„Ice Watcher“? Die neue Fundmelde-App des BDA
Abstract: Die Anfang 2024 vom Bundesdenkmalamt (BDS)
vorgestellte sogenannte „Fundmelde-App“, genannt „Ice-Watcher“, mittels derer
das archäologische Fundmeldesystem des BDA auf eine neue Basis gestellt werden
soll und die Fundmeldungen an die Behörde maßgeblich erleichtern soll, stellt
sicher einen sehr gut gemeinten Versuch dar, das bislang vollkommen
dysfunktionale archäologische Fundmeldewesen in Österreich auf ein neues
Fundament zu stellen. Mit gerade einmal durchschnittlich unter 200
Fundmeldungen im Jahr hinkt Österreich z.B. hinter dem Portable Antiquities
Scheme (PAS) in England und Wales mit dessen durchschnittlich etwa 800.000
Fundmeldungen pro Jahr und 80.000 alljährlich in die zugehörige Funddatenbank
eingepflegten Funden um – bereits für die unterschiedlichen Landesflächen und
per capita (der Metallsucher) korrigiert – einen Faktor von etwa 1000 nach; und
das obwohl in England und Wales nur eine ganz enge, klar definierte Auswahl aus
allen Bodenfunden meldepflichtig ist, während der Großteil der Fundmeldungen
völlig freiwillig erfolgt; wohingegen in Österreich streng rechtlich jeder
Gegenstand, der ein „von Menschen geschaffener oder gestaltend veränderter
Gegenstand von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller
Bedeutung“ sein könnte einer gesetzlichen Fundmeldepflicht unterlegt, deren
vorsätzliche Missachtung mit einer Strafe von bis zu € 5.000 bedroht ist.
Aber, wie es der
alte Sinnspruch schon sagt: „das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut
gemeint“. Das trifft leider – wenn auch in Anbetracht der generellen
Inkompetenz des BDA nicht überraschend – auch auf diese Fundmelde-App zu. Denn
diese mag für Fundmeldungen von Gletscherfunden durch Alpinisten möglicherweise
geeignet sein, für ein auch nur halbwegs funktionierendes archäologisches
Fundmeldesystem ist sie hingegen aus verschiedenen Gründen völlig ungeeignet,
schon auf der Seite des Frontends, d.h. der Bedienung der App durch den
Anwender, aber noch mehr am Backend. Zusätzlich muss man auch noch fragen, warum
das BDA sich bei dieser App „billig“ eingekauft hat, statt einfach das PAS, das
Portable Antiquities of the Netherlands (PAN), das dänische DIME oder das
finnische Denkmalamt bzw. dessen FindsSampo-Programm um deren jeweilige (extra
für archäologische Fundmeldungen entwickelte) Fundmelde-Apps und
Backend-Datenbanksysteme zu fragen, die diese Dritten auch gerne gratis zur
Verfügung stellen, und eventuell auch die dortigen Experten – die mit solchen
Systemen immerhin schon bis zu 30 Jahre arbeiten – über deren Erfahrungen damit
zu befragen und eventuell deren Empfehlungen einzuholen. Aber das ist wohl für
eine Bundesbehörde, die regelhaft weder bis zum Brett vor dem eigenen Kopf
denkt, geschweige denn über dieses hinaus, noch die Konsequenzen bedenkt, die ihre
Handlungen vorhersehbar haben werden, nicht zu erwarten.
Beim „Runden Tisch
Archäologie“ am 18.1.2024 in der Wiener Hofburg präsentierte das Bundesdenkmalamt
(BDA) der Fachöffentlichkeit eine neue Innovation: eine Mobiltelefon-App,
mittels derer „Zufallsfinder“ nun auch Fundmeldungen gem. § 8 Abs. 1 DMSG an
das BDA übermitteln können würden. Dieses System solle das Fundmelden
erleichtern und müsse nun nur noch so weit als möglich unter jenen Personen
verbreitet werden, die zufällig „archäologische Denkmale“ entdecken würden.
Dabei handelt es sich zweifellos um einen sehr gut gemeinten Versuch des BDA,
das archäologische Fundmeldewesen in Österreich zu verbessern, für die
Intention verdient das BDA also die Höchstnote. Ehe ich die App und die
Konsequenzen ihres Einsatzes genauer diskutiere, sei die App und ihre
Funktionsweise kurz näher beschrieben.
Die „Ice Watcher“-App
Die „Ice Watcher“
genannte App, die sowohl für iOS- als auch für Android-Geräte verfügbar ist und
kostenlos aus dem jeweiligen App-Store heruntergeladen werden kann, wurde vom
Schweizer Unternehmen Biolovision Sàrl (Abb. 1) entwickelt und dient eigentlich als
Fundmelde-App für Gletscherfunde auf Schweizern Gletschern.
Scheinbar konnte sich
nun aber auch das BDA dieses Programm kaufen und es wurde von seiner
Funktionalität auf das österreichische Bundesgebiet ausgeweitet. Es soll nun
als allgemeine Fundmeldeapp für archäologische „Zufallsfunde“ im ganzen
Bundesgebiet benutzt werden. Etwas genauere Informationen zur App findet man
auch auf der Webseite des BDA unter https://www.bda.gv.at/service/aktuelles/2024-01-18-archaeo-icewatcher-app.html [22/1/2024], das dort auch gleich anmerkt: „Es
handelt sich bei dieser kostenlosen und einfach zu bedienenden App um keine
durch das Bundesdenkmalamt entwickelte, gewartete oder steuerbare Anwendung.
Das Bundesdenkmalamt hat einen Vertrag mit dem Betreiber der App abgeschlossen,
gemäß dem alle Österreich betreffenden Daten automatisch an das
Bundesdenkmalamt übermittelt werden; im Bundesdenkmalamt werden die
einlangenden Daten in Befolgung der Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes als
Fundmeldungen weiterverarbeitet“. Schon unmittelbar zuvor sagt es aber an
gleicher Stelle, dass die „Ice Watcher“-App „die bislang bestehenden
Möglichkeiten der Erstanzeige eines Fundes (per E-Mail, per Brief, per Telefon
bzw. per Fundmeldungs-Formular auf der Website des Bundesdenkmalamts)“
erweitern würde. Dabei handelt es sich also erkenntlich um eine sehr gut
gemeinte Idee, die Fundmeldern einen Großteil der Arbeit bei Fundmeldungen
abnehmen und den Prozess weitgehend automatisieren soll.
Abb. 2: Die vier wesentlichen Bedienungsseiten der "Ice Watcher"-App (Foto: (c) Biolovision Sàrl, Ice Watcher).
Die App ist auch
tatsächlich problemlos vom jeweiligen App-Store von iOS- und Android-Systemen
herunterzuladen, braucht nicht Unmengen an Speicherplatz auf dem Mobiltelefon
und installiert sich auch problemlos selbst. Ebenfalls besonders lobenswert und
zu erwähnen ist auch, dass die App denkbar einfach zu bedienen ist (Abb. 2), man könnte sie nahezu als DAU[1]-sicher
bezeichnen: die Erstattung einer Fundmeldung dauert beim ersten Versuch – wenn
es hoch kommt, je nachdem wieviel Zeit man sich für das Fotografieren nimmt – knapp
eine Minute, von da an vielleicht dreißig Sekunden pro weiterer Anzeige. Öffnet
man die App, begrüßt sie einen mit dem auf Abb.
2 ganz links gezeigten Bildschirm, die den User
daran erinnert, dass er den entdeckten Fund bloß nicht berühren soll, und die eine
Schaltfläche enthält, mittels derer man eine Fundmeldung in Angriff nehmen
kann. Berührt man das Feld „Entdeckung melden“, wird man auf den nächsten
Bildschirm weitergeleitet (auf Abb.
2 den zweiten von links gezeigten), auf dem man
aus den Materialgattungen Holz, bearbeitetes Holz, Metall, Leder, Textil,
Knochen und Anderes/Unbestimmt auswählen kann; was allerdings nur eine
Information für die Fundbehörde darstellt und keinen weiteren Einfluss auf den
Meldeprozess hat. Egal auf welche Materialgattung man klickt, kommt man nämlich
auf den nächsten Bildschirm (der dritte von links auf Abb.
2). Dort wird man aufgefordert, ein Foto des
Fundes aus ca. 1,5 Meter Entfernung anzufertigen und dabei ein als Maßstab
dienendes Objekt neben den Fund zu legen. Hat man dieses Bild gemacht (oder aus
der Galerie des Telefons eines hinzugefügt), gelangt man zum nächsten
Bildschirm (ganz rechts auf Abb.
2), wo man nun aufgefordert wird, ein
Überblicksfoto der Landschaft in der Umgebung des Fundplatzes aufzuzeichnen.
Sobald man dieses Foto angefertigt hat, soll man noch einen Cursor auf dem Foto
(das sich ebenfalls aus der Galerie hochladen lässt) positionieren, um die
ungefähre Lage des Fundorts in der Landschaft anzuzeichnen.
Sobald man das getan
hat, kommt man auf den abschließenden Bildschirm (der hier nicht gezeigt wird),
auf dem man eine Kurznotiz zum Fund eintragen kann. Verpflichtend muss man eine
Email-Adresse angeben (diese wird allerdings nicht überprüft, d.h. man kann hier
auch eine Fantasieadresse eintragen), und kann zusätzlich – das ist allerdings fakultativ
– auch noch seinen Namen und seine Adresse angeben (die auch nicht überprüft
werden). Beim Erstellen des ersten Fotos wird die Eingabe mit den
GPS-Koordinaten des Standortes verknüpft, an dem das Foto in der App eingegeben
wurde (auch wenn zu dieser Zeit das Telefon keine Netzverbindung hatte und die
Meldung erst später abgeschickt wird, wenn das Telefon wieder Verbindung hat).
Sobald sie abgesendet
wurde, erhält der Melder eine Kopie seiner Meldung inklusive der beiden
angeschlossenen Fotografien und einer kleinen Karte, auf der der Fundort
eingetragen ist, per Email an die in der App angegebene Email-Adresse. Diese
Email enthält die Kontaktadresse (E-Mail) des Melders, die GPS-Koordinaten des
Fundortes, die Genauigkeit der GPS-Lokalisierung, das Beobachtungsdatum und die
Beobachtungszeit (auf Französisch, hier zeigt sich die Herkunft der App), den Materialtyp,
den der Melder angegeben hat, allfällig vom Melder eingegebene Kommentare, sein
Name und seine Adresse sowie die Anzahl der angeschlossenen Fotos (Abb. 3). Eine exakt gleiche Kopie dieser Email wird gleichzeitig
auch dem BDA übermittelt, das diese Email dann intern an den örtlich
zuständigen Sachbearbeiter der Abteilung für Archäologie weiterleitet. Dieser
nimmt dann diese Fundmeldung genauso wie jede andere (auf herkömmlichem Weg)
eingehende auf; d.h. kann bei Bedarf entsprechend der Bestimmungen des § 9 DMSG
an die durch die GPS-Koordinaten auf etwa 20 Meter genau lokalisierte Fundstelle
reisen und dort den ungestörten Fund in situ samt der Fundumstände dokumentieren
und ihn bergen und damit sicherstellen.
Bei der Vorstellung
der App beim „runden Tisch Archäologie“ zeigte das BDA auch ein paar
aufschlussreiche Beispiele dafür, was für Funde man mit dieser App melden
könne: gezeigt wurde ein aus einem Gletscher ausgeapertes Fahrrad, wohl aus dem
20. Jahrhundert; eine natürlich mumifizierte Gämsenleiche; ein auf einer
Geröllhalde liegender Stein mit Ritzungen, die sich bei genauerer Analyse als
Kratzer von Ratrac[2]-Ketten
erwiesen (alle bis hierher in hochalpinem Gelände gefunden); sowie ein scheinbar
Ritzungen aufweisender Stein in Tallage, dessen Ritzungen sich jedoch bei
genauerer Analyse als natürliche Oberflächeneigenschaft dieser Art von Stein
erwiesen hatten. Das – und ein in der Tiefgarage vom die App vorstellenden
Mitarbeiter fotografiertes, etwa kübelgroßes, aufgrund der Lichtverhältnisse
kaum zu erkennendes Objekt – waren offenbar die Beispiele, die dem BDA als
besonders aussagekräftig erschienen waren. Ob irgendeines dieser Beispiele als
„archäologisches Denkmal“ oder „Bodendenkmal“ (iSd § 8 Abs. 1 DMSG) zu
betrachten ist, sei an dieser Stelle (noch) dahingestellt.
Gut gemeint ist zumeist das Gegenteil
von gut gemacht
So gut gemeint die
Übernahme dieser Fundmelde-App durch das BDA auch gewesen sein mag, ist gut
gemeint leider zumeist das Gegenteil von gut gemacht; und das zeigt sich auch
im gegenständlichen Fall leider mit aller Deutlichkeit: als Fundmelde-App für
typische ausapernde Gletscherfunde, für die es entwickelt wurde, mag diese App
durchaus geeignet sein. Als archäologische Fundmelde-App ist sie hingegen
völlig ungeeignet; und die Organe des BDA, die – auch wenn es billig gewesen
sein mag – Steuergeld dafür ausgegeben haben, sich in diese App „einzukaufen“,
haben dieses Geld auf etwas verschwendet, ohne auch nur einen Moment über die
Konsequenzen nachzudenken, die unweigerlich und völlig vorhersehbar eintreten
werden, wenn die „Finder“ von möglichen „archäologischen“ bzw. „Bodendenkmalen“
in Österreich diese App ernsthaft zu nutzen beginnen. Ganz besonders, wenn sie
tatsächlich alle Funde melden, die sie finden, die sinngemäß den Arten von
Funden entsprechen, die das BDA bei der Vorstellung der App gezeigt hat.
Frontend-Design-Probleme
Aber beginnen wir am
Anfang, bei der Benutzung der App durch Finder selbst, also dem Frontend der
App, bei der Probleme durch das Design der Fundmeldeapp verursacht werden:
Materialgattungen und die vergessenen
archäologischen Denkmale
Nachdem es sich bei
dieser Seite der App nur um eine Information für die auswertende Stelle handelt,
ist die Tatsache, dass von den typischen archäologischen Fundmaterialien –
Metall, Knochen, Keramik, Stein, Glas – überhaupt nur die ersten beiden in der
Auswahlliste aufscheinen, von vergleichsweise geringer Bedeutung. Hier zeigt
die App ihre Herkunft aus dem Bereich der und ihre eigentliche Funktion als
Instrument für Gletscherfundmeldungen; und die Hinzufügung wenigstens der
Materialgattungen Keramik, Stein und Glas sollte eigentlich für die Firma, die
diese App entwickelt hat und betreibt, ein Kinderspiel sein.
Umso unverständlicher
ist es aber, dass das nicht schon passiert ist, bevor diese App überhaupt vom
BDA als „archäologische Fundmelde-App für Österreich“ erstmals auf dessen
Webseite beworben wurde: wie billig auch immer es war, sich in diese App
einzukaufen, hier hätte das BDA wenigstens darauf bestehen müssen, dass die
betreibende Firma die App wenigstens soweit weiterentwickelt, dass nicht nur
die wichtigsten Gletscherfundmaterialgattungen, sondern auch die wichtigsten
Materialgattungen von Bodenfunden in ganz Österreich angelegt sind. Das wäre
schon allein deshalb wesentlich gewesen, weil das Fehlen dieser
Materialgattungen für „Zufallsfinder“ wenigstens impliziert, dass Keramik-,
Stein- und Glasfunde nicht gemeldet werden sollen.
Dasselbe gilt noch
viel mehr für unbewegliche „archäologische“ bzw. „Bodendenkmäler“: für deren
Meldung existiert ebenfalls keine eigene Kategorie, obwohl gerade diese – seien
es jetzt Grabhügel, Wall- und Grabenanlagen, noch aufgehend erhaltene Reste von
ehemaligem Mauerwerk, usw. – eigentlich aus fachlicher Sicht weit wichtiger
sind als irgendwelche beweglichen Kleinfunde. Dass man auch diese unbeweglichen
Denkmale melden soll, ja streng rechtlich gesehen sogar melden muss, wenn man
eines entdeckt, geht dadurch völlig unter: aus den Materialgattungen, die in
der App vorgeschlagen werden, ergibt sich implizit, dass nur bewegliche
Gegenstände aus den genannten Materialien, aber keine unbeweglichen Gegenstände
gemeldet werden sollen.
Insbesondere wenn man
bedenkt, dass die Vorauswahl von unterschiedlichen Materialgattungen für die
Funktion der Fundmelde-App vollkommen unnötig ist – diese Auswahl stellt
schließlich nur eine Information für die auswertende Stelle dar, die diese
ohnehin erhält, wenn sie den Fund birgt – ist also die Auswahl der
Materialgattungen und das Fehlen von unbeweglichen Denkmalen besonders
unglücklich für eine Fundmelde-App, die nicht ausschließlich auf Gletscherfunde
konzentriert ist. Bei einer als „archäologische Fundmelde-App“ für ganz
Österreich dienen sollenden App ist das – vor allem in Anbetracht des
unterschiedlichen zu erwartenden Fundanfalls auf den wenigen verbleibenden
Gletscherflächen und dem Rest des Landes – ganz außerordentlich unglücklich
gewählt; und die Abteilung für Archäologie hätte sicherstellen müssen, dass die
App, bevor sie zum Einsatz kommt, wenigstens soweit modifiziert werden muss,
dass sie die wichtigsten archäologischen Materialgattungen und unbewegliche
Denkmale zur Auswahl anbietet – oder diese ohnehin redundante Seite völlig
gestrichen wird.
Ernsthaft? Archäologische Funde in
situ aus 1,5 m Distanz fotografieren?
Weit kritischer sind
die Anweisungen, Funde unberührt in situ zu belassen und sie aus 1,5 Meter
Distanz als „Nahaufnahme“ zu fotografieren. Das klingt zwar für Archäologen gut,
die während des Studiums etwas über unveränderte Fundkontexte gehört, aber
nicht wirklich verstanden haben, was es damit auf sich hat und was das
überhaupt bedeutet, und die keinerlei Erfahrung damit haben, wie ein
beweglicher Kleinfund in Fundlage „in situ“ ausschaut, weil sie selbst nie Begehungen
zur Kleinfundbergung (ob nun mit oder ohne Metallsuchgerät) und auch keine
Landesaufnahmen zur Lokalisierung unbeweglicher archäologischer Objekte
durchgeführt haben.
Tatsächlich ist der
durchschnittliche archäologische Zufallsfund entweder ein beweglicher
Kleinfund, der nur selten größer als etwa 10 cm3 ist, oder ein
unbewegliches archäologisches Objekt wie eine Wall-Graben-Anlage, ein Grabhügel
oder dergleichen, das sehr groß ist. Kleine bewegliche Kleinfunde – z-B. eine
einzelne Münze mit vielleicht gerade einmal 1,5 cm Durchmesser – sind jedoch
auf einem aus ca. 1,5 Meter Distanz aufgenommenen Bild nicht einmal so
sichtbar, dass der Sachbearbeiter im Amt sie mit Sicherheit am Foto findet, insbesondere
wenn sie schmutzig auf gleichfarbigem Erdreich liegen, weil der Finder sie
unberührt liegen gelassen statt sie aufgehoben und gereinigt hat; selbst wenn
sie sich genau im Zentrum der Aufnahme befinden. Dass der/die Sachbearbeiter*in,
die ein solches Meldefoto in seiner/ihrer Inbox findet, anhand eines solchen
Fotos bestimmen kann, ob es sich bei dem wohl in der Mehrheit aller Fälle am
Foto praktisch unsichtbaren Bodenfund um einen Gegenstand handelt, dem
geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt oder
auch nur zukommen könnte, ist eher unwahrscheinlich. Große unbewegliche
archäologische Objekte, wie z.B. ein Grabhügel, eine Wallanlage oder
dergleichen mehr, sind hingegen oft, wenn nicht sogar meistens, so groß, dass
sie auf einem aus 1,5 Metern Distanz aufgenommenen Foto nicht einmal als menschengeschaffenes
Objekt erkennbar sind, geschweige denn, dass sich anhand einer Aufnahme eines sanften
oder auch steileren Stückes Hang in der Wiese oder im Wald aus dieser Distanz
sinnvoll beurteilen ließe, ob es sich dabei einmal um ein bedeutendes Bauwerk gehandelt
hat oder nicht.
Die empfohlene
Aufnahmedistanz von ca. 1,5 Meter mag also für Gletscherfunde durchaus geeignet
sein, und die Empfehlung, sie unverändert und unberührt „in situ“ zu belassen,
wenn man sie fotografiert, bei ausgeaperten Gletscherfunden ebenfalls kein
Problem darstellen. Für den normalen archäologischen Kleinfund sind diese
Instruktionen hingegen kontraproduktiv, denn ohne wenigstens eine Grobreinigung
vor dem Foto und eine Wahl der Aufnahmedistanz und des Zoom-Faktors, die es
erlaubt das fotografierte Objekt in möglichst hoher Detailschärfe am
angefertigten Foto zu erkennen, ist die Übermittlung eines „Fundfotos“ als
Fundmeldung vollkommen sinnlos.
Dass das die Firma
Biolovision Sàrl vielleicht nicht weiß, die wohl, wie ihr Name impliziert, ursprünglich
nicht aus dem Bereich der Archäologie stammt, ist sowohl verständlich als auch
akzeptabel. Aber dass niemand im BDA und dessen Abteilung für Archäologie daran
gedacht hat, dass die Instruktionen, die in der App gegeben werden, für
archäologische Fundmeldefotos vorhersehbarerweise in den meisten Fällen völlig
ungeeignet sind, ist weder verständlich noch akzeptabel. Auch hier gilt: das
BDA hätte, als es sich bei dieser App eingekauft hat, sich gegebenenfalls auch
den Aufpreis leisten und darauf bestehen müssen, dass die App in
archäologiegerechter Weise angepasst wird, und die Instruktionen zu der
Nahaufnahme in einer Weise gegeben werden, dass die Fundfotos dem/der sie als
Fundmeldung zu bearbeiten habenden Sachbearbeiter*in auch wenigstens
einigermaßen nützlich sind, nicht nur sinnlos dessen/deren Zeit stehlen.
Tatsächlich ist auf
den ersten Blick und ganz ohne tiefgreifendes Verständnis von archäologischer
Fundfotografie offensichtlich, dass die in der App gegebenen Instruktionen für
Bodenfunde völlig ungeeignet sind. Tatsächlich hat mein 11-jähriger Neffe auf
Anhieb von selbst erkannt, dass es offensichtlich völlig unsinnig ist, einen
dreckigen beweglichen Kleinfund am Boden aus 1,5 Metern Distanz zu
fotografieren, weil man den am dadurch erzeugten Foto sicher nicht ausreichend
erkennen kann, um ihn sinnvoll beurteilen zu können. Die archäologischen
„Sachverständigen“ des BDA hätten das beim ersten Blick auf die App oder
spätestens bei ihrer ersten testweisen Verwendung erkennen und verstehen müssen.
Dass sie das nicht getan haben, oder es ihnen egal war, lässt tief blicken.
Wozu eigentlich das Überblicksfoto?
Auch das
Überblicksfoto erfüllt bei einer archäologischen Fundmelde-App nur sehr bedingt
eine nutzbringende Funktion, einmal abgesehen davon, dass seine Nützlichkeit
auch stark davon abhängt, wie man die Instruktionen interpretiert, die die App
einem vor Anfertigung dieses Bildes gibt (Abb. 2 ganz rechts).
Geht man, wie das
Instruktionsbild impliziert, etwa 50-100 Meter von der Fundstelle weg und
fotografiert diese aus der Distanz gemeinsam mit der weiteren Umgebung, kann
man wenigstens manche größeren, unbeweglichen archäologischen Objekte besser
zeigen als mit der Nahaufnahme, wenigstens solange sich diese auf offenem Land
befinden. Ist das oberhalb der Baumgrenze kein Problem, ist es unterhalb davon
hingegen oft so, dass gerade größere unbewegliche archäologische Objekte im
Wald liegen, wo man sie bei Anfertigung eines Überblicksfotos aus 50-100 Metern
Distanz vor lauter Bäumen nicht(s) mehr sieht.
Inwieweit ein Bild der
Fundstelle eines beweglichen Kleinfundes aus 50-100 Metern Distanz irgendeinen
Nutzen hat, erscheint ebenfalls sehr fraglich. Vor allem auch deshalb, weil man
am Schirm des Mobiltelefons am Überblicksfoto die Fundstelle eines beweglichen
Kleinfundes bzw. den Fund selbst dann nicht mehr ordentlich erkennt, wenn man
sie aus der Nähe fotografiert, und den roten Marker daher schon auf aus
ziemlicher Nähe aufgenommenen Fotos eher nach dem Zufallsprinzip setzt. Geht
man tatsächlich 50-100 Meter vom Fundort eines beweglichen Kleinfundes weg und
fotografiert ihn aus der Distanz samt umgebender Landschaft, wird aus der
Platzierung des Markers für den Fundort hingegen ein reines Glücksspiel, weil
man den Fundort aus dieser Distanz am Schirm des Telefons nicht einmal mehr
erahnen, geschweige denn einen Fingerkuppenabdruck auf einem Handy-Bildschirm
präzise setzen, kann.
Tatsächlich ist das
Überblicksfoto bei Fundmeldungen von beweglichen Kleinfunden wohl in der Regel
redundant, bei denen nicht einmal das (nach den Instruktionen in der App
angefertigte) Detailfoto detailliert genug ist, und höchstens bei größeren
unbeweglichen archäologischen Objekten sinnvoll, bei denen wiederum das
Detailfoto nichts bringt. Das Überblicksfoto mag also wieder für Gletscherfunde
sinnvoll sein, vor allem für mittelgroße Objekte wie tote Gämsen oder Fahrräder,
die man auch aus 50-100 m Distanz vielleicht noch erkennen und damit in der
hochalpinen Gletscherlandschaft einigermaßen lokalisieren kann.
Bei einem
archäologischen Fundmeldesystem wäre hingegen besonders bei beweglichen
Kleinfunden ein hochauflösendes Foto in gereinigtem Zustand nützlich, auf dem
sich das Objekt idealerweise soweit bestimmen lässt, dass man es wenigstens
ungefähr zuordnen und wenigstens ungefähr seine Bedeutung bestimmen kann; oder
wenigstens seine mutmaßliche Bedeutung (und damit auch, ob es sich lohnen
dürfte, den Fund im Original in Augenschein zu nehmen oder nicht) einigermaßen
abschätzen zu können. Das umso mehr, als es, wie noch weiter unten ausgeführt
wird, ohnehin in mehrerlei Hinsicht problematisch ist, einen beweglichen
Fundgegenstand einfach liegen zu lassen und nicht sofort in sicheren Gewahrsam
zu nehmen, also ihn nicht zu bergen.
Das zweite Foto bei
der Fundmeldung vergrößert also in erster Linie die Datenmenge, die der die
Fundmeldungen abarbeitenden Meldestelle übermittelt wird, ohne dieser
signifikante Zusatzinformationen zu geben. Das verursacht dann ein
Folgeproblem, auf das wir weiter unten noch eingehen müssen.
Backend-Probleme
Während die
Frontend-Probleme der App relativ mindere Sorgen bereiten – kompetente User
werden, spätestens wenn (falls) sie von der Behörde zu ihren ersten paar
Fundmeldungen konstruktives Feedback bekommen haben, einfach ignorieren, dass
die Materialgattungen nicht passen und die Möglichkeit „Andere/Unbestimmt“ überstrapazieren,
und ihre Bildausschnitte und Zoom-Faktoren für die angefertigten Fund- bzw.
Befundfotos bald so wählen, dass sie für die Bestimmung der Funde geeigneter
sind als nach den Instruktionen der App angefertigte Bilder, usw. – sind die
Probleme im Backend deutlich fundamentaler.
Ein
praktisches System bei 200 Fundmeldungen im Jahr, aber bei 200.000?
Betrachtet man die
Anzahl der Fundmeldungen, die derzeit alljährlich beim BDA eingehen, so kommt
man ausweislich der Fundberichte aus Österreich der letzten beiden Jahrzehnte
auf durchschnittlich so um die 200 Fundmeldungen pro Jahr, in denen „relevante“
Funde gemeldet werden. Manche davon betreffen nur einen Einzelfund, z.B. ein
einzelnes neolithisches Steinbeil, das ein Spaziergänger zufällig am Wegrand
bemerkt hat; andere auch größere Aufsammlungen von mehreren 10, manchmal sogar
über 100 Fundstücken, ob diese nun durch Heimatforscher aufgesammelte Scherben
oder (derzeit kaum) die Bestandteile eines durch einen Metallsucher entdeckten
Depotfundes sind. Durchschnittlich sind es vielleicht 5 relevante Stücke pro
solcher Fundmeldung, wobei diese durchschnittlich 5 Stücke derzeit jeweils
durch dieselbe Meldung erfasst werden.
