Sonntag, 3. März 2024

Ein gut gemeinter Versuch

„Ice Watcher“? Die neue Fundmelde-App des BDA 

Abstract: Die Anfang 2024 vom Bundesdenkmalamt (BDS) vorgestellte sogenannte „Fundmelde-App“, genannt „Ice-Watcher“, mittels derer das archäologische Fundmeldesystem des BDA auf eine neue Basis gestellt werden soll und die Fundmeldungen an die Behörde maßgeblich erleichtern soll, stellt sicher einen sehr gut gemeinten Versuch dar, das bislang vollkommen dysfunktionale archäologische Fundmeldewesen in Österreich auf ein neues Fundament zu stellen. Mit gerade einmal durchschnittlich unter 200 Fundmeldungen im Jahr hinkt Österreich z.B. hinter dem Portable Antiquities Scheme (PAS) in England und Wales mit dessen durchschnittlich etwa 800.000 Fundmeldungen pro Jahr und 80.000 alljährlich in die zugehörige Funddatenbank eingepflegten Funden um – bereits für die unterschiedlichen Landesflächen und per capita (der Metallsucher) korrigiert – einen Faktor von etwa 1000 nach; und das obwohl in England und Wales nur eine ganz enge, klar definierte Auswahl aus allen Bodenfunden meldepflichtig ist, während der Großteil der Fundmeldungen völlig freiwillig erfolgt; wohingegen in Österreich streng rechtlich jeder Gegenstand, der ein „von Menschen geschaffener oder gestaltend veränderter Gegenstand von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung“ sein könnte einer gesetzlichen Fundmeldepflicht unterlegt, deren vorsätzliche Missachtung mit einer Strafe von bis zu € 5.000 bedroht ist.

Aber, wie es der alte Sinnspruch schon sagt: „das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint“. Das trifft leider – wenn auch in Anbetracht der generellen Inkompetenz des BDA nicht überraschend – auch auf diese Fundmelde-App zu. Denn diese mag für Fundmeldungen von Gletscherfunden durch Alpinisten möglicherweise geeignet sein, für ein auch nur halbwegs funktionierendes archäologisches Fundmeldesystem ist sie hingegen aus verschiedenen Gründen völlig ungeeignet, schon auf der Seite des Frontends, d.h. der Bedienung der App durch den Anwender, aber noch mehr am Backend. Zusätzlich muss man auch noch fragen, warum das BDA sich bei dieser App „billig“ eingekauft hat, statt einfach das PAS, das Portable Antiquities of the Netherlands (PAN), das dänische DIME oder das finnische Denkmalamt bzw. dessen FindsSampo-Programm um deren jeweilige (extra für archäologische Fundmeldungen entwickelte) Fundmelde-Apps und Backend-Datenbanksysteme zu fragen, die diese Dritten auch gerne gratis zur Verfügung stellen, und eventuell auch die dortigen Experten – die mit solchen Systemen immerhin schon bis zu 30 Jahre arbeiten – über deren Erfahrungen damit zu befragen und eventuell deren Empfehlungen einzuholen. Aber das ist wohl für eine Bundesbehörde, die regelhaft weder bis zum Brett vor dem eigenen Kopf denkt, geschweige denn über dieses hinaus, noch die Konsequenzen bedenkt, die ihre Handlungen vorhersehbar haben werden, nicht zu erwarten.

Beim „Runden Tisch Archäologie“ am 18.1.2024 in der Wiener Hofburg präsentierte das Bundesdenkmalamt (BDA) der Fachöffentlichkeit eine neue Innovation: eine Mobiltelefon-App, mittels derer „Zufallsfinder“ nun auch Fundmeldungen gem. § 8 Abs. 1 DMSG an das BDA übermitteln können würden. Dieses System solle das Fundmelden erleichtern und müsse nun nur noch so weit als möglich unter jenen Personen verbreitet werden, die zufällig „archäologische Denkmale“ entdecken würden. Dabei handelt es sich zweifellos um einen sehr gut gemeinten Versuch des BDA, das archäologische Fundmeldewesen in Österreich zu verbessern, für die Intention verdient das BDA also die Höchstnote. Ehe ich die App und die Konsequenzen ihres Einsatzes genauer diskutiere, sei die App und ihre Funktionsweise kurz näher beschrieben.

Die „Ice Watcher“-App

Die „Ice Watcher“ genannte App, die sowohl für iOS- als auch für Android-Geräte verfügbar ist und kostenlos aus dem jeweiligen App-Store heruntergeladen werden kann, wurde vom Schweizer Unternehmen Biolovision Sàrl (Abb. 1) entwickelt und dient eigentlich als Fundmelde-App für Gletscherfunde auf Schweizern Gletschern.

Scheinbar konnte sich nun aber auch das BDA dieses Programm kaufen und es wurde von seiner Funktionalität auf das österreichische Bundesgebiet ausgeweitet. Es soll nun als allgemeine Fundmeldeapp für archäologische „Zufallsfunde“ im ganzen Bundesgebiet benutzt werden. Etwas genauere Informationen zur App findet man auch auf der Webseite des BDA unter https://www.bda.gv.at/service/aktuelles/2024-01-18-archaeo-icewatcher-app.html [22/1/2024], das dort auch gleich anmerkt: „Es handelt sich bei dieser kostenlosen und einfach zu bedienenden App um keine durch das Bundesdenkmalamt entwickelte, gewartete oder steuerbare Anwendung. Das Bundesdenkmalamt hat einen Vertrag mit dem Betreiber der App abgeschlossen, gemäß dem alle Österreich betreffenden Daten automatisch an das Bundesdenkmalamt übermittelt werden; im Bundesdenkmalamt werden die einlangenden Daten in Befolgung der Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes als Fundmeldungen weiterverarbeitet“. Schon unmittelbar zuvor sagt es aber an gleicher Stelle, dass die „Ice Watcher“-App „die bislang bestehenden Möglichkeiten der Erstanzeige eines Fundes (per E-Mail, per Brief, per Telefon bzw. per Fundmeldungs-Formular auf der Website des Bundesdenkmalamts)“ erweitern würde. Dabei handelt es sich also erkenntlich um eine sehr gut gemeinte Idee, die Fundmeldern einen Großteil der Arbeit bei Fundmeldungen abnehmen und den Prozess weitgehend automatisieren soll.

Abb. 1: Ice Watcher-App-Icon und QR-Link zum jeweiligen App-Shop-Eintrag für iOA und Android-Systeme (Bild: (c) Biolovision Sàrl, Ice Watcher).


Abb. 2: Die vier wesentlichen Bedienungsseiten der "Ice Watcher"-App (Foto: (c) Biolovision Sàrl, Ice Watcher).

Die App ist auch tatsächlich problemlos vom jeweiligen App-Store von iOS- und Android-Systemen herunterzuladen, braucht nicht Unmengen an Speicherplatz auf dem Mobiltelefon und installiert sich auch problemlos selbst. Ebenfalls besonders lobenswert und zu erwähnen ist auch, dass die App denkbar einfach zu bedienen ist (Abb. 2), man könnte sie nahezu als DAU[1]-sicher bezeichnen: die Erstattung einer Fundmeldung dauert beim ersten Versuch – wenn es hoch kommt, je nachdem wieviel Zeit man sich für das Fotografieren nimmt – knapp eine Minute, von da an vielleicht dreißig Sekunden pro weiterer Anzeige. Öffnet man die App, begrüßt sie einen mit dem auf Abb. 2 ganz links gezeigten Bildschirm, die den User daran erinnert, dass er den entdeckten Fund bloß nicht berühren soll, und die eine Schaltfläche enthält, mittels derer man eine Fundmeldung in Angriff nehmen kann. Berührt man das Feld „Entdeckung melden“, wird man auf den nächsten Bildschirm weitergeleitet (auf Abb. 2 den zweiten von links gezeigten), auf dem man aus den Materialgattungen Holz, bearbeitetes Holz, Metall, Leder, Textil, Knochen und Anderes/Unbestimmt auswählen kann; was allerdings nur eine Information für die Fundbehörde darstellt und keinen weiteren Einfluss auf den Meldeprozess hat. Egal auf welche Materialgattung man klickt, kommt man nämlich auf den nächsten Bildschirm (der dritte von links auf Abb. 2). Dort wird man aufgefordert, ein Foto des Fundes aus ca. 1,5 Meter Entfernung anzufertigen und dabei ein als Maßstab dienendes Objekt neben den Fund zu legen. Hat man dieses Bild gemacht (oder aus der Galerie des Telefons eines hinzugefügt), gelangt man zum nächsten Bildschirm (ganz rechts auf Abb. 2), wo man nun aufgefordert wird, ein Überblicksfoto der Landschaft in der Umgebung des Fundplatzes aufzuzeichnen. Sobald man dieses Foto angefertigt hat, soll man noch einen Cursor auf dem Foto (das sich ebenfalls aus der Galerie hochladen lässt) positionieren, um die ungefähre Lage des Fundorts in der Landschaft anzuzeichnen.

Sobald man das getan hat, kommt man auf den abschließenden Bildschirm (der hier nicht gezeigt wird), auf dem man eine Kurznotiz zum Fund eintragen kann. Verpflichtend muss man eine Email-Adresse angeben (diese wird allerdings nicht überprüft, d.h. man kann hier auch eine Fantasieadresse eintragen), und kann zusätzlich – das ist allerdings fakultativ – auch noch seinen Namen und seine Adresse angeben (die auch nicht überprüft werden). Beim Erstellen des ersten Fotos wird die Eingabe mit den GPS-Koordinaten des Standortes verknüpft, an dem das Foto in der App eingegeben wurde (auch wenn zu dieser Zeit das Telefon keine Netzverbindung hatte und die Meldung erst später abgeschickt wird, wenn das Telefon wieder Verbindung hat).

Sobald sie abgesendet wurde, erhält der Melder eine Kopie seiner Meldung inklusive der beiden angeschlossenen Fotografien und einer kleinen Karte, auf der der Fundort eingetragen ist, per Email an die in der App angegebene Email-Adresse. Diese Email enthält die Kontaktadresse (E-Mail) des Melders, die GPS-Koordinaten des Fundortes, die Genauigkeit der GPS-Lokalisierung, das Beobachtungsdatum und die Beobachtungszeit (auf Französisch, hier zeigt sich die Herkunft der App), den Materialtyp, den der Melder angegeben hat, allfällig vom Melder eingegebene Kommentare, sein Name und seine Adresse sowie die Anzahl der angeschlossenen Fotos (Abb. 3). Eine exakt gleiche Kopie dieser Email wird gleichzeitig auch dem BDA übermittelt, das diese Email dann intern an den örtlich zuständigen Sachbearbeiter der Abteilung für Archäologie weiterleitet. Dieser nimmt dann diese Fundmeldung genauso wie jede andere (auf herkömmlichem Weg) eingehende auf; d.h. kann bei Bedarf entsprechend der Bestimmungen des § 9 DMSG an die durch die GPS-Koordinaten auf etwa 20 Meter genau lokalisierte Fundstelle reisen und dort den ungestörten Fund in situ samt der Fundumstände dokumentieren und ihn bergen und damit sicherstellen.

Abb. 3: Inhalt der Bestätigungsemail, die der Melder nach Absendung der  Fundmeldung an seine Emailadresse geschickt bekommt. Eine identische Email wird an das BDA geschickt und von diesem an den örtlich zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet, der diese Fundmeldung dann wie jede andere auch zu bearbeiten hat.

Bei der Vorstellung der App beim „runden Tisch Archäologie“ zeigte das BDA auch ein paar aufschlussreiche Beispiele dafür, was für Funde man mit dieser App melden könne: gezeigt wurde ein aus einem Gletscher ausgeapertes Fahrrad, wohl aus dem 20. Jahrhundert; eine natürlich mumifizierte Gämsenleiche; ein auf einer Geröllhalde liegender Stein mit Ritzungen, die sich bei genauerer Analyse als Kratzer von Ratrac[2]-Ketten erwiesen (alle bis hierher in hochalpinem Gelände gefunden); sowie ein scheinbar Ritzungen aufweisender Stein in Tallage, dessen Ritzungen sich jedoch bei genauerer Analyse als natürliche Oberflächeneigenschaft dieser Art von Stein erwiesen hatten. Das – und ein in der Tiefgarage vom die App vorstellenden Mitarbeiter fotografiertes, etwa kübelgroßes, aufgrund der Lichtverhältnisse kaum zu erkennendes Objekt – waren offenbar die Beispiele, die dem BDA als besonders aussagekräftig erschienen waren. Ob irgendeines dieser Beispiele als „archäologisches Denkmal“ oder „Bodendenkmal“ (iSd § 8 Abs. 1 DMSG) zu betrachten ist, sei an dieser Stelle (noch) dahingestellt.

Gut gemeint ist zumeist das Gegenteil von gut gemacht

So gut gemeint die Übernahme dieser Fundmelde-App durch das BDA auch gewesen sein mag, ist gut gemeint leider zumeist das Gegenteil von gut gemacht; und das zeigt sich auch im gegenständlichen Fall leider mit aller Deutlichkeit: als Fundmelde-App für typische ausapernde Gletscherfunde, für die es entwickelt wurde, mag diese App durchaus geeignet sein. Als archäologische Fundmelde-App ist sie hingegen völlig ungeeignet; und die Organe des BDA, die – auch wenn es billig gewesen sein mag – Steuergeld dafür ausgegeben haben, sich in diese App „einzukaufen“, haben dieses Geld auf etwas verschwendet, ohne auch nur einen Moment über die Konsequenzen nachzudenken, die unweigerlich und völlig vorhersehbar eintreten werden, wenn die „Finder“ von möglichen „archäologischen“ bzw. „Bodendenkmalen“ in Österreich diese App ernsthaft zu nutzen beginnen. Ganz besonders, wenn sie tatsächlich alle Funde melden, die sie finden, die sinngemäß den Arten von Funden entsprechen, die das BDA bei der Vorstellung der App gezeigt hat.

Frontend-Design-Probleme

Aber beginnen wir am Anfang, bei der Benutzung der App durch Finder selbst, also dem Frontend der App, bei der Probleme durch das Design der Fundmeldeapp verursacht werden:

Materialgattungen und die vergessenen archäologischen Denkmale

Nachdem es sich bei dieser Seite der App nur um eine Information für die auswertende Stelle handelt, ist die Tatsache, dass von den typischen archäologischen Fundmaterialien – Metall, Knochen, Keramik, Stein, Glas – überhaupt nur die ersten beiden in der Auswahlliste aufscheinen, von vergleichsweise geringer Bedeutung. Hier zeigt die App ihre Herkunft aus dem Bereich der und ihre eigentliche Funktion als Instrument für Gletscherfundmeldungen; und die Hinzufügung wenigstens der Materialgattungen Keramik, Stein und Glas sollte eigentlich für die Firma, die diese App entwickelt hat und betreibt, ein Kinderspiel sein.

Umso unverständlicher ist es aber, dass das nicht schon passiert ist, bevor diese App überhaupt vom BDA als „archäologische Fundmelde-App für Österreich“ erstmals auf dessen Webseite beworben wurde: wie billig auch immer es war, sich in diese App einzukaufen, hier hätte das BDA wenigstens darauf bestehen müssen, dass die betreibende Firma die App wenigstens soweit weiterentwickelt, dass nicht nur die wichtigsten Gletscherfundmaterialgattungen, sondern auch die wichtigsten Materialgattungen von Bodenfunden in ganz Österreich angelegt sind. Das wäre schon allein deshalb wesentlich gewesen, weil das Fehlen dieser Materialgattungen für „Zufallsfinder“ wenigstens impliziert, dass Keramik-, Stein- und Glasfunde nicht gemeldet werden sollen.

Dasselbe gilt noch viel mehr für unbewegliche „archäologische“ bzw. „Bodendenkmäler“: für deren Meldung existiert ebenfalls keine eigene Kategorie, obwohl gerade diese – seien es jetzt Grabhügel, Wall- und Grabenanlagen, noch aufgehend erhaltene Reste von ehemaligem Mauerwerk, usw. – eigentlich aus fachlicher Sicht weit wichtiger sind als irgendwelche beweglichen Kleinfunde. Dass man auch diese unbeweglichen Denkmale melden soll, ja streng rechtlich gesehen sogar melden muss, wenn man eines entdeckt, geht dadurch völlig unter: aus den Materialgattungen, die in der App vorgeschlagen werden, ergibt sich implizit, dass nur bewegliche Gegenstände aus den genannten Materialien, aber keine unbeweglichen Gegenstände gemeldet werden sollen.

Insbesondere wenn man bedenkt, dass die Vorauswahl von unterschiedlichen Materialgattungen für die Funktion der Fundmelde-App vollkommen unnötig ist – diese Auswahl stellt schließlich nur eine Information für die auswertende Stelle dar, die diese ohnehin erhält, wenn sie den Fund birgt – ist also die Auswahl der Materialgattungen und das Fehlen von unbeweglichen Denkmalen besonders unglücklich für eine Fundmelde-App, die nicht ausschließlich auf Gletscherfunde konzentriert ist. Bei einer als „archäologische Fundmelde-App“ für ganz Österreich dienen sollenden App ist das – vor allem in Anbetracht des unterschiedlichen zu erwartenden Fundanfalls auf den wenigen verbleibenden Gletscherflächen und dem Rest des Landes – ganz außerordentlich unglücklich gewählt; und die Abteilung für Archäologie hätte sicherstellen müssen, dass die App, bevor sie zum Einsatz kommt, wenigstens soweit modifiziert werden muss, dass sie die wichtigsten archäologischen Materialgattungen und unbewegliche Denkmale zur Auswahl anbietet – oder diese ohnehin redundante Seite völlig gestrichen wird.

Ernsthaft? Archäologische Funde in situ aus 1,5 m Distanz fotografieren?

Weit kritischer sind die Anweisungen, Funde unberührt in situ zu belassen und sie aus 1,5 Meter Distanz als „Nahaufnahme“ zu fotografieren. Das klingt zwar für Archäologen gut, die während des Studiums etwas über unveränderte Fundkontexte gehört, aber nicht wirklich verstanden haben, was es damit auf sich hat und was das überhaupt bedeutet, und die keinerlei Erfahrung damit haben, wie ein beweglicher Kleinfund in Fundlage „in situ“ ausschaut, weil sie selbst nie Begehungen zur Kleinfundbergung (ob nun mit oder ohne Metallsuchgerät) und auch keine Landesaufnahmen zur Lokalisierung unbeweglicher archäologischer Objekte durchgeführt haben.

Tatsächlich ist der durchschnittliche archäologische Zufallsfund entweder ein beweglicher Kleinfund, der nur selten größer als etwa 10 cm3 ist, oder ein unbewegliches archäologisches Objekt wie eine Wall-Graben-Anlage, ein Grabhügel oder dergleichen, das sehr groß ist. Kleine bewegliche Kleinfunde – z-B. eine einzelne Münze mit vielleicht gerade einmal 1,5 cm Durchmesser – sind jedoch auf einem aus ca. 1,5 Meter Distanz aufgenommenen Bild nicht einmal so sichtbar, dass der Sachbearbeiter im Amt sie mit Sicherheit am Foto findet, insbesondere wenn sie schmutzig auf gleichfarbigem Erdreich liegen, weil der Finder sie unberührt liegen gelassen statt sie aufgehoben und gereinigt hat; selbst wenn sie sich genau im Zentrum der Aufnahme befinden. Dass der/die Sachbearbeiter*in, die ein solches Meldefoto in seiner/ihrer Inbox findet, anhand eines solchen Fotos bestimmen kann, ob es sich bei dem wohl in der Mehrheit aller Fälle am Foto praktisch unsichtbaren Bodenfund um einen Gegenstand handelt, dem geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt oder auch nur zukommen könnte, ist eher unwahrscheinlich. Große unbewegliche archäologische Objekte, wie z.B. ein Grabhügel, eine Wallanlage oder dergleichen mehr, sind hingegen oft, wenn nicht sogar meistens, so groß, dass sie auf einem aus 1,5 Metern Distanz aufgenommenen Foto nicht einmal als menschengeschaffenes Objekt erkennbar sind, geschweige denn, dass sich anhand einer Aufnahme eines sanften oder auch steileren Stückes Hang in der Wiese oder im Wald aus dieser Distanz sinnvoll beurteilen ließe, ob es sich dabei einmal um ein bedeutendes Bauwerk gehandelt hat oder nicht.

Die empfohlene Aufnahmedistanz von ca. 1,5 Meter mag also für Gletscherfunde durchaus geeignet sein, und die Empfehlung, sie unverändert und unberührt „in situ“ zu belassen, wenn man sie fotografiert, bei ausgeaperten Gletscherfunden ebenfalls kein Problem darstellen. Für den normalen archäologischen Kleinfund sind diese Instruktionen hingegen kontraproduktiv, denn ohne wenigstens eine Grobreinigung vor dem Foto und eine Wahl der Aufnahmedistanz und des Zoom-Faktors, die es erlaubt das fotografierte Objekt in möglichst hoher Detailschärfe am angefertigten Foto zu erkennen, ist die Übermittlung eines „Fundfotos“ als Fundmeldung vollkommen sinnlos.

Dass das die Firma Biolovision Sàrl vielleicht nicht weiß, die wohl, wie ihr Name impliziert, ursprünglich nicht aus dem Bereich der Archäologie stammt, ist sowohl verständlich als auch akzeptabel. Aber dass niemand im BDA und dessen Abteilung für Archäologie daran gedacht hat, dass die Instruktionen, die in der App gegeben werden, für archäologische Fundmeldefotos vorhersehbarerweise in den meisten Fällen völlig ungeeignet sind, ist weder verständlich noch akzeptabel. Auch hier gilt: das BDA hätte, als es sich bei dieser App eingekauft hat, sich gegebenenfalls auch den Aufpreis leisten und darauf bestehen müssen, dass die App in archäologiegerechter Weise angepasst wird, und die Instruktionen zu der Nahaufnahme in einer Weise gegeben werden, dass die Fundfotos dem/der sie als Fundmeldung zu bearbeiten habenden Sachbearbeiter*in auch wenigstens einigermaßen nützlich sind, nicht nur sinnlos dessen/deren Zeit stehlen.

Tatsächlich ist auf den ersten Blick und ganz ohne tiefgreifendes Verständnis von archäologischer Fundfotografie offensichtlich, dass die in der App gegebenen Instruktionen für Bodenfunde völlig ungeeignet sind. Tatsächlich hat mein 11-jähriger Neffe auf Anhieb von selbst erkannt, dass es offensichtlich völlig unsinnig ist, einen dreckigen beweglichen Kleinfund am Boden aus 1,5 Metern Distanz zu fotografieren, weil man den am dadurch erzeugten Foto sicher nicht ausreichend erkennen kann, um ihn sinnvoll beurteilen zu können. Die archäologischen „Sachverständigen“ des BDA hätten das beim ersten Blick auf die App oder spätestens bei ihrer ersten testweisen Verwendung erkennen und verstehen müssen. Dass sie das nicht getan haben, oder es ihnen egal war, lässt tief blicken.

Wozu eigentlich das Überblicksfoto?

Auch das Überblicksfoto erfüllt bei einer archäologischen Fundmelde-App nur sehr bedingt eine nutzbringende Funktion, einmal abgesehen davon, dass seine Nützlichkeit auch stark davon abhängt, wie man die Instruktionen interpretiert, die die App einem vor Anfertigung dieses Bildes gibt (Abb. 2 ganz rechts).

Geht man, wie das Instruktionsbild impliziert, etwa 50-100 Meter von der Fundstelle weg und fotografiert diese aus der Distanz gemeinsam mit der weiteren Umgebung, kann man wenigstens manche größeren, unbeweglichen archäologischen Objekte besser zeigen als mit der Nahaufnahme, wenigstens solange sich diese auf offenem Land befinden. Ist das oberhalb der Baumgrenze kein Problem, ist es unterhalb davon hingegen oft so, dass gerade größere unbewegliche archäologische Objekte im Wald liegen, wo man sie bei Anfertigung eines Überblicksfotos aus 50-100 Metern Distanz vor lauter Bäumen nicht(s) mehr sieht.

Inwieweit ein Bild der Fundstelle eines beweglichen Kleinfundes aus 50-100 Metern Distanz irgendeinen Nutzen hat, erscheint ebenfalls sehr fraglich. Vor allem auch deshalb, weil man am Schirm des Mobiltelefons am Überblicksfoto die Fundstelle eines beweglichen Kleinfundes bzw. den Fund selbst dann nicht mehr ordentlich erkennt, wenn man sie aus der Nähe fotografiert, und den roten Marker daher schon auf aus ziemlicher Nähe aufgenommenen Fotos eher nach dem Zufallsprinzip setzt. Geht man tatsächlich 50-100 Meter vom Fundort eines beweglichen Kleinfundes weg und fotografiert ihn aus der Distanz samt umgebender Landschaft, wird aus der Platzierung des Markers für den Fundort hingegen ein reines Glücksspiel, weil man den Fundort aus dieser Distanz am Schirm des Telefons nicht einmal mehr erahnen, geschweige denn einen Fingerkuppenabdruck auf einem Handy-Bildschirm präzise setzen, kann.

Tatsächlich ist das Überblicksfoto bei Fundmeldungen von beweglichen Kleinfunden wohl in der Regel redundant, bei denen nicht einmal das (nach den Instruktionen in der App angefertigte) Detailfoto detailliert genug ist, und höchstens bei größeren unbeweglichen archäologischen Objekten sinnvoll, bei denen wiederum das Detailfoto nichts bringt. Das Überblicksfoto mag also wieder für Gletscherfunde sinnvoll sein, vor allem für mittelgroße Objekte wie tote Gämsen oder Fahrräder, die man auch aus 50-100 m Distanz vielleicht noch erkennen und damit in der hochalpinen Gletscherlandschaft einigermaßen lokalisieren kann.

Bei einem archäologischen Fundmeldesystem wäre hingegen besonders bei beweglichen Kleinfunden ein hochauflösendes Foto in gereinigtem Zustand nützlich, auf dem sich das Objekt idealerweise soweit bestimmen lässt, dass man es wenigstens ungefähr zuordnen und wenigstens ungefähr seine Bedeutung bestimmen kann; oder wenigstens seine mutmaßliche Bedeutung (und damit auch, ob es sich lohnen dürfte, den Fund im Original in Augenschein zu nehmen oder nicht) einigermaßen abschätzen zu können. Das umso mehr, als es, wie noch weiter unten ausgeführt wird, ohnehin in mehrerlei Hinsicht problematisch ist, einen beweglichen Fundgegenstand einfach liegen zu lassen und nicht sofort in sicheren Gewahrsam zu nehmen, also ihn nicht zu bergen.

Das zweite Foto bei der Fundmeldung vergrößert also in erster Linie die Datenmenge, die der die Fundmeldungen abarbeitenden Meldestelle übermittelt wird, ohne dieser signifikante Zusatzinformationen zu geben. Das verursacht dann ein Folgeproblem, auf das wir weiter unten noch eingehen müssen.

Backend-Probleme

Während die Frontend-Probleme der App relativ mindere Sorgen bereiten – kompetente User werden, spätestens wenn (falls) sie von der Behörde zu ihren ersten paar Fundmeldungen konstruktives Feedback bekommen haben, einfach ignorieren, dass die Materialgattungen nicht passen und die Möglichkeit „Andere/Unbestimmt“ überstrapazieren, und ihre Bildausschnitte und Zoom-Faktoren für die angefertigten Fund- bzw. Befundfotos bald so wählen, dass sie für die Bestimmung der Funde geeigneter sind als nach den Instruktionen der App angefertigte Bilder, usw. – sind die Probleme im Backend deutlich fundamentaler.

Ein praktisches System bei 200 Fundmeldungen im Jahr, aber bei 200.000?

Betrachtet man die Anzahl der Fundmeldungen, die derzeit alljährlich beim BDA eingehen, so kommt man ausweislich der Fundberichte aus Österreich der letzten beiden Jahrzehnte auf durchschnittlich so um die 200 Fundmeldungen pro Jahr, in denen „relevante“ Funde gemeldet werden. Manche davon betreffen nur einen Einzelfund, z.B. ein einzelnes neolithisches Steinbeil, das ein Spaziergänger zufällig am Wegrand bemerkt hat; andere auch größere Aufsammlungen von mehreren 10, manchmal sogar über 100 Fundstücken, ob diese nun durch Heimatforscher aufgesammelte Scherben oder (derzeit kaum) die Bestandteile eines durch einen Metallsucher entdeckten Depotfundes sind. Durchschnittlich sind es vielleicht 5 relevante Stücke pro solcher Fundmeldung, wobei diese durchschnittlich 5 Stücke derzeit jeweils durch dieselbe Meldung erfasst werden.

Geht man davon aus, dass weiterhin jährlich nur 200 relevante Fundmeldungen beim BDA eingehen, dann sorgt die Fundmelde-App vermutlich sogar für etwas Arbeitserleichterung für die Sachbearbeiter*innen der Abteilung für Archäologie. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, dass manche Meldungen – wie z.B. solche von Scherbenaufsammlungen durch einen Heimatforscher – statt als eine Sammelmeldung (über z.B. 35 Scherben vom selben Acker) dann als separate Meldungen (vom selben Acker, je eine pro Scherben) bei der Behörde eingehen, macht das kaum einen Unterschied zum derzeitigen Status Quo: dem vom/von der Sachbearbeiter*in anzulegenden Akt werden einfach statt der Sammelfundmeldung alle (35) an diesem Tag (vom selben Acker) eingehenden Fundmelde-Emails beigefügt und der/die Sachbearbeiter*in gibt wie bisher eine summarische Beurteilung des gesamten Fundkomplexes ab, die Koordinaten können aber direkt ins Fundstellen-GIS des BDA übernommen und ein Fundstellenpolygon damit leichter als bisher erzeugt werden; statt mühsam irgendwelche Feldskizzen eines bemühten Heimatforschers ins GIS übertragen zu müssen.

Aber was ist mit den Metallsucher*innen und Heimatforscher*innen?

Die über die App eingehenden Fundmeldungen wie bisher zu behandeln führt aber unmittelbar zu einem offensichtlichen Problem, wenn man die Möglichkeit in Betracht zieht, dass nicht nur ein Fundmelder pro Arbeitstag die App benutzt, sondern die App tatsächlich von einem signifikanten Anteil jener Personen angenommen und eingesetzt wird, die tatsächlich viele Bodenfunde finden: den traditionellen Heimatforscher*innen, Scherbensammler*innen, Steinbeilsucher*innen und natürlich auch Metallsucher*innen.

Von den zuletzt Genannten gibt es in Österreich derzeit wenigstens 6.000, was eine absolute Mindestzahl ist, weil sowohl das größte österreichische Metallsucherforum Ferrum Noricum als auch die größte österreichische Metallsucher-Facebook-Gruppe jeweils um 6.000 Mitglieder haben, ohne dass es eine 100%-Überschneidung zwischen deren Mitgliederbeständen gibt. Tatsächlich dürften es – auch auf Basis von Rücksprache mit einigen in diesem Bereich tätigen Fachhändlern – real eher so um die 30.000-40.000 Personen sein, die derzeit in Österreich aktiv diesem Hobby nachgehen.[3] Diese wiederum suchen nach Ergebnissen verschiedener Umfragen in der Szene (z.B. Achleitner 2011, 2; Karl 2011) durchschnittlich etwa 4 Stunden pro Tag an durchschnittlich etwa 56 Tagen im Jahr. Dabei finden sie erfahrungsgemäß auf dem durchschnittlichen Acker pro Suchstunde etwa 10 möglicherweise relevante Fundgegenstände (nicht alle davon Metallfunde), die nach den Angaben des BDA („alles Menschenwerk ist ein Denkmal“, vgl. sinngemäß Riegl 1903, 2) im Zweifel meldepflichtig sind und die auch – nachdem die Fundmeldung mit der App maximal 30 Sekunden dauert – leicht gemeldet werden können, vor allem, wenn die Sucher der Instruktion folgen, den Fund in situ zu belassen und nicht zu bergen. Ein durchschnittlicher Metallsucher findet also im Jahr so um die 2.250 möglicherweise relevante Fundgegenstände, die – und sei es nur, weil sich ihr Finder nicht sicher sein kann, dass es sich dabei nicht doch um „bedeutendes“ Menschenwerk und somit um einen meldepflichtigen Fund gem. § 8 Abs. 1 DMSG handeln könnte – mittels der Fundmelde-App zu melden wären bzw. wenigstens berechtigt gemeldet werden könnten.[4]

Melden aber auch nur 1% der Mindestzahl der in Österreich aktiven Metallsucher*innen – also etwa 60 davon – alle ihre durchschnittlich 2.250 meldetauglichen Funde im Jahr, gehen beim BDA 135.000 Fundmeldungen im Jahr ein. Tun das auch nur 1% der vermutlich tatsächlich aktiven Metallsucher*innen – sagen wir etwa 350 – sind es 787.500 Fundmeldeemails, die im Jahr von der App an die zuständigen Mitarbeiter*innen des BDA versandt werden würden. Würden sich hingegen alle Metallsucher*innen, Scherbensammler*innen und Heimatforscher*innen (und sei es auch nur im Zweifel) bei jedem möglicherweise relevanten Bodenfund an die Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG halten, würden es wohl etwa 90 Millionen Fundmeldeemails pro Jahr sein, die die App den zuständigen Sachbearbeiter*innen des BDA schicken würde.

Ersteres wären durchschnittlich 13.500 solche Emails pro Jahr pro Sachbearbeiter*in; zweiteres durchschnittlich 78.750, letzteres durchschnittlich 9 Millionen Emails. Zwar ist jedes dieser Emails nur etwa 6-7 KB groß, wenn der Finder keinen längeren Beschreibungstext eingegeben hat, was selbst im Maximalfall nur 630 GB Speicherplatz im Jahr auf den Bundesservern fressen würde.[5] Das klingt also wenigstens technisch bewältigbar.

Die Erstbearbeitung der eingehenden Fundmeldeemails

Aber: die Sachbearbeiter*innen des BDA kostet die Behandlung jeder derartigen Fundmeldungsemail schon allein einmal bei deren Eingang vermutlich so um die fünf Minuten Bearbeitungszeit. Zum einen muss entweder ein neuer Akt für jede derartige Email angelegt werden – es handelt sich dabei schließlich um eine Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG, die wenigstens möglicherweise die Rechtsfolgen des § 9 DMSG nach sich ziehen könnte (dazu gleich noch mehr) – oder aus den eingegangenen sonstigen Fundmeldeemails alle jene zusammensuchen, die von der gleichen Emailadresse und somit der gleichen meldenden Person am gleichen Tag bezüglich der gleichen zusammenhängenden Fundstelle eingeschickt wurden. Was davon schneller geht, ist debattierbar, vor allem nach Wochenenden, an denen die meisten Sucher*innen unterwegs sind und daher wenigstens mehrere hundert, wenn nicht mehrere tausende oder gar über hunderttausend Emails von vielen, eventuell hunderten oder gar tausenden gleichzeitig unterwegs seienden Fundmelder*innen eingegangen sind. Zum anderen muss wenigstens die Nahaufnahme, die jeder dieser Fundmeldungen angeschlossen ist, genauer inspiziert werden: schließlich kann darauf ja wenigstens ein, wenn nicht sogar mehrere, Funde von „Bodendenkmalen“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG abgebildet sein, die von derart beschaffener Bedeutung sind, dass ihre Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist (oder das wenigstens sein könnte) und die das BDA daher bergen, dessen bzw. deren Fundumstände es dokumentieren, und den bzw. die es mit Bescheid gem. § 9 Abs. 3 DMSG binnen 6 Wochen ab Abgabe der Fundmeldung unter Denkmalschutz stellen muss. Diese Inspektion der Nahaufnahme ist nun aber alles anderes als trivial, vor allem, wenn der Melder den Instruktionen der App gefolgt ist und den Fund unberührt liegen hat lassen. Das zeigt sich z.B. an der meiner ersten Versuchsfundmeldung via der App angeschlossenen „Nahaufnahme“ (Abb. 4).

Abb. 4: "Nahaufnahme" eines beweglichen Kleinfundes entsprechend der Instruktionen in der App (Abb. 2) am Boden in meinem Garten in Wien. Im Bild (zentral direkt links vom oberen Ende des Eichenblatts) zu sehen ist eine bereits vorgereinigte, nicht mehr bestimmbare Münze, mutmaßlich aus ca. dem 19. Jh.n.Chr. Weiß man, wo sie ist, ist sie recht leicht zu erkennen. Weiß man, dass sie das einzige relevante Objekt auf dem Bild ist, ist das auch leicht. Weiß man es nicht, ist es hingegen sehr schwierig zu identifizieren, was und wievieles auf diesem Bild nun ein „relevanter“ Fund sein könnte und was man alles ignorieren kann.

Die Beurteilung der Fundmeldefotos

Nachdem diese „Fundmeldung“ wohl eine der ersten war, die beim BDA nach dem „runden Tisch“ eingegangen ist, hat sie sich der Leiter der Abteilung für Archäologie, HR Bernhard Hebert, selbst angeschaut und sich die Mühe gemacht, darauf (und die auf Abb. 3 gezeigte Fundmeldung der Hl. Klausel-Figur) zu reagieren. In seiner Reaktion – im Wesentlichen, dass das BDA in dieser Angelegenheit wohl nicht tätig werden müsse – hat er allerdings irrtümlich geglaubt, dass mehrere Münzen auf dem Foto (Abb. 4) zu sehen seien, wohl weil er ein paar runde Steine auch für potenzielle Münzleichen gehalten hat. Umgekehrt hat er kein Wort über die wenigstens 2 oder sogar 3 weiteren potentiellen „Bodendenkmale“ verloren, auf die sich meine „Versuchsfundmeldung“ zwar tatsächlich nicht bezogen hat, die aber dennoch im Bild eindeutig erkennbar sind: das auf der Schmalseite stehende, klar maschinell verarbeitete Holzbrett, die unregelmäßig gebrochene, aber erkenntlich nicht natürliche, flache Betonplatte (die sich tatsächlich ebenso wie das Brett schon wenigstens einmal in ihrer Objektbiografie zur Gänze unter der Erd- und auch wenigstens einmal zur Gänze unter einer Wasseroberfläche befunden hatte) und in der linken oberen Ecke des Bildes die rieselnde Flanke eines künstlich angeschütteten Erdwalls, den man dann am Überblicksfoto (und auch auf den Fotos auf Abb. 3) deutlicher erkennen kann.

Schon das zeigt, wie komplex die Analyse und Interpretation eines solchen Fotos sein kann: macht der Melder keine Angaben, was auf dem Bild er überhaupt für den Gegenstand hält, den er meldet, kann der/die Sachbearbeiter*in im BDA bestenfalls vermuten, dass sich dieser „intendierte Meldegegenstand“ wahrscheinlich ungefähr in der Bildmitte der „Nahaufnahme“ befinden wird. Ist dieser Gegenstand noch dazu nur schwer erkennbar und befinden sich ein oder mehrere andere ebenfalls schwer erkennbare Gegenstände etwa in der Bildmitte, die wenigstens von dem her, was man am Foto von ihnen erkennt, ebenfalls der „intendierte Meldegegenstand“ sein könnten, wird die Auswertung des Bildes bereits zum Glücksspiel.

Dass am Bild eventuell nicht nur der „intendierte Meldegegenstand“ zu sehen ist, sondern potenziell auch andere Gegenstände, die ebenfalls „Bodendenkmale“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG sein könnten, die der Melder eventuell gar nicht als solche erkannt hat oder wenigstens aus welchem Grund auch immer nicht (extra) melden wollte, macht die Sache nur noch komplexer. Schließlich ist es unmaßgeblich, ob das, was der Melder melden wollte, ein Denkmal ist, weil es ja nicht um die Überprüfung der Denkmalerkennungskompetenz des Melders geht. Maßgeblich ist nur, ob irgendetwas, das auf dem vom Melder eingeschickten Bild erkennbar ist, eine Sache ist, die das BDA genauer untersuchen sollte, weil sie ein Denkmal sein könnte.

Der/die Sachbearbeiter*in muss sich also keineswegs nur das vom Melder ausgewählte „Motiv“, also die Sache, die der Melder für „den Fund“ hält, anschauen und sachverständig beurteilen, sondern muss sich alles, was man auf dem Bild erkennen kann, anschauen und auf dessen mögliche Denkmaleigenschaft hin beurteilen. Ein kurzer Blick ins Zentrum des Bildes genügt also nicht, sondern das ganze Bild muss genau angeschaut werden, eventuell sogar mit einer Lupe, wenn sich z.B. auf einem Acker ein paar Scherben und mögliche andere Funde auf den fotografierten 3-5 Quadratmetern Fläche befinden.

Arbeitszeitberechnung: Erstaufnahme

Erledigt er seine Aufgabe auch nur einigermaßen ordentlich, benötigt also der/die Sachbearbeiter*in etwa 5 Minuten pro eingegangener Email-Fundmeldung, um den Akt anzulegen und die Nahaufnahme (und eventuell auch die Überblicksaufnahme) auf mögliche Denkmale zu durchsuchen, die das BDA genauer untersuchen muss. Melden also nur 60 (sic!) Metallsucher*innen in Österreich ihre jährlich jeweils ca. 2.250 „meldefähigen“ Funde – kommen auf die 10 Sachbearbeiter*innen des BDA jeweils „nur“ 13.500 Fundmeldeemails zu – dann braucht jeder davon für die ordentliche Erstbearbeitung der eingehenden Emails in Summe ca. 68.000 Minuten, d.h. ca. 1.133 Arbeitsstunden. Das sind – da bei österreichischen Beamt*innen mit ca. 1.612,5 Stunden effektiver Jahresarbeitszeit zu rechnen ist – ca. 70% der Jahresarbeitszeit dieser 10 Organe des BDA. Und das nur, um Akten anzulegen, die niemand braucht, und Fotos anzustarren, auf denen in aller Regel nichts Relevantes zu erkennen sein wird.

Meldet 1% der vermutlich tatsächlich aktiven Metallsucher*innen in Österreich ihre jeweils 2.250 Funde im Jahr, steigt die Anzahl der eingehenden Fundmeldungen pro Sachbearbeiter*in der Abteilung Archäologie des BDA auf  78.750. Für deren halbwegs ordentliche Erstaufnahme würde jeder davon also ca. 6.562,5 Arbeitsstunden im Jahr brauchen, d.h. ziemlich genau das Vierfache der Jahresarbeitszeit des jeweiligen Organs des BDA. Das geht natürlich nicht, also müsste das BDA 30 zusätzliche Archäolog*innen anstellen, um auch nur die Erstaufnahme der im Wege der Fundmeldeapp eingehenden Fundmeldungen zu leisten. Immerhin: das ist für die Erstaufnahme aller Fundmeldungen von 350 meldenden Metallsucher*innen. Aber viel ist das nicht, wenn man bedenkt, dass in Österreich wohl zwischen 30.000-40.000 Metallsucher*innen aktiv sind.

Melden alle Metallsucher*innen und Heimatforscher*innen alle ihre möglicherweise meldepflichtigen Funde, landen wir wie schon gesagt bei durchschnittlich etwa 90 Millionen Fundmeldungen pro Jahr, die über die Ice Watcher-App dem BDA gemeldet würden. Deren Erstaufnahme im obigen Sinn würde daher ca. 7,5 Millionen Arbeitsstunden im Jahr kosten, wofür etwa 4.650 Archäolog*innen nur für die Fundmeldungs-Erstaufnahme Vollzeit beschäftigt werden müssten.

Und all das hat noch gar keinen Sinn, weil um wirklich bedeutende Bodendenkmale zu identifizieren, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist und die daher unter Denkmalschutz gestellt werden müssen, ob nun gem. § 3 Abs. 1 oder § 9 Abs. 3 DMSG, ist mehr erforderlich als die Anlage eines Aktes pro Fundmeldung und die Beurteilung zweier Fotos, auf denen man nicht wirklich viel erkennt. Und dabei stoßen wir gleich auf eine ganze Serie weiterer Probleme, die das Fundmeldesystem per App wie vom BDA vorgesehen verursacht:

Gesetzliche Fristen, reale Verhältnisse

Fundmeldungen sind vom BDA binnen gesetzlich festgesetzten, recht kurzen Fristen in einer Weise zu bearbeiten, die der Behörde bestimmte Untersuchungen, die zur Beurteilung der Bedeutung der entdeckten Denkmale erforderlich sind, und die Entscheidung der Frage erlauben, ob diese Bedeutung derart beschaffen ist, dass die unveränderte Erhaltung der betreffenden Fundgegenstände im öffentlichen Interesse gelegen ist, ehe die entdeckten Funde bzw. deren Umstände verändert oder zerstört werden dürfen. Die betreffenden Fristen sind die des § 9 Abs. 1 DMSG vom Zeitpunkt der Entdeckung des Fundes bis 5 Werktage nach Abgabe der Fundmeldung, binnen derer „der Zustand der Fundstelle und der aufgefundenen Gegenstände (Fund)“ unverändert zu belassen ist „wenn nicht ein Organ des Bundesdenkmalamtes oder ein vom Bundesdenkmalamt Beauftragter diese Beschränkung zuvor aufhebt oder die Fortsetzung von Arbeiten gestattet“; und die des § 9 Abs. 3 DMSG, dass [d]ie aufgefundenen Bodendenkmale […] vom Zeitpunkt des Auffindens bis zum Abschluss der in Abs. 4 umschriebenen Arbeiten, längstens aber auf die Dauer von sechs Wochen ab Abgabe der Fundmeldung (§ 8 Abs. 1), den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes“ unterliegen. Dient die erstgenannte Frist (wenigstens in der Theorie) dem Zweck, dass das BDA bei Bedarf Sachverständige an die Fundstelle entsenden kann, um durch Inaugenscheinnahme entscheiden zu können, ob die Bedeutung des Fundes offensichtlich so gering ist, dass er nicht einmal genauer untersucht werden muss, dient die zweite Frist dem Zweck, dass das BDA gem. § 9 Abs. 4 DMSG eine wissenschaftliche „Auswertung und Dokumentation“ der „aufgefundenen beweglichen Gegenstände“ durchführen kann, um die Bedeutung des Fundes genauer beurteilen und erforderlichenfalls seine Unterschutzstellung bescheidmäßig verfügen zu können.

Information von Verfügungsberechtigten

Damit dieses System funktioniert, müssen selbstverständlich einige Dinge geschehen: erstens muss irgendjemand die bezüglich der Fundstelle und der dort belassenen Gegenstände Verfügungsberechtigten informieren, dass überhaupt ein Fund gemacht wurde.

Nachdem die App dazu keinerlei Angaben macht, sondern den Melder zu einer „fire and forget“-Fundmeldepraxis animiert, und auch die lokale Gemeinde (deren Bürgermeister oder Gemeindesektretär schnell einmal beim ihnen bekannten Grundeigentümer anrufen und diesem mitteilen könnte, dass ein Fund auf seinem Grund entdeckt worden sei, den er 5 Tage unverändert zu belassen habe) nicht mehr involviert ist, sondern die Fundmeldung direkt per Email an den/die örtlich zuständige/n Sachbearbeiter*in des BDA geht, obliegt bei Verwendung der App durch den Melder diese Aufgabe also diesem/dieser Sachbearbeiter*in. Bei dem/der gehen aber – wohl hauptsächlich am Wochende – möglicherweise hunderte, wenn nicht tausende oder gar zigtausende Fundmeldeemails ein, von denen jede etwa 5 Minuten Bearbeitungszeit für die Erstaufnahme kostet.

Enthält keine davon irgendwelche möglicherweise bedeutenden Funde, kann ein/e Sachbearbeiter*in in den 7,5 Stunden normaler Tagesarbeitszeit also ziemlich genau 90 dieser Emails bearbeiten. Die etwa 200 am Wochenende eingegangenen Fundmeldungen hat der/die Sachbearbeiter*in also – wenn nichts Nennenswertes dabei ist – samt der am Montag, Dienstag und Mittwoch Vormittag vereinzelt eingetröpfelten etwa 30 weiteren Fundmeldungen bis etwa Mittwoch Mittag abgearbeitet.

Enthält hingegen eine der Fundmeldungen Fotos, die Sachen zeigen, die ein Tätigwerden des BDA erforderlich machen könnten, hat der/die Sachbearbeiter*in unmittelbar, wenn er/sie auf diese Fundmeldung stößt, den Grundeigentümer und mögliche sonstige bezüglich der Fundstelle Verfügungsberechtigte herauszufinden und diese in Kenntnis zu setzen, dass auf deren Grundstück ein relevanter Fund entdeckt worden ist und sie dort vorläufig gem. § 9 Abs. 1 DMSG alle Arbeiten einzustellen und die Fundstelle und Fundgegenstände unverändert zu belassen haben. Das kostet wenigstens ein paar weitere Minuten, wahrscheinlicher jedoch eine halbe Stunde oder länger (womit wenigstens 6 Fundmeldungen weniger an diesem Tag bearbeitet werden können). Und das ist erst der Anfang.

Inaugenscheinnahme des Fundorts und Fundbergung

War bei den Fundmeldungen irgendetwas dabei, was ein Tätigwerden des BDA erforderlich machen könnte, muss der/die Sachbearbeiter*in nämlich nun – wobei das vermutlich erst am Donnerstag sein wird – an den durch GPS-Koordinaten identifizierten Fundort fahren und dort den Fund und dessen Umstände in Augenschein nehmen. Ist das ein großer Fund in einem noch weitgehend ungestörten Befund in einer Baugrube, ist das verhältnismäßig einfach, denn den sieht man leicht. Ist es hingegen ein beweglicher Kleinfund, den am Wochenende – also eventuell bis zu 5 Tage zuvor – irgendwer per App dem BDA zur Kenntnis gebracht hat, der irgendwo auf einem Acker oder im Wald in einem Umkreis von etwa 10 Metern Radius um einen durch GPS-Koordinaten definierten Punkt gelegen hat, ist diesen Fundgegenstand zu finden eventuell alles andere als einfach. Zum einen ist nämlich nicht einmal klar, ob er überhaupt noch dort ist oder ihn nicht in den 5 Tagen, die seit der Fundmeldung vergangen sind, jemand anderer als der Melder (oder dieser selbst entgegen der Instruktionen in der App) geborgen und mitgenommen hat. Aber selbst wenn er noch dort ist, ist keineswegs sicher, dass er überhaupt noch auf der Erdoberfläche liegt und daher mit freiem Auge sichtbar ist und nicht eingetreten, eingepflügt oder auch nur durch einen Regenguss mit Schlamm zugewaschen wurde. Und selbst wenn er noch mit freiem Auge erkennbar ist, bedeutet das nicht, dass er dem/der Sachbearbeiter*in unmittelbar ins Auge springt, sondern diese/r erst längere Zeit nach dem Fund suchen muss. Wie lange nach dem Fund gesucht und ob dieser überhaupt gefunden wird, selbst wenn er noch da ist, ist also alles andere als sicher.

Davon abgesehen gibt es eine gute Chance, dass der Fundort ein gutes Stück vom nächsten befahrbaren Verkehrsweg entfernt ist und daher auch der Weg dorthin und zurück einige Zeit in Anspruch nimmt; sowie der nächste befahrbare Verkehrsweg von der nächsten Dienststelle des BDA, an der es eine/n archäologische/n Sachverständige*n gibt, leicht auch über eine Stunde Fahrzeit mit dem Auto entfernt sein kann. An einem Arbeitstag kann der/die Sachbearbeiter*in also mit viel Glück (d.h. wenn diese zufällig nahe beieinander gelegen sind) vielleicht fünf oder sechs solche Fundstellen besichtigen und dort den jeweils dessen Inaugenscheinnahme auslösenden Fund – wenn er noch dort und noch wiederzufinden ist – lokalisieren, bergen und seine Fundumstände dokumentieren, mit etwas Pech (d.h. wenn die gemeldeten Fundorte zufällig in abgelegenem Gelände an unterschiedlichen Enden des Zuständigkeitsgebiets weit abseits des Dienstorts des/der Sachverständigen liegen) eventuell sogar nur zwei.

Es kann davon ausgegangen werden, dass – wenn sich unter den Fundmeldungen irgendeine befunden hat, die eine Inaugenscheinnahme des Fundorts und Fundbergung durch den/die Sachverständige*n erforderlich erscheinen hat lassen – der/die Sachbearbeiter*in wenigstens den Großteil des Donnerstags dafür aufwenden muss und am Rest des Tages vielleicht gerade noch genug Zeit hat, die seit Mittwoch Mittag eingegangenen, weiteren ca. 18 Fundmeldungen durchzuarbeiten, um erforderlichenfalls die oben genannte Information der Verfügungsberechtigen vornehmen zu können und am Freitag eventuell noch rasch die eine oder andere Fundstelle in Augenschein nehmen und Funde bergen zu können.

Beurteilung der Bedeutung und Erstellung von Sachverständigengutachten zu relevanten Funden

Haben sich irgendwelche möglicherweise denkmalschutzrelevanten Funde unter den Fundmeldungen dieser Woche befunden (von denen bei Annahme von 1% Meldequote durch die Mindestzahl von Metallsucher*innen im Lauf des Freitags weitere ca. 12 eingehen), deren Fundort der/die Sachverständige auch in Augenschein nehmen und die er/sie eventuell bergen konnte, muss er/sie wenigstens (am Freitag) noch entscheiden, ob er/sie diese und/oder die betreffende Fundstelle in Hinblick auf eine mögliche Unterschutzstellung noch genauer analysieren muss oder ob das nicht der Fall ist; bzw. ob er/sie gleich die geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung aller möglicherweise relevanten Funde in Sachverständigengutachten feststellen kann, um möglichst zeitnah die bescheidmäßige Entscheidung des BDA gem. § 9 Abs. 3 DMSG zu ermöglichen.

Ist es nicht der Fall, dass irgendwelche möglicherweise denkmalschutzfähigen Funde unter den von ihm nun abschließend zu erledigenden Fundmeldungen waren, hat er nun eigentlich die Finder, Grundeigentümer und sonstigen bezüglich aller gemeldeten Funde und Fundorte Verfügungsberechtigten zu informieren, dass alle denkmalschutzrechtlichen Beschränkungen bezüglich des jeweiligen Fundorts und der jeweiligen Funde aufgehoben sind;[6] wobei das BDA bisher erfahrungsgemäß diese Verständigung von dieser Aufhebung (fast?) regelhaft unterlässt.[7] Unterlässt er/sie die Aufhebung der Beschränkungen gem. § 9 Abs. 1 DMSG, endet zwar das Veränderungsverbot dieser Bestimmung automatisch durch Fristablauf; es bleibt allerdings ungeklärt, ob es sich bei den „aufgefundenen“ Befunden und Funden um „Bodendenkmale“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG handelt, die daher gem. § 9 Abs. 3 DMSG weitere (ca.) 5 Wochen automatisch kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz stehen und daher bis zum Ablauf dieser zweiten Frist weiterhin nicht zerstört oder verändert werden dürfen.

Befinden sich hingegen unter den in der betreffenden Woche gemeldeten beweglichen und/oder unbeweglichen Fundgegenständen irgendwelche vermutlich aus fachlicher Sicht denkmalschutzrelevanten Gegenstände, hat der/die Sachbearbeiter*in nun die für die sachverständige Feststellung ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen Bedeutung notwendigen Ermittlungen zu beginnen und möglichst zeitnah abschließend zu erledigen. Konkret bedeutet das, dass der/die Sachverständige zuerst einmal alle wissenschaftlichen Beobachtungen, die er/sie bei der Inaugenscheinnahme der Fundstelle, der dort allfällig vorhandenen Befunde und dort sowie nach deren Bergung und wissenschaftlichen Untersuchung im Büro bzw. Labor der Funde dokumentiert hat, in geeigneter schriftlicher, grafischer etc. Form und alle von ihm/ihr dazu durchgeführten Erhebungen in der Fachliteratur, die eine genauere Bestimmung der Art und Bedeutung der betreffenden Beobachtungen gestatten, vollständig zusammengefasst darzustellen hat. Diese Darstellung aller einzelfallrelevanten Tatsachen – der sogenannte „Befund“ – ist dann von dem/der Sachverständigen entsprechend allgemeinen fachlichen Lehrsätzen und den allgemeinen Denkgesetzen mittels seiner besonderen Fachkunde zu analysieren und alle relevanten Schlussfolgerungen, die sich daraus ergeben, nachvollziehbar darzustellen; d.h. das Gutachten im engeren Sinn über die Bedeutung der untersuchten Fundgegenstände abzugeben.

