutig erkennbar. Liegt die Sache bei ihrer Entdeckung noch unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche, ist das ohnehin offensichtlich; und ist sie erst kurz zuvor an die Erdoberfläche gelangt, ist sie normalerweise mit Erde verklebt, d.h. man sieht ob ihrer Beschaffenheit in der Regel sofort, dass sie noch vor kurzem unter der Erdoberfläche gelegen sein dürfte.

Schon ob eine Sache von Menschen geschaffen oder gestaltend verändert sein könnte ist aber in vielen Fällen – gerade bei Bodenfunden – nur recht schwer bestimmbar. Zwar gibt es viele Sachen, die eindeutig von Menschen geschaffen wurden, wie z.B. Münzen, Schmuck, Kleidungsbestandteile, Waffen, Werkzeuge und sonstiges Gerät, die sich – einigermaßen akzeptablen Erhaltungszustand vorausgesetzt – problemlos von jedem als solche erkennen lassen. Aber es gibt auch viele Sachen, bei denen nicht offensichtlich erkennbar ist, dass sie von Menschen geschaffen wurden oder auch nur geschaffen worden sein könnten: ein steinzeitliches, in Abschlagtechnik erzeugtes Steingerät lässt sich ohne besonderen Sachverstand nicht von natürlich gebrochenen Steinen unterscheiden; und stark fragmentierte oder sonstwie schlecht erhaltene „Überreste“ von Sachen sind auch nicht immer leicht als Menschenwerk erkenntlich.

Daher ergibt sich für den Rechtsanwender schon bei der Beurteilung des zweiten Kriteriums das, was man einen Ermessensspielraum nennt: es gibt manche Sachen, die offensichtlich von Menschen geschaffen worden sind, und manche, die das ebenso offensichtlich sicher nicht sind. Aber es gibt auch wenigstens manche, wenn nicht sogar viele Sachen, die sich nicht eindeutig einer dieser beiden Gruppen zuweisen lassen. Liegt die konkret zu beurteilende Sache in diesem Mittelfeld, liegt es im Ermessen des Rechtsanwenders, ob er sie als Bodendenkmal betrachtet. Entscheidet er sich dagegen, kann er sie als beliebige (nicht denkmalrechtlichen Beschränkungen unterworfene) Sache behandeln.

Noch viel schwieriger ist es – gerade bei Bodenfunden – zu bestimmen, ob diese aufgrund ihrer Form oder Beschaffenheit derart bedeutend sind, dass ihre Erhaltung dessentwegen im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte. Auch an dieser Stelle eröffnet sich also für den zur korrekten Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Bodendenkmal" Verpflichteten ein Ermessensspielraum. Es ist insbesondere dieser Ermessensspielraum, der ein bedeutendes Problem verursacht und mit dem wir uns daher in weiterer Folge noch genauer beschäftigen müssen.

Unbestimmte Rechtsbegriffe und die archäologische Denkmalpflege

Aber bevor wir das tun, ein kleiner Exkurs: 

Wie schon oben gesagt wurde, ist es für den Gesetzgeber sehr bequem, unbestimmte Rechtsbegriffe in Gesetze zu schreiben; und beim Bodendenkmalbegriff bleibt ihm aufgrund der Natur der zu regelnden Materie auch gar nichts anderes übrig. Es ist aber auch der archäologischen Denkmalpflege sehr recht, dass der Gesetzgeber den für sie besonders relevanten Rechtsbegriff nicht genau genug bestimmen kann, um ihn anders denn als unbestimmten Rechtsbegriff zu fassen. Denn damit räumt er ihr einen Ermessensspielraum ein; und das scheint aus Sicht der mit der archäologischen Denkmalpflege betrauten Verwaltungsbehörden für deren Zwecke besonders praktisch zu sein. 

Denn schließlich hat der Staat damit – wenigstens scheinbar – diese Behörden mit der Autorität bzw. der Machtbefugnis ausgestattet, den Bedeutungsgehalt dieses Rechtsbegriffs genauer auszugestalten, d.h. zu entscheiden, was nun tatsächlich ein Bodendenkmal ist. Und das ist ihnen sehr willkommen, denn sie haben gerade im Bereich der archäologischen Denkmalpflege schließlich ein nicht unbedeutendes Problem: sie stehen, scheinbar aufgrund der Natur der archäologischen Denkmale, tatsächlich jedoch aufgrund des Fehlens einer archäologischen Denkmalwerttheorie (siehe dazu schon Die Bewertung archäologischer Denkmale), vor dem Problem, gar nicht ex ante bestimmen zu können, ob eine bestimmte Sache nun überhaupt ein besonders bedeutendes archäologisches Denkmal ist oder nicht; oder glauben wenigstens vor diesem zu stehen.

Erkenntnislogik und Denkmalwertbestimmung

Dieses Problem wird noch dadurch verschärft, dass sich die Frage, ob eine Sache eine „bedeutende“ archäologische Quelle (und damit womöglich ein Denkmal) ist, aus derzeitiger fachlicher Sicht überhaupt erst beantworten lässt, wenn wenigstens sie (aber eigentlich überhaupt alle möglicherweise archäologischen Quellen vollständig) wissenschaftlich ausgewertet ist (bzw. sind).

Abbildung 1: Gerichteter archäologischer Erkenntnisprozess nach Hoernes (1892, 26)
samt korrespondierender fachlicher Bedeutungszuweisung.

Ursache dafür ist die neopositivistische Erkenntnislogik, die insbesondere für die österreichische Archäologie charakteristisch ist. Die österreichische Archäologie versteht sich nämlich traditionellerweise als induktive Beobachtungswissenschaft, die aus Untersuchung und Vergleich von vielen, jeweils für sich weitgehend unbedeutenden, Einzelbeobachtungen und deren dadurch mögliche Verallgemeinerung bedeutende wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnt (Hoernes 1892, 43; Abb. 1). Man kann also aus fachlicher Sicht immer erst im Nachhinein – also im rechtlichen Sinn ex post – beurteilen, ob eine Sache eine „bedeutende“ archäologische Quelle war (Abb. 2), niemals hingegen im Voraus – also im rechtlichen Sinn ex ante –, ob sie eine solche ist bzw. zukünftig als solche erweisen wird. 

Abbildung 2: Retrospektiver Prozess der Quellen- und Denkmalwertbestimmung
archäologischer Sachen nach Hoernes (1892, 36). Grün: in Hinblick auf
die angestrebte Erkenntnis in Verbindung mit anderen Sachen gesehen besonders
bedeutend; Rot: in Hinblick auf die angestrebte Erkenntnis unbedeutend.

Daher versuchen die archäologischen Denkmalbehörden schon seit langem, möglichst alle Sachen, die Quellen der archäologischen Wissenschaft sein könnten, den archäologischen Schutzbestimmungen der Denkmalschutzgesetze zu unterwerfen. Denn aus diesem Blickwinkel ist der ideale archäologische Denkmalschutz ein totaler Denkmalschutz: nachdem man ex ante nicht wissen kann, was sich ex post als wertvoll erweisen wird, muss man ex ante einfach alles schützen, weil dann kann man (scheinbar) nichts falsch machen.

Totaler Denkmalschutz und der unbestimmte Rechtsbegriff "Bodendenkmal"

Nun ist aber ein totaler Denkmalschutz rechtlich nicht möglich (und noch viel weniger praktisch): der Gesetzgeber kann nicht auf bloßen, gänzlich unbegründeten und nahezu immer falschen Verdacht hin, dass sich jede beliebige Sache bei retrospektiver Betrachtung als so bedeutend erweisen könnte, dass ihre Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, einfach alle Sachen, die es gibt, unter Denkmalschutz stellen. Nicht nur würde das die verfassungsgesetzliche Eigentumsgarantie völlig aushöhlen; sondern es würde das moderne Leben zum Erliegen bringen und wäre auch administrativ überhaupt nicht bewältigbar.

In diesem Kontext – die Behörde glaubt, alles unter archäologischen Denkmalschutz stellen zu müssen, kann das aber unmöglich – scheint ein unbestimmter Rechtsbegriff wie der des Bodendenkmals den archäologischen Denkmalbehörden besonders gelegen zu kommen, und zwar umso gelegener, je unbestimmter er ist. Denn je unbestimmter er ist, desto größer ist ihr Ermessensspielraum bei seiner Auslegung. Und je größer dieser ist, desto mehr Sachen, die sich retrospektiv als wichtige archäologische Quellen und somit schutzwürdige Denkmale erweisen könnten, scheint man in den Bereich der Legaldefinition ziehen und sie damit den archäologischen Schutzbestimmungen des DMSG unterwerfen zu können.

Aus dem Blickwinkel der archäologischen Denkmalpflegebehörde scheint es also ideal zu sein, im Gesetz einen maximal unbestimmten Bodendenkmalsbegriff stehen zu haben und sich auch selbst möglichst gar nicht festlegen zu müssen, was denn jetzt – und sei es nur aus Sicht der Behörde – konkret ein Bodendenkmal ist oder auch nur sein könnte. Daher versucht das BDA schon seit langem, den Bodendenkmalsbegriff so schwammig als irgendwie möglich zu halten.

Das Problem der unzureichenden Bestimmtheit

Nun ist es aber so, dass aufgrund des staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes auch unbestimmte Rechtsbegriffe hinreichend bestimmt sein müssen, damit das – diese Begriffe verwendende – Gesetz überhaupt anwendbar bleibt. Maximale Unbestimmtheit, wie sie sich die archäologischen Denkmalbehörden wünschen, ist also nur innerhalb eines gewissen Rahmens erreichbar: wird das Gesetz zu unbestimmt, als dass es noch als hinreichend bestimmt betrachtet werden könnte, wird es völlig nutzlos, weil man es dann gar nicht mehr anwenden kann.

Das ist in der Regel wenigstens solange kein ernsthaftes Problem, als das betreffende Gesetz nach dem konstitutiven Prinzip (DGUF 2013) anzuwenden ist: in diesem Fall muss seine Auslegung ja nur durch die zuständige Behörde vorgenommen werden. Der Durchschnittsbürger muss hingegen nicht selbstständig entscheiden, ob er eine von der richtigen Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs abhängige gesetzliche Vorschrift befolgen muss oder nicht. Vielmehr muss ihm die zuständige Behörde erst einmal mitteilen, dass eine bestimmte Sache in den Bedeutungsbereich des relevanten unbestimmten Rechtsbegriffs fällt, d.h., im konkreten Fall, dass eine bestimmte Sache tatsächlich ein Bodendenkmal ist. Erst wenn diese Mitteilung in der dafür gesetzlich vorgesehenen Weise erfolgt ist, muss der Normunterworfene die Sache entsprechend behandeln, d.h. die Bodendenkmale betreffenden gesetzlichen Schutzvorschriften beachten. Daher kann, weil die Verwaltungsbehörde für die Feststellung der Tatsache, ob eine Sache ein Bodendenkmal ist, entsprechend qualifiziertes Personal beschäftigt, der relevante unbestimmte Rechtsbegriff sehr unbestimmt und zu seiner richtigen Auslegung besonderer Sachverstand erforderlich sein.