Geht man davon aus,
dass weiterhin jährlich nur 200 relevante Fundmeldungen beim BDA eingehen, dann
sorgt die Fundmelde-App vermutlich sogar für etwas Arbeitserleichterung für die
Sachbearbeiter*innen der Abteilung für Archäologie. Selbst wenn man nämlich davon
ausgeht, dass manche Meldungen – wie z.B. solche von Scherbenaufsammlungen
durch einen Heimatforscher – statt als eine Sammelmeldung (über z.B. 35
Scherben vom selben Acker) dann als separate Meldungen (vom selben Acker, je
eine pro Scherben) bei der Behörde eingehen, macht das kaum einen Unterschied zum
derzeitigen Status Quo: dem vom/von der Sachbearbeiter*in anzulegenden Akt
werden einfach statt der Sammelfundmeldung alle (35) an diesem Tag (vom selben
Acker) eingehenden Fundmelde-Emails beigefügt und der/die Sachbearbeiter*in
gibt wie bisher eine summarische Beurteilung des gesamten Fundkomplexes ab, die
Koordinaten können aber direkt ins Fundstellen-GIS des BDA übernommen und ein
Fundstellenpolygon damit leichter als bisher erzeugt werden; statt mühsam
irgendwelche Feldskizzen eines bemühten Heimatforschers ins GIS übertragen zu
müssen.
Aber was ist mit den
Metallsucher*innen und Heimatforscher*innen?
Die über die App
eingehenden Fundmeldungen wie bisher zu behandeln führt aber unmittelbar zu
einem offensichtlichen Problem, wenn man die Möglichkeit in Betracht zieht,
dass nicht nur ein Fundmelder pro Arbeitstag die App benutzt, sondern die App
tatsächlich von einem signifikanten Anteil jener Personen angenommen und
eingesetzt wird, die tatsächlich viele Bodenfunde finden: den traditionellen
Heimatforscher*innen, Scherbensammler*innen, Steinbeilsucher*innen und
natürlich auch Metallsucher*innen.
Von den zuletzt Genannten
gibt es in Österreich derzeit wenigstens 6.000, was eine absolute Mindestzahl
ist, weil sowohl das größte österreichische Metallsucherforum Ferrum Noricum
als auch die größte österreichische Metallsucher-Facebook-Gruppe jeweils um 6.000
Mitglieder haben, ohne dass es eine 100%-Überschneidung zwischen deren
Mitgliederbeständen gibt. Tatsächlich dürften es – auch auf Basis von
Rücksprache mit einigen in diesem Bereich tätigen Fachhändlern – real eher so
um die 30.000-40.000 Personen sein, die derzeit in Österreich aktiv diesem
Hobby nachgehen.[3]
Diese wiederum suchen nach Ergebnissen verschiedener Umfragen in der Szene
(z.B. Achleitner 2011, 2; Karl 2011) durchschnittlich etwa 4 Stunden pro Tag an
durchschnittlich etwa 56 Tagen im Jahr. Dabei finden sie erfahrungsgemäß auf
dem durchschnittlichen Acker pro Suchstunde etwa 10 möglicherweise relevante
Fundgegenstände (nicht alle davon Metallfunde), die nach den Angaben des BDA („alles
Menschenwerk ist ein Denkmal“, vgl. sinngemäß Riegl 1903, 2) im Zweifel
meldepflichtig sind und die auch – nachdem die Fundmeldung mit der App maximal
30 Sekunden dauert – leicht gemeldet werden können, vor allem, wenn die Sucher
der Instruktion folgen, den Fund in situ zu belassen und nicht zu bergen. Ein
durchschnittlicher Metallsucher findet also im Jahr so um die 2.250 möglicherweise
relevante Fundgegenstände, die – und sei es nur, weil sich ihr Finder nicht
sicher sein kann, dass es sich dabei nicht doch um „bedeutendes“ Menschenwerk
und somit um einen meldepflichtigen Fund gem. § 8 Abs. 1 DMSG handeln könnte –
mittels der Fundmelde-App zu melden wären bzw. wenigstens berechtigt gemeldet
werden könnten.[4]
Melden aber auch nur
1% der Mindestzahl der in Österreich aktiven Metallsucher*innen – also etwa 60
davon – alle ihre durchschnittlich 2.250 meldetauglichen Funde im Jahr, gehen
beim BDA 135.000 Fundmeldungen im Jahr ein. Tun das auch nur 1% der vermutlich
tatsächlich aktiven Metallsucher*innen – sagen wir etwa 350 – sind es 787.500
Fundmeldeemails, die im Jahr von der App an die zuständigen Mitarbeiter*innen
des BDA versandt werden würden. Würden sich hingegen alle Metallsucher*innen,
Scherbensammler*innen und Heimatforscher*innen (und sei es auch nur im Zweifel)
bei jedem möglicherweise relevanten Bodenfund an die Fundmeldepflicht des § 8
Abs. 1 DMSG halten, würden es wohl etwa 90 Millionen Fundmeldeemails pro Jahr
sein, die die App den zuständigen Sachbearbeiter*innen des BDA schicken würde.
Ersteres wären
durchschnittlich 13.500 solche Emails pro Jahr pro Sachbearbeiter*in; zweiteres
durchschnittlich 78.750, letzteres durchschnittlich 9 Millionen Emails. Zwar
ist jedes dieser Emails nur etwa 6-7 KB groß, wenn der Finder keinen längeren
Beschreibungstext eingegeben hat, was selbst im Maximalfall nur 630 GB
Speicherplatz im Jahr auf den Bundesservern fressen würde.[5]
Das klingt also wenigstens technisch bewältigbar.
Die Erstbearbeitung der eingehenden
Fundmeldeemails
Aber: die
Sachbearbeiter*innen des BDA kostet die Behandlung jeder derartigen Fundmeldungsemail
schon allein einmal bei deren Eingang vermutlich so um die fünf Minuten
Bearbeitungszeit. Zum einen muss entweder ein neuer Akt für jede derartige
Email angelegt werden – es handelt sich dabei schließlich um eine Fundmeldung
gem. § 8 Abs. 1 DMSG, die wenigstens möglicherweise die Rechtsfolgen des § 9
DMSG nach sich ziehen könnte (dazu gleich noch mehr) – oder aus den eingegangenen
sonstigen Fundmeldeemails alle jene zusammensuchen, die von der gleichen
Emailadresse und somit der gleichen meldenden Person am gleichen Tag bezüglich
der gleichen zusammenhängenden Fundstelle eingeschickt wurden. Was davon
schneller geht, ist debattierbar, vor allem nach Wochenenden, an denen die
meisten Sucher*innen unterwegs sind und daher wenigstens mehrere hundert, wenn
nicht mehrere tausende oder gar über hunderttausend Emails von vielen,
eventuell hunderten oder gar tausenden gleichzeitig unterwegs seienden Fundmelder*innen
eingegangen sind. Zum anderen muss wenigstens die Nahaufnahme, die jeder dieser
Fundmeldungen angeschlossen ist, genauer inspiziert werden: schließlich kann
darauf ja wenigstens ein, wenn nicht sogar mehrere, Funde von „Bodendenkmalen“
iSd § 8 Abs. 1 DMSG abgebildet sein, die von derart beschaffener Bedeutung
sind, dass ihre Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist
(oder das wenigstens sein könnte) und die das BDA daher bergen, dessen bzw.
deren Fundumstände es dokumentieren, und den bzw. die es mit Bescheid gem. § 9
Abs. 3 DMSG binnen 6 Wochen ab Abgabe der Fundmeldung unter Denkmalschutz
stellen muss. Diese Inspektion der Nahaufnahme ist nun aber alles anderes als
trivial, vor allem, wenn der Melder den Instruktionen der App gefolgt ist und
den Fund unberührt liegen hat lassen. Das zeigt sich z.B. an der meiner ersten
Versuchsfundmeldung via der App angeschlossenen „Nahaufnahme“ (Abb. 4).
Die Beurteilung der Fundmeldefotos
Nachdem diese
„Fundmeldung“ wohl eine der ersten war, die beim BDA nach dem „runden Tisch“
eingegangen ist, hat sie sich der Leiter der Abteilung für Archäologie, HR
Bernhard Hebert, selbst angeschaut und sich die Mühe gemacht, darauf (und die auf
Abb.
3 gezeigte Fundmeldung der Hl. Klausel-Figur) zu
reagieren. In seiner Reaktion – im Wesentlichen, dass das BDA in dieser
Angelegenheit wohl nicht tätig werden müsse – hat er allerdings irrtümlich
geglaubt, dass mehrere Münzen auf dem Foto (Abb. 4) zu sehen seien, wohl weil er ein paar runde
Steine auch für potenzielle Münzleichen gehalten hat. Umgekehrt hat er kein
Wort über die wenigstens 2 oder sogar 3 weiteren potentiellen „Bodendenkmale“
verloren, auf die sich meine „Versuchsfundmeldung“ zwar tatsächlich nicht
bezogen hat, die aber dennoch im Bild eindeutig erkennbar sind: das auf der
Schmalseite stehende, klar maschinell verarbeitete Holzbrett, die unregelmäßig
gebrochene, aber erkenntlich nicht natürliche, flache Betonplatte (die sich
tatsächlich ebenso wie das Brett schon wenigstens einmal in ihrer
Objektbiografie zur Gänze unter der Erd- und auch wenigstens einmal zur Gänze
unter einer Wasseroberfläche befunden hatte) und in der linken oberen Ecke des
Bildes die rieselnde Flanke eines künstlich angeschütteten Erdwalls, den man
dann am Überblicksfoto (und auch auf den Fotos auf Abb.
3) deutlicher erkennen kann.
Schon das zeigt, wie komplex
die Analyse und Interpretation eines solchen Fotos sein kann: macht der Melder
keine Angaben, was auf dem Bild er überhaupt für den Gegenstand hält, den er
meldet, kann der/die Sachbearbeiter*in im BDA bestenfalls vermuten, dass sich
dieser „intendierte Meldegegenstand“ wahrscheinlich ungefähr in der Bildmitte
der „Nahaufnahme“ befinden wird. Ist dieser Gegenstand noch dazu nur schwer
erkennbar und befinden sich ein oder mehrere andere ebenfalls schwer erkennbare
Gegenstände etwa in der Bildmitte, die wenigstens von dem her, was man am Foto
von ihnen erkennt, ebenfalls der „intendierte Meldegegenstand“ sein könnten,
wird die Auswertung des Bildes bereits zum Glücksspiel.
Dass am Bild eventuell
nicht nur der „intendierte Meldegegenstand“ zu sehen ist, sondern potenziell
auch andere Gegenstände, die ebenfalls „Bodendenkmale“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG sein
könnten, die der Melder eventuell gar nicht als solche erkannt hat oder
wenigstens aus welchem Grund auch immer nicht (extra) melden wollte, macht die
Sache nur noch komplexer. Schließlich ist es unmaßgeblich, ob das, was der
Melder melden wollte, ein Denkmal ist, weil es ja nicht um die Überprüfung der
Denkmalerkennungskompetenz des Melders geht. Maßgeblich ist nur, ob
irgendetwas, das auf dem vom Melder eingeschickten Bild erkennbar ist, eine
Sache ist, die das BDA genauer untersuchen sollte, weil sie ein Denkmal sein
könnte.
Der/die Sachbearbeiter*in
muss sich also keineswegs nur das vom Melder ausgewählte „Motiv“, also die
Sache, die der Melder für „den Fund“ hält, anschauen und sachverständig
beurteilen, sondern muss sich alles, was man auf dem Bild erkennen kann,
anschauen und auf dessen mögliche Denkmaleigenschaft hin beurteilen. Ein kurzer
Blick ins Zentrum des Bildes genügt also nicht, sondern das ganze Bild muss
genau angeschaut werden, eventuell sogar mit einer Lupe, wenn sich z.B. auf
einem Acker ein paar Scherben und mögliche andere Funde auf den fotografierten
3-5 Quadratmetern Fläche befinden.
Arbeitszeitberechnung: Erstaufnahme
Erledigt er seine
Aufgabe auch nur einigermaßen ordentlich, benötigt also der/die Sachbearbeiter*in
etwa 5 Minuten pro eingegangener Email-Fundmeldung, um den Akt anzulegen und
die Nahaufnahme (und eventuell auch die Überblicksaufnahme) auf mögliche
Denkmale zu durchsuchen, die das BDA genauer untersuchen muss. Melden also nur
60 (sic!) Metallsucher*innen in Österreich ihre jährlich jeweils ca. 2.250 „meldefähigen“
Funde – kommen auf die 10 Sachbearbeiter*innen des BDA jeweils „nur“ 13.500
Fundmeldeemails zu – dann braucht jeder davon für die ordentliche
Erstbearbeitung der eingehenden Emails in Summe ca. 68.000 Minuten, d.h. ca. 1.133
Arbeitsstunden. Das sind – da bei österreichischen Beamt*innen mit ca. 1.612,5
Stunden effektiver Jahresarbeitszeit zu rechnen ist – ca. 70% der
Jahresarbeitszeit dieser 10 Organe des BDA. Und das nur, um Akten anzulegen,
die niemand braucht, und Fotos anzustarren, auf denen in aller Regel nichts
Relevantes zu erkennen sein wird.
Meldet 1% der
vermutlich tatsächlich aktiven Metallsucher*innen in Österreich ihre jeweils
2.250 Funde im Jahr, steigt die Anzahl der eingehenden Fundmeldungen pro
Sachbearbeiter*in der Abteilung Archäologie des BDA auf 78.750. Für deren halbwegs ordentliche Erstaufnahme
würde jeder davon also ca. 6.562,5 Arbeitsstunden im Jahr brauchen, d.h.
ziemlich genau das Vierfache der Jahresarbeitszeit des jeweiligen Organs des
BDA. Das geht natürlich nicht, also müsste das BDA 30 zusätzliche
Archäolog*innen anstellen, um auch nur die Erstaufnahme der im Wege der
Fundmeldeapp eingehenden Fundmeldungen zu leisten. Immerhin: das ist für die Erstaufnahme
aller Fundmeldungen von 350 meldenden Metallsucher*innen. Aber viel ist das
nicht, wenn man bedenkt, dass in Österreich wohl zwischen 30.000-40.000
Metallsucher*innen aktiv sind.
Melden alle
Metallsucher*innen und Heimatforscher*innen alle ihre möglicherweise
meldepflichtigen Funde, landen wir wie schon gesagt bei durchschnittlich etwa 90
Millionen Fundmeldungen pro Jahr, die über die Ice Watcher-App dem BDA gemeldet
würden. Deren Erstaufnahme im obigen Sinn würde daher ca. 7,5 Millionen
Arbeitsstunden im Jahr kosten, wofür etwa 4.650 Archäolog*innen nur für die
Fundmeldungs-Erstaufnahme Vollzeit beschäftigt werden müssten.
Und all das hat noch
gar keinen Sinn, weil um wirklich bedeutende Bodendenkmale zu identifizieren,
deren Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist und die daher unter
Denkmalschutz gestellt werden müssen, ob nun gem. § 3 Abs. 1 oder § 9 Abs. 3
DMSG, ist mehr erforderlich als die Anlage eines Aktes pro Fundmeldung und die
Beurteilung zweier Fotos, auf denen man nicht wirklich viel erkennt. Und dabei
stoßen wir gleich auf eine ganze Serie weiterer Probleme, die das
Fundmeldesystem per App wie vom BDA vorgesehen verursacht:
Gesetzliche Fristen, reale
Verhältnisse
Fundmeldungen sind vom
BDA binnen gesetzlich festgesetzten, recht kurzen Fristen in einer Weise zu
bearbeiten, die der Behörde bestimmte Untersuchungen, die zur Beurteilung der
Bedeutung der entdeckten Denkmale erforderlich sind, und die Entscheidung der
Frage erlauben, ob diese Bedeutung derart beschaffen ist, dass die unveränderte
Erhaltung der betreffenden Fundgegenstände im öffentlichen Interesse gelegen
ist, ehe die entdeckten Funde bzw. deren Umstände verändert oder zerstört
werden dürfen. Die betreffenden Fristen sind die des § 9 Abs. 1 DMSG vom
Zeitpunkt der Entdeckung des Fundes bis 5 Werktage nach Abgabe der Fundmeldung,
binnen derer „der Zustand der Fundstelle und der aufgefundenen Gegenstände
(Fund)“ unverändert zu belassen ist „wenn nicht ein Organ des
Bundesdenkmalamtes oder ein vom Bundesdenkmalamt Beauftragter diese
Beschränkung zuvor aufhebt oder die Fortsetzung von Arbeiten gestattet“;
und die des § 9 Abs. 3 DMSG, dass „[d]ie aufgefundenen Bodendenkmale
[…] vom Zeitpunkt des Auffindens bis zum Abschluss der in Abs. 4
umschriebenen Arbeiten, längstens aber auf die Dauer von sechs Wochen ab Abgabe
der Fundmeldung (§ 8 Abs. 1), den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes“
unterliegen. Dient die erstgenannte Frist (wenigstens in der Theorie) dem
Zweck, dass das BDA bei Bedarf Sachverständige an die Fundstelle entsenden kann,
um durch Inaugenscheinnahme entscheiden zu können, ob die Bedeutung des Fundes offensichtlich
so gering ist, dass er nicht einmal genauer untersucht werden muss, dient die
zweite Frist dem Zweck, dass das BDA gem. § 9 Abs. 4 DMSG eine wissenschaftliche
„Auswertung und Dokumentation“ der „aufgefundenen beweglichen
Gegenstände“ durchführen kann, um die Bedeutung des Fundes genauer
beurteilen und erforderlichenfalls seine Unterschutzstellung bescheidmäßig
verfügen zu können.
Information von
Verfügungsberechtigten
Damit dieses System
funktioniert, müssen selbstverständlich einige Dinge geschehen: erstens muss
irgendjemand die bezüglich der Fundstelle und der dort belassenen Gegenstände
Verfügungsberechtigten informieren, dass überhaupt ein Fund gemacht wurde.
Nachdem die App dazu
keinerlei Angaben macht, sondern den Melder zu einer „fire and
forget“-Fundmeldepraxis animiert, und auch die lokale Gemeinde (deren
Bürgermeister oder Gemeindesektretär schnell einmal beim ihnen bekannten
Grundeigentümer anrufen und diesem mitteilen könnte, dass ein Fund auf seinem
Grund entdeckt worden sei, den er 5 Tage unverändert zu belassen habe) nicht
mehr involviert ist, sondern die Fundmeldung direkt per Email an den/die
örtlich zuständige/n Sachbearbeiter*in des BDA geht, obliegt bei Verwendung der
App durch den Melder diese Aufgabe also diesem/dieser Sachbearbeiter*in. Bei
dem/der gehen aber – wohl hauptsächlich am Wochende – möglicherweise hunderte,
wenn nicht tausende oder gar zigtausende Fundmeldeemails ein, von denen jede
etwa 5 Minuten Bearbeitungszeit für die Erstaufnahme kostet.
Enthält keine davon irgendwelche
möglicherweise bedeutenden Funde, kann ein/e Sachbearbeiter*in in den 7,5
Stunden normaler Tagesarbeitszeit also ziemlich genau 90 dieser Emails
bearbeiten. Die etwa 200 am Wochenende eingegangenen Fundmeldungen hat der/die
Sachbearbeiter*in also – wenn nichts Nennenswertes dabei ist – samt der am
Montag, Dienstag und Mittwoch Vormittag vereinzelt eingetröpfelten etwa 30
weiteren Fundmeldungen bis etwa Mittwoch Mittag abgearbeitet.
Enthält hingegen eine
der Fundmeldungen Fotos, die Sachen zeigen, die ein Tätigwerden des BDA
erforderlich machen könnten, hat der/die Sachbearbeiter*in unmittelbar, wenn er/sie
auf diese Fundmeldung stößt, den Grundeigentümer und mögliche sonstige
bezüglich der Fundstelle Verfügungsberechtigte herauszufinden und diese in
Kenntnis zu setzen, dass auf deren Grundstück ein relevanter Fund entdeckt
worden ist und sie dort vorläufig gem. § 9 Abs. 1 DMSG alle Arbeiten
einzustellen und die Fundstelle und Fundgegenstände unverändert zu belassen haben.
Das kostet wenigstens ein paar weitere Minuten, wahrscheinlicher jedoch eine
halbe Stunde oder länger (womit wenigstens 6 Fundmeldungen weniger an diesem
Tag bearbeitet werden können). Und das ist erst der Anfang.
Inaugenscheinnahme des Fundorts und
Fundbergung
War bei den
Fundmeldungen irgendetwas dabei, was ein Tätigwerden des BDA erforderlich
machen könnte, muss der/die Sachbearbeiter*in nämlich nun – wobei das
vermutlich erst am Donnerstag sein wird – an den durch GPS-Koordinaten identifizierten
Fundort fahren und dort den Fund und dessen Umstände in Augenschein nehmen. Ist
das ein großer Fund in einem noch weitgehend ungestörten Befund in einer
Baugrube, ist das verhältnismäßig einfach, denn den sieht man leicht. Ist es
hingegen ein beweglicher Kleinfund, den am Wochenende – also eventuell bis zu 5
Tage zuvor – irgendwer per App dem BDA zur Kenntnis gebracht hat, der irgendwo
auf einem Acker oder im Wald in einem Umkreis von etwa 10 Metern Radius um
einen durch GPS-Koordinaten definierten Punkt gelegen hat, ist diesen
Fundgegenstand zu finden eventuell alles andere als einfach. Zum einen ist
nämlich nicht einmal klar, ob er überhaupt noch dort ist oder ihn nicht in den
5 Tagen, die seit der Fundmeldung vergangen sind, jemand anderer als der Melder
(oder dieser selbst entgegen der Instruktionen in der App) geborgen und
mitgenommen hat. Aber selbst wenn er noch dort ist, ist keineswegs sicher, dass
er überhaupt noch auf der Erdoberfläche liegt und daher mit freiem Auge sichtbar
ist und nicht eingetreten, eingepflügt oder auch nur durch einen Regenguss mit
Schlamm zugewaschen wurde. Und selbst wenn er noch mit freiem Auge erkennbar
ist, bedeutet das nicht, dass er dem/der Sachbearbeiter*in unmittelbar ins Auge
springt, sondern diese/r erst längere Zeit nach dem Fund suchen muss. Wie lange
nach dem Fund gesucht und ob dieser überhaupt gefunden wird, selbst wenn er
noch da ist, ist also alles andere als sicher.
Davon abgesehen gibt
es eine gute Chance, dass der Fundort ein gutes Stück vom nächsten befahrbaren
Verkehrsweg entfernt ist und daher auch der Weg dorthin und zurück einige Zeit
in Anspruch nimmt; sowie der nächste befahrbare Verkehrsweg von der nächsten
Dienststelle des BDA, an der es eine/n archäologische/n Sachverständige*n gibt,
leicht auch über eine Stunde Fahrzeit mit dem Auto entfernt sein kann. An einem
Arbeitstag kann der/die Sachbearbeiter*in also mit viel Glück (d.h. wenn diese
zufällig nahe beieinander gelegen sind) vielleicht fünf oder sechs solche
Fundstellen besichtigen und dort den jeweils dessen Inaugenscheinnahme
auslösenden Fund – wenn er noch dort und noch wiederzufinden ist –
lokalisieren, bergen und seine Fundumstände dokumentieren, mit etwas Pech (d.h.
wenn die gemeldeten Fundorte zufällig in abgelegenem Gelände an
unterschiedlichen Enden des Zuständigkeitsgebiets weit abseits des Dienstorts
des/der Sachverständigen liegen) eventuell sogar nur zwei.
Es kann davon
ausgegangen werden, dass – wenn sich unter den Fundmeldungen irgendeine
befunden hat, die eine Inaugenscheinnahme des Fundorts und Fundbergung durch
den/die Sachverständige*n erforderlich erscheinen hat lassen – der/die
Sachbearbeiter*in wenigstens den Großteil des Donnerstags dafür aufwenden muss
und am Rest des Tages vielleicht gerade noch genug Zeit hat, die seit Mittwoch
Mittag eingegangenen, weiteren ca. 18 Fundmeldungen durchzuarbeiten, um
erforderlichenfalls die oben genannte Information der Verfügungsberechtigen
vornehmen zu können und am Freitag eventuell noch rasch die eine oder andere
Fundstelle in Augenschein nehmen und Funde bergen zu können.
Beurteilung der Bedeutung und Erstellung
von Sachverständigengutachten zu relevanten Funden
Haben sich irgendwelche
möglicherweise denkmalschutzrelevanten Funde unter den Fundmeldungen dieser
Woche befunden (von denen bei Annahme von 1% Meldequote durch die Mindestzahl
von Metallsucher*innen im Lauf des Freitags weitere ca. 12 eingehen), deren
Fundort der/die Sachverständige auch in Augenschein nehmen und die er/sie
eventuell bergen konnte, muss er/sie wenigstens (am Freitag) noch entscheiden,
ob er/sie diese und/oder die betreffende Fundstelle in Hinblick auf eine
mögliche Unterschutzstellung noch genauer analysieren muss oder ob das nicht
der Fall ist; bzw. ob er/sie gleich die geschichtliche, künstlerische oder
sonstige kulturelle Bedeutung aller möglicherweise relevanten Funde in
Sachverständigengutachten feststellen kann, um möglichst zeitnah die
bescheidmäßige Entscheidung des BDA gem. § 9 Abs. 3 DMSG zu ermöglichen.
Ist es nicht der Fall,
dass irgendwelche möglicherweise denkmalschutzfähigen Funde unter den von ihm
nun abschließend zu erledigenden Fundmeldungen waren, hat er nun eigentlich die
Finder, Grundeigentümer und sonstigen bezüglich aller gemeldeten Funde und
Fundorte Verfügungsberechtigten zu informieren, dass alle denkmalschutzrechtlichen
Beschränkungen bezüglich des jeweiligen Fundorts und der jeweiligen Funde
aufgehoben sind;[6]
wobei das BDA bisher erfahrungsgemäß diese Verständigung von dieser Aufhebung (fast?)
regelhaft unterlässt.[7]
Unterlässt er/sie die Aufhebung der Beschränkungen gem. § 9 Abs. 1 DMSG, endet
zwar das Veränderungsverbot dieser Bestimmung automatisch durch Fristablauf; es
bleibt allerdings ungeklärt, ob es sich bei den „aufgefundenen“ Befunden
und Funden um „Bodendenkmale“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG handelt, die daher
gem. § 9 Abs. 3 DMSG weitere (ca.) 5 Wochen automatisch kraft gesetzlicher
Vermutung unter Denkmalschutz stehen und daher bis zum Ablauf dieser zweiten
Frist weiterhin nicht zerstört oder verändert werden dürfen.
Befinden sich hingegen
unter den in der betreffenden Woche gemeldeten beweglichen und/oder
unbeweglichen Fundgegenständen irgendwelche vermutlich aus fachlicher Sicht
denkmalschutzrelevanten Gegenstände, hat der/die Sachbearbeiter*in nun die für
die sachverständige Feststellung ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder
sonstigen Bedeutung notwendigen Ermittlungen zu beginnen und möglichst zeitnah
abschließend zu erledigen. Konkret bedeutet das, dass der/die Sachverständige zuerst
einmal alle wissenschaftlichen Beobachtungen, die er/sie bei der
Inaugenscheinnahme der Fundstelle, der dort allfällig vorhandenen Befunde und dort
sowie nach deren Bergung und wissenschaftlichen Untersuchung im Büro bzw. Labor
der Funde dokumentiert hat, in geeigneter schriftlicher, grafischer etc. Form und
alle von ihm/ihr dazu durchgeführten Erhebungen in der Fachliteratur, die eine
genauere Bestimmung der Art und Bedeutung der betreffenden Beobachtungen
gestatten, vollständig zusammengefasst darzustellen hat. Diese Darstellung
aller einzelfallrelevanten Tatsachen – der sogenannte „Befund“ – ist dann von
dem/der Sachverständigen entsprechend allgemeinen fachlichen Lehrsätzen und den
allgemeinen Denkgesetzen mittels seiner besonderen Fachkunde zu analysieren und
alle relevanten Schlussfolgerungen, die sich daraus ergeben, nachvollziehbar
darzustellen; d.h. das Gutachten im engeren Sinn über die Bedeutung der
untersuchten Fundgegenstände abzugeben.
Kann er/sie das im
konkreten Einzelfall schon ausreichend qualitativ auf Basis der in dieser Woche
und zuvor durchgeführten Erhebungen (d.h. der bloßen Inaugenscheinnahme der
Fundstelle und der Funde und seiner/ihrer allgemeinen Kenntnis der
Fachliteratur, die er/sie schon so weit im Kopf hat, dass er/sie sie ohne
überhaupt nachschlagen zu müssen aus dem Kopf vollständig und korrekt
entsprechend wissenschaftlichen Standards zitieren kann), kann er/sie dieses
Gutachten unmittelbar verfassen. Kann er/sie das nicht, muss er/sie
gegebenenfalls weitere Ermittlungen anstellen, sei es weitere Untersuchungen
des Fundortes oder der aufgefundenen Gegenstände durchführen (oder durch Dritte
durchführen lassen) oder auch nur die Fachliteratur konsultieren, um rasch
nachzulesen, wie die beim Augenschein dokumentierten Beobachtungen zu deuten
sind bzw. eventuell auch nur um die entsprechenden Literaturstellen in seinem/ihren
Gutachten korrekt zitieren zu können (wenn er/sie z.B. die Funde korrekt
erkennt und zuordnen kann, aber die genauen Namen der Autoren und Titel der
Werke, aus denen sich das ableiten lässt, und die genauen Seitenzahlen, an
denen man die betreffende Information in diesen Werken nachlesen kann, nicht
exakt im Kopf hat).
Im Durchschnitt dauert
die Verfassung eines solchen, ausreichend fundierten, den rechtlichen
Anforderungen an Sachverständigengutachten (siehe dazu zusammenfassend Bundesfinanzgericht
5.1.2018, RV/7105025/2016) entsprechenden Gutachtens selbst in einfachen Fällen
(z.B. wenn nur ein beweglicher Kleinfund Gutachtengegenstand ist) einige
Stunden. In komplexeren Fällen (z.B. wenn durch die Fundmeldung eine
ausgedehnte Siedlungsfundstelle dem BDA zur Kenntnis gebracht wurde,[8]
deren Bedeutung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist) sind hingegen eventuell
zuerst weitere sachdienliche Untersuchungen an Ort und Stelle erforderlich
(z.B. geophysikalische Messungen, um die räumliche Ausdehnung des entdeckten Denkmals
unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche bestimmen und eingrenzen zu können), und
ein umfassenderes Literaturstudium, um die Bedeutung des neu entdeckten
Denkmals sachverständig ermitteln zu können, und dann kann allein die
Niederschrift von Befund und Gutachten mehrere Arbeitstage verbrauchen.
Am dem/der
Sachbearbeiter*in (unter den hier getroffenen Annahmen von nur 60 alle ihre
möglicherweise relevanten Bodenfunde meldenden Metallsucher*innen) für die
Durchführung der noch erforderlichen weiteren Ermittlungen und die
Gutachtenerstellung verbleibenden Freitag wird diese/r also durchschnittlich
nicht mehr als 1 oder 2 solche Gutachten erstellen können. Vorerst einmal davon
ausgehend, dass wenigstens 1% aller der per App gemeldeten Bodenfunde tatsächlich
(und sei es auch nur möglicherweise) denkmalschutzrelevante Gegenstände dem BDA
zur Kenntnis bringen (d.h. bei jedem/jeder Sachbearbeiter*in jede Woche 2-3 Fundmeldungen
eingehen, welche die Erstellung eines Gutachtens zur Bestimmung der Bedeutung
der aufgefundenen Fundgegenstände erforderlich machen), muss sich der/die
betreffende Sachbearbeiter*in also schon sputen bzw. vermutlich ein paar
Überstunden anhängen, um mit dem durch die Fundmeldeapp verursachten
Arbeitsanfall fertig zu werden.
Gesetzliche Fristen und Erledigungen
des BDA
Anders gesagt: wenn
auch nur 60 Metallsucher*innen alle ihre möglicherweise relevanten Funde
melden, sind die 10 archäologischen Sachbearbeiter*innen (1 pro Bundesland, bis
auf Niederösterreich, wo es 2 gibt) ausschließlich mit der Erledigung der dann
per App eingehenden Fundmeldungen ausgelastet, von denen voraussichtlich über
99% völlig sinnlos sind. Sie müssen aber dennoch alle bearbeitet werden, weil
sich darunter eben eventuell bis zu 1% befindet, die doch ein Tätigwerden des
BDA notwendig machen, und zwar binnen der jeweiligen gesetzlichen Frist; und das
– damit die Arbeitseinstellungspflicht des § 9 Abs. 1 DMSG irgendeine Wirkung
entfalten kann – möglichst sofort nach ihrem Eingang bei der Behörde. Denn es
nutzt eine Arbeitseinstellungs- und Unverändertbelassungspflicht wie die des §
9 Abs. 1 DMSG und eine automatische Unterschutzstellung kraft gesetzlicher
Vermutung wie die des § 9 Abs. 3 DMSG überhaupt nichts, wenn die bezüglich des
Fundortes und der Funde Verfügungsberechtigten – also, vorausgesetzt sie werden
vom Finder unverändert belassen, der Grundeigentümer, allfällige dort zu
Durchführung von Arbeiten berechtigte Pächter, Bauberechtigte oder
Arbeitskräfte im Dienst irgendeines der genannten Verfügungsberechtigten – von
der per App beim BDA erstatteten Fundmeldung gar nichts wissen und daher auch
gar nicht wissen können, dass sie sich an die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 3
DMSG halten müssen. Denn solange sie von der Abgabe einer relevanten
Fundmeldung nicht nachweislich in Kenntnis gesetzt wurden,[9]
befinden sie sich in einem jedenfalls schuldbefreienden Rechtsirrtum (iSd § 5
Abs. 2 VStG), völlig unbeachtlich dessen, ob die Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1
und 3 DMSG durch die Meldung der Entdeckung durch ihren Finder im Wege der App tatsächlich
ausgelöst wurden.
Werden die eingehenden
Meldungen also nicht binnen einiger weniger Tage nach ihrem Eingang bearbeitet,
kann man sie sich gleich ganz sparen. Die Anzahl von solchen Fundmeldungen, die
das BDA (wenigstens mit diesem System) mit dem ihm verfügbaren Personal in der
verfügbaren Arbeitszeit ordentlich erledigen kann, ist jedoch eng beschränkt
(siehe dazu auch schon Karl 2019): jede tatsächlich einen
denkmalschutzrelevanten Gegenstand betreffende Meldung kostet das BDA erhebliche
Mengen von Personalarbeitszeit, wobei im Endeffekt gleichgültig ist, ob das
jetzt durchschnittlich eine, drei, fünf oder zehn Stunden pro derartigem
Fundgegenstand sind. Denn zur Verfügung stehen der Behörde derzeit pro Woche
maximal ca. 375 Personalarbeitsstunden, in den meisten Kalenderwochen des
Jahres (ob nun aufgrund von Feiertagen, Urlauben, Krankenständen usw.; um von
der Erledigung anderer dienstlicher Aufgaben durch die 10 Sachbearbeiter*innen
der Abteilung für Archäologie gar nicht zu reden) sogar deutlich weniger. Wenn also
die ordentliche Bearbeitung einer relevanten Fundmeldung durchschnittlich
irgendwo zwischen 1-10 Arbeitsstunden kostet, dann können in der verfügbaren
Zeit maximal zwischen 37 und 375 relevante Fundmeldungen bearbeitet werden,
eigentlich sogar deutlich weniger.
Alles darüber hinaus
Gehende kann das BDA einfach nicht ordentlich bearbeiten, sondern bestenfalls
verwerfen, wobei aber auch das Verwerfen natürlich Zeit kostet und daher jede
„nutzlose“ Meldung die Anzahl der pro Woche bearbeitbaren Meldungen weiter
reduziert. Dabei gilt generell: je weniger die Melder wissen, welche Funde sie
nun tatsächlich mittels der App melden sollen und welche nicht, desto höher
wird der Anteil an „sinnlosen“ Fundmeldungen, die beim BDA eingehen; d.h. umso
mehr Arbeitszeit wird auf das Verwerfen „sinnloser“ statt auf die Bearbeitung
denkmalschutzrelevanter Fundmeldungen verschwendet. Die App trägt dabei zu einer
sinnvollen Selektion durch Melder nicht nur nicht bei, sondern animiert diese –
weil sie für Gletscherfundmeldungen entwickelt und nicht für das archäologische
Fundmeldewesen adaptiert wurde – zur Erstattung unsinniger Meldungen in einer
Form, die – aufgrund der zu großen Distanz bei der Aufnahme der Funde für
Kleinfundmeldungen – selbst aus tatsächlich sinnvollen Meldungen mehrheitlich
nutzlose weil nicht auswertbare Meldungen macht. Hier hat man im BDA einfach
nicht nachgedacht, sich nicht überlegt, was man wirklich braucht und wie man
das eventuell effektiv erreichen kann: man hat es vielleicht gut gemeint, aber
eben nicht gut gemacht.
Wen
interessieren schon die Rechte Dritter?
Ein noch größeres
Problem als das, dass sich das BDA selbst mit sinnloser Arbeit eindeckt, die
seine ohnehin schon stark limitierten Ressourcen noch mehr als bisher verschwendet,
ist aber, dass im BDA offensichtlich – wie anscheinend immer – auch niemand
daran gedacht hat, dass das, was die Behörde hier tut, empfiehlt und an
Systemen zur Verfügung stellt auch (nicht zuletzt Rechts-) Folgen für Dritte
hat.
Das zeigt sich schon
an dem Problem, dass eine per App ans BDA übermittelte Fundmeldung mit an
nahezu Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu führt, dass
Grundeigentümer und andere bezüglich der Fundstelle Verfügungsberechtigte vom
Fund und der Erstattung der Fundmeldung überhaupt erst erfahren, wenn sich das
BDA ein paar Tage nach dem Fundereignis bei ihnen diesbezüglich meldet; wodurch
natürlich die Pflichten zur unveränderten Belassung von Fund und Fundumständen
des § 9 Abs. 1 DMSG weitgehend ausgehebelt werden. Aber das ist ein noch
vergleichsweise geringes Problem, weil es nicht die vom Fundereignis
betroffenen Dritten – also eben Grundeigentümer und sonstige
Verfügungsberechtigte – schädigt, sondern wenn überhaupt vor der Schädigung
durch Falschmeldungen und durch diese unnötig ausgelöste Rechtsfolgen schützt
und – wenn überhaupt – nur dem Schutz der zufällig entdeckten (und zufällig
doch richtig identifizierten, tatsächlich erhaltenswerten) Denkmale schadet.
Dennoch: es ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die vorhersehbaren
Auswirkungen der Einführung des Systems auf Dritte oder auch nur „die Denkmale“
überhaupt nicht bedacht wurden, sondern man im Amt am Punkt „Fundmeldungen
gehen leichter und kommen direkt an uns“ zu Denken aufgehört hat.
Nicht nur das Denkmalrecht ist
relevant
Problematischer wird
es, wenn die Behörde, wie das bei diesem Fundmeldesystem der Fall ist,
vergisst, dass es bei Fundmeldungen nicht (und schon gar nicht) nur darum geht,
dass sie „einfacher zu machen sind“ und „direkt beim BDA eingehen“; sondern
dass das Fundmelderecht eigentlich primär eine zivilrechtliche Materie ist, bei
der es nicht zuletzt um die Lösung von Eigentumsrechtsfragen geht. Wenn jemand
nämlich subjektiv erstmals einen Gegenstand entdeckt, ist vorerst nicht eine
denkmalrechtliche, sondern sind zuallererst einmal eigentumsrechtliche Fragen
zu klären; als erstes die, ob die bewegliche Sache, die der Finder entdeckt hat
– also das, was er subjektiv für den „Fund“ hält – objektiv überhaupt
eine Fundsache ist. Denn obgleich man subjektiv jede Sache, die man zuvor noch
nie gesehen hat, finden kann, ist nicht jede Sache, die man subjektiv findet,
ein „Fund“ im Sinne des Gesetzes.
Zum Beispiel: wenn ich
mein Fahrrad vor meiner Haustüre abstelle, dann können Sie es, wenn Sie an
meiner Haustüre vorbei gehen, subjektiv für sich erstmals entdecken, also
finden. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass mein Fahrrad damit auch
objektiv ein „Fundgegenstand“ ist, den Sie frei in Besitz nehmen und für seine
Rückerstattung einen Finderlohn und eine Aufwandsentschädigung von mir
verlangen können. Damit eine bewegliche Sache überhaupt im rechtlichen Sinn ein
„Fund“ sein kann, muss sie entweder (ob nun ursprünglich oder
nachträglich) herrenlos (geworden) sein oder aber einen derzeitigen
rechtmäßigen Eigentümer haben, der sie vergessen oder verloren hat, d.h. aus
dessen Gewalt sie geraten ist, der sie jedoch wiedererlangen möchte.
Das Fahrrad in meinem
Beispiel ist weder herrenlos – es gehört schließlich mir – noch wurde es von
mir verloren oder vergessen, sondern ich habe es nur abgestellt, während ich es
nicht brauche. Es ist daher auch, wenn Sie es zum ersten Mal sehen, kein „Fund“
im rechtlichen Sinne, sondern einfach mein Fahrrad, das Sie gefälligst stehen
zu lassen haben, wo ich es abgestellt habe. Sie sind daher auch nicht
verpflichtet, den Fund des Rades irgendjemandem anzuzeigen, weder mir, noch
gem. § 390 ABGB der örtlich zuständigen allgemeinen Fundbehörde, dem örtlichen
Bürgermeister; noch – auch dann nicht, wenn ich mein Fahrrad in meinem
Swimmingpool versenkt habe und es sich daher unter der Wasseroberfläche
befindet – gem. § 8 Abs. 1 DMSG der denkmalrechtlichen Fundbehörde, dem BDA (ob
per App oder auf anderem Weg). Genau dasselbe gilt, wenn ich in meinem Garten
einen Schatz vergraben (verborgen) habe: auch wenn Sie diesen aus welchem Grund
auch immer subjektiv finden, ist Ihre Entdeckung kein Schatzfund iSd §§ 398-401
ABGB, sondern einfach mein vergrabener Schatz, den Sie liegen zu lassen haben.
Nun bestimmt das
allgemeine zivilrechtliche Fundrecht in § 389 Abs. 1 ABGB dass „Finder“
im rechtlichen Sinne nur der ist, „wer eine verlorene oder vergessene Sache
entdeckt und an sich nimmt“. Sinngemäß dasselbe gilt auch gem. § 386 ABGB
für Funde „freystehender Sachen“, d.h. solche die ihr vormaliger “Eigenthümer
nicht mehr als die seinigen behalten“ wollte und daher verlassen hat; und gem.
§ 397 ABG für Funde „verborgener Gegenstände“, d.h. „vergrabene, eingemauerte
oder sonst verborgene Sachen eines unbekannten Eigentümers“, zu denen
sinngemäß wiederum gem. § 398 ABGB auch Schatzfunde gehören, also „Geld,
Schmuck oder ander[e] Kostbarkeiten, die so lange im Verborgenen gelegen
haben, daß man ihren vorigen Eigenthümer nicht mehr erfahren kann“.
Nachdem nun gem. § 386
zweiter Satz ABGB generell (im Zweifel) nicht zu vermuten ist, „dass jemand
sein Eigentum aufgeben wolle“, „darf kein Finder eine gefundene Sache
für verlassen ansehen und sich diese“ einfach „zueignen“. Vielmehr
muss jeder Finder bezüglich jeder Sache, die er findet, wenn er nicht positiv
weiß, dass deren vormaliger Eigentümer sie verlassen hat, davon ausgehen, dass
diese einen rechtmäßigen Eigentümer hat, der sie in seiner Gewalt behalten oder,
sofern sie aus dieser geraten ist, wiedererlangen will; und hat daher
unbeachtlich aller anderen Erwägungen, wenn er einen mutmaßlichen
Fundgegenstand entdeckt und an sich genommen hat, diese Entdeckung gem. § 390
ABGB unverzüglich der zuständigen Fundbehörde (gem. § 14 Abs. 5 SPG der örtlich
zuständige Bürgermeister) „unter Abgabe der gefundenen Sache anzuzeigen“.
Nun tritt zwar die
Meldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG als lex spezialis zur lex generalis
der allgemeinen Fundmeldepflicht des ABGB neben diese, verdrängt diese jedoch
nur insoweit, als die in § 8 Abs. 1 DMSG enthaltenen Regelungen von jenen des
ABGB in unvereinbarer Weise abweichen; und natürlich auch nur für solche
Fundsachen, deren Meldung durch § 8 Abs. 1 DMSG geregelt werden.
Das bedeutet
einerseits, dass die Fundmelderegelungen des § 8 Abs. 1 DMSG konkret (wenigstens
derzeit noch) nur für Funde von „Bodendenkmalen“ gelten,[10]
d.h. unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche bzw. durch zufällige Ereignisse wie
Regen, Pflügen usw. an die Erdoberfläche gelangte und dort aufgefundene „Gegenstände,
die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen
dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten“; während für alle Funde, die
dieser Legaldefinition nicht entsprechen, unverändert die Fundmelderegelung des
§ 390 ABGB gilt. Das bedeutet selbstverständlich, dass (wenigstens derzeit
noch) die meisten Bodenfunde, insbesondere alle vom BDA bei der Vorstellung der
Ice Watcher-App genannten Beispiele, nicht der denkmalrechtlichen
Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG unterliegen, weil die betreffenden
Fundgegenstände der Legaldefinition des Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1
DMSG sicherlich nicht entsprechen.[11]
Und es bedeutet
andererseits (weil die Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG den Finder selbst
bezüglich Funden von „Bodendenkmalen“ nicht von der Meldepflicht des §
390 ABGB befreit – schließlich gestattet § 8 Abs. 1 DMSG explizit als
Alternative zur Meldung ans BDA auch die Meldung des Bodendenkmalfundes an den
örtlich zuständigen Bürgermeister, d.h. die allgemeine Fundbehörde –
unbeachtlich dessen, ob der Finder seinen Bodendenkmalfund auch [ob nun per App
oder anderswie] gem. § 8 Abs. 1 DMSG dem BDA gemeldet hat), dass er diesen
jedenfalls (auch) gem. § 390 ABGB der allgemeinen Fundbehörde anzuzeigen hat.
Diese allgemeine Fundmeldepflicht besteht zwar – was bei vielen
Bodendenkmalfunden zutreffen mag – gem. § 391 Z 2 ABGB dann nicht, wenn „der
gemeine Wert der gefundenen Sache 10 Euro nicht übersteigt, es sei denn
erkennbar, dass die Wiedererlangung der Sache für einen Verlustträger von
erheblicher Bedeutung ist“; d.h. für derartige „geringwertige“
Bodendenkmalfunde genügt es tatsächlich, nur die Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1
DMSG ans BDA zu erstatten. Aber es ist dabei nicht zu vergessen, dass es
durchaus nicht wenige Bodenfunde gibt, deren gemeiner Wert sehr wohl € 10
übersteigt bzw. deren Wiedererlangung für den Verlustträger von erheblicher
Bedeutung ist, unbeachtlich dessen, ob diese auch die Legaldefinition des
Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1 DMSG erfüllen.[12]
Um auch das an einem
konkreten Beispiel zu illustrieren: der erste Ehering, den die Großmutter
meiner Frau von ihrem Großvater gegen Ende des Dritten Reichs an den Ringfinger
gesteckt bekommen hat, war ein einfaches, von einer Vorhangstange geschnittenes
und daher ringförmiges Stück Buntmetall, dessen gemeiner Wert sicherlich nicht
€ 10 erreicht, aber dessen sentimentaler Wert jedenfalls hoch genug ist, dass
seine Wiedererlangung im Falle seines Verlusts für den Verlustträger definitiv
von erheblicher Bedeutung ist. Tatsächlich hat sich meine Frau, als sie diesen
Ring vor Jahren geerbt hat, ihn in einem Goldring fassen lassen; was, wenn er
jetzt verloren ginge, auch seinen gemeinen Wert die Grenze von € 10 übersteigen
lassen würde. Tatsächlich ist er ihr auch schon einmal verloren gegangen, wenn
auch glücklicherweise, wie sich im Endeffekt herausgestellt hat, nicht im
Freien, sondern in einem Innenraum, sodass sie ihn selbst zwei Tage später
zufällig wiedergefunden hat. Dennoch, dieses Beispiel zeigt, dass so etwas
durchaus vorkommt. Solche z.B. bei der Feldarbeit verlorenen gegangenen
Eheringe werden daher zwar nicht übermäßig häufig gefunden, aber auch bei
weitem nicht so selten, dass man sie (und vergleichbare Bodenfunde) und damit
das allgemeine zivilrechtliche Fundmelderecht bei Bodenfunden einfach ignorieren
könnte und dürfte.
Nun enthält aber die
Fundmelde-App des BDA nicht einmal einen Hinweis darauf, dass bei Bodenfunden
unbeachtlich dessen, ob sie auch (ob mit der App oder auf andere Weise) gem. §
8 Abs. 1 DMSG dem BDA gemeldet werden sollen oder gar müssen, auch das
allgemeine Fundrecht des ABGB zu beachten und zu befolgen ist. Noch enthält die
App irgendeine für deren Nutzer nachvollziehbare, verständliche Information,
welche Bodenfunde aller Wahrscheinlichkeit nach nur der Legaldefinition
des Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1 DMSG genügen und daher jedenfalls nur
der denkmalrechtlichen Meldepflicht dieses Paragrafen unterliegen; welche ihr möglicherweise
unterliegen, aber mutmaßlich auch der allgemeinen zivilrechtlichen
Meldepflicht des § 390 ABGB und daher, auch wenn sie mit der App gem. § 8 Abs.
1 DMSG dem BDA gemeldet wurden, entgegen den Instruktionen den Fund in situ zu
belassen jedenfalls zu bergen und gem. § 390 auch der allgemeinen
Fundbehörde unter Abgabe des Fundes anzuzeigen sind; und welche sicher
nicht der denkmalrechtlichen Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG aber
dafür jedenfalls der allgemeinen Fundmeldepflicht des § 390 ABGB
unterliegen und daher nicht per App dem BDA, sondern nur entsprechend
der Bestimmungen des § 390 ABGB der allgemeinen Fundbehörde anzuzeigen und
abzugeben sind.
Das Problem
mit dem Finderlohn bzw. Fundeigentumserwerb
Aus dem soeben Gesagten
ergeben sich zudem gleich auch noch eine Reihe von Folgeproblemen, die man bei
der Fundmelde-App ebenfalls gänzlich zu bedenken vergessen hat. Das erste davon
ist das rechtliche Problem mit dem Finderlohn bzw. Fundeigentumserwerb.
Wie erwähnt begrüßt
die App auf ihrem Startbildschirm den prospektiven Fundmelder mit der
Instruktion, den Fund nicht zu berühren; und impliziert somit wenigstens, vor
allem wenn man dies in Verbindung mit den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 2 liest,
die Fundumstände und die aufgefundenen Gegenstände (den Fund) unverändert zu
belassen und nicht zu bergen, sofern nicht die Gefahr besteht, dass er
andernfalls abhanden kommt, dass die aufgefundenen Gegenstände (der Fund) in
situ belassen werden sollen; der Finder den Fund also gerade nicht an sich
nehmen soll. Aber wie ich gerade gezeigt habe, wird iSd § 389 Abs. 1 ABGB eine
Person im rechtlichen Sinn überhaupt erst zum „Finder“, wenn sie die
aufgefundene Sache (eines unbekannten Eigentümers) „an sich nimmt“. Von
der rechtlichen Stellung als „Finder“ hängt aber nun ab, ob der Person,
die den Fund entdeckt hat, ein Rechtsanspruch auf Finderlohn bzw., wenn die
Fundsache herrenlos ist, ein Eigentumsanspruch am Fund entsteht.
Sofern es sich beim
Fund um eine verlorene, vergessene oder verborgene Sache handelt, deren
rechtmäßiger Eigentümer ermittelt werden kann und der seine Sache zurückfordert,
steht gem. §§ 392-394 ABGB nur dem „Finder“ ein Anspruch auf Finderlohn
zu, und zwar gem. § 394 Z 2 ABGB auch nur unter der Voraussetzung, dass er die
in den §§ 390 und 391 enthaltenen Anordnungen nicht schuldhaft verletzt hat.
Zwar bestimmt § 396 ergänzend, dass „[w]er eine verlorene oder
vergessene Sache entdeckt, sie aber nicht an sich nehmen kann, hat Anspruch auf
die Hälfte des im § 393 bestimmten Finderlohnes, wenn er die Entdeckung einer
im § 390 bezeichneten Stelle anzeigt und der Verlustträger die Sache dadurch
wiedererlangt“. Selbst wenn man also argumentiert, dass der, der den Fund
eines „Bodendenkmals“ aufgrund der Instruktion des BDA in der App nicht
an sich genommen hat und ihn eventuell sogar aufgrund der Bestimmungen des § 9
Abs. 1 und 2 DMSG nicht an sich nehmen konnte, immer noch dessen „Finder“
ist und er sich eben mit dem in diesem Fall geminderten Finderlohn zu begnügen
hat, so hatte auch dieser „Minderbefinderlohnte“ unbeachtlich der
Bestimmungen des § 8 Abs.1 DMSG immer noch explizit die Meldepflicht des § 390
ABGB zu befolgen, um einen Rechtsanspruch auf den – und sei es nur geminderten
– Finderlohn zu erhalten, muss also zusätzlich zur Meldung (ob nun per App oder
anderswie) an das BDA auch eine Meldung beim örtlich zuständigen Bürgermeister
erstatten. Tut er das nicht, verliert er diesen Rechtsanspruch und geht leer
aus.
Handelt es sich beim
Fund hingegen um eine herrenlose Sache, also eine, deren rechtmäßiger
Eigentümer sich nicht ermitteln lässt, so erwirbt gem. § 395 (bzw. § 397) ABGB hingegen
überhaupt nur der „Finder“ (bzw. gegebenenfalls iVm § 399 ABGB dieser
und der Grundeigentümer jeweils zur Hälfte) einen Eigentumsanspruch am Fund;
wobei die Frist für den Eigentumserwerb gem. § 395 ABGB frühestens mit dem
Zeitpunkt zu laufen beginnt, an dem der „Finder“ den Fund in Gewahrsam
genommen oder ihn bei der allgemeinen Fundbehörde gem. § 390 ABGB angezeigt hat.
Hat er den Fund also niemals an sich genommen, sondern in situ belassen,
beginnt die Eigentumserwerbsfrist niemals zu laufen und weder (der aus
rechtlicher Sicht gar nicht existente) „Finder“ noch (gegebenenfalls der
gem. § 399 ABGB hälftig beteiligte) Grundeigentümer erwerben jemals den ihnen
andernfalls gesetzlich zuerkannten Eigentumsanspruch am Fund. Selbst wenn man
hier annehmen will, dass – weil er durch Instruktion des BDA in der App und die
Regelung des § 9 Abs. 1 und 2 DMSG und somit durch ein gesetzliches Verbot an
der Inbesitznahme des Fundes gehindert war – sinngemäß für Funde, die er nicht
an sich nehmen kann, die Regelung des § 396 ABGB anzuwenden ist und der Melder
daher trotzdem rechtlich als ihr „Finder“ gilt, bleibt das Problem
bestehen, dass er immer noch zur Erstattung der Fundanzeige gem. § 390 ABGB
verpflichtet war, um die Bestimmung des § 396 ABGB zu erfüllen. Zudem kommt
eventuell bei Schatzfunden iSd § 398 noch erschwerend hinzu, dass, wenn er zwar
die gem. § 8 Abs. 1 DMSG ans BDA, aber nicht die Fundmeldung gem. § 390 ABGB an
die allgemeine Fundbehörde erstattet hat, eventuell anzunehmen ist, dass der „Finder“
iSd § 400 ABGB „den Fund verheimlichet hat“ und daher seines
Hälfteeigentumsanspruchs verloren geht: schließlich ersetzt die
denkmalrechtliche Fundmeldung an die sich überhaupt nicht mit zivilrechtlichen
Eigentumsfragen beschäftigende Denkmalbehörde die zivilrechtliche
Fundmeldepflicht an die für die Klärung eigentumsrechtlicher Fragen
zuständige allgemeine Fundbehörde gerade
nicht.
Es wäre also – nachdem
davon mögliche, und sei es nur zukünftige, Rechtsansprüche auf Finderlohn bzw.
Fundeigentumserwerb abhängen, ob der „Finder“ den Fund an sich nimmt
oder wenigstens zusätzlich zu der gem. § 8 Abs. 1 DMSG per App ans BDA auch
Meldung gem. § 390 ABGB an die allgemeine Fundbehörde erstattet – in der App
jedenfalls deutlich darauf hinzuweisen, dass neben der Fundmeldung gem. § 8
Abs. 1 DMSG mit der App auch die zivilrechtliche Fundmeldung an die allgemeine
Fundbehörde gem. § 390 ABGB erforderlich ist, wenn der „Finder“ zu
späterer Zeit den ihm gesetzlich zustehenden Finderlohn erhalten oder gar das
(je nach Art des Fundes alleinige oder mit dem Grundeigentümer hälftig
geteilte) Fundeigentum erwerben will; wenn nicht sogar die App so zu
programmieren wäre, dass die Fundmeldung per App nicht nur als solche gem. § 8
Abs. 1 DMSG ans BDA, sondern gleichzeitig auch an die allgemeine Fundbehörde
als Meldung gem. § 390 ABGB abzuschicken oder wenigstens vom BDA bei Eingang
zuständigkeitshalber auch an die örtlich zuständige allgemeine Fundbehörde
weiterzuleiten wäre.
Und das nicht nur zur
Erhöhung der Nutzerfreundlichkeit, sondern auch zum Schutz der (und sei es nur
prospektiven) Rechte des „Finders“ auf Finderlohn bzw. Fundeigentum und
anderer seiner rechtlichen Interessen, die auch das BDA nicht einfach
ignorieren darf: schließlich wird der „Finder“ im durch die Fundanzeige
automatisch ausgelösten Verwaltungsverfahren schon allein deshalb Partei iSd §
8 AVG, weil er „an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines
rechtlichen Interesses“ – eben dem am gesetzlichen Finderlohn bzw. dem
Erwerb des Fundeigentums – „beteiligt“ ist. Dies ist umso mehr auch
deshalb der Fall, weil von der in diesem Verwaltungsverfahren zu treffenden
Entscheidung des BDA, ob es sich bei der Fundsache um ein „Bodendenkmal“
iSd § 8 Abs. 1 DMSG handelt oder nicht, aufgrund der Bestimmung des § 10 Abs. 1
DMSG abhängt, ob der „Finder“ bei „geringwertigen“ und eventuell
sogar „mittelwertigen“ Funden (d.h. solchen, die nicht aufgrund der
Bestimmung des § 398 ABGB jedenfalls als Schatzfunde zu betrachten sind) nach
Ablauf der Frist des § 395 ABGB alleiniger oder gemeinsam mit den
Grundeigentümer nur hälftiger Fundeigentümer wird; was wiederum Rechtsfolgen
nach sich zieht (insbesondere: ob er den Fund mit dem Grundeigentümer teilen muss,
um sich nicht der Unterschlagung iSd § 134 StGB schuldig zu machen).
All diese rechtlichen
Folgeprobleme, die sich daraus ergeben oder wenigstens in Fällen, in denen es
um hochwertige Gegenstände, d.h. Schatzfunde iSd § 398 ABGB geht, durchaus
realistisch ergeben können – hat das BDA offensichtlich bei der Programmierung
bzw. dem Erwerb der durch (noch dazu ausländische) Dritte bereitgestellten App nicht
bedacht. Wie üblich scheint das BDA völlig vergessen zu haben, dass in einem
Rechtsstaat nicht nur die „Interessen des Denkmalschutzes“ relevant sind
und es auch nicht nur diese öffentlichen Interessen zu vertreten hat, sondern
es als Verwaltungsbehörde auch die Rechte der von seinem Verwaltungshandeln
betroffenen Bürger zu beachten und zu schützen hat.
Praktische
Probleme mit der Fundbergung und dem Fundbesitz
Damit sind wir aber
mit den Folgeproblemen noch gar nicht am Ende, sondern es kommt noch mehr dazu;
insbesondere im Bereich der Praxis jenes der Fundbergung und des Fundbesitzes
bei Meldung via App. Dieses Problem ist gleich mehrschichtig:
Wie bereits erwähnt,
muss der Melder bei Benutzung der App zwar eine Emailadresse angeben, um die
Meldung abschicken zu können; muss aber weder einen Namen noch eine Kontaktadresse
(in der realen Welt) angeben, geschweige denn, dass er seinen wahren Namen und
seine Meldeadresse angeben müsste und das auch behördlich überprüft würde, ehe
er melden kann. Das ist zwar auch wieder gut gemeint – viele Menschen wollen mit
Behörden möglichst wenig zu tun haben und würden daher die App einfach nicht
benutzen, wenn sie sich nachverfolgbar identifizieren müssten – aber führt auf
der Ebene der Praxis zu ernsthaften Problemen; und zwar sowohl wenn der „Finder“
= „Melder“ den von ihm gemeldeten Fund entgegen den Instruktionen auf
der Startseite der App nicht am Fundort belässt, sondern diesen (ob nun um
seine Eigentumsansprüche zu sichern, weil er iSd § 9 Abs. 2 DMSG davon ausgeht,
dass die Gefahr besteht, dass der Fund andernfalls verloren gehen könnte, oder
einfach gedankenlos) iSd § 389 Abs. 1 ABGB „an sich nimmt“; als auch,
wenn er ihn entsprechend den Instruktionen in der App „nicht berührt“
und iSd § 9 Abs. 1 DMSG unverändert am Fundort belässt.
Finders keepers
Nimmt der „Finder“
den Fund an sich, teilt dies aber dem BDA nicht mit – und es sagt ihm nicht nur
niemand, und schon gar nicht die App, dass er das tun sollte, wenn er den Fund,
und sei es nur iSd § 9 Abs. 2 DMSG weil er befürchtet, dass dieser sonst
abhanden kommen könnte, entgegen der Instruktion der App doch an sich nimmt;
sondern er ist auch gesetzlich nicht dazu verpflichtet, das irgendjemandem zu
sagen, vor allem solange dessen gemeiner Wert € 10 nicht überschreitet und er daher
auch nicht der allgemeinen Fundmeldepflicht des § 390 ABGB unterliegt, an die
der „Finder“ durch die App wie schon erwähnt auch überhaupt nicht
erinnert wird – erfährt das BDA nicht, dass er das getan hat. Identifiziert nun
allerdings der/die Sachbearbeiter*in der Abteilung für Archäologie des BDA, in
dessen/deren Inbox die App-Fundmeldung landet – just diesen Fund anhand der
beiliegenden Fotos als einen, der tatsächlich weitere Handlungen des BDA
erforderlich macht, und fährt daher an den Fundort, um dort den Fund zu bergen,
findet er/sie den Fund dort natürlich nicht (mehr). Findet er/sie den Fund aber
nicht, kann diese/r Sachbearbeiter*in nun überhaupt nicht wissen, ob er/sie ihn
einfach nur am angegebenen Fundort nicht gefunden hat, sei es,
1) weil bei der Aufzeichnung oder Übermittlung der Fundortkoordinaten irgendetwas schief gelaufen ist und er/sie am falschen Ort gesucht hat, oder sei es, weil der Fund im Zeitraum zwischen Erstellung der Fundmeldung und Ankunft des Sachbearbeiters am Fundort zufällig oder absichtlich (z.B. vom „Finder“) wieder mit Erde bedeckt oder sonstwie verborgen wurde (z.B. damit er nicht abhanden kommt);
2) zwischenzeitlich ein unbekannter Dritter vorbeigekommen ist und den Fund geborgen, aber nicht (oder nur gem. § 390 ABGB bei der allgemeinen Fundbehörde) gemeldet hat (die ihn nicht als „Bodendenkmal“ erkannt und daher nicht an das BDA weitergemeldet hat oder die Weitermeldung noch im Postlauf ist, nicht richtig zugeordnet wurde, etc.); oder
3) weil der „Finder“ = „Melder“ den Fund selbst sichergestellt und das nur dem BDA mitzuteilen vergessen hat (oder auch dem BDA diese Tatsache absichtlich verschwiegen hat, z.B. weil er den Fund haben aber nichts mit dem BDA zu tun haben will; ihn für einen Schatzfund hält, den er nicht mit dem Grundeigentümer teilen will; etc.).
Zwar kann er/sie
(eventuell sogar schon mit dem Diensthandy direkt vom Fundort) nun eine Email
an den „Melder“ zu schicken versuchen, um diesen zu fragen, ob er nicht
doch eventuell entgegen der Instruktion in der App den Fund mit sich genommen
und das nur dem BDA mitzuteilen vergessen hat. Aber der „Melder“, wenn
er nichts mit dem BDA zu tun haben will, kann zu diesem Zeitpunkt die
Emailadresse, die er bei der Meldung angegeben hat, schon längst wieder gelöscht
oder von Anfang an eine frei erfundene Adresse angegeben haben, die gar nicht
existiert,[13] also für das Amt unerreichbar sein. Ergebnis:
eine nutzlose Dienstreise und ein laut Foto eventuell denkmalschutzwürdiger,
aber leider gänzlich verschwundener Fund.
Natürlich, wenn der
„Finder“ keine Berührungsängste mit dem BDA, eine richtige Emailadresse
angegeben und den Fund mitgenommen hat, wird er eventuell auf die
Email-Nachfrage nun freundlich antworten und dem/der Sachberarbeiter*in den
Fund gem. § 9 Abs. 4 „über Verlangen des Bundesdenkmalamtes – befristet auf
längstens zwei Jahre – zur wissenschaftlichen Auswertung und Dokumentation zur
Verfügung“ stellen; und hoffentlich in Hinkunft bei ähnlichen Umständen
gleich in die „Bemerkung“-Zeile der Melde-App hineinschreiben „Fund
wurde sichergestellt und befindet sich beim Melder“ und seine Postanschrift
angeben. Aber auch diese eine nutzlose Dienstreise hätte sich der/die
Sachbearbeiter*in sparen können, wenn man dem Melder gleich klar gesagt hätte,
dass er bei der Meldung angeben soll, wenn er den Fund doch entgegen der
Instruktionen in der App geborgen hat. Und man kann eben keineswegs garantieren,
dass alle Melder deren eigene, dauerhaft funktionierende Emailadresse angegeben
haben werden.
Losers weepers
Dieses praktische
Problem ist allerdings ein noch vergleichsweise geringes, weil es zwar sinnlos
Arbeitszeit von Sachbearbeiter*innen des BDA verschwendet und eventuell auch
für den Denkmalschutz schädlich ist; aber den „Finder“, der den Fund
schließlich tatsächlich an sich genommen hat, nicht an dessen Rechten
geschädigt hat (auch wenn er eventuell die Öffentlichkeit, Wissenschaft und das
BDA dadurch geschädigt haben könnte).
Ein weit größeres
Problem kann und wird sich nämlich in vielen Fällen ergeben, wenn der „Finder“
den Instruktionen der App folgend und sich darauf verlassend, dass das BDA
sich um die Sicherung des gemeldeten Fundes kümmern wird, den Fund brav an Ort
und Stelle unberührt und damit unverändert zurücklässt. Das BDA instruiert ihn
schließlich ebenso wie § 9 Abs. 1 und 2 DMSG zur unveränderten Belassung des
Fundes und dessen Fundumständen genau zu dem Zweck, dass nicht er selbst den
Fund unsachgemäß und ohne dessen Fundumstände wissenschaftlich ausreichend zu
dokumentieren birgt und dabei wichtige Informationen zerstört, sondern damit
das BDA eines oder gar mehrere seiner Organe oder Beauftragte an die Fundstelle
entsenden kann, damit diese den Fund und dessen Fundumstände wissenschaftlich
sachgerecht untersuchen, dokumentieren und bergen. Dadurch, dass der „Finder“
diese behördliche[14]
und (wenn man davon ausgeht, dass §9 Abs. 1 und 2 DMSG tatsächlich, weil es
sich bei dem in diesem Fall angenommenen Fund wirklich um ein „Bodendenkmal“
iSd § 8 Abs. 1 DMSG handelt, anzuwenden sind) gesetzliche, durch § 37 Abs. 3 Z 2
DMSG mit bis zu € 5.000 strafbewehrte, Anordnung beachtet und den Fund und
dessen Fundumstände daher unverändert belässt, also den Fund – entgegen seiner
eigenen Interessen – gerade nicht birgt, gibt er nicht nur durch Erstattung der
Fundmeldung gem. § 8 Abs. 1 DMSG jedwede dingliche und rechtliche Verantwortung
für die Funde und deren Fundumstände an die Behörde ab; sondern darf, wird und
muss sogar die berechtigte Erwartung haben, dass sich die Behörde nun auch
tatsächlich um „seinen“ Fund und dessen Fundumstände entsprechend kümmern,
diese untersuchen, wissenschaftlich dokumentieren und schließlich den Fund
sachgerecht bergen und in sicheren Gewahrsam nehmen wird.
Nun hat aber, wie
schon oben festgestellt wurde (Seiten 25-35), das BDA nicht einmal dann annähernd genug
Personalkapazität, eines seiner Organe oder auch nur Beauftragte bei jeder per
App eingehenden Fundmeldung zum Fundort zu entsenden und dessen sachgerechte
Bergung nach vorheriger wissenschaftlich ausreichender Dokumentation der
genauen Fundumstände durchführen zu lassen, wenn auch nur 6 und nicht einmal 60
Metallsucher*innen ihre durchschnittlich jeweils ca. 2.250 möglicherweise
denkmalschutzrelevanten Funde pro Jahr per App melden, schon gar nicht zeitnah
zum Meldezeitpunkt. Denn auch wenn das „nur“ 13.500 Fundmeldungen und somit
durchschnittlich 1.350 pro Sachbearbeiter*in sind, kostet jede davon durchschnittlich
wenigstens ca. 4 Arbeitsstunden, also wenigstens einen halben Arbeitstag, bzw.
in Summe pro Sachbearbeiter*in (abgerundet auf die nächsten vollen tausend) ca.
5.000 Arbeitsstunden: schließlich muss der/die Sachbearbeiter*in zuerst die
Fundmeldung aufnehmen, die bezüglich des Fundorts Verfügungsberechtigten
ausforschen und vom Fund in Kenntnis setzen, dann zu jeder Fundstelle
hinfahren, dort erst einmal den Fund – wenn er nicht extrem auffällig ist – suchen,
ihn und seine Fundumstände sachgerecht dokumentieren und bergen, und nach
Rückkehr ins Büro dann noch ein Gutachten über seine Bedeutung schreiben und
erforderlichenfalls einen Unterschutzstellungsbescheid vorbereiten. Aber auch
die Jahresarbeitszeit von Sachbearbeiter*innen in der Abteilung für Archäologie
des BDA ist mit nur 1.612,5 Arbeitsstunden zu veranschlagen, was nicht einmal
ein Drittel dessen ist, was für die Abarbeitung aller per App eingehenden
Fundmeldungen samt sachgerechter Bergung des Fundes erforderlich wäre.
Will man aber nun
nicht davon ausgehen, dass die meldenden, aber ihre Funde wie behördlich und
gesetzlich angeordnet unverändert in situ belassenden „Finder“ dadurch,
dass sie ihre Funde nicht selbst in sicheren Gewahrsam nehmen, freiwillig auf
alle ihre Rechte (inklusive des Anspruchsrechts auf den zukünftigen alleinigen
oder hälftig geteilten Erwerb des Eigentumsrechts) an ihren Funden verzichten –
und wie oben (Seiten 38-40) schon ausgeführt, kann man das eigentlich
nicht; und wenn doch müsste man „Finder“ davon informieren, dass sie
durch Befolgung der Anordnungen der App auf alle ihre Finderrechte verzichten –,
erwerben „Finder“ durch die Übermittlung der Fundmeldung ans BDA entweder
ein – wenn auch vermutlich rein hypothetisches – Anrecht auf den gesetzlichen
Finderlohn für Funde, die noch einen Eigentümer haben[15]
bzw. – praktisch wird dies die ausschließlich relevante Option sein – einen
Anspruch auf den zukünftigen (alleinigen oder geteilten) Erwerb des
Eigentumsrechts an allen herrenlosen Funden nach Ablauf der Frist des § 395
ABGB. Diese Funde werden nun aber durch das BDA, das ja nicht einmal
ansatzweise ausreichende Ressourcen dafür hat, (wenigstens in der
überwältigenden Mehrheit aller Fälle) sicherlich nicht samt ihrer Fundumstände in
situ wissenschaftlich untersucht, dokumentiert und anschließend sachgerecht
geborgen werden; nicht einmal dann, wenn sie tatsächlich noch längere Zeit in
situ aufgedeckt liegen bleiben (d.h. nicht durch natürliche Ereignisse zerstört,
durch die nächste zufällig vorbeikommende Person einfach ohne sie irgendwem zu
melden mitgenommen, vom Bauern wieder eingepflügt oder aus anderen Gründen
wieder mit Erde so überdeckt werden, dass sie nicht wiederzufinden sind oder
sonstwie abhanden kommen); also von der Behörde gerade nicht wie gesetzlich
vorgesehen und vom „Finder“ (berechtigt!) erwartet sichergestellt werden.
Vielmehr wird –
wenigstens, wenn es mit solchen Fundmeldungen weiterhin so verfährt, wie es das
bisher erfahrungsgemäß getan hat – das BDA nicht einmal dem „Finder“ für
die Fundmeldung danken;[16]
geschweige denn ihn davon verständigen, was sein Fund nach Ansicht des Amtes überhaupt
und ob er tatsächlich der eines „Bodendenkmals“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG ist
oder nicht; noch ob es den Fund sichergestellt hat (und wie es weiterhin mit
diesem verfahren wird) oder nicht und der „Finder“ ihn nun selbst noch
einmal am Fundort suchen darf und, wenn er ihn wiederfindet, an sich nehmen
darf. Vielmehr wird die Reaktion des Amtes, abgesehen von der automatisch von
Biolovision Sàrl versandten Email mit einer Kopie der Meldedaten als
Bestätigung der erfolgten Fundmeldung, in praktisch allen Fällen Schweigen
sein. Tatsächlich eröffnet das BDA mit hoher Wahrscheinlichkeit wie bisher –
neuerlich erfahrungsgemäß – nicht einmal das eigentlich gem. § 9 Abs. 3 DMSG
gesetzlich verpflichtend von der Behörde infolge des Eingangs einer Fundmeldung
durchzuführende Verwaltungsverfahren, in dem es eigentlich bescheidmäßig
festzustellen hätte, ob an der Erhaltung des gemeldeten Fundes ein öffentliches
Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG besteht oder nicht besteht (siehe dazu schon Karl
2022); sondern behauptet, dass die dort genannte Frist von 6 Wochen, binnen der
es diese bescheidmäßige Entscheidung zu treffen hat, nur eine reine Ordnungsfrist
sei, die es zu gar nichts (und schon gar nicht zu einer fristgerechten
bescheidmäßigen Entscheidung der zu beantwortenden Rechtsfrage) verpflichte. Dass
es das nun tun wird, wenn statt wie bisher durchschnittlich 200 dank Ice
Watcher-App jährlich 5000, wenn nicht 135.000, 787.500 oder gar mehr
Fundmeldeemails (auch wenn es wohl nicht 90 Millionen im Jahr werden dürften)
bei ihm eingehen, kann man ausschließen.
Das ist nun aber ein
ernsthaftes Problem, vorerst einmal und hauptsächlich für „Finder“, die
ja – wenigstens überwiegend – deshalb Funde entdecken, weil sie nach
vergessenen, verlorenen, verborgenen und verlassenen Dingen suchen, und zwar
wieder erfahrungsgemäß zumeist völlig unbeachtlich dessen, ob es sich dabei nun
um „Bodendenkmale“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG oder geschichtlich, künstlerisch
und sonstig kulturell völlig unbedeutende Sachen handelt, welche die meisten
Leute für bloßen Mist halten würden, ihr „Finder“ aber – aus welchen
Gründen auch immer – interessant findet. Viele dieser „Finder“ sind auch
Sammler, die das, was sie finden – wenigstens das davon, das sie interessant
finden, neuerlich völlig unbeachtlich dessen, ob es „Bodendenkmale“,
Meteoriten oder beliebige andere, gänzlich unbedeutende, Sachen sind – in
Besitz nehmen und ihrer Sammlung einverleiben wollen (und dafür auch gerne den
Eigentumstitel daran hätten, der ihren Besitzanspruch rechtlich unanfechtbar
macht). Dabei spielt es auch keine Rolle, dass viele, wenn nicht sogar die
überwältigende Mehrheit aller dieser Fundsachen wirtschaftlich geringwertig[17]
oder sogar völlig wertlos sind: der Wert ihrer Funde für „Finder“ ist überwiegend
ideell; ist die Wertschätzung, den „Sammler“ als eine bestimmte
Gemeinschaft für das kulturelle Erbe iSd Art. 2b der Faro-Konvention (BGBl. III
Nr. 23/2015) einem bestimmten Aspekt dessen entgegenbringen, was sie als ihr
kulturelles Erbe betrachten und im Rahmen privater Maßnahmen[18]
an nachfolgende Generationen zu übertragen wünschen.
Tatsächlich würde es
die meisten davon nicht einmal besonders stören, wenn sie ihre Funde per App
der Behörde gemeldet und vorerst in situ belassen haben, wenn sich die Behörde
binnen ausreichend kurzer Frist – z.B. die von § 9 Abs. 1 DMSG vorgesehenen 5
Werktage ab Abgabe der Fundmeldung – bei ihnen melden und ihnen sagen würde,
welche ihrer Funde die Behörde selbst sichergestellt hat und welche die Behörde
so überhaupt nicht interessieren, dass sie der Finder nun selbst bergen und in
Besitz nehmen darf. Selbst wenn sie dann nur einen Teil ihrer Funde
wiederfinden, sei es weil sie erst gar nicht alle davon wiederzufinden
versuchen, oder sei es weil manche inzwischen (aus welchen Gründen auch immer)
abhanden gekommen sind, wären sie zwar über diesen unnötigen Verlust – sie
hätten die nun verlorenen Funde schließlich gleich bei der Entdeckung bergen
und in ihre Gewalt bringen können – etwas verärgert; solange sie wenigstens den
Großteil noch wiederfinden, würden sie das aber, wenn auch unerfreut,
vermutlich akzeptieren.
Was sie hingegen auf
die Palme bringt ist, wenn sie dem BDA ihre Funde melden und diese sogar, damit
das BDA sie sachgerecht sicherstellen kann, am Fundort liegen lassen; und das
BDA dann diese Funde nicht nur nicht sachgerecht birgt, sondern noch nicht
einmal die Freundlichkeit hat, ihnen so zeitnah, dass sie diese noch selbst
retten können, mitzuteilen, dass es die ihm extra von ihnen gemeldeten und für
es in situ belassenen Funde so überhaupt nicht interessieren, dass es einfach
gar nichts deswegen macht. Denn das drückt nicht nur eine unsägliche
Missachtung der Funde aus, die sie als deren Finder wertschätzen, sondern noch
viel mehr eine unendliche Missachtung der „Finder“ selbst und deren Interesse,
die Funde, die das Amt weder braucht noch will noch die es interessieren, sich
anzueignen und ihren eigenen Sammlungen einzuverleiben. Zu sagen, dass sie
dadurch den Eindruck gewinnen, dass das BDA sie und die Mühe, die sie sich für
es und den Denkmalschutz angetan haben, wie den letzten Dreck behandelt und
ihre (berechtigten!) Interessen mit Füßen tritt – was es auch tatsächlich durch
dieses Verhalten tut – wäre noch ein Euphemismus.
Amtshaftung?
Mittelbar wird damit, dass
die Behörde die „Finder“ damit veräppelt, dass sie ihnen zwar verbietet, „ihre“
Funde zu bergen und somit ihr (wenigstens prospektives) Eigentum zu sichern,
sich dann aber nicht im mindesten um (wenigstens die überwältigende Mehrheit)
dieser Funde kümmert, aus dem daraus zwingend folgenden Eigentumsverlust für
die „Finder“ aber auch wieder ein rechtliches Problem, das letztendlich auf die
Behörde selbst zurückfallen könnte und wahrscheinlich auch zurückfallen wird.
Denn gem. § 1 Abs. 1 AHG haftet der Bund „nach den Bestimmungen des
bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als
ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein
rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben; dem Geschädigten haftet
das Organ nicht. Der Schaden ist nur in Geld zu ersetzen“.
Nun kann und wird
natürlich, wenn es zu Amtshaftungsklagen kommen sollte, viel darüber gestritten
werden, ob die Organe des BDA im Falle der zigtausenden verlorengegangenen
Funde, die von deren „Findern“ auf Anordnung der Behörde nicht an sich
genommen sondern in situ belassen wurden, damit die Organe oder Beauftragten
der Behörde iSd § 9 Abs. 1 und 2 DMSG diese Funde sachgerecht wissenschaftlich
untersuchen, dokumentieren und bergen können, dadurch, dass sie diese Funde
nicht geborgen und sichergestellt haben, sich in Vollziehung der Gesetze
rechtwidrig verhalten und dadurch den geschädigten „Findern“ schuldhaft
Schaden an deren Vermögen zugefügt haben. Der Bund als Beklagter wird sich bzw.
das BDA natürlich, weil er nicht hunderten, tausenden, wenn nicht sogar
zehntausenden Bürger*innen dafür Schadenersatz zahlen wird wollen, dass sie –
trotzdem es sie dazu aufgefordert hat – dem BDA per App sinnlose Fotos aus 1,5
m Distanz von überwiegend nicht einmal ordentlich erkennbarem Mist am Boden
geschickt und diesen dort liegen haben lassen, mit allen möglichen mehr oder
minder berechtigten Argumenten verteidigen und vermutlich viele solche Fälle,
vielleicht sogar die meisten, gewinnen.
Er wird, weil das in
der überwältigenden Mehrheit der Fälle auch tatsächlich stimmen wird,
argumentieren, dass praktisch allen diesen verlorenen Funden höchstens
vernachlässigbar geringer wirtschaftlicher Wert zugekommen ist und den „Findern“
daher kein Vermögensschaden, sondern höchstens ideeller Schaden verursacht
wurde. Er wird argumentieren, dass es sich bei praktisch allen davon überhaupt
nicht um „Bodendenkmale“[19]
iSd § 8 Abs. 1 DMSG gehandelt habe, weil diesen Funden – wie man an ihrer völligen
Missachtung durch das BDA erkennen kann – offensichtlich überhaupt keine
geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zugekommen ist
und diese daher auch nie der gesetzlichen Meldepflicht des § 8 Abs. 1 samt
deren Rechtsfolgen gem. § 9 Abs. 1 und 2 DMSG zur unveränderten Belassung in
situ unterlegen, ihre „Finder“ sie daher ohnehin bei der Entdeckung
bergen und an sich nehmen hätten dürfen und daher selbst daran schuld wären,
dass diese ihnen deshalb verloren gegangen wären.
Er wird argumentieren,
dass sich selbst in Fällen, in denen doch am qua App übermittelten Foto
eindeutig ein mutmaßliches Bodendenkmal erkennbar ist, aus den Bestimmungen des
§ 9 Abs. 1 und 2 DMSG keine Rechtspflicht für die Organe des BDA ergeben würde,
dieses tatsächlich sicherzustellen, diese somit nicht schuldhaft rechtswidrig
gehandelt hätten, und der „Finder“ sich, wenn er denn sichergehen
wollte, dass ihm sein Fund nicht verloren gehe, ohnehin einfach den Tag, an dem
er den Fund gemeldet hatte und die nächsten fünf Werktage neben diesen setzen
und ihn bewachen hätte sollen, weil er dann das vom BDA ignorierte mutmaßliche
Bodendenkmal nach Ende der Frist des § 9 Abs. 1 DMSG ohnehin an sich nehmen
hätte dürfen. Er wird argumentieren, dass der „Finder“ des am Foto
erkennbaren Bodendenkmals zudem gem. § 9 Abs. 2 DMSG eigentlich ohnehin
gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, dieses in möglichst sicheren Gewahrsam
und somit an sich zu nehmen, wenn tatsächlich – wie durch den Verlust des
Fundes eindeutig bewiesen – die Gefahr seines sonstigen Abhandenkommens bestand.
Er wird vermutlich in den zuletzt genannten Fällen sogar – zur Abschreckung –
wenigstens die ersten, die eine Amtshaftungsklage wegen ihrer verlorenen Funde eingebracht
haben, wegen Verdachts auf Verstoß gegen die Bergepflicht des § 9 Abs. 2 DMSG und
somit die Strafbestimmung des § 37 Abs. 3 Z 3 DMSG anzeigen; auch wenn solche
Anzeigen in Anbetracht der Tatsache, dass das BDA am Startbildschirm der App
anordnet, dass der „Finder“ den entdeckten Fund „Nicht berühren!“
dürfe, wenig Erfolgsaussichten hat.
Dass das die – in
vielen, wenn nicht sogar den meisten Fällen vielleicht tatsächlich nicht
schuldhaft rechtswidrig, sondern nur durch die vollkommen undurchdachte
Gestaltung und Einführung der App und schwachsinnige Organisation des
archäologischen Fundmeldesystems von den Organen des BDA – tatsächlich zweifellos
massiv geschädigten „Finder“, die schließlich, als sie die App in
Verwendung genommen und entsprechend der Anweisungen des BDA eingesetzt haben,
berechtigt darauf vertraut hatten, dass die Behörde sich auch um ihre
Interessen kümmern und sie nicht sinnlos schädigen wird, nur noch zusätzlich
verärgern wird – und zwar unbeachtlich dessen, ob diese Ausreden des Bundes, um
für die himmelschreiende Inkompetenz seiner Behörde nicht finanziell haften zu
müssen, letztendlich vor Gericht Erfolg haben werden oder nicht – versteht sich
von selbst.
Ich würde allerdings
vermuten, dass es wenigstens einige Fälle geben wird, in denen alle Ausreden,
die dem Bund dafür einfallen werden, warum seine Organe sich nicht schuldhaft
rechtswidrig verhalten haben, nichts nutzen werden und der Bund tatsächlich
Schadenersatz zahlen wird müssen. Denn es werden, wenn tatsächlich auch nur 1%
der sicheren Mindestanzahl der aktiven Metallsucher*innen alle ihre relevanten
Funde meldet und entsprechend der Anordnung des BDA in der App in situ liegen
lässt, unter den Funden, die derart verloren gehen, auch wenigstens einige von
signifikantem (wenigstens mittlerem,[20]
wenn nicht sogar hohem) wirtschaftlichen Wert sein, die auch (am Foto
erkenntlich) der Legaldefinition des Bodendenkmalbegriffs in § 8 Abs. 1 DMSG
genügt haben, selbst wenn man diese weit enger auslegt, als es das BDA derzeit
tut.[21]
In solchen Fällen wird es dem Bund sehr schwer fallen, erfolgreich zu
argumentieren, dass die „Finder“ nicht die berechtigte Erwartung hatten,
dass sich die zuständigen Organe des BDA, die sie noch dazu explizit per App
dazu aufgefordert hatten, die von ihnen gemeldeten Fundgegenstände nicht einmal
zu berühren, sich – und sei es nur aus denkmalschützerischen Gründen – dieser
annehmen und sie zeitnah und sachgerecht bergen und damit sicherstellen würden;
und auch nicht berechtigt darauf vertrauen konnten, dass die Organe des BDA
auch ihre Interessen als (präsumptive zukünftige) Eigentümer dieser Fundgegenstände
schützen würden. Und es wird wenigstens in diesen Fällen dem Bund auch sehr
schwer fallen, erfolgreich zu argumentieren, dass die zuständigen Organe des
BDA nicht aufgrund der Bestimmungen des § 9 Abs. 1-3 DMSG auch tatsächlich die
Pflicht hatten, diese Funde in situ in Augenschein zu nehmen, sachgerecht zu
bergen und – auch zum Schutz der rechtlichen Interessen der „Finder“ als
deren (voraussichtliche) Eigentümer – sicherzustellen (oder wenigstens Organe
des Sicherheitsdienstes zu deren Sicherstellung gem. § 42 Abs. 1 Z3 bzw. 4 SPG
zu veranlassen), und diesen damit durch Nichterledigung dieser Pflicht auch
tatsächlich in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten
schuldhaft Vermögensschaden zugefügt haben.