Kann er/sie das im konkreten Einzelfall schon ausreichend qualitativ auf Basis der in dieser Woche und zuvor durchgeführten Erhebungen (d.h. der bloßen Inaugenscheinnahme der Fundstelle und der Funde und seiner/ihrer allgemeinen Kenntnis der Fachliteratur, die er/sie schon so weit im Kopf hat, dass er/sie sie ohne überhaupt nachschlagen zu müssen aus dem Kopf vollständig und korrekt entsprechend wissenschaftlichen Standards zitieren kann), kann er/sie dieses Gutachten unmittelbar verfassen. Kann er/sie das nicht, muss er/sie gegebenenfalls weitere Ermittlungen anstellen, sei es weitere Untersuchungen des Fundortes oder der aufgefundenen Gegenstände durchführen (oder durch Dritte durchführen lassen) oder auch nur die Fachliteratur konsultieren, um rasch nachzulesen, wie die beim Augenschein dokumentierten Beobachtungen zu deuten sind bzw. eventuell auch nur um die entsprechenden Literaturstellen in seinem/ihren Gutachten korrekt zitieren zu können (wenn er/sie z.B. die Funde korrekt erkennt und zuordnen kann, aber die genauen Namen der Autoren und Titel der Werke, aus denen sich das ableiten lässt, und die genauen Seitenzahlen, an denen man die betreffende Information in diesen Werken nachlesen kann, nicht exakt im Kopf hat).

Im Durchschnitt dauert die Verfassung eines solchen, ausreichend fundierten, den rechtlichen Anforderungen an Sachverständigengutachten (siehe dazu zusammenfassend Bundesfinanzgericht 5.1.2018, RV/7105025/2016) entsprechenden Gutachtens selbst in einfachen Fällen (z.B. wenn nur ein beweglicher Kleinfund Gutachtengegenstand ist) einige Stunden. In komplexeren Fällen (z.B. wenn durch die Fundmeldung eine ausgedehnte Siedlungsfundstelle dem BDA zur Kenntnis gebracht wurde,[8] deren Bedeutung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist) sind hingegen eventuell zuerst weitere sachdienliche Untersuchungen an Ort und Stelle erforderlich (z.B. geophysikalische Messungen, um die räumliche Ausdehnung des entdeckten Denkmals unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche bestimmen und eingrenzen zu können), und ein umfassenderes Literaturstudium, um die Bedeutung des neu entdeckten Denkmals sachverständig ermitteln zu können, und dann kann allein die Niederschrift von Befund und Gutachten mehrere Arbeitstage verbrauchen.

Am dem/der Sachbearbeiter*in (unter den hier getroffenen Annahmen von nur 60 alle ihre möglicherweise relevanten Bodenfunde meldenden Metallsucher*innen) für die Durchführung der noch erforderlichen weiteren Ermittlungen und die Gutachtenerstellung verbleibenden Freitag wird diese/r also durchschnittlich nicht mehr als 1 oder 2 solche Gutachten erstellen können. Vorerst einmal davon ausgehend, dass wenigstens 1% aller der per App gemeldeten Bodenfunde tatsächlich (und sei es auch nur möglicherweise) denkmalschutzrelevante Gegenstände dem BDA zur Kenntnis bringen (d.h. bei jedem/jeder Sachbearbeiter*in jede Woche 2-3 Fundmeldungen eingehen, welche die Erstellung eines Gutachtens zur Bestimmung der Bedeutung der aufgefundenen Fundgegenstände erforderlich machen), muss sich der/die betreffende Sachbearbeiter*in also schon sputen bzw. vermutlich ein paar Überstunden anhängen, um mit dem durch die Fundmeldeapp verursachten Arbeitsanfall fertig zu werden.

Gesetzliche Fristen und Erledigungen des BDA

Anders gesagt: wenn auch nur 60 Metallsucher*innen alle ihre möglicherweise relevanten Funde melden, sind die 10 archäologischen Sachbearbeiter*innen (1 pro Bundesland, bis auf Niederösterreich, wo es 2 gibt) ausschließlich mit der Erledigung der dann per App eingehenden Fundmeldungen ausgelastet, von denen voraussichtlich über 99% völlig sinnlos sind. Sie müssen aber dennoch alle bearbeitet werden, weil sich darunter eben eventuell bis zu 1% befindet, die doch ein Tätigwerden des BDA notwendig machen, und zwar binnen der jeweiligen gesetzlichen Frist; und das – damit die Arbeitseinstellungspflicht des § 9 Abs. 1 DMSG irgendeine Wirkung entfalten kann – möglichst sofort nach ihrem Eingang bei der Behörde. Denn es nutzt eine Arbeitseinstellungs- und Unverändertbelassungspflicht wie die des § 9 Abs. 1 DMSG und eine automatische Unterschutzstellung kraft gesetzlicher Vermutung wie die des § 9 Abs. 3 DMSG überhaupt nichts, wenn die bezüglich des Fundortes und der Funde Verfügungsberechtigten – also, vorausgesetzt sie werden vom Finder unverändert belassen, der Grundeigentümer, allfällige dort zu Durchführung von Arbeiten berechtigte Pächter, Bauberechtigte oder Arbeitskräfte im Dienst irgendeines der genannten Verfügungsberechtigten – von der per App beim BDA erstatteten Fundmeldung gar nichts wissen und daher auch gar nicht wissen können, dass sie sich an die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 3 DMSG halten müssen. Denn solange sie von der Abgabe einer relevanten Fundmeldung nicht nachweislich in Kenntnis gesetzt wurden,[9] befinden sie sich in einem jedenfalls schuldbefreienden Rechtsirrtum (iSd § 5 Abs. 2 VStG), völlig unbeachtlich dessen, ob die Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 und 3 DMSG durch die Meldung der Entdeckung durch ihren Finder im Wege der App tatsächlich ausgelöst wurden.

Werden die eingehenden Meldungen also nicht binnen einiger weniger Tage nach ihrem Eingang bearbeitet, kann man sie sich gleich ganz sparen. Die Anzahl von solchen Fundmeldungen, die das BDA (wenigstens mit diesem System) mit dem ihm verfügbaren Personal in der verfügbaren Arbeitszeit ordentlich erledigen kann, ist jedoch eng beschränkt (siehe dazu auch schon Karl 2019): jede tatsächlich einen denkmalschutzrelevanten Gegenstand betreffende Meldung kostet das BDA erhebliche Mengen von Personalarbeitszeit, wobei im Endeffekt gleichgültig ist, ob das jetzt durchschnittlich eine, drei, fünf oder zehn Stunden pro derartigem Fundgegenstand sind. Denn zur Verfügung stehen der Behörde derzeit pro Woche maximal ca. 375 Personalarbeitsstunden, in den meisten Kalenderwochen des Jahres (ob nun aufgrund von Feiertagen, Urlauben, Krankenständen usw.; um von der Erledigung anderer dienstlicher Aufgaben durch die 10 Sachbearbeiter*innen der Abteilung für Archäologie gar nicht zu reden) sogar deutlich weniger. Wenn also die ordentliche Bearbeitung einer relevanten Fundmeldung durchschnittlich irgendwo zwischen 1-10 Arbeitsstunden kostet, dann können in der verfügbaren Zeit maximal zwischen 37 und 375 relevante Fundmeldungen bearbeitet werden, eigentlich sogar deutlich weniger.

Alles darüber hinaus Gehende kann das BDA einfach nicht ordentlich bearbeiten, sondern bestenfalls verwerfen, wobei aber auch das Verwerfen natürlich Zeit kostet und daher jede „nutzlose“ Meldung die Anzahl der pro Woche bearbeitbaren Meldungen weiter reduziert. Dabei gilt generell: je weniger die Melder wissen, welche Funde sie nun tatsächlich mittels der App melden sollen und welche nicht, desto höher wird der Anteil an „sinnlosen“ Fundmeldungen, die beim BDA eingehen; d.h. umso mehr Arbeitszeit wird auf das Verwerfen „sinnloser“ statt auf die Bearbeitung denkmalschutzrelevanter Fundmeldungen verschwendet. Die App trägt dabei zu einer sinnvollen Selektion durch Melder nicht nur nicht bei, sondern animiert diese – weil sie für Gletscherfundmeldungen entwickelt und nicht für das archäologische Fundmeldewesen adaptiert wurde – zur Erstattung unsinniger Meldungen in einer Form, die – aufgrund der zu großen Distanz bei der Aufnahme der Funde für Kleinfundmeldungen – selbst aus tatsächlich sinnvollen Meldungen mehrheitlich nutzlose weil nicht auswertbare Meldungen macht. Hier hat man im BDA einfach nicht nachgedacht, sich nicht überlegt, was man wirklich braucht und wie man das eventuell effektiv erreichen kann: man hat es vielleicht gut gemeint, aber eben nicht gut gemacht.

Wen interessieren schon die Rechte Dritter?

Ein noch größeres Problem als das, dass sich das BDA selbst mit sinnloser Arbeit eindeckt, die seine ohnehin schon stark limitierten Ressourcen noch mehr als bisher verschwendet, ist aber, dass im BDA offensichtlich – wie anscheinend immer – auch niemand daran gedacht hat, dass das, was die Behörde hier tut, empfiehlt und an Systemen zur Verfügung stellt auch (nicht zuletzt Rechts-) Folgen für Dritte hat.

Das zeigt sich schon an dem Problem, dass eine per App ans BDA übermittelte Fundmeldung mit an nahezu Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu führt, dass Grundeigentümer und andere bezüglich der Fundstelle Verfügungsberechtigte vom Fund und der Erstattung der Fundmeldung überhaupt erst erfahren, wenn sich das BDA ein paar Tage nach dem Fundereignis bei ihnen diesbezüglich meldet; wodurch natürlich die Pflichten zur unveränderten Belassung von Fund und Fundumständen des § 9 Abs. 1 DMSG weitgehend ausgehebelt werden. Aber das ist ein noch vergleichsweise geringes Problem, weil es nicht die vom Fundereignis betroffenen Dritten – also eben Grundeigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte – schädigt, sondern wenn überhaupt vor der Schädigung durch Falschmeldungen und durch diese unnötig ausgelöste Rechtsfolgen schützt und – wenn überhaupt – nur dem Schutz der zufällig entdeckten (und zufällig doch richtig identifizierten, tatsächlich erhaltenswerten) Denkmale schadet. Dennoch: es ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die vorhersehbaren Auswirkungen der Einführung des Systems auf Dritte oder auch nur „die Denkmale“ überhaupt nicht bedacht wurden, sondern man im Amt am Punkt „Fundmeldungen gehen leichter und kommen direkt an uns“ zu Denken aufgehört hat.

Nicht nur das Denkmalrecht ist relevant

Problematischer wird es, wenn die Behörde, wie das bei diesem Fundmeldesystem der Fall ist, vergisst, dass es bei Fundmeldungen nicht (und schon gar nicht) nur darum geht, dass sie „einfacher zu machen sind“ und „direkt beim BDA eingehen“; sondern dass das Fundmelderecht eigentlich primär eine zivilrechtliche Materie ist, bei der es nicht zuletzt um die Lösung von Eigentumsrechtsfragen geht. Wenn jemand nämlich subjektiv erstmals einen Gegenstand entdeckt, ist vorerst nicht eine denkmalrechtliche, sondern sind zuallererst einmal eigentumsrechtliche Fragen zu klären; als erstes die, ob die bewegliche Sache, die der Finder entdeckt hat – also das, was er subjektiv für den „Fund“ hält – objektiv überhaupt eine Fundsache ist. Denn obgleich man subjektiv jede Sache, die man zuvor noch nie gesehen hat, finden kann, ist nicht jede Sache, die man subjektiv findet, ein „Fund“ im Sinne des Gesetzes.

Zum Beispiel: wenn ich mein Fahrrad vor meiner Haustüre abstelle, dann können Sie es, wenn Sie an meiner Haustüre vorbei gehen, subjektiv für sich erstmals entdecken, also finden. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass mein Fahrrad damit auch objektiv ein „Fundgegenstand“ ist, den Sie frei in Besitz nehmen und für seine Rückerstattung einen Finderlohn und eine Aufwandsentschädigung von mir verlangen können. Damit eine bewegliche Sache überhaupt im rechtlichen Sinn ein „Fund“ sein kann, muss sie entweder (ob nun ursprünglich oder nachträglich) herrenlos (geworden) sein oder aber einen derzeitigen rechtmäßigen Eigentümer haben, der sie vergessen oder verloren hat, d.h. aus dessen Gewalt sie geraten ist, der sie jedoch wiedererlangen möchte.

Das Fahrrad in meinem Beispiel ist weder herrenlos – es gehört schließlich mir – noch wurde es von mir verloren oder vergessen, sondern ich habe es nur abgestellt, während ich es nicht brauche. Es ist daher auch, wenn Sie es zum ersten Mal sehen, kein „Fund“ im rechtlichen Sinne, sondern einfach mein Fahrrad, das Sie gefälligst stehen zu lassen haben, wo ich es abgestellt habe. Sie sind daher auch nicht verpflichtet, den Fund des Rades irgendjemandem anzuzeigen, weder mir, noch gem. § 390 ABGB der örtlich zuständigen allgemeinen Fundbehörde, dem örtlichen Bürgermeister; noch – auch dann nicht, wenn ich mein Fahrrad in meinem Swimmingpool versenkt habe und es sich daher unter der Wasseroberfläche befindet – gem. § 8 Abs. 1 DMSG der denkmalrechtlichen Fundbehörde, dem BDA (ob per App oder auf anderem Weg). Genau dasselbe gilt, wenn ich in meinem Garten einen Schatz vergraben (verborgen) habe: auch wenn Sie diesen aus welchem Grund auch immer subjektiv finden, ist Ihre Entdeckung kein Schatzfund iSd §§ 398-401 ABGB, sondern einfach mein vergrabener Schatz, den Sie liegen zu lassen haben.

Nun bestimmt das allgemeine zivilrechtliche Fundrecht in § 389 Abs. 1 ABGB dass „Finder“ im rechtlichen Sinne nur der ist, „wer eine verlorene oder vergessene Sache entdeckt und an sich nimmt“. Sinngemäß dasselbe gilt auch gem. § 386 ABGB für Funde „freystehender Sachen“, d.h. solche die ihr vormaliger “Eigenthümer nicht mehr als die seinigen behalten“ wollte und daher verlassen hat; und gem. § 397 ABG für Funde „verborgener Gegenstände“, d.h. „vergrabene, eingemauerte oder sonst verborgene Sachen eines unbekannten Eigentümers“, zu denen sinngemäß wiederum gem. § 398 ABGB auch Schatzfunde gehören, also „Geld, Schmuck oder ander[e] Kostbarkeiten, die so lange im Verborgenen gelegen haben, daß man ihren vorigen Eigenthümer nicht mehr erfahren kann“.

Nachdem nun gem. § 386 zweiter Satz ABGB generell (im Zweifel) nicht zu vermuten ist, „dass jemand sein Eigentum aufgeben wolle“, „darf kein Finder eine gefundene Sache für verlassen ansehen und sich diese“ einfach „zueignen“. Vielmehr muss jeder Finder bezüglich jeder Sache, die er findet, wenn er nicht positiv weiß, dass deren vormaliger Eigentümer sie verlassen hat, davon ausgehen, dass diese einen rechtmäßigen Eigentümer hat, der sie in seiner Gewalt behalten oder, sofern sie aus dieser geraten ist, wiedererlangen will; und hat daher unbeachtlich aller anderen Erwägungen, wenn er einen mutmaßlichen Fundgegenstand entdeckt und an sich genommen hat, diese Entdeckung gem. § 390 ABGB unverzüglich der zuständigen Fundbehörde (gem. § 14 Abs. 5 SPG der örtlich zuständige Bürgermeister) „unter Abgabe der gefundenen Sache anzuzeigen“.

Nun tritt zwar die Meldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG als lex spezialis zur lex generalis der allgemeinen Fundmeldepflicht des ABGB neben diese, verdrängt diese jedoch nur insoweit, als die in § 8 Abs. 1 DMSG enthaltenen Regelungen von jenen des ABGB in unvereinbarer Weise abweichen; und natürlich auch nur für solche Fundsachen, deren Meldung durch § 8 Abs. 1 DMSG geregelt werden.

Das bedeutet einerseits, dass die Fundmelderegelungen des § 8 Abs. 1 DMSG konkret (wenigstens derzeit noch) nur für Funde von „Bodendenkmalen“ gelten,[10] d.h. unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche bzw. durch zufällige Ereignisse wie Regen, Pflügen usw. an die Erdoberfläche gelangte und dort aufgefundene „Gegenstände, die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten“; während für alle Funde, die dieser Legaldefinition nicht entsprechen, unverändert die Fundmelderegelung des § 390 ABGB gilt. Das bedeutet selbstverständlich, dass (wenigstens derzeit noch) die meisten Bodenfunde, insbesondere alle vom BDA bei der Vorstellung der Ice Watcher-App genannten Beispiele, nicht der denkmalrechtlichen Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG unterliegen, weil die betreffenden Fundgegenstände der Legaldefinition des Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1 DMSG sicherlich nicht entsprechen.[11]

Und es bedeutet andererseits (weil die Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG den Finder selbst bezüglich Funden von „Bodendenkmalen“ nicht von der Meldepflicht des § 390 ABGB befreit – schließlich gestattet § 8 Abs. 1 DMSG explizit als Alternative zur Meldung ans BDA auch die Meldung des Bodendenkmalfundes an den örtlich zuständigen Bürgermeister, d.h. die allgemeine Fundbehörde – unbeachtlich dessen, ob der Finder seinen Bodendenkmalfund auch [ob nun per App oder anderswie] gem. § 8 Abs. 1 DMSG dem BDA gemeldet hat), dass er diesen jedenfalls (auch) gem. § 390 ABGB der allgemeinen Fundbehörde anzuzeigen hat. Diese allgemeine Fundmeldepflicht besteht zwar – was bei vielen Bodendenkmalfunden zutreffen mag – gem. § 391 Z 2 ABGB dann nicht, wenn „der gemeine Wert der gefundenen Sache 10 Euro nicht übersteigt, es sei denn erkennbar, dass die Wiedererlangung der Sache für einen Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist“; d.h. für derartige „geringwertige“ Bodendenkmalfunde genügt es tatsächlich, nur die Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG ans BDA zu erstatten. Aber es ist dabei nicht zu vergessen, dass es durchaus nicht wenige Bodenfunde gibt, deren gemeiner Wert sehr wohl € 10 übersteigt bzw. deren Wiedererlangung für den Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist, unbeachtlich dessen, ob diese auch die Legaldefinition des Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1 DMSG erfüllen.[12]

Um auch das an einem konkreten Beispiel zu illustrieren: der erste Ehering, den die Großmutter meiner Frau von ihrem Großvater gegen Ende des Dritten Reichs an den Ringfinger gesteckt bekommen hat, war ein einfaches, von einer Vorhangstange geschnittenes und daher ringförmiges Stück Buntmetall, dessen gemeiner Wert sicherlich nicht € 10 erreicht, aber dessen sentimentaler Wert jedenfalls hoch genug ist, dass seine Wiedererlangung im Falle seines Verlusts für den Verlustträger definitiv von erheblicher Bedeutung ist. Tatsächlich hat sich meine Frau, als sie diesen Ring vor Jahren geerbt hat, ihn in einem Goldring fassen lassen; was, wenn er jetzt verloren ginge, auch seinen gemeinen Wert die Grenze von € 10 übersteigen lassen würde. Tatsächlich ist er ihr auch schon einmal verloren gegangen, wenn auch glücklicherweise, wie sich im Endeffekt herausgestellt hat, nicht im Freien, sondern in einem Innenraum, sodass sie ihn selbst zwei Tage später zufällig wiedergefunden hat. Dennoch, dieses Beispiel zeigt, dass so etwas durchaus vorkommt. Solche z.B. bei der Feldarbeit verlorenen gegangenen Eheringe werden daher zwar nicht übermäßig häufig gefunden, aber auch bei weitem nicht so selten, dass man sie (und vergleichbare Bodenfunde) und damit das allgemeine zivilrechtliche Fundmelderecht bei Bodenfunden einfach ignorieren könnte und dürfte.

Nun enthält aber die Fundmelde-App des BDA nicht einmal einen Hinweis darauf, dass bei Bodenfunden unbeachtlich dessen, ob sie auch (ob mit der App oder auf andere Weise) gem. § 8 Abs. 1 DMSG dem BDA gemeldet werden sollen oder gar müssen, auch das allgemeine Fundrecht des ABGB zu beachten und zu befolgen ist. Noch enthält die App irgendeine für deren Nutzer nachvollziehbare, verständliche Information, welche Bodenfunde aller Wahrscheinlichkeit nach nur der Legaldefinition des Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1 DMSG genügen und daher jedenfalls nur der denkmalrechtlichen Meldepflicht dieses Paragrafen unterliegen; welche ihr möglicherweise unterliegen, aber mutmaßlich auch der allgemeinen zivilrechtlichen Meldepflicht des § 390 ABGB und daher, auch wenn sie mit der App gem. § 8 Abs. 1 DMSG dem BDA gemeldet wurden, entgegen den Instruktionen den Fund in situ zu belassen jedenfalls zu bergen und gem. § 390 auch der allgemeinen Fundbehörde unter Abgabe des Fundes anzuzeigen sind; und welche sicher nicht der denkmalrechtlichen Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG aber dafür jedenfalls der allgemeinen Fundmeldepflicht des § 390 ABGB unterliegen und daher nicht per App dem BDA, sondern nur entsprechend der Bestimmungen des § 390 ABGB der allgemeinen Fundbehörde anzuzeigen und abzugeben sind.

Das Problem mit dem Finderlohn bzw. Fundeigentumserwerb

Aus dem soeben Gesagten ergeben sich zudem gleich auch noch eine Reihe von Folgeproblemen, die man bei der Fundmelde-App ebenfalls gänzlich zu bedenken vergessen hat. Das erste davon ist das rechtliche Problem mit dem Finderlohn bzw. Fundeigentumserwerb.

Wie erwähnt begrüßt die App auf ihrem Startbildschirm den prospektiven Fundmelder mit der Instruktion, den Fund nicht zu berühren; und impliziert somit wenigstens, vor allem wenn man dies in Verbindung mit den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 2 liest, die Fundumstände und die aufgefundenen Gegenstände (den Fund) unverändert zu belassen und nicht zu bergen, sofern nicht die Gefahr besteht, dass er andernfalls abhanden kommt, dass die aufgefundenen Gegenstände (der Fund) in situ belassen werden sollen; der Finder den Fund also gerade nicht an sich nehmen soll. Aber wie ich gerade gezeigt habe, wird iSd § 389 Abs. 1 ABGB eine Person im rechtlichen Sinn überhaupt erst zum „Finder“, wenn sie die aufgefundene Sache (eines unbekannten Eigentümers) „an sich nimmt“. Von der rechtlichen Stellung als „Finder“ hängt aber nun ab, ob der Person, die den Fund entdeckt hat, ein Rechtsanspruch auf Finderlohn bzw., wenn die Fundsache herrenlos ist, ein Eigentumsanspruch am Fund entsteht.

Sofern es sich beim Fund um eine verlorene, vergessene oder verborgene Sache handelt, deren rechtmäßiger Eigentümer ermittelt werden kann und der seine Sache zurückfordert, steht gem. §§ 392-394 ABGB nur dem „Finder“ ein Anspruch auf Finderlohn zu, und zwar gem. § 394 Z 2 ABGB auch nur unter der Voraussetzung, dass er die in den §§ 390 und 391 enthaltenen Anordnungen nicht schuldhaft verletzt hat. Zwar bestimmt § 396 ergänzend, dass [w]er eine verlorene oder vergessene Sache entdeckt, sie aber nicht an sich nehmen kann, hat Anspruch auf die Hälfte des im § 393 bestimmten Finderlohnes, wenn er die Entdeckung einer im § 390 bezeichneten Stelle anzeigt und der Verlustträger die Sache dadurch wiedererlangt“. Selbst wenn man also argumentiert, dass der, der den Fund eines „Bodendenkmals“ aufgrund der Instruktion des BDA in der App nicht an sich genommen hat und ihn eventuell sogar aufgrund der Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 2 DMSG nicht an sich nehmen konnte, immer noch dessen „Finder“ ist und er sich eben mit dem in diesem Fall geminderten Finderlohn zu begnügen hat, so hatte auch dieser „Minderbefinderlohnte“ unbeachtlich der Bestimmungen des § 8 Abs.1 DMSG immer noch explizit die Meldepflicht des § 390 ABGB zu befolgen, um einen Rechtsanspruch auf den – und sei es nur geminderten – Finderlohn zu erhalten, muss also zusätzlich zur Meldung (ob nun per App oder anderswie) an das BDA auch eine Meldung beim örtlich zuständigen Bürgermeister erstatten. Tut er das nicht, verliert er diesen Rechtsanspruch und geht leer aus.

Handelt es sich beim Fund hingegen um eine herrenlose Sache, also eine, deren rechtmäßiger Eigentümer sich nicht ermitteln lässt, so erwirbt gem. § 395 (bzw. § 397) ABGB hingegen überhaupt nur der „Finder“ (bzw. gegebenenfalls iVm § 399 ABGB dieser und der Grundeigentümer jeweils zur Hälfte) einen Eigentumsanspruch am Fund; wobei die Frist für den Eigentumserwerb gem. § 395 ABGB frühestens mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, an dem der „Finder“ den Fund in Gewahrsam genommen oder ihn bei der allgemeinen Fundbehörde gem. § 390 ABGB angezeigt hat. Hat er den Fund also niemals an sich genommen, sondern in situ belassen, beginnt die Eigentumserwerbsfrist niemals zu laufen und weder (der aus rechtlicher Sicht gar nicht existente) „Finder“ noch (gegebenenfalls der gem. § 399 ABGB hälftig beteiligte) Grundeigentümer erwerben jemals den ihnen andernfalls gesetzlich zuerkannten Eigentumsanspruch am Fund. Selbst wenn man hier annehmen will, dass – weil er durch Instruktion des BDA in der App und die Regelung des § 9 Abs. 1 und 2 DMSG und somit durch ein gesetzliches Verbot an der Inbesitznahme des Fundes gehindert war – sinngemäß für Funde, die er nicht an sich nehmen kann, die Regelung des § 396 ABGB anzuwenden ist und der Melder daher trotzdem rechtlich als ihr „Finder“ gilt, bleibt das Problem bestehen, dass er immer noch zur Erstattung der Fundanzeige gem. § 390 ABGB verpflichtet war, um die Bestimmung des § 396 ABGB zu erfüllen. Zudem kommt eventuell bei Schatzfunden iSd § 398 noch erschwerend hinzu, dass, wenn er zwar die gem. § 8 Abs. 1 DMSG ans BDA, aber nicht die Fundmeldung gem. § 390 ABGB an die allgemeine Fundbehörde erstattet hat, eventuell anzunehmen ist, dass der „Finder“ iSd § 400 ABGB „den Fund verheimlichet hat“ und daher seines Hälfteeigentumsanspruchs verloren geht: schließlich ersetzt die denkmalrechtliche Fundmeldung an die sich überhaupt nicht mit zivilrechtlichen Eigentumsfragen beschäftigende Denkmalbehörde die zivilrechtliche Fundmeldepflicht an die für die Klärung eigentumsrechtlicher Fragen zuständige  allgemeine Fundbehörde gerade nicht.

Es wäre also – nachdem davon mögliche, und sei es nur zukünftige, Rechtsansprüche auf Finderlohn bzw. Fundeigentumserwerb abhängen, ob der „Finder“ den Fund an sich nimmt oder wenigstens zusätzlich zu der gem. § 8 Abs. 1 DMSG per App ans BDA auch Meldung gem. § 390 ABGB an die allgemeine Fundbehörde erstattet – in der App jedenfalls deutlich darauf hinzuweisen, dass neben der Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG mit der App auch die zivilrechtliche Fundmeldung an die allgemeine Fundbehörde gem. § 390 ABGB erforderlich ist, wenn der „Finder“ zu späterer Zeit den ihm gesetzlich zustehenden Finderlohn erhalten oder gar das (je nach Art des Fundes alleinige oder mit dem Grundeigentümer hälftig geteilte) Fundeigentum erwerben will; wenn nicht sogar die App so zu programmieren wäre, dass die Fundmeldung per App nicht nur als solche gem. § 8 Abs. 1 DMSG ans BDA, sondern gleichzeitig auch an die allgemeine Fundbehörde als Meldung gem. § 390 ABGB abzuschicken oder wenigstens vom BDA bei Eingang zuständigkeitshalber auch an die örtlich zuständige allgemeine Fundbehörde weiterzuleiten wäre.