Zu einem erheblich größeren Problem wird die Unbestimmtheit eines Rechtsbegriffs jedoch dann, wenn das Gesetz nach dem deklaratorischen Prinzip (DGUF 2013) anzuwenden ist. Denn damit eine nach dem deklaratorischen Prinzip funktionierende gesetzliche Bestimmung dem staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen kann, muss der durchschnittliche Normunterworfene in der Regel dazu im Stande sein, sie (ohne Anleitung durch den Staat bzw. seine Behörden) selbstständig ex ante korrekt auszulegen. Damit ist es aber unmöglich, seine korrekte Auslegung vom besonderen Sachverstand von ExpertInnen abhängig zu machen, der dem Durchschnittsbürger ja per Definition fehlen muss. Vielmehr muss die Legaldefinition so allgemeinverständlich gefasst sein, dass auch der Durchschnittsbürger ohne besonderen Sachverstand dazu fähig ist, Sachen, die unter sie fallen, von Sachen, die das nicht tun, richtig zu unterscheiden.

Nun muss aber der Bodendenkmalsbegriff nach dem deklaratorischen Prinzip anzuwenden sein, damit er überhaupt einen Sinn haben kann: schließlich dient er dem konkreten Zweck, Sachen, die ihr Finder soeben erst (erstmals) entdeckt hat, einer Meldepflicht an die Denkmalbehörden unterwerfen und auch erforderlichenfalls ihre Fundumstände so lange möglichst unverändert erhalten zu können, bis diese das BDA bzw. dessen Beauftragte in situ inspizieren und sachverständig beurteilen konnten. Die Legaldefinition muss also so allgemeinverständlich verfasst sein, dass sie der Finder eines möglicherweise denkmalschutzrelevanten Fundgegenstandes noch an Ort und Stelle korrekt auslegen und erforderlichenfalls die Schutzvorschriften für Bodendenkmale auf sie anwenden kann.

Die unzureichende Bestimmtheit des Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1 DMSG

Damit kommen wir zum unbestimmten Rechtsbegriff Bodendenkmal des § 8 Abs. 1 DMSG und den drei Kriterien zu seiner korrekten Bestimmung zurück. 

Von diesen kann selbst der deutlich unterdurchschnittliche Finder das erste in der Regel aufgrund seiner Offensichtlichkeit sicher korrekt beurteilen. Beim zweiten wird es zwar schon bedeutend schwieriger: hier ist der Ermessensspielraum schon recht groß, der zwischen der Untergrenze des sicherlich von Menschen geschaffenen und der Obergrenze des sicher nie von Menschen auch nur veränderten Gegenstandes liegt. Aber das Problem ist für den Normunterworfenen noch lösbar, wenn man die Grenze, ab wann ein Fund als (mögliches) Bodendenkmal zu betrachten ist, an der Untergrenze ansetzt. Denn auch er wird in der Regel noch korrekt erkennen können, dass eine noch einigermaßen gut erhaltene und daher „offenkundig“ als solche erkennbare Münze, Schmuck, Waffe, etc. von Menschen geschaffen worden ist und er sie daher auch in diesem Beurteilungsschritt noch als mögliches Bodendenkmal betrachten muss.

Im dritten Schritt des Ausscheidungsprozesses stößt der Durchschnittsbürger dann allerdings auf ein für ihn selbst gänzlich unlösbares Problem: in diesem soll er nun schließlich korrekt beurteilen, ob sein Fund aufgrund der in Fachkreisen vorherrschenden Wertschätzung seiner Bedeutung ein Denkmal ist, dessen Erhaltung deswegen im öffentlichen Interesse gelegen ist (Bazil et al. 2015, 22-23) oder liegen könnte. Die selbstständige Beurteilung dieser Frage setzt aber nun gerade jenen besonderen Sachverstand voraus, der vom Durchschnittsbürger gerade nicht erwartet werden kann. 

Dass das ein Problem ist, wird auch gelegentlich in der Fachliteratur anerkannt, z.B. wenn Pieler (2017, 111) feststellt, dass der Bodendenkmalbegriff nicht allgemein verständlich ist, weil er vom Finder die denkmalrechtliche Beurteilung seines Fundes verlangt. In der reinen Theorie könnte (und müsste) man an dieser Stelle eigentlich schon jede weitere Überlegung abbrechen und feststellen, dass der Bodendenkmalsbegriff des § 8 Abs. 1 DMSG daher im rechtlichen Sinn eben gerade nicht hinreichend bestimmt ist, um dem staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen: seine in der Regel richtige Auslegung verlangt vom Normunterworfenen eine rechtliche Beurteilung, die er überhaupt nicht richtig vornehmen kann. De facto verlangt der Gesetzgeber von ihm, dass er ex ante etwas richtig errät, was erst von Sachverständigen ex post beurteilt werden kann.

Der Umgehungsversuch in der Praxis

In der Praxis können und wollen sich BDA, Ministerium und denkmalschutzfreundliche JuristInnen aber natürlich einen der zwei zentralen, unbestimmten Rechtsbegriffe des DMSG nicht einfach wegnehmen lassen, bloß, weil dieser in staatsrechtlichem Sinn nicht hinreichend bestimmt ist. Denn das hätte – insbesondere aus archäologisch-denkmalpflegerischer Sicht – absolut katastrophale Folgen: fällt nämlich der Bodendenkmalsbegriff des § 8 Abs. 1 als unanwendbar aus, fallen schließlich auch alle Schutzbestimmungen der §§ 8-11 DMSG aus. Man versucht daher, diesem Problem mit Umgehungslösungen beizukommen, die zwar rechtlich fragwürdig sind, aber in der Anwendungspraxis durchaus erfolgreich funktionieren können. 

Die beliebteste Lösung ist die, einfach so zu tun, als ob der Normunterworfene den dritten Schritt im Ausscheidungsprozess doch durchführen könne, wenn ein eher niedriger Maßstab dafür angesetzt wird, was denn nun ein Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 sei. Ein Paradebeispiel dafür ist Pielers in früheren Beiträgen schon mehrfach zitiertes Argument, dass „der Fund eines römerzeitlichen Bronzehelms vermutlich jedem Finder als bedeutend erscheinen mag“ (Pieler 2017, 112). Ein anderes findet sich in einer der zentralen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs für die archäologische Denkmalpflege. In diesem Fall ging es darum, ob eine Nachforschung mittels Metallsuchgerät, bei der der Metallsucher 8 römische Münzen entdeckt hatte, der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 unterlag. In diesem Fall wurde nicht nur von allen Beteiligten stillschweigend akzeptiert, dass römische Münzen Bodendenkmale sind, sondern der VwGH hat in seinem Erkenntnis auch explizit (wenn auch nur die Darstellung der Berufungsinstanz zitierend) festgestellt, dass es sich „[b]ei den aufgefundenen Gegenständen […] jedenfalls um Kulturgüter [handle], die den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes unterlägen…“ (VwGH 24.6.1985, 84/12/0213, 3).

Beides scheint auf den ersten Blick sowohl vernünftig als auch nachvollziehbar, vor allem, wenn man professioneller Archäologe ist oder wie Pieler wenigstens auch Archäologie studiert hat. Es wird hier sozusagen auf das „Allgemeinwissen“ darüber abgestellt, was denn nun „bedeutende“ Denkmale sind oder wenigstens sein könnten. Weil man Allgemeinwissen auch beim Durchschnittsbürger voraussetzen kann, könnte daher auch dieser – wenigstens, wenn man einen niedrigen Maßstab ansetzt – einigermaßen richtig bestimmen, ob eine von ihm gefundene Sache nun ein Denkmal sein könnte und daher ein Bodendenkmal ist. Das leuchtet dann normalerweise auch RichterInnen ein, die natürlich auch selbst ein Verständnis des Denkmalbegriffs ins Verfahren mitbringen (das allerdings durch ihre juristische Ausbildung überdurchschnittlich entwickelt ist) und daher der Versicherung des BDA glauben, dass Allgemeinwissen zur richtigen Beurteilung des Bodendenkmalbegriffs ausreicht.

Das Denkmalverständnis des Durchschnittsbürgers

Tatsächlich ist diese Annahme jedoch bedenklich, denn bis zu einer jüngeren Untersuchung (Karl et al. 2014) lagen überhaupt keine Daten vor, was denn die österreichische Bevölkerung unter dem Denkmalbegriff überhaupt versteht. Deren Ergebnisse zeigen, dass man nicht davon ausgehen kann, dass anhand des Allgemeinwissens der Bodendenkmalsbegriff des § 8 Abs. 1 DMSG von durchschnittlichen Normunterworfenen richtig ausgelegt werden würde (Abb. 3).

Abbildung 3: Subjektives Denkmalempfinden eines Zufallssamples der österreichischen Bevölkerung
(n=500; Karl et al. 2014, 9).

Zwar zeigen die Umfrageergebnisse, dass der Durchschnittsbürger durchaus mit wenigstens ca. 58% Wahrscheinlichkeit römische Münzen als Bodendenkmale betrachten würde; alte Gräber sogar mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 73%, und das römische Carnuntum sogar mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 81% (Abb. 3). Aber das sind alles niedrige Wahrscheinlichkeiten, wenn der Normunterworfene dazu fähig sein muss, den Bodendenkmalbegriff in der Regel – d.h. in nahezu allen Fällen, in denen er ihn anwenden muss – richtig auszulegen: selbst bei Carnuntum würde es zu einer Fehlauslegung pro ca. 4 richtigen kommen, bei römischen Münzen sogar schon in beinahe jedem zweiten Fall, in dem eine entdeckt wird; wobei wir noch gar nicht davon reden, ob der Finder eine bodenfrische Fundmünze überhaupt als römisch erkennen würde, selbst wenn sie tatsächlich eine ist.

Noch weitaus problematischer sind jedoch die noch viel geringeren Prozentsätze bei weniger bekannten Denkmalen wie z.B. dem Großmugl (ca. 19%) und dem Kultwagen von Strettweg (ca. 28%), die tatsächlich besonders bedeutende Denkmale und nicht „nur“ Bodendenkmale sind. Nachdem die Umfrage großteils im Großraum Wien durchgeführt wurde, sollte man eigentlich annehmen können, dass der Großmugl einem nicht unbedeutenden Teil der ortsansässigen Bevölkerung bekannt ist; und beim Kultwagen von Strettweg ist schon die Bezeichung als Kultwagen ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich dabei um eine besonders bedeutende Sache handeln dürfte, d.h. wohl ein Denkmal.

Am problematischsten ist jedoch das Ergebnis, dass nur ca. 11% der Befragten „kaputte alte Sachen in der Landschaft“ (Abb. 3) als Denkmale verstehen. Denn der durchschnittliche archäologische Fund in situ ist schließlich nichts anderes als eine solche kaputte alte Sache, wenigstens soweit sich das offenkundig für seinen Finder anhand seiner Lage (in der Landschaft), Form (anscheinend alt) und Beschaffenheit (kaputt) erkennen lässt. Denn es kommt schließlich in der Regel weder der römische Bronzehelm Pielers in makellosem Zustand und auch römische Münzen praktisch nie prägefrisch und poliert aus dem Boden. Dass der Durchschnittsbürger daher noch in situ korrekt erkennen könnte, dass ein kleines, annähernd rundliches Metallstück, das er am oder im Boden entdeckt hat, eine römische Münze ist, bzw. sich ein größeres Blechknäuel mit Bruchkanten nach der Restaurierung als antiker Helm erweisen wird, erscheint nahezu ausgeschlossen.

Nun ist aber ein unbestimmter Rechtsbegriff, der vom Normunterworfenen, der ihn richtig anwenden soll, wahrscheinlich nur in etwa 11% aller Fälle richtig ausgelegt werden wird, nicht nur sicher im Sinne des staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes nicht hinreichend genau bestimmt, sondern auch nicht für seine Anwendung in der Praxis. Vielmehr ist er ein viel zu unzureichend bestimmter unbestimmter Rechtsbegriff, der vom Normunterworfenen in der Regel falsch ausgelegt werden wird, wenn er ihn eigentlich richtig auslegen sollte. Man kann sich also gerade in der Praxis überhaupt nicht darauf verlassen, dass der Durchschnittsbürger aufgrund seines Allgemeinwissens den gesetzlichen Bodendenkmalbegriff richtig auslegen und daher auch richtig zur Anwendung bringen kann.

Probleme mit dem Allgemeinwissen

Das Problem wird aber noch viel größer, wenn man bedenkt, dass selbst das Allgemeinwissen des Durchschnittsbürgers – wenn überhaupt – nur ex post als Maßstab für die Beurteilung der Frage herangezogen werden kann, ob ein konkreter Fundgegenstand tatsächlich als Bodendenkmal behandelt werden hätte müssen. 

Das hilft aber dem Normunterworfenen nur sehr bedingt. Denn der Durchschnittsbürger muss ja auch ex ante die – für ihn eventuell ebenfalls relevante – Frage, welche Sachen er denn nun überhaupt suchen darf, in der Regel richtig beantworten können. Denn das BDA besteht ja seit vielen Jahrzehnten darauf, dass die NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG für alle „Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Bodendenkmale“ (zuletzt wieder wörtlich in BDA 2018, 10) gilt. 

Das macht es für jeden Bürger erforderlich, der irgendwo Nachforschungen zum Zweck der Entdeckung und Untersuchung beliebiger beweglicher und/oder unbeweglicher Sachen durchführen will, den Bodendenkmalsbegriff vor Beginn ihrer Durchführung richtig auszulegen. Dazu muss er aber ermitteln können, was nun Bodendenkmale im Sinne des DMSG sind; und dazu genügt der Rückgriff auf ein angeblich existierendes Allgemeinwissen nicht aus. Denn was Allgemeinwissen ist, kann man nirgendwo nachlesen, nicht einmal im Internet. Der Normunterworfene müsste sich also erst recht auf seinen eigenen Kenntnisstand verlassen, der gerade nicht Allgemeinwissen ist, sondern eben nur, was er als einzelnes Individuum weiß oder zu wissen glaubt.

Auch ein Ausweichen auf bewegliche Fundgegenstände in Museen nutzt dafür nichts. Denn viele Museen stellen auch zahllose Sachen aus, die sicherlich nicht als Bodendenkmale zu betrachten sind, wie moderne, industriell gefertigte Nägel, Knöpfe, Münzen, etc. Die meisten archäologischen Sammlungen enden hingegen spätestens mit dem Ende des Mittelalters, wenn nicht sogar noch früher, und enthalten daher viele bewegliche Sachen nicht, die im Sinne der Legaldefinition dieses Begriffs sehr wohl Bodendenkmale sind oder wenigstens sein könnten. Und da rede ich noch gar nicht davon, dass Museen fast nur bewegliche Sachen ausstellen, nicht auch unbewegliche Sachen, die der Normunterworfene ja durchaus auch suchen können wollte. 

Um bei all diesem Wirrwarr ex ante beurteilen zu können, welche von den beweglichen Sachen, die nichtarchäologische Museen ausstellen und archäologische Museen nicht, nun Bodendenkmale sind, müsste also der Normunterworfene erst recht über jenen besonderen Sachverstand verfügen, der ihm per Definition fehlen muss. Damit scheidet auch der Rückgriff auf in Museen ausgestellte Objekte für den Durchschnittsbürger als Mittel zur ex ante erforderlichen Beantwortung der Frage, welche Sachen er nun – weil sie Bodendenkmale sind – ohne Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 – die er gar nicht erteilt bekommen darf – nicht suchen darf und welche schon.

Die Selbstbindung der Verwaltung durch ihre Entscheidungspraxis

Damit bleibt eigentlich für den Durchschnittsbürger nur eine Möglichkeit, wie er – und sei es auch nur hypothetisch – ex ante ermitteln könnte, ob die Sachen, die er suchen will, Bodendenkmale im Sinne des DMSG sind oder nicht sind; nämlich der Blick auf die bisherige Entscheidungspraxis der für Denkmale zuständigen staatlichen Behörde. Denn diese Behörde ist ja die staatliche Einrichtung, die die zentrale denkmalrechtliche Frage, die der Durchschnittsbürger selbstständig ex ante beantworten soll – nämlich ob eine bestimmte Art von Sache ein Denkmal ist oder wenigstens sein kann –, bezüglich aller Sachen abschließend zu beantworten und auch die gesetzlichen Bestimmungen des DMSG durchzusetzen hat. Es ist daher auch die Behörde, die – wenn sie Kenntnis von einer mutmaßlichen Übertretung der denkmalrechtlichen Vorschriften erlangt – den dafür Verantwortlichen bei den Strafverfolgungsbehörden anzeigen muss. Es ist also die Entscheidungspraxis dieser Behörde, die für den Normunterworfenen besonders relevant ist: folgt er dieser, kann er sich ex ante einigermaßen sicher sein, dass er sich keiner Übertretung der denkmalschutzrechtlichen Vorschriften schuldig machen kann, d.h. rechtmäßig handelt.

Dabei kommt dem Normunterworfenen zu Hilfe, dass der Behörde durch den Gleichheitsgrundsatz des Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG jedwede Ungleichbehandlung rechtlich gleicher Sachverhalte verboten ist (Berka 1999, 487-551, insbesondere 504, 543-548) und sie sich zusätzlich aufgrund des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzprinzips (Berka 1999, 537-543) durch ihre langjährige Entscheidungspraxis wenigstens bis zu einem gewissen Grad selbst bindet. Denn der Normunterworfene – vor allem, wenn er vom Gesetzgeber zur selbstständigen richtigen Auslegung und Anwendung des Gesetzes verpflichtet wurde – muss sich, um die für ihn erforderliche Rechtssicherheit zu erhalten, normalerweise darauf verlassen können, dass er rechtmäßig handelt, wenn er sich so verhält, wie es die zuständige staatliche Behörde bis dato für richtig befunden hat. 

Das schließt zwar keineswegs eine Änderung der behördlichen Entscheidungspraxis aus, wenn dafür gute Gründe vorliegen und diese bzw. zumindest die Tatsache, dass sie ihre Praxis ändert, auch in geeigneter Weise den Normunterworfenen kommuniziert wird; schließt aber jedenfalls willkürliche und nicht geeignet kommunizierte Änderungen ihrer Entscheidungspraxis aus. Der durchschnittliche Normunterworfene kann sich also und muss sich im Zweifelsfall auch an der bisherigen Entscheidungspraxis des BDA orientieren können, wenn er nach dem deklaratorischen Prinzip selbstständig denkmalrechtliche Bestimmungen auszulegen und anzuwenden hat. 

Unterschutzstellungen als Beurteilungsmaßstab

Dafür ist selbstverständlich primär die bisherige Entscheidungspraxis des BDA im Bereich der Unterschutzstellung von Denkmalen relevant: Bodendenkmale sind schließlich nichts anderes als Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG, deren geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung derart beschaffen sein könnte, dass ihre Erhaltung deswegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ob eine zufällig neu entdeckte oder zu suchen beabsichtigte Sache also als Bodendenkmal zu beurteilen ist, ist daher vom Normunterworfenen anhand der bisherigen Entscheidungspraxis des BDA in Unterschutzstellungsverfahren zu entscheiden. 

Konkreter gesagt würde das bedeuten: eine gefundene oder zu suchen beabsichtigte Sache ist ein Bodendenkmal, wenn das BDA schon in der Vergangenheit eine ihr gleiche oder wenigstens sehr ähnliche Sache tatsächlich rechtskräftig unter Denkmalschutz gestellt hat. Denn wenn eine Art von Sache grundsätzlich denkmalschutzwürdig sein könnte, muss davon ausgegangen werden, dass sich normalerweise bereits wenigstens irgendein konkretes Exemplar dieser Art von Sache auch tatsächlich bei der sachverständigen Beurteilung durch das BDA als tatsächlich schutzwürdig herausgestellt hat. 

Denn bei Sachen, deren Erhaltung zwar hypothetisch im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte, aber noch nie tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Durchschnittsbürger nicht davon ausgehen müssen, dass sie dennoch schutzwürdige Denkmale iSd § 1 Abs. 1 sein könnten und daher Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 sind. Denn solange keine gleichartige Sache schon unter Denkmalschutz gestellt wurde, hat der Normunterworfene gar keine Hinweise darauf, dass sachverständige Kreise die Bedeutung dieser Art von Sache als derart beschaffen betrachten könnten, dass ihre Erhaltung deshalb im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte.

Die bisherige Entscheidungspraxis des BDA bei Unterschutzstellungen

Seit Inkrafttreten der Erstfassung des DMSG 1923 sind inzwischen 95 Jahre vergangen, es gibt also eine lange Geschichte der einschlägigen Entscheidungspraxis des BDA. Betrachtet man diese, zeigt sich rasch, welche Arten von unbeweglichen und beweglichen Bodenfunden als Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu betrachten sind:

Seit 1923 bis zum Ende des Kalenderjahres 2015 hat das BDA 1.033 archäologische Denkmale unter Denkmalschutz gestellt (Ployer 2014, 34; Pollak 2014, 34; 2015). In den seither vergangenen ca. 2 Jahren wird es wohl noch weitere ca. 30-40 unter Denkmalschutz gestellt haben (genaue Zahlen liegen noch nicht vor). Hauptsächlich stehen Fundstellen unter Denkmalschutz, die sich in die Kategorien „Siedlungswesen“ (etwas 2/3 aller geschützten archäologischen Denkmale) und „Bestattungswesen“ (ca. 1/3) einordnen lassen (Picker et al. 2016, 287). Aus chronologischer Sicht stammen diese in erster Linie aus urgeschichtlicher bis mittelalterlicher Zeit, seltener aus der Neuzeit und praktisch überhaupt nicht aus dem 20. Jahrhundert. Daraus ließe sich eventuell ableiten, dass Siedlungsfundstellen und Bestattungsplätze, hauptsächlich aus der ferneren Vergangenheit, als Bodendenkmale zu betrachten wären, die den Schutzbestimmungen der §§ 8-11 DMSG unterliegen.

Andere archäologische Denkmale hat das BDA bisher in den 95 Jahren seiner Entscheidungspraxis bisher nur extrem selten unter Denkmalschutz gestellt. In der Kategorie „Wirtschaftswesen“ (z.B. prähistorischer Bergbau, mittelalterliche Glashütten) hat das BDA selbst einen „enormen Aufholbedarf“ festgestellt (Picker et al. 2016, 287). Daraus ließe sich eventuell ableiten, dass auch Fundstellen, die der wirtschaftlichen Produktion dienten, Bodendenkmale sind: hier hat das BDA sozusagen eine geplante Änderung seiner bisherigen Entscheidungspraxis bekanntgegeben, wenngleich auch wohl kaum in für Durchschnittsbürger erkenntlicher Form.

Die Unterschutzstellungpraxis des BDA bei beweglichen Kleinfunden

Keinen Aufholbedarf scheint das BDA hingegen in den Kategorien „Depotfunde“ und „Einzelfunde“ zu sehen. Tatsächlich sind mir bisher überhaupt keine Fälle bekannt, in denen ich nachvollziehbarerweise ermitteln konnte, dass das BDA einen Depot- oder gar Einzelfund tatsächlich unter Denkmalschutz gestellt hätte. Laut seinen eigenen Angaben ist allerdings die Anzahl der bisher unter Denkmalschutz gestellten, derartigen Denkmale nur „verschwindend gering“ (Picker et al. 2014. 287), was impliziert, dass es doch den einen oder anderen Depot- und Einzelfund gibt, den das BDA tatsächlich unter Denkmalschutz gestellt hat.

Aus den letztgenannten beiden Kategorien lässt sich aber keinesfalls die Schlussfolgerung ableiten, dass entsprechend der bisherigen Entscheidungspraxis des BDA daher auch Depot- und Einzelfunde als Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 zu betrachten sind. Das zeigt sich schon daran, dass das BDA selbst, trotz der Tatsache, dass die Anzahl derartiger, unter Denkmalschutz gestellter, beweglicher Denkmale verschwindend gering ist, keinen besonderen Aufholbedarf für Unterschutzstellungen solcher Denkmale sieht. Das BDA geht also wohl selbst in der Regel davon aus, dass Depot- und Einzelfunde keine Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG sind, an deren Erhaltung aufgrund ihrer Bedeutung tatsächlich ein öffentliches Interesse bestehen kann. 

Dies gilt insbesondere für Einzelfunde, von denen mit Sicherheit in der Vergangenheit häufig wenigstens mehrere tausende nicht nur gemacht, sondern dem BDA auch gemeldet wurden. Insbesondere bei den schon weiter oben erwähnten römischen Münzen zeigt sich anhand der Münzfundberichte in den Fundberichten aus Österreich, die das BDA ab dem Jahr 1985 aufgrund der zu hohen Anzahl gemeldeter Einzelfunde (jeweils viele hunderte, in manchen Jahren sogar mehrere tausende) nicht mehr weitergeführt hat, dass das BDA, trotz inzwischen vieler tausender Einzelfunde davon, wenigstens soweit ich das nachvollziehen kann, niemals auch nur eine unter Denkmalschutz gestellt hat. Der Durchschnittsbürger muss also schon allein aufgrund dieser Tatsache davon ausgehen, dass wenigstens Einzelfunde von römischen Münzen niemals Denkmale iSd § 1 Abs. 1 sein können, an deren Erhaltung aufgrund ihrer Bedeutung ein öffentliches Interesse auch nur bestehen könnte.

Davon völlig abgesehen sind Kategorien wie „Einzelfunde“ auch aus denkmalrechtlicher Sicht vollkommen sinnlos, denn diese Kategorie würde, wenn sie verallgemeinert werden könnte, neuerlich nichts anderes als alle Funde von beweglichen, möglicherweise von Menschen geschaffenen Sachen umfassen, die der Gesetzgeber keineswegs alle schützen wollen kann. Damit würde aber vom Durchschnittsbürger neuerlich besonderer Sachverstand für die Beurteilung der Frage verlangt, ob nun ein bestimmter Einzelfund ein möglicherweise schützenswertes Denkmal und damit ein Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 ist, oder ob er das nicht ist.

Es folgt also zwingend, dass der Durchschnittsbürger aus der bisherigen, seit 95 Jahren gleichartigen, Entscheidungspraxis des BDA und dessen öffentlich (wenn auch in ungeeigneter Form) bekanntgegebenen Einschätzung des Fehlens eines bedeutenden Nachholbedarfs im Bereich der Unterschutzstellung beweglicher Kleinfunde ableiten muss, dass bewegliche Kleinfunde keine Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG sein können.

Die Kritik des Rechnungshofs an der Unterschutzstellungspraxis des BDA

Abschließend scheint es auch noch angebracht, einen kurzen Blick auf die vor etwa einem Jahr in seinem Prüfbericht veröffentlichte Kritik des Rechnungshofs an der Unterschutzstellungspraxis des BDA zu werfen (RH 2017, 41-47). In dieser ging der Rechnungshof spezifisch auf die mangelnde Transparenz der Unterschutzstellungskriterien ein, die das BDA weder intern definiert noch extern bekannt gemacht habe. Daher empfahl der Rechnungshof, dass „das BDA für die Bevölkerung die im Gesetz genannten Kriterien (Qualität, Vielfalt, Vielzahl und Verteilung), die für die Beurteilung, ob ein Denkmal schützenswert ist, herangezogen werden, konkreter beschreiben sollte, um ihr aufzuzeigen, wie es im Allgemeinen diese Kriterien auslegt“ (RH 2017, 47).

Gerade im Zusammenhang mit dem bisher Gesagten erweist sich das als fundamentales Problem: selbst dem Rechnungshof scheint es so, als ob die Unterschutzstellungspraxis des BDA und die dafür herangezogenen Kriterien vollkommen intransparent wären. Wie da ein Durchschnittsbürger, der selbstständig den Bodendenkmalsbegriff des § 8 Abs. 1 DMSG mit seinem dreifachen Konjunktiv richtig auslegen soll – den er, weil er die Bestimmungen der §§ 8-11 ja nach dem deklaratorischen Prinzip anwenden muss, auch ex ante richtig auslegen können muss – ist nicht erkennbar. Anhand einer völlig intransparenten behördlichen Entscheidungspraxis kann der durchschnittliche Normunterworfene aber unmöglich erkennen können, ob eine Sache, die er gefunden hat oder zu finden beabsichtigt, ein Bodendenkmal im Sinne der Legaldefinition des DMSG ist oder nicht; und diesen Rechtsbegriff auch nicht richtig auslegen können. 

Ein nicht hinreichend bestimmter unbestimmter Rechtsbegriff

Somit erweist sich der Bodendenkmalsbegriff des § 8 Abs. 1 DMSG als jedenfalls nicht hinreichend bestimmt, um dem staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen. Denn der durchschnittliche Normunterworfene kann diesen Begriff normalerweise weder ex ante, d.h. bevor er Nachforschungen zur Entdeckung einer bestimmten Art von Sache durchführt, noch ex post, d.h. nachdem er – ob nun vorsätzlich oder rein zufällig – eine konkrete Fundsache entdeckt hat, richtig auslegen können.

Er kann das nicht einmal dann, wenn er die zuständige Behörde um die Manuduktion ersucht, zu der diese gem. § 13a AVG gesetzlich verpflichtet ist, ganz besonders in einem Fall, in dem er selbstständig einen unbestimmten Rechtsbegriff richtig auslegen und dann darauf basierende gesetzliche Bestimmungen anzuwenden hat. Denn die Behörde hat selbst im Prüfungsverfahren durch den Rechnungshof darauf bestanden, dass sich die Kriterien für die Entscheidung der – in diesem Kontext absolut zentralen – Rechtsfrage „aus dem DMSG und der Judikatur“ ergeben würden und die „vom RH monierten Vorgaben für die Anwendung“ dieser Kriterien „der ständigen Rechtsprechung“ widersprechen würden (RH 2017, 46).

Dadurch, dass der unbestimmte Rechtsbegriff "Bodendenkmal" nicht hinreichend bestimmt ist und sich das BDA nun auch schon seit Jahrzehnten systematisch weigert, ihn im Rahmen des ihm dadurch erwachsenden Ermessensspielraums genauer zu bestimmen; und sich auch aus der 95-jährigen Entscheidungspraxis des BDA keine für den Durchschnittsbürger selbst nachvollziehbaren Kriterien für seine korrekte Auslegung ex ante ableiten lassen; ist aber nicht nur die Legaldefinition des Bodendenkmalbegriffs verfassungswidrig. Mit dem Begriff selbst kippen zwingend auch die mit ihm verbundenen Schutzbestimmungen für Bodendenkmale der §§ 8-9 bzw. sogar 8-11 DMSG. 

Denn nachdem der Normunterworfene gar nicht richtig beurteilen können kann, ob eine von ihm zufällig gefundene Sache ein Bodendenkmal ist, kann er auch in keinem Fall zur Fundmeldung gem. § 8 noch zur Beachtung ihrer Rechtsfolgen gem. § 9 verpflichtet sein. D.h. es kippt auch automatisch die Verpflichtung des § 9 Abs. 1 zur Einstellung aller Arbeiten an der Fundstelle auf bis zu 5 Werktage; die Verpflichtung des Finders gem. § 9 Abs. 2 zur Bergung der Funde bei sonstiger Gefahr deren Verlustes; selbstverständlich auch die zeitweilige automatische Unterschutzstellung zufällig entdeckter Bodendenkmale des § 9 Abs. 3; und natürlich auch das Recht des BDA, gem. § 9 Abs. 4 neu entdeckte bewegliche Bodendenkmale für bis zu zwei Jahre befristet zur wissenschaftlichen Bearbeitung einzuziehen. Ebenso kippen die eigentumsrechtlichen Sonderregelungen für Funde beweglicher Bodendenkmale des § 10 samt den Vorankaufsrechten der Gebietskörperschaften für Funde, die auf ihrem Grundeigentum oder bei aus ihren Mitteln finanzierten Grabungen auf privatem Grund entdeckt wurden. 

Und schließlich kippen auch die Bestimmungen für vorsätzliche Nachforschungen zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung von Bodendenkmalen; selbstverständlich inklusive der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1, wenn diese NFG-Pflicht tatsächlich so ausgelegt werden kann, wie das BDA (2018, 10-20) das glaubt. Denn gilt diese NFG-Pflicht für alle an Ort und Stelle durchgeführten Nachforschungen „zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung von beweglichen und unbeweglichen Bodendenkmalen“ (BDA 2018, 10), aber kann der Normunterworfene nicht richtig bestimmen können, welche Sachen, deren Entdeckung er tatsächlich bezweckt, Bodendenkmale sind, muss er auch für keine seiner geplanten Nachforschungen eine Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 beantragen.

Dadurch, dass sich das BDA nun seit Jahrzehnten hinter dem maximal unbestimmten Rechtsbegriff Bodendenkmal des § 8 Abs. 1 DMSG zu verstecken versucht hat, hat es letztendlich das Gegenteil von dem erreicht, was es eigentlich erreichen wollte. Die dadurch erzeugte Rechtsunsicherheit führt nämlich nicht etwa dazu, dass der totale Denkmalschutz, den es erhofft hat, erreicht wird. Es muss sich nämlich deshalb nicht jeder Normunterworfene – weil er sich stets im Zweifel befinden muss – immer an alle Bestimmungen der §§ 8-11 halten, weil ja alle Fundsachen Bodendenkmale sein und überall Bodendenkmale vorkommen könnten. Vielmehr führt sie nur in eine Verletzung des staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes, was zur Folge hat, dass der Normunterworfene den Bodendenkmalsbegriff nicht richtig auslegen und daher auch nicht wissen können kann, wann er die Bestimmungen der §§ 8-11 zu beachten hat. Und da er das nicht kann, muss er sie gar nicht beachten.

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