Die Raubgrabung des Benjamin Czerny in Rülzheim
Der Fall hatte 2013 als Folge der Entdeckung eines Hortfundes aus dem 5.
Jh. n.Chr. durch einen Metallsucher, Benjamin Czerny (Abb. 1), in einem Wald
bei Rülzheim in Rheinland-Pfalz seinen Ausgang genommen (Pecht n.d.). Czerny
grub seinen Fund unsachgemäß aus, wobei er auf etwa 60 Mal 60 cm Fläche bis zu
etwa 1 Meter Tiefe in den Boden eingriff. Die dabei entdeckten Gegenstände –
über 100 Objekte aus Gold und Silber – verbrachte er ex situ und unterließ in
der Folge für etwa sieben Monate die gem. § 984 BGB jedenfalls gesetzlich
verpflichtend und auch die gem. § 17 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz Rheinland-Pfalz
(DSchG-RP) möglicherweise ebenfalls gesetzlich verpflichtend zu erstattende
Fundmeldung. Erst als die Polizei von diesem Vorfall erfuhr und Ermittlungen
aufnahm, meldete Czerny im Frühjahr 2014 den Fund dann doch der
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE-RP).
Abbildung 1: Selbstdarstellung von B. Czerny auf Facebook
(von https://www.facebook.com/bennyvon.czerny [17.2.2018]). |
Schon unmittelbar nach seiner Entdeckung löste der Fall einen kleinen
Sturm der Entrüstung in den Medien und einen weit größeren in der
archäologischen Fachwelt aus. Aus archäologischer Sicht war Czernys Vorgehen
schließlich ein ganz krasser Fall dessen, was wir gewöhnlich in unserem
Fachjargon als eine „Raubgrabung“ bezeichnen: die unsachgemäße Bergung ex situ eines
bis zu seiner Entdeckung noch (weitgehend) ungestört in situ in seinem
Befundkontext befindlichen archäologischen Fundkomplexes (Karl 2017) durch
einen nicht fachlich geschulten Laien, der diesen noch dazu der örtlich
zuständigen archäologischen Fundmeldebehörde verheimlicht hatte. Gerade für
ArchäologInnen lag aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Falls der
Verdacht nahe, dass Herr Czerny seinen Fund nicht zuletzt deshalb verheimlicht
hatte, weil er ihn selbstsüchtig zu seinem eigenen Vorteil wirtschaftlich
gewinnbringend am illegalen Markt für archäologische Kulturgüter verkaufen
wollte.
Aus medialer Sicht war der Fund hingegen schon allein deshalb ein
gefundenes Fressen, weil „spektakuläre“, auch wirtschaftlich wertvolle Klunker
gefunden worden waren, von denen es auch gleich attraktive Fotos gab. Das zieht
schon allein deshalb Publikum an, weil es eine Geschichte über einen märchenhaften
Schatzfund ist, von dem viele Menschen träumen, weil er nicht nur ein populäres
Motiv in Kindergeschichten, sondern auch wirtschaftlich attraktiv ist. Der
Traum vom wertvollen Schatz, der dem ehemals armen, von (wirtschaftlichen)
Existenzängsten geplagten Schlucker ein (wirtschaftlich) sorgloses Leben
beschert, ist schließlich auch der Grund, weshalb viele von uns Lotterie
spielen. Dass die Geschichte noch dazu Elemente eines Krimis hatte, machte sie
medial nur noch attraktiver: ja im Wald, da sind die Räuber, und sie graben
dort Goldschätze aus. Und dann kam er noch aus dem 5. Jh. n.Chr. und vom Rhein;
was unmittelbar an den sagenhaften Nibelungenschatz denken lässt (Pecht n.d.):
vom düsteren Hagen von Tronje in den Fluten des Rheins versenkt bringt der
legendär unglücksbringende Schatz nun auch noch seinen modernen Wiederentdecker
in Schwierigkeiten.
Die archäologische Denkmalpflege und ihr Bedarf nach Exempeln
So schlecht dieser Fall aus archäologischer Sicht bei der Bergung des
Fundes verlaufen war, so geeignet erschien er für die archäologische
Denkmalpflege, um eine ihrer zentralen Schutztheorien praktisch umsetzen zu
können: die Theorie der Abschreckungswirkung von gesetzlichen Verboten. Denn
aus archäologischer Sicht erschien dieser Fall wie ein Lehrbuchbeispiel für
eine illegale „Raubgrabung“ durch einen geldgierigen Metallsucher, den man vor
Gericht gar nicht verlieren zu können schien. Und aufgrund seiner Eigenarten schien
großes Medienecho garantiert. Der Fall schien daher aus archäologisch-denkmalpflegerischer
Sicht perfekt dafür geeignet, um ein Exempel statuieren und somit die
Abschreckungswirkung der denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen maximieren zu
können.
Warum halten sich Menschen an Gesetze?
Für das Funktionieren (moderner) Rechtsstaaten ist es erforderlich, dass
sich die Adressaten der staatlichen Gesetzgebung – d.h. in der Regel alle
Personen, die sich im Territorium des betreffenden Staates aufhalten – an die
dort geltenden Gesetze halten; und zwar (in der Theorie immer, in der Praxis
wenigstens nahezu) immer, auch wenn es ihnen in einem konkreten Einzelfall persönlich
zum Nachteil gereicht. Nun lassen es aber die alltägliche Lebenserfahrung bzw.
der „gesunde Menschenverstand“ als selbstverständlich erscheinen, dass sich
Menschen normalerweise nicht von sich aus – sozusagen völlig freiwillig – in einer
Weise verhalten, die ihnen persönlich zum Nachteil gereicht oder auch nur zu
diesem gereichen könnte, bloß weil das der Gesetzgeber gerne so hätte. Vielmehr
tun sie normalerweise eher das genaue Gegenteil: sie scheinen sich in der Regel
so zu verhalten, dass ihnen daraus der größtmögliche Vorteil entsteht, egal was
der Gesetzgeber (oder sonst jemand) von ihnen möchte.
Der Gesetzgeber (und auch der Durchschnittsbürger) glaubt daher
(normalerweise), dass Normunterworfene in irgendeiner Weise dazu motiviert
werden müssen, sich auch dann an gesetzliche Bestimmungen zu halten, wenn ihnen
das persönlich zum Nachteil gereichen würde. Diese Motivation scheint den
Normunterworfenen – wieder dem gesunden Menschenverstand folgend und, ob nun
bewusst oder unterbewusst, den Menschen als rational seinen eigenen Vorteil
maximierenden homo oeconomicus betrachtend – am ehesten durch die Bestrafung
des gesetzeswidrigen und eventuell auch (wo dies sinnvoll erscheint) durch die
Belohnung des gesetzmäßigen Verhaltens gegeben werden zu können. Zwar zeigen
rechtspsychologische Untersuchungen (z.B. Tyler 2006), dass das in der Praxis
nicht bzw. höchstens in sehr beschränktem Maß funktioniert: Menschen handeln
scheinbar normalerweise nicht primär rational vorteilsmaximierend, sondern weit
irrationaler, als wir alle das gerne von uns selbst glauben würden. Aber das
Prinzip des Bestrafens des falschen und Belohnens des richtigen Verhaltens
scheint so unmittelbar einleuchtend, dass man kaum dagegen ankommt.
Nachdem also das Modell des rational eigennützig agierenden Menschen so
unmittelbar einleuchtend erscheint, bauen praktisch unser gesamtes Rechtssystem
und damit auch die Denkmalschutzgesetze auf ihm auf. Der Gesetzgeber nimmt auf
Basis dieses Modells an, dass, wenn er die verbotene Handlung nur mit
ausreichend harter Strafe bedroht, der rational eigennützig handelnde
Normunterworfene den Vorteil, den er vermutlich aus der verbotenen Handlung
gewinnen dürfte gegen den Nachteil, der ihm aus der angedrohten Strafe entstehen
würde, in Form einer Kosten:Nutzen-Rechnung gegeneinander abwiegt. Bei dieser
Rechnung kommt er dann, wenn die durch die ihm angedrohte Strafe mutmaßlich
entstehenden Kosten den ihm aus der verbotenen Handlung mutmaßlich erwachsenden
Nutzen überwiegen, zum Ergebnis, dass er den größten Vorteil für sich daraus
gewinnen kann, wenn er das gesetzliche Verbot beachtet und die verbotene
Handlung unterlässt.
Daraus folgt in der Theorie: die angedrohte Strafe sorgt dafür, dass die
verbotene Handlung unterlassen wird und entfaltet somit präventive Wirkung.
Nun ist es aber in der Praxis dummerweise so, dass die bloße Androhung
einer bestimmten Strafe eigentlich völlig egal ist. Denn der rational
eigennützig handelnde Normunterworfene weiß natürlich, dass er zuerst einmal
erwischt und verurteilt werden muss, damit aus der vom Gesetzgeber angedrohten
auch eine ihm reale Kosten verursachende, von der Gerichtsbarkeit über ihn
verhängte, Strafe wird. Der wirklich rational eigennützig handelnde
Normunterworfene wird daher in seiner Kosten:Nutzen-Rechnung auch mit
berücksichtigen, wie hoch die jeweilige Eintrittswahrscheinlichkeit der
angedrohten Kosten der verbotenen Handlung und des durch sie erwarteten Nutzens
ist.
Daraus folgt dann aber zwingend, dass, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit
der Kosten enorm niedrig, die Eintrittswahrscheinlichkeit des erwünschten
Nutzens hingegen sehr hoch ist, die angedrohte Strafe enorm hoch und der
erwartete Nutzen sehr niedrig sein muss, damit der rational eigennützig
handelnde Normunterworfene immer noch dadurch zur Beachtung des gesetzlichen
Verbots motiviert wird. Der Gesetzgeber kann jedoch die Strafandrohung nicht
beliebig steigern: denn zum einen muss er die Strafandrohung in einem
einigermaßen ausgewogenen Verhältnis mit der für andere, gesellschaftlich als weit
gravierender erachtete, Delikte halten, weil sonst die gesellschaftliche
Akzeptanz des Strafrechtssystems insgesamt verloren geht. Niemand würde z.B.
verstehen, wenn eine sanfte Ohrfeige mit strengerer Strafe bedroht würde als
Mord. Und zum anderen ist die Maximalstrafe, die er für allgemein als schwere
Verbrechen angesehen Delikte verhängen kann, natürlich beschränkt; selbst wenn
er die Todesstrafe durch grausame Foltermethoden als Maximalstrafe vorsehen
würde, die in unseren Ländern – nicht zuletzt auch aufgrund schlechter
historischer Erfahrungen damit – extrem verpönt ist, kann der Gesetzgeber
darüber hinaus nicht viel weiter gehen. Damit ist der Gesetzgeber, gerade was
die Höhe der Strafandrohung für gesamtgesellschaftlich als eher „minder“ betrachtete
Delikte betrifft, stark in seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit
beschränkt.
Das wiederum hat zur Folge, dass es – damit die Theorie der
abschreckenden Wirkung von gesetzlichen Strafandrohungen in der Praxis
funktionieren kann – immer wieder der Exempel bedarf, die den Normunterworfenen
deutlich zeigen, dass einer verbotenen Handlung auch tatsächlich mit
einigermaßen hoher Wahrscheinlichkeit die angedrohte Strafe folgt. Denn erst
die tatsächlich erfolgreichen Strafverfolgungen, die auch wirklich öffentlich
bekannt werden, erzeugen die präventive Wirkung, die gesetzliche Verbote
entfalten sollen (wie viel oder wenig solche Wirkung sie auch dann entfalten
mögen).
Die archäologische Denkmalpflege und die „Raubgrabungen“
Unbestritten ist – sowohl inner- als auch außerfachlich –, dass die
wichtigste Aufgabe der (spezifisch) archäologischen Denkmalpflege der Schutz
der wissenschaftlichen Primärquellen der Archäologie ist, d.h. in einem
modernen Fachverständnis der Schutz der in den möglichst ungestörten
archäologisch aussagekräftigen Kontexten im Boden gespeicherten historischen
Informationen.[1] Teil
dieser Aufgabe ist daher zweifelsfrei auch der Schutz der archäologischen
Denkmale vor unsachgemäßen Fundbergungen, d.h. vor sogenannten „Raubgrabungen“ wie
jener, die Herr Czerny in Rülzheim durchgeführt hat, als er den
„Barbarenschatz“ undokumentiert aus dem Boden gerissen hat.
Man kann zwar trefflich darüber streiten, ob die Verhinderung von
„Raubgrabungen“ nun einer der wichtigsten oder doch eher nur einer der
unwichtigeren Teile dieser Aufgabe ist, oder nicht sogar solche „Raubgrabungen“
fachlich mehr Nutzen als Schaden erzeugen (siehe „Against retention in situ“), aber letztendlich bleibt klar: der
archäologische Idealfall sind solche unsachgemäß durchgeführten Fundbergungen
nicht. Es ist daher jedenfalls eine Aufgabe der archäologischen Denkmalpflege,
dafür zu sorgen, dass unsachgemäße Fundbergungen möglichst effektiv verhindert
werden.
„Raubgrabungen“ zu verhindern versucht die deutschsprachige
Denkmalpflege schon seit ihrem Anbeginn durch Grabungs- bzw.
Nachforschungsgenehmigungspflichten (NFG-Pflichten); so auch das DSchG-RP mit
seinem § 21 Abs. 1 und der damit verbundenen Ordnungswidrigkeit des § 31 Abs. 1
Z 12. Dabei wird diese NFG-Pflicht von vielen Denkmalämtern und ihren JuristInnen
als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt ausgelegt – so auch konkret im
etwas veralteten, aber immer noch relevanten Kommentar zum DSchG-RP (Hönes
1995, 273) –, also als Verbot, dass das Ziel hat, das verbotene Verhalten
möglichst zu unterbinden und nur ausnahmsweise zuzulassen (Pieroth et al. 2015,
75).[2]
Nun ist aber gerade ein Verbot unsachgemäß durchgeführter Fundbergungen
infolge der Ortung eines Fundes mittels eines Metall- bzw. Schatzsuchgerätes
aufgrund der Natur derartiger Handlungen kaum zu exekutieren. Nicht nur kann
diese Handlung nahezu überall im Land zu nahezu jeder beliebigen Tages- und
Nachtzeit durchgeführt werden; sondern solche Handlungen konzentrieren sich
sogar hauptsächlich an solchen Orten, an denen zu den meisten Zeiten gar kein
(anderer) Mensch ist, der den Täter bei der Durchführung der verbotenen
Handlung beobachten und ihn dafür anzeigen könnte. Und die meisten Menschen
wissen nicht einmal, unter welchen Umständen die Verwendung eines
Metallsuchgerätes überhaupt verboten ist (und diese Frage ist auch gar nicht so
einfach zu beantworten, wie wir ArchäologInnen das gerne glauben) oder halten
die unerlaubte Metallsuche selbst dann für ein Kavaliersdelikt, wenn sie das
doch wissen. Die Chance, einen Metallsucher, der eine tatsächlich gesetzlich
verbotene Schatzsuche ohne die dafür erforderliche behördliche Genehmigung
durchführt, auch nur in flagranti zu erwischen, geschweige denn ihn der
verbotenen Tat auch tatsächlich überführen zu können, ist also schon von Haus
aus verschwindend gering.
Erschwerend hinzu kommt, dass die für die ungenehmigte, aber tatsächlich
genehmigungspflichtige Metallsuche in den seltenen Fällen, in denen doch eine
Verurteilung des Täters erreicht werden kann, verhängten Strafen den meisten
ArchäologInnen und archäologischen DenkmalpflegerInnen deutlich zu niedrig
erscheinen. Zwar drohen die gesetzlichen Ordnungswidrigkeitsbestimmungen – und
darum handelt es sich normalerweise[3]
– durchaus massive Höchststrafen an – § 33 Abs. 2 DSchG-RP z.B. für die
Verletzung des § 33 Abs. 1 Z 12 eine Geldstrafe bis zu € 125.000 – aber die
normale Ordnungswidrigkeitsbuße für überführte Ersttäter übersteigt in der
Praxis nur in den seltensten der ohnehin schon seltenen Fälle € 1.000.
Daraus folgt dummerweise unter der Annahme der Theorie der
abschreckenden Wirkung gesetzlicher Strafen für rational eigennützig handelnde
Täter, dass die gesetzlichen Verbote von „Raubgrabungen“ durch die
NFG-Pflichten der Denkmalschutzgesetze praktisch überhaupt keine abschreckende
Wirkung entfalten können. Denn der rational eigennützig handelnde Täter kann
sich leicht ausrechnen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er für eine
ungenehmigte, aber genehmigungspflichtige Schatzsuche zu einer Geldstrafe von
ca. € 1.000 verurteilt wird, praktisch gleich Null ist, während er aller
Wahrscheinlichkeit nach niemals erwischt werden wird und bei wenigstens vielen
seiner Suchen den von ihm gewollten Nutzen erzielen wird. Und ein marginales
Restrisiko, dass er vielleicht einmal in seinem Leben € 1.000 dafür zahlen
muss, dass er viele hunderte, wenn nicht tausende oder mehr archäologische Funde
findet, die er gerne finden möchte, ist praktisch jedem rational eigennützig
handelnden Schatzsucher sein Hobby wert; selbst wenn er seine Funde nur selbst
sammeln und nicht gewinnbringend verkaufen will.
Staatliche Schatzregale
Nicht zuletzt deshalb haben deutsche ArchäologInnen und archäologische
DenkmalpflegerInnen seit langem auf staatliche Schatzregale für archäologische
Funde gedrungen und auch tatsächlich in den letzten Jahrzehnten in 15 von 16
deutschen Ländern erfolgreich wenigstens ‚kleine‘ Schatzregale in ihre jeweils
örtlich relevanten DSchG hineinreklamiert; so auch in Rheinland-Pfalz in Form
von § 20 Abs. 1 DSchG-RP.
Denn bei den staatlichen Schatzregalen für archäologische Funde ging es
uns ArchäologInnen und archäologischen DenkmalpflegerInnen immer schon
bestenfalls höchst sekundär darum, dass wir die beweglichen Kleinfunde
staatlichen Sammlungen einverleiben und damit als „Quellen der archäologischen
Forschung“ erhalten können. Weil nicht nur quellen diese Sammlungen in aller
Regel ohnehin schon ob viel zu vieler in ihnen gelagerter Funde aus allen Nähten
(siehe dazu z.B. Karl 2015a), sondern aus fachlicher Sicht sind die unsachgemäß
durch SchatzsucherInnen geborgenen Funde wissenschaftlich auch praktisch völlig
wertlos (siehe dazu z.B. Kriesch et al. 1997, 26). Wir brauchen also die
Schatzsucherfunde eigentlich gar nicht, sondern sie stellen, wenn überhaupt,
eine Belastung für uns dar.
Warum also dann die staatlichen Schatzregale?