Und das nicht nur zur Erhöhung der Nutzerfreundlichkeit, sondern auch zum Schutz der (und sei es nur prospektiven) Rechte des „Finders“ auf Finderlohn bzw. Fundeigentum und anderer seiner rechtlichen Interessen, die auch das BDA nicht einfach ignorieren darf: schließlich wird der „Finder“ im durch die Fundanzeige automatisch ausgelösten Verwaltungsverfahren schon allein deshalb Partei iSd § 8 AVG, weil er „an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses“ – eben dem am gesetzlichen Finderlohn bzw. dem Erwerb des Fundeigentums – „beteiligt“ ist. Dies ist umso mehr auch deshalb der Fall, weil von der in diesem Verwaltungsverfahren zu treffenden Entscheidung des BDA, ob es sich bei der Fundsache um ein „Bodendenkmal“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG handelt oder nicht, aufgrund der Bestimmung des § 10 Abs. 1 DMSG abhängt, ob der „Finder“ bei „geringwertigen“ und eventuell sogar „mittelwertigen“ Funden (d.h. solchen, die nicht aufgrund der Bestimmung des § 398 ABGB jedenfalls als Schatzfunde zu betrachten sind) nach Ablauf der Frist des § 395 ABGB alleiniger oder gemeinsam mit den Grundeigentümer nur hälftiger Fundeigentümer wird; was wiederum Rechtsfolgen nach sich zieht (insbesondere: ob er den Fund mit dem Grundeigentümer teilen muss, um sich nicht der Unterschlagung iSd § 134 StGB schuldig zu machen).

All diese rechtlichen Folgeprobleme, die sich daraus ergeben oder wenigstens in Fällen, in denen es um hochwertige Gegenstände, d.h. Schatzfunde iSd § 398 ABGB geht, durchaus realistisch ergeben können – hat das BDA offensichtlich bei der Programmierung bzw. dem Erwerb der durch (noch dazu ausländische) Dritte bereitgestellten App nicht bedacht. Wie üblich scheint das BDA völlig vergessen zu haben, dass in einem Rechtsstaat nicht nur die „Interessen des Denkmalschutzes“ relevant sind und es auch nicht nur diese öffentlichen Interessen zu vertreten hat, sondern es als Verwaltungsbehörde auch die Rechte der von seinem Verwaltungshandeln betroffenen Bürger zu beachten und zu schützen hat.

Praktische Probleme mit der Fundbergung und dem Fundbesitz

Damit sind wir aber mit den Folgeproblemen noch gar nicht am Ende, sondern es kommt noch mehr dazu; insbesondere im Bereich der Praxis jenes der Fundbergung und des Fundbesitzes bei Meldung via App. Dieses Problem ist gleich mehrschichtig:

Wie bereits erwähnt, muss der Melder bei Benutzung der App zwar eine Emailadresse angeben, um die Meldung abschicken zu können; muss aber weder einen Namen noch eine Kontaktadresse (in der realen Welt) angeben, geschweige denn, dass er seinen wahren Namen und seine Meldeadresse angeben müsste und das auch behördlich überprüft würde, ehe er melden kann. Das ist zwar auch wieder gut gemeint – viele Menschen wollen mit Behörden möglichst wenig zu tun haben und würden daher die App einfach nicht benutzen, wenn sie sich nachverfolgbar identifizieren müssten – aber führt auf der Ebene der Praxis zu ernsthaften Problemen; und zwar sowohl wenn der „Finder“ = „Melder“ den von ihm gemeldeten Fund entgegen den Instruktionen auf der Startseite der App nicht am Fundort belässt, sondern diesen (ob nun um seine Eigentumsansprüche zu sichern, weil er iSd § 9 Abs. 2 DMSG davon ausgeht, dass die Gefahr besteht, dass der Fund andernfalls verloren gehen könnte, oder einfach gedankenlos) iSd § 389 Abs. 1 ABGB „an sich nimmt“; als auch, wenn er ihn entsprechend den Instruktionen in der App „nicht berührt“ und iSd § 9 Abs. 1 DMSG unverändert am Fundort belässt.

Finders keepers

Nimmt der „Finder“ den Fund an sich, teilt dies aber dem BDA nicht mit – und es sagt ihm nicht nur niemand, und schon gar nicht die App, dass er das tun sollte, wenn er den Fund, und sei es nur iSd § 9 Abs. 2 DMSG weil er befürchtet, dass dieser sonst abhanden kommen könnte, entgegen der Instruktion der App doch an sich nimmt; sondern er ist auch gesetzlich nicht dazu verpflichtet, das irgendjemandem zu sagen, vor allem solange dessen gemeiner Wert € 10 nicht überschreitet und er daher auch nicht der allgemeinen Fundmeldepflicht des § 390 ABGB unterliegt, an die der „Finder“ durch die App wie schon erwähnt auch überhaupt nicht erinnert wird – erfährt das BDA nicht, dass er das getan hat. Identifiziert nun allerdings der/die Sachbearbeiter*in der Abteilung für Archäologie des BDA, in dessen/deren Inbox die App-Fundmeldung landet – just diesen Fund anhand der beiliegenden Fotos als einen, der tatsächlich weitere Handlungen des BDA erforderlich macht, und fährt daher an den Fundort, um dort den Fund zu bergen, findet er/sie den Fund dort natürlich nicht (mehr). Findet er/sie den Fund aber nicht, kann diese/r Sachbearbeiter*in nun überhaupt nicht wissen, ob er/sie ihn einfach nur am angegebenen Fundort nicht gefunden hat, sei es,

1) weil bei der Aufzeichnung oder Übermittlung der Fundortkoordinaten irgendetwas schief gelaufen ist und er/sie am falschen Ort gesucht hat, oder sei es, weil der Fund im Zeitraum zwischen Erstellung der Fundmeldung und Ankunft des Sachbearbeiters am Fundort zufällig oder absichtlich (z.B. vom „Finder“) wieder mit Erde bedeckt oder sonstwie verborgen wurde (z.B. damit er nicht abhanden kommt);

2) zwischenzeitlich ein unbekannter Dritter vorbeigekommen ist und den Fund geborgen, aber nicht (oder nur gem. § 390 ABGB bei der allgemeinen Fundbehörde) gemeldet hat (die ihn nicht als „Bodendenkmal“ erkannt und daher nicht an das BDA weitergemeldet hat oder die Weitermeldung noch im Postlauf ist, nicht richtig zugeordnet wurde, etc.); oder

3) weil der „Finder“ = „Melder“ den Fund selbst sichergestellt und das nur dem BDA mitzuteilen vergessen hat (oder auch dem BDA diese Tatsache absichtlich verschwiegen hat, z.B. weil er den Fund haben aber nichts mit dem BDA zu tun haben will; ihn für einen Schatzfund hält, den er nicht mit dem Grundeigentümer teilen will; etc.).

Zwar kann er/sie (eventuell sogar schon mit dem Diensthandy direkt vom Fundort) nun eine Email an den „Melder“ zu schicken versuchen, um diesen zu fragen, ob er nicht doch eventuell entgegen der Instruktion in der App den Fund mit sich genommen und das nur dem BDA mitzuteilen vergessen hat. Aber der „Melder“, wenn er nichts mit dem BDA zu tun haben will, kann zu diesem Zeitpunkt die Emailadresse, die er bei der Meldung angegeben hat, schon längst wieder gelöscht oder von Anfang an eine frei erfundene Adresse angegeben haben, die gar nicht existiert,[13] also für das Amt unerreichbar sein. Ergebnis: eine nutzlose Dienstreise und ein laut Foto eventuell denkmalschutzwürdiger, aber leider gänzlich verschwundener Fund.

Natürlich, wenn der „Finder“ keine Berührungsängste mit dem BDA, eine richtige Emailadresse angegeben und den Fund mitgenommen hat, wird er eventuell auf die Email-Nachfrage nun freundlich antworten und dem/der Sachberarbeiter*in den Fund gem. § 9 Abs. 4 „über Verlangen des Bundesdenkmalamtes – befristet auf längstens zwei Jahre – zur wissenschaftlichen Auswertung und Dokumentation zur Verfügung“ stellen; und hoffentlich in Hinkunft bei ähnlichen Umständen gleich in die „Bemerkung“-Zeile der Melde-App hineinschreiben „Fund wurde sichergestellt und befindet sich beim Melder“ und seine Postanschrift angeben. Aber auch diese eine nutzlose Dienstreise hätte sich der/die Sachbearbeiter*in sparen können, wenn man dem Melder gleich klar gesagt hätte, dass er bei der Meldung angeben soll, wenn er den Fund doch entgegen der Instruktionen in der App geborgen hat. Und man kann eben keineswegs garantieren, dass alle Melder deren eigene, dauerhaft funktionierende Emailadresse angegeben haben werden.

Losers weepers

Dieses praktische Problem ist allerdings ein noch vergleichsweise geringes, weil es zwar sinnlos Arbeitszeit von Sachbearbeiter*innen des BDA verschwendet und eventuell auch für den Denkmalschutz schädlich ist; aber den „Finder“, der den Fund schließlich tatsächlich an sich genommen hat, nicht an dessen Rechten geschädigt hat (auch wenn er eventuell die Öffentlichkeit, Wissenschaft und das BDA dadurch geschädigt haben könnte).

Ein weit größeres Problem kann und wird sich nämlich in vielen Fällen ergeben, wenn der „Finder“ den Instruktionen der App folgend und sich darauf verlassend, dass das BDA sich um die Sicherung des gemeldeten Fundes kümmern wird, den Fund brav an Ort und Stelle unberührt und damit unverändert zurücklässt. Das BDA instruiert ihn schließlich ebenso wie § 9 Abs. 1 und 2 DMSG zur unveränderten Belassung des Fundes und dessen Fundumständen genau zu dem Zweck, dass nicht er selbst den Fund unsachgemäß und ohne dessen Fundumstände wissenschaftlich ausreichend zu dokumentieren birgt und dabei wichtige Informationen zerstört, sondern damit das BDA eines oder gar mehrere seiner Organe oder Beauftragte an die Fundstelle entsenden kann, damit diese den Fund und dessen Fundumstände wissenschaftlich sachgerecht untersuchen, dokumentieren und bergen. Dadurch, dass der „Finder“ diese behördliche[14] und (wenn man davon ausgeht, dass §9 Abs. 1 und 2 DMSG tatsächlich, weil es sich bei dem in diesem Fall angenommenen Fund wirklich um ein „Bodendenkmal“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG handelt, anzuwenden sind) gesetzliche, durch § 37 Abs. 3 Z 2 DMSG mit bis zu € 5.000 strafbewehrte, Anordnung beachtet und den Fund und dessen Fundumstände daher unverändert belässt, also den Fund – entgegen seiner eigenen Interessen – gerade nicht birgt, gibt er nicht nur durch Erstattung der Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG jedwede dingliche und rechtliche Verantwortung für die Funde und deren Fundumstände an die Behörde ab; sondern darf, wird und muss sogar die berechtigte Erwartung haben, dass sich die Behörde nun auch tatsächlich um „seinen“ Fund und dessen Fundumstände entsprechend kümmern, diese untersuchen, wissenschaftlich dokumentieren und schließlich den Fund sachgerecht bergen und in sicheren Gewahrsam nehmen wird.

Nun hat aber, wie schon oben festgestellt wurde (Seiten 25-35), das BDA nicht einmal dann annähernd genug Personalkapazität, eines seiner Organe oder auch nur Beauftragte bei jeder per App eingehenden Fundmeldung zum Fundort zu entsenden und dessen sachgerechte Bergung nach vorheriger wissenschaftlich ausreichender Dokumentation der genauen Fundumstände durchführen zu lassen, wenn auch nur 6 und nicht einmal 60 Metallsucher*innen ihre durchschnittlich jeweils ca. 2.250 möglicherweise denkmalschutzrelevanten Funde pro Jahr per App melden, schon gar nicht zeitnah zum Meldezeitpunkt. Denn auch wenn das „nur“ 13.500 Fundmeldungen und somit durchschnittlich 1.350 pro Sachbearbeiter*in sind, kostet jede davon durchschnittlich wenigstens ca. 4 Arbeitsstunden, also wenigstens einen halben Arbeitstag, bzw. in Summe pro Sachbearbeiter*in (abgerundet auf die nächsten vollen tausend) ca. 5.000 Arbeitsstunden: schließlich muss der/die Sachbearbeiter*in zuerst die Fundmeldung aufnehmen, die bezüglich des Fundorts Verfügungsberechtigten ausforschen und vom Fund in Kenntnis setzen, dann zu jeder Fundstelle hinfahren, dort erst einmal den Fund – wenn er nicht extrem auffällig ist – suchen, ihn und seine Fundumstände sachgerecht dokumentieren und bergen, und nach Rückkehr ins Büro dann noch ein Gutachten über seine Bedeutung schreiben und erforderlichenfalls einen Unterschutzstellungsbescheid vorbereiten. Aber auch die Jahresarbeitszeit von Sachbearbeiter*innen in der Abteilung für Archäologie des BDA ist mit nur 1.612,5 Arbeitsstunden zu veranschlagen, was nicht einmal ein Drittel dessen ist, was für die Abarbeitung aller per App eingehenden Fundmeldungen samt sachgerechter Bergung des Fundes erforderlich wäre.

Will man aber nun nicht davon ausgehen, dass die meldenden, aber ihre Funde wie behördlich und gesetzlich angeordnet unverändert in situ belassenden „Finder“ dadurch, dass sie ihre Funde nicht selbst in sicheren Gewahrsam nehmen, freiwillig auf alle ihre Rechte (inklusive des Anspruchsrechts auf den zukünftigen alleinigen oder hälftig geteilten Erwerb des Eigentumsrechts) an ihren Funden verzichten – und wie oben (Seiten 38-40) schon ausgeführt, kann man das eigentlich nicht; und wenn doch müsste man „Finder“ davon informieren, dass sie durch Befolgung der Anordnungen der App auf alle ihre Finderrechte verzichten –, erwerben „Finder“ durch die Übermittlung der Fundmeldung ans BDA entweder ein – wenn auch vermutlich rein hypothetisches – Anrecht auf den gesetzlichen Finderlohn für Funde, die noch einen Eigentümer haben[15] bzw. – praktisch wird dies die ausschließlich relevante Option sein – einen Anspruch auf den zukünftigen (alleinigen oder geteilten) Erwerb des Eigentumsrechts an allen herrenlosen Funden nach Ablauf der Frist des § 395 ABGB. Diese Funde werden nun aber durch das BDA, das ja nicht einmal ansatzweise ausreichende Ressourcen dafür hat, (wenigstens in der überwältigenden Mehrheit aller Fälle) sicherlich nicht samt ihrer Fundumstände in situ wissenschaftlich untersucht, dokumentiert und anschließend sachgerecht geborgen werden; nicht einmal dann, wenn sie tatsächlich noch längere Zeit in situ aufgedeckt liegen bleiben (d.h. nicht durch natürliche Ereignisse zerstört, durch die nächste zufällig vorbeikommende Person einfach ohne sie irgendwem zu melden mitgenommen, vom Bauern wieder eingepflügt oder aus anderen Gründen wieder mit Erde so überdeckt werden, dass sie nicht wiederzufinden sind oder sonstwie abhanden kommen); also von der Behörde gerade nicht wie gesetzlich vorgesehen und vom „Finder“ (berechtigt!) erwartet sichergestellt werden.

Vielmehr wird – wenigstens, wenn es mit solchen Fundmeldungen weiterhin so verfährt, wie es das bisher erfahrungsgemäß getan hat – das BDA nicht einmal dem „Finder“ für die Fundmeldung danken;[16] geschweige denn ihn davon verständigen, was sein Fund nach Ansicht des Amtes überhaupt und ob er tatsächlich der eines „Bodendenkmals“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG ist oder nicht; noch ob es den Fund sichergestellt hat (und wie es weiterhin mit diesem verfahren wird) oder nicht und der „Finder“ ihn nun selbst noch einmal am Fundort suchen darf und, wenn er ihn wiederfindet, an sich nehmen darf. Vielmehr wird die Reaktion des Amtes, abgesehen von der automatisch von Biolovision Sàrl versandten Email mit einer Kopie der Meldedaten als Bestätigung der erfolgten Fundmeldung, in praktisch allen Fällen Schweigen sein. Tatsächlich eröffnet das BDA mit hoher Wahrscheinlichkeit wie bisher – neuerlich erfahrungsgemäß – nicht einmal das eigentlich gem. § 9 Abs. 3 DMSG gesetzlich verpflichtend von der Behörde infolge des Eingangs einer Fundmeldung durchzuführende Verwaltungsverfahren, in dem es eigentlich bescheidmäßig festzustellen hätte, ob an der Erhaltung des gemeldeten Fundes ein öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG besteht oder nicht besteht (siehe dazu schon Karl 2022); sondern behauptet, dass die dort genannte Frist von 6 Wochen, binnen der es diese bescheidmäßige Entscheidung zu treffen hat, nur eine reine Ordnungsfrist sei, die es zu gar nichts (und schon gar nicht zu einer fristgerechten bescheidmäßigen Entscheidung der zu beantwortenden Rechtsfrage) verpflichte. Dass es das nun tun wird, wenn statt wie bisher durchschnittlich 200 dank Ice Watcher-App jährlich 5000, wenn nicht 135.000, 787.500 oder gar mehr Fundmeldeemails (auch wenn es wohl nicht 90 Millionen im Jahr werden dürften) bei ihm eingehen, kann man ausschließen.

Das ist nun aber ein ernsthaftes Problem, vorerst einmal und hauptsächlich für „Finder“, die ja – wenigstens überwiegend – deshalb Funde entdecken, weil sie nach vergessenen, verlorenen, verborgenen und verlassenen Dingen suchen, und zwar wieder erfahrungsgemäß zumeist völlig unbeachtlich dessen, ob es sich dabei nun um „Bodendenkmale“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG oder geschichtlich, künstlerisch und sonstig kulturell völlig unbedeutende Sachen handelt, welche die meisten Leute für bloßen Mist halten würden, ihr „Finder“ aber – aus welchen Gründen auch immer – interessant findet. Viele dieser „Finder“ sind auch Sammler, die das, was sie finden – wenigstens das davon, das sie interessant finden, neuerlich völlig unbeachtlich dessen, ob es „Bodendenkmale“, Meteoriten oder beliebige andere, gänzlich unbedeutende, Sachen sind – in Besitz nehmen und ihrer Sammlung einverleiben wollen (und dafür auch gerne den Eigentumstitel daran hätten, der ihren Besitzanspruch rechtlich unanfechtbar macht). Dabei spielt es auch keine Rolle, dass viele, wenn nicht sogar die überwältigende Mehrheit aller dieser Fundsachen wirtschaftlich geringwertig[17] oder sogar völlig wertlos sind: der Wert ihrer Funde für „Finder“ ist überwiegend ideell; ist die Wertschätzung, den „Sammler“ als eine bestimmte Gemeinschaft für das kulturelle Erbe iSd Art. 2b der Faro-Konvention (BGBl. III Nr. 23/2015) einem bestimmten Aspekt dessen entgegenbringen, was sie als ihr kulturelles Erbe betrachten und im Rahmen privater Maßnahmen[18] an nachfolgende Generationen zu übertragen wünschen.

Tatsächlich würde es die meisten davon nicht einmal besonders stören, wenn sie ihre Funde per App der Behörde gemeldet und vorerst in situ belassen haben, wenn sich die Behörde binnen ausreichend kurzer Frist – z.B. die von § 9 Abs. 1 DMSG vorgesehenen 5 Werktage ab Abgabe der Fundmeldung – bei ihnen melden und ihnen sagen würde, welche ihrer Funde die Behörde selbst sichergestellt hat und welche die Behörde so überhaupt nicht interessieren, dass sie der Finder nun selbst bergen und in Besitz nehmen darf. Selbst wenn sie dann nur einen Teil ihrer Funde wiederfinden, sei es weil sie erst gar nicht alle davon wiederzufinden versuchen, oder sei es weil manche inzwischen (aus welchen Gründen auch immer) abhanden gekommen sind, wären sie zwar über diesen unnötigen Verlust – sie hätten die nun verlorenen Funde schließlich gleich bei der Entdeckung bergen und in ihre Gewalt bringen können – etwas verärgert; solange sie wenigstens den Großteil noch wiederfinden, würden sie das aber, wenn auch unerfreut, vermutlich akzeptieren.

Was sie hingegen auf die Palme bringt ist, wenn sie dem BDA ihre Funde melden und diese sogar, damit das BDA sie sachgerecht sicherstellen kann, am Fundort liegen lassen; und das BDA dann diese Funde nicht nur nicht sachgerecht birgt, sondern noch nicht einmal die Freundlichkeit hat, ihnen so zeitnah, dass sie diese noch selbst retten können, mitzuteilen, dass es die ihm extra von ihnen gemeldeten und für es in situ belassenen Funde so überhaupt nicht interessieren, dass es einfach gar nichts deswegen macht. Denn das drückt nicht nur eine unsägliche Missachtung der Funde aus, die sie als deren Finder wertschätzen, sondern noch viel mehr eine unendliche Missachtung der „Finder“ selbst und deren Interesse, die Funde, die das Amt weder braucht noch will noch die es interessieren, sich anzueignen und ihren eigenen Sammlungen einzuverleiben. Zu sagen, dass sie dadurch den Eindruck gewinnen, dass das BDA sie und die Mühe, die sie sich für es und den Denkmalschutz angetan haben, wie den letzten Dreck behandelt und ihre (berechtigten!) Interessen mit Füßen tritt – was es auch tatsächlich durch dieses Verhalten tut – wäre noch ein Euphemismus.

Amtshaftung?

Mittelbar wird damit, dass die Behörde die „Finder“ damit veräppelt, dass sie ihnen zwar verbietet, „ihre“ Funde zu bergen und somit ihr (wenigstens prospektives) Eigentum zu sichern, sich dann aber nicht im mindesten um (wenigstens die überwältigende Mehrheit) dieser Funde kümmert, aus dem daraus zwingend folgenden Eigentumsverlust für die „Finder“ aber auch wieder ein rechtliches Problem, das letztendlich auf die Behörde selbst zurückfallen könnte und wahrscheinlich auch zurückfallen wird. Denn gem. § 1 Abs. 1 AHG haftet der Bund „nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben; dem Geschädigten haftet das Organ nicht. Der Schaden ist nur in Geld zu ersetzen“.

Nun kann und wird natürlich, wenn es zu Amtshaftungsklagen kommen sollte, viel darüber gestritten werden, ob die Organe des BDA im Falle der zigtausenden verlorengegangenen Funde, die von deren „Findern“ auf Anordnung der Behörde nicht an sich genommen sondern in situ belassen wurden, damit die Organe oder Beauftragten der Behörde iSd § 9 Abs. 1 und 2 DMSG diese Funde sachgerecht wissenschaftlich untersuchen, dokumentieren und bergen können, dadurch, dass sie diese Funde nicht geborgen und sichergestellt haben, sich in Vollziehung der Gesetze rechtwidrig verhalten und dadurch den geschädigten „Findern“ schuldhaft Schaden an deren Vermögen zugefügt haben. Der Bund als Beklagter wird sich bzw. das BDA natürlich, weil er nicht hunderten, tausenden, wenn nicht sogar zehntausenden Bürger*innen dafür Schadenersatz zahlen wird wollen, dass sie – trotzdem es sie dazu aufgefordert hat – dem BDA per App sinnlose Fotos aus 1,5 m Distanz von überwiegend nicht einmal ordentlich erkennbarem Mist am Boden geschickt und diesen dort liegen haben lassen, mit allen möglichen mehr oder minder berechtigten Argumenten verteidigen und vermutlich viele solche Fälle, vielleicht sogar die meisten, gewinnen.

Er wird, weil das in der überwältigenden Mehrheit der Fälle auch tatsächlich stimmen wird, argumentieren, dass praktisch allen diesen verlorenen Funden höchstens vernachlässigbar geringer wirtschaftlicher Wert zugekommen ist und den „Findern“ daher kein Vermögensschaden, sondern höchstens ideeller Schaden verursacht wurde. Er wird argumentieren, dass es sich bei praktisch allen davon überhaupt nicht um „Bodendenkmale“[19] iSd § 8 Abs. 1 DMSG gehandelt habe, weil diesen Funden – wie man an ihrer völligen Missachtung durch das BDA erkennen kann – offensichtlich überhaupt keine geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zugekommen ist und diese daher auch nie der gesetzlichen Meldepflicht des § 8 Abs. 1 samt deren Rechtsfolgen gem. § 9 Abs. 1 und 2 DMSG zur unveränderten Belassung in situ unterlegen, ihre „Finder“ sie daher ohnehin bei der Entdeckung bergen und an sich nehmen hätten dürfen und daher selbst daran schuld wären, dass diese ihnen deshalb verloren gegangen wären.

Er wird argumentieren, dass sich selbst in Fällen, in denen doch am qua App übermittelten Foto eindeutig ein mutmaßliches Bodendenkmal erkennbar ist, aus den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 2 DMSG keine Rechtspflicht für die Organe des BDA ergeben würde, dieses tatsächlich sicherzustellen, diese somit nicht schuldhaft rechtswidrig gehandelt hätten, und der „Finder“ sich, wenn er denn sichergehen wollte, dass ihm sein Fund nicht verloren gehe, ohnehin einfach den Tag, an dem er den Fund gemeldet hatte und die nächsten fünf Werktage neben diesen setzen und ihn bewachen hätte sollen, weil er dann das vom BDA ignorierte mutmaßliche Bodendenkmal nach Ende der Frist des § 9 Abs. 1 DMSG ohnehin an sich nehmen hätte dürfen. Er wird argumentieren, dass der „Finder“ des am Foto erkennbaren Bodendenkmals zudem gem. § 9 Abs. 2 DMSG eigentlich ohnehin gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, dieses in möglichst sicheren Gewahrsam und somit an sich zu nehmen, wenn tatsächlich – wie durch den Verlust des Fundes eindeutig bewiesen – die Gefahr seines sonstigen Abhandenkommens bestand. Er wird vermutlich in den zuletzt genannten Fällen sogar – zur Abschreckung – wenigstens die ersten, die eine Amtshaftungsklage wegen ihrer verlorenen Funde eingebracht haben, wegen Verdachts auf Verstoß gegen die Bergepflicht des § 9 Abs. 2 DMSG und somit die Strafbestimmung des § 37 Abs. 3 Z 3 DMSG anzeigen; auch wenn solche Anzeigen in Anbetracht der Tatsache, dass das BDA am Startbildschirm der App anordnet, dass der „Finder“ den entdeckten Fund „Nicht berühren!“ dürfe, wenig Erfolgsaussichten hat.

Dass das die – in vielen, wenn nicht sogar den meisten Fällen vielleicht tatsächlich nicht schuldhaft rechtswidrig, sondern nur durch die vollkommen undurchdachte Gestaltung und Einführung der App und schwachsinnige Organisation des archäologischen Fundmeldesystems von den Organen des BDA – tatsächlich zweifellos massiv geschädigten „Finder“, die schließlich, als sie die App in Verwendung genommen und entsprechend der Anweisungen des BDA eingesetzt haben, berechtigt darauf vertraut hatten, dass die Behörde sich auch um ihre Interessen kümmern und sie nicht sinnlos schädigen wird, nur noch zusätzlich verärgern wird – und zwar unbeachtlich dessen, ob diese Ausreden des Bundes, um für die himmelschreiende Inkompetenz seiner Behörde nicht finanziell haften zu müssen, letztendlich vor Gericht Erfolg haben werden oder nicht – versteht sich von selbst.

Ich würde allerdings vermuten, dass es wenigstens einige Fälle geben wird, in denen alle Ausreden, die dem Bund dafür einfallen werden, warum seine Organe sich nicht schuldhaft rechtswidrig verhalten haben, nichts nutzen werden und der Bund tatsächlich Schadenersatz zahlen wird müssen. Denn es werden, wenn tatsächlich auch nur 1% der sicheren Mindestanzahl der aktiven Metallsucher*innen alle ihre relevanten Funde meldet und entsprechend der Anordnung des BDA in der App in situ liegen lässt, unter den Funden, die derart verloren gehen, auch wenigstens einige von signifikantem (wenigstens mittlerem,[20] wenn nicht sogar hohem) wirtschaftlichen Wert sein, die auch (am Foto erkenntlich) der Legaldefinition des Bodendenkmalbegriffs in § 8 Abs. 1 DMSG genügt haben, selbst wenn man diese weit enger auslegt, als es das BDA derzeit tut.[21] In solchen Fällen wird es dem Bund sehr schwer fallen, erfolgreich zu argumentieren, dass die „Finder“ nicht die berechtigte Erwartung hatten, dass sich die zuständigen Organe des BDA, die sie noch dazu explizit per App dazu aufgefordert hatten, die von ihnen gemeldeten Fundgegenstände nicht einmal zu berühren, sich – und sei es nur aus denkmalschützerischen Gründen – dieser annehmen und sie zeitnah und sachgerecht bergen und damit sicherstellen würden; und auch nicht berechtigt darauf vertrauen konnten, dass die Organe des BDA auch ihre Interessen als (präsumptive zukünftige) Eigentümer dieser Fundgegenstände schützen würden. Und es wird wenigstens in diesen Fällen dem Bund auch sehr schwer fallen, erfolgreich zu argumentieren, dass die zuständigen Organe des BDA nicht aufgrund der Bestimmungen des § 9 Abs. 1-3 DMSG auch tatsächlich die Pflicht hatten, diese Funde in situ in Augenschein zu nehmen, sachgerecht zu bergen und – auch zum Schutz der rechtlichen Interessen der „Finder“ als deren (voraussichtliche) Eigentümer – sicherzustellen (oder wenigstens Organe des Sicherheitsdienstes zu deren Sicherstellung gem. § 42 Abs. 1 Z3 bzw. 4 SPG zu veranlassen), und diesen damit durch Nichterledigung dieser Pflicht auch tatsächlich in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten schuldhaft Vermögensschaden zugefügt haben.

Längerfristige Folgen für das archäologische Fundmeldewesen

Klar ist allerdings in jedem Fall, dass – unbeachtlich ob Amtshaftungsklagen Erfolg haben werden oder nicht – was auch immer an Restvertrauen der Betroffenen in die Behörden und den Rechtsstaat noch vorhanden ist, und auch was auch immer die „Finder“ an guten Willen mobilisiert hatten, um dem ohnehin schon über die letzten 40 Jahre jedwede Vertrauensbasis unter häufiger archäologische Funde findenden Bürger*innen systematisch zerstört habenden BDA doch noch eine letzte Chance zu geben, endgültig vernichtet werden wird.

Das wird längerfristig vorhersehbar dazu führen, dass – „praktische“ App hin oder her – überhaupt niemand mehr irgendwelche Bodenfunde melden und schon gar nicht entdeckte Funde und deren Fundumstände unverändert in situ belassen wird.[22]

Denn warum auch? Binnen weniger Monate werden nun zig, hunderte, oder gar tausende „Finder“ die Erfahrung machen, dass das BDA, wenn sie ihm per App einen Fundgegenstand melden, den sie subjektiv für wichtig halten und gerne bergen und (und sei es nur ganz für sich selbst alleine) erhalten würden, in weit über 99,9% aller derartiger Fälle (wenn nicht sogar wirklich in allen diesen Fällen) ihre Meldung einfach völlig ignorieren (oder, was aber aus Sicht des „Finders“ das gleiche ist, als völlig uninteressant verwerfen) wird, ohne den „Finder“ (weil seine Organe auch gar nicht die Zeit dafür haben) auch nur von dieser Tatsache zu informieren; schon gar nicht zeitnah genug zur Absendung der Fundmeldung, dass der „Finder“ noch selbst rechtzeitig zum Fundort zurückkehren kann, um seinen Fund doch noch selbst zu bergen.

Da können noch so viele angebliche „Experten*innen“ des BDA, und noch so viele andere Archäolog*innen, noch so oft behaupten, dass das dafür nötig sei, das „archäologische Erbe“ im „öffentlichen Interesse“ vor der „Zerstörung“ durch „unsachgemäße Bergungen“ von und „Raubgrabungen“ durch „unqualifizierte Laien“ zu schützen; einmal abgesehen davon, dass weder die Ersteren noch die Zweiteren genug mediale Präsenz entwickeln können, dass sie irgendwer so oft dieses offensichtliche Lügenmärchen erzählen hört, dass er es ihnen glaubt: Taten sprechen einfach lauter als Worte; und damit erweisen sich alle derartigen Behauptungen entweder als dummdreiste Lügen oder lassen nur die Vermutung entstehen, dass die angeblichen „Expert*innen“ offensichtlich verrückt sind und nicht die mindeste Ahnung davon haben, wovon sie vor sich hin fantasieren. Wenn sich unter diesen Umständen „Findern“ die Frage stellt, wem sie glauben sollen, ihren eigenen Augen oder den offensichtlich unglaubwürdigen Organen des BDA, ist nicht schwer vorherzusagen, wie sie diese Frage jeweils für sich (und völlig vernünftig) beantworten werden.

Und die Antwort, die sie sich in diesem Fall geben werden – und viele der Bürger*innen, die schon bisher häufiger Bodenfunde suchen und auch entdecken, geben sich diese Antwort schon seit langem – wird sein, dass man den Organen des Amts und generell Archäolog*innen, die offensichtlich keine Ahnung davon haben, wovon sie reden und was sie tun, den Schutz des archäologischen Erbes weder anvertrauen noch überlassen kann, sondern man sich selbst so gut man es kann darum kümmern muss. Denn diese selbsternannten „Expert*innen“ lassen das archäologische Erbe nur kaputt gehen, wenn man sich blöderweise an den Unsinn hält, den sie einem anschaffen. Und die App, die das BDA scheinbar ohne auch nur eine Sekunde über die völlig vorhersehbaren Konsequenzen ihrer Einführung nachgedacht zu haben auf seine Webseite gestellt und beim „runden Tisch Archäologie“ auch noch als innovative Denkmalschutzmaßnahme angepriesen hat, beweist zweifelsfrei, dass sie mit dieser Beurteilung auch recht haben.

Die App war zwar sicher gut gemeint, aber sie ist so schlecht gemacht, und so offensichtlich für die Einrichtung eines sinnvollen, in der Praxis funktionierenden und auch sozialverträglichen archäologischen Fundmeldesystems unter den in Österreich real bestehenden Bedingungen ungeeignet, dass sie genau gar keinen Nutzen haben, aber unsäglich viel Schaden anrichten wird.

Eine Einladung zum Missbrauch

Aber damit ist es noch nicht genug: nicht nur ist die App so schlecht gemacht, dass sie sowohl aus denkmalschützerischer als auch aus Betroffenensicht überhaupt keinen Nutzen haben, aber massiven Schaden anrichten wird; sie ist sogar so schlecht gemacht, dass sie nachgerade zum Missbrauch einlädt. Und es gibt genau gar keine Sicherheitseinrichtung, die einen Missbrauch der App wenigstens zu erschweren versuchen würde, wenn schon nicht gänzlich verhindern kann.

Ich bin alt und technologieaffin genug, dass ich Online-Dienste seit 1991 für alle möglichen Zwecke nutze. Aber selbst in dieser Altsteinzeit der Online-Dienste waren die meisten, die es damals gab, schon vorsichtig genug, um wenigstens primitive Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren, um krassem Missbrauch vorzubeugen. Selbst wenn man sich nur für eine der – damals recht populären – Email-Diskussionslisten[23] anmeldete, musste man gewöhnlich eine Kontrollemail an die in der Einschreibung angegebene (damals wie heute sehr leicht zu fälschende) Adresse beantworten, ehe man tatsächlich Nachrichten von der Liste an diese zugestellt bekam und von ihr über die Liste verschicken (und somit an den dort geführten Diskussionen teilnehmen) konnte. Dabei war der einzige Schaden, dem man mit einer Anmeldung unter (gefälschter) Angabe der Emailadresse eines Dritten anrichten konnte, dass dieser dann (wahrscheinlich unerwünschte) Nachrichten von der Liste zugestellt bekam, seine Adresse im (damals noch kaum öffentlich zugänglichen) Mitgliederverzeichnis der Liste erschien und der dadurch Geschädigte ein paar unerwünschte Emails löschen und eine Abmeldeemail an den Listenserver schicken musste, wenn er nicht Mitglied der betreffenden Liste sein wollte.

Die Ice Watcher-App des BDA beugt hingegen nicht einmal mit dieser primitivsten aller vorstellbaren Sicherheitsmaßnahmen ihrem Missbrauch durch unlautere Nutzer vor, die statt ihrer eigenen (oder einer völlig fiktiven, inexistenten[24]) Emailadresse aus welchen Gründen auch immer die Emailadresse eines unbeteiligten Dritten angeben. Vielmehr ist es völlig ungehindert möglich – und ja, ich habe das tatsächlich erfolgreich ausprobiert[25] – eine Fundmeldung unter Angabe der Email eines Dritten abzusenden, die auch tatsächlich sowohl dieser Adresse als auch dem BDA zugestellt wird. Dabei ist weder für den (falschen) Adressaten noch vermutlich – nachdem scheinbar die exakt gleiche Email in Kopie als Fundmeldung an das BDA ergeht[26] – für das BDA anhand irgendwelcher angeschlossenen Metadaten ersichtlich, dass nicht der Inhaber der angegebenen Emailadresse, sondern ein unbekannter Dritter diese Fundmeldung versendet hat.

Tatsächlich enthält die von der Adresse „IceWatcher <support@biolovision.net>“ an die angegebene Emailadresse versandte Bestätigungsemail mit dem Inhalt der Fundmeldung nicht einmal einen Disclaimer, der den Empfänger informiert, an wen er sich wenden kann, wenn die Bestätigungsemail fälschlich an seine Adresse zugestellt und die Fundmeldung tatsächlich nicht von ihm erstattet wurde;[27] noch eine Kontaktadresse oder auch nur eine eindeutige Identifikationsnummer, anhand der diese Meldung nachverfolgt werden kann (siehe auch Abb. 3 für den vollständigen Inhalt einer Bestätigungsemail).[28] Wurde also die Emailadresse eines unbeteiligten Dritten durch einen unlauteren Nutzer der App missbraucht, muss sich dieser auch noch die Mühe machen, überhaupt erst einmal herauszufinden, bei wem und unter welcher Adresse er sich beschweren und die Löschung seiner missbräuchlich angegebenen Emailadresse verlangen kann, weil aus dem Inhalt der Email nicht einmal erkennbar ist, dass Fundmeldungen aus Österreich (über eine Firma mit Sitz außerhalb der EU) in Kopie an das BDA versandt werden. Inwieweit irgendwas davon DSGVO-konform ist, sei hier dahingestellt.

Wieder: gute Absichten

Es wird nicht verkannt, dass diese ultimative Unsicherheit der App neuerlich einer guten Absicht geschuldet ist: das BDA (und die wohl ebenso inkompetenten Schweizer Kantonsdenkmalämter,[29] für die Biolovision Sàrl die App ursprünglich für Gletscherfundmeldungen programmiert hat) wollte offensichtlich, dass (auch) mittels der App komplett anonym Fundmeldungen an die Behörde erstattet werden können.[30] Diese Möglichkeit war wohl nicht zuletzt deshalb gewünscht, als sich die Denkmalbehörden schon länger sehr wohl bewusst sind, dass jene Bürger*innen, die mit großem Abstand die meisten Bodenfunde entdecken – nämlich jene, die als Hobby der Metallsuche nachgehen – sich gegenüber Denkmalbehörden nicht in (leicht) verfolgbarer Weise zu erkennen geben wollen.

Während Denkmalbehörden das gerne als stillschweigendes Geständnis sehen, dass „die Sondler“ wissen, dass ihr Hobby (angeblich, nach Ansicht der Denkmalbehörde) generell verboten ist (oder wenigstens generell verboten werden sollte), ist diese Unwilligkeit, sich der Behörde zu erkennen zu geben, eigentlich (und das in sehr nachvollziehbarer Weise) hauptsächlich der schlechten Erfahrung der Metallsucher*innen mit der schon seit Jahrzehnten extrem restriktiven und explizit metallsucherfeindlichen Einstellung wenigstens eines lautstarken Teils, wenn nicht der großen Mehrheit, der einschlägig graduierten (deutschsprachigen) Archäolog*innen und ebensolchen Politik der staatlichen (archäologischen) Denkmalbehörden geschuldet. Weil viele Archäolog*innen und Denkmalbehörden sie als Verbrecher bezeichnen und auch behandeln (selbst wenn die dazu das DMSG falsch, rechtswidrig oder einseitig auslegen müssen), haben viele Metallsucher*innen jedwedes Vertrauen in die staatliche Denkmalpflege völlig verloren und sind daher auch nicht bereit das Risiko einzugehen, sich der Behörde gegenüber nachverfolgbar zu erkennen zu geben: diese könnte den, der sich zu erkennen gibt, schließlich für irgendwelche (realen oder imaginierten) Verstöße gegen das DMSG anzeigen, eine Hausdurchsuchung bei ihm durchführen lassen, usw. (was alles ja tatsächlich schon vorgekommen ist). Selbst wenn dem Bürger die Gerichte dann rechtgeben, die Unannehmlichkeiten, Kosten und Aufwände werden selten abgegolten.

Dabei wollen bekanntermaßen viele Metallsucher*innen durchaus ihre Funde – wenigstens die, die sie für wirklich wichtig halten, wenn auch nicht unbedingt alle – melden; sahen und sehen aber keine Möglichkeit, das ohne Gefahr für sich selbst zu machen; einmal abgesehen davon, dass es ihnen oft auch zu kompliziert ist. Und ebenso bekanntermaßen ist ein archäologisches Fundmeldesystem, bei dem die Metallsucher*innen ihre Funde nicht melden, völlig sinnlos, weil wie die Erfahrung (z.B. aus Großbritannien mit dem dortigen PAS) lehrt, machen Metallsucher*innen mehr als 95% aller archäologischen Funde und mehr als 99% aller tatsächlich wissenschaftlich relevanten. Und sie sind auch so ziemlich die einzige Bevölkerungsgruppe,[31] für die die Installation einer Fundmeldeapp eine sinnvolle Nutzung des verfügbaren Speicherplatzes ihres Mobiltelefons ist, weil reine Zufallsfinder, die – wenn es hoch kommt zwei Mal in ihrem Leben – beim Spazierengehen zufälligerweise über ein deutlich erkenntliches Steinbeil oder ein aus einem Feld herausstehendes, verrostetes aber noch als solches erkenntliches Schwert stolpern, werden sich eine Fundmeldeapp sicherlich nicht auf ihrem Mobiltelefon installieren.[32]

Es ist also durchaus verständlich, dass bei der Entwicklung dieser App die Möglichkeit, anonym zu melden, als durchaus bedenkenswerte Option erschienen sein mag. Aber eine Vertrauensbasis – und die ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein funktionierendes archäologisches Fundmeldewesen, weil es immer mangels Überprüfbarkeit auf freiwilliger Mitarbeit der Melder beruht – schafft man nicht dadurch, dass man denen, die der Behörde (berechtigt) nicht vertrauen, eine Möglichkeit in die Hand gibt, wie sie ebendieser Behörde heimlich trotzdem helfen können. Ganz im Gegenteil, man zerstört diese Vertrauensbasis nur noch weiter, wenn man ein dysfunktionales System einführt, das noch dazu eine massiv zu Missbrauch einladende App verwendet.

Ernsthafte Missbrauchsgefahren

Auf den ersten Blick ist man vielleicht geneigt zu sagen: was kann bei einem Fundmeldesystem schon ernsthaft schiefgehen oder passieren, bei dem man Fundmeldungen im Namen und mit der Emailadresse eines völlig unbeteiligten Dritten erstatten kann? Es ist doch letztendlich – wenn man einmal davon absieht, dass es für das BDA unpraktisch ist, wenn es den Melder nicht kontaktieren kann, wenn es irgendwelche Nachfragen hat, wenn der die Emailadresse seiner alten Nemesis aus Schulzeiten statt seiner eigenen angegeben hat – vollkommen egal, in wessen (falls überhaupt irgendeinem) Namen und mit wessen Emailadresse die Fundmeldung abgegeben wird: schließlich geht es um den Fund, der gemeldet wird, und nicht um den Melder. Solange man den Fundort – also ausreichend genaue Koordinaten davon, damit man ihn wiederfindet – kennt und den Fund ausreichend genau erkennen kann, dass man wenigstens grob einschätzen kann ob und weswegen er von qualifizierender Bedeutung ist, und den Fund dann tatsächlich am angegebenen Fundort wiederfinden kann (wenigstens in den allermeisten Fällen), ist alles andere schließlich egal, oder? Und das stimmt auch, solange niemand die App ernsthaft missbraucht und niemand ein Interesse daran hat, den Fund als Finder zu behalten/zurückzubekommen (s.o.).

Es eröffnet die App aber nicht nur die Möglichkeit, einem lieben Bekannten einen kleinen Streich zu spielen, indem man unter Verwendung seiner Emailadresse eine halbleere Bierflasche dem BDA als Fund meldet, damit sich der dann vom BDA belehren lassen kann, dass er gefälligst keine halbleeren Bierflaschen melden soll. Immer noch in die Kategorie eines Streiches, wenn auch schon eines weit lästigeren, würde es z.B. fallen, wenn ein missliebiger Nutzer ein paar Stunden lang durch eine beliebige österreichische Stadt geht, jedes beliebige Stück Mist am Boden mit der App fotografiert und unter Angabe der Emailadresse des Präsidenten des BDA, dessen Namen, und dessen Dienstadresse – die alle auf der Webseite des BDA stehen und daher sehr leicht zu finden sind – dem BDA als möglicherweise denkmalschutzrelevante Funde meldet.

Macht das dieselbe Person fortgesetzt auch nur eine Stunde pro Tag für mehrere Wochen – und es gibt nichts in der App, das einen davon abhält – verlässt sie eventuell bereits den Bereich des Streiches. Im Minimum kostet das nämlich das Sekretariat des Präsidenten dann jeden Tag einige Minuten, um die eingehenden „Falschmeldungen“ aus dessen Inbox zu löschen. Machen dasselbe 50 Personen verteilt über ganz Österreich als konzertierte Aktion, würde das wohl sogar die offizielle Emailadresse des Präsidenten so mit sinnlosen Kopien von sowieso beim BDA eingehenden Fundmeldungen überlasten, dass sie de facto blockiert wäre, und sei es nur, weil eingehende, dienstlich relevante Emails zwischen Massen von Fundmeldungen untergehen.[33]

Damit bewegen sich die, die sich einen solchen „Scherz“ erlauben, zwar vermutlich bereits in den Bereich des § 107c StGB, den der fortdauernden Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems, also Begehen vermutlich eine Straftat; aber darum geht es hier ja nicht: der Punkt ist, dass die App das Begehen dieser Straftat nicht nur ermöglicht, sondern sogar erleichtert, weil sie eben gegen den Missbrauch mit einer fremden Emailadresse überhaupt nicht gesichert ist. Wie sie diese und andere mögliche Straftaten erleichtert, dazu komme ich gleich noch.

Aber bleiben wir noch einen Moment bei der Möglichkeit des ernsthaften Missbrauchs der App: man kann damit nämlich nicht nur selbst jemanden anderen im Wege der IceWatcher App belästigen, sondern ihn auch sehr leicht der Gefahr der (unberechtigten) behördlichen Strafverfolgung aussetzen. Alles, was man dafür tun müsste, ist mit Metallsuchgerät und Klappspaten bewaffnet auf ein denkmalgeschütztes archäologisches Denkmal zu gehen, dort ein Loch zu graben, ob nun tatsächlich auf Basis eines Signals oder auch einfach nur irgendwo, und entweder den im Loch entdeckten Fund oder auch einen beliebigen, verdreckten, ins Loch gelegten Metallgegenstand (z.B. eine im Dreck etwas eingetretene Münze aus der eigenen Geldbörse) mit der App so zu fotografieren, dass man auch schön das Loch, den Klappspaten und das Metallsuchgerät erkennen kann, und dann das ganze unter Angabe einer fremden Emailadresse dem BDA zu melden. Nachdem schon die ungenehmigte Verwendung eines Metallsuchgeräts auf einem denkmalgeschützten archäologischen Denkmal ohne Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 8 DMSG eine durch § 37 Abs. 3 Z 6 eine mit € 5.000 Strafe bedrohte Verwaltungsübertretung darstellt und Organe des BDA solche Vergehen zur Anzeige zu bringen haben, wenn sie dienstlich ihre Begehung wahrnehmen; muss das BDA daraufhin Anzeige bei der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft (BH) erstatten.

Die BH wiederum muss daraufhin Ermittlungen anstellen, um den Täter auszuforschen; und dabei bleibt ihr – selbst wenn das BDA in seiner Anzeige darauf hinweist, dass es sich bei der angegebenen Emailadresse so gut wie sicher um eine Falschangabe handelt – nichts anderes übrig, als zuerst einmal die Person einzuvernehmen, deren Emailadresse in der Meldung als die des Melders angegeben ist. Schließlich kann die Verwaltungsstrafabteilung der BH – nicht einmal, wenn die angegebene Emailadresse neuerlich die des Präsidenten des BDA ist – nicht einfach so davon ausgehen, dass es sich bei dieser Angabe tatsächlich um eine Falschangabe handelt, sondern muss sich wenigstens durch Einvernahme der betreffenden Person versichern, dass diese tatsächlich nicht als Täter in Frage kommt: es soll schließlich auch schon Feuerwehrmänner gegeben haben, die auch Brandstifter waren; die BH kann also nicht a priori ausschließen, dass der Präsident des BDA nicht heimlich ein Denkmalschänder sein und bei der Fundmeldung per App einfach einen dummen Fehler begangen, z.B. statt einer gefälschten seine eigene Dienstemailadresse angegeben, haben könnte.

Setzt der eigentliche Täter – und wir befinden uns hier bereits weit im Strafrecht, erfüllen doch die hier genannten, möglichen Handlungen wohl zweifellos wenigstens die Straftatbestände der §§ 293 Abs. 1 (Fälschung eines Beweismittels) und 297 Abs. 1 StGB (Verleumdung) – seine verbotenen Handlungen noch dazu um 3 Uhr morgens, wenn er weiß, dass sich das Opfer seines Verleumdungsversuchs vermutlich an seinem in der Nähe des gewählten Tatorts befindlichen Wohnort aufhält, weil dieses zu der Zeit wie die meisten Menschen dort aller Wahrscheinlichkeit nach friedlich schläft und damit – weil es ja nicht damit rechnet, das beweisen zu müssen – auch kein beweisbares Alibi hat, wird sich der Verleumdete sogar schwer tun, iSd § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Zugegeben: wenn der eigentliche Täter derart den Präsidenten des BDA zu verleumden versuchen würde, würde die Verwaltungsstrafbehörde Letzteren wohl im Zweifel freisprechen; immerhin ist es nicht sehr glaubhaft, dass der Präsident des BDA derart dumm wäre, dass er sich auf diese Weise selbst abschießen würde (weil dass jemand, der eines Verstoßes gegen das DMSG für schuldig befunden wurde, weiterhin Präsident des BDA sein könnte, ist wohl auszuschließen: er wäre jedenfalls rücktrittsreif). Aber ersetzt man in diesem Beispiel den Präsidenten des BDA durch einen missliebigen Nachbarn, vielleicht sogar einen, von dem der eigentliche Täter weiß, dass er tatsächlich ein Metallsucher ist (dem der Täter vielleicht sogar neidisch ist, weil ihm jener immer die besten Funde direkt vor der Nase wegschnappt, oder dem er dessen beeindruckende Privatsammlung im Keller nicht gönnt), den das BDA vielleicht sogar schon länger der illegalen Metallsuche verdächtigt, dann kann man mit guter Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass einem solchen Verleumdungsversuch nicht nur Erfolg beschieden ist, sondern beim Opfer auch die Polizei mit einem Hausdurchsuchungsbefehl auftauchen und seine Metallsuchgeräte und seine Privatsammlung wenigstens vorerst einmal beschlagnahmen wird – selbst wenn er diese völlig rechtmäßig erworben und noch nie in seinem Leben eine illegale Metallsuche durchgeführt hat, sondern immer nur gänzlich legal diesem Hobby nachgegangen ist.

Und als ob das noch nicht reichen würde bietet sich die App nicht nur als praktisches Tatwerkzeug für Verleumdungsversuche[34] an, sondern auch als wunderbares Mittel zum „Waschen“ von illegal erworbenen und gehandelten Kulturgütern. Alles, was es dafür braucht, ist, dass der, der bewegliche Kulturgüter ungeklärter Herkunft mit einer bombensicheren Provenienz ausstatten will, diese ordentlich verdreckt an irgendeinem geeigneten, einigermaßen abgeschiedenen Ort in Österreich in ein eigens zu diesem Zweck gegrabenes Loch legt, mit der Fundmeldeapp des BDA abfotografiert und eine Fundmeldung abschickt. Handelt es sich dabei nicht um nachweislich und amtsbekanntermaßen um Diebesgut, sondern um aus Raubgrabungen stammende und daher noch völlig unbekannte Gegenstände, so erhalten diese nicht nur eine eindeutige, legale Provenienz – sie wurden schließlich in Österreich gefunden und gesetzeskonform gemeldet – sondern gehen nach Ablauf der Frist des § 395 ABGB entweder entsprechend dessen Bestimmung ganz oder – wenn es sich um einen Schatzfund iSd § 398 ABGB handelt – gem. § 399 ABGB zur Hälfte in das rechtmäßige Eigentum des Finders über.

Das ist sogar dann der Fall, wenn diese Kulturgüter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ursprünglich aus Österreich stammen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Ausland unrechtmäßig nach Österreich verbracht bzw. ebenso unrechtmäßig nach Österreich eingeführt wurden: nachdem der Eigentümer des Fundes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht binnen offener Frist des § 395 ABGB ermittelt werden kann,[35] ist dem Finder der ungeteilte oder gegebenenfalls gem. § 399 ABGB mit dem Grundeigentümer hälftig geteilte Eigentumstitel zuzusprechen. Und nachdem es sich beim Finden von Sachen um originären Eigentumserwerb handelt, verdrängt dieser Eigentumstitel alle anderen, möglicherweise doch zum Zeitpunkt des Findens noch bestanden habenden Eigentumsrechte völlig.

Mit diesem Titel und der durch die Fundmeldebestätigung auch völlig einwandfreien Provenienz kann der Finder dann das somit „gewaschene“ Kulturgut nun am internationalen Markt für antike Kulturgüter völlig legal handeln; auch wenn er sich dafür eventuell eine Ausfuhrgenehmigung vom BDA ausstellen lassen und den allfällig erzielten Verkaufserlös mit dem Grundeigentümer hälftig teilen muss. Das sollte allerdings beides kein größeres Problem sein und die gesicherte Provenienz und der gesicherte Titel sind es vermutlich auch wert, dass man den Verkaufserlös mit dem Grundeigentümer (den man sich ja in diesem Fall auch geschickt auswählen kann) teilen muss.

Tatsächlich muss man allerdings vermutlich nicht einmal das: um den einwandfreien Provenienznachweis und (wenigstens) den (mit dem Grundeigentümer hälftig geteilten) rechtmäßigen Titel zu erhalten, genügt es nämlich eigentlich, die Fundmeldung wie beschrieben (von einer temporären, nach Abspeicherung der Bestätigungsemail gleich wieder gelöschten Emailadresse) an das BDA abzuschicken. Danach kann nämlich der „Wäscher“ die nicht allzu gut erkennbar abfotografierten Kulturgüter, nach außen hin mit der Begründung, dass die Gefahr deren sonstigen Abhandenkommens bestehe und er daher gem. § 9 Abs. 2 DMSG zu ihrer Sicherstellung gesetzlich verpflichtet sei, gleich wieder einpacken und mitnehmen. Damit hat er die „Funde“ in seinem Besitz, das BDA keine Möglichkeit, ihn zu kontaktieren und sie in Augenschein zu nehmen, und er wenigstens einen hälftig geteilten, rechtmäßigen Titel; und selbst wenn das BDA den Grundeigentümer kontaktiert, weiß der auch von nichts und kann auch mit dem schlechten Foto der Funde, das ihm das BDA eventuell zur Verfügung stellen darf, wenig anfangen – wenn er nicht sowieso ein Komplize des „Kulturgutwäschers“ ist und das BDA anlügt, dass er nichts vom Fund und dessen Umständen weiß. Der Rest ist dann einfach, insbesondere, wenn der Grundeigentümer ein Komplize des „Kulturgutwäschers“ ist, und braucht daher hier auch gar nicht weiter ausgeführt werden.

Kurz gesagt, es braucht weder ausgeprägte kriminelle Energie noch ein kriminelles Genie, um die App, so gut sie und ihre vollanonymisierte Benutzbarkeit auch gemeint sein mag, ernsthaft zu missbrauchen; sei es, um unbeteiligten Dritten lästig zu fallen; sie zu verleumden; oder sei es, um sie als Werkzeug zum „Waschen“ von illegal gehandelten Kulturgütern zu verwenden. Denn aufgrund des Fehlens jedweder Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor möglichem Missbrauch müssen sich Täter eventuell nicht einmal eine nicht zu ihnen zurück verfolgbare Emailadresse beschaffen, sondern können ganz ohne mit ihrem liederlichen Tun beginnen.

Sind App-Missbraucher (überhaupt) ausforschbar?

Dass man die App so leicht missbrauchen kann, ist natürlich schon per se ein Problem. Dieses Problem wird aber wohl noch dadurch zusätzlich maßgeblich vergrößert, dass es – wenigstens soweit ich das beurteilen kann – so aussieht, als ob Personen, die sie missbrauchen oder gar zum Begehen von Straftaten verwenden wollen, nur sehr schwer oder möglicherweise sogar überhaupt nicht ausgeforscht werden können.

Ich habe schon erwähnt, dass ich hoffe, dass wenigstens Biolovision Sàrl eingehende Fundmeldungen nicht nur per Email an die vom Melder angegebene Emailadresse und das BDA weiterleitet, sondern diese samt (hoffentlich) von der App mitübermittelten Metadaten wie z.B. der IP-Adresse, von der die Meldung übermittelt wird, der Nummer der ins Telefon eingelegten SIM-Karte, der Seriennummer des Telefons und/oder dessen IMEI(s) in einer Datenbank abspeichert.[36] Den Datenschutz- und Nutzungsbedingungen der App ist unter Punkt 2.3 zu entnehmen, dass es derartige Daten – spezifisch genannt wird die „IP-Adresse oder andere Benutzeridentifikationen auf von ihnen verwendeten Geräten“[37] – speichern, unter Punkt 5.4, dass es diese ordentlichen Gerichten (und ähnlichen Einrichtungen) im gesetzlichen Rahmen, und unter Punkt 6., dass es diese auch an Drittländer (auch außerhalb der Schweiz und EU) weitergeben darf.

Das bedeutet aber nicht, dass Biolovision Sàrl das, bloß weil es das entsprechend seiner Datenschutz- und Nutzungsbedingungen darf, auch tatsächlich bei der Ice Watcher-App tut; und soweit sich das (z.B. aus den App-Einstellungen im Betriebssystem meines Mobiltelefons) eruieren lässt greift die App nur auf die Standortinformationen (die für die GPS-Geolokalisierung des Fundorts natürlich unbedingt gebraucht werden) zu. Schließlich würde eine derartige Möglichkeit, den die App anonym verwenden wollenden und (wenigstens von den „Partnern“, die die App in Auftrag gegeben haben, vorgesehenermaßen anonym) verwenden können sollenden Nutzer erst recht eindeutig identifizieren zu können, selbst wenn sie nur bei ernsthaften Missbrauch der App genutzt werden soll, die – dann ja nur vorgeschobene – Möglichkeit zur anonymen Nutzung der App einigermaßen ad absurdum führen.[38]

Aber selbst wenn Biolovision Sàrl tatsächlich Daten wie IP-Adresse, SIM-Kartennummer, Seriennummer und/oder IMEI(s) des für die Erstellung und Absendung einer Meldung verwendeten Geräts für jede Meldung speichern sollte, ist das nur ein recht geringer Trost. Denn selbst wenn dies geschieht, lässt sich natürlich nur der Nutzer der App ausforschen, der sein eigenes, ihm über IP-Adresse, eingelegte SIM-Karte, registrierte Seriennummer und/oder IMEI(s) zuordenbares Gerät benutzt. Das werden natürlich die meisten Nutzer der App tun, aber gerade die, die sie missbrauchen oder gar als Tatwerkzeug für Straftaten verwenden wollen, wenn sie auch nur halbwegs vorausplanen, eher nicht. Auch hier könnte man diverse Sicherungsmaßnahmen treffen, um zu verhindern oder wenigstens die Chance deutlich zu verringern, dass sich ein missbräuchlicher Nutzer der Zurückverfolgbarkeit entziehen kann; wenigstens nicht durch ganz einfache Tricks; aber hat es offenkundig auch hier nicht gemacht.

Denn die App funktioniert nicht etwa nur, wenn eine aktive SIM-Karte ins Gerät eingelegt ist, mit dem sie verwendet wird, sondern auch ganz ohne. Ich habe das ausprobiert: man kann, auch wenn keine SIM-Karte im Gerät ist, dennoch die App aufmachen, die beiden Fotos schießen und den Punkt auf dem zweiten setzen, eine Bemerkung, eine Emailadresse und Namen und Adresse eingeben und die Meldung senden. Zwar geht diese Meldung dann nicht unmittelbar hinaus, aber wird auf dem Gerät zwischengespeichert und abgesendet, sobald das Gerät wieder eine Internetverbindung hat. Das ist der Fall, wenn man wieder eine aktive SIM-Karte ins Gerät einlegt und es wieder mit dem Funktelefonnetz verbindet; aber z.B. auch, wenn man das Gerät mit einem WLAN verbindet.

Auch das ist wieder einer guten Absicht geschuldet und sicher gerade für eine Gletscher-Fundmeldeapp auch sinnvoll: schließlich kann man nicht davon ausgehen, dass der Finder eines Gletscherfundes in den Hochalpen immer und überall Telefonverbindung hat. Gerade im Hochgebirge gibt es nicht wenige Funklücken, um die sich Gletscher und aus diesen ausapernde Funde ungünstigerweise nicht im mindesten scheren. Soll die App also auch tatsächlich überall dort funktionieren, wo ein Gletscherfund gefunden werden kann, muss sie auch funktionieren, wenn das Gerät gerade nicht mit dem Telefonnetz und damit (oder auf anderem Weg) mit dem Internet verbunden ist. Und dieses Funklücken-Problem ist, gerade wenn man die Verwendung der App wirklich absolut idiotensicher machen will, technisch sicher am einfachsten dadurch zu lösen, dass die App einfach an Orten aufgezeichnete Meldungen, an denen das Gerät keine Netzverbindung hat, zeitweilig auf diesem zwischenspeichert und automatisch abschickt, wenn es wieder eine Internetverbindung hat.

Als Folge dieser guten Absicht kann man aber somit die Zurückverfolgbarkeit des Nutzers via SIM-Kartennummer sehr leicht umgehen. Alles, was man dafür tun muss, ist vor der Nutzung des Apps zur Aufzeichnung einer Fundmeldung die SIM-Karte aus diesem entfernen und erst nachdem man die Meldung per z.B. WLAN-Verbindung abgeschickt hat wieder hineinstecken.

Nimmt der Nutzer dafür sein eigenes WLAN daheim, ist er natürlich erst recht – über die ihm zum Zeitpunkt der Übermittlung zugewiesene IP-Adresse – identifizierbar, wenn auch schon nicht mehr unbedingt völlig eindeutig, wenn in seinem Haushalt mehrere Personen dasselbe WLAN benutzen. Aber diese Art der Zurückverfolgbarkeit lässt sich leicht umgehen, indem der Nutzer sich in Österreich mit dem z.B. auf jedem besseren Bahnhof und in den meisten ÖBB-Zügen verfügbaren ÖBB-WLAN verbindet und die Meldung über dieses abschickt. Macht er das z.B. irgendwo am Wiener Hauptbahnhof während einer Stoßzeit, kann man den meldenden User wohl nicht einmal mehr über die Auswertung der Videoüberwachung identifizieren, vor allem, wenn man noch nicht einmal einen Verdächtigen hat, den man im auf den Videos aufgezeichneten Gewurl zu erkennen versuchen könnte.

Damit bleiben nur noch Seriennummer und/oder IMEI(s) des Geräts, falls diese an Biolovision Sàrl übermittelt und von dieser Firma mit der Meldung gespeichert werden. Aber die Identifizierung des Nutzers mittels diesen Nummern setzt voraus, dass beim Erwerb des betreffenden Geräts die Personalien des Nutzers aufgenommen und samt Seriennummer und/oder IMEI(s) offiziell registriert wurden. Das ist allerdings (wenigstens) in Österreich nicht der Fall, wenn der Täter ein vertragsfreies Mobiltelefon oder Tablet kauft: ob beim Elektronikhändler, beim Gebrauchthandyverkäufer oder am Flohmarkt, er kann das Gerät bar bezahlen und ohne weiteres mitnehmen. Kauft er also am Flohmarkt ein billiges, gebrauchtes Gerät, nutzt es nur ohne SIM-Karte für die Ice Watcher App und verbindet es nur mit öffentlichen WLANs, jeweils abseits jeder Überwachungskamera, und zerstört und entsorgt es nach ein paar Tagen Verwendung, kann er höchstwahrscheinlich überhaupt nicht ausgeforscht werden; oder wenn doch nur mit enorm viel Aufwand und Glück.

Ein Zwischenresumee

Die Ice Watcher-App, so gut sie wohl gemeint war, ist also so schlecht gemacht, dass sie eine einzige, gigantische Sicherheitslücke ist, ein Tatwerkzeug, mit der man nicht nur archäologische „Zufallsfunde“ – und das nicht besonders gut – dem BDA melden kann, sondern auch – ganz besonders gut – missliebige Personen massiv verleumden, gezielt Geschäftsschädigung betreiben und illegal verhandelte Kulturgüter reinwaschen kann; und das alles, wenn man diese Straftaten auch nur halbwegs sinnvoll plant, sogar so, dass man so gut wie sicher niemals erwischt werden kann. All das dafür, dass dem BDA, wenn die App nicht von der Metallsucher-Szene angenommen und breit genutzt wird, höchstens ein Teil der bisher eingehenden, wenigstens ansatzweise relevanten etwa 200 Fundmeldungen im Jahr statt per Email per App übermittelt wird; oder es, wenn die App von der Metallsucher-Szene aufgegriffen und breit genutzt wird, von einer nicht einmal ansatzweise mit den Ressourcen, die der Abteilung für Archäologie zur Verfügung stehen, bewältigbaren Flut von hunderttausenden, wenn nicht Millionen per App übermittelten Fundmeldungen pro Jahr überrollt wird, von denen noch dazu die überwältigende Mehrheit nur nicht ordentlich identifizierbaren, modernen oder (wenigstens am Meldefoto) undatierbaren Metallschrott und ebensolche Keramikscherben, Ziegelfragmente usw. zeigen, die der Behörde gar nichts sagen und deren Bearbeitung nur ohnehin schon unzureichend vorhandene Arbeitszeit sinnlos verschwendet.

Keine Frage: es war vom BDA sicher gut gemeint, eine derartige App zur Erleichterung von Fundmeldungen zur Verfügung zu stellen. Aber leider, wie schon eingangs festgehalten, ist gut gemeint ja sprichwörtlich immer das Gegenteil von gut gemacht; und das ist es in diesem Fall in ganz besonders extremer Form. Der Schaden, den diese App anrichten kann und auch zwingend anrichten wird, selbst wenn sie nur, aber das von einer erklecklichen Zahl von Findern möglicherweise relevanter Bodenfunde, so verwendet wird wie es das BDA sich gewünscht und explizit verlangt hat, ist vorhersehbarerweise um ein großes Vielfaches größer als welcher Nutzen auch immer daraus gezogen werden kann. Und da reden wir noch gar nicht davon, wie sehr es dem BDA schaden würde, wenn die App von irgendjemandem ernsthaft missbraucht wird, was leider aufgrund des völligen Fehlens auch nur der primitivsten Sicherheitsmaßnahmen sehr leicht passieren könnte. Hoffen wir, dass dies nicht geschieht!

Oder richtiger: hoffen wir, dass das BDA einsieht, dass das, was es gut gemeint aber so überhaupt nicht durchdacht hat wie die Bereitstellung dieser App, keine gute Idee war und es seine Geschäftsbeziehungen mit Biolovision Sàrl sofort beendet.

Was nicht bedeuten soll, dass es nicht tatsächlich eine gute Idee und dringend notwendig wäre, endlich ein funktionierendes archäologisches Fundmeldesystem in Österreich aufzubauen, das es Findern erlaubt und diese anregt, die relevanten Funde, die sie entdecken, tatsächlich der archäologischen Fachwelt und auch allen anderen Interessierten zur Kenntnis zu bringen. Ganz im Gegenteil, so ein System wird gebraucht und wenigstens von zehntausenden Österreicher*innen auch tatsächlich gewollt, die wenigstens mehrheitlich wirklich gerne ihre denkmalschutzrelevanten Funde melden würden – wenn das nicht nur dazu führt, dass sie vom BDA veräppelt oder gar ungerechtfertigt verfolgt werden. Aber so ein funktionierendes archäologisches Fundmeldesystem kann man nicht schaffen, indem man eine dafür ungeeignete App undurchdacht zukauft, auf seine Webseite stellt und auf das Beste hofft; sondern das erfordert ordentliche Planung und einen Haufen Arbeit.

Eine Kurzanleitung: wie man ein sinnvolles Fundmeldesystem schafft

Auch wenn es viel Arbeit ist und gute Planung erfordert, ist die Erschaffung eines sinnvollen, d.h. eines funktionierenden archäologischen Fundmeldesystems, im Prinzip nicht besonders schwer; und man braucht auch das Rad nicht neu zu erfinden, sondern kann sich viel von bereits seit mehreren Jahrzehnten bestehenden, wenigstens vergleichsweise zum österreichischen sehr gut funktionierenden Fundmeldesystemen wie dem britischen PAS oder dem dänischen DIME, abschauen – deren Personal einen übrigens auch gerne dabei berät, wenn man ein solches System aufbauen will. Es sei hier aber zum Abschluss dieses Beitrags noch eine Kurzanleitung gegeben, wie ein Aussichten auf erfolgreiches funktionieren habendes archäologisches Fundmeldesystem aufgebaut werden könnte, auch in Österreich.

1.)   Wer soll melden?

Im ersten Schritt ist die Zielgruppe des Meldesystems zu definieren, also die Menschen, die es primär nutzen sollen. Es gibt hierbei nur drei Zielgruppen, aus denen man wählen kann: „echte Zufallsfinder“, also Personen, die z.B. auf dem Weg in die Arbeit oder beim Spazierengehen rein zufällig einen relevanten Fund am Boden bemerken; „erdarbeitende Finder“, also Personen, die im Rahmen bau-, land- oder forstwirtschaftlicher Tätigkeiten Erdarbeiten durchführen und dabei (im Vergleich mit echten Zufallsfindern gehäuft) Bodenfunde und vor allem -befunde entdecken; und „absichtliche Finder“, also Heimatforscher*innen, Scherben- und Steinbeilsammler*innen, Magnetangler*innen und Metallsucher*innen, die mit der Intention, Boden- bzw. Unterwasserfunde zu entdecken, mehr oder minder systematisch die Landschaft absuchen. Diese drei unterschiedlichen Zielgruppen haben sehr unterschiedliche Motivationslagen beim Finden und beim Melden, und finden Funde auch unter sehr unterschiedlichen Umständen, woraus sich deutlich unterschiedliche Anforderungen für ein für die jeweilige Zielgruppe geeignetes Fundmeldesystem ergeben;[39] und je nachdem, welche Zielgruppe man ansprechen will, muss man mit einer deutlich unterschiedlichen Anzahl eingehender Meldungen rechnen und das für deren Verarbeitung erforderliche Personal bereitstellen.

Exkurs: für welche Zielgruppe hat ein Fundmeldesystem Sinn?

An dieser Stelle ist kurz darauf hinzuweisen, dass sowohl aus archäologisch-fachlicher als auch denkmalpflegerischer Sicht ein „eigenes archäologisches“ Fundmeldesystem überhaupt nur sinnvoll ist, wenn es die Zielgruppe der „absichtlichen Finder“ ansprechen soll. Das liegt auch daran, dass nur diese Zielgruppe überhaupt eine signifikante Menge „bedeutender“ archäologischer Fund entdeckt; wie schon oben erwähnt, wohl jedes Jahr viele Zehntausende, wenn nicht gar Hunderttausende oder Millionen.[40] Es liegt aber vor allem daran, dass ein über die ohnehin schon bestehenden Fundmelderegelungen des ABGB hinausgehendes „eigenes“ Fundmeldesystem für „echte Zufallsfinder“ aufgrund deren Motivationen und Bedürfnissen bei der Erstattung von Fundmeldungen grundsätzlich nahezu völlig sinnlos[41] und ein präventives Vorerkennungssystem (z.B. iSd ÖNORM S 2411) während der Planung von Erdarbeiten viel sinnvoller als ein Fundmeldesystem für „erdarbeitende Finder“ ist.[42] Mit der erforderlichen Schärfe gesagt: in Zeiten von und Luft- und LIDAR-Bildern und zahllosen billigen zerstörungsfreien geophysikalischen Prospektionsmethoden ist eine moderne, effektiv organisierte archäologische Denkmalpflege ebenso wie die archäologische Wissenschaft nicht (mehr) auf „Zufallsfundmeldungen“ – und dabei handelt es sich im Endeffekt bei sowohl denen der „echten Zufallsfinder“ als auch der „erdarbeitenden Finder“ – angewiesen; man kann sich also ein über die Bestimmungen des ABGB hinausgehendes „Zufallsfundmeldungssystem“ zur Gänze sparen.

Die in diesem ersten Schritt zu treffende Entscheidung ist also eigentlich (nur) die, ob man ein System zur Beteiligung von an der Suche nach Bodenfunden interessierten Bürger*innen (iSd Art. 11 lit. b-e und 13 lit. a-c des Faro-Übereinkommens, BGBl. III Nr. 23/2015) an der archäologischen Landesaufnahme in Form eines Fundmeldesystems für „absichtliche Finder“ einführen möchte; oder ob man (krass entgegen den sich aus dem Faro-Übereinkommen ergebenden Verpflichtungen) jedwede selbstverantwortliche Bürgerbeteiligung an der archäologischen Denkmalpflege verbieten will, also den Denkmalschutz und die Denkmalpflege als alleinige Aufgabe des Staates unter absoluter Kontrolle und ausschließlich durch die dafür vom Staat beschäftigten „Expert*innen“ betrachten und (damit absolut antidemokratisch) organisieren will. Welche Folgen die letztgenannte Variante hat, zeigt sich am oben zur Fundmelde-App des BDA Festgestellten: nachdem die vom Staat beschäftigten angeblichen „Expert*innen“ hochgradig inkompetent sind, schädigt das nur den Denkmalschutz.

2.)   Welche Funde sollen gemeldet werden?

Im zweiten Schritt ist zu definieren, welche Funde überhaupt gemeldet werden sollen; weil von dieser Definition und insbesondere ihrer Nachvollziehbarkeit durch Mitglieder der angesprochenen Zielgruppe einerseits die Nützlichkeit der eingehenden Fundmeldungen für den von der Meldeeinrichtung verfolgten Zweck und andererseits die Menge der voraussichtlich eingehenden Fundmeldungen empfindlich abhängt. Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass völlig unverständliche Definitionen wie „alle möglicherweise bedeutenden archäologischen Funde“ sinnlos sind, weil der Durchschnittsfinder (selbst wenn er der Zielgruppe der „absichtlichen Finder“ angehört) weder die Bedeutung eines Fundes sinnvoll abschätzen noch eine vernünftige Abgrenzung zwischen „archäologischen Funden“ und „altem Mist“[43] treffen kann: solche schwammigen Definitionen führen nur dazu, dass Finder mit der Entscheidung, was sie nun melden sollen, allein gelassen werden, und in der Folge die Mehrheit der eingehenden Meldungen nicht zweckdienlich im gerade genannten Sinn sein wird.

Glücklicherweise kann man, wenn man auf die Zielgruppe der „absichtlichen Finder“ abstellt, davon ausgehen, dass die meisten davon gewisse Vorkenntnisse mitbringen bzw. bei Ausübung ihres Hobbys rasch entwickeln. Das hat zur Folge, dass man für diese Zielgruppe die Definition, welche Funde gemeldet werden sollen, z.B. derart gestalten kann, dass nur Funde eines gewissen Mindestalters und einer bestimmten Seltenheit darunter fallen; und somit die Anzahl der erwartungsgemäß eingehenden Meldungen bis zu einem gewissen Grad steuern: wählt man z.B. das Jahr 1900 als zeitliche Grenze, muss man mit viel mehr eingehenden Fundmeldungen rechnen (und daher auch viel mehr Personal zu deren Verarbeitung zur Verfügung stellen) als wenn man z.B. das Jahr 1700 gewählt hätte. Gleichermaßen kann man dadurch, dass man vorgibt, dass z.B. nur aussagekräftige, regional seltene, gut erhaltene Funde gemeldet werden sollen, nicht hingegen aussagenlose und schlecht erhaltene, die man noch dazu regional häufig findet (wie z.B. gängige Münzen der letzten 300 Jahre, nicht genauer bestimmbare Wandscherben von Gefäßen, etc.), die Anzahl der erwartungsgemäß eingehenden Fundmeldungen deutlich senken.[44]

Schließlich muss man sich auch noch überlegen, ob man von bereits bekannten Fundstellen weitere Fundmeldungen erhalten will; falls ja, ob man von diesen dieselben Funde wie von überall sonst oder eine enger eingeschränkte oder andere Auswahl der entdeckten Funde gemeldet bekommen will; und wie man Finder davon in Kenntnis setzt, dass sie sich auf einer bereits bekannten Fundstelle befinden und daher eventuell eine andere Auswahl aus den entdeckten Funden oder gar überhaupt keine Funde von dieser Fundstelle (mehr) melden sollen.[45] Denn auch durch den Ausschluss bzw. die stärkere Einschränkung redundanter Fundmeldungen – so bringt z.B. die x-te Meldung desselben der Behörde (bzw. sonstigen Fundmeldestelle) bereits wohlbekannten mutmaßlichen Grabhügels, aber auch die eines in die bereits bekannte Laufzeit einer bereits bekannten Fundstelle fallenden, gut datierbaren beweglichen Kleinfundes, keinen signifikanten Informationsgewinn mehr – kann die Anzahl der erwartungsgemäß eingehenden Fundmeldungen deutlich gesenkt bzw. genauer gesteuert werden.

3.)   Welche legistischen Maßnahmen sind erforderlich?

Als dritter Schritt ist zu erwägen, ob und wenn ja welche legistischen Maßnahmen getroffen werden müssen, um sicherzustellen, dass das geplante Fundmeldesystem auch rechtlich einwandfrei funktioniert. Dabei ist zuerst zu bedenken, dass eine rechtliche Regelung, die über ein ohnehin schon bestehendes allgemeines Fundmeldesystem (wie z.B. in Österreich das der §§ 385-401 ABGB) hinausgeht, eventuell gar nicht nötig ist;[46] und eine duale Regelung (wie derzeit in Österreich durch die nebeneinanderstehenden Bestimmungen des ABGB und der §§ 8-11 DMSG) für durchschnittliche Normunterworfene nur verwirrend und daher einem effektiven Funktionieren des Fundmeldesystems abträglich ist (siehe dazu schon die Ausführungen weiter oben zu den sich durch die Fundmelde-App des BDA ergebenden Probleme).

Vor allem ist es aber wichtig sicherzustellen, dass die gesetzliche Regelung das geplante Fundmeldesystem nicht sabotiert bzw. konterkariert: einem effektiven Fundmeldesystem für „absichtliche Finder“ ist es z.B. abträglich, wenn gleichzeitig eine strafbewehrte denkmalrechtliche NFG-Pflicht besteht, die durch einen subjektiven Anknüpfungstatbestand ausgelöst wird. In diesem Fall stellt sich nämlich bei jeder Fundmeldung die Frage, ob der Melder, der den gemeldeten Fund ja „absichtlich“ entdeckt hat, nach „Denkmalen“ gesucht hat und daher einer NFG bedurft hätte; oder eigentlich nach einer beliebigen anderen Sache gesucht hat und daher keiner NFG bedurfte. Muss der Finder aber befürchten, dass jedes Mal, wenn er einen seiner Funde meldet, die Meldebehörde seine Suchmotive hinterfragen und ihn eventuell – wenn sie aus welchem Gründen auch immer (und sei es auch nur irrtümlich) zum Schluss kommt, dass er mit dem verbotenem subjektiven Motiv der „Denkmalentdeckung“ gesucht hat – bei der Strafverfolgungsbehörde anzeigen muss, gegenüber der er sich dann rechtfertigen muss, wird er weit weniger geneigt sein, seine Funde zu melden, weil er sich mit jeder Meldung der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt. Will man also ein Fundmeldesystem für „absichtliche Finder“ und gleichzeitig auch eine denkmalrechtliche Genehmigungspflicht von Nachforschungen, so muss man für die Auslösung dieser NFG-Pflicht einen objektiven Anknüpfungstatbestand[47] vorsehen.

4.)   Wie sollen Meldungen erstattet werden?

Der vierte Schritt ist es, zu planen, wie die Fundmeldungen erstattet werden sollen. Dafür gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: persönlich oder mittels geeigneter Telekommunikationsmethoden (wie z.B. Email, telefonisch, brieflich, per Meldeformular auf einer Webseite, per eigener Fundmelde-App, etc.).

Soll die Meldung persönlich erfolgen, sind entsprechend viele, leicht zugängliche, zulässige Meldestellen vorzusehen (und entsprechend personell auszustatten), weil von Findern nicht erwartet werden kann, dass sie auf eigene Kosten größere Distanzen reisen, um ihre Funde zu melden. Das bedeutet allerdings einen bedeutenden Personalaufwand, weil den offensichtlich geeignetsten Stellen – den gem. § 14 Abs. 5 SPG als allgemeine Fundbehörde fungierenden Gemeindeämtern (Bürgermeistern) – in aller Regel die nötige fachliche archäologisch-denkmalpflegerische Expertise fehlt. Diese ist aber nötig, einerseits um relevante von irrelevanten Fundmeldungen trennen zu können und andererseits, um den Findern für diese nützliches Feedback zu den gemeldeten Funden geben zu können; und Findern nützliches Feedback zu geben ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um deren Meldewilligkeit zu erhalten bzw. zu fördern. Alternativ ist auch ein dem britischen PAS entsprechendes Modell vorstellbar, bei dem die für „archäologische“ Fundmeldungen (primär durch „absichtliche Finder“) zuständige Einrichtung – in England und Wales eben das am British Museum und National Museum of Wales angesiedelte PAS – regional verteilte Mitarbeiter beschäftigt, die regelmäßige „Fundmeldetermine“ an verschiedenen Orten in ihrem Zuständigkeitsbereich anbieten; wobei auch hier zentral ist, dass diese Mitarbeiter*innen des Meldesystems den Findern für diese nützliches Feedback zu den gemeldeten Funden geben.

Sollen Meldungen hingegen (vorwiegend) mittels geeigneter Telekommunikationsmethoden – heutzutage wohl am ehesten mittels einer App, die grundsätzlich ähnlich wie „Ice Watcher“ funktioniert, aber sinnvoller gestaltet ist, datenschutzkonform ist und keine gravierenden Sicherheitslücken aufweist – erstattet werden, genügt eine zentrale Einrichtung, die für die zeitnahe Erledigung aller eingehenden Fundmeldungen ausreichendes Personal beschäftigt. Bei dieser Lösung ist allerdings auch zu bedenken, dass einer der wichtigsten Meldemotivationsfaktoren für „absichtliche Finder“ ist, dass sie von der Stelle, der sie ihre Funde melden, für sie nützliche Informationen über die von ihnen gemeldeten Funde erhalten. Es muss also auch hier einen Feedback-Mechanismus geben, weil andernfalls die Fundmeldungen rasch versiegen.

5.)   Wie sind eingehende Fundmeldungen zu verarbeiten?

Als fünfter Schritt ist die Verarbeitung eingehender Fundmeldungen in der Meldestelle zu planen; d.h. was ein/e dafür zuständige/r Mitarbeiter*in der Meldestelle alles zu erledigen hat, wenn eine Fundmeldung bei ihm/ihr eingeht.