Längerfristige Folgen für das
archäologische Fundmeldewesen
Klar ist allerdings in
jedem Fall, dass – unbeachtlich ob Amtshaftungsklagen Erfolg haben werden oder
nicht – was auch immer an Restvertrauen der Betroffenen in die Behörden und den
Rechtsstaat noch vorhanden ist, und auch was auch immer die „Finder“ an
guten Willen mobilisiert hatten, um dem ohnehin schon über die letzten 40 Jahre
jedwede Vertrauensbasis unter häufiger archäologische Funde findenden
Bürger*innen systematisch zerstört habenden BDA doch noch eine letzte Chance zu
geben, endgültig vernichtet werden wird.
Das wird längerfristig
vorhersehbar dazu führen, dass – „praktische“ App hin oder her – überhaupt
niemand mehr irgendwelche Bodenfunde melden und schon gar nicht entdeckte Funde
und deren Fundumstände unverändert in situ belassen wird.[22]
Denn warum auch?
Binnen weniger Monate werden nun zig, hunderte, oder gar tausende „Finder“
die Erfahrung machen, dass das BDA, wenn sie ihm per App einen Fundgegenstand
melden, den sie subjektiv für wichtig halten und gerne bergen und (und sei es
nur ganz für sich selbst alleine) erhalten würden, in weit über 99,9% aller
derartiger Fälle (wenn nicht sogar wirklich in allen diesen Fällen) ihre
Meldung einfach völlig ignorieren (oder, was aber aus Sicht des „Finders“
das gleiche ist, als völlig uninteressant verwerfen) wird, ohne den „Finder“
(weil seine Organe auch gar nicht die Zeit dafür haben) auch nur von dieser
Tatsache zu informieren; schon gar nicht zeitnah genug zur Absendung der
Fundmeldung, dass der „Finder“ noch selbst rechtzeitig zum Fundort
zurückkehren kann, um seinen Fund doch noch selbst zu bergen.
Da können noch so
viele angebliche „Experten*innen“ des BDA, und noch so viele andere
Archäolog*innen, noch so oft behaupten, dass das dafür nötig sei, das
„archäologische Erbe“ im „öffentlichen Interesse“ vor der „Zerstörung“ durch
„unsachgemäße Bergungen“ von und „Raubgrabungen“ durch „unqualifizierte Laien“
zu schützen; einmal abgesehen davon, dass weder die Ersteren noch die Zweiteren
genug mediale Präsenz entwickeln können, dass sie irgendwer so oft dieses
offensichtliche Lügenmärchen erzählen hört, dass er es ihnen glaubt: Taten
sprechen einfach lauter als Worte; und damit erweisen sich alle derartigen
Behauptungen entweder als dummdreiste Lügen oder lassen nur die Vermutung
entstehen, dass die angeblichen „Expert*innen“ offensichtlich verrückt sind und
nicht die mindeste Ahnung davon haben, wovon sie vor sich hin fantasieren. Wenn
sich unter diesen Umständen „Findern“ die Frage stellt, wem sie glauben
sollen, ihren eigenen Augen oder den offensichtlich unglaubwürdigen Organen des
BDA, ist nicht schwer vorherzusagen, wie sie diese Frage jeweils für sich (und
völlig vernünftig) beantworten werden.
Und die Antwort, die
sie sich in diesem Fall geben werden – und viele der Bürger*innen, die schon
bisher häufiger Bodenfunde suchen und auch entdecken, geben sich diese Antwort
schon seit langem – wird sein, dass man den Organen des Amts und generell Archäolog*innen,
die offensichtlich keine Ahnung davon haben, wovon sie reden und was sie tun,
den Schutz des archäologischen Erbes weder anvertrauen noch überlassen kann,
sondern man sich selbst so gut man es kann darum kümmern muss. Denn diese selbsternannten
„Expert*innen“ lassen das archäologische Erbe nur kaputt gehen, wenn man sich
blöderweise an den Unsinn hält, den sie einem anschaffen. Und die App, die das
BDA scheinbar ohne auch nur eine Sekunde über die völlig vorhersehbaren
Konsequenzen ihrer Einführung nachgedacht zu haben auf seine Webseite gestellt
und beim „runden Tisch Archäologie“ auch noch als innovative
Denkmalschutzmaßnahme angepriesen hat, beweist zweifelsfrei, dass sie mit
dieser Beurteilung auch recht haben.
Die App war zwar
sicher gut gemeint, aber sie ist so schlecht gemacht, und so offensichtlich für
die Einrichtung eines sinnvollen, in der Praxis funktionierenden und auch
sozialverträglichen archäologischen Fundmeldesystems unter den in Österreich
real bestehenden Bedingungen ungeeignet, dass sie genau gar keinen Nutzen
haben, aber unsäglich viel Schaden anrichten wird.
Eine Einladung zum Missbrauch
Aber damit ist es noch
nicht genug: nicht nur ist die App so schlecht gemacht, dass sie sowohl aus
denkmalschützerischer als auch aus Betroffenensicht überhaupt keinen Nutzen
haben, aber massiven Schaden anrichten wird; sie ist sogar so schlecht gemacht,
dass sie nachgerade zum Missbrauch einlädt. Und es gibt genau gar keine
Sicherheitseinrichtung, die einen Missbrauch der App wenigstens zu erschweren
versuchen würde, wenn schon nicht gänzlich verhindern kann.
Ich bin alt und
technologieaffin genug, dass ich Online-Dienste seit 1991 für alle möglichen
Zwecke nutze. Aber selbst in dieser Altsteinzeit der Online-Dienste waren die
meisten, die es damals gab, schon vorsichtig genug, um wenigstens primitive
Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren, um krassem Missbrauch vorzubeugen.
Selbst wenn man sich nur für eine der – damals recht populären –
Email-Diskussionslisten[23]
anmeldete, musste man gewöhnlich eine Kontrollemail an die in der Einschreibung
angegebene (damals wie heute sehr leicht zu fälschende) Adresse beantworten,
ehe man tatsächlich Nachrichten von der Liste an diese zugestellt bekam und von
ihr über die Liste verschicken (und somit an den dort geführten Diskussionen
teilnehmen) konnte. Dabei war der einzige Schaden, dem man mit einer Anmeldung unter
(gefälschter) Angabe der Emailadresse eines Dritten anrichten konnte, dass
dieser dann (wahrscheinlich unerwünschte) Nachrichten von der Liste zugestellt bekam,
seine Adresse im (damals noch kaum öffentlich zugänglichen)
Mitgliederverzeichnis der Liste erschien und der dadurch Geschädigte ein paar
unerwünschte Emails löschen und eine Abmeldeemail an den Listenserver schicken
musste, wenn er nicht Mitglied der betreffenden Liste sein wollte.
Die Ice Watcher-App
des BDA beugt hingegen nicht einmal mit dieser primitivsten aller vorstellbaren
Sicherheitsmaßnahmen ihrem Missbrauch durch unlautere Nutzer vor, die statt
ihrer eigenen (oder einer völlig fiktiven, inexistenten[24])
Emailadresse aus welchen Gründen auch immer die Emailadresse eines
unbeteiligten Dritten angeben. Vielmehr ist es völlig ungehindert möglich – und
ja, ich habe das tatsächlich erfolgreich ausprobiert[25]
– eine Fundmeldung unter Angabe der Email eines Dritten abzusenden, die auch
tatsächlich sowohl dieser Adresse als auch dem BDA zugestellt wird. Dabei ist
weder für den (falschen) Adressaten noch vermutlich – nachdem scheinbar die exakt
gleiche Email in Kopie als Fundmeldung an das BDA ergeht[26]
– für das BDA anhand irgendwelcher angeschlossenen Metadaten ersichtlich, dass
nicht der Inhaber der angegebenen Emailadresse, sondern ein unbekannter Dritter
diese Fundmeldung versendet hat.
Tatsächlich enthält
die von der Adresse „IceWatcher <support@biolovision.net>“ an die
angegebene Emailadresse versandte Bestätigungsemail mit dem Inhalt der
Fundmeldung nicht einmal einen Disclaimer, der den Empfänger informiert, an wen
er sich wenden kann, wenn die Bestätigungsemail fälschlich an seine Adresse
zugestellt und die Fundmeldung tatsächlich nicht von ihm erstattet wurde;[27]
noch eine Kontaktadresse oder auch nur eine eindeutige Identifikationsnummer,
anhand der diese Meldung nachverfolgt werden kann (siehe auch Abb.
3 für den vollständigen Inhalt einer
Bestätigungsemail).[28] Wurde also die Emailadresse eines
unbeteiligten Dritten durch einen unlauteren Nutzer der App missbraucht, muss
sich dieser auch noch die Mühe machen, überhaupt erst einmal herauszufinden, bei
wem und unter welcher Adresse er sich beschweren und die Löschung seiner
missbräuchlich angegebenen Emailadresse verlangen kann, weil aus dem Inhalt der
Email nicht einmal erkennbar ist, dass Fundmeldungen aus Österreich (über eine
Firma mit Sitz außerhalb der EU) in Kopie an das BDA versandt werden. Inwieweit
irgendwas davon DSGVO-konform ist, sei hier dahingestellt.
Wieder: gute Absichten
Es wird nicht
verkannt, dass diese ultimative Unsicherheit der App neuerlich einer guten
Absicht geschuldet ist: das BDA (und die wohl ebenso inkompetenten Schweizer Kantonsdenkmalämter,[29]
für die Biolovision Sàrl die App ursprünglich für Gletscherfundmeldungen
programmiert hat) wollte offensichtlich, dass (auch) mittels der App komplett
anonym Fundmeldungen an die Behörde erstattet werden können.[30]
Diese Möglichkeit war wohl nicht zuletzt deshalb gewünscht, als sich die
Denkmalbehörden schon länger sehr wohl bewusst sind, dass jene Bürger*innen,
die mit großem Abstand die meisten Bodenfunde entdecken – nämlich jene, die als
Hobby der Metallsuche nachgehen – sich gegenüber Denkmalbehörden nicht in
(leicht) verfolgbarer Weise zu erkennen geben wollen.
Während
Denkmalbehörden das gerne als stillschweigendes Geständnis sehen, dass „die
Sondler“ wissen, dass ihr Hobby (angeblich, nach Ansicht der Denkmalbehörde)
generell verboten ist (oder wenigstens generell verboten werden sollte), ist diese
Unwilligkeit, sich der Behörde zu erkennen zu geben, eigentlich (und das in sehr
nachvollziehbarer Weise) hauptsächlich der schlechten Erfahrung der
Metallsucher*innen mit der schon seit Jahrzehnten extrem restriktiven und
explizit metallsucherfeindlichen Einstellung wenigstens eines lautstarken
Teils, wenn nicht der großen Mehrheit, der einschlägig graduierten
(deutschsprachigen) Archäolog*innen und ebensolchen Politik der staatlichen
(archäologischen) Denkmalbehörden geschuldet. Weil viele Archäolog*innen und
Denkmalbehörden sie als Verbrecher bezeichnen und auch behandeln (selbst wenn
die dazu das DMSG falsch, rechtswidrig oder einseitig auslegen müssen), haben
viele Metallsucher*innen jedwedes Vertrauen in die staatliche Denkmalpflege
völlig verloren und sind daher auch nicht bereit das Risiko einzugehen, sich
der Behörde gegenüber nachverfolgbar zu erkennen zu geben: diese könnte den,
der sich zu erkennen gibt, schließlich für irgendwelche (realen oder
imaginierten) Verstöße gegen das DMSG anzeigen, eine Hausdurchsuchung bei ihm
durchführen lassen, usw. (was alles ja tatsächlich schon vorgekommen ist). Selbst
wenn dem Bürger die Gerichte dann rechtgeben, die Unannehmlichkeiten, Kosten
und Aufwände werden selten abgegolten.
Dabei wollen
bekanntermaßen viele Metallsucher*innen durchaus ihre Funde – wenigstens die,
die sie für wirklich wichtig halten, wenn auch nicht unbedingt alle – melden;
sahen und sehen aber keine Möglichkeit, das ohne Gefahr für sich selbst zu
machen; einmal abgesehen davon, dass es ihnen oft auch zu kompliziert ist. Und
ebenso bekanntermaßen ist ein archäologisches Fundmeldesystem, bei dem die
Metallsucher*innen ihre Funde nicht melden, völlig sinnlos, weil wie die
Erfahrung (z.B. aus Großbritannien mit dem dortigen PAS) lehrt, machen
Metallsucher*innen mehr als 95% aller archäologischen Funde und mehr als 99%
aller tatsächlich wissenschaftlich relevanten. Und sie sind auch so ziemlich die
einzige Bevölkerungsgruppe,[31]
für die die Installation einer Fundmeldeapp eine sinnvolle Nutzung des
verfügbaren Speicherplatzes ihres Mobiltelefons ist, weil reine Zufallsfinder,
die – wenn es hoch kommt zwei Mal in ihrem Leben – beim Spazierengehen
zufälligerweise über ein deutlich erkenntliches Steinbeil oder ein aus einem
Feld herausstehendes, verrostetes aber noch als solches erkenntliches Schwert
stolpern, werden sich eine Fundmeldeapp sicherlich nicht auf ihrem Mobiltelefon
installieren.[32]
Es ist also durchaus
verständlich, dass bei der Entwicklung dieser App die Möglichkeit, anonym zu
melden, als durchaus bedenkenswerte Option erschienen sein mag. Aber eine
Vertrauensbasis – und die ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein
funktionierendes archäologisches Fundmeldewesen, weil es immer mangels
Überprüfbarkeit auf freiwilliger Mitarbeit der Melder beruht – schafft man
nicht dadurch, dass man denen, die der Behörde (berechtigt) nicht vertrauen,
eine Möglichkeit in die Hand gibt, wie sie ebendieser Behörde heimlich trotzdem
helfen können. Ganz im Gegenteil, man zerstört diese Vertrauensbasis nur noch
weiter, wenn man ein dysfunktionales System einführt, das noch dazu eine massiv
zu Missbrauch einladende App verwendet.
Ernsthafte Missbrauchsgefahren
Auf den ersten Blick
ist man vielleicht geneigt zu sagen: was kann bei einem Fundmeldesystem schon ernsthaft
schiefgehen oder passieren, bei dem man Fundmeldungen im Namen und mit der
Emailadresse eines völlig unbeteiligten Dritten erstatten kann? Es ist doch
letztendlich – wenn man einmal davon absieht, dass es für das BDA unpraktisch
ist, wenn es den Melder nicht kontaktieren kann, wenn es irgendwelche
Nachfragen hat, wenn der die Emailadresse seiner alten Nemesis aus Schulzeiten
statt seiner eigenen angegeben hat – vollkommen egal, in wessen (falls
überhaupt irgendeinem) Namen und mit wessen Emailadresse die Fundmeldung
abgegeben wird: schließlich geht es um den Fund, der gemeldet wird, und nicht um
den Melder. Solange man den Fundort – also ausreichend genaue Koordinaten
davon, damit man ihn wiederfindet – kennt und den Fund ausreichend genau
erkennen kann, dass man wenigstens grob einschätzen kann ob und weswegen er von
qualifizierender Bedeutung ist, und den Fund dann tatsächlich am angegebenen
Fundort wiederfinden kann (wenigstens in den allermeisten Fällen), ist alles
andere schließlich egal, oder? Und das stimmt auch, solange niemand die App
ernsthaft missbraucht und niemand ein Interesse daran hat, den Fund als Finder
zu behalten/zurückzubekommen (s.o.).
Es eröffnet die App
aber nicht nur die Möglichkeit, einem lieben Bekannten einen kleinen Streich zu
spielen, indem man unter Verwendung seiner Emailadresse eine halbleere
Bierflasche dem BDA als Fund meldet, damit sich der dann vom BDA belehren
lassen kann, dass er gefälligst keine halbleeren Bierflaschen melden soll.
Immer noch in die Kategorie eines Streiches, wenn auch schon eines weit
lästigeren, würde es z.B. fallen, wenn ein missliebiger Nutzer ein paar Stunden
lang durch eine beliebige österreichische Stadt geht, jedes beliebige Stück
Mist am Boden mit der App fotografiert und unter Angabe der Emailadresse des
Präsidenten des BDA, dessen Namen, und dessen Dienstadresse – die alle auf der
Webseite des BDA stehen und daher sehr leicht zu finden sind – dem BDA als
möglicherweise denkmalschutzrelevante Funde meldet.
Macht das dieselbe
Person fortgesetzt auch nur eine Stunde pro Tag für mehrere Wochen – und es
gibt nichts in der App, das einen davon abhält – verlässt sie eventuell bereits
den Bereich des Streiches. Im Minimum kostet das nämlich das Sekretariat des
Präsidenten dann jeden Tag einige Minuten, um die eingehenden „Falschmeldungen“
aus dessen Inbox zu löschen. Machen dasselbe 50 Personen verteilt über ganz Österreich
als konzertierte Aktion, würde das wohl sogar die offizielle Emailadresse des
Präsidenten so mit sinnlosen Kopien von sowieso beim BDA eingehenden
Fundmeldungen überlasten, dass sie de facto blockiert wäre, und sei es nur,
weil eingehende, dienstlich relevante Emails zwischen Massen von Fundmeldungen
untergehen.[33]
Damit bewegen sich
die, die sich einen solchen „Scherz“ erlauben, zwar vermutlich bereits in den
Bereich des § 107c StGB, den der fortdauernden Belästigung im Wege einer
Telekommunikation oder eines Computersystems, also Begehen vermutlich eine
Straftat; aber darum geht es hier ja nicht: der Punkt ist, dass die App das
Begehen dieser Straftat nicht nur ermöglicht, sondern sogar erleichtert, weil sie
eben gegen den Missbrauch mit einer fremden Emailadresse überhaupt nicht
gesichert ist. Wie sie diese und andere mögliche Straftaten erleichtert, dazu
komme ich gleich noch.
Aber bleiben wir noch
einen Moment bei der Möglichkeit des ernsthaften Missbrauchs der App: man kann
damit nämlich nicht nur selbst jemanden anderen im Wege der IceWatcher App belästigen,
sondern ihn auch sehr leicht der Gefahr der (unberechtigten) behördlichen
Strafverfolgung aussetzen. Alles, was man dafür tun müsste, ist mit
Metallsuchgerät und Klappspaten bewaffnet auf ein denkmalgeschütztes archäologisches
Denkmal zu gehen, dort ein Loch zu graben, ob nun tatsächlich auf Basis eines
Signals oder auch einfach nur irgendwo, und entweder den im Loch entdeckten
Fund oder auch einen beliebigen, verdreckten, ins Loch gelegten
Metallgegenstand (z.B. eine im Dreck etwas eingetretene Münze aus der eigenen
Geldbörse) mit der App so zu fotografieren, dass man auch schön das Loch, den
Klappspaten und das Metallsuchgerät erkennen kann, und dann das ganze unter
Angabe einer fremden Emailadresse dem BDA zu melden. Nachdem schon die
ungenehmigte Verwendung eines Metallsuchgeräts auf einem denkmalgeschützten
archäologischen Denkmal ohne Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 8 DMSG eine durch
§ 37 Abs. 3 Z 6 eine mit € 5.000 Strafe bedrohte Verwaltungsübertretung
darstellt und Organe des BDA solche Vergehen zur Anzeige zu bringen haben, wenn
sie dienstlich ihre Begehung wahrnehmen; muss das BDA daraufhin Anzeige bei der
örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft (BH) erstatten.
Die BH wiederum muss
daraufhin Ermittlungen anstellen, um den Täter auszuforschen; und dabei bleibt
ihr – selbst wenn das BDA in seiner Anzeige darauf hinweist, dass es sich bei der
angegebenen Emailadresse so gut wie sicher um eine Falschangabe handelt –
nichts anderes übrig, als zuerst einmal die Person einzuvernehmen, deren
Emailadresse in der Meldung als die des Melders angegeben ist. Schließlich kann
die Verwaltungsstrafabteilung der BH – nicht einmal, wenn die angegebene
Emailadresse neuerlich die des Präsidenten des BDA ist – nicht einfach so davon
ausgehen, dass es sich bei dieser Angabe tatsächlich um eine Falschangabe
handelt, sondern muss sich wenigstens durch Einvernahme der betreffenden Person
versichern, dass diese tatsächlich nicht als Täter in Frage kommt: es soll
schließlich auch schon Feuerwehrmänner gegeben haben, die auch Brandstifter
waren; die BH kann also nicht a priori ausschließen, dass der Präsident des BDA
nicht heimlich ein Denkmalschänder sein und bei der Fundmeldung per App einfach
einen dummen Fehler begangen, z.B. statt einer gefälschten seine eigene
Dienstemailadresse angegeben, haben könnte.
Setzt der eigentliche
Täter – und wir befinden uns hier bereits weit im Strafrecht, erfüllen doch die
hier genannten, möglichen Handlungen wohl zweifellos wenigstens die Straftatbestände
der §§ 293 Abs. 1 (Fälschung eines Beweismittels) und 297 Abs. 1 StGB
(Verleumdung) – seine verbotenen Handlungen noch dazu um 3 Uhr morgens, wenn er
weiß, dass sich das Opfer seines Verleumdungsversuchs vermutlich an seinem in
der Nähe des gewählten Tatorts befindlichen Wohnort aufhält, weil dieses zu der
Zeit wie die meisten Menschen dort aller Wahrscheinlichkeit nach friedlich schläft
und damit – weil es ja nicht damit rechnet, das beweisen zu müssen – auch kein
beweisbares Alibi hat, wird sich der Verleumdete sogar schwer tun, iSd § 5 Abs.
1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der
Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Zugegeben: wenn der
eigentliche Täter derart den Präsidenten des BDA zu verleumden versuchen würde,
würde die Verwaltungsstrafbehörde Letzteren wohl im Zweifel freisprechen;
immerhin ist es nicht sehr glaubhaft, dass der Präsident des BDA derart dumm
wäre, dass er sich auf diese Weise selbst abschießen würde (weil dass jemand,
der eines Verstoßes gegen das DMSG für schuldig befunden wurde, weiterhin
Präsident des BDA sein könnte, ist wohl auszuschließen: er wäre jedenfalls
rücktrittsreif). Aber ersetzt man in diesem Beispiel den Präsidenten des BDA
durch einen missliebigen Nachbarn, vielleicht sogar einen, von dem der
eigentliche Täter weiß, dass er tatsächlich ein Metallsucher ist (dem der Täter
vielleicht sogar neidisch ist, weil ihm jener immer die besten Funde direkt vor
der Nase wegschnappt, oder dem er dessen beeindruckende Privatsammlung im
Keller nicht gönnt), den das BDA vielleicht sogar schon länger der illegalen
Metallsuche verdächtigt, dann kann man mit guter Wahrscheinlichkeit davon
ausgehen, dass einem solchen Verleumdungsversuch nicht nur Erfolg beschieden
ist, sondern beim Opfer auch die Polizei mit einem Hausdurchsuchungsbefehl
auftauchen und seine Metallsuchgeräte und seine Privatsammlung wenigstens
vorerst einmal beschlagnahmen wird – selbst wenn er diese völlig rechtmäßig
erworben und noch nie in seinem Leben eine illegale Metallsuche durchgeführt
hat, sondern immer nur gänzlich legal diesem Hobby nachgegangen ist.
Und als ob das noch
nicht reichen würde bietet sich die App nicht nur als praktisches Tatwerkzeug
für Verleumdungsversuche[34]
an, sondern auch als wunderbares Mittel zum „Waschen“ von illegal erworbenen
und gehandelten Kulturgütern. Alles, was es dafür braucht, ist, dass der, der bewegliche
Kulturgüter ungeklärter Herkunft mit einer bombensicheren Provenienz ausstatten
will, diese ordentlich verdreckt an irgendeinem geeigneten, einigermaßen
abgeschiedenen Ort in Österreich in ein eigens zu diesem Zweck gegrabenes Loch
legt, mit der Fundmeldeapp des BDA abfotografiert und eine Fundmeldung
abschickt. Handelt es sich dabei nicht um nachweislich und amtsbekanntermaßen
um Diebesgut, sondern um aus Raubgrabungen stammende und daher noch völlig
unbekannte Gegenstände, so erhalten diese nicht nur eine eindeutige, legale
Provenienz – sie wurden schließlich in Österreich gefunden und gesetzeskonform
gemeldet – sondern gehen nach Ablauf der Frist des § 395 ABGB entweder
entsprechend dessen Bestimmung ganz oder – wenn es sich um einen Schatzfund iSd
§ 398 ABGB handelt – gem. § 399 ABGB zur Hälfte in das rechtmäßige Eigentum des
Finders über.
Das ist sogar dann der
Fall, wenn diese Kulturgüter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
nicht ursprünglich aus Österreich stammen, sondern aller Wahrscheinlichkeit
nach aus dem Ausland unrechtmäßig nach Österreich verbracht bzw. ebenso
unrechtmäßig nach Österreich eingeführt wurden: nachdem der Eigentümer des
Fundes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht binnen offener
Frist des § 395 ABGB ermittelt werden kann,[35]
ist dem Finder der ungeteilte oder gegebenenfalls gem. § 399 ABGB mit dem
Grundeigentümer hälftig geteilte Eigentumstitel zuzusprechen. Und nachdem es
sich beim Finden von Sachen um originären Eigentumserwerb handelt, verdrängt
dieser Eigentumstitel alle anderen, möglicherweise doch zum Zeitpunkt des
Findens noch bestanden habenden Eigentumsrechte völlig.
Mit diesem Titel und
der durch die Fundmeldebestätigung auch völlig einwandfreien Provenienz kann
der Finder dann das somit „gewaschene“ Kulturgut nun am internationalen Markt
für antike Kulturgüter völlig legal handeln; auch wenn er sich dafür eventuell eine
Ausfuhrgenehmigung vom BDA ausstellen lassen und den allfällig erzielten
Verkaufserlös mit dem Grundeigentümer hälftig teilen muss. Das sollte
allerdings beides kein größeres Problem sein und die gesicherte Provenienz und
der gesicherte Titel sind es vermutlich auch wert, dass man den Verkaufserlös
mit dem Grundeigentümer (den man sich ja in diesem Fall auch geschickt
auswählen kann) teilen muss.
Tatsächlich muss man
allerdings vermutlich nicht einmal das: um den einwandfreien Provenienznachweis
und (wenigstens) den (mit dem Grundeigentümer hälftig geteilten) rechtmäßigen
Titel zu erhalten, genügt es nämlich eigentlich, die Fundmeldung wie
beschrieben (von einer temporären, nach Abspeicherung der Bestätigungsemail
gleich wieder gelöschten Emailadresse) an das BDA abzuschicken. Danach kann
nämlich der „Wäscher“ die nicht allzu gut erkennbar abfotografierten Kulturgüter,
nach außen hin mit der Begründung, dass die Gefahr deren sonstigen
Abhandenkommens bestehe und er daher gem. § 9 Abs. 2 DMSG zu ihrer
Sicherstellung gesetzlich verpflichtet sei, gleich wieder einpacken und
mitnehmen. Damit hat er die „Funde“ in seinem Besitz, das BDA keine
Möglichkeit, ihn zu kontaktieren und sie in Augenschein zu nehmen, und er
wenigstens einen hälftig geteilten, rechtmäßigen Titel; und selbst wenn das BDA
den Grundeigentümer kontaktiert, weiß der auch von nichts und kann auch mit dem
schlechten Foto der Funde, das ihm das BDA eventuell zur Verfügung stellen
darf, wenig anfangen – wenn er nicht sowieso ein Komplize des
„Kulturgutwäschers“ ist und das BDA anlügt, dass er nichts vom Fund und dessen
Umständen weiß. Der Rest ist dann einfach, insbesondere, wenn der
Grundeigentümer ein Komplize des „Kulturgutwäschers“ ist, und braucht daher
hier auch gar nicht weiter ausgeführt werden.
Kurz gesagt, es
braucht weder ausgeprägte kriminelle Energie noch ein kriminelles Genie, um die
App, so gut sie und ihre vollanonymisierte Benutzbarkeit auch gemeint sein mag,
ernsthaft zu missbrauchen; sei es, um unbeteiligten Dritten lästig zu fallen;
sie zu verleumden; oder sei es, um sie als Werkzeug zum „Waschen“ von illegal
gehandelten Kulturgütern zu verwenden. Denn aufgrund des Fehlens jedweder
Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor möglichem Missbrauch müssen sich Täter
eventuell nicht einmal eine nicht zu ihnen zurück verfolgbare Emailadresse
beschaffen, sondern können ganz ohne mit ihrem liederlichen Tun beginnen.
Sind App-Missbraucher (überhaupt)
ausforschbar?
Dass man die App so
leicht missbrauchen kann, ist natürlich schon per se ein Problem. Dieses
Problem wird aber wohl noch dadurch zusätzlich maßgeblich vergrößert, dass es –
wenigstens soweit ich das beurteilen kann – so aussieht, als ob Personen, die
sie missbrauchen oder gar zum Begehen von Straftaten verwenden wollen, nur sehr
schwer oder möglicherweise sogar überhaupt nicht ausgeforscht werden können.
Ich habe schon erwähnt,
dass ich hoffe, dass wenigstens Biolovision Sàrl eingehende Fundmeldungen nicht
nur per Email an die vom Melder angegebene Emailadresse und das BDA
weiterleitet, sondern diese samt (hoffentlich) von der App mitübermittelten
Metadaten wie z.B. der IP-Adresse, von der die Meldung übermittelt wird, der Nummer
der ins Telefon eingelegten SIM-Karte, der Seriennummer des Telefons und/oder
dessen IMEI(s) in einer Datenbank abspeichert.[36]
Den Datenschutz- und Nutzungsbedingungen der App ist unter Punkt 2.3 zu
entnehmen, dass es derartige Daten – spezifisch genannt wird die „IP-Adresse
oder andere Benutzeridentifikationen auf von ihnen verwendeten Geräten“[37]
– speichern, unter Punkt 5.4, dass es diese ordentlichen Gerichten (und
ähnlichen Einrichtungen) im gesetzlichen Rahmen, und unter Punkt 6., dass es
diese auch an Drittländer (auch außerhalb der Schweiz und EU) weitergeben darf.
Das bedeutet aber
nicht, dass Biolovision Sàrl das, bloß weil es das entsprechend seiner
Datenschutz- und Nutzungsbedingungen darf, auch tatsächlich bei der Ice
Watcher-App tut; und soweit sich das (z.B. aus den App-Einstellungen im
Betriebssystem meines Mobiltelefons) eruieren lässt greift die App nur auf die Standortinformationen
(die für die GPS-Geolokalisierung des Fundorts natürlich unbedingt gebraucht
werden) zu. Schließlich würde eine derartige Möglichkeit, den die App anonym
verwenden wollenden und (wenigstens von den „Partnern“, die die App in Auftrag
gegeben haben, vorgesehenermaßen anonym) verwenden können sollenden Nutzer erst
recht eindeutig identifizieren zu können, selbst wenn sie nur bei ernsthaften
Missbrauch der App genutzt werden soll, die – dann ja nur vorgeschobene –
Möglichkeit zur anonymen Nutzung der App einigermaßen ad absurdum führen.[38]
Aber selbst wenn Biolovision
Sàrl tatsächlich Daten wie IP-Adresse, SIM-Kartennummer, Seriennummer und/oder
IMEI(s) des für die Erstellung und Absendung einer Meldung verwendeten Geräts
für jede Meldung speichern sollte, ist das nur ein recht geringer Trost. Denn
selbst wenn dies geschieht, lässt sich natürlich nur der Nutzer der App
ausforschen, der sein eigenes, ihm über IP-Adresse, eingelegte SIM-Karte,
registrierte Seriennummer und/oder IMEI(s) zuordenbares Gerät benutzt. Das
werden natürlich die meisten Nutzer der App tun, aber gerade die, die sie
missbrauchen oder gar als Tatwerkzeug für Straftaten verwenden wollen, wenn sie
auch nur halbwegs vorausplanen, eher nicht. Auch hier könnte man diverse
Sicherungsmaßnahmen treffen, um zu verhindern oder wenigstens die Chance
deutlich zu verringern, dass sich ein missbräuchlicher Nutzer der Zurückverfolgbarkeit
entziehen kann; wenigstens nicht durch ganz einfache Tricks; aber hat es
offenkundig auch hier nicht gemacht.
Denn die App
funktioniert nicht etwa nur, wenn eine aktive SIM-Karte ins Gerät eingelegt
ist, mit dem sie verwendet wird, sondern auch ganz ohne. Ich habe das
ausprobiert: man kann, auch wenn keine SIM-Karte im Gerät ist, dennoch die App
aufmachen, die beiden Fotos schießen und den Punkt auf dem zweiten setzen, eine
Bemerkung, eine Emailadresse und Namen und Adresse eingeben und die Meldung
senden. Zwar geht diese Meldung dann nicht unmittelbar hinaus, aber wird auf
dem Gerät zwischengespeichert und abgesendet, sobald das Gerät wieder eine
Internetverbindung hat. Das ist der Fall, wenn man wieder eine aktive SIM-Karte
ins Gerät einlegt und es wieder mit dem Funktelefonnetz verbindet; aber z.B.
auch, wenn man das Gerät mit einem WLAN verbindet.
Auch das ist wieder
einer guten Absicht geschuldet und sicher gerade für eine
Gletscher-Fundmeldeapp auch sinnvoll: schließlich kann man nicht davon
ausgehen, dass der Finder eines Gletscherfundes in den Hochalpen immer und
überall Telefonverbindung hat. Gerade im Hochgebirge gibt es nicht wenige
Funklücken, um die sich Gletscher und aus diesen ausapernde Funde ungünstigerweise
nicht im mindesten scheren. Soll die App also auch tatsächlich überall dort funktionieren,
wo ein Gletscherfund gefunden werden kann, muss sie auch funktionieren, wenn
das Gerät gerade nicht mit dem Telefonnetz und damit (oder auf anderem Weg) mit
dem Internet verbunden ist. Und dieses Funklücken-Problem ist, gerade wenn man
die Verwendung der App wirklich absolut idiotensicher machen will, technisch
sicher am einfachsten dadurch zu lösen, dass die App einfach an Orten
aufgezeichnete Meldungen, an denen das Gerät keine Netzverbindung hat,
zeitweilig auf diesem zwischenspeichert und automatisch abschickt, wenn es
wieder eine Internetverbindung hat.
Als Folge dieser guten
Absicht kann man aber somit die Zurückverfolgbarkeit des Nutzers via
SIM-Kartennummer sehr leicht umgehen. Alles, was man dafür tun muss, ist vor
der Nutzung des Apps zur Aufzeichnung einer Fundmeldung die SIM-Karte aus
diesem entfernen und erst nachdem man die Meldung per z.B. WLAN-Verbindung
abgeschickt hat wieder hineinstecken.
Nimmt der Nutzer dafür
sein eigenes WLAN daheim, ist er natürlich erst recht – über die ihm zum
Zeitpunkt der Übermittlung zugewiesene IP-Adresse – identifizierbar, wenn auch
schon nicht mehr unbedingt völlig eindeutig, wenn in seinem Haushalt mehrere
Personen dasselbe WLAN benutzen. Aber diese Art der Zurückverfolgbarkeit lässt
sich leicht umgehen, indem der Nutzer sich in Österreich mit dem z.B. auf jedem
besseren Bahnhof und in den meisten ÖBB-Zügen verfügbaren ÖBB-WLAN verbindet
und die Meldung über dieses abschickt. Macht er das z.B. irgendwo am Wiener
Hauptbahnhof während einer Stoßzeit, kann man den meldenden User wohl nicht
einmal mehr über die Auswertung der Videoüberwachung identifizieren, vor allem,
wenn man noch nicht einmal einen Verdächtigen hat, den man im auf den Videos
aufgezeichneten Gewurl zu erkennen versuchen könnte.
Damit bleiben nur noch
Seriennummer und/oder IMEI(s) des Geräts, falls diese an Biolovision Sàrl
übermittelt und von dieser Firma mit der Meldung gespeichert werden. Aber die
Identifizierung des Nutzers mittels diesen Nummern setzt voraus, dass beim
Erwerb des betreffenden Geräts die Personalien des Nutzers aufgenommen und samt
Seriennummer und/oder IMEI(s) offiziell registriert wurden. Das ist allerdings
(wenigstens) in Österreich nicht der Fall, wenn der Täter ein vertragsfreies Mobiltelefon
oder Tablet kauft: ob beim Elektronikhändler, beim Gebrauchthandyverkäufer oder
am Flohmarkt, er kann das Gerät bar bezahlen und ohne weiteres mitnehmen. Kauft
er also am Flohmarkt ein billiges, gebrauchtes Gerät, nutzt es nur ohne
SIM-Karte für die Ice Watcher App und verbindet es nur mit öffentlichen WLANs,
jeweils abseits jeder Überwachungskamera, und zerstört und entsorgt es nach ein
paar Tagen Verwendung, kann er höchstwahrscheinlich überhaupt nicht
ausgeforscht werden; oder wenn doch nur mit enorm viel Aufwand und Glück.
Ein Zwischenresumee
Die Ice Watcher-App,
so gut sie wohl gemeint war, ist also so schlecht gemacht, dass sie eine
einzige, gigantische Sicherheitslücke ist, ein Tatwerkzeug, mit der man nicht
nur archäologische „Zufallsfunde“ – und das nicht besonders gut – dem BDA
melden kann, sondern auch – ganz besonders gut – missliebige Personen massiv
verleumden, gezielt Geschäftsschädigung betreiben und illegal verhandelte
Kulturgüter reinwaschen kann; und das alles, wenn man diese Straftaten auch nur
halbwegs sinnvoll plant, sogar so, dass man so gut wie sicher niemals erwischt
werden kann. All das dafür, dass dem BDA, wenn die App nicht von der
Metallsucher-Szene angenommen und breit genutzt wird, höchstens ein Teil der
bisher eingehenden, wenigstens ansatzweise relevanten etwa 200 Fundmeldungen im
Jahr statt per Email per App übermittelt wird; oder es, wenn die App von der
Metallsucher-Szene aufgegriffen und breit genutzt wird, von einer nicht einmal
ansatzweise mit den Ressourcen, die der Abteilung für Archäologie zur Verfügung
stehen, bewältigbaren Flut von hunderttausenden, wenn nicht Millionen per App
übermittelten Fundmeldungen pro Jahr überrollt wird, von denen noch dazu die
überwältigende Mehrheit nur nicht ordentlich identifizierbaren, modernen oder
(wenigstens am Meldefoto) undatierbaren Metallschrott und ebensolche
Keramikscherben, Ziegelfragmente usw. zeigen, die der Behörde gar nichts sagen
und deren Bearbeitung nur ohnehin schon unzureichend vorhandene Arbeitszeit
sinnlos verschwendet.
Keine Frage: es war
vom BDA sicher gut gemeint, eine derartige App zur Erleichterung von
Fundmeldungen zur Verfügung zu stellen. Aber leider, wie schon eingangs
festgehalten, ist gut gemeint ja sprichwörtlich immer das Gegenteil von gut
gemacht; und das ist es in diesem Fall in ganz besonders extremer Form. Der
Schaden, den diese App anrichten kann und auch zwingend anrichten wird, selbst
wenn sie nur, aber das von einer erklecklichen Zahl von Findern möglicherweise
relevanter Bodenfunde, so verwendet wird wie es das BDA sich gewünscht und
explizit verlangt hat, ist vorhersehbarerweise um ein großes Vielfaches größer
als welcher Nutzen auch immer daraus gezogen werden kann. Und da reden wir noch
gar nicht davon, wie sehr es dem BDA schaden würde, wenn die App von
irgendjemandem ernsthaft missbraucht wird, was leider aufgrund des völligen
Fehlens auch nur der primitivsten Sicherheitsmaßnahmen sehr leicht passieren
könnte. Hoffen wir, dass dies nicht geschieht!
Oder richtiger: hoffen
wir, dass das BDA einsieht, dass das, was es gut gemeint aber so überhaupt
nicht durchdacht hat wie die Bereitstellung dieser App, keine gute Idee war und
es seine Geschäftsbeziehungen mit Biolovision Sàrl sofort beendet.
Was nicht bedeuten
soll, dass es nicht tatsächlich eine gute Idee und dringend notwendig wäre,
endlich ein funktionierendes archäologisches Fundmeldesystem in Österreich
aufzubauen, das es Findern erlaubt und diese anregt, die relevanten Funde, die
sie entdecken, tatsächlich der archäologischen Fachwelt und auch allen anderen
Interessierten zur Kenntnis zu bringen. Ganz im Gegenteil, so ein System wird
gebraucht und wenigstens von zehntausenden Österreicher*innen auch tatsächlich
gewollt, die wenigstens mehrheitlich wirklich gerne ihre
denkmalschutzrelevanten Funde melden würden – wenn das nicht nur dazu führt,
dass sie vom BDA veräppelt oder gar ungerechtfertigt verfolgt werden. Aber so
ein funktionierendes archäologisches Fundmeldesystem kann man nicht schaffen,
indem man eine dafür ungeeignete App undurchdacht zukauft, auf seine Webseite
stellt und auf das Beste hofft; sondern das erfordert ordentliche Planung und
einen Haufen Arbeit.
Eine Kurzanleitung: wie man ein sinnvolles
Fundmeldesystem schafft
Auch wenn es viel
Arbeit ist und gute Planung erfordert, ist die Erschaffung eines sinnvollen,
d.h. eines funktionierenden archäologischen Fundmeldesystems, im Prinzip nicht
besonders schwer; und man braucht auch das Rad nicht neu zu erfinden, sondern
kann sich viel von bereits seit mehreren Jahrzehnten bestehenden, wenigstens
vergleichsweise zum österreichischen sehr gut funktionierenden
Fundmeldesystemen wie dem britischen PAS oder dem dänischen DIME, abschauen –
deren Personal einen übrigens auch gerne dabei berät, wenn man ein solches
System aufbauen will. Es sei hier aber zum Abschluss dieses Beitrags noch eine
Kurzanleitung gegeben, wie ein Aussichten auf erfolgreiches funktionieren
habendes archäologisches Fundmeldesystem aufgebaut werden könnte, auch in
Österreich.
1.) Wer soll melden?
Im ersten Schritt ist
die Zielgruppe des Meldesystems zu definieren, also die Menschen, die es primär
nutzen sollen. Es gibt hierbei nur drei Zielgruppen, aus denen man wählen kann:
„echte Zufallsfinder“, also Personen, die z.B. auf dem Weg in die Arbeit oder
beim Spazierengehen rein zufällig einen relevanten Fund am Boden bemerken;
„erdarbeitende Finder“, also Personen, die im Rahmen bau-, land- oder
forstwirtschaftlicher Tätigkeiten Erdarbeiten durchführen und dabei (im
Vergleich mit echten Zufallsfindern gehäuft) Bodenfunde und vor allem -befunde
entdecken; und „absichtliche Finder“, also Heimatforscher*innen, Scherben- und
Steinbeilsammler*innen, Magnetangler*innen und Metallsucher*innen, die mit der
Intention, Boden- bzw. Unterwasserfunde zu entdecken, mehr oder minder
systematisch die Landschaft absuchen. Diese drei unterschiedlichen Zielgruppen
haben sehr unterschiedliche Motivationslagen beim Finden und beim Melden, und
finden Funde auch unter sehr unterschiedlichen Umständen, woraus sich deutlich
unterschiedliche Anforderungen für ein für die jeweilige Zielgruppe geeignetes
Fundmeldesystem ergeben;[39]
und je nachdem, welche Zielgruppe man ansprechen will, muss man mit einer
deutlich unterschiedlichen Anzahl eingehender Meldungen rechnen und das für
deren Verarbeitung erforderliche Personal bereitstellen.
Exkurs: für welche Zielgruppe hat ein
Fundmeldesystem Sinn?
An dieser Stelle ist
kurz darauf hinzuweisen, dass sowohl aus archäologisch-fachlicher als auch
denkmalpflegerischer Sicht ein „eigenes archäologisches“ Fundmeldesystem
überhaupt nur sinnvoll ist, wenn es die Zielgruppe der „absichtlichen Finder“
ansprechen soll. Das liegt auch daran, dass nur diese Zielgruppe überhaupt eine
signifikante Menge „bedeutender“ archäologischer Fund entdeckt; wie schon oben
erwähnt, wohl jedes Jahr viele Zehntausende, wenn nicht gar Hunderttausende
oder Millionen.[40]
Es liegt aber vor allem daran, dass ein über die ohnehin schon bestehenden
Fundmelderegelungen des ABGB hinausgehendes „eigenes“ Fundmeldesystem für
„echte Zufallsfinder“ aufgrund deren Motivationen und Bedürfnissen bei der
Erstattung von Fundmeldungen grundsätzlich nahezu völlig sinnlos[41]
und ein präventives Vorerkennungssystem (z.B. iSd ÖNORM S 2411) während der
Planung von Erdarbeiten viel sinnvoller als ein Fundmeldesystem für
„erdarbeitende Finder“ ist.[42]
Mit der erforderlichen Schärfe gesagt: in Zeiten von und Luft- und
LIDAR-Bildern und zahllosen billigen zerstörungsfreien geophysikalischen
Prospektionsmethoden ist eine moderne, effektiv organisierte archäologische
Denkmalpflege ebenso wie die archäologische Wissenschaft nicht (mehr) auf
„Zufallsfundmeldungen“ – und dabei handelt es sich im Endeffekt bei sowohl
denen der „echten Zufallsfinder“ als auch der „erdarbeitenden Finder“ –
angewiesen; man kann sich also ein über die Bestimmungen des ABGB hinausgehendes
„Zufallsfundmeldungssystem“ zur Gänze sparen.
Die in diesem ersten
Schritt zu treffende Entscheidung ist also eigentlich (nur) die, ob man ein
System zur Beteiligung von an der Suche nach Bodenfunden interessierten
Bürger*innen (iSd Art. 11 lit. b-e und 13 lit. a-c des Faro-Übereinkommens,
BGBl. III Nr. 23/2015) an der archäologischen Landesaufnahme in Form eines
Fundmeldesystems für „absichtliche Finder“ einführen möchte; oder ob man (krass
entgegen den sich aus dem Faro-Übereinkommen ergebenden Verpflichtungen)
jedwede selbstverantwortliche Bürgerbeteiligung an der archäologischen
Denkmalpflege verbieten will, also den Denkmalschutz und die Denkmalpflege als
alleinige Aufgabe des Staates unter absoluter Kontrolle und ausschließlich
durch die dafür vom Staat beschäftigten „Expert*innen“ betrachten und (damit
absolut antidemokratisch) organisieren will. Welche Folgen die letztgenannte
Variante hat, zeigt sich am oben zur Fundmelde-App des BDA Festgestellten:
nachdem die vom Staat beschäftigten angeblichen „Expert*innen“ hochgradig
inkompetent sind, schädigt das nur den Denkmalschutz.
2.) Welche Funde sollen gemeldet werden?
Im zweiten Schritt ist
zu definieren, welche Funde überhaupt gemeldet werden sollen; weil von dieser
Definition und insbesondere ihrer Nachvollziehbarkeit durch Mitglieder der
angesprochenen Zielgruppe einerseits die Nützlichkeit der eingehenden
Fundmeldungen für den von der Meldeeinrichtung verfolgten Zweck und
andererseits die Menge der voraussichtlich eingehenden Fundmeldungen
empfindlich abhängt. Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass völlig
unverständliche Definitionen wie „alle möglicherweise bedeutenden
archäologischen Funde“ sinnlos sind, weil der Durchschnittsfinder (selbst wenn
er der Zielgruppe der „absichtlichen Finder“ angehört) weder die Bedeutung
eines Fundes sinnvoll abschätzen noch eine vernünftige Abgrenzung zwischen
„archäologischen Funden“ und „altem Mist“[43]
treffen kann: solche schwammigen Definitionen führen nur dazu, dass Finder mit
der Entscheidung, was sie nun melden sollen, allein gelassen werden, und in der
Folge die Mehrheit der eingehenden Meldungen nicht zweckdienlich im gerade
genannten Sinn sein wird.
Glücklicherweise kann
man, wenn man auf die Zielgruppe der „absichtlichen Finder“ abstellt, davon
ausgehen, dass die meisten davon gewisse Vorkenntnisse mitbringen bzw. bei
Ausübung ihres Hobbys rasch entwickeln. Das hat zur Folge, dass man für diese
Zielgruppe die Definition, welche Funde gemeldet werden sollen, z.B. derart
gestalten kann, dass nur Funde eines gewissen Mindestalters und einer
bestimmten Seltenheit darunter fallen; und somit die Anzahl der erwartungsgemäß
eingehenden Meldungen bis zu einem gewissen Grad steuern: wählt man z.B. das
Jahr 1900 als zeitliche Grenze, muss man mit viel mehr eingehenden
Fundmeldungen rechnen (und daher auch viel mehr Personal zu deren Verarbeitung
zur Verfügung stellen) als wenn man z.B. das Jahr 1700 gewählt hätte.
Gleichermaßen kann man dadurch, dass man vorgibt, dass z.B. nur aussagekräftige,
regional seltene, gut erhaltene Funde gemeldet werden sollen, nicht hingegen aussagenlose
und schlecht erhaltene, die man noch dazu regional häufig findet (wie z.B.
gängige Münzen der letzten 300 Jahre, nicht genauer bestimmbare Wandscherben
von Gefäßen, etc.), die Anzahl der erwartungsgemäß eingehenden Fundmeldungen
deutlich senken.[44]
Schließlich muss man
sich auch noch überlegen, ob man von bereits bekannten Fundstellen weitere
Fundmeldungen erhalten will; falls ja, ob man von diesen dieselben Funde wie
von überall sonst oder eine enger eingeschränkte oder andere Auswahl der
entdeckten Funde gemeldet bekommen will; und wie man Finder davon in Kenntnis
setzt, dass sie sich auf einer bereits bekannten Fundstelle befinden und daher eventuell
eine andere Auswahl aus den entdeckten Funden oder gar überhaupt keine Funde
von dieser Fundstelle (mehr) melden sollen.[45]
Denn auch durch den Ausschluss bzw. die stärkere Einschränkung redundanter
Fundmeldungen – so bringt z.B. die x-te Meldung desselben der Behörde (bzw.
sonstigen Fundmeldestelle) bereits wohlbekannten mutmaßlichen Grabhügels, aber
auch die eines in die bereits bekannte Laufzeit einer bereits bekannten
Fundstelle fallenden, gut datierbaren beweglichen Kleinfundes, keinen
signifikanten Informationsgewinn mehr – kann die Anzahl der erwartungsgemäß
eingehenden Fundmeldungen deutlich gesenkt bzw. genauer gesteuert werden.
3.) Welche legistischen Maßnahmen sind
erforderlich?
Als dritter Schritt
ist zu erwägen, ob und wenn ja welche legistischen Maßnahmen getroffen werden
müssen, um sicherzustellen, dass das geplante Fundmeldesystem auch rechtlich
einwandfrei funktioniert. Dabei ist zuerst zu bedenken, dass eine rechtliche
Regelung, die über ein ohnehin schon bestehendes allgemeines Fundmeldesystem
(wie z.B. in Österreich das der §§ 385-401 ABGB) hinausgeht, eventuell gar
nicht nötig ist;[46]
und eine duale Regelung (wie derzeit in Österreich durch die
nebeneinanderstehenden Bestimmungen des ABGB und der §§ 8-11 DMSG) für
durchschnittliche Normunterworfene nur verwirrend und daher einem effektiven
Funktionieren des Fundmeldesystems abträglich ist (siehe dazu schon die
Ausführungen weiter oben zu den sich durch die Fundmelde-App des BDA ergebenden
Probleme).
Vor allem ist es aber
wichtig sicherzustellen, dass die gesetzliche Regelung das geplante
Fundmeldesystem nicht sabotiert bzw. konterkariert: einem effektiven
Fundmeldesystem für „absichtliche Finder“ ist es z.B. abträglich, wenn
gleichzeitig eine strafbewehrte denkmalrechtliche NFG-Pflicht besteht, die
durch einen subjektiven Anknüpfungstatbestand ausgelöst wird. In diesem Fall
stellt sich nämlich bei jeder Fundmeldung die Frage, ob der Melder, der den
gemeldeten Fund ja „absichtlich“ entdeckt hat, nach „Denkmalen“ gesucht hat und
daher einer NFG bedurft hätte; oder eigentlich nach einer beliebigen anderen
Sache gesucht hat und daher keiner NFG bedurfte. Muss der Finder aber
befürchten, dass jedes Mal, wenn er einen seiner Funde meldet, die Meldebehörde
seine Suchmotive hinterfragen und ihn eventuell – wenn sie aus welchem Gründen
auch immer (und sei es auch nur irrtümlich) zum Schluss kommt, dass er mit dem
verbotenem subjektiven Motiv der „Denkmalentdeckung“ gesucht hat – bei der
Strafverfolgungsbehörde anzeigen muss, gegenüber der er sich dann rechtfertigen
muss, wird er weit weniger geneigt sein, seine Funde zu melden, weil er sich
mit jeder Meldung der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt. Will man also ein
Fundmeldesystem für „absichtliche Finder“ und gleichzeitig auch eine
denkmalrechtliche Genehmigungspflicht von Nachforschungen, so muss man für die
Auslösung dieser NFG-Pflicht einen objektiven Anknüpfungstatbestand[47]
vorsehen.
4.) Wie sollen Meldungen erstattet werden?
Der vierte Schritt ist
es, zu planen, wie die Fundmeldungen erstattet werden sollen. Dafür gibt es im Prinzip
zwei Möglichkeiten: persönlich oder mittels geeigneter
Telekommunikationsmethoden (wie z.B. Email, telefonisch, brieflich, per
Meldeformular auf einer Webseite, per eigener Fundmelde-App, etc.).
Soll die Meldung
persönlich erfolgen, sind entsprechend viele, leicht zugängliche, zulässige
Meldestellen vorzusehen (und entsprechend personell auszustatten), weil von
Findern nicht erwartet werden kann, dass sie auf eigene Kosten größere
Distanzen reisen, um ihre Funde zu melden. Das bedeutet allerdings einen
bedeutenden Personalaufwand, weil den offensichtlich geeignetsten Stellen – den
gem. § 14 Abs. 5 SPG als allgemeine Fundbehörde fungierenden Gemeindeämtern
(Bürgermeistern) – in aller Regel die nötige fachliche
archäologisch-denkmalpflegerische Expertise fehlt. Diese ist aber nötig,
einerseits um relevante von irrelevanten Fundmeldungen trennen zu können und
andererseits, um den Findern für diese nützliches Feedback zu den gemeldeten
Funden geben zu können; und Findern nützliches Feedback zu geben ist eine der
wichtigsten Maßnahmen, um deren Meldewilligkeit zu erhalten bzw. zu fördern. Alternativ
ist auch ein dem britischen PAS entsprechendes Modell vorstellbar, bei dem die
für „archäologische“ Fundmeldungen (primär durch „absichtliche Finder“)
zuständige Einrichtung – in England und Wales eben das am British Museum und
National Museum of Wales angesiedelte PAS – regional verteilte Mitarbeiter beschäftigt,
die regelmäßige „Fundmeldetermine“ an verschiedenen Orten in ihrem
Zuständigkeitsbereich anbieten; wobei auch hier zentral ist, dass diese
Mitarbeiter*innen des Meldesystems den Findern für diese nützliches Feedback zu
den gemeldeten Funden geben.
Sollen Meldungen
hingegen (vorwiegend) mittels geeigneter Telekommunikationsmethoden –
heutzutage wohl am ehesten mittels einer App, die grundsätzlich ähnlich wie
„Ice Watcher“ funktioniert, aber sinnvoller gestaltet ist, datenschutzkonform
ist und keine gravierenden Sicherheitslücken aufweist – erstattet werden,
genügt eine zentrale Einrichtung, die für die zeitnahe Erledigung aller
eingehenden Fundmeldungen ausreichendes Personal beschäftigt. Bei dieser Lösung
ist allerdings auch zu bedenken, dass einer der wichtigsten
Meldemotivationsfaktoren für „absichtliche Finder“ ist, dass sie von der
Stelle, der sie ihre Funde melden, für sie nützliche Informationen über die von
ihnen gemeldeten Funde erhalten. Es muss also auch hier einen Feedback-Mechanismus
geben, weil andernfalls die Fundmeldungen rasch versiegen.
5.) Wie sind eingehende Fundmeldungen zu
verarbeiten?
Als fünfter Schritt
ist die Verarbeitung eingehender Fundmeldungen in der Meldestelle zu planen;
d.h. was ein/e dafür zuständige/r Mitarbeiter*in der Meldestelle alles zu
erledigen hat, wenn eine Fundmeldung bei ihm/ihr eingeht.
Dabei ist zuerst und
ganz besonders zu bedenken, dass und welche Informationen der Melder des Fundes
und gegebenenfalls auch bezüglich des Fundortes Verfügungsberechtigte zeitnah
benötigen, wie z.B. ob der Fund und gegebenenfalls dessen Fundumstände gem. § 9
Abs. 1 DMSG für 5 Tage unverändert zu belassen sind und/oder gem. § 9 Abs. 3
DMSG bis zu sechs Wochen ab Erstattung der Fundmeldung unter Denkmalschutz
stehen oder nicht;[48]
und ob das BDA gem. § 9 Abs. 4 DMSG (oder eine andere unter einer neuen
Gestaltung des ausschlaggebenden Rechts möglicherweise zuständige und
berechtigte Organisation) die beweglichen Fundgegenstände zur
wissenschaftlichen Bearbeitung zeitweilig einziehen wollen oder nicht.[49]
Es ist daher das Meldungsverarbeitungssystem so zu gestalten, dass die
Betroffenen diese Informationen auch tatsächlich verlässlich so rasch wie
möglich erhalten. Gleichermaßen ist zu bedenken, dass die „absichtlichen
Finder“, die Meldungen erstatten sollen, nicht zuletzt auch insbesondere
dadurch zum Melden animiert werden, dass sie mehr Informationen über ihren Fund
erhalten; weswegen pro erwartet eingehender Fundmeldung ausreichende
wissenschaftliche Bearbeitungszeit einzuberechnen ist (erfahrungsgemäß durchschnittlich
1-3 Stunden Arbeitszeit eines wissenschaftlichen Mitarbeiters pro Fundmeldung;
vgl. Karl 2019, 154-159).
Schließlich ist auch
noch zu entscheiden, ob die Fundbergung regelhaft dem Finder selbst überlassen
bleiben (der dazu dann auch klar anzuweisen ist) oder durch Organe bzw.
Beauftragte der Fundmeldestelle erfolgen soll; gegebenenfalls sind dann der Fundmeldestelle
ausreichendes Personal und Ressourcen für die dafür erforderlichen
Dienstfahrten zur Verfügung zu stellen. Denn ein Fundmeldesystem, bei dem
Finder-Melder ihre Funde auf Anordnung der Behörde (bzw. Fundmeldestelle) in
situ belassen müssen, um die sich diese Behörde (bzw. Fundmeldestelle) dann
aber nicht weiter kümmert und sie nicht birgt, kann und wird nicht
funktionieren.[50]
Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Behörde (bzw. sonstige
Fundmeldestelle) nicht genug Personal und Ressourcen zur Verfügung haben wird,
um gemeldete Funde so zeitnah bergen zu können, dass nicht ein signifikanter
Anteil davon verloren geht; und daher im Zweifel eine Fundbergung durch die
Finder-Melder selbst zu wählen.[51]
6.) Berechnung des benötigten Personal- und
Ressourcenbedarfs
Auf Basis der in den
fünf vorigen Schritten getroffenen Entscheidungen und vorgenommenen
Abschätzungen ist nun als sechster Schritt prognostisch zu berechnen, wie viel
Personal und sonstige Ressourcen voraussichtlich dafür benötigt werden, um das
Funktionieren des geplanten Fundmeldesystems in der Praxis auch tatsächlich
gewährleisten zu können. Stehen die so ermittelten Personal- und sonstigen
Ressourcen der geplanten Meldestelle zur Verfügung, kann mit der praktischen
Umsetzung des Systems begonnen werden; idealerweise zuerst in Form eines
Pilotprojekts, z.B. in einer vorerst noch räumlich beschränkten Testregion.
Stehen die
voraussichtlich benötigten Ressourcen hingegen nicht in ausreichender Menge zur
Verfügung und besteht auch keine Aussicht, sie in ausreichender Menge zur
Verfügung gestellt zu bekommen, sind Schritte 2-6 so lange iterativ zu
wiederholen, bis voraussichtlich eine Kongruenz zwischen der Zahl
voraussichtlich eingehender Fundmeldungen und zu deren Verarbeitung verfügbaren
Ressourcen erreicht wird; z.B. indem die Definition, welche Funde gemeldet
werden sollen enger gefasst wird als ursprünglich gehofft; die Identifikation
von Funden auf ein wiki-artiges System umgestellt wird, in dem die Melder-Gemeinschaft
die Funde überwiegend selbst bestimmt und sich die Meldestelle auf die
Kontrolle der durch die Gemeinschaft erstellten Fundbestimmungen konzentriert
und das Setzen erforderlicher denkmalpflegerischer Maßnahmen konzentriert;
statt der Fundbergung durch die Behörde bzw. Meldestelle die Fundbergung den
Findern selbst überlassen wird; etc.
Lässt sich hingegen
auch durch derartige Modifikationen der Eckpfeiler des geplanten
Fundmeldesystems dennoch keine Kongruenz zwischen der Zahl voraussichtlich
eingehender Fundmeldungen und zu deren Verarbeitung verfügbaren Ressourcen
erreichen, ist festzustellen, dass unter den gegebenen (bzw. realistisch
erreichbaren) Bedingungen das geplante Fundmeldesystem nicht eingerichtet
werden kann. In diesem Fall ist zu überlegen, ob es alternative Möglichkeiten
gibt, z.B. die Einrichtung eines archäologischen Fundmeldesystems der archäologischen
Wissenschaft bzw. deren Institutionen (wie z.B. den archäologischen Museen, den
archäologischen Universitätsinstituten, der Akademie der Wissenschaften, etc.) oder
der zivilgesellschaftlichen Selbstorganisation zu überlassen: will oder kann
der Staat die für ein funktionierendes archäologisches Fundmeldesystem
erforderlichen Ressourcen nicht aufbringen, dann besteht schließlich
offensichtlich kein öffentliches Interesse daran und der Staat hat sich aus der
Regelung dieses Lebensbereichs völlig zurückzuziehen und sich auf die Aufgaben
zu beschränken, die er tatsächlich sowohl leisten will als auch leisten kann.
Denn ein dysfunktionales Fundmeldewesen, wie es in Österreich derzeit besteht,
bringt nichts und niemandem etwas und verursacht nur unnötigen Schaden; einmal
abgesehen davon, dass es dennoch Steuergeld verschlingt, das man besser
anderweitig einsetzen könnte (egal, wie wenig es sein mag).
7.) Praktische Umsetzung
Erst wenn man bei der
Planung in Schritt 6 eine Kongruenz zwischen der Zahl der voraussichtlich
eingehenden Fundmeldungen und den zu ihrer Verarbeitung verfügbaren Ressourcen
erreicht hat, hat es Sinn, sich an die praktische Umsetzung des geplanten
Fundmeldesystems heranzuwagen. Es ist an diesem Punkt, an dem man sich die
Anschaffung einer bereits existierenden oder, noch besser, die Programmierung
einer eigenen App für die Erstattung von Fundmeldungen überlegen und, wenn man
sich dafür entscheidet, eine solche auch so designen kann, dass sie den gewünschten
Zweck erfüllt.
An diesem Punkt ist es
dann z.B. wichtig, ob man sich dafür entschieden hat, die Fundbergung den
Finder-Meldern selbst anzuvertrauen oder die zeitnahe Bergung aller (!)
gemeldeten Funde der Behörde (bzw. sonstigen Meldestelle) zu überlassen: hat
man nämlich Ersteres getan, kann man den Finder-Meldern empfehlen, am Fundort
nur Fundstellenkoordinaten und eventuell ein Überblicksfoto aufzunehmen, den
Fund hingegen zu bergen, nach Hause mitzunehmen, dort einigermaßen ordentlich
zu reinigen und zu fotografieren, und erst dann die Meldung mit einem ihr
angeschlossenen Foto zu übermitteln, auf dem der/die zuständige
Sachbearbeiter*in ihn auch einigermaßen erkennen, bestimmen und die Fundmeldung
eventuell gleich mit Foto in eine öffentlich zugängliche Funddatenbank
einpflegen kann. Hat man sich hingegen für Letzteres entschieden, sind Fotos
des Fundes und der Fundstelle unwichtig, dafür muss die Melde-App den
Finder-Melder zur Angabe seiner realen Kontaktdaten verpflichten, damit ein
(selbstverständlich auch am Wochenende arbeitendes) „schnelles Einsatzteam“ der
Behörde (bzw. sonstigen Meldestelle) diesen kontaktieren und sich den Fund in
situ zeigen lassen kann, um nicht auf Basis eines schlechten Fotos und
unpräziser GPS-Koordinaten Stunden mit der Suche nach einer längst abhanden
gekommenen, aussagenlosen Wandscherbe verschwenden zu müssen.
8.) Pilotprojekt in Testregion vor österreichweitem
Start
Dieses System – wie
auch immer es dann konkret gestaltet ist – ist dann in einer Pilotprojektregion
zu testen, ehe es österreichweit freigeschaltet wird. Ein solcher Test ist
unbedingt notwendig, da die Vorhersage der Anzahl der erwartungsgemäß
eingehenden Meldungen auf zahlreichen ungesicherten Annahmen bzw. Schätzwerten
beruht; so z.B. der mutmaßlichen Anzahl und des (von Anfang an) meldebereiten Anteils
der aktiven „absichtlichen Finder“, der durchschnittlichen Anzahl der von
diesen entdeckten, der gewählten Definition „meldewürdiger“ Gegenstände
genügenden Funde, der durchschnittlichen Bearbeitungszeit pro Fund durch die
Sachbearbeiter*innen der Behörde bzw. Meldestelle, usw.; deren (wenigstens
ungefähre) Richtigkeit durch das Pilotprojekt zu prüfen bzw. die durch reale
Erfahrungswerte zu ersetzen sind. Ebenso ermöglicht ein Pilotprojekt,
Schwankungen in der Anzahl eingehender Meldungen im Jahresverlauf – im Winter
und bei Schlechtwetter sind z.B. vermutlich weniger „absichtliche Finder“ auf
der Suche nach Bodenfunden als zu anderen Zeiten im Jahr – genauer zu erfassen und
das Meldesystem z.B. durch geplante Einstellung zusätzlicher, temporärer
Arbeitskräfte während den „Hochsaisonen“ dafür bereit zu machen. Die Ergebnisse
des bzw. Erfahrungen aus dem Pilotprojekt gestatten dann erforderlichenfalls
eine weitere Anpassung zentraler Parameter des geplanten Systems (wie der
Definition „meldewürdiger“ Funde), ehe es österreichweit freigeschaltet wird;
um sicherzustellen, dass es nicht gleich zu Beginn aufgrund von Überlastung
zusammenbricht, die Finder-Melder enttäuscht und sich damit bald totläuft.
Zusammenfassung und
Schlussfolgerungen
Mittels der „Ice
Watcher“-App hat das BDA versucht, das bekanntermaßen komplett dysfunktionale
archäologische Fundmeldesystem in Österreich durch Bereitstellung einer sehr
einfachen Möglichkeit, entdeckte Funde zu melden, auf eine neue Basis zu
stellen. Dieser Versuch war zweifellos gut gemeint, was entsprechende
Anerkennung verdient: man hat im BDA offenbar erkannt, dass es in diesem
Bereich ein Problem gibt, und versucht, eine Lösung zu finden.
Leider hat man
allerdings im BDA ebenso offenbar nicht einen Gedanken darauf verschwendet, wie
man dieses – zugegebenermaßen einigermaßen komplexe – Problem effektiv lösen
kann, sondern einfach vollkommen gedankenlos eine „App“ für
„Gletscher-Fundmeldungen“ zugekauft, die man nicht einmal auch nur ansatzweise
an die Erfordernisse eines funktionierenden archäologischen Fundmeldesystems
anpassen hat lassen. Überhaupt bekommt man anhand dieses Versuchs den Eindruck,
dass man diese Behörde dringend auf Bundesdenknichtamt umbenennen sollte: man
hat sich nämlich auch weder Gedanken darüber gemacht (oder wenn doch die daraus
zu ziehenden Schlüsse und Folgen einfach ignoriert), wer diese App auf welche
Weise nutzen soll; noch über den Datenschutz; noch darüber, wie man – und sei
es auch nur durch primitivste Schutzmechanismen – ihren Missbrauch als
Tatwerkzeug zum Begehen von „perfekten“[52]
schweren Vergehen oder gar Verbrechen wenigstens erschweren, wenn nicht gar
einigermaßen effektiv verhindern kann.
Ja man scheint im BDA
nicht einmal einen Gedanken darauf verschwendet zu haben, welche vorhersehbaren
Folgen es hat, wenn Finder-Melder die App wie entsprechend der (spärlichen)
Anleitungen durch das BDA vorgesehen verwenden; also tatsächlich „alle“
Bodenfunde melden, bei denen sie sich nicht sicher sein können, dass sie nicht (und
sei es nur rein hypothetisch bzw. im Sinne der Denkmalbegriffsdefinition von
Riegl[53])
„‘Denkmale‘ im weitesten Sinn“ (RV 1999, 37) sein könnten, und diese wie
in der App angeordnet „Nicht berühren!“, also „unverändert“ in
situ irgendwo in der Gegend herumliegen lassen. Dass das, wenn (nicht einmal
alle, sondern bloß einige wenige) Finder tatsächlich die App so wie vorgesehen
nutzen, nicht nur zu einer mit dem bestehenden Personalstand der Abteilung
Archäologie nicht bewältigbaren Flut überwiegend völlig sinnloser Fundmeldungen
führen muss (und auch tatsächlich führt), hat man im Amt ebenso wenig bedacht
wie dass sich aus dem Eingang von solchen Fundmeldungen bei der Behörde für
diese nicht nur – wenn relevante Funde gemeldet werden – die Möglichkeit
ergibt, neue Fundpunkte der Fundstellendatenbank des BDA hinzuzufügen, sondern
für die Behörde daraus auch zahlreiche Pflichten[54]
entstehen. Zu diesen gehören insbesondere die Pflichten, den Finder-Melder und
die bezüglich des Fundorts Verfügungsberechtigten (und sei es nur
erforderlichenfalls) über die allfällige Denkmalschutzrelevanz der erstatteten
Fundmeldung und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen zu informieren und die
jedenfalls die (insbesondere eigentums-) rechtlichen Interessen des
Finder-Melders und gegebenenfalls auch des Grundeigentümers durch zeitnahe
Sicherstellung des von Finder in situ belassenen Fundes zu schützen.[55]
Statt also das
tatsächlich bestehende Problem des derzeit völlig dysfunktionalen
archäologischen Fundmeldewesens zu lösen oder auch nur eine Verbesserung des
Fundmeldewesens in der Praxis zu erreichen (selbst wenn es danach immer noch
insgesamt als dysfunktional zu bewerten ist; aber wenigstens etwas weniger
dysfunktional als zuvor), hat das BDA durch den vorhersehbar völlig
ungeeigneten Lösungsversuch das Problem noch weiter verschlechtert; also das
Fundmeldesystem „verschlimmbessert“. Statt sich zuerst einmal hinzusetzen und
sich ordentlich – idealerweise unter ausgiebiger Konsultation von kompetenten
(ob nun in- oder ausländischen) Expert*innen und relevanten Stakeholdern (z.B.
Heimatforscher*innen, Fundsammler*innen, Metallsucher*innen und
Magnetangler*innen) – zu überlegen, was überhaupt erforderlich ist, um ein –
und sei es auch nur einigermaßen – funktionales archäologisches Fundmeldesystem
aufzubauen, dieses System dann sachverständig zu planen, in einem regionalen
Pilotprojekt auf Herz und Nieren zu testen, und es erst wenn es sich in diesem
Pilotprojekt bewährt hat österreichweit umzusetzen, hat das Amt eine völlig
undurchdachte Alibihandlung gesetzt, die man – weil sie wenigstens kurzfristig
die Anzahl der bei der Behörde eingehenden Fundmeldungen vergrößern wird – am
Papier als „Erfolg“ oder wenigstens als halbwegs erfolgreichen
Verbesserungsversuch verkaufen kann. Damit kann dann die Behörde – nachdem sie
die ihr daraus entstehenden Pflichten schließlich weiterhin einfach ignorieren
wird – vielleicht ein paar weitere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, völlig untätig
bleiben und das tatsächliche Problem ungelöst lassen.
All das ist jedoch zum
Schaden der Denkmale, des Denkmalschutzes, der archäologischen Wissenschaft und
nicht zuletzt der Bürger*innen, die sich als eine „Gemeinschaft für das
Kulturerbe“ (iSd Art. 2 lit b des Faro-Übereinkommens, BGBl. III Nr.
23/2015) für die Bodenfunde interessieren, die sie als Teil ihres Kulturerbes
wertschätzen, das sie im Rahmen privater Maßnahmen zu wahren und an
nachfolgende Generationen zu übertragen wünschen. Und dass die Bürger*innen das
im Rahmen privater Maßnahmen tun müssen, wenn sie ihr Kulturerbe wahren wollen,
statt dass ihr Kulturerbe, wie eigentlich von der Faro-Konvention vorgesehen, im
Rahmen „öffentlicher“ Maßnahmen bewahrt wird, liegt daran, dass sich die
eigentlich zu ihrer Unterstützung dabei und zum Schutz ihrer Interessen an der Bewahrung
ihres kulturellen Erbes existierende Behörde nicht im mindesten darum
schert, was sie wertschätzen; weil sich die Organe dieser Behörde ganz im Sinne
des „autorisierten Denkmaldiskurses“ (Smith 2006, 29-34)[56]
für die einzigen zur Beurteilung von „Denkmalwert“ ausreichend
gebildeten und kultivierten Expert*innen halten: für die Philosophen-Könige
(Watzlawick 2001, 102-103) der Denkmale, die zum Wohle und zur „Bildung“ ihre
subjektiven Vorlieben allen ihren inferioren Mitbürger*innen aufzwingen dürfen
und sogar müssen. Und das ist nicht nur mit den Grundwerten einer
demokratischen Gesellschaft, einem modernen Denkmalschutz und einer modernen
Denkmalpflege unvereinbar, sondern, weil die Organe des BDA schon zu wissen
glauben und daher gar nicht mehr ernsthaft herauszufinden versuchen, was
tatsächlich für den bestmöglichen Schutz der Denkmale erforderlich ist (oder
auch nur was Denkmale sind), ein Rezept für ein denkmalpflegerisches Desaster. Denn
auch wenn sie es gut meinen: gut gemeint ist eben fast immer das Gegenteil von
gut gemacht.
Bibliographie
Achleitner, N. 2011. Auswertung
zum Fragebogen Sondengänger & Archäologie. Unpubl. Bericht.
Bazil, C.,
Binder-Krieglstein, R., Kraft, N. 2015. Das österreichische
Denkmalschutzrecht. Denkmalschutzgesetz & Kulturgüterschutzrecht,
Durchführungsvorschriften, Unionsrecht. 2. Aufl., Wien: Manz.
Karl, R. 2011. On the
highway to hell. Thoughts on the unintended
consequences of § 11 (1) Austrian Denkmalschutzgesetz. The Historic Environment – Policy and Practice 2/2, 111-33.
Karl, R. 2019. Wie viele Fundmeldungen braucht das
Land? Archäologische
Denkmalpflege 2, 144-168.
Karl, R. 2020. Kulturgüterschutz und
Rechtsmissbrauch. Archäologische
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Entscheidungspflicht gem. § 9 Abs. 3 Denkmalschutzgesetz des Bundesdenkmalamtes
binnen sechs Wochen ab Eingang von Fundmeldungen. Archäologische
Denkmalpflege 3, 355-412.
Karl, R. i.V. By and for experts, or by and
for all? Authoritarian vs. democratic archaeological heritage management. In: Proceedings
of the Third CAS-Getty Conference “Archaeological Heritage Preservation and
Cultural Heritage Discourses”; Journal of the Centre for Advanced Studies
Sofia – CAS Sofia Working Paper Series, in Vorbereitung.
ÖNORM S 2411. Beurteilung
von Risiken im Boden von Liegenschaften. Wien:
Austrian Standards.
Smith, L. 2006. Uses of Heritage.
London & New York: Routledge.
Watzlawick, P. 2001. Vom Schlechten des Guten. Oder: Hekates Lösungen. 8. Aufl., München: Piper.
[1] DAU = Dümmster anzunehmender User.
[2] Für weniger mit dem alpinen Skibetrieb vertraute Personen: Ratrac ist eine
weit verbreitete Marke von Pistenraupe, also eines Kettenfahrzeugs, das zur
Skipistenpräparierung verwendet wird.
[3] Der Vollständigkeit halber sei hier angemerkt, dass die überwältigende
Mehrheit aller dieser Metallsucher*innen in der überwältigenden Mehrheit aller
Fälle diesem Hobby wenigstens aus denkmalrechtlicher Sicht legal nachgeht: erfahrungsgemäß
erfüllen die meisten Metallsucher*innen den Anknüpfungstatbestand des § 11 Abs.
1 DMSG (Denkmalentdeckungsvorsatz 1. Grades inkl. Eventualvorsatz) nicht, weil
sie gerade nicht gezielt nach Denkmalen im Sinne des Gesetzes, sondern nach
allen Bodenfunden suchen, die ein Signal ihres Metallsuchgeräts auslösen; und
für die eventualvorsätzliche Erfüllung dieses Anknüpfungstatbestands konkrete
Hinweise auf das Vorkommen denkmalschutzrelevanter Gegenstände auf der
untersuchten Bodenfläche öffentlich bekannt sein müssen (VwGH 23.2.2017, Ro
2016/09/0008, Rz 17-18), was in der Regel gerade nicht der Fall ist. Damit ist
ihnen – weil sie weder subjektiv Denkmale zu entdecken versuchen noch objektiv
anzunehmen ist, dass dabei Denkmale iSd § 1 Abs. 1 bzw. 8 Abs. 1 DMSG entdeckt
werden – nicht nur die Metallsuche, sondern auch die Grabung nach Bodenfunden
bis in beliebige Tiefe (wenigstens 80 cm, siehe dazu BVwG 23.3.2022, W176
2245661-1/10E) gesetzlich genehmigungsfrei erlaubt. Einzig die Fundmeldepflicht
des § 8 Abs. 1 DMSG bei der Entdeckung von Bodendenkmalen im Sinne der
Legaldefinition dieses Begriffs und deren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG sind dabei
zu beachten. Erstatten diese Metallsucher*innen also mittels der App die
gesetzlich verpflichtende Fundmeldung (im Zweifel) bei jedem Fund, der auch nur
rein hypothetisch der Meldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG unterliegen könnte (um
Rechtssicherheit zu erlangen), haben sie jedenfalls völlig denkmalrechtsmäßig
gesucht und gegraben.
Inwieweit sie
auch zivilrechtlich legal gehandelt haben, d.h. nur mit Einwilligung des
Grundbesitzers gesucht und gegraben haben, bleibt sich im Vorliegenden
Zusammenhang hingegen gleich, weil die allfällige Besitzstörung nur von
rechtmäßigen Grundbesitzern bzw. dem Grundeigentümer rechtlich verfolgt werden
kann und niemand anderen als diese etwas angeht; und sofern diese nicht durch
Besitzstörungsklage das Gegenteil zum Ausdruck bringen ihr Einverständnis – und
sei es nur durch stillschweigende Duldung – angenommen werden muss.
[4] Zu beachten ist hier insbesondere, dass die Erstattung einer Fundmeldung
im Zweifel nicht als mutwillige Inanspruchnahme der Behörde gewertet werden
kann, wenn nicht jeder unvoreingenommene, vernünftige Dritte aufgrund der Natur
des gemeldeten Gegenstandes bzw. der dem Finder bekannten Fundumstände mit
Sicherheit wissen hätte müssen, dass der konkret betroffene Gegenstand tatsächlich
nicht der Meldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG unterliegt. Das ist z.B. – trotz des
vom BDA selbst verwendeten Beispiels der natürlich durch den Gletscher
mumifizierten Gämse – bei einem toten Wildtier der Fall, das am Wegrand in
halbverwestem Zustand aufgefunden wird: dieses ist sicherlich nicht ein von
Menschen geschaffener oder gestaltend veränderter Gegenstand und kann somit
kein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 (und somit auch kein Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1)
DMSG sein. Für die Meldung eines toten Wildtieres könnte die Behörde also rein
hypothetisch (wenn die App nicht auch noch andere Funktionen hätte, wie eben
Gletscherfunde zu melden, die nicht den Bestimmungen des DMSG unterliegen) eine
Mutwillenstrafe gem. § 35 AVG verhängen, für die Meldung eines beliebigen
Metallfragments hingegen nicht.
[5] Weit mehr allerdings auf den Speichern der Firma Biolovision Sàrl, auf
denen die beiden Fotos pro Meldung mit etwa 1,9 MB pro Bild gespeichert werden.
Bei „nur“ 135.000 Meldungen im Jahr wären das also ca. ½ Terabyte; bei 787.500
etwa 3 TB, bei 90 Millionen hingegen etwa 340 TB pro Jahr.
[6] Hierbei ist besonders zu beachten, dass eine derartige Aufhebung der
Beschränkungen des § 9 Abs. 1 DMSG durch ein Organ oder einen Beauftragten des
BDA der Feststellung gleichkommt, dass es sich bei den „aufgefundenen
Gegenständen (Fund)“ tatsächlich nicht um Denkmale iSd § 1 Abs. 1 bzw.
Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG handelt und daher auch die Bestimmungen des §
9 Abs. 3 DMSG auf diese Gegenstände (diesen Fund) nicht anwendbar sind.
[7] Sofern es sich bei der Antwort von HR Hebert auf meine beiden per App
erstatteten Fundmeldungen vom 20.1.2024 (und eine ähnlichen Inhalt aufweisende
Email von HR Hebert an einen mir bekannten Dritten, der ebenfalls am Wochenende
20./21.1.2024 einige Fundmeldungen per App erstattet hatte) um eine solche
Aufhebung gem. § 9 Abs. 1 DMSG handeln sollte, ist dies aus ihrem Inhalt und
Wortlaut nicht ausreichend (bzw. eigentlich: überhaupt nicht) erkennbar.
[8] Wie das z.B. jedenfalls der Fall ist, wenn Gegenstand der Fundmeldung
ein Wallabschnitt ist, der Teil der die betreffende Siedlungsfundstelle
eingrenzenden Wall-Graben-Anlage ist: nachdem sowohl gemäß dem Wortlaut des
Gesetzes als auch der einschlägigen Judikatur „das Denkmal“ (und auch „das
Bodendenkmal“) nicht nur der zufällig als erstes entdeckte, zufällig sichtbare,
Teil der (als Denkmal) zusammengehörenden Sache(n) ist, sondern alles, was zu
dieser als ein Einzeldenkmal zu betrachtenden und behandelnden
Siedlungsfundstelle (inklusive ihres Zugehörs, d.h. in ihr enthaltener
beweglicher und unbeweglicher Bestandteile) gehört, eben ein zusammengehörendes
Denkmal ist, ist von dem/der Sachbearbeiter*in nicht nur der zufällig durch die
Fundmeldung dem BDA zur Kenntnis gebrachte Teil (also z.B. das leicht sichtbare
Wallstück, das der Melder bemerkt hat), sondern das ganze Denkmal in seiner
Gesamtheit in Hinblick auf dessen geschichtliche, künstlerische und sonstige
kulturelle Bedeutung zu untersuchen und zu bewerten.
[9] Inwieweit es genügt, wenn der Finder selbst den Grundeigentümer und
sonstige bezüglich Fundstelle und Fund Verfügungsberechtigte von der Entdeckung
des Fundes in Kenntnis gesetzt hat, dass diese sich an die Rechtsfolgen des § 9
DMSG halten müssen, ist debattierbar: dem Finder fehlt schließlich gewöhnlich
der erforderliche Sachverstand, um korrekt beurteilen zu können, ob die von ihm
aufgefundenen Gegenstände tatsächlich derart bedeutend sind, dass sie den
Beschränkungen des DMSG unterliegen oder auch nur unterliegen könnten.
Fehlbestimmungen von rein natürlichen Gegenständen als Artefakte treten
insbesondere bei Steinfunden häufig auf, und treten auch bei Funden aus anderen
Materialien auf, wenn auch seltener. Eine rechtsverbindliche Feststellung, ob
ein aufgefundener Gegenstand überhaupt ein „Bodendenkmal“ iSd § 8 Abs. 1
DMSG ist, kann daher nur das BDA als für den Denkmalschutz zuständige Behörde
treffen. Zwar mag es für den Grundeigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte
sicherheitshalber ratsam sein, sich im Zweifel an die Bestimmungen des § 9 Abs.
1 DMSG zu halten, wenn sie der Finder vom Fund und der Abgabe der Fundmeldung
informiert hat, aber die Verpflichtung zu deren Beachtung entsteht ihnen mit
guter Wahrscheinlichkeit überhaupt erst, wenn sie das BDA davon informiert,
dass tatsächlich ein Bodendenkmal und nicht nur ein nicht denkmalschutzfähiger
Gegenstand entdeckt und gemeldet wurde.
[10] Dies würde sich, wenn der (noch ungeeignetere) Wortlaut der im derzeit
im parlamentarischen Verfahren befindlichen Ministerialentwurf einer
DMSG-Novelle tatsächlich beschlossen und somit zum Gesetz wird, aufgrund der
dann etwas anderen Definition des „Bodendenkmal“ ersetzenden Begriffs „archäologisches
Denkmal“ etwas, allerdings im Endeffekt nur unmaßgeblich, ändern.
[11] Nicht einmal das Fahrrad, das sicherlich nicht ein Denkmal iSd § 1 Abs.
1 DMSG sein könnte, weil ihm keinerlei geschichtliche, künstlerische oder
sonstige kulturelle Bedeutung zukommt.
[12] Wobei Letzteres sicherlich bei vielen dieser „mittel- und hochwertigen“
Bodenfunde ebenfalls nicht der Fall ist, die daher eigentlich nur der
Fundmeldepflicht des § 390 ABGB und nicht der Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1
DMSG unterliegen.
[13] Ob die Adresse tatsächlich existieren muss, habe ich nicht geprüft. Geprüft
habe ich nur, ob es möglich ist, eine existierende Emailadresse eines Dritten
anzugeben, was tatsächlich der Fall ist: das System verschickt nicht einmal eine
Überprüfungsemail an die angegebene Adresse, die der Adressat bestätigen muss, ehe
eine Meldung unter Angabe dieser „geborgten“ Adresse möglich ist.
[14] Am Startbildschirm der App wird durch ein Verbotsschild und die
Formulierung „Nicht berühren!“, also einen Imperativ (zu deutsch:
Befehlsform) und somit grammatikalisch völlig eindeutig, unmissverständlich zum
Ausdruck gebracht, dass es sich dabei nicht etwa um eine höfliche Bitte oder
eine unverbindliche Empfehlung, sondern eine behördliche Anordnung handelt!
[15] Rein hypothetisch schon allein deshalb, weil die Behörde, der sie ihren
Fund damit gemeldet haben – das BDA – überhaupt keine geeigneten Schritte (iSd
§ 42a Abs. 1 SPG) setzen wird (oder mangels Zuständigkeit auch nur setzen kann),
um einen möglicherweise noch existierenden rechtmäßigen Eigentümer der ihr
gemeldeten Fundgegenstände zu ermitteln; womit die Frist des § 395 ABGB mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verstreichen wird, ohne dass sie von
einem Verlustträger angesprochen wird; womit dem „Finder“ gem. § 395
bzw. „Finder“ und Grundeigentümer in Fällen des § 399 ABGB ein jeweils
zur Hälfte geteilter Eigentumsanspruch am Fund erwächst.
[16] Ein Wort des Dankes findet sich schließlich ohnehin schon in der Email
(siehe Abb.
3, Mitte rechts unter dem Kartenausschnitt), die
in Kopie automatisch von der App sowohl an die vom „Finder“ angegebene
Emailadresse als auch als Fundmeldung ans BDA übermittelt wird.
[17] Sachen, deren gemeiner Wert iSd § 391 Z 2 ABGB € 10 nicht übersteigt.
[18] Im Rahmen privater Maßnahmen überwiegend deshalb, weil sich die
staatliche Denkmalpflege weder dafür noch für sie interessiert; sie überhaupt nicht
als Gemeinschaft für das kulturelle Erbe und deren Werte schon gar nicht als
kulturelle Werte wahrnimmt oder anerkennt. Tatsächlich sind viele, wenn nicht
sogar praktisch alle, Sammler (wenigstens die ich kenne) durchaus daran
interessiert, dass ihre Sammlungen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
werden und – wenigstens nach ihrem Tod – auch im Rahmen öffentlicher Maßnahmen bewahrt
und an nachfolgende Generationen übertragen werden. Das scheitert in erster
Linie daran, dass öffentliche Einrichtungen, darunter auch die staatliche
Denkmalpflege, zumeist nicht das mindeste Interesse daran (und auch gar nicht
die Ressourcen dafür) haben, ihre Sammlungen – ob noch zu Lebzeiten oder nach
ihrem Tod – zu übernehmen und in dem jeweiligen Sammler angebracht
erscheinender Weise zu bewahren, geschweige denn der Öffentlichkeit zugänglich
zu machen.
[19] Bzw., sollte der derzeit im Raum stehende Ministerialentwurf zum Gesetz
werden, „archäologische Denkmale“.
[20] Jedenfalls mehr als € 10 bis wenigstens zu € 100, wenn nicht sogar €
1000 oder € 2000, siehe dafür die Wertgrenzen in §§ 391 Z 2, 393 Abs. 1 und 395
ABGB und § 42a Abs. 1 SPG.
[21] Siehe dazu schon oben: das BDA betrachtet und instruiert potenzielle
Finder auch dahingehend, dass jeder Boden- und Unterwasserfund, der nicht
offensichtlich rein natürlichen Ursprungs ist, d.h. alles, was auch nur im
weitesten Sinn als „Menschenwerk“ (Riegl 1903, 2) oder (wie der von
Ratracketten zerkratzte Geröllstein) von menschlichem Handeln betroffen
charakterisiert werden kann, wenigstens rein hypothetisch den Beschränkungen
des DMSG unterliegen könnte und daher ein Bodendenkmal ist.
[22] Wobei Letzteres, die unmittelbare Sicherstellung des Fundes durch dessen
Finder, wahrscheinlich ohnehin sinnvoller als deren Belassung in situ ist,
deren angebliche Wichtigkeit wir Archäologen uns ständig völlig
realitätsfremderweise zusammenfantasieren; wenigstens wenn nicht jeder
potenzielle Finder einen ständig kurzfristig verfügbaren Archäologen seines
Vertrauens auf Speed-Dial hat, der auf Pfiff (Entschuldigung: Anruf) sofort erforderlichenfalls
auch am Sonntag mitten im tiefsten Winter bei Schlechtwetter um 11 Uhr nachts
zum Fundort eilt und dort unmittelbar eine professionelle archäologische
Ausgrabung zur sachgerechten Bergung des Fundes und der Dokumentation seiner
Fundumstände durchführt, was er nach derzeitiger Rechtslage aufgrund des
automatischen Denkmalschutzes Kraft gesetzlicher Vermutung ab dem Moment der
Entdeckung des Bodendenkmals gem. § 9 Abs. 3 DMSG aufgrund des Verbots des § 4
Abs. 1 DMSG gar nicht ohne Genehmigung des BDA gem. § 5 Abs. 1 DMSG unter
Androhung von bis zu 360 Tagessätzen Strafe durch § 37 Abs. 1 und 2 Z 1 DMSG
und bis zu zwei Jahren Haft durch § 126 Abs. 1 Z 3 StGB und ohne Genehmigung
des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG unter Androhung von Strafe bis in Höhe von €
25.400 durch § 37 Abs. 2 Z 2 DMSG darf.
[23] Im Prinzip einfache Email-Massenverteiler, mittels derer man durch Email
and die Adresse der „Diskussionsliste“ eine Nachricht an alle eingetragenen
Mitglieder der Liste verbreiten konnte; sozusagen eine primitive Vorform
dessen, was heute z.B. Online-Diskussionsforen oder „soziale Medien“ wie
Facebook sind, die natürlich inzwischen viel komplexer sind, viel mehr
Funktionen haben und auch etwas anders funktionieren als ihre
onlinealtsteinzeitlichen Vorfahren.
[24] Inwieweit nicht auch schon die Angabe einer inexistenten Emailadresse
einen Missbrauch der App darstellt, ist wenigstens debattierbar, weil dadurch
verhindert wird, dass die Fundmeldungen bearbeitenden Organe des BDA auch in
Fällen, in denen das tatsächlich nötig sein könnte – z.B. weil am qua Meldung
übermittelten Foto tatsächlich ein mutmaßlich besonders bedeutendes, bewegliches
Bodendenkmal zu sehen ist, das aber vom an den Fundort entsandten
Sachverständigen des BDA dort nicht mehr vorgefunden wurde – den „Finder“
nicht kontaktieren können, um ihn wenigstens fragen zu können, ob er den Fund
entgegen der Anweisung ihn nicht zu berühren in sicheren Gewahrsam genommen und
das nur zu erwähnen vergessen hat, und der/die Sachverständige das Objekt daher
wenigstens bei ihm in Augenschein nehmen kann. Schließlich ist der „Finder“
einer beweglichen Sache eines unbekannten Eigentümers gem. § 390 ABGB der – und
sei es nur der gem. § 14 Abs. 5 SPG zuständigen – Fundbehörde „über alle für
die Ausforschung eines Verlustträgers maßgeblichen Umstände“
auskunftspflichtig (selbst wenn seine „anonyme“ Fundmeldung seine
Auskunftspflicht gem. § 30 Abs. 1 DMSG nach Ansicht des BDA vollständig erfüllt
haben sollte) und muss daher von dieser, im Fall dass diese Fragen an ihn hat,
kontaktiert werden können, weshalb sich „Finder“ auch normalerweise
(sofern sie nicht amtsbekannt sind) bei Abgabe einer Fundmeldung bei der gem. §
14 Abs. 5 SPG zuständigen Fundbehörde mit einem amtlichen Lichtbildausweis
auszuweisen haben.
[25] Siehe dazu auch schon FN 13.
[26] Wenigstens soweit dies aus Slide 14 der Powerpoint-Präsentation zur App
des BDA beim „runden Tisch Archäologie“ ersichtlich war.
[27] D.h. dass seine Emailadresse von einem unbekannten Dritten missbräuchlich
verwendet wurde!
[28] Es kann nur gehofft werden, dass wenigstens Biolovision Sàrl zur
Ausforschung eines die App missbräuchlich verwendenden Nutzers geeignete
Metadaten aufzeichnet und speichert, wie z.B. die SIM-Kartennummer,
Seriennummer des Telefons oder IMEI(s) – und auch erforderlichenfalls der
österreichischen Polizei für eine dahingehende Untersuchung zur Verfügung
stellt (bzw. nach Schweizer Recht überhaupt aufzeichnen und ausländischen Strafverfolgungsbehörden
für die Ausforschung von Straftätern zur Verfügung stellen darf).
[29] In Unkenntnis der genauen Rechtslage in all den Schweizer Kantonen,
deren Denkmalämter als „Partner“ in der App genannt sind, kann ich natürlich
nicht vollständig ausschließen, dass dort nicht alles (inklusive der maximalen
Unsicherheit der App) gesetzlich erlaubt ist und überhaupt keine rechtlichen
(wenn auch sicher auch dort praktische) Probleme verursacht; d.h. die
Inkompetenz und Gedankenlosigkeit der Schweizer Kolleg*innen nicht ganz so grenzenlos
ist wie die der diese App zugekauft habenden Organe des BDA. Viel geringer
dürfte sie allerdings wohl auch nicht sein, wenn man sich anschaut, wie leicht
diese App zu allen möglichen auch in der Schweiz unlauteren oder gar rechtswidrigen
Zwecken missbraucht werden kann.
[30] Anonyme Fundmeldungen waren in Österreich gem. § 8 Abs. 1 DMSG ja auch
bisher schon möglich: es kann schließlich jeder „Finder“ ein Foto seines
Fundes samt einem Begleitschreiben, das Fundortangaben und was auch immer er
sonst an Informationen ans BDA übermitteln will, in ein Briefkuvert stecken und
dieses ohne Absenderangaben per Post an die Behörde schicken. Das eignet sich
natürlich beinahe ebenso gut wie die App zum Missbrauch, eventuell sogar noch
mehr, weil es die Ausforschung des Missbrauchenden so gut wie sicher gänzlich
unmöglich macht. Wie oft bzw. wie viele anonyme Fundmeldungen bisher beim BDA
(jährlich?) eingegangen sind, lässt sich natürlich für mich mangels
irgendwelcher mir zu dieser Frage zugänglichen Daten nicht sicher beantworten,
ich glaube allerdings nicht, dass es viele waren; schon allein aufgrund der
generell sehr niedrigen Anzahl von beim BDA eingehenden Fundmeldungen.
[31] Vielleicht abgesehen von einer Handvoll enthusiastischer
Naturschützer, die jede freie Minute im Freien verbringen und denen der Schutz
von Tieren, Pflanzen und der immer rascher abschmelzenden Gletscher allein zu
wenig ist und die daher auch andere Sachen – wie Kulturgüter – schützen (und
daher deren Entdeckung melden) wollen.
[32] Oder sie spätestens wenn sie das Telefon – wie diese das heutzutage
gerne tun – das dritte Mal daran erinnert, dass sie diese App nie nutzen,
wieder deinstallieren.
[33] Auch wenn dieses Problem durch Setzen eines automatischen Filters im
Emailprogramm, das eingehende Emails von support@biolovision.net in den
Spam-Ordner verschiebt oder automatisch löscht, vermutlich durch das
Sekretariat des Präsidenten noch recht leicht gelöst werden könnte.
[34] Übrigens auch und insbesondere für professionelle Archäolog*innen, seien
es solche, die als archäologische Dienstleister tätig sind und ein
Konkurrenzunternehmen am freien archäologischen Markt schädigen wollen, indem
sie dessen Chef*in auf diese Art verleumden – hat der Versuch Erfolg, kann dies
schließlich sogar dazu führen, dass das Opfer vom BDA aufgrund von Zweifeln an
seiner Vertrauenswürdigkeit (siehe VwGH 18.10.1989, 89/09/0072; cf. Bazil et
al. 2015, 64 Rz 5) keine Genehmigungen gem. § 11 Abs. 1 DMSG mehr erteilt
bekommt und dieses somit effektiv mit einem Berufsverbot belegt wäre –; oder
solche, die z.B. den Handel mit Antiken fundamental ablehnen und Antikenhändler*innen
und einschlägig tätige Auktionshäuser, die sie (ob nun begründet oder
unbegründet) des illegalen Handels mit Kulturgütern verdächtigen, bzw. deren
Chef*innen so damit zum Gegenstand von wenigstens verwaltungsstrafrechtlichen
Ermittlungen machen – auch da kann das sehr leicht in Hausdurchsuchungen und
Beschlagnahmungen führen; selbst von völlig rechtmäßig erworbenen Gütern – und
in schwerwiegenden beruflichen und privaten Einschränkungen resultieren (siehe
dafür für ein paar krasse Beispiele Karl 2020).
[35] Selbst wenn man davon ausgeht, dass
entsprechend der dortigen Bestimmungen der Herkunftsstaat, aus dem die
Fundgegenstände tatsächlich stammen, durch ein dort geltendes archäologisches
Schatzregal bei deren dortiger (erstmaliger) Entdeckung zum rechtmäßigen
Eigentümer der Fundgegenstände geworden ist, ist der Nachweis, dass ein
Fundgegenstand eines bestimmten Typs in einem ganz bestimmten Staat entdeckt
worden ist praktisch gar nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu erbringen,
dass man diesen in einem diesbezüglichen Verwaltungsverfahren als rechtmäßigen
Eigentümer des Fundes ansehen und behandeln darf – einmal abgesehen davon,
dass, selbst wenn ein bestimmter Staat mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als
Herkunftsstaat und damit aufgrund eines dort bestehenden Schatzregals
rechtmäßiger Eigentümer des Fundes identifiziert werden kann, dieser dem Finder
immer noch den gesetzlichen Finderlohn schulden würde.
[36] Siehe FN 28.
[37] „…IP address or other user identifications on your devices…”.
[38] Und es versteht sich von selbst, dass z.B. wenigstens viele
Metallsucher*innen, die sich ohnehin schon (wenigstens teilweise berechtigt!)
von den Denkmalbehörden ungerecht (und eventuell teilweise sogar rechtswidrig)
verfolgt fühlen, vor genau so einer erst recht-Identifizierbarkeit von anonymen
Nutzern durch die Hintertüre fürchten und daher der App a priori eher skeptisch
gegenüberstehen. Spricht sich also in der Szene herum, dass die angebliche
Anonymität nur auf der sichtbaren Ebene besteht, aber bei der Betrachtung der
für Nutzer unsichtbaren Metadaten nur eine Fiktion ist, die staatliche Organe
bei Bedarf – was in der Szene als „wann auch immer es ihnen gefällt“ verstanden
würde – aufheben können, und sei es nur durch Gerichtsbeschluss, der
Biolovision Sàrl zur Herausgabe der von diesem Unternehmen gespeicherten Identifikationsdaten
zwingt, dann wird die App genauso abgelehnt werden wie jede andere Art der
Meldung, die den Melder zu identifizieren erlaubt.
[39] So ist z.B. für „echte Zufallsfinder“ ein Fundmelde-App völlig sinnlos,
weil sich niemand für den subjektiv von ihm unerwarteten Fall, dass er – ein
oder vielleicht zwei Mal in seinem Leben – zufällig einen relevanten Bodenfund
findet, ein eigenes Melde-App am Telefon installiert. Vielmehr muss man „echten
Zufallsfindern“ die Fundmeldung möglichst dadurch erleichtern, dass man alle
Stellen, bei denen ein „echter Zufallsfinder“ seine Fundmeldung erstatten
können wollte – also von der allgemeinen Fundbehörde (der Gemeinde) über die
Polizei bis hin zu allen öffentlich zugänglichen Museen – zur Weiterleitung bei
ihnen eingehender Fundmeldungen an die zuständige Behörde verpflichtet.
„Erdarbeitenden Findern“ muss man hingegen die Fundmeldung möglichst
schmackhaft machen, indem man sicherstellt, dass die Erstattung der Meldung
möglichst keine Verzögerungen und Verteuerungen der Erdarbeiten bewirkt, bei
denen Funde entdeckt werden, also primär eine aus öffentlichen Mitteln
vollfinanzierte schnelle Eingreiftruppe zur Verfügung stellt, die binnen
weniger Stunden am Fundort ist und relevante Funde birgt und deren Fundumstände
dokumentiert. „Absichtliche Finder“ wiederum muss man dadurch motivieren, dass
man sicherstellt, dass sie durch die Fundmeldung nicht Schwierigkeiten mit der
Fundbehörde bekommen können und ihnen wenigstens „Finderpersönlichkeitsrechte“
(vergleichbar zu den „Eigentümerpersönlichkeitsrechten“ der §§12-14 des
deutschen Urheberrechtsgesetzes [d-UrhG] bzw., wenn auch etwas weniger deutlich
ausgedrückt, der §§ 19-21 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes [a-UrhG]),
wenn nicht sogar dingliche Eigentumsrechte an ihren Funden einräumt; sie
respektvoll behandelt und die Tatsache, dass sie ihre Funde melden, entsprechen
(wenigstens sozial, noch besser materiell) honoriert.
[40] Je nachdem, wo man die Grenze einziehen will, ab der man einen Bodenfund
als „archäologisch bedeutend“ einstuft.
[41] Nachdem „echte Zufallsfinder“ nicht mit der Entdeckung von relevanten
Bodenfunden rechnen, wissen die meisten davon nicht einmal, dass sie bestimmte
Bodenfunde melden sollen oder gar müssen, geschweige denn welche; und kennen
auch die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht, sondern haben
bestenfalls schwammiges Allgemeinwissen darüber, dass man möglicherweise
„wichtige“ Sachen irgendeiner an diesen interessierten Stelle melden sollte.
Sie melden daher ohnehin stets nur jene Funde, die ihnen – aus welchen Gründen
auch immer – subjektiv „wichtig“ oder wenigstens „seltsam“ erscheinen; und das
jedenfalls stets an jene Stelle, die ihnen subjektiv „passend“ erscheint. Es
bringt daher überhaupt nichts, ein eigenes Fundmeldesystem zu entwickeln, mit
dem sich diese „echten Zufallsfinder“ erst einmal vertraut machen müssen, ehe
sie eine Meldung erstatten; sondern man muss zwingend die Meldungen der „echten
Zufallsfinder“ dort abholen, wo diese sie erstatten, egal wo das ist.
[42] Diese Tatsache ergibt sich daraus, dass „erdarbeitende Finder“ primär
daran interessiert sind, dass es nicht zu (unvorhersehbaren und ihnen daher
wirtschaftlichen Schaden verursachenden) Verzögerungen und Verteuerungen ihrer
Erdarbeiten durch dabei entdeckte, melderelevante Funde und Befunde kommt.
Derartige (unerwartete) Verzögerungen und Verteuerungen ihrer geplanten
Erdarbeiten können nun aber offensichtlich am ehesten und effektivsten dadurch
verhindert werden, indem schon vor Beginn der Erdarbeiten durch eine präventive
archäologische Voruntersuchung festgestellt wurde, ob am geplanten Ort der
Erdarbeiten mit archäologisch relevanten Überresten zu rechnen ist und, falls
ja, diese bereits vor Beginn der Erdarbeiten sachgerecht dokumentiert und
entsorgt (geborgen) wurden. Ist das passiert, kann es bei der Durchführung der
Erdarbeiten so gut wie überhaupt nicht mehr zu (unerwarteten) Entdeckungen
relevanter archäologischer Funde und Befunde kommen, was ein „eigenes“
Fundmeldesystem für „erdarbeitende Finder“ redundant macht.
[43] Diese Abgrenzung können nämlich nicht einmal professionelle
Archäolog*innen in vernünftig nachvollziehbarer Weise treffen: es gibt dafür
nämlich keine objektiv nachvollziehbaren Kriterien, weil die
Bedeutungszuweisung immer ein rein subjektiver Akt durch den
Bedeutungszuweisenden ist. Das war übrigens schon Riegl (1903, 2-10) klar.
[44] Um das zu demonstrieren und gleichzeitig analysieren zu können, habe ich
einige „absichtliche Finder“ ersucht, die Fundmelde-App des BDA dazu zu
verwenden, alle von ihnen bei Spaziergängen entdeckten Bodenfunde, die im Sinne
Riegls (1903, 10) „historische Denkmale“ sein könnten (d.h. nicht alle, die im
Sinne der vom BDA bei der Vorstellung der App gezeigten Beispiele „meldefähige“
Objekte sein könnten, wie z.B. auch Fahrräder, sondern nur solche, die
tatsächlich „archäologisch relevant“ sein könnten), und mir die von ihnen dem
BDA übermittelten Fundmeldungen in Kopie weiterzuleiten. Dabei hat sich
gezeigt, dass von 100 derartigen Fundmeldungen ca. 99 solche von völlig
aussagelosen, regional häufigen, schlecht erhaltenen Wandstücken von
Keramikgegenständen sind.
[45] Die eleganteste Variante dafür wäre eine ordentlich programmierte App,
die Zugriff auf die Funddatenbank hat und daher bereits bekannte Fundpunkte
bzw. Fundstellen anzeigen und, wenn sich der Finder-Melder in einem
vordefinierten Umkreis um solche befindet, vor Aufnahme einer neuen Fundmeldung
über diese Tatsache in Kenntnis setzen und eventuell sogar fundstellenspezifische
Anweisungen anzeigen kann, welche Art von Funden von dieser Fundstelle gemeldet
und welche nicht (mehr) gemeldet werden sollen. Das kann sogar in Zonen ohne
Funkverbindung funktionieren, wenn man die für die geplante Suchregion
relevanten Funddatenbankteile vor einer geplanten Suche auf das verwendete
Gerät herunterladen und auch offline verwenden kann.
[46] Bedenkt man, dass § 391 Z 2 ABGB ohnehin schon vorsieht, dass eine
Fundmeldung gem. § 390 ABGB jedenfalls erforderlich ist, wenn für den Finder
einer Fundsache erkennbar ist, „dass die Wiedererlangung der Sache für einen
Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist“, scheint ein separates
denkmalrechtliches Fundmelderecht eigentlich unnötig zu sein: es würde
eigentlich völlig genügen, die genannte Bestimmung um die Worte „oder ihre
Erhaltung als Denkmal im öffentlichen Interesse gelegen“ vor dem
abschließenden „ist“ zu ergänzen.
[47] Z.B. „Nachforschungen an Stellen, an denen aufgrund bekannter
konkreter Hinweise auf deren dortiges Vorkommen mit der Entdeckung
archäologischer Denkmale gerechnet werden muss, bedürfen der Genehmigung durch
das BDA“.
[48] Das ist, wie schon weiter oben genauer ausgeführt, dafür erforderlich,
damit Finder und bezüglich der Fundstelle Verfügungsberechtigte wissen, ob sie
sich an die Bestimmungen des §§ 9 Abs. 1 und 3 DMSG samt den daraus
resultierenden Rechtsfolgen zu halten haben oder nicht.
[49] Das ist notwendig, weil im Fall, dass es sich bei den entdeckten
beweglichen Gegenständen tatsächlich nicht um „Bodendenkmale“ iSd § 8 Abs. 1
DMSG igF bzw. „archäologische Denkmale“ (iSd § 8 Abs. 1 des
Ministerialentwurfs) handelt, diese de facto (weil sich vorhersehbar bei den
allermeisten ein vormaliger Eigentümer nicht mehr feststellen lassen wird)
unmittelbar in das alleinige Eigentum des Finders bzw. das gleich geteilte
Eigentum von Finder und Grundeigentümer übergehen; der bzw. die daher dann auch
nicht verpflichtet sind, diese weiter aufzubewahren bzw. in ihrem Gewahrsam zu
behalten; sondern sie wegwerfen, verkaufen, verschenken usw. dürfen.
[50] D.h. dass, wenn das Fundmeldesystem vom BDA
(oder einer anderen Meldeorganisation) betrieben wird und der Finder-Melder seine
Funde auf dessen (deren) Anweisung hin in situ belässt, die Behörde (oder
sonstige Meldestelle) auch zeitnah geeignete Schritte zur Sicherung und Bergung
dieser Funde setzen und deren erfolgreiche Erledigung dem Finder-Melder auch
mitteilen muss; weil dieser schließlich diese Aufgaben durch Befolgung dieses Belassungsauftrags
der Behörde (oder sonstigen Meldestelle) übertragen hat. Ignoriert die Behörde
(oder sonstige Meldestelle) seine Funde und damit auch die berechtigten
Interessen des Finders (siehe dazu schon weiter oben), reduziert das sowohl die
zukünftige Meldewilligkeit dieses Finders (und aller mit ihm über Fundmeldungen
kommunizierenden „absichtlichen Finder“) als auch seine Bereitschaft,
Anordnungen der Behörde (oder sonstigen Meldestelle) zu befolgen; womit das
System rasch ebenso dysfunktional wird, wie das derzeitige es ist.
[51] Insbesondere ist dabei auch das Verhältnis zwischen dem
voraussichtlichen wissenschaftlichen Informationsverlust und Schaden an
tatsächlich im öffentlichen Interesse erhaltungswürdigen Denkmalen durch die
(eventuell unsachgemäß erfolgende) Bergung durch den Finder-Melder und den zur
ausreichend zeitnahen Bergung jedes (!) gemeldeten Kleinfundes erforderlichen
wirtschaftlichen (Personal- und sonstigen) Ressourcen zu bedenken. Nachdem die
Kosten pro Bergung erheblich sind, spricht auch das dafür, die Bergung
regelhaft durch den Finder-Melder gleich bei der Entdeckung des Fundes
vornehmen zu lassen, statt sie einem Organ oder Beauftragten der Behörde zu
überlassen.
[52] „Perfekt“ in dem Sinn, dass der Täter, der die App zu einem solchen
verbotenen Zweck missbraucht, wenn er seine Tat(en) auch nur halbwegs plant,
nicht ausgeforscht und bestraft werden kann.
[53] „… jedes Werk von Menschenhand‚ ohne Rücksicht auf seine ursprüngliche
Bedeutung und Zweckbestimmung, sofern es nur äußerlich hinreichend sinnfällig
verrät, daß es bereits geraume Zeit vor der Gegenwart existiert und „durchlebt“
hat.“ (Riegl 1903, 10).
[54] Die Tatsache, dass dem BDA nicht nur durch das DMSG gewisse Rechte
eingeräumt werden, sondern ihm sowohl durch das DMSG, das allgemeine Verwaltungs-
und seinen Organen durch das Beamtendienstrecht auch bedeutende Pflichten
aufgebürdet werden, scheint das BDA generell nicht verstehen zu wollen bzw.
wissentlich zu missachten (siehe dazu schon, gerade im Zusammenhang mit dem
Fundmeldesystem hochrelevant, z.B. Karl 2022).
[55] Dabei ist insbesondere auch zu beachten, dass es in diesem Kontext
völlig unerheblich ist (bzw. höchstens für die Bemessung eines dem Finder und
gegebenenfalls dem Grundeigentümer entstehenden Schadenersatzanspruchs
gegenüber der Behörde erheblich ist), ob die gemeldeten Funde nennenswerten
wirtschaftlichen Wert haben oder wirtschaftlich weitgehend bis völlig wertlos
sind: ein Finder, der einen herrenlosen Fund meldet, hat gem. § 395 ABGB nach
Ablauf der dort genannten Frist(en) einen Rechtsanspruch auf den Erwerb des
Eigentumsrechts an seinem Fund, wobei der wirtschaftliche Wert des Fundes nur
insofern eine Rolle spielt, als bei Funden mit weniger als € 100 gewöhnlichem
Wert der Eigentumserwerb an der Fundsache schon nach sechs, bei höherwertigen
Funden hingegen erst zwölf Monate nach Abgabe der Fundmeldung eintritt. Hat er
den Fund auf Anordnung der Behörde in situ belassen, wird der Finder somit
unmittelbar mit dem Eigentumserwerb zum Verlustträger, dem seine Sache von der
für sie die rechtliche Verantwortung übernommen habenden Behörde auch dann
zurückzuerstatten ist, wenn ihre Wiedererlangung für ihn subjektiv – und sei es
nur aus sentimentalen Gründen oder weil er Funde aus reiner Liebhaberei sammelt
– von erheblicher Bedeutung ist (siehe dazu die Bestimmung des § 391 Z 2 ABGB).
Dass dessen Wiedererlangung für den Finder eines Bodenfundes, den er als
mögliches Denkmal erachtet und daher der für den Denkmalschutz zuständigen
Bundesbehörde meldet, subjektiv von erheblicher Bedeutung ist, ist
selbstverständlich anzunehmen: hätte er den betreffenden Fund subjektiv für
wertlosen Mist erachtet, hätte er ihn schließlich der Denkmalbehörde überhaupt
nicht gemeldet.
[56] Der eigentlich korrekter als „autokratischer“ bzw. „autoritärer
Denkmaldiskurs“ bezeichnet werden sollte; siehe dazu Karl i.V..
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