Nun, einerseits um die Bestimmungen des § 984 BGB bei Funden umgehen zu
können, die auf sachgerechten (eventuell sogar von den Denkmalbehörden selbst
durchgeführten) archäologischen Ausgrabungen entdeckt wurden. Daher sehen auch
alle deutschen archäologischen Schatzregale vor, dass derartige Funde
automatisch mit ihrer Entdeckung ins Landeseigentum übergehen. Dadurch ersparen
sich die Länder, die ein Schatzregal haben, die Entschädigung des
Grundeigentümers, der ohne dieses gem. § 984 BGB automatisch zum hälftigen
Eigentümer aller auf seinem Grund und Boden gefundenen archäologischen
„Schatzfunde“ würde. Denn die Entschädigung des Grundeigentümers kann oft
aufwändig und – wenn auch nur in extrem seltenen Fällen – für den Staat teuer
sein: eher aufwändig als teuer, wenn der „lästige“ Grundeigentümer auf einer
Schätzung des Verkehrswertes aller aufgefundenen Gegenstände besteht, was
insbesondere bei größeren Fundmengen gewaltigen Aufwand verursacht, der noch
dazu in der Regel weit mehr kostet, als das Fundmaterial in seiner Gesamtheit
wert ist. Teuer, wenn tatsächlich einmal der seltene Fall eintritt, dass ein
wirklich auch wirtschaftlich wertvoller Fund gemacht wird, wie z.B. der römische Pferdekopf aus Waldgirmes in Hessen, der letztendlich auf € 1,6
Millionen geschätzt wurde. Sparsam wie sie sind, wollen die Länder also bei der
Entschädigung des Grundeigentümers gem. § 984 BGB sparen, indem sie sich
einfach auf ihre Kulturhoheit berufen und damit die hadrianische Teilungsregel
des BGB außer Kraft setzen können.
Aber auch das ist uns ArchäologInnen und auch den archäologischen
DenkmalpflegerInnen eigentlich weitgehend egal. Was staatliche Schatzregale für
die archäologische Denkmalpflege wirklich attraktiv macht, ist, dass durch ein
archäologisches Schatzregal der Staat automatisch mit der Entdeckung eines,
unter dieses fallenden, Fundes zu seinem rechtmäßigen Eigentümer wird. Damit
bringt man aber seinen Finder, wenn er diesen verheimlicht, aus dem Bereich der
denkmalschutzrechtlichen Ordnungswidrigkeiten in den Bereich des Strafrechts,
nämlich konkret in den der Unterschlagung gem. § 246 StGB.
Dieses Delikt ist nun nicht nur eine bloße Ordnungswidrigkeit, sondern
eine Straftat, was nicht nur viel abschreckender klingt, sondern aus
archäologisch-denkmalpflegerischer Sicht noch eine ganze Reihe weiterer
Vorteile mit sich bringt. Zum einen ist gem. § 246 Abs. 3 StGB schon der bloße
Versuch und nicht erst die vollbrachte Tat strafbar, d.h. man muss nicht wie
bei Ordnungswidrigkeiten nach den Denkmalschutzgesetzen nachweisen können, dass
der Täter den Taterfolg wirklich herbeigeführt hat. Auch ist der Strafrahmen
deutlich höher als bei Ordnungswidrigkeiten nach den Denkmalschutzgesetzen: bis
zu drei Jahre Haft kann der Täter für eine Unterschlagung ausfassen; und selbst
Ersttäter kommen oft nicht ohne Haftstrafe davon, selbst wenn diese auf
Bewährung ausgesetzt sein mag. Und das hat einen riesigen Vorteil: erwischt man
den Ersttäter nämlich noch einmal, dann muss er die gesamte Strafe zusätzlich
zur dann vermutlich nicht mehr auf Bewährung ausgesetzten zweiten Strafe
absitzen. Da reden wir dann tatsächlich gleich einmal über mindestens zwei bis
drei Jahre Haft. Und, was vielleicht am wichtigsten ist: der Staat und damit auch
die Polizei und Staatsanwaltschaft sind weitaus motivierter, die Unterschlagung
von Staatseigentum ernsthaft zu verfolgen als bloße Ordnungswidrigkeiten;
insbesondere, wenn es um Funde mit bedeutenderem wirtschaftlichen Wert geht.
Und auch die Gerichte sind weit geneigter, solche Fälle ernst zu nehmen als die
bloßen Ordnungswidrigkeiten nach den Denkmalschutzgesetzen.
Kurz gesagt: die Wahrscheinlichkeit, dass dem Täter – und sei es nur aus
Gründen der Generalprävention – eine tatsächlich andere Normunterworfene von
der verbotenen Handlung abschreckende Strafe aufgebrummt wird, steigt massiv
an. Damit kann sich dann, so hofft die archäologische Denkmalpflege wenigstens,
endlich die erwünschte Wirkung der Theorie der Abschreckung durch gesetzliche
„Raubgrabungsverbote“ entfalten.
Exempel
Qua staatlichem Schatzregal glaubt also die archäologische Denkmalpflege
die Chance zu bekommen, jene Exempel statuieren zu können, die ihr das
Denkmalschutzrecht nicht zu statuieren erlaubt; die sie aber zu brauchen
glaubt, damit die gesetzlichen „Raubgrabungsverbote“ die abschreckende Wirkung
entfalten können, die dann die denkmalpflegerisch unerwünschten unsachgemäßen
Fundbergungen durch schatzsuchende Laien verhindern soll.
Und für genauso ein Exempel schien sich der Fall Rülzheim eminent
anzubieten: man hatte schließlich schon im vergleichbaren Krimi um die
Himmelsscheibe von Nebra gesehen, dass man mit Strafverfahren wegen
Unterschlagung von Staatseigentum die Täter tatsächlich – wenn auch in diesem
Fall nur auf Bewährung – hinter die sprichwörtlichen Gitter bekommt (NGZ Online
2003), hinter denen die Archäologie und archäologische Denkmalpflege
„Raubgräber“ generell am liebsten sehen will. Der Fall Rülzheim schien sehr
ähnlich gelagert: Das DSchG-RP sah ein staatliches Schatzregal für bedeutende
archäologische Funde vor. Der Schatz wurde schon anfänglich von einem
beigezogenen Fachgutachter auf einen Wert von – rund – einer halben Million
Euro geschätzt, was zwar bei weitem nicht so viel wie der Wert der
Himmelsscheibe, aber dennoch eine beachtliche Summe und der Fund somit
eindeutig bedeutend zu sein schien. Und Czerny hatte unbestreitbarer Weise im
Wald bei Rülzheim ohne NFG mit dem Metallsuchgerät gesucht und den Fund
anschließend an seine Bergung ex situ über ein halbes Jahr vor den zuständigen
Fundmeldebehörden (als die sich die GDKE-RP verstand, aber siehe dazu schon „Denkmalwert
und archäologische Funde“) verheimlicht.
Aus Sicht der archäologischen Denkmalpflege schien der Fall also eminent
als Exempel geeignet: man glaubte wohl, ihn gar nicht verlieren zu können. Also
entschloss man sich – statt dem Täter die Ordnungswidrigkeitsstrafe
aufzubrummen, die man ihm wohl (einigermaßen) problemlos anhängen hätte können,
und den Schatzfund einfach einzuziehen, wie man es normalerweise in Fällen
macht, in denen einmal ein „Raubgräber“ tatsächlich erwischt wird – an Benjamin
Czerny ein Exempel zu statuieren und ihm das Strafgesetzbuch an den Kopf zu
werfen; selbstverständlich nicht ohne deswegen auch gleich ausgiebig die
mediale Trommel zu rühren und den Fall möglichst breit auszuschlachten.
Der Fall Rülzheim vor Gericht
Anfänglich schien es auch tatsächlich so, als ob der Plan aufgehen
würde: im ersten Verfahren tischt Czerny die üblichen Märchen auf, die „Raubgräber“
gewöhnlich erzählen, wenn sie doch einmal erwischt werden. Insbesondere
relevant ist seine Behauptung – es geht schließlich um Unterschlagung – zuerst
den Schatzfund gar nicht als solchen erkannt und dann erst – monatelang –
Recherchen betrieben zu haben; und den Fund dann doch freiwillig gemeldet zu
haben, nachdem er ihn vor einer Hausdurchsuchung durch die Polizei, die ihm
bereits auf den Fersen war – angeblich aus Angst vor „Einbrechern“ – aus dem
Haus geschafft und andernorts versteckt hatte (Rhein-Neckar-Zeitung 2015). Die
zuständige Richterin glaubte selbstverständlich nicht ihm, sondern der
Staatsanwaltschaft und deren archäologischen ExpertInnen. Erstinstanzliches
Resultat: 15 Monate Haft, wenngleich auch nur auf Bewährung, plus einer vergleichsweise
lässlichen, unbedingten Geldstrafe von € 3.000, zu zahlen an ein Kinderhospiz
(Karl 2015b, 8-9). Aber Archäologie und Denkmalpflege jubelten trotzdem:
immerhin doch noch deutlich mehr als selbst die Raubgräber von Nebra ausgefasst
hatten, Bewährung hin oder her. Das gewünschte Exempel schien statuiert worden
zu sein; auch wenn seine Auswirkungen, wie ich in einer kurz danach
durchgeführten Untersuchung gezeigt habe (Karl 2015b), wohl eher beschränkt
geblieben sein dürften.
Czerny konnte oder wollte dieses Urteil hingegen nicht einfach
hinnehmen, seinen eigenen Worten zufolge „weil
ehrliche Finder nicht bestraft werden dürfen“ (Rhein-Neckar-Zeitung 2015)[4]
und ging daher in die Berufung. Auch diese verlief aber noch nicht besonders
erfolgreich für ihn: das Landgericht Frankenthal bestätigte die Verurteilung
Czernys wegen Unterschlagung, minderte allerdings die Strafe auf 8 Monate auf
Bewährung (Rhein-Neckar-Zeitung 2016). Für die Archäologie und die
archäologische Denkmalpflege war die Strafminderung zwar etwas enttäuschend,
aber noch nicht tragisch: immerhin sind 8 Monate Haft auf Bewährung etwa das,
was auch die Raubgräber von Nebra schließlich als Strafe erhalten haben; und
vor allem ist es weiterhin eine Haftstrafe. Die Abschreckungswirkung des
Urteils der Berufungsinstanz ist also vielleicht etwas geringer als das der
ersten Instanz, aber immer noch aufrecht.
Aber auch diese reduzierte Strafe wollte Czerny nicht akzeptieren und ging
in die Revision. In dieser fand die Verteidigung nun den zentralen Knackpunkt:
weder die erste noch die Berufungsinstanz hatten eine der in diesem Fall
relevantesten Rechtsfragen geklärt, nämlich die Frage: ist der Hortfund von
Rülzheim überhaupt durch seine Entdeckung automatisch qua Schatzregal des § 20
Abs. 1 DSchG-RP in das Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz übergegangen? Denn
das archäologische Schatzregal in Rheinland-Pfalz ist schließlich nur ein
‚kleines‘ Schatzregal, dass gem. § 20 Abs. 1 DSchG-RP nur dann greift, wenn die
entdeckte Schätze im Sinne des § 984 BGB „von
besonderer wissenschaftlicher Bedeutung sind oder bei staatlichen
Nachforschungen oder in Grabungsschutzgebieten“ entdeckt wurden. Nachdem
Czerny seinen Fund weder bei staatlichen Nachforschungen noch in einem Grabungsschutzgebiet
gemacht hatte, konnte dem Land Rheinland-Pfalz qua Schatzregal Eigentum an den
Funden nur dann entstehen, wenn sie von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung
sind.
Nachdem diese Frage weder von der ersten noch der Berufungsinstanz ausreichend
berücksichtigt und daher auch nicht beantwortet worden war, blieb dem
Pfälzischen Oberlandesgericht als Revisionsinstanz daher rechtlich gar nichts
anderes übrig, als das Urteil aufzuheben und den Fall zur neuerlichen
Entscheidung an die Berufungsinstanz zurückzuverweisen (Welt 2016). Der
Straftatbestand der Unterschlagung kann schließlich überhaupt nur erfüllt
werden, wenn die betroffenen Sachen einen anderen Eigentümer haben, dem sie
unterschlagen werden können. Die Klärung der Eigentumsrechtsfrage (siehe dazu
auch „Denkmalwert
und archäologische Funde“) ist also unabdingbare Voraussetzung für die
Beurteilung der Strafbarkeit von Czernys Tat; und das PfOLG wies daher auch die
Berufungsinstanz an, diese Frage zu klären.
Czerny war erfreut, die archäologische Fachwelt und Denkmalpflege
hingegen (wenigstens auf sozialen Medien) im Aufruhr: der Fall steht wieder
ganz am Anfang. Damit sind natürlich auch die Haftstrafen auf Bewährung weg und
die endlich erreicht geglaubte abschreckende Wirkung des „Raubgrabungsverbots“
des § 21 Abs. 1 DSchG-RP in Gefahr.
Tatsächlich wird der Fall, den man aus
archäologisch-denkmalpflegerischer Sicht nicht zu verlieren können glaubte,
damit zu einer rechtlichen Zitterpartie, die letztendlich auch tatsächlich schlecht
für die archäologische Denkmalpflege ausgeht; und zwar noch weit schlechter,
als es auf den ersten Blick erscheinen mag (dazu noch gleich). Denn im nun folgenden
Gutachterstreit argumentierte die Gutachterin der Verteidigung – unter anderem
aufbauend auf der von mir schon 2015 geäußerten Einschätzung, dass der
wissenschaftliche Wert dieses Hortfundes eher gering sei (Karl 2015b, 8) –,
dass dem Schatzfund der für das Greifen des Schatzregals des § 20 Abs. 1
DSchG-RP erforderliche besondere wissenschaftliche Wert nicht zukommt und auch
sein wirtschaftlicher Wert keineswegs die von den Experten der Anklage
behaupteten c. € 500.000 sei, sondern eher so um die € 44.000; und die
Gutachter der Staatsanwaltschaft konnten dieser Argumentation scheinbar nicht
ausreichend überzeugend entgegentreten.
Damit geht das Verfahren ganz anders aus, als es sich die archäologische
Denkmalpflege gewünscht hatte: Czerny wird zwar der Unterschlagung für schuldig
befunden, aber dafür eigentlich nur verwarnt und zu einer geringen Geldstrafe
auf Bewährung (sowie einer Zahlung von € 500 an den Dom zu Speyer; Pfälzischer
Merkur 2016) verurteilt; weil er – und das ist besonders wichtig – nun auf
seinen Findereigentumsanteil gem. § 984 BGB verzichtete. Czerny nimmt dieses
Urteil nun selbstverständlich an, weil es ist tatsächlich das beste Urteil, das
für ihn aus diesem leidigen Fall erwachsen konnte) siehe dazu auch schon „Denkmalwert
und archäologische Funde“). Und auch die Staatsanwaltschaft verzichtet auf
Rechtsmittel: „‘Das Urteil ist noch
vertretbar‘, sagte Behördenchef Hubert Ströber auf Anfrage“ (SWR 2018).
Damit ist der Fall nun rechtskräftig entschieden; und zwar in einer
Weise, die aus archäologisch-denkmalpflegerischer Sicht nicht anders denn als
absolutes Debakel angesehen werden kann. Denn es ist gerade nicht das Exempel
herausgekommen, das man an Czerny statuieren wollte, sondern ein aus Sicht der
Archäologie und Denkmalpflege äußerst unangenehmes Ergebnis.
Warum dieses Urteil?
Das ist schon schlimm genug, aber was noch schlimmer ist, ist, dass der
archäologische Sturm der Entrüstung in den sozialen Medien überraschend schwach
ausgefallen ist. Ja, es gab ein paar erzürnte Wortmeldungen, von wegen, dass
das ein Skandal, vom Gericht ein krasses Fehlurteil gefällt worden sei, und
einiges dergleichen mehr. Aber scheinbar will man in der Archäologie und
Denkmalpflege den Fall nun möglichst rasch ad acta legen und so tun, als ob er
nie gewesen wäre, statt ihn und die Fehler, die hier auf fachlicher Seite
begangen wurden, auch nur etwas genauer zu analysieren. Genau das ist aber
wichtig, so weh es auch tut.
Letztendlich zentral dafür, dass es zu diesem Urteil gekommen ist, ist
das Problem der „Bewertung archäologischer Denkmale“: die staatliche Denkmalpflege konnte nicht
glaubhaft begründen, dass dem Hortfund von Rülzheim auch nach seiner
unsachgemäßen Bergung, also ex situ ex post, noch derart „besondere
wissenschaftliche Bedeutung“ zukam und zukommt, dass er qua Schatzregal des §
20 Abs. 1 DSchG-RP automatisch mit seiner Entdeckung zu Staatseigentum wurde.
Dass sie das nicht glaubhaft begründen konnte, liegt meiner Meinung nach hauptsächlich
an zwei Gründen.
Der erste und weniger bedeutende dieser Gründe ist, wie schon in „Die Bewertung archäologischer
Denkmale“ ausgeführt,
dass die archäologische Denkmalpflege bisher nicht ausreichend klar erkannt
bzw. begriffen hat, dass sich der Wert bzw. die Bedeutung archäologischer
Denkmale am Zeitpunkt ihrer Ausgrabung maßgeblich verändert, ja in gewissem
Sinn sogar in sein Gegenteil verkehrt. Die archäologisch-wissenschaftliche
Bedeutung jedes beliebigen archäologischen Denkmals ist daher ex situ ex post
notwendigerweise immer im Vergleich mit noch in situ befindlichen gleichartigen
archäologischen Funden in ihrem ungestörten Befundkontext deutlich geringer, wenn
nicht sogar verschwindend gering.
Das zweite und weitaus größere Problem ist der gravierende Denkfehler der
archäologischen Denkmalpflege, in der Verbindung der denkmalschutzrechtlichen
NFG- und Fundmeldepflichten, der staatlichen archäologischen Schatzregale und
dem Straftatbestand der Unterschlagung gem. § 246 StGB eine – sozusagen
zusammengehörende – denkmalschutzrechtliche Schutzbestimmung zu sehen, die dem
Zweck dient, rational eigennützig handelnde Schatzsucher von „Raubgrabungen“
abzuhalten. Weil das ist schließlich, was die archäologische Denkmalpflege
eigentlich auf gesetzlichem Weg erreichen will und mittels der (angeblich)
präventiven Wirkung möglichst empfindlicher Strafen zu erreichen versucht;
Strafen, die man nur bekommt, wenn man „Raubgrabungen“ irgendwie aus dem
Bereich der bloßen Ordnungswidrigkeit in den Bereich des Strafrechts zerren
kann. Und weil wir gerne hätten, dass dem so ist, glauben wir auch, dass es
tatsächlich (auch rechtlich) so ist.
Rechtsstratigrafie
Aus rechtlicher Sicht ist das hingegen überhaupt nicht der Fall, sondern
es handelt sich um vier vollkommen unterschiedliche, nicht zusammengehörende
Tatbestände. Denn die gesetzlichen Vorschriften dienen in allen Fällen einem
jeweils ganz anderen Zweck. Auf NFG- und Fundmeldepflichten und ihren Zweck
werde ich zu späterer Zeit noch einmal genauer eingehen und erspare mir das
hier daher.
Der Zweck archäologischer Schatzregale ist aus rechtlicher Sicht
hingegen ausschließlich die Klärung der Frage, wem das Eigentumsrecht an neu
entdeckten, herrenlosen archäologischen Denkmalen entsteht. Auch in Ländern mit
‚kleinen‘ Schatzregalen hat das nicht das mindeste mit dem Schutz
archäologischer Funde in situ vor „Raubgrabungen“ zu tun; und das Schatzregal
ist gerade in diesen – wie eben in Rheinland-Pfalz – auch kein Mittel, um
„Raubgräbern“ zur Bestrafung ihrer (verbotenen[5])
Handlungen die Früchte ihrer Mühen wegnehmen zu können. Vielmehr geht es in
diesen Fällen darum, gesetzlich die Voraussetzungen zu bestimmen, die ein
Fundgegenstand erfüllen muss, der eigentlich normalerweise eigentumsrechtlich
als Schatzfund im Sinne des § 984 BGB zu behandeln wäre, um – entgegen der dort
vorgesehenen hadrianischen Eigentumsteilung zwischen Finder und Grundeigentümer
– mit seiner Entdeckung automatisch ins alleinige Eigentum des jeweiligen
Landes überzugehen.
Dass semantisch der aus der archäologischen Fachsprache stammende, aber
inzwischen auch in den allgemeinen Wortschatz der deutschen Sprache
übergegangene, Begriff „Raubgrabung“ die Bedeutung ‚unsachgemäß und/oder ohne
die dafür eventuell erforderliche denkmalbehördliche Genehmigung durchgeführte
Grabung zum Zweck der Entdeckung archäologischer Hinterlassenschaften‘ hat,
bleibt dabei völlig gleichgültig. Denn im eigentumsrechtlichen Sinn kann es keine
„Raubgrabung“ nach qua Schatzregal dem Staat gehörenden archäologischen Funden
geben; weil per Definition (gem. § 984 BGB und normalerweise auch der
jeweiligen denkmalrechtlichen Legaldefinition des archäologischen
Schatzbegriffes wie auch in § 20 Abs. 1 DSchG-RP) ausschließlich herrenlose
Güter im eigentumsrechtlichen Sinn Schatzfunde sein können. Gerade qua
Schatzregal kann daher die Grabung, die überhaupt erst zur Entdeckung der – bis
zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung zwangsweise herrenlos sein müssenden –
betreffenden Sache führt, auch keine „Raubgrabung“ – d.h. auf den
widerrechtlichen Entzug fremden Eigentums – gerichtete Grabung sein, weil man
eine Sache, die – noch – niemandes Eigentum ist, ihrem – im rechtlichen Sinn
noch gar nicht existierenden – Eigentümer auch nicht entziehen kann.
Der Zweck der Bestimmungen des § 246 StGB (Unterschlagung) wiederum ist
der Schutz des bereits bestehenden Eigentumsrechts des rechtmäßigen Eigentümers
der betreffenden Sache vor deren rechtswidriger Entziehung durch einen dazu
unberechtigten Dritten. Das hat mit denkmalrechtlichen Schutzvorschriften
absolut überhaupt nichts mehr zu tun, sondern ist eine rein eigentumsrechtliche
Regelung. Als solche setzt sie eben zwingend voraus, dass die betroffene Sache
zum Zeitpunkt, an dem die Unterschlagungstathandlung gesetzt wurde, bereits
einen rechtmäßigen Eigentümer hatte. Das kann sie jedoch, wenn dem Staat das
Eigentum an ihr qua Schatzregal und damit frühestens ab ihrer Entdeckung durch
Ausgrabung entsteht, neuerlich frühestens ab dem Zeitpunkt sein, an dem sie
bereits entdeckt wurde. Denn bis zu diesem Zeitpunkt ist sie herrenlos, d.h.
hat gar keinen rechtmäßigen Eigentümer, und kann daher diesem – nachdem es ihn
ja noch gar nicht gibt – auch überhaupt nicht unterschlagen werden.
Die Rechtsstratigrafie des Rülzheimer Schatzfundes
Diese Rechtsstratigrafie – wenn man das zur besseren Verständlichkeit
für ArchäologInnen so bezeichnen will – war auch im Fall des Rülzheimer Urteils
letztlich ausschlaggebend. Diese Rechtsstratigrafie stellt sich, am Rülzheimer
Schatzfund in chronologischer Abfolge dargestellt, wie folgt dar:
- Czerny suchte mittels eines Metallsuchgeräts im Wald bei Rülzheim nach im Boden verborgenen, herrenlosen Sachen. Inwieweit er dadurch gegen die NFG-Pflicht des § 21 Abs. 1 DSchG-RP verstoßen hat, kann hier unbeachtlich bleiben, denn die Frage, ob er den Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 33 Abs. 1 Z 12 DSchG-RP erfüllt hat, war im Gerichtsverfahren wegen Unterschlagung seines Fundes vollkommen gleichgültig; es war nicht Verhandlungssache. Falls er diese Bestimmungen verletzt hat, wäre dies durch eine dem Fall angemessene Ordnungswidrigkeitsbuße, d.h. durch eine Geldstrafe, zu ahnden gewesen.
- Czerny hat
nach der Ortung von mutmaßlichen Metallgegenständen zum Zweck, diese zu
entdecken und ex situ zu bergen, Grabungen vorgenommen und ist dabei auf den
Hortfund gestoßen. Aufgrund des Zustands der Fundgegenstände konnte er zu
diesem Zeitpunkt an Ort und Stelle mit Sicherheit nicht erkennen, ob sie einen
Eigentümer hatten oder herrenlos im Sinne der §§ 965-984 BGB waren. Nachdem ein
bedeutender Teil der Gegenstände aus Edelmetall besteht, muss er bereits an Ort
und Stelle erkannt haben, dass die entdeckten Gegenstände aller
Wahrscheinlichkeit nach einen gewöhnlichen Wert von mehr als € 10 hatten und er
daher wahrscheinlich zur Fundmeldung gem. § 965 Abs. 2 BGB verpflichtet war.
- Weil ihn
die Anzeigepflicht des § 965 BGB wahrscheinlich treffen würde, traf ihn auch
die Verwahrungspflicht des Finders gem. § 966 Abs. 1 BGB. Er musste daher – zum
Schutz deren möglicherweise existierenden rechtmäßigen Eigentümers – die Funde
in sichere Verwahrung nehmen und daher ex situ bergen. Anderslautende
denkmalrechtliche Verpflichtungen stehen dieser Verpflichtung des Finders schon
deshalb nicht entgegen, weil sie nur dann greifen können, wenn diese im Sinne
des § 984 BGB herrenlose Sachen sind. Herrenlosigkeit kann der Finder jedoch
unmöglich an Ort und Stelle feststellen.
- Inwieweit
Czerny bereits bei der Entdeckung der Fundgegenstände beurteilen konnte, ob es
sich dabei um solche handelte, die gem. § 17 DSchG-RP an die archäologischen
Fundmeldebehörden melde- und gem. § 18 Abs. 1 erhaltungspflichtig waren, bleibt
sich somit rechtlich gleich und war ebenfalls nicht Verhandlungssache im
Strafverfahren. Sofern er die Fundmelde- und Erhaltungspflichten dennoch
verletzt haben sollte, wären diese neuerlich nur Ordnungswidrigkeitstatbestände
gem. § 33 Abs. 1 Z 10 und 11 DSchG-RP und entsprechend durch Geldbuße zu ahnden
gewesen.
- Ob die von
Czerny entdeckten Funde gem. § 20 Abs. 1 dem staatlichen Schatzregal für
archäologische Funde von „besonderer wissenschaftlicher Bedeutung“ unterlagen,
konnte er ebenfalls nicht an Ort und Stelle bestimmen. Den Ausgang des Gutachterstreits
in diesem Fall konnte Czerny nämlich unmöglich ex ante korrekt vorhersagen.
Damit konnte aber er auch nicht vorsätzlich dem Land eventuell durch ihre
Entdeckung an den Funden entstandenes Eigentum unterschlagen und damit auch den
Straftatbestand des § 246 StGB nicht erfüllen.
- Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach der Entdeckung und Bergung der Funde, spätestens bei ihrer Reinigung, muss Czerny erkannt haben, dass es sich dabei um Gegenstände handelt, die jedenfalls – wenn sie herrenlos sein sollten – einen Schatzfund im Sinne des § 984 BGB oder einen dem staatlichen Schatzregal des § 20 Abs. 1 DSchG-RP unterliegenden archäologischen Schatzfund darstellen. Damit muss er auch spätestens zu diesem Zeitpunkt erkannt haben, dass infolge der nun sicherlich gem. § 965 BGB erforderlichen Meldung wenigstens dem Grundeigentümer des Fundortes ein hälftiger Eigentumsanspruch, oder aber dem Staat qua Schatzregal ein alleiniger Eigentumsanspruch an seinem Fund entstehen wird bzw. schon entstanden ist; und zwar gänzlich unabhängig von allen anderen bisherigen Erwägungen.
Erst zu Zeitpunkt 6), und zwar erst genau an diesem Zeitpunkt, begann
der gem. § 246 Abs. 3 StGB strafbare Versuch der Unterschlagung durch Czerny;
und nur dafür wurde er letztendlich auch vom Gericht bestraft. Alles, was davor
geschehen ist, vielleicht geschehen hätte müssen aber nicht geschehen ist, oder
gar nicht geschehen hätte dürfen, bleibt sich nämlich für die Frage, ob
Unterschlagung im Sinne des § 246 Abs. 1 StGB vorliegt. völlig gleich. Relevant
ist für den Unterschlagungstatbestand nur, was ab dem Zeitpunkt geschehen ist,
an dem Czerny tatsächlich erkannt hat (oder ein unvoreingenommener Dritter erkennen
hätte müssen), dass die in seinem Besitz befindlichen Fundgegenstände –
wenigstens zur Hälfte – auch einem anderen als ihm selbst gehören. Dadurch,
dass er die zu diesem Zeitpunkt unabdingbare Fundmeldung gem. § 965 Abs. 2 BGB
unterlassen hat, hat er sich der Unterschlagung gem. § 246 StGB strafbar gemacht.
Ist das Urteil „mild“?
Aus archäologischer und denkmalpflegerischer Sicht ist das letztendlich
gefällte Urteil selbstverständlich extrem, wenn nicht sogar empörend, mild.
Schließlich hat aus unserer Sicht Czerny eine verbotene „Raubgrabung“
durchgeführt und dann die von ihm dabei entdeckten Funde auch noch zu
unterschlagen versucht.
Aus rechtlicher Sicht ist das hingegen nicht unbedingt so, wie eben auch
die bereits oben zitierte Einschätzung des Leiters der zuständigen
Staatsanwaltschaft, dass es „noch
vertretbar“ sei, zeigt. Denn tatsächlich hat Czerny zwar zuerst jede Schuld
abgestritten, aber dann in der neu aufgerollten Berufungsverhandlung doch
eingestanden, sich falsch verhalten zu haben, und somit wenigstens eine gewisse
Schuldeinsicht gezeigt. Er hat auch seine Funde letztendlich doch gemeldet: ja,
Czerny war durch polizeiliche Ermittlungen unter Druck, ob diese Ermittlungen
jedoch auch ohne seine dann doch, wenn auch sehr verspätet, freiwillig
abgegebene Fundmeldung zum Erfolg geführt hätten, ist wenigstens diskutierbar.
Die polizeiliche Hausdurchsuchung hatte er ja schließlich bereits, ohne dass
der Fund dabei entdeckt worden war, überstanden, die Chance, dass er den
Versuch der Unterschlagung tatsächlich erfolgreich verwirklichen hätte können,
war danach also gut. Das muss zwar nicht zwingend als tätige Reue im Sinne des
§ 320 Abs. 1 StGB gewertet werden, kann es aber wohl doch. Und er hat
letztendlich auch freiwillig auf seinen hälftigen Eigentumsanteil als Finder
verzichtet, der ihm, wenn der Schatzfund als solcher im Sinne des § 984 BGB und
nicht des § 20 Abs. 1 DSchG-RP zu bewerten gewesen wäre, rechtlich aufgrund der
Bestimmungen des § 984 BGB auch tatsächlich zugestanden hätte. All das sind –
neben sonstigen allgemeinen Gründen wie die bisherige Unbescholtenheit des
Täters, etc. – durchaus erhebliche Gründe, ein niedriges Strafmaß anzusetzen,
wie es das Gericht dann auch tatsächlich getan hat.
All das in Summe hat es dem Gericht dann auch gleich erspart, den
Gutachterstreit im Verfahren wirklich entscheiden zu müssen: durch den Verzicht
Czernys auf den ihm – wenigstens eventuell – zustehenden Finderanteil wurde
nämlich gleichzeitig auch der Zweck des staatlichen Schatzregals verwirklicht,
archäologische Funde ins Eigentum der öffentlichen Hand überzuführen, wenn sie
von der durch § 20 Abs. 1 DSchG-RP geforderten „besonderen wissenschaftlichen
Bedeutung“ sind, unbeachtlich dessen, ob sie das im konkreten Fall tatsächlich
sind. Vielmehr konnte das Gericht ob dieses Verzichts einfach davon ausgehen,
dass die Funde ohnehin entsprechend der Bestimmungen der §§ 965-984 BGB zu
behandeln gewesen wären, deren Verletzung durch Czerny letztendlich für die
Erfüllung des Straftatbestandes, um den es im Verfahren eigentlich ging, die
jedenfalls relevanten Bestimmungen waren. Oder anders gesagt: ob die
umstrittenen Funde nun aufgrund ihres „besonderen wissenschaftlichen Wertes“
für die Archäologie dem Land gehören hätten sollen oder nicht, war aus
rechtlicher Sicht vollkommen gleichgültig geworden.
Die Verlierer des Falls (und wer doch gewonnen hat)
Im Endeffekt gibt es in diesem Fall eigentlich nur Verlierer und keine
Gewinner.
Czerny ist schließlich der Unterschlagung für schuldig befunden worden
und hat daher im engeren rechtlichen Sinn das Verfahren verloren. Selbst wenn
die Höhe der über ihn verhängten Strafe so gering ist, dass sie kaum
nennenswert ist: für einen gelernten Einzelhandelskaufmann ist eine
rechtskräftige Verurteilung wegen Unterschlagung sicherlich nicht förderlich
für das weitere berufliche Fortkommen. Wenigstens in diesem Sinn ist Czerny
also einer der Verlierer in diesem Fall.
Der weit größere Verlierer ist jedoch die archäologische Denkmalpflege.
Zwar hat sie eine Verurteilung von Czerny für Unterschlagung erreicht, aber nur
eine mit einer aus fachlicher Sicht lächerlich geringen Strafe. Die von der
Denkmalpflege erwünschte Abschreckungswirkung strenger gesetzlicher Strafen für
„Raubgrabungen“ durch das Strafgesetzbuch statt das fachlich als unzureichend
empfundene Ordnungswidrigkeitsrecht der Denkmalschutzgesetze hat man damit also
sicher nicht vergrößert, sondern ganz im Gegenteil stark geschwächt. Selbst
jene „Raubgräber“, die tatsächlich rational eigennützig handeln – und das ist
aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin nur ein verschwindend geringer Anteil der
Metallsucher, die diesem Hobby ohne NFG nachgehen – können sich nun denken,
dass ihnen auch dann, wenn sie – wider alle Wahrscheinlichkeit – doch einmal
erwischt werden, auch vom Strafrecht kein ernsthafter Schaden droht. Weil eine
einmalige Zahlung von € 500 an den Dom zu Speyer ist einem rational eigennützig
handelnden Metallsucher sein Hobby sicher wert.
Was aber noch viel schlimmer ist: die Strafe wurde über Czerny nicht
einmal deshalb verhängt, weil er die „ungestörte Bodenurkunde“, die der Hort
von Rülzheim in situ war, durch die unsachgemäße Bergung ihrer beweglichen
Bestandteile ex situ zerstört oder auch nur die letztgenannten entgegen dem
staatlichen Schatzregal des § 20 Abs. 1 DSchG-RP dem Land Rheinland-Pfalz
rechtswidrig unterschlagen hat. Vielmehr wurde er dafür bestraft, dass er einen
Schatzfund iSd § 984 BGB nicht wie gesetzlich erforderlich gem. § 965 Abs. 2
BGB den allgemeinen Fundmeldebehörden angezeigt und damit durch die
Verheimlichung seines Fundes dem Grundeigentümer rechtswidrig den diesem gem. §
984 BGB zustehenden Hälfteeigentumsanteil am wirtschaftlichen Wert des
Schatzfundes zu unterschlagen versucht hat. Der größte Verlierer war also die
Archäologie, der durch dieses Urteil wieder einmal staatlich bestätigt wurde,
dass sie letztendlich, vor allem wenn es um Geld geht, vollkommen irrelevant
ist.
Die Botschaft hör ich wohl, allein, es ist die falsche!
Die Botschaft, die in diesem Fall daher beim Empfänger ankommt, ist in
kurzen und prägnanten Worten: archäologischer Sachschaden ist vollkommen egal;
auch der archäologischen Denkmalpflege, aber besonders dem Staat. Was zählt ist
nur, dass es wirtschaftlich wertvolle Klunker waren; auch für die
archäologische Denkmalpflege, aber besonders den Staat.
Das untergräbt aber nun alle die mantra-artig wiederholten fachlichen
Beteuerungen, dass es uns ArchäologInnen und DenkmalpflegerInnen und auch dem
Staat gar nicht um den wirtschaftlichen Wert der entdeckten Schätze geht;
sondern uns und den Staat eigentlich ohnehin nur ihr wissenschaftlicher Wert
interessiert. Denn ein Gerichtsurteil, das die archäologische Denkmalpflege mit
aller ihrer Staatsmacht zu erreichen versucht hat – d.h. unser und des Staates tatsächlich
öffentlich wahrnehmbares Handeln – sagt nun einmal mehr als 1000 schöne, aber
in der Handlungspraxis anscheinend vollkommen leere Worte. Der auch nur
halbwegs aufmerksame Normunterworfene – und natürlich noch viel mehr der
aufgrund seines Hobbys eventuell selbst von unserem Handeln betroffene und
daher besonders daran interessierte – sieht das sehr genau und versteht auch,
was unser und des Staates Handeln zu vermitteln scheint: in letzter Instanz ist
das, worum es auch uns und dem Staat geht, nur das Geld.
Abbildung 2: Der von B. Czerny betriebene Webshop für
MetallsucherInnen (http://sondelpowershop.de/ [17.2.2018]). |
Das ist zwar nicht die Botschaft, die die archäologische Denkmalpflege
senden wollte, weil dieser ist der archäologische Sachschaden
selbstverständlich alles andere als egal; und es geht ihr wirklich um den
wissenschaftlichen und nicht den wirtschaftlichen Wert der unsachgemäß
geborgenen Funde. Aber bei Kommunikation, und insbesondere bei
Einwegkommunikation, ist immer nur relevant, was beim Empfänger ankommt und wie
das der Empfänger interpretiert bzw. – wenn die Botschaft am Weg zwischen
Sender und Empfänger verfälscht wurde – sogar interpretieren muss.
Im konkreten Fall hat die staatliche Denkmalpflege, gerade weil sie zu sehr die Botschaft schicken wollte,
dass man für „Raubgrabungen“ – weil sie archäologischen Sachschaden anrichten –
schwer bestraft wird, den gravierenden Fehler begangen, mit den Normunterworfenen
stille Post auf dem Gerichtsweg zu spielen. Auf diesem ist die Botschaft, die
sie senden wollte, in ihr Gegenteil verkehrt worden. Denn das Gericht konnte
aufgrund der eingebrachten Strafanzeige – Verdacht auf Unterschlagung im Sinne
des § 246 StGB – nur auf einem Weg zur korrekten Beurteilung der in einem
solchen Fall einzig relevanten Rechtsfrage gelangen, ob sich der Tatverdächtige
dieser Straftat schuldig gemacht hat; nämlich über die Verletzung der
Fundmeldepflicht des § 965 Abs. 2 BGB durch den Tatverdächtigen bei einem
Schatzfund im Sinne des § 984 BGB. Damit verschwand aber notwendigerweise der
archäologische Wert der entdeckten Funde ebenso aus der Botschaft wie der
archäologische Sachschaden, der durch die unsachgemäße Bergung der Funde ex
situ durch Czerny entstanden ist; und ihr wirtschaftlicher Wert trat in den
Vordergrund.
Das wirklich problematische aus archäologisch-denkmalpflegerischer Sicht
dabei ist, dass das alles vollkommen Vorhersagbar war: es liegt nämlich in der
Natur des Straftatbestandes der Unterschlagung des § 246 StGB, dass es dabei
letztendlich ausschließlich darauf ankommt, dass die möglicherweise
unterschlagenen Sachen wirtschaftlichen Wert haben. Weil nur dieser Wert ist
aus eigentumsrechtlicher Sicht wirklich relevant; und der Straftatbestand der
Unterschlagung ist nun einmal ein eigentumsrechtliches Delikt, kein
denkmalschutzrechtliches. Das hätte man nicht nur auch in der archäologischen
Denkmalpflege wissen können, sondern hätte es sogar wissen müssen.
Damit hat die staatliche Denkmalpflege sich selbst und der Archäologie
einen Bärendienst geleistet, denn das Debakel, zu dem dieser Fall für sie und
die Archäologie geworden ist, ist zur Gänze selbst verschuldet und wäre – weil
vollkommen vorhersehbar – auch leicht vermeidbar gewesen. Hätte man nämlich Czerny
eine normale denkmalrechtliche Ordnungswidrigkeitsbuße aufgebrummt, hätte man
zwar kein besonders abschreckendes Exempel statuieren können, aber aller
Wahrscheinlichkeit nach wenigstens seine Bestrafung für sein
denkmalschädigendes Verhalten erreicht. Eventuell hätte es sogar gereicht, ihm
ernsthaft ins Gewissen zu reden und ihn mit einer ernsten Verwarnung wieder
nach Hause zu schicken, statt das Ganze an die große Glocke zu hängen und
soziales Kapital aus seinem denkmalschädigenden Verhalten zu schlagen zu
versuchen.
Doch ein Gewinner?
Nur noch ein abschließender Denkanstoß, weil in gewissem Sinn hat es in
diesem Fall doch einen Gewinner gegeben, nämlich Czerny.
Für den gelernten Einzelhandelskaufmann Czerny war das Ersturteil aus
2015 ernsthaft existenzbedrohend, weil wer stellt schon noch einen wegen
Unterschlagung verurteilten Kaufmann an? Das letzte Urteil von vor ein paar
Tagen hingegen kann ihm völlig egal sein, auch wenn er nun doch wegen
Unterschlagung verurteilt wurde. Denn Czerny hat sich inzwischen ein scheinbar
einigermaßen lukratives eigenes Geschäft aufgebaut: er verkauft inzwischen
vollkommen legal an andere Sondengänger Metallsuchgeräte und anderes
Sondelzubehör (Abb. 2).
Abbildung 3: Eigenwerbung durch eigene Facebook-Gruppe, klar als die des „Sondelpowerbenny“
erkennbar. Mitgliederzahl Februar 2018: ca. 5.000 (https://www.facebook.com/groups/1019843641376645/ [17.2.2018]). |
Czerny hat sich nämlich den Rummel um den „Barbarenschatz“ so ziemlich
von Beginn an zunutze gemacht, insbesondere in der Metallsucherszene (Abb. 3).
Sich als von den bösen ArchäologInnen, die ohnehin viele MetallsucherInnen
nicht besonders schätzen, aufgrund seines Erfolgs als Finder eines –
wirtschaftlich wie historisch – wertvollen Schatzes, den diese selbst nicht zu
finden imstande waren, ungerecht verfolgtes Opfer eines durch den selbst nur
geldgieren Staat unterstützten Rachefeldzugs dargestellt. Der Topos des von
Neidern verfolgten „Hans im Glück“ entspricht hervorragend dem Selbstbild vieler
MetallsucherInnen und zieht daher in der Szene hervorragend; vor allem in
Verbindung mit dem Renommee dessen, der tatsächlich den – wenigstens von vielen
MetallsucherInnen doch irgendwie heimlich erträumten – märchenhaften Goldschatz
gefunden hat. Oder anders gesagt: Czerny kennt und versteht das für ihn
tatsächlich relevante Publikum – die Menschen, die das Hobby der Metallsuche
ausüben oder ergreifen wollen – und weiß, was bei diesem zieht; und nutzt
diesen Wissensvorsprung gegenüber der Archäologie und Denkmalpflege – ob nun
bewusst oder auch nur unbewusst – auch so sehr er kann zur Maximierung seines
eigenen Nutzens aus.
Für ihn war der Schatzfund, den er unsachgemäß aus dem Boden des Waldes
bei Rülzheim gerissen hat, daher tatsächlich ein absoluter Glückstreffer. Weil
er hat damit inzwischen sicher weit mehr Geld verdient und auch – wenigstens in
seiner sozialen Gruppe, aber sicher auch teilweise deutlich darüber hinaus –
mehr Ruhm und Anerkennung bekommen, als er jemals aus dem heimlichen Verkauf
des „Barbarenschatzes“ am Schwarzmarkt gewinnen hätte können. Weil selbst wenn
die Gutachter der Anklage mit ihrer Schätzung recht haben sollten, dass der
Schatzfund am Kunstmarkt etwa eine halbe Million Euro wert wäre – und ich wage
das stark zu bezweifeln –, beim heimlichen Verkauf am Schwarzmarkt hätte sich
von Czerny wohl nur deutlich weniger, vermutlich sogar weniger als die von der
Gutachterin der Verteidigung geschätzten € 44.000, lukrieren lassen; und Ruhm
und Anerkennung hätte er ob der dafür notwendigen Heimlichkeit überhaupt keine
bekommen.
Dadurch, dass die archäologische Denkmalpflege den Fall groß aufzublasen
versucht hat, hat also Czerny nicht nur das bekommen, was er wahrscheinlich
wirklich wollte – nämlich die Anerkennung des „Sondelpowerbenny“ in der
Metallsucherszene –, sondern noch viel mehr. Wenigstens in diesem Sinn hat er
also den Fall auf ganzer Länge gewonnen. Nicht, weil er das verdient hat, weil
er so gut gespielt hätte; sondern weil sich die archäologische Denkmalpflege
bei ihrem Versuch, ihn so richtig einzutunken, ein Eigentor nach dem anderen
geschossen hat.
Literaturverweise
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[1] Zu beachten ist hierbei, dass das nicht unbedingt das gleiche wie die
körperlich unveränderte Erhaltung der historisch gewachsenen Erscheinung und
Substanz der archäologischen Denkmale selbst ist (siehe dazu auch schon „Against retention in situ“). Vielmehr geht es der modernen Archäologie
eben hauptsächlich um die Erhaltung der in der Erscheinung und Substanz dieser
Denkmale gespeicherten Informationen. Diese können selbstverständlich – unter
gewissen Umständen – in dem Speichermedium erhalten werden, in dem sie sich
schon derzeit befinden; d.h. in ebendieser körperlichen Erscheinung und
Substanz im Boden. Diese Erhaltungsmaßnahme ist sogar – wo sie tatsächlich
erreichbar ist – der anderen möglichen Art ihrer Erhaltung – der Erhaltung
durch ihre Dokumentation bei der körperlichen Zerstörung des betroffenen
Denkmals durch die sachgerecht dokumentierte, mit wissenschaftlich anerkannten
Methoden durchgeführte archäologische Ausgrabung – vorzuziehen, weil bei der
Übertragung der in der körperlichen Erscheinung und Substanz der
archäologischen Denkmale gespeicherten Informationen ins neue Speichermedium
der Dokumentation manche im Originalmedium gespeicherten Informationen verloren
gehen. Im Gegensatz zur unveränderten Erhaltung in situ ist also die Erhaltung
durch Dokumentation immer nur eine teilweise Erhaltung der im körperlichen
Denkmal selbst gespeicherten Information. Dennoch ist die Erhaltung durch Dokumentation
immer dann zu bevorzugen, wenn die unveränderte Erhaltung der körperlichen
Erscheinung und Substanz des Denkmals in situ gefährdet ist bzw. nicht mehr
länger gesichert werden kann, d.h. immer dann, wenn der mutmaßliche
Informationsverlust in situ den mutmaßlichen Informationsverlust durch
Übertragung ins alternative Speichermedium der Dokumentation übersteigt (siehe
dazu auch „Against retention in situ“). Ziel einer modernen archäologischen
Denkmalpflege muss daher immer die Erhaltung der größtmöglichen Menge der
wissenschaftlich relevantesten, im körperlichen Denkmal gespeicherten
Informationen sein, ob dies nun im konkreten Einzelfall (besser) durch die körperliche
Erhaltung des Denkmals selbst oder die sachgerechte Dokumentation dieser
Informationen bei seiner körperlichen Zerstörung geschieht.
[2] Betrachtet man die NFG-Pflicht als gesetzliches Mittel zur Verhinderung
von „Raubgrabungen“, ist das rechtlich gesehen vielleicht sogar möglich.
Tatsächlich wird aber die NFG-Pflicht in der Praxis nicht primär dafür, sondern
vielmehr für die Qualitätssicherung bei sachgerecht durchgeführten
archäologischen Ausgrabungen verwendet, was ihre Einordnung als repressives Verbot
mit Befreiungsvorbehalt unmöglich macht. Denn sachgerechte archäologische
Ausgrabungen fallen jedenfalls in den Bereich der verfassungsgesetzlich durch
Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit, die zusätzlich auch in den
meisten deutschen Landesverfassungen (in Rheinland-Pfalz durch Art. 9 Abs. 1)
landesverfassungsgesetzlich und zusätzlich durch Art. 13 der Charta der Grundrechte der europäischen
Union und Art. 15 Abs. 3 Internationaler
Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte völkerrechtlich
verbindlich geschützt ist. Das macht es rechtlich denkunmöglich, dass der
Gesetzgeber – insbesondere auch der in Rheinland-Pfalz, der in § 1 Abs. 1
DSchG-RP auch die wissenschaftliche Erforschung der Denkmale zu einer Aufgabe
der Denkmalpflege macht – die wissenschaftliche Erforschung archäologischer
Denkmale durch archäologische Ausgrabungen einem restriktiven Verbot mit
Befreiungsvorbehalt unterwerfen wollte. Wenn überhaupt, lässt sich daher in
Rheinland-Pfalz maximal ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Pieroth
et al. 2015, 75) aus der NFG-Pflicht des § 21 Abs. 1 DSchG-RP ableiten, dessen
Ziel es ist, gesetzlich erlaubte, sachgerecht durchgeführte wissenschaftliche
Ausgrabungen von gesetzlich verbotenen, unsachgerecht durchgeführten
Fundbergungen (eben „Raubgrabungen“) zu unterscheiden und damit die
erstgenannten gestatten, die zweitgenannten hingegen verhindern zu können.
[3] Überall außer in Schleswig-Holstein.
[4] Ich persönlich glaube hingegen eher, dass Czerny das Urteil nicht hinnehmen
konnte, weil es für ihn als gelernten Einzelhandelskaufmann
(Rhein-Neckar-Zeitung 2015) – wenigstens am Zeitpunkt, an dem es ergangen ist –
absolut existenzbedrohend gewesen wäre: welches Unternehmen stellt schon noch
einen Einzelhandelskaufmann an, der – und sei es auch nur auf Bewährung – zu 15
Monaten Haft für Unterschlagung gem. § 246 StGB verurteilt worden ist? Czerny
dürfte daher nichts anderes übriggeblieben sein, als das Urteil zu bekämpfen zu
versuchen.
[5] Ich habe das Wort „verboten“ hier in Klammer gesetzt, weil in vielen
Fällen – wie auch in dem von Rülzheim – eigentlich gar nicht klar ist, ob die
Schatzsuche bzw. unsachgemäße Bergung archäologischer Funde – im
gegenständlichen Fall des Horts durch Czerny – überhaupt durch die NFG-Pflicht
– hier des § 21 Abs. 1 DSchG-RP – tatsächlich verboten ist; egal was die
zuständige Denkmalbehörde diesbezüglich behauptet. Denn alle deutschen DSchG
machen die NFG-Pflicht einer Nachforschung oder Schatzsuche vom Zweck abhängig,
den der Nachforschende bei seiner Nachforschung verfolgt; nämlich eben dem der
Entdeckung von Kulturdenkmalen (oder wie auch immer der jeweils relevante
Rechtsbegriff im jeweiligen DSchG nun heißt). Nachdem der jeweils relevante
Rechtsbegriff in allen DSchG jedoch ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, ist die
bloße Suche nach „irgendwelchen“ Sachen, oder sogar nach „irgendwelchen alten“
Sachen, streng rechtlich gesehen nicht NFG-pflichtig. Nur wenn der
Nachforschende bzw. Schatzsuchende tatsächlich eine ganz konkrete Sache sucht,
die jedenfalls immer in den Bereich des jeweils relevanten, unbestimmten
Rechtsbegriffes fällt – den ja der Normunterworfene nach dem deklaratorischen
Prinzip im jeweiligen konkreten Einzelfall korrekt auszulegen hat, den er also
gar nicht „allgemein“ bestimmen kann – unterliegt seine Nachforschung bzw.
Schatzsuche überhaupt der jeweiligen gesetzlichen NFG-Pflicht. Selbst wenn man
also annimmt, dass zur Verletzung der denkmalschutzrechtlichen NFG-Pflicht
bereits der Eventualvorsatz oder sogar schon nur die bloße Fahrlässigkeit
genügt, setzt das immer noch voraus, dass der Nachforschende bzw.
Schatzsuchende bereits ex ante eine konkrete Vorstellung davon gehabt haben
muss, dass er Sachen finden wird, die auch tatsächlich Kulturdenkmale (oder
Bodendenkmale, etc.) sind; nicht nur dass er – weil ja überall welche vorkommen
könnten – eventuell irgendwelche Sachen finden könnte, die – in diesem Fall
dann eben zufällig – Kulturdenkmale sein könnten. Nur wenn der Schatzsucher
konkret eine Sache sucht, von der er weiß oder wissen hätte müssen, dass sie
sicher ein Kulturdenkmal ist – z.B. wenn er gezielt ein noch älteres Gegenstück
zur Himmelsscheibe von Nebra sucht, das sicher ein schützenswertes Denkmal im
Sinne der jeweiligen relevanten Legaldefinition ist – bedarf er für seine Suche
einer NFG. Sucht er hingegen nur „irgendwas“ und hat keinen besonderen Grund
zur Annahme, dass er dort, wo er suchen will, aller Wahrscheinlichkeit nach und
damit im rechtlichen Sinn in vorhersehbarer Weise ein sicherlich schützenswertes
Denkmal finden wird, braucht er keine NFG, weil seine Suche dann eben gerade
nicht zweckgerichtet auf die Entdeckung von Kulturdenkmalen ist.
Sorry aber Fakt ist wenn Benny den Schatz nicht gefunden hätte würde er immer noch im Boden schlummern und nur weil ihr Archäologen nicht son Glück gehabt habt sich jetzt uber Ihn auszulassen ist unmöglich und es auch noch so zu schreiben den Schatz aus dem Boden gerissen ich möchte Mal anmerken es gibt auch Metallsucher die sofort aufhören und die Sache melden wenn es historisch wichtig ist und ihr beschwert euch überlegt Mal wie viele Funde und Grabungsstätten ohne diese unentdeckt gewesen wären
AntwortenLöschenHier spricht der blanke Neid und Hass aus dem Author. Lasst die Sondler doch suchen.
AntwortenLöschenRichtet die Möglichkeit ein, sich online und kostenlos zu registrieren und Funde und Fundstellen online einzustellen und das Deutschlandweit einheitlich und ihr werdet mehr Hilfe als Probleme haben da die Meisten keine Raubgräber sind sonder einfach nur ihrem Hobby nachgehen.
Spannende Einschätzung eines Artikels, der Fehler im Vorgehen der Denkmalbehörden kritisiert. Ganz besonders spannend auch, mir zu sagen, dass 'wir' die Möglichkeit zur problemlosen Online-Fundmeldung einrichten sollen, als ob ich das nicht schon - auch auf diesem Blog - auf die eine oder andere Form vorgeschlagen hätte. Lustig ist auch die Anregung, wir würden die Sondler doch suchen lassen sollen: woraus in dem Beitrag ergibt sich, dass ich dagegen bin, Sondler (in einem sinnvoll geregelten Rahmen) suchen zu lassen?
AntwortenLöschenZur Erinnerung: Benjamin Czerny hat in diesem Fall ganz eindeutig nicht sachgerecht gehandelt, indem er einen Schatzfund einfach ausgegraben statt nach der Entdeckung der Denkmalbehörde gemeldet und ihn von dafür ordentlich ausgebildeten, professionellen Ausgräbern bergen hat lassen; und er ist auch rechtskräftig wegen Unterschlagung verurteilt worden, weil er nicht, wie es sich gehört, seinen Schatzfund mit dem Grundeigentümer geteilt sondern ein halbes Jahr lang zu verheimlichen versucht hat. Das ist nicht gerade vorbildlich und nicht gerade eine gute Werbung für die Sondlergemeinschaft.
Es gibt sehr viele Sondler, die verantwortungsvoll vorgehen, ihre Funde ordentlich melden, professionelle ArchäologInnen beiziehen, wenn sie auf (Hort- oder andere metallreiche) Funde im Unterboden treffen, und damit ihre Interessen befriedigen und gleichzeitig auch der Archäologie und Öffentlichkeit nützen. Kurz: es gibt viele Sondler, die mit der archäologischen Fachwelt und den Denkmalämtern produktiv zusammenarbeiten, und diese stellen eine Bereicherung für alle dar.
Leider sind nicht alle archäologischen Fachleute und auch nicht alle Denkmalämter vernünftig genug, zu erkennen, dass die Zusammenarbeit mit den vielen Sondlern, die Willens sind, ihrem Hobby verantwortlich nachzugehen und wie soeben gesagt zum Vorteil aller zu sondeln, weit mehr Vorteile für alle bringt als Nachteile durch den Schaden entstehen, die unverantwortliche Sondler wie Benjamin Czerny anrichten. Das macht es in manchen Teilen Deutschlands und Österreichs schwierig für Sondler, ihrem Hobby wirklich auch so nachgehen zu können, dass sie dieses nicht nur zu ihrer persönlichen Befriedigung, sondern auch zum Vorteil der Allgemeinheit ausüben können. Darum muss man auch Denkmalämter, die sich dieser konstruktiven Zusammenarbeit verweigern, in klaren Worten kritisieren und davon zu überzeugen versuchen, dass sie ihre kontraproduktive und nicht selten sogar rechtswidrige Verhaltensweise ändern; etwas, was ich nicht zuletzt auf diesem Blog auch häufig tue.
Aber Benjamin Czerny ist wirklich kein Poster-Boy dafür, wie man sich als Sondler verantwortungsvoll verhält; und sein Verhalten hat alles andere erreicht als dazu beizutragen, dass jene ArchäologInnen und Denkmalämter, die Sondlern feindlich gegenüberstehen, ihre Position ändern und zu einer produktiven Zusammenarbeit umschwenken. Gerade als Sondler, der seinem Hobby verantwortlich nachgehen will - d.h. nicht bloß tun was er will und darauf Pfeifen, ob er dadurch die Interessen Anderer schädigt, denen er durch ganz geringfügige Veränderungen seines Verhaltens und ganz ohne auf sein Hobby verzichten zu müssen auch genausogut nutzen könnte - sollte man die im kommentierten Artikel ebenfalls enthaltene, sehr milde Kritik des widerrechtlichen Fehlverhaltens Benjamin Czernys schätzen und teilen, denn Czerny hat völlig unnötig und aus purer Selbstsucht nicht nur Schaden am archäologischen Befund sondern insbesondere Schaden an der Beziehung zwischen Sondlern und ArchäologInnen angerichtet.