Dabei ist zuerst und ganz besonders zu bedenken, dass und welche Informationen der Melder des Fundes und gegebenenfalls auch bezüglich des Fundortes Verfügungsberechtigte zeitnah benötigen, wie z.B. ob der Fund und gegebenenfalls dessen Fundumstände gem. § 9 Abs. 1 DMSG für 5 Tage unverändert zu belassen sind und/oder gem. § 9 Abs. 3 DMSG bis zu sechs Wochen ab Erstattung der Fundmeldung unter Denkmalschutz stehen oder nicht;[48] und ob das BDA gem. § 9 Abs. 4 DMSG (oder eine andere unter einer neuen Gestaltung des ausschlaggebenden Rechts möglicherweise zuständige und berechtigte Organisation) die beweglichen Fundgegenstände zur wissenschaftlichen Bearbeitung zeitweilig einziehen wollen oder nicht.[49] Es ist daher das Meldungsverarbeitungssystem so zu gestalten, dass die Betroffenen diese Informationen auch tatsächlich verlässlich so rasch wie möglich erhalten. Gleichermaßen ist zu bedenken, dass die „absichtlichen Finder“, die Meldungen erstatten sollen, nicht zuletzt auch insbesondere dadurch zum Melden animiert werden, dass sie mehr Informationen über ihren Fund erhalten; weswegen pro erwartet eingehender Fundmeldung ausreichende wissenschaftliche Bearbeitungszeit einzuberechnen ist (erfahrungsgemäß durchschnittlich 1-3 Stunden Arbeitszeit eines wissenschaftlichen Mitarbeiters pro Fundmeldung; vgl. Karl 2019, 154-159).

Schließlich ist auch noch zu entscheiden, ob die Fundbergung regelhaft dem Finder selbst überlassen bleiben (der dazu dann auch klar anzuweisen ist) oder durch Organe bzw. Beauftragte der Fundmeldestelle erfolgen soll; gegebenenfalls sind dann der Fundmeldestelle ausreichendes Personal und Ressourcen für die dafür erforderlichen Dienstfahrten zur Verfügung zu stellen. Denn ein Fundmeldesystem, bei dem Finder-Melder ihre Funde auf Anordnung der Behörde (bzw. Fundmeldestelle) in situ belassen müssen, um die sich diese Behörde (bzw. Fundmeldestelle) dann aber nicht weiter kümmert und sie nicht birgt, kann und wird nicht funktionieren.[50] Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Behörde (bzw. sonstige Fundmeldestelle) nicht genug Personal und Ressourcen zur Verfügung haben wird, um gemeldete Funde so zeitnah bergen zu können, dass nicht ein signifikanter Anteil davon verloren geht; und daher im Zweifel eine Fundbergung durch die Finder-Melder selbst zu wählen.[51]

6.)   Berechnung des benötigten Personal- und Ressourcenbedarfs

Auf Basis der in den fünf vorigen Schritten getroffenen Entscheidungen und vorgenommenen Abschätzungen ist nun als sechster Schritt prognostisch zu berechnen, wie viel Personal und sonstige Ressourcen voraussichtlich dafür benötigt werden, um das Funktionieren des geplanten Fundmeldesystems in der Praxis auch tatsächlich gewährleisten zu können. Stehen die so ermittelten Personal- und sonstigen Ressourcen der geplanten Meldestelle zur Verfügung, kann mit der praktischen Umsetzung des Systems begonnen werden; idealerweise zuerst in Form eines Pilotprojekts, z.B. in einer vorerst noch räumlich beschränkten Testregion.

Stehen die voraussichtlich benötigten Ressourcen hingegen nicht in ausreichender Menge zur Verfügung und besteht auch keine Aussicht, sie in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt zu bekommen, sind Schritte 2-6 so lange iterativ zu wiederholen, bis voraussichtlich eine Kongruenz zwischen der Zahl voraussichtlich eingehender Fundmeldungen und zu deren Verarbeitung verfügbaren Ressourcen erreicht wird; z.B. indem die Definition, welche Funde gemeldet werden sollen enger gefasst wird als ursprünglich gehofft; die Identifikation von Funden auf ein wiki-artiges System umgestellt wird, in dem die Melder-Gemeinschaft die Funde überwiegend selbst bestimmt und sich die Meldestelle auf die Kontrolle der durch die Gemeinschaft erstellten Fundbestimmungen konzentriert und das Setzen erforderlicher denkmalpflegerischer Maßnahmen konzentriert; statt der Fundbergung durch die Behörde bzw. Meldestelle die Fundbergung den Findern selbst überlassen wird; etc.

Lässt sich hingegen auch durch derartige Modifikationen der Eckpfeiler des geplanten Fundmeldesystems dennoch keine Kongruenz zwischen der Zahl voraussichtlich eingehender Fundmeldungen und zu deren Verarbeitung verfügbaren Ressourcen erreichen, ist festzustellen, dass unter den gegebenen (bzw. realistisch erreichbaren) Bedingungen das geplante Fundmeldesystem nicht eingerichtet werden kann. In diesem Fall ist zu überlegen, ob es alternative Möglichkeiten gibt, z.B. die Einrichtung eines archäologischen Fundmeldesystems der archäologischen Wissenschaft bzw. deren Institutionen (wie z.B. den archäologischen Museen, den archäologischen Universitätsinstituten, der Akademie der Wissenschaften, etc.) oder der zivilgesellschaftlichen Selbstorganisation zu überlassen: will oder kann der Staat die für ein funktionierendes archäologisches Fundmeldesystem erforderlichen Ressourcen nicht aufbringen, dann besteht schließlich offensichtlich kein öffentliches Interesse daran und der Staat hat sich aus der Regelung dieses Lebensbereichs völlig zurückzuziehen und sich auf die Aufgaben zu beschränken, die er tatsächlich sowohl leisten will als auch leisten kann. Denn ein dysfunktionales Fundmeldewesen, wie es in Österreich derzeit besteht, bringt nichts und niemandem etwas und verursacht nur unnötigen Schaden; einmal abgesehen davon, dass es dennoch Steuergeld verschlingt, das man besser anderweitig einsetzen könnte (egal, wie wenig es sein mag).

7.)   Praktische Umsetzung

Erst wenn man bei der Planung in Schritt 6 eine Kongruenz zwischen der Zahl der voraussichtlich eingehenden Fundmeldungen und den zu ihrer Verarbeitung verfügbaren Ressourcen erreicht hat, hat es Sinn, sich an die praktische Umsetzung des geplanten Fundmeldesystems heranzuwagen. Es ist an diesem Punkt, an dem man sich die Anschaffung einer bereits existierenden oder, noch besser, die Programmierung einer eigenen App für die Erstattung von Fundmeldungen überlegen und, wenn man sich dafür entscheidet, eine solche auch so designen kann, dass sie den gewünschten Zweck erfüllt.

An diesem Punkt ist es dann z.B. wichtig, ob man sich dafür entschieden hat, die Fundbergung den Finder-Meldern selbst anzuvertrauen oder die zeitnahe Bergung aller (!) gemeldeten Funde der Behörde (bzw. sonstigen Meldestelle) zu überlassen: hat man nämlich Ersteres getan, kann man den Finder-Meldern empfehlen, am Fundort nur Fundstellenkoordinaten und eventuell ein Überblicksfoto aufzunehmen, den Fund hingegen zu bergen, nach Hause mitzunehmen, dort einigermaßen ordentlich zu reinigen und zu fotografieren, und erst dann die Meldung mit einem ihr angeschlossenen Foto zu übermitteln, auf dem der/die zuständige Sachbearbeiter*in ihn auch einigermaßen erkennen, bestimmen und die Fundmeldung eventuell gleich mit Foto in eine öffentlich zugängliche Funddatenbank einpflegen kann. Hat man sich hingegen für Letzteres entschieden, sind Fotos des Fundes und der Fundstelle unwichtig, dafür muss die Melde-App den Finder-Melder zur Angabe seiner realen Kontaktdaten verpflichten, damit ein (selbstverständlich auch am Wochenende arbeitendes) „schnelles Einsatzteam“ der Behörde (bzw. sonstigen Meldestelle) diesen kontaktieren und sich den Fund in situ zeigen lassen kann, um nicht auf Basis eines schlechten Fotos und unpräziser GPS-Koordinaten Stunden mit der Suche nach einer längst abhanden gekommenen, aussagenlosen Wandscherbe verschwenden zu müssen.

8.)   Pilotprojekt in Testregion vor österreichweitem Start

Dieses System – wie auch immer es dann konkret gestaltet ist – ist dann in einer Pilotprojektregion zu testen, ehe es österreichweit freigeschaltet wird. Ein solcher Test ist unbedingt notwendig, da die Vorhersage der Anzahl der erwartungsgemäß eingehenden Meldungen auf zahlreichen ungesicherten Annahmen bzw. Schätzwerten beruht; so z.B. der mutmaßlichen Anzahl und des (von Anfang an) meldebereiten Anteils der aktiven „absichtlichen Finder“, der durchschnittlichen Anzahl der von diesen entdeckten, der gewählten Definition „meldewürdiger“ Gegenstände genügenden Funde, der durchschnittlichen Bearbeitungszeit pro Fund durch die Sachbearbeiter*innen der Behörde bzw. Meldestelle, usw.; deren (wenigstens ungefähre) Richtigkeit durch das Pilotprojekt zu prüfen bzw. die durch reale Erfahrungswerte zu ersetzen sind. Ebenso ermöglicht ein Pilotprojekt, Schwankungen in der Anzahl eingehender Meldungen im Jahresverlauf – im Winter und bei Schlechtwetter sind z.B. vermutlich weniger „absichtliche Finder“ auf der Suche nach Bodenfunden als zu anderen Zeiten im Jahr – genauer zu erfassen und das Meldesystem z.B. durch geplante Einstellung zusätzlicher, temporärer Arbeitskräfte während den „Hochsaisonen“ dafür bereit zu machen. Die Ergebnisse des bzw. Erfahrungen aus dem Pilotprojekt gestatten dann erforderlichenfalls eine weitere Anpassung zentraler Parameter des geplanten Systems (wie der Definition „meldewürdiger“ Funde), ehe es österreichweit freigeschaltet wird; um sicherzustellen, dass es nicht gleich zu Beginn aufgrund von Überlastung zusammenbricht, die Finder-Melder enttäuscht und sich damit bald totläuft.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Mittels der „Ice Watcher“-App hat das BDA versucht, das bekanntermaßen komplett dysfunktionale archäologische Fundmeldesystem in Österreich durch Bereitstellung einer sehr einfachen Möglichkeit, entdeckte Funde zu melden, auf eine neue Basis zu stellen. Dieser Versuch war zweifellos gut gemeint, was entsprechende Anerkennung verdient: man hat im BDA offenbar erkannt, dass es in diesem Bereich ein Problem gibt, und versucht, eine Lösung zu finden.

Leider hat man allerdings im BDA ebenso offenbar nicht einen Gedanken darauf verschwendet, wie man dieses – zugegebenermaßen einigermaßen komplexe – Problem effektiv lösen kann, sondern einfach vollkommen gedankenlos eine „App“ für „Gletscher-Fundmeldungen“ zugekauft, die man nicht einmal auch nur ansatzweise an die Erfordernisse eines funktionierenden archäologischen Fundmeldesystems anpassen hat lassen. Überhaupt bekommt man anhand dieses Versuchs den Eindruck, dass man diese Behörde dringend auf Bundesdenknichtamt umbenennen sollte: man hat sich nämlich auch weder Gedanken darüber gemacht (oder wenn doch die daraus zu ziehenden Schlüsse und Folgen einfach ignoriert), wer diese App auf welche Weise nutzen soll; noch über den Datenschutz; noch darüber, wie man – und sei es auch nur durch primitivste Schutzmechanismen – ihren Missbrauch als Tatwerkzeug zum Begehen von „perfekten“[52] schweren Vergehen oder gar Verbrechen wenigstens erschweren, wenn nicht gar einigermaßen effektiv verhindern kann.

Ja man scheint im BDA nicht einmal einen Gedanken darauf verschwendet zu haben, welche vorhersehbaren Folgen es hat, wenn Finder-Melder die App wie entsprechend der (spärlichen) Anleitungen durch das BDA vorgesehen verwenden; also tatsächlich „alle“ Bodenfunde melden, bei denen sie sich nicht sicher sein können, dass sie nicht (und sei es nur rein hypothetisch bzw. im Sinne der Denkmalbegriffsdefinition von Riegl[53]) „‘Denkmale‘ im weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) sein könnten, und diese wie in der App angeordnet „Nicht berühren!“, also „unverändert“ in situ irgendwo in der Gegend herumliegen lassen. Dass das, wenn (nicht einmal alle, sondern bloß einige wenige) Finder tatsächlich die App so wie vorgesehen nutzen, nicht nur zu einer mit dem bestehenden Personalstand der Abteilung Archäologie nicht bewältigbaren Flut überwiegend völlig sinnloser Fundmeldungen führen muss (und auch tatsächlich führt), hat man im Amt ebenso wenig bedacht wie dass sich aus dem Eingang von solchen Fundmeldungen bei der Behörde für diese nicht nur – wenn relevante Funde gemeldet werden – die Möglichkeit ergibt, neue Fundpunkte der Fundstellendatenbank des BDA hinzuzufügen, sondern für die Behörde daraus auch zahlreiche Pflichten[54] entstehen. Zu diesen gehören insbesondere die Pflichten, den Finder-Melder und die bezüglich des Fundorts Verfügungsberechtigten (und sei es nur erforderlichenfalls) über die allfällige Denkmalschutzrelevanz der erstatteten Fundmeldung und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen zu informieren und die jedenfalls die (insbesondere eigentums-) rechtlichen Interessen des Finder-Melders und gegebenenfalls auch des Grundeigentümers durch zeitnahe Sicherstellung des von Finder in situ belassenen Fundes zu schützen.[55]

Statt also das tatsächlich bestehende Problem des derzeit völlig dysfunktionalen archäologischen Fundmeldewesens zu lösen oder auch nur eine Verbesserung des Fundmeldewesens in der Praxis zu erreichen (selbst wenn es danach immer noch insgesamt als dysfunktional zu bewerten ist; aber wenigstens etwas weniger dysfunktional als zuvor), hat das BDA durch den vorhersehbar völlig ungeeigneten Lösungsversuch das Problem noch weiter verschlechtert; also das Fundmeldesystem „verschlimmbessert“. Statt sich zuerst einmal hinzusetzen und sich ordentlich – idealerweise unter ausgiebiger Konsultation von kompetenten (ob nun in- oder ausländischen) Expert*innen und relevanten Stakeholdern (z.B. Heimatforscher*innen, Fundsammler*innen, Metallsucher*innen und Magnetangler*innen) – zu überlegen, was überhaupt erforderlich ist, um ein – und sei es auch nur einigermaßen – funktionales archäologisches Fundmeldesystem aufzubauen, dieses System dann sachverständig zu planen, in einem regionalen Pilotprojekt auf Herz und Nieren zu testen, und es erst wenn es sich in diesem Pilotprojekt bewährt hat österreichweit umzusetzen, hat das Amt eine völlig undurchdachte Alibihandlung gesetzt, die man – weil sie wenigstens kurzfristig die Anzahl der bei der Behörde eingehenden Fundmeldungen vergrößern wird – am Papier als „Erfolg“ oder wenigstens als halbwegs erfolgreichen Verbesserungsversuch verkaufen kann. Damit kann dann die Behörde – nachdem sie die ihr daraus entstehenden Pflichten schließlich weiterhin einfach ignorieren wird – vielleicht ein paar weitere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, völlig untätig bleiben und das tatsächliche Problem ungelöst lassen.

All das ist jedoch zum Schaden der Denkmale, des Denkmalschutzes, der archäologischen Wissenschaft und nicht zuletzt der Bürger*innen, die sich als eine „Gemeinschaft für das Kulturerbe“ (iSd Art. 2 lit b des Faro-Übereinkommens, BGBl. III Nr. 23/2015) für die Bodenfunde interessieren, die sie als Teil ihres Kulturerbes wertschätzen, das sie im Rahmen privater Maßnahmen zu wahren und an nachfolgende Generationen zu übertragen wünschen. Und dass die Bürger*innen das im Rahmen privater Maßnahmen tun müssen, wenn sie ihr Kulturerbe wahren wollen, statt dass ihr Kulturerbe, wie eigentlich von der Faro-Konvention vorgesehen, im Rahmen „öffentlicher“ Maßnahmen bewahrt wird, liegt daran, dass sich die eigentlich zu ihrer Unterstützung dabei und zum Schutz ihrer Interessen an der Bewahrung ihres kulturellen Erbes existierende Behörde nicht im mindesten darum schert, was sie wertschätzen; weil sich die Organe dieser Behörde ganz im Sinne des „autorisierten Denkmaldiskurses“ (Smith 2006, 29-34)[56] für die einzigen zur Beurteilung von „Denkmalwert“ ausreichend gebildeten und kultivierten Expert*innen halten: für die Philosophen-Könige (Watzlawick 2001, 102-103) der Denkmale, die zum Wohle und zur „Bildung“ ihre subjektiven Vorlieben allen ihren inferioren Mitbürger*innen aufzwingen dürfen und sogar müssen. Und das ist nicht nur mit den Grundwerten einer demokratischen Gesellschaft, einem modernen Denkmalschutz und einer modernen Denkmalpflege unvereinbar, sondern, weil die Organe des BDA schon zu wissen glauben und daher gar nicht mehr ernsthaft herauszufinden versuchen, was tatsächlich für den bestmöglichen Schutz der Denkmale erforderlich ist (oder auch nur was Denkmale sind), ein Rezept für ein denkmalpflegerisches Desaster. Denn auch wenn sie es gut meinen: gut gemeint ist eben fast immer das Gegenteil von gut gemacht.

Bibliographie

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Bazil, C., Binder-Krieglstein, R., Kraft, N. 2015. Das österreichische Denkmalschutzrecht. Denkmalschutzgesetz & Kulturgüterschutzrecht, Durchführungsvorschriften, Unionsrecht. 2. Aufl., Wien: Manz.

Karl, R. 2011. On the highway to hell. Thoughts on the unintended consequences of § 11 (1) Austrian Denkmalschutzgesetz. The Historic Environment – Policy and Practice 2/2, 111-33.

Karl, R. 2019. Wie viele Fundmeldungen braucht das Land? Archäologische Denkmalpflege 2, 144-168.

Karl, R. 2020. Kulturgüterschutz und Rechtsmissbrauch. Archäologische Denkmalpflege 3, 30-85.

Karl, R. 2022. Ordnung muss sein! Zur Entscheidungspflicht gem. § 9 Abs. 3 Denkmalschutzgesetz des Bundesdenkmalamtes binnen sechs Wochen ab Eingang von Fundmeldungen. Archäologische Denkmalpflege 3, 355-412.

Karl, R. i.V. By and for experts, or by and for all? Authoritarian vs. democratic archaeological heritage management. In: Proceedings of the Third CAS-Getty Conference “Archaeological Heritage Preservation and Cultural Heritage Discourses”; Journal of the Centre for Advanced Studies Sofia – CAS Sofia Working Paper Series, in Vorbereitung.

ÖNORM S 2411. Beurteilung von Risiken im Boden von Liegenschaften. Wien: Austrian Standards.

Smith, L. 2006. Uses of Heritage. London & New York: Routledge.

Watzlawick, P. 2001. Vom Schlechten des Guten. Oder: Hekates Lösungen. 8. Aufl., München: Piper.


[1] DAU = Dümmster anzunehmender User.

[2] Für weniger mit dem alpinen Skibetrieb vertraute Personen: Ratrac ist eine weit verbreitete Marke von Pistenraupe, also eines Kettenfahrzeugs, das zur Skipistenpräparierung verwendet wird.

[3] Der Vollständigkeit halber sei hier angemerkt, dass die überwältigende Mehrheit aller dieser Metallsucher*innen in der überwältigenden Mehrheit aller Fälle diesem Hobby wenigstens aus denkmalrechtlicher Sicht legal nachgeht: erfahrungsgemäß erfüllen die meisten Metallsucher*innen den Anknüpfungstatbestand des § 11 Abs. 1 DMSG (Denkmalentdeckungsvorsatz 1. Grades inkl. Eventualvorsatz) nicht, weil sie gerade nicht gezielt nach Denkmalen im Sinne des Gesetzes, sondern nach allen Bodenfunden suchen, die ein Signal ihres Metallsuchgeräts auslösen; und für die eventualvorsätzliche Erfüllung dieses Anknüpfungstatbestands konkrete Hinweise auf das Vorkommen denkmalschutzrelevanter Gegenstände auf der untersuchten Bodenfläche öffentlich bekannt sein müssen (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, Rz 17-18), was in der Regel gerade nicht der Fall ist. Damit ist ihnen – weil sie weder subjektiv Denkmale zu entdecken versuchen noch objektiv anzunehmen ist, dass dabei Denkmale iSd § 1 Abs. 1 bzw. 8 Abs. 1 DMSG entdeckt werden – nicht nur die Metallsuche, sondern auch die Grabung nach Bodenfunden bis in beliebige Tiefe (wenigstens 80 cm, siehe dazu BVwG 23.3.2022, W176 2245661-1/10E) gesetzlich genehmigungsfrei erlaubt. Einzig die Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG bei der Entdeckung von Bodendenkmalen im Sinne der Legaldefinition dieses Begriffs und deren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG sind dabei zu beachten. Erstatten diese Metallsucher*innen also mittels der App die gesetzlich verpflichtende Fundmeldung (im Zweifel) bei jedem Fund, der auch nur rein hypothetisch der Meldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG unterliegen könnte (um Rechtssicherheit zu erlangen), haben sie jedenfalls völlig denkmalrechtsmäßig gesucht und gegraben.

Inwieweit sie auch zivilrechtlich legal gehandelt haben, d.h. nur mit Einwilligung des Grundbesitzers gesucht und gegraben haben, bleibt sich im Vorliegenden Zusammenhang hingegen gleich, weil die allfällige Besitzstörung nur von rechtmäßigen Grundbesitzern bzw. dem Grundeigentümer rechtlich verfolgt werden kann und niemand anderen als diese etwas angeht; und sofern diese nicht durch Besitzstörungsklage das Gegenteil zum Ausdruck bringen ihr Einverständnis – und sei es nur durch stillschweigende Duldung – angenommen werden muss.

[4] Zu beachten ist hier insbesondere, dass die Erstattung einer Fundmeldung im Zweifel nicht als mutwillige Inanspruchnahme der Behörde gewertet werden kann, wenn nicht jeder unvoreingenommene, vernünftige Dritte aufgrund der Natur des gemeldeten Gegenstandes bzw. der dem Finder bekannten Fundumstände mit Sicherheit wissen hätte müssen, dass der konkret betroffene Gegenstand tatsächlich nicht der Meldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG unterliegt. Das ist z.B. – trotz des vom BDA selbst verwendeten Beispiels der natürlich durch den Gletscher mumifizierten Gämse – bei einem toten Wildtier der Fall, das am Wegrand in halbverwestem Zustand aufgefunden wird: dieses ist sicherlich nicht ein von Menschen geschaffener oder gestaltend veränderter Gegenstand und kann somit kein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 (und somit auch kein Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1) DMSG sein. Für die Meldung eines toten Wildtieres könnte die Behörde also rein hypothetisch (wenn die App nicht auch noch andere Funktionen hätte, wie eben Gletscherfunde zu melden, die nicht den Bestimmungen des DMSG unterliegen) eine Mutwillenstrafe gem. § 35 AVG verhängen, für die Meldung eines beliebigen Metallfragments hingegen nicht.

[5] Weit mehr allerdings auf den Speichern der Firma Biolovision Sàrl, auf denen die beiden Fotos pro Meldung mit etwa 1,9 MB pro Bild gespeichert werden. Bei „nur“ 135.000 Meldungen im Jahr wären das also ca. ½ Terabyte; bei 787.500 etwa 3 TB, bei 90 Millionen hingegen etwa 340 TB pro Jahr.

[6] Hierbei ist besonders zu beachten, dass eine derartige Aufhebung der Beschränkungen des § 9 Abs. 1 DMSG durch ein Organ oder einen Beauftragten des BDA der Feststellung gleichkommt, dass es sich bei den „aufgefundenen Gegenständen (Fund)“ tatsächlich nicht um Denkmale iSd § 1 Abs. 1 bzw. Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG handelt und daher auch die Bestimmungen des § 9 Abs. 3 DMSG auf diese Gegenstände (diesen Fund) nicht anwendbar sind.

[7] Sofern es sich bei der Antwort von HR Hebert auf meine beiden per App erstatteten Fundmeldungen vom 20.1.2024 (und eine ähnlichen Inhalt aufweisende Email von HR Hebert an einen mir bekannten Dritten, der ebenfalls am Wochenende 20./21.1.2024 einige Fundmeldungen per App erstattet hatte) um eine solche Aufhebung gem. § 9 Abs. 1 DMSG handeln sollte, ist dies aus ihrem Inhalt und Wortlaut nicht ausreichend (bzw. eigentlich: überhaupt nicht) erkennbar.

[8] Wie das z.B. jedenfalls der Fall ist, wenn Gegenstand der Fundmeldung ein Wallabschnitt ist, der Teil der die betreffende Siedlungsfundstelle eingrenzenden Wall-Graben-Anlage ist: nachdem sowohl gemäß dem Wortlaut des Gesetzes als auch der einschlägigen Judikatur „das Denkmal“ (und auch „das Bodendenkmal“) nicht nur der zufällig als erstes entdeckte, zufällig sichtbare, Teil der (als Denkmal) zusammengehörenden Sache(n) ist, sondern alles, was zu dieser als ein Einzeldenkmal zu betrachtenden und behandelnden Siedlungsfundstelle (inklusive ihres Zugehörs, d.h. in ihr enthaltener beweglicher und unbeweglicher Bestandteile) gehört, eben ein zusammengehörendes Denkmal ist, ist von dem/der Sachbearbeiter*in nicht nur der zufällig durch die Fundmeldung dem BDA zur Kenntnis gebrachte Teil (also z.B. das leicht sichtbare Wallstück, das der Melder bemerkt hat), sondern das ganze Denkmal in seiner Gesamtheit in Hinblick auf dessen geschichtliche, künstlerische und sonstige kulturelle Bedeutung zu untersuchen und zu bewerten.

[9] Inwieweit es genügt, wenn der Finder selbst den Grundeigentümer und sonstige bezüglich Fundstelle und Fund Verfügungsberechtigte von der Entdeckung des Fundes in Kenntnis gesetzt hat, dass diese sich an die Rechtsfolgen des § 9 DMSG halten müssen, ist debattierbar: dem Finder fehlt schließlich gewöhnlich der erforderliche Sachverstand, um korrekt beurteilen zu können, ob die von ihm aufgefundenen Gegenstände tatsächlich derart bedeutend sind, dass sie den Beschränkungen des DMSG unterliegen oder auch nur unterliegen könnten. Fehlbestimmungen von rein natürlichen Gegenständen als Artefakte treten insbesondere bei Steinfunden häufig auf, und treten auch bei Funden aus anderen Materialien auf, wenn auch seltener. Eine rechtsverbindliche Feststellung, ob ein aufgefundener Gegenstand überhaupt ein „Bodendenkmal“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG ist, kann daher nur das BDA als für den Denkmalschutz zuständige Behörde treffen. Zwar mag es für den Grundeigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte sicherheitshalber ratsam sein, sich im Zweifel an die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 DMSG zu halten, wenn sie der Finder vom Fund und der Abgabe der Fundmeldung informiert hat, aber die Verpflichtung zu deren Beachtung entsteht ihnen mit guter Wahrscheinlichkeit überhaupt erst, wenn sie das BDA davon informiert, dass tatsächlich ein Bodendenkmal und nicht nur ein nicht denkmalschutzfähiger Gegenstand entdeckt und gemeldet wurde.

[10] Dies würde sich, wenn der (noch ungeeignetere) Wortlaut der im derzeit im parlamentarischen Verfahren befindlichen Ministerialentwurf einer DMSG-Novelle tatsächlich beschlossen und somit zum Gesetz wird, aufgrund der dann etwas anderen Definition des „Bodendenkmal“ ersetzenden Begriffs „archäologisches Denkmal“ etwas, allerdings im Endeffekt nur unmaßgeblich, ändern.

[11] Nicht einmal das Fahrrad, das sicherlich nicht ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG sein könnte, weil ihm keinerlei geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt.

[12] Wobei Letzteres sicherlich bei vielen dieser „mittel- und hochwertigen“ Bodenfunde ebenfalls nicht der Fall ist, die daher eigentlich nur der Fundmeldepflicht des § 390 ABGB und nicht der Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG unterliegen.

[13] Ob die Adresse tatsächlich existieren muss, habe ich nicht geprüft. Geprüft habe ich nur, ob es möglich ist, eine existierende Emailadresse eines Dritten anzugeben, was tatsächlich der Fall ist: das System verschickt nicht einmal eine Überprüfungsemail an die angegebene Adresse, die der Adressat bestätigen muss, ehe eine Meldung unter Angabe dieser „geborgten“ Adresse möglich ist.

[14] Am Startbildschirm der App wird durch ein Verbotsschild und die Formulierung „Nicht berühren!“, also einen Imperativ (zu deutsch: Befehlsform) und somit grammatikalisch völlig eindeutig, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich dabei nicht etwa um eine höfliche Bitte oder eine unverbindliche Empfehlung, sondern eine behördliche Anordnung handelt!

[15] Rein hypothetisch schon allein deshalb, weil die Behörde, der sie ihren Fund damit gemeldet haben – das BDA – überhaupt keine geeigneten Schritte (iSd § 42a Abs. 1 SPG) setzen wird (oder mangels Zuständigkeit auch nur setzen kann), um einen möglicherweise noch existierenden rechtmäßigen Eigentümer der ihr gemeldeten Fundgegenstände zu ermitteln; womit die Frist des § 395 ABGB mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verstreichen wird, ohne dass sie von einem Verlustträger angesprochen wird; womit dem „Finder“ gem. § 395 bzw. „Finder“ und Grundeigentümer in Fällen des § 399 ABGB ein jeweils zur Hälfte geteilter Eigentumsanspruch am Fund erwächst.

[16] Ein Wort des Dankes findet sich schließlich ohnehin schon in der Email (siehe Abb. 3, Mitte rechts unter dem Kartenausschnitt), die in Kopie automatisch von der App sowohl an die vom „Finder“ angegebene Emailadresse als auch als Fundmeldung ans BDA übermittelt wird.

[17] Sachen, deren gemeiner Wert iSd § 391 Z 2 ABGB  € 10 nicht übersteigt.

[18] Im Rahmen privater Maßnahmen überwiegend deshalb, weil sich die staatliche Denkmalpflege weder dafür noch für sie interessiert; sie überhaupt nicht als Gemeinschaft für das kulturelle Erbe und deren Werte schon gar nicht als kulturelle Werte wahrnimmt oder anerkennt. Tatsächlich sind viele, wenn nicht sogar praktisch alle, Sammler (wenigstens die ich kenne) durchaus daran interessiert, dass ihre Sammlungen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und – wenigstens nach ihrem Tod – auch im Rahmen öffentlicher Maßnahmen bewahrt und an nachfolgende Generationen übertragen werden. Das scheitert in erster Linie daran, dass öffentliche Einrichtungen, darunter auch die staatliche Denkmalpflege, zumeist nicht das mindeste Interesse daran (und auch gar nicht die Ressourcen dafür) haben, ihre Sammlungen – ob noch zu Lebzeiten oder nach ihrem Tod – zu übernehmen und in dem jeweiligen Sammler angebracht erscheinender Weise zu bewahren, geschweige denn der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

[19] Bzw., sollte der derzeit im Raum stehende Ministerialentwurf zum Gesetz werden, „archäologische Denkmale“.

[20] Jedenfalls mehr als € 10 bis wenigstens zu € 100, wenn nicht sogar € 1000 oder € 2000, siehe dafür die Wertgrenzen in §§ 391 Z 2, 393 Abs. 1 und 395 ABGB und § 42a Abs. 1 SPG.

[21] Siehe dazu schon oben: das BDA betrachtet und instruiert potenzielle Finder auch dahingehend, dass jeder Boden- und Unterwasserfund, der nicht offensichtlich rein natürlichen Ursprungs ist, d.h. alles, was auch nur im weitesten Sinn als „Menschenwerk“ (Riegl 1903, 2) oder (wie der von Ratracketten zerkratzte Geröllstein) von menschlichem Handeln betroffen charakterisiert werden kann, wenigstens rein hypothetisch den Beschränkungen des DMSG unterliegen könnte und daher ein Bodendenkmal ist.

[22] Wobei Letzteres, die unmittelbare Sicherstellung des Fundes durch dessen Finder, wahrscheinlich ohnehin sinnvoller als deren Belassung in situ ist, deren angebliche Wichtigkeit wir Archäologen uns ständig völlig realitätsfremderweise zusammenfantasieren; wenigstens wenn nicht jeder potenzielle Finder einen ständig kurzfristig verfügbaren Archäologen seines Vertrauens auf Speed-Dial hat, der auf Pfiff (Entschuldigung: Anruf) sofort erforderlichenfalls auch am Sonntag mitten im tiefsten Winter bei Schlechtwetter um 11 Uhr nachts zum Fundort eilt und dort unmittelbar eine professionelle archäologische Ausgrabung zur sachgerechten Bergung des Fundes und der Dokumentation seiner Fundumstände durchführt, was er nach derzeitiger Rechtslage aufgrund des automatischen Denkmalschutzes Kraft gesetzlicher Vermutung ab dem Moment der Entdeckung des Bodendenkmals gem. § 9 Abs. 3 DMSG aufgrund des Verbots des § 4 Abs. 1 DMSG gar nicht ohne Genehmigung des BDA gem. § 5 Abs. 1 DMSG unter Androhung von bis zu 360 Tagessätzen Strafe durch § 37 Abs. 1 und 2 Z 1 DMSG und bis zu zwei Jahren Haft durch § 126 Abs. 1 Z 3 StGB und ohne Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG unter Androhung von Strafe bis in Höhe von € 25.400 durch § 37 Abs. 2 Z 2 DMSG darf.

[23] Im Prinzip einfache Email-Massenverteiler, mittels derer man durch Email and die Adresse der „Diskussionsliste“ eine Nachricht an alle eingetragenen Mitglieder der Liste verbreiten konnte; sozusagen eine primitive Vorform dessen, was heute z.B. Online-Diskussionsforen oder „soziale Medien“ wie Facebook sind, die natürlich inzwischen viel komplexer sind, viel mehr Funktionen haben und auch etwas anders funktionieren als ihre onlinealtsteinzeitlichen Vorfahren.

[24] Inwieweit nicht auch schon die Angabe einer inexistenten Emailadresse einen Missbrauch der App darstellt, ist wenigstens debattierbar, weil dadurch verhindert wird, dass die Fundmeldungen bearbeitenden Organe des BDA auch in Fällen, in denen das tatsächlich nötig sein könnte – z.B. weil am qua Meldung übermittelten Foto tatsächlich ein mutmaßlich besonders bedeutendes, bewegliches Bodendenkmal zu sehen ist, das aber vom an den Fundort entsandten Sachverständigen des BDA dort nicht mehr vorgefunden wurde – den „Finder“ nicht kontaktieren können, um ihn wenigstens fragen zu können, ob er den Fund entgegen der Anweisung ihn nicht zu berühren in sicheren Gewahrsam genommen und das nur zu erwähnen vergessen hat, und der/die Sachverständige das Objekt daher wenigstens bei ihm in Augenschein nehmen kann. Schließlich ist der „Finder“ einer beweglichen Sache eines unbekannten Eigentümers gem. § 390 ABGB der – und sei es nur der gem. § 14 Abs. 5 SPG zuständigen – Fundbehörde „über alle für die Ausforschung eines Verlustträgers maßgeblichen Umstände“ auskunftspflichtig (selbst wenn seine „anonyme“ Fundmeldung seine Auskunftspflicht gem. § 30 Abs. 1 DMSG nach Ansicht des BDA vollständig erfüllt haben sollte) und muss daher von dieser, im Fall dass diese Fragen an ihn hat, kontaktiert werden können, weshalb sich „Finder“ auch normalerweise (sofern sie nicht amtsbekannt sind) bei Abgabe einer Fundmeldung bei der gem. § 14 Abs. 5 SPG zuständigen Fundbehörde mit einem amtlichen Lichtbildausweis auszuweisen haben.

[25] Siehe dazu auch schon FN 13.

[26] Wenigstens soweit dies aus Slide 14 der Powerpoint-Präsentation zur App des BDA beim „runden Tisch Archäologie“ ersichtlich war.

[27] D.h. dass seine Emailadresse von einem unbekannten Dritten missbräuchlich verwendet wurde!

[28] Es kann nur gehofft werden, dass wenigstens Biolovision Sàrl zur Ausforschung eines die App missbräuchlich verwendenden Nutzers geeignete Metadaten aufzeichnet und speichert, wie z.B. die SIM-Kartennummer, Seriennummer des Telefons oder IMEI(s) – und auch erforderlichenfalls der österreichischen Polizei für eine dahingehende Untersuchung zur Verfügung stellt (bzw. nach Schweizer Recht überhaupt aufzeichnen und ausländischen Strafverfolgungsbehörden für die Ausforschung von Straftätern zur Verfügung stellen darf).

[29] In Unkenntnis der genauen Rechtslage in all den Schweizer Kantonen, deren Denkmalämter als „Partner“ in der App genannt sind, kann ich natürlich nicht vollständig ausschließen, dass dort nicht alles (inklusive der maximalen Unsicherheit der App) gesetzlich erlaubt ist und überhaupt keine rechtlichen (wenn auch sicher auch dort praktische) Probleme verursacht; d.h. die Inkompetenz und Gedankenlosigkeit der Schweizer Kolleg*innen nicht ganz so grenzenlos ist wie die der diese App zugekauft habenden Organe des BDA. Viel geringer dürfte sie allerdings wohl auch nicht sein, wenn man sich anschaut, wie leicht diese App zu allen möglichen auch in der Schweiz unlauteren oder gar rechtswidrigen Zwecken missbraucht werden kann.

[30] Anonyme Fundmeldungen waren in Österreich gem. § 8 Abs. 1 DMSG ja auch bisher schon möglich: es kann schließlich jeder „Finder“ ein Foto seines Fundes samt einem Begleitschreiben, das Fundortangaben und was auch immer er sonst an Informationen ans BDA übermitteln will, in ein Briefkuvert stecken und dieses ohne Absenderangaben per Post an die Behörde schicken. Das eignet sich natürlich beinahe ebenso gut wie die App zum Missbrauch, eventuell sogar noch mehr, weil es die Ausforschung des Missbrauchenden so gut wie sicher gänzlich unmöglich macht. Wie oft bzw. wie viele anonyme Fundmeldungen bisher beim BDA (jährlich?) eingegangen sind, lässt sich natürlich für mich mangels irgendwelcher mir zu dieser Frage zugänglichen Daten nicht sicher beantworten, ich glaube allerdings nicht, dass es viele waren; schon allein aufgrund der generell sehr niedrigen Anzahl von beim BDA eingehenden Fundmeldungen.

[31] Vielleicht abgesehen von einer Handvoll enthusiastischer Naturschützer, die jede freie Minute im Freien verbringen und denen der Schutz von Tieren, Pflanzen und der immer rascher abschmelzenden Gletscher allein zu wenig ist und die daher auch andere Sachen – wie Kulturgüter – schützen (und daher deren Entdeckung melden) wollen.

[32] Oder sie spätestens wenn sie das Telefon – wie diese das heutzutage gerne tun – das dritte Mal daran erinnert, dass sie diese App nie nutzen, wieder deinstallieren.

[33] Auch wenn dieses Problem durch Setzen eines automatischen Filters im Emailprogramm, das eingehende Emails von support@biolovision.net in den Spam-Ordner verschiebt oder automatisch löscht, vermutlich durch das Sekretariat des Präsidenten noch recht leicht gelöst werden könnte.

[34] Übrigens auch und insbesondere für professionelle Archäolog*innen, seien es solche, die als archäologische Dienstleister tätig sind und ein Konkurrenzunternehmen am freien archäologischen Markt schädigen wollen, indem sie dessen Chef*in auf diese Art verleumden – hat der Versuch Erfolg, kann dies schließlich sogar dazu führen, dass das Opfer vom BDA aufgrund von Zweifeln an seiner Vertrauenswürdigkeit (siehe VwGH 18.10.1989, 89/09/0072; cf. Bazil et al. 2015, 64 Rz 5) keine Genehmigungen gem. § 11 Abs. 1 DMSG mehr erteilt bekommt und dieses somit effektiv mit einem Berufsverbot belegt wäre –; oder solche, die z.B. den Handel mit Antiken fundamental ablehnen und Antikenhändler*innen und einschlägig tätige Auktionshäuser, die sie (ob nun begründet oder unbegründet) des illegalen Handels mit Kulturgütern verdächtigen, bzw. deren Chef*innen so damit zum Gegenstand von wenigstens verwaltungsstrafrechtlichen Ermittlungen machen – auch da kann das sehr leicht in Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen führen; selbst von völlig rechtmäßig erworbenen Gütern – und in schwerwiegenden beruflichen und privaten Einschränkungen resultieren (siehe dafür für ein paar krasse Beispiele Karl 2020).

[35] Selbst wenn man davon ausgeht, dass entsprechend der dortigen Bestimmungen der Herkunftsstaat, aus dem die Fundgegenstände tatsächlich stammen, durch ein dort geltendes archäologisches Schatzregal bei deren dortiger (erstmaliger) Entdeckung zum rechtmäßigen Eigentümer der Fundgegenstände geworden ist, ist der Nachweis, dass ein Fundgegenstand eines bestimmten Typs in einem ganz bestimmten Staat entdeckt worden ist praktisch gar nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu erbringen, dass man diesen in einem diesbezüglichen Verwaltungsverfahren als rechtmäßigen Eigentümer des Fundes ansehen und behandeln darf – einmal abgesehen davon, dass, selbst wenn ein bestimmter Staat mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als Herkunftsstaat und damit aufgrund eines dort bestehenden Schatzregals rechtmäßiger Eigentümer des Fundes identifiziert werden kann, dieser dem Finder immer noch den gesetzlichen Finderlohn schulden würde.

[36] Siehe FN 28.

[37] „…IP address or other user identifications on your devices…”.

[38] Und es versteht sich von selbst, dass z.B. wenigstens viele Metallsucher*innen, die sich ohnehin schon (wenigstens teilweise berechtigt!) von den Denkmalbehörden ungerecht (und eventuell teilweise sogar rechtswidrig) verfolgt fühlen, vor genau so einer erst recht-Identifizierbarkeit von anonymen Nutzern durch die Hintertüre fürchten und daher der App a priori eher skeptisch gegenüberstehen. Spricht sich also in der Szene herum, dass die angebliche Anonymität nur auf der sichtbaren Ebene besteht, aber bei der Betrachtung der für Nutzer unsichtbaren Metadaten nur eine Fiktion ist, die staatliche Organe bei Bedarf – was in der Szene als „wann auch immer es ihnen gefällt“ verstanden würde – aufheben können, und sei es nur durch Gerichtsbeschluss, der Biolovision Sàrl zur Herausgabe der von diesem Unternehmen gespeicherten Identifikationsdaten zwingt, dann wird die App genauso abgelehnt werden wie jede andere Art der Meldung, die den Melder zu identifizieren erlaubt.

[39] So ist z.B. für „echte Zufallsfinder“ ein Fundmelde-App völlig sinnlos, weil sich niemand für den subjektiv von ihm unerwarteten Fall, dass er – ein oder vielleicht zwei Mal in seinem Leben – zufällig einen relevanten Bodenfund findet, ein eigenes Melde-App am Telefon installiert. Vielmehr muss man „echten Zufallsfindern“ die Fundmeldung möglichst dadurch erleichtern, dass man alle Stellen, bei denen ein „echter Zufallsfinder“ seine Fundmeldung erstatten können wollte – also von der allgemeinen Fundbehörde (der Gemeinde) über die Polizei bis hin zu allen öffentlich zugänglichen Museen – zur Weiterleitung bei ihnen eingehender Fundmeldungen an die zuständige Behörde verpflichtet. „Erdarbeitenden Findern“ muss man hingegen die Fundmeldung möglichst schmackhaft machen, indem man sicherstellt, dass die Erstattung der Meldung möglichst keine Verzögerungen und Verteuerungen der Erdarbeiten bewirkt, bei denen Funde entdeckt werden, also primär eine aus öffentlichen Mitteln vollfinanzierte schnelle Eingreiftruppe zur Verfügung stellt, die binnen weniger Stunden am Fundort ist und relevante Funde birgt und deren Fundumstände dokumentiert. „Absichtliche Finder“ wiederum muss man dadurch motivieren, dass man sicherstellt, dass sie durch die Fundmeldung nicht Schwierigkeiten mit der Fundbehörde bekommen können und ihnen wenigstens „Finderpersönlichkeitsrechte“ (vergleichbar zu den „Eigentümerpersönlichkeitsrechten“ der §§12-14 des deutschen Urheberrechtsgesetzes [d-UrhG] bzw., wenn auch etwas weniger deutlich ausgedrückt, der §§ 19-21 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes [a-UrhG]), wenn nicht sogar dingliche Eigentumsrechte an ihren Funden einräumt; sie respektvoll behandelt und die Tatsache, dass sie ihre Funde melden, entsprechen (wenigstens sozial, noch besser materiell) honoriert.

[40] Je nachdem, wo man die Grenze einziehen will, ab der man einen Bodenfund als „archäologisch bedeutend“ einstuft.

[41] Nachdem „echte Zufallsfinder“ nicht mit der Entdeckung von relevanten Bodenfunden rechnen, wissen die meisten davon nicht einmal, dass sie bestimmte Bodenfunde melden sollen oder gar müssen, geschweige denn welche; und kennen auch die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht, sondern haben bestenfalls schwammiges Allgemeinwissen darüber, dass man möglicherweise „wichtige“ Sachen irgendeiner an diesen interessierten Stelle melden sollte. Sie melden daher ohnehin stets nur jene Funde, die ihnen – aus welchen Gründen auch immer – subjektiv „wichtig“ oder wenigstens „seltsam“ erscheinen; und das jedenfalls stets an jene Stelle, die ihnen subjektiv „passend“ erscheint. Es bringt daher überhaupt nichts, ein eigenes Fundmeldesystem zu entwickeln, mit dem sich diese „echten Zufallsfinder“ erst einmal vertraut machen müssen, ehe sie eine Meldung erstatten; sondern man muss zwingend die Meldungen der „echten Zufallsfinder“ dort abholen, wo diese sie erstatten, egal wo das ist.

[42] Diese Tatsache ergibt sich daraus, dass „erdarbeitende Finder“ primär daran interessiert sind, dass es nicht zu (unvorhersehbaren und ihnen daher wirtschaftlichen Schaden verursachenden) Verzögerungen und Verteuerungen ihrer Erdarbeiten durch dabei entdeckte, melderelevante Funde und Befunde kommt. Derartige (unerwartete) Verzögerungen und Verteuerungen ihrer geplanten Erdarbeiten können nun aber offensichtlich am ehesten und effektivsten dadurch verhindert werden, indem schon vor Beginn der Erdarbeiten durch eine präventive archäologische Voruntersuchung festgestellt wurde, ob am geplanten Ort der Erdarbeiten mit archäologisch relevanten Überresten zu rechnen ist und, falls ja, diese bereits vor Beginn der Erdarbeiten sachgerecht dokumentiert und entsorgt (geborgen) wurden. Ist das passiert, kann es bei der Durchführung der Erdarbeiten so gut wie überhaupt nicht mehr zu (unerwarteten) Entdeckungen relevanter archäologischer Funde und Befunde kommen, was ein „eigenes“ Fundmeldesystem für „erdarbeitende Finder“ redundant macht. 

[43] Diese Abgrenzung können nämlich nicht einmal professionelle Archäolog*innen in vernünftig nachvollziehbarer Weise treffen: es gibt dafür nämlich keine objektiv nachvollziehbaren Kriterien, weil die Bedeutungszuweisung immer ein rein subjektiver Akt durch den Bedeutungszuweisenden ist. Das war übrigens schon Riegl (1903, 2-10) klar.

[44] Um das zu demonstrieren und gleichzeitig analysieren zu können, habe ich einige „absichtliche Finder“ ersucht, die Fundmelde-App des BDA dazu zu verwenden, alle von ihnen bei Spaziergängen entdeckten Bodenfunde, die im Sinne Riegls (1903, 10) „historische Denkmale“ sein könnten (d.h. nicht alle, die im Sinne der vom BDA bei der Vorstellung der App gezeigten Beispiele „meldefähige“ Objekte sein könnten, wie z.B. auch Fahrräder, sondern nur solche, die tatsächlich „archäologisch relevant“ sein könnten), und mir die von ihnen dem BDA übermittelten Fundmeldungen in Kopie weiterzuleiten. Dabei hat sich gezeigt, dass von 100 derartigen Fundmeldungen ca. 99 solche von völlig aussagelosen, regional häufigen, schlecht erhaltenen Wandstücken von Keramikgegenständen sind.

[45] Die eleganteste Variante dafür wäre eine ordentlich programmierte App, die Zugriff auf die Funddatenbank hat und daher bereits bekannte Fundpunkte bzw. Fundstellen anzeigen und, wenn sich der Finder-Melder in einem vordefinierten Umkreis um solche befindet, vor Aufnahme einer neuen Fundmeldung über diese Tatsache in Kenntnis setzen und eventuell sogar fundstellenspezifische Anweisungen anzeigen kann, welche Art von Funden von dieser Fundstelle gemeldet und welche nicht (mehr) gemeldet werden sollen. Das kann sogar in Zonen ohne Funkverbindung funktionieren, wenn man die für die geplante Suchregion relevanten Funddatenbankteile vor einer geplanten Suche auf das verwendete Gerät herunterladen und auch offline verwenden kann.

[46] Bedenkt man, dass § 391 Z 2 ABGB ohnehin schon vorsieht, dass eine Fundmeldung gem. § 390 ABGB jedenfalls erforderlich ist, wenn für den Finder einer Fundsache erkennbar ist, „dass die Wiedererlangung der Sache für einen Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist“, scheint ein separates denkmalrechtliches Fundmelderecht eigentlich unnötig zu sein: es würde eigentlich völlig genügen, die genannte Bestimmung um die Worte „oder ihre Erhaltung als Denkmal im öffentlichen Interesse gelegen“ vor dem abschließenden „ist“ zu ergänzen.

[47] Z.B. „Nachforschungen an Stellen, an denen aufgrund bekannter konkreter Hinweise auf deren dortiges Vorkommen mit der Entdeckung archäologischer Denkmale gerechnet werden muss, bedürfen der Genehmigung durch das BDA“.

[48] Das ist, wie schon weiter oben genauer ausgeführt, dafür erforderlich, damit Finder und bezüglich der Fundstelle Verfügungsberechtigte wissen, ob sie sich an die Bestimmungen des §§ 9 Abs. 1 und 3 DMSG samt den daraus resultierenden Rechtsfolgen zu halten haben oder nicht.

[49] Das ist notwendig, weil im Fall, dass es sich bei den entdeckten beweglichen Gegenständen tatsächlich nicht um „Bodendenkmale“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG igF bzw. „archäologische Denkmale“ (iSd § 8 Abs. 1 des Ministerialentwurfs) handelt, diese de facto (weil sich vorhersehbar bei den allermeisten ein vormaliger Eigentümer nicht mehr feststellen lassen wird) unmittelbar in das alleinige Eigentum des Finders bzw. das gleich geteilte Eigentum von Finder und Grundeigentümer übergehen; der bzw. die daher dann auch nicht verpflichtet sind, diese weiter aufzubewahren bzw. in ihrem Gewahrsam zu behalten; sondern sie wegwerfen, verkaufen, verschenken usw. dürfen.

[50] D.h. dass, wenn das Fundmeldesystem vom BDA (oder einer anderen Meldeorganisation) betrieben wird und der Finder-Melder seine Funde auf dessen (deren) Anweisung hin in situ belässt, die Behörde (oder sonstige Meldestelle) auch zeitnah geeignete Schritte zur Sicherung und Bergung dieser Funde setzen und deren erfolgreiche Erledigung dem Finder-Melder auch mitteilen muss; weil dieser schließlich diese Aufgaben durch Befolgung dieses Belassungsauftrags der Behörde (oder sonstigen Meldestelle) übertragen hat. Ignoriert die Behörde (oder sonstige Meldestelle) seine Funde und damit auch die berechtigten Interessen des Finders (siehe dazu schon weiter oben), reduziert das sowohl die zukünftige Meldewilligkeit dieses Finders (und aller mit ihm über Fundmeldungen kommunizierenden „absichtlichen Finder“) als auch seine Bereitschaft, Anordnungen der Behörde (oder sonstigen Meldestelle) zu befolgen; womit das System rasch ebenso dysfunktional wird, wie das derzeitige es ist.

[51] Insbesondere ist dabei auch das Verhältnis zwischen dem voraussichtlichen wissenschaftlichen Informationsverlust und Schaden an tatsächlich im öffentlichen Interesse erhaltungswürdigen Denkmalen durch die (eventuell unsachgemäß erfolgende) Bergung durch den Finder-Melder und den zur ausreichend zeitnahen Bergung jedes (!) gemeldeten Kleinfundes erforderlichen wirtschaftlichen (Personal- und sonstigen) Ressourcen zu bedenken. Nachdem die Kosten pro Bergung erheblich sind, spricht auch das dafür, die Bergung regelhaft durch den Finder-Melder gleich bei der Entdeckung des Fundes vornehmen zu lassen, statt sie einem Organ oder Beauftragten der Behörde zu überlassen.

[52] „Perfekt“ in dem Sinn, dass der Täter, der die App zu einem solchen verbotenen Zweck missbraucht, wenn er seine Tat(en) auch nur halbwegs plant, nicht ausgeforscht und bestraft werden kann.

[53] „… jedes Werk von Menschenhand‚ ohne Rücksicht auf seine ursprüngliche Bedeutung und Zweckbestimmung, sofern es nur äußerlich hinreichend sinnfällig verrät, daß es bereits geraume Zeit vor der Gegenwart existiert und „durchlebt“ hat.“ (Riegl 1903, 10).

[54] Die Tatsache, dass dem BDA nicht nur durch das DMSG gewisse Rechte eingeräumt werden, sondern ihm sowohl durch das DMSG, das allgemeine Verwaltungs- und seinen Organen durch das Beamtendienstrecht auch bedeutende Pflichten aufgebürdet werden, scheint das BDA generell nicht verstehen zu wollen bzw. wissentlich zu missachten (siehe dazu schon, gerade im Zusammenhang mit dem Fundmeldesystem hochrelevant, z.B. Karl 2022).

[55] Dabei ist insbesondere auch zu beachten, dass es in diesem Kontext völlig unerheblich ist (bzw. höchstens für die Bemessung eines dem Finder und gegebenenfalls dem Grundeigentümer entstehenden Schadenersatzanspruchs gegenüber der Behörde erheblich ist), ob die gemeldeten Funde nennenswerten wirtschaftlichen Wert haben oder wirtschaftlich weitgehend bis völlig wertlos sind: ein Finder, der einen herrenlosen Fund meldet, hat gem. § 395 ABGB nach Ablauf der dort genannten Frist(en) einen Rechtsanspruch auf den Erwerb des Eigentumsrechts an seinem Fund, wobei der wirtschaftliche Wert des Fundes nur insofern eine Rolle spielt, als bei Funden mit weniger als € 100 gewöhnlichem Wert der Eigentumserwerb an der Fundsache schon nach sechs, bei höherwertigen Funden hingegen erst zwölf Monate nach Abgabe der Fundmeldung eintritt. Hat er den Fund auf Anordnung der Behörde in situ belassen, wird der Finder somit unmittelbar mit dem Eigentumserwerb zum Verlustträger, dem seine Sache von der für sie die rechtliche Verantwortung übernommen habenden Behörde auch dann zurückzuerstatten ist, wenn ihre Wiedererlangung für ihn subjektiv – und sei es nur aus sentimentalen Gründen oder weil er Funde aus reiner Liebhaberei sammelt – von erheblicher Bedeutung ist (siehe dazu die Bestimmung des § 391 Z 2 ABGB). Dass dessen Wiedererlangung für den Finder eines Bodenfundes, den er als mögliches Denkmal erachtet und daher der für den Denkmalschutz zuständigen Bundesbehörde meldet, subjektiv von erheblicher Bedeutung ist, ist selbstverständlich anzunehmen: hätte er den betreffenden Fund subjektiv für wertlosen Mist erachtet, hätte er ihn schließlich der Denkmalbehörde überhaupt nicht gemeldet.

[56] Der eigentlich korrekter als „autokratischer“ bzw. „autoritärer Denkmaldiskurs“ bezeichnet werden sollte; siehe dazu Karl i.V..

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