und
die archäologische Standesidentität
Abstract: Mit dem Begriff Archäologie werden
normalerweise insbesondere materielle Sachen verbunden, insbesondere
Fundgegenstände, die man in der Landschaft finden, oder aber ausgraben muss;
wobei insbesondere das Ausgraben von Funden als die typische Aufgabe von ArchäologInnen
angesehen wird. Diese ArchäologInnen sehen sich selbst nicht erst heutzutage
als die Hüter der verlorenen Kulturschätze der Menschheit, um die sie sich zum
Wohle der Allgemeinheit als die dazu ausschließlich befugten ExpertInnen
kümmern wollen und sollen, ja sogar dazu verpflichtet sind. Es geht, so scheint
es, bei Archäologie ausschließlich um das materielle Kulturerbe, dessen stets
unvoreingenommene und selbstlose Verwalter jene hochqualifizierten
WissenschafterInnen sind, die ordentlich gelernt haben, was archäologisches
Kulturerbe ist und wie man mit ihm umgeht, und die nun dieses Wissen völlig
emotionslos in der Praxis anwenden, um den objektiv bestmöglichen Schutz des
archäologischen Kulturerbes zu erreichen.
In diesem Beitrag zeige ich, dass tatsächlich die Archäologie nicht
primär materielles, sondern in erster Linie immaterielles Kulturerbe ist, eine
bestimmte, ganz spezifisch gestaltete (und sich auch über die Zeit verändernde,
ursprünglich „westliche“) kulturelle Praxis, die bereits seit der Antike
hauptsächlich dem Zweck dient, Geschichte(n) über die Vergangenheit zu
erzählen. Gleichzeitig dient diese kulturelle Praxis und die für ihre Ausübung
charakteristischen Ausdrucksformen, Darstellungsweisen, Wissen und Fertigkeiten
sowie die damit verbundenen Werkzeuge, Objekte, Artefakte und kulturellen Räume
der archäologischen Fachwelt als Instrument zur Konstruktion ihres Identitäts-
und Kontinuitätsgefühls und macht somit aus „den ArchäologInnen“ eine
Kulturerbegemeinschaft im Sinne internationaler kulturschützender
Rechtsinstrumente wie der Faro-Konvention und der UNESCO-Übereinkommen zum
Schutz und der Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen und zur
Erhaltung des immateriellen Kulturerbes. Das hat signifikante Konsequenzen,
nicht nur dafür, wie wir uns selbst und unser archäologisches und
denkmalpflegerisches Handeln betrachten und beurteilen sollten, sondern vor
allem auch für die Organisation der staatlichen Denkmalpflege, die in
Anbetracht dieser Tatsache grundlegend überdacht werden muss und stark
reformbedürftig erscheint.
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