Abstract: Eines der größten Probleme der archäologischen
Denkmalpflege ist der Schutz jener archäologischen Denkmale im Boden, deren
Existenz noch gar nicht bekannt ist. Die staatlichen Denkmalbehörden versuchen
seit langem, den Schutz dieser unbekannten Denkmale auf diversen Wegen zu
erreichen, nicht nur mit variablem Erfolg; sondern auch mit mehr oder minder
rechtmäßigen Mitteln.
In diesem Beitrag
argumentiere ich, dass ein effektiver archäologischer Denkmalschutz für bislang
unbekannte archäologische Denkmale nicht so sehr durch unterschiedliche
gesetzliche Regelungen erreicht werden kann, und dass insbesondere die Frage,
ob ein Denkmalschutzgesetz primär nach dem konstitutiven oder rein nach dem
deklaratorischen Prinzip funktioniert, kaum eine – wenn überhaupt eine – Rolle dafür
spielt. Vielmehr kann er auf nur einem einzigen Weg erreicht werden, nämlich
durch möglichst effektive Denkmalforschung.
Wie ein Vergleich
zwischen Österreich, Bayern und Schleswig-Holstein zeigt, nutzen Versuche,
durch diverse verwaltungsrechtliche Tricks oder solche in der Verwaltungspraxis
einen möglichst totalen archäologischen Denkmalschutz herbeizuführen, d.h.
möglichst das ganze Land unter de facto-Denkmalschutz zu stellen, weit weniger
als ein wohlorgansiertes Management der staatlichen Denkmalforschung. Nachdem
den staatlichen Denkmalbehörden, deren Aufgabe die Denkmalforschung hauptsächlich
ist, für diese überall nur sehr beschränkte Ressourcen zur Verfügung stehen,
muss strategisch gezielt gearbeitet werden und möglichst dann und dort
Denkmalforschung stattfinden, wann und wo sie gebraucht wird.
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Es ist eine Binsenweisheit, dass man, was man
nicht kennt, auch nicht schützen kann.
Etwas zu schützen macht es stets notwendig, auf
eine von zwei Arten zu handeln: entweder man setzt vorsätzlich eine bestimmte
Handlung, die einer das Schutzgut bedrohenden Gefahr effektiv entgegenwirkt und
diese somit vom zu schützenden Gut abwehrt. Oder man gestaltet eine eigentlich
mit primär einer anderen Intention geplante Handlung vorsätzlich derart, dass
eine anderenfalls (d.h. wenn sie anders gestaltet würde) möglicherweise von ihr
für das Schutzgut ausgehende Gefahr nicht entsteht, d.h. mögliche Gefahren von
Anfang an vermieden werden. Schutz setzt also stets zielgerichtetes, aktives
Handeln voraus: man muss bei vorausschauender Betrachtung das Gut kennen, dass
es zu schützen gilt; ebenso wie die Gefahr, die es abzuwenden gilt; und wissen welche
Handlungen dazu geeignet sind, die drohende Gefahr vom Schutzgut abzuwenden
oder sie gänzlich zu vermeiden.
Denkmalkenntnis und archäologischer Denkmalschutz
Die oben genannte Binsenweisheit trifft daher auch
und ganz besonders im Bereich des archäologischen Denkmalschutzes zu:
archäologische Denkmale kann man nicht schützen, solange man sie und die ihnen
drohenden Gefahren nicht kennt. Ob nun bewegliche Kleinfunde, unbewegliche
Befunde oder gar (sich möglicherweise sogar über größere Landschaftsräume
erstreckende) archäologische Sinnzusammenhänge (Kontexte); was auch immer
davon, weil noch im Boden verborgen, vollkommen unbekannt ist, kann man weder
praktisch noch rechtlich auch nur einigermaßen effektiv vor Veränderung oder
Zerstörung bewahren.
Schließlich entzieht sich, was noch im Boden
liegt, der sinnlichen Wahrnehmung (wenigstens solange man nicht technische
Hilfsmittel benutzt, die es ermöglichen, mit mehr oder minder hoher Präzision
‚in den Boden zu schauen‘) und man bemerkt daher selbst dann nicht, dass es
durch menschliche Handlungen oder natürliche Ereignisse oder Prozesse mit
Gefahren bedroht wird, wenn man sich an Ort und Stelle befindet, während das
betroffene archäologische Objekt gerade verändert oder zerstört wird. Daher
kann man auch nicht aktiv eingreifen oder sein Handeln in geeigneter Weise
gestalten, um diese Veränderung bzw. Zerstörung zu verhindern, ehe sie eintritt;
und damit die betroffenen archäologischen Objekte auch nicht schützen.
Denkmalkenntnis und praktischer archäologischer Denkmalschutz
Für einen effektiven praktischen archäologischen
Denkmalschutz ist es daher essentiell, dass man sowohl die archäologischen
Denkmale kennt, die es zu schützen gilt; als auch die konkreten Gefahren, die
diesen Denkmalen drohen; als auch, dass man die Handlungsoptionen kennt, die
einem zur Abwendung oder Vermeidung der tatsächlich den schutzbedürftigen
archäologischen Denkmalen drohenden Gefahren zur Verfügung stehen. Dabei hängen
die zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen stets unmittelbar von den
besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab; d.h. davon, wo sich welche
Art von archäologischem Denkmal befindet und durch welche möglichen Handlungen,
Ereignisse oder Prozesse welche Gefahren drohen. Nachdem es hypothetisch
unendlich viele Möglichkeiten gibt, welche Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung
stehen, werde ich mich in diesem Beitrag mit der Frage der verfügbaren Handlungsmöglichkeiten
nicht näher beschäftigen. Und all diese Handlungsmöglichkeiten sind auch
vollkommen gleichgültig, wo es keine archäologischen Denkmale im Boden gibt,
weil was nicht da ist, braucht man auch nicht schützen.
Ähnliches gilt für Denkmalen drohende Gefahren:
auch davon gibt es, wenigstens hypothetisch gesprochen, unendlich viele. Vom
Menschen, der vorsätzlich an der Stelle, an dem sich ein archäologisches
Denkmal befindet, ein Loch gräbt (ob nun mit dem Zweck der Entdeckung
archäologischer Denkmale oder zu einem beliebigen anderen Zweck) über
vollkommen natürliche oder humaninduzierte Veränderungen der Bodenchemie (z.B. Thomsen & Andreasen 2019) bis hin zu natürlicher Erosion
oder dem Einschlag eines Meteoriten: die möglichen Gefahren sind Legion.
Allerdings lassen sich die hauptsächlichen
Gefahren, die archäologischen Hinterlassenschaften im Boden drohen, in Bezug
auf ihre relative Eintrittswahrscheinlichkeit durchaus auf einige wenige
beschränken, die daher besonders beachtet werden müssen. Die höchste
Eintrittswahrscheinlichkeit haben dabei wohl zumeist durch natürliche Faktoren
verursachte Gefahren, insbesondere durch die Bioturbation des Bodens durch
Vegetation und bodenbewohnende Tiere und durch Bodenerosion oder andere
natürliche Verfallsprozesse verursachte; und/oder von der landwirtschaftlichen
Nutzung ausgehende Gefahren (siehe dazu z.B. auch Hebert 2018, 85). In Summe liegt die
Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Gefahren in der Regel bei etwa 75% oder
höher. Erst weit abgeschlagen danach kommen Gefahren, die von der Forst- und Bauwirtschaft
ausgehen, die in Summe meist nicht mehr als ca. 15% aller Schäden an
archäologischen Denkmalen verursachen (Trow 2010, 21 tab. 1.1). Die Eintrittswahrscheinlichkeit
aller anderen Gefahren – inklusive der von Raub- oder professionellen
archäologischen Ausgrabungen ausgehenden Gefahren, die jeweils weit weniger als
1% aller Schäden an archäologischen Denkmalen verursachen dürften – ist um ein
Vielfaches geringer, die der meisten anderen Gefahren vernachlässigbar gering.
Keine dieser Gefahren lässt sich gleichzeitig
überall effektiv bekämpfen: man müsste schließlich praktisch die gesamte
Landschaft unter einen Glassturz stellen und nicht nur jedwede Benutzung des
Erdbodens durch Menschen, sondern auch jedwede natürliche Veränderung des
Bodens gänzlich verhindern, um das Eintreten dieser Gefahren überall
gleichzeitig zu verhindern und damit sich eventuell unbekanntermaßen an jedem
beliebigen, bestimmten Ort im Boden befinden könnende archäologische Denkmale
tatsächlich schützen zu können. Das ist in der Praxis natürlich vollkommen
unmöglich, weil es dafür weder ausreichende Ressourcen gibt noch das Leben auf
der Erde weiterbestehen könnte, wenn man den gesamten Boden – ob nun über oder
unter Wasser – hermetisch versiegelt und seine weitere Benutzung ausschließt.
Aber all diese Gefahren sind dort vollkommen
gleichgültig, wo sich keine archäologischen Überreste im Boden befinden: was
nicht da ist, kann schließlich auch weder verändert noch zerstört werden. Man
braucht also dort, wo sich keine im Boden befinden, auch keine aktiven
Schutzmaßnahmen zu setzen und schon gar nicht den Boden hermetisch zu versiegeln,
um dort archäologische Denkmale vor Zerstörung oder Veränderung zu schützen,
weil schließlich sind dort ja überhaupt keine Schutzgüter vorhanden.
Daher ist die Identifikation und Lokalisierung
bis dahin noch unbekannt im Boden verborgener archäologischer Überreste (Art. 4,
ICOMOS 1990; Art. 2-7 CoE 1992a; CoE 1992b,
3-7) – das, was man gewöhnlich im deutschen Sprachraum als ‚archäologische
Landesaufnahme‘ bezeichnet – die erste und wichtigste Aufgabe der
archäologischen Denkmalforschung. Welche konkreten Gefahren einem sich noch in
situ befindlichen (möglichen) archäologischen Denkmal im Boden drohen und
welche Handlungen zu seinem Schutz geeignet sind, lässt sich schließlich erst
konkret bestimmen, wenn man weiß, wo es ist, bzw. dass sich dort ein
archäologisches Denkmal im Boden befindet. Dass sich an einem bestimmten Ort im
Boden eines befindet, ist jedoch mit den menschlichen Sinnen – wenigstens in
der Regel[1]
(ohne technische Hilfsmittel) – nicht einmal wahrnehmbar und schon gar nicht
offensichtlich.
Man muss daher, um feststellen zu können, wo
sich im Boden (bis dahin noch unbekannte) archäologische Denkmale befinden,
wissenschaftliche Nachforschungen anstellen, um tatsächlich vorhandene, aber
mit dem freien Auge nicht erkennbare und daher noch unbekannte, im Boden
verborgene archäologische Denkmale zu entdecken und damit zu identifizieren und
lokalisieren. Erst dadurch, dass ein archäologisches Denkmal entdeckt wurde,
kann man es durch aktives Eingreifen zum Zweck der Gefahrenabwehr oder
Gefahrenvermeidung auch tatsächlich in der Praxis schützen.
Denkmalkenntnis und rechtlicher archäologischer Denkmalschutz
Es ist aber nicht nur für den praktischen,
sondern auch den rechtlichen archäologischen Denkmalschutz essentiell, dass man
wenigstens die archäologischen Denkmale kennt, die es zu schützen gilt, als
auch die konkreten Gefahren, die diesen Denkmalen drohen.
Der wohl wesentlichste rechtliche Grund dafür
ist, dass der rechtliche Denkmalschutz stets einen Eingriff in
verfassungsgesetzlich geschützte Grund- bzw. völkerrechtlich geschützte
Menschenrechte darstellt, insbesondere in das Recht der freien Verfügung über deren
Eigentum durch Denkmaleigentümer (Art. 17 AEMR,
UN 1948; Art. 1 1. ZProt. EMRK, CoE 1950; Art. 17 EU 2012; Art. 14 GG; Art. 5 StGG; Bazil et al. 2015, 7). Dies zeigt sich nicht
zuletzt in aller wünschenswerten Deutlichkeit am Titel der Stammfassung des
österreichischen Denkmalschutzgesetzes
(DMSG): „Bundesgesetz
vom 25. September 1923 betreffend Beschränkungen
in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder
sonstiger kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz)“ (BGBl. 533/1923; Hervorhebung: RK). Darüber hinaus
werden durch denkmalrechtliche Bestimmungen aber eventuell auch andere Grund-
und Menschenrechte beschränkt, insbesondere die Forschungsfreiheit (Art. 27
Abs. 1 AEMR; Art. 13 EU 2012; Art. 5 Abs. 3 GG; Art. 17 StGG), das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben
der Gemeinschaft und am kulturellen Erbe (Art. 27 Abs. 1 AEMR; Art. 15 Abs. 1 ICESCR, UN 1967; Art. 1 a, 4 a und c Faro-Konvention, CoE 2005), sowie die allgemeine Handlungsfreiheit (Art.
2 Abs. 1 GG).
In alle diese Grund- und Menschenrechte darf
der Staat daher nur dann eingreifen bzw. sie beschränken, wenn dies zum Schutz
eines gleichwertigen Rechtsgutes sowohl geeignet, als auch erforderlich, als
auch mit der dadurch verursachen Beschränkung der betroffenen Grundrechte
verhältnismäßig ist (Berka 1999, 156-167; Pieroth et al. 2015, 71-79). Um ein
solches Rechtsgut handelt es sich beim Denkmalschutz bzw. der
Kulturstaatlichkeit zwar (für Österreich siehe Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG; für die entsprechenden Bestimmungen in den
deutschen Landesverfassungen siehe die Übersichten bei Krischok 2016, 181-184);
allerdings kann der Denkmalschutz nicht auf Sachen ausgedehnt werden, die
keinen (hinreichenden) Denkmalwert und somit auch keinen Denkmalcharakter
haben, d.h. die keine Denkmale sind (siehe dazu auch Karl 2018a).
Zusammengefasst: was kein Denkmal ist, kann
auch nicht denkmalrechtlich geschützt werden. Das bedeutet im Umkehrschluss,
dass zwingend notwendigerweise die Eigentums-, Forschungs-, Kultur- und
allgemeine Handlungsfreiheit auch nicht durch das Denkmalrecht eingeschränkt
werden können, wo sich kein Denkmal befindet. Wo kein Denkmal ist, greift das
Denkmalrecht nicht.
Das ist bei bekannten bzw. offensichtlich
mittels der normalen Sinneswahrnehmung erkennbaren Denkmalen natürlich kein
Problem: wo bekanntermaßen bzw. offensichtlich ein Denkmal ist, gilt auch der
denkmalrechtliche Schutz. Bei noch gänzlich unbekannt im Boden verborgenen
archäologischen Denkmalen, die nicht mit freiem Auge wahrnehmbar sind, ist das
hingegen ein gewaltiges Problem, denn es weiß schließlich niemand, dass dort
tatsächlich ein archäologisches Denkmal ist.
Denkmalpflege durch ‚Herumschummeln‘ um den Verbots- bzw. Rechtsirrtum
Wenn aber niemand weiß, dass sich dort, wo es
sich befindet, tatsächlich ein archäologisches Denkmal ist, können auch
allfällige denkmalrechtliche Schutzbestimmungen eigentlich nicht greifen. Denn
die Kenntnis – wenigstens der wahrscheinlichen Existenz – eines gesetzlichen
Schutzgutes an einem bestimmten Ort ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass
RechtsanwenderInnen dort ihr Handeln in einer Weise gestalten können, die das
dort vorhandene Schutzgut auch tatsächlich schützt. Können sie das nicht, weil
sie weder wissen noch überhaupt (ohne technische Hilfsmittel zu verwenden)
wissen können, dass sich dort, wo sie eine möglicherweise denkmalgefährdende
Handlung setzen wollen, überhaupt tatsächlich ein Denkmal befinden dürfte,
befinden sie sich nämlich notwendigerweise in einem für sie unvermeidbaren Verbots- (Deutschland: § 17 StGB bzw. § 11 Abs. 2 OWiG) bzw. Rechtsirrtum
(Österreich: § 9 StGB bzw. § 5 VStG).
Strafbarkeit scheidet somit aus, selbst wenn
durch die Handlung tatsächlich massiver Schaden an einem archäologischen
Denkmal angerichtet wurde: das unbekannte Denkmal ist zwar hypothetisch durch
eine gesetzliche Schutzbestimmung geschützt; in der Rechtsanwendungspraxis
hingegen nicht, weil ‚Täter‘ die Schutzbestimmung in Unkenntnis der Existenz
des Denkmals gar nicht richtig anwenden konnten. Um dieses Problem kommt man in
der Rechtsanwendungspraxis auch höchstens dann herum, und auch dann bestenfalls
teilweise, indem man sich bei bestimmten, bekannten Gefahrenquellen um es ‚herumschummelt‘.
Klassisches Beispiel für ein solches
‚Herumschummeln‘ in der Anwendungspraxis ist der rechtliche Umgang vieler
Denkmalbehörden und auch teilweise der Gerichte mit MetallsucherInnen.
Schließlich tut der Metallsucher im Prinzip nichts anderes als jeder andere
Mensch, der an einer bestimmten Stelle aus einem beliebigen anderen Grund als
Metallfunde zu entdecken ein Loch in den Boden gräbt: er gräbt ein Loch. Die
von diesem konkreten Loch für allfällig an dem Ort, wo es gegraben wird, im
Boden vorhandene archäologische Denkmale ausgehende Gefahr ist jeweils exakt
gleich; und zwar vollkommen gleichgültig, aus welchem Grund es dort gegraben
wird: befindet sich dort im Boden ein noch unbekanntes archäologisches Denkmal,
wird dieses aller Wahrscheinlichkeit nach durch das in es gegrabene Loch
gleichermaßen zerstört oder verändert. Die Intention des Grabenden, d.h. der
Zweck, für den er das Loch gräbt, ändert also nicht das mindeste an der Gefahr,
die für ein dort allfällig existierendes Denkmal vom Graben des Loches an
dieser Stelle ausgeht.
Der einzige Unterschied, der zwischen der
Grabung des Metallsuchers ‚zum Zwecke der Entdeckung von Metallfunden‘ und der zu
beliebigen anderen Zwecke besteht, ist der, dass der Metallsucher, nachdem er
ein technisches Hilfsmittel zur Lokalisierung von Metallgegenständen im Boden
benutzt, vorhersehen kann, dass dort, wo er infolge des Signals seines
Metallsuchgerätes gräbt, wahrscheinlich ein elektromagnetisch leitfähiger
Gegenstand im Boden ist. Damit lässt sich argumentieren, dass er nicht nur die
Entdeckung eines beliebigen Bodenfundes, sondern tatsächlich auch die –
wenigstens mögliche – Entdeckung eines zuvor noch unbekannten archäologischen
Denkmals bei der von ihm unmittelbar folgend durchgeführten Grabung vorhersehen
kann und sich somit nicht in einem schuldbefreienden Verbots- bzw. Rechtsirrtum
befindet, wenn er dann tatsächlich eines entdeckt.
Dieses Argument, dass der Metallsucher die
Folge seiner Handlung vorhersehen konnte, lässt sich allerdings nur dann
aufrechterhalten, wenn man ausblendet, wie hoch – bzw. genauer, wie gering –
die Wahrscheinlichkeit ist, dass er bei seiner Grabung tatsächlich ein
schützenswertes archäologisches Denkmal entdeckt.[2]
Denn betrachtet man die durchschnittliche ‚Fundausbeute‘, die Metallsucher auf
beliebigen Bodenflächen (von denen noch keine anderen Hinweise auf das
Vorkommen ausreichend bedeutender archäologischer Funde und/oder Befunde
und/oder Kontexte vorliegen) machen, zeigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit,
dass sie tatsächlich einen beweglichen Fundgegenstand entdecken, der von
ausreichender Bedeutung ist, um als Denkmal im Sinne der Legaldefinition dieses
Begriffs in den meisten Denkmalschutzgesetzen betrachtet werden zu müssen,
verschwindend gering ist. Ebenso gering, wenn nicht noch geringer, ist die
Wahrscheinlichkeit, dass sie bei Grabungen auf beliebigen Bodenflächen
(signifikanten) Schaden an dort vorkommenden Befunden bzw. Kontexten anrichten.
Bei statistischer Betrachtung ist diese
Wahrscheinlichkeit jedenfalls z.B. deutlich geringer als die von der landwirtschaftlichen
Bodennutzung ausgehende Gefahr für die Erhaltung von archäologischen Überresten
im Erdboden: bei Letzterer ist eben die Eintrittswahrscheinlichkeit meist um
die 20-50%, manchmal sogar noch höher, und der entstehende Schaden meist signifikant
(Trow 2010, 21). Die Eintrittswahrscheinlichkeit von der Metallsuche ausgehender
Gefahren für die Erhaltung von beweglichen archäologischen Denkmalen im Boden ist
hingegen in aller Regel deutlich geringer als 1%, für die Erhaltung
unbeweglicher Befunde und Kontexte sogar – selbst auf bekannten, oft von
Metallsuchern frequentierten Fundstellen – weniger als 0,5% (Karl 2018b, 394-395, 397-401).[3]
Auch kann der Metallsucher in der Regel
aufgrund des Signals, das sein Metallsuchgerät abgibt, nicht erkennen, ob das,
was er finden wird, tatsächlich oder auch nur wahrscheinlich ein
archäologisches Denkmal sein wird. Wenn überhaupt, gestattet das
Metallsuchgerät eine Unterscheidung von verschiedenen Metallsorten, was aber
zumeist noch nichts über die Art des Gegenstandes aussagt, der aus dem
angezeigten Metall besteht. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Fund, den er
(eventuell, es gibt schließlich auch genug falsche Signale) entdeckt,
tatsächlich ein denkmalschutzwürdiger Fund sein wird, ist also im Vergleich zu
der, dass bei einer aus beliebigen anderen Zwecken an einem beliebigen Ort
durchgeführten Grabung unbekannte archäologische Denkmale zerstört werden,
bestenfalls unmaßgeblich erhöht (geschätzt: 0,01% statt 0,001%). Im Vergleich
zur Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Pflugtätigkeit auf einem beliebigen
Acker noch unbekannte Denkmale zerstört werden (ca. 5-10%), ist die
Wahrscheinlichkeit, dass der Metallsucher tatsächlich denkmalschutzwürdige
Denkmale entdeckt, signifikant geringer (ca. 0,01%).
Diese statistischen Wahrscheinlichkeiten muss
man also gänzlich ausblenden, um die Entdeckung eines denkmalschutzwürdigen
Bodenfundes bei der Metallsuche aus dem Bereich des Verbots- bzw. Rechtsirrtums
herauszubringen und damit strafbar machen zu können. Tut man das nicht, müsste
man feststellen, dass die Zerstörung bzw. Veränderungen von noch im Boden
verborgenen Denkmalen durch normale Pflugtätigkeiten weitaus wahrscheinlicher
ist als ihre Zerstörung bzw. Veränderung durch MetallsucherInnen; und daher
auch – wenn auch nicht im konkreten Einzelfall, sondern nur bei
Durchschnittsfallbetrachtung – bei der Pflugtätigkeit weit vorhersehbarer ist
als bei der Metallsuche.
Rechtlich ist das zwar tragfähig, weil man – wo
es möglich ist – natürlich auf die Einzelfallbetrachtung abstellen kann, aber
doch aus denkmalpflegerischer Sicht geschummelt: man schützt die verborgenen
Denkmale nicht vor den weit größeren Gefahren, die ihnen – bei
Durchschnittsfallbetrachtung vollkommen vorhersehbarerweise – durch Handlungen
drohen, bei denen – im Einzelfall – der konkrete Schadenseintritt nicht
vorhersehbar und auch nicht bemerkbar ist. Man schützt sie stattdessen nur vor
vergleichsweise vernachlässigbaren und – im Einzelfall – auch nicht konkret,
sondern bestenfalls hypothetisch, vorhersehbaren Schadensfällen durch
Handlungen, die – bei Durchschnittsfallbetrachtung vorhersehbarerweise –
zumeist weitestgehend harmlos sind. Echter Denkmalschutz ist das nicht, sondern
eher eine weitgehend sinnlose Alibihandlung, die dazu dient, davon abzulenken,
dass man den tatsächlich entstehenden, massiven Schaden nicht verhindern kann.
Der Verbots- bzw. Rechtsirrtum als unüberwindbare Hürde bei Kenntnisunmöglichkeit
Die Pflugtätigkeit kann man nämlich an Orten,
von denen noch gar kein Vorkommen von archäologischen Denkmalen im Boden
bekannt ist, in keinem Fall aus dem Verbots- bzw. Rechtsirrtum herausbringen. Der
Bauer kann schließlich gerade nicht wissen, wo er das Pflügen unterlassen muss,
damit er kein im Boden befindliches, unbekanntes Denkmal zerstört: er hat
schließlich noch nicht den mindesten Hinweis darauf, dass dort, wo er pflügen
will, tatsächlich ein archäologisches Denkmal im Boden ist, und damit auch
keinen vernünftig nachvollziehbaren Grund, dort nicht zu pflügen. Im
Wesentlichen das Gleiche gilt auch für alle anderen bodenverändernden menschlichen
Handlungen auf Bodenflächen, von denen noch keine konkreten Hinweise auf das
Vorkommen noch unbekannter, aber denkmalwürdiger Objekte im Boden vorliegen:
auch bei denen besteht im jeweiligen konkreten Einzelfall keine
Vorhersehbarkeit im rechtlichen Sinn, dass archäologische Denkmale im Boden
zerstört oder verändert werden dürften, und damit auch keine Strafbarkeit.
Das gilt sogar bei vorsätzlichen Handlungen,
die eine – und sei es auch nur rein zufällige – Entdeckung allfällig an Ort und
Stelle vorhandener, unbekannter archäologischer Denkmale im Boden möglichst
verhindern sollen. Der Bauunternehmer z.B. kann durch keine denkmalrechtliche
Bestimmung daran gehindert werden, den Ober- und Zwischenboden mit dem
Bulldozer abschieben statt mit einem Bagger mit zahnlosem Löffel abziehen zu
lassen, wenn vom betreffenden Grundstück noch keine Hinweise darauf vorliegen,
dass dort denkmalschutzwürdige archäologische Überreste im Boden vorkommen. Es
fehlt in dem Fall nämlich jedweder hinreichende Verdacht, dass dort bedeutende
Denkmale vorkommen dürften, der eine Einschränkung seiner Verfügungsgewalt
darüber gestatten würde, wie er das Grundstück bearbeiten will. Dass er die
Schubraupe benutzt, damit er sichergehen kann, dass allfällig tatsächlich dort
vorkommende archäologische Überreste unbemerkt zerstört werden, bleibt sich
daher gleich, auch wenn es aus denkmalschützerischer Sicht verwerflich ist.
Um also archäologische Denkmale im Boden vor
den hauptsächlichen Gefahren schützen zu können, die ihnen dort drohen, ist es
aus rechtlicher Sicht unabdingbar, dass wenigstens ihre Existenz und ungefähre
Art bekannt ist. Denkmalforschung ist daher auch aus rechtlicher Sicht
unbedingt erforderlich, wenn man archäologische Denkmale rechtlich effektiv schützen
können will.
Archäologischer Denkmalschutz auf Verdacht?
Die Tatsache, dass man, was man nicht kennt,
auch nicht effektiv schützen kann, ob nun praktisch oder rechtlich, stellt
allerdings die archäologische Denkmalpflege vor ein fundamentales Problem; denn
sie versucht wenigstens seit Jahrzehnten (auch), das Unmögliche möglich zu
machen, nämlich gerade jene Denkmale zu schützen, die noch unbekannt sind.
Wenig überraschend scheitert sie damit nahezu immer, insbesondere aus zwei
Gründen.
Eine Critik der reinen denkmalpflegerischen Vernunft
Der erste dieser Gründe lässt sich am
deutlichsten durch eine andere Binsenweisheit ausdrücken, deren archäologisch-denkmalpflegerische
Sonderform lautet: unbekannte archäologische Denkmale könnten (fast) überall im
Boden vorkommen.
Das ist natürlich nicht mehr als die auf die archäologische
Denkmalpflege umgelegte Binsenweisheit, dass man nicht wissen kann, ob etwas,
von dessen Existenz man nicht weiß, an einem Ort, den man nicht beobachten
kann, vorkommt; sozusagen Donald Rumsfelds berühmt-berüchtigte „unknown unknowns“ (DOD 2002). Oder, wissenschaftlicher gesagt: die Absenz
von Evidenz ist nicht unbedingt als Evidenz für die Absenz (von etwas
Bestimmten an einem bestimmten Ort) zu werten. Und natürlich stimmt diese Binsenweisheit,
sowohl allgemein als auch im konkreten Kontext der archäologischen
Denkmalpflege: die Tatsache, dass man (noch) keine Hinweise darauf kennt, dass
etwas Bestimmtes der Fall ist, beweist selbstverständlich keineswegs, dass es
nicht der Fall ist; sondern nur, dass man eben (noch) keine Hinweise darauf
hat, ob es der Fall ist. Es können also tatsächlich unbekannte archäologische
Denkmale (fast) überall im Boden vorkommen; nämlich überall dort, wo man nicht
gerade alle, die dort waren, tatsächlich sicher vollständig entfernt hat.[4]
Aber das ist nicht mehr und nicht weniger als
eine reine Hypothese, oder, um es mit Kant zu sagen, „bloße Spekulation“, die „mehr
dazu dient, Irrthümer abzuhalten, als Erkentniß zu erweitern“ (Kant 1781, 851). In der archäologischen
Denkmalpflege geht es bei der Verwendung dieser reinen Spekulationen auch
tatsächlich um die Vermeidung eines ‚Irrtums‘, nämlich der – ob nun
beabsichtigt oder unbeabsichtigt erfolgenden – unerwünschten Zerstörung oder
Veränderung noch unbekannter archäologischer Überreste im Boden.
Das ist jedoch gleich aus mehrerlei Gründen
hochgradig problematisch. Der erste Grund ist der schon aus Kants Critik der reinen Vernunft wohlbekannte,
dass jede rein spekulative Annahme immer nur genauso wahrscheinlich ist wie ihr
genaues Gegenteil: natürlich könnten
(fast) überall im Boden noch gänzlich
unbekannte archäologische Denkmale vorkommen; aber genauso gut könnten (fast) überall im Boden noch gänzlich unbekannte archäologische Denkmale nicht vorkommen. Die Tatsache, dass von einem bestimmten Ort
noch keinerlei konkrete Hinweise darauf bekannt sind, ob dort im Boden noch
gänzlich unbekannte archäologische Denkmale vorkommen, sagt uns also genauso
wenig, dass dort welche vorkommen, wie sie uns sagt, dass dort keine vorkommen.
Sie sagt uns vielmehr nur, dass wir einfach nicht wissen, ob dort welche
vorkommen; und das wussten wir ohnehin schon. Die Frage, ob dort welche
vorkommen, können wir daher nicht auf der Ebene der reinen Vernunft
beantworten, sondern nur durch empirische Untersuchungen, d.h. durch
Denkmalforschung.
Dennoch nimmt die archäologische Denkmalpflege
gerne an, dass die Tatsache, dass wir nicht wissen, ob sich an einem Ort
archäologische Denkmale befinden, einen ausreichend starken Verdacht begründet,
um bis zum Nachweis des Gegenteils davon ausgehen zu müssen, dass sich dort welche
befinden. Besonders deutlich zeigt sich das an der beliebten archäologisch-denkmalpflegerischen
Vorstellung, dass die Metallsuche ohne denkmalrechtliche
Nachforschungsgenehmigung (NFG) überall verboten ist, weil das ‚für den Schutz
der Bodendenkmale erforderlich ist‘, weil diese schließlich ‚überall im Boden
vorkommen könnten‘. Das ist aber gleich aus mehreren Gründen Unsinn.
Unsinn ist es zuallererst, weil dieser
Schlussfolgerung ein gravierender logischer Kategorienfehler unterliegt: es
wird eine bloße, rein hypothetische Möglichkeit als Tatsache missverstanden. Denn
es könnten zwar rein hypothetisch wirklich (fast) überall unbekannte
archäologische Denkmale im Boden vorkommen. Verlässt man jedoch die Ebene der
reinen Vernunft und zieht empirische Beobachtungen hinzu, dann erweist sich,
dass archäologische Denkmale fast nirgendwo im Boden vorkommen.
Das lässt sich auch tatsächlich sehr leicht
empirisch überprüfen: gräbt man völlig nach dem Zufallsprinzip Löcher in den
Boden – wie es z.B. die Bauindustrie (aus archäologischer Sicht) tut, wenn sie
Bauprojekte durchführt – findet man nur in sehr wenigen dieser Löcher
tatsächlich irgendwelche archäologischen Denkmale. Selbst in größer
dimensionierten Löchern, in denen man welche findet, finden sich allfällig doch
vorhandene archäologische Überreste zumeist – d.h. außerhalb von seit langem
dicht besiedelten Stadtgebieten – nur auf kleinen Prozentsätzen der betroffenen
Bodenfläche, selbst wenn man den Oberboden vor dem Abschub mit dem Bagger mit
dem Metallsuchgerät auf bewegliche Kleinfunde durchsucht. Selbst auf den meisten
archäologischen Fundstellen sind Funde, Befunde und Kontexte normalerweise auf
weniger als ca. 25% der ausgegrabenen Bodenfläche zu finden, meist auf deutlich
weniger als das; und zwischen Fundstellen im engeren archäologischen Sinn
dieses Begriffs sinkt dieser Prozentsatz auf weit unter 1% ab. Mehr noch: von
den entdeckten archäologischen Funden, Befunden und Kontexten kommt wieder nur
einem vergleichsweise kleinen Anteil tatsächlich ein derart hoher Denkmalwert (Karl 2018a) zu, dass man sie als Denkmale im
Sinne der örtlich geltenden Legaldefinition dieses Begriffes betrachten muss,
nicht ‚nur‘ als zwar wissenschaftlich bis zu einem gewissen Grad interessante
archäologische Funde, Befunde und Kontexte, an deren dauerhafter Erhaltung aber
gar kein öffentliches Interesse besteht.
Tatsächlich ist also die Wahrscheinlichkeit,
dass man, wenn man an einer beliebigen Stelle ein Loch in den Boden gräbt, auf
ein zuvor noch unbekanntes archäologisches Denkmal stößt, durchschnittlich
unter 1%. Oder anders gesagt: es könnte sich zwar hypothetisch (fast) überall
im Boden ein noch unbekanntes archäologisches Denkmal befinden, tatsächlich
befinden sich aber in über 99% des Bodens – d.h. fast überall – keine archäologischen
Denkmale. Es ist also nicht wahrscheinlich, dass man ein zuvor noch unbekanntes
archäologisches Denkmal findet, wenn man an einem beliebigen Ort ein Loch in
den Boden gräbt, sondern ganz im Gegenteil höchst unwahrscheinlich.
Unsinn ist es aber auch, weil die Tatsache,
dass ein Denkmal noch gänzlich unbekanntermaßen irgendwo im Boden verborgen
liegt, es nicht vor Zerstörung oder Veränderung schützt. Vielmehr weiß man nur
nicht, ob es existiert und weiß daher auch nicht, ob und falls ja durch welche
Gefahr es dort wann zerstört oder verändert wird. Man kann sich daher weiterhin
auf spekulativer Ebene einbilden, dass es sich weiterhin dort befindet, wo es
sich befunden hat, bis es durch irgendeine der unzähligen ihm dort drohenden
Gefahren zerstört oder verändert wurde, obwohl es inzwischen längst zerstört
oder verändert wurde; wenigstens so lange an diesem bestimmten Ort niemand
nachschaut, ob noch irgendetwas davon da ist. Ist dann noch was da, kann man
sich sogar damit brüsten, dass man das, was vom Denkmal zu diesem Zeitpunkt
noch da ist, dann ‚sachgerecht‘ gerettet hat, auch wenn man, hätte man ein paar
Jahre früher eingegriffen, noch viel mehr vom in diesem Zeitraum schwer
zusätzlich beschädigten Denkmal erforschen hätte können. Aber das weiß man ja
nicht, und was man nicht weiß, macht einen bekanntermaßen nicht heiß.
Man macht also aus seiner Unkenntnis eine
Tugend, statt das zu tun, was man eigentlich sollte, nämlich rechtzeitig
Denkmalforschung zu betreiben, um festzustellen, wo von welchen Denkmalen noch
wie viel erhalten ist, das man erforschen oder aktiv schützen könnte. Damit,
was ‚für den Schutz der Denkmale erforderlich ist‘, hat das nichts zu tun;
sondern ist nur eine bequeme Ausrede dafür, dass man entweder keine
Denkmalforschung betreiben will oder – was weit häufiger der Fall ist – dass man
nicht ausreichende Ressourcen dafür hat, um all die Denkmalforschung zu
betreiben, die man eigentlich betreiben müsste, um archäologische Denkmale
effektiv schützen zu können. Auf den letztgenannten Punkt werde ich gleich noch
einmal zurückkommen.
Es ist aber auch deshalb Unsinn, weil die Begründung,
dass man ja nicht weiß, ob an einem bestimmten Ort noch unbekannte Denkmale im
Boden vorkommen und daher davon ausgegangen werden muss, dass sich dort welche
befinden, rechtlich nicht haltbar ist. Denn aus rechtlicher Sicht reicht ein
bloß hypothetischer Verdacht, dass etwas der Fall sein könnte, keinesfalls
dafür aus, tatsächlich bestehende, verfassungs- und/oder völkerrechtlich
geschützte Grund- und Menschenrechte eines Einzelnen in irgendeiner Weise zu
beschränken. Im Minimum bedarf es dafür eines nachvollziehbar vernünftig begründeten
Verdachts, dass die unbeschränkte Ausübung einer bestimmten grund- oder
menschenrechtlich geschützten Handlung ein gleichrangig geschütztes Schutzgut
ernsthaft gefährdet (siehe z.B. Berka 1999, 346; sinngemäß gleich Pieroth et
al. 2015, 80-83).
Genau diese vernünftige Begründung fehlt jedoch
dem bloßen Verdacht auf Basis der vollständigen Unkenntnis über eine bestimmte
Tatsache: dass etwas rein hypothetisch sein könnte, begründet eben nicht, dass
es tatsächlich gegeben ist. Vielmehr hat man in diesem Fall gerade keinen Grund
dafür anzunehmen, dass dieses Schutzgut dort existiert, wo eine es gefährden
könnende Handlung gesetzt werden soll. Damit fehlt aber das gleichrangig
geschützte Schutzgut, das eine Einschränkung tatsächlich bestehender Grund- und
Menschenrechte rechtfertigen könnte. Daher kommt man mit dem bloßen Verdacht
nicht wirklich weiter.[5]
Kaum weiter kommt man mit der durchaus
abschätzbaren Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Bodeneingriff an einem
beliebigen Ort tatsächlich zuvor unbekannte archäologische Denkmale angetroffen
werden dürften. Denn diese ist, wie schon oben erläutert, tatsächlich nicht
einmal 1%, wahrscheinlich sogar deutlich geringer als das. Damit lässt sich
zwar argumentieren, dass tatsächlich eine (wenn auch vielleicht nicht genau, so
doch wenigstens grob) empirisch bestimmbare Wahrscheinlichkeit besteht, dass
auch ein Bodeneingriff an einem völlig beliebig gewählten Ort tatsächlich
Schaden an zuvor noch unbekannten Denkmalen im Boden anrichten kann. Diese ist
zwar sehr gering, aber – setzt man voraus, dass unbekannte archäologische
Denkmale im Boden besonders hochwertige Schutzgüter sind – muss nicht unbedingt
besonders hoch sein, um davon ausgehen zu können, dass die uneingeschränkte
Ausübung bestimmter Grund- bzw. Menschenrechte tatsächlich ernsthaften Schaden
an einem zuvor noch unbekannten Denkmal anrichten könnte. Damit wird eine
gewisse Beschränkung dieser Individualrechte wenigstens prinzipiell möglich.
Dennoch rechtfertigt diese geringe
Wahrscheinlichkeit bei einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (Berka 1999, 156-163;
Pieroth et al. 2015, 72-75) höchstens einen geringfügigen Eingriff in
geschützte Grund- bzw. Menschenrechte: zwar geht von deren unbeschränkter
Ausübung eine gewisse Gefahr für das Schutzgut Denkmal aus, aber die
Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Gefahr ist sehr gering. Eine gravierende
Beschränkung der geschützten Grund- bzw. Menschenrechte, wie z.B. ein generelles
Verbot ihrer Ausübung, weil bei ihrer unbeschränkten Ausübung in weniger als
einem von hundert Fällen überhaupt das Schutzgut Denkmal betroffen sein wird,
und dabei zumeist nur geringfügig und unmaßgeblich verändert werden wird (siehe
dazu auch schon Karl 2018b) wird daher kaum im engeren Sinn
verhältnismäßig (Berka 1999, 161-162;
Pieroth et al. 2015, 73-74) erscheinen.
Geringfügigere, aber immer noch einigermaßen
gewichtige, Eingriffe wie z.B. repressive Verbote mit Befreiungsvorbehalt oder
präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt (Pieroth et al. 2015, 75) scheitern hingegen
sowohl an der fehlenden Eignung als auch der fehlenden Erforderlichkeit. Damit
ein solches Verbot überhaupt dazu geeignet sein kann, noch im Boden befindliche
archäologische Denkmale z.B. vor ihrer nicht sachgerechten Bergung zu schützen,
müssen diese Denkmale bekannt sein: schließlich kann die Behörde nur dem Schutz
dieser Denkmale sachdienliche Auflagen mit einem allfälligen, den
Grundrechtsträger vom Verbot befreienden Bescheid verbinden, wenn sie weiß, wo
im Boden sich welche dieser Denkmale befinden und welche Handlungen nicht
gesetzt bzw. in einer bestimmten Weise gestaltet werden müssen, um diesen
drohende Gefahren abzuwenden (siehe dazu auch schon Karl 2018c). Nachdem die Behörde aber von noch
unbekannten Denkmalen eben gerade keine Kenntnis hat, kann sie keine
sachdienlichen Auflagen mit dem Bescheid verbinden. Eine Genehmigungspflicht
ist daher nicht dazu geeignet, das gesetzliche Schutzziel zu erreichen. Aus den
gleichen Gründen kann sie auch nicht erforderlich sein: man kann den Grundrechtsträgern
schließlich nicht sagen, was sie wie tun müssen, um Schaden von den eventuell
unbekannterweise im Boden verborgenen Denkmalen abzuhalten, weil man den
relevanten Sachverhalt gar nicht kennt.
Damit bleibt nur eine vernünftige Möglichkeit,
um die überall möglicherweise noch gänzlich unbekannterweise im Boden
verborgenen archäologischen Denkmäler schützen zu können: man muss sie zuerst
einmal – im Wege der Denkmalforschung – lokalisieren und identifizieren, weil
man sie erst dann vernünftig schützen kann, wenn man sie hinreichend genau
kennt.
Unzureichende Ressourcen für die Denkmalforschung
Das führt uns zum zweiten Grund, warum die
archäologische Denkmalpflege beim Versuch, noch unbekannte archäologische
Denkmale im Boden effektiv zu schützen, schon seit langem (bzw. eigentlich
immer) scheitert: den unzureichenden Ressourcen, die der archäologischen
Denkmalpflege vom Staat für die Denkmalforschung zur Verfügung gestellt werden.
Kann man (wenn überhaupt) nur die Denkmale
effektiv schützen, die man kennt, dann muss man schließlich, um die, die man
noch nicht kennt, effektiv schützen zu können, erst einmal herausfinden, wo sie
sich derzeit im Boden befinden. Diese grundlegendste Form der archäologischen
Denkmalforschung – eben die archäologische Landesaufnahme – ist jedoch eine
Arbeit, die sehr ressourcenaufwändig ist. Ob Feldbegehungen, geophysikalische
Prospektionen oder archäologische Fernerkundungsmethoden wie z.B. die
Luftbildarchäologie oder die Geländevermessung mit LIDAR; sowohl Datengewinnung
als auch Datenauswertung sind personalaufwendig und erfordern auch –zumeist –
den Einsatz teurer Gerätschaften, die angekauft oder angemietet werden müssen.
Die Begehung eines Hektars zur Aufsammlung von
Oberflächenfunden in einem 2m-Linienabstand stellt z.B. allein eine Gehstrecke
von 5 km dar. Nachdem diese Begehung auch nicht in allzu forschem Schritt
erfolgen sollte, da schließlich der Boden optisch nach oft noch mit Erde verklebten
und daher schwer erkennbaren Fundgegenständen abgesucht werden soll, beträgt
die reine Gehzeit bereits deutlich über eine Personenstunde; Stehzeiten für die
genauere Untersuchung, Bergung und Dokumentation tatsächlich entdeckter Funde
noch gar nicht eingerechnet. Je nach Funddichte variiert die Begehungsdauer pro
Hektar natürlich, mindestens ist jedoch mit 2 Stunden Begehzeit pro Hektar zu
rechnen, selbst wenn praktisch keine Bodenfunde gemacht werden. Dazu kommt dann
noch die Zeit für die Auswertung, durchschnittlich wenigstens eine
Personenarbeitsstunde pro signifikantem Fundgegenstand (Karl 2019a, 154-157). Geht man von
durchschnittlich 3 signifikanten Bodenfunden pro Hektar aus,[6] ist also mit mindestens 5
Personenarbeitsstunden pro Hektar zu rechnen; Fahrzeiten zum und vom
Untersuchungsort noch gar nicht einberechnet. Für eine vollständige Begehung
des österreichischen Bundesgebietes müsste man also grob 42 Millionen
Personenarbeitsstunden (ohne Fahrzeiten) veranschlagen. Nimmt man eine
durchschnittliche Jahresarbeitszeit pro Mitarbeiter von ca. 1.800
Arbeitsstunden an, müsste man, um diese Arbeit in einem Jahr erledigen zu
können, etwa 23.300 ArchäologInnen ausschließlich dafür beschäftigen.
Selbst wenn man diese Arbeit in Österreich über
ein gesamtes Jahrhundert verteilen und daher ‚nur‘ ca. 233 ArchäologInnen dafür
beschäftigen wollen würde, zeigt der Vergleich mit den derzeit vom
österreichischen Bundesdenkmalamt
(BDA) (vollzeitäquivalent) beschäftigten ca. 15 ArchäologInnen, wie hoch das
Missverhältnis zwischen den eigentlich für die Denkmalforschung erforderlichen
und den tatsächlich verfügbaren Ressourcen ist. Weil da reden wir noch nicht
einmal davon, dass noch einmal nahezu 233 ArchäologInnen für geophysikalische
Prospektionen und Luftbildauswertungen angestellt werden müssten, um nicht nur
eine Vorstellung über Oberflächenfunde, sondern auch die noch im Verborgenen
gelegenen Bodenbefunde in Plan und Volumen gewinnen zu können.
Tatsächlich kann sich das österreichische BDA
derzeit nicht einmal leisten, auch nur eine einzige seiner MitarbeiterInnen
ausschließlich für die systematische archäologische Denkmalforschung zur
Entdeckung, Lokalisierung und Identifizierung noch unbekannter Denkmale im
österreichischen Boden abzustellen; was ohnehin völlig sinnlos wäre, weil diese
MitarbeiterIn geschätzt die oben schon genannten 23.300 Jahre benötigen würde,
um das gesamte Land systematisch archäologisch erstaufzunehmen. Manchen
deutschen Landesämtern für Denkmalpflege geht es in dieser Beziehung zwar besser,
aber auch nicht viel; es würde ein solches, systematisches
Denkmalforschungsprogramm dort vielleicht – mit etwas Glück – ‚nur‘ ein paar
tausend Jahre brauchen. Dass auch ein paar tausend Jahre viel zu lang sind,
braucht man nicht extra zu erwähnen.
Die archäologische Denkmalpflege, die alle, und
insbesondere auch alle noch gänzlich unbekannten Denkmale schützen will, steht
also vor einem für sie vollkommen unlösbaren Problem: sie kann nicht effektiv
schützen, was sie nicht kennt; und kann auch nicht ausreichend rasch alles finden,
was sie noch nicht kennt, was aber aller Wahrscheinlichkeit nach (derzeit noch)
da ist. Alles, auch das noch gänzlich unbekannte, archäologische Kulturerbe im
Boden zu schützen, geht daher einfach nicht, egal wie sehr das ArchäologInnen
und archäologische DenkmalpflegerInnen auch wollen.
Umgehungslösungsversuche und Selbsttäuschungen
Weil ArchäologInnen und archäologische
DenkmalpflegerInnen nun aber einmal alle
archäologischen Überreste schützen wollen, versuchen sie immer wieder mit
Umgehungslösungen das Unmögliche (wenigstens scheinbar) doch möglich zu machen.
Das wiederum erfordert allerdings ein kräftiges Maß an Selbsttäuschung, weil
das Unmögliche natürlich trotzdem unmöglich bleibt. Man muss daher die Realität
mehr oder minder aktiv verleugnen, um (und sei es auch nur vor sich selbst) so
tun zu können, als ob das Unmögliche doch möglich wäre.
Denkmalschutz nach deklaratorischem Prinzip
Unsere bevorzugte Methode zur scheinbaren
Lösung des unlösbaren Problems ist, die Verantwortung, es zu lösen, einfach
allen Normunterworfenen aufzubürden, ohne ihnen allerdings die Mittel dafür in
die Hand zu geben. Der Trick, mit dem man das erreichen kann, ist, dass man
sein Denkmalschutzgesetz nach dem deklaratorischen statt nach dem konstitutiven
Prinzip (DGUF 2013) funktionieren lässt.
Alles, was man scheinbar dafür machen muss, ist
ins Gesetz eine Legaldefinition des Bodendenkmalsbegriffs hineinzuschreiben, um
alle gesetzlichen Schutzbestimmungen auf alle Sachen anwendbar zu machen, die
dieser Definition entsprechen. Damit scheinen – wenigstens bei oberflächlicher
Betrachtung – tatsächlich alle archäologischen Denkmale rechtlich geschützt zu
sein: ob eine Sache der relevanten Legaldefinition entspricht, ist schließlich
eine objektive Tatsache, die sich dadurch, ob man die Sache kennt oder nicht
kennt, nicht im mindesten verändert.
Auch bekommt der Gesetzgeber aus
verfassungsrechtlicher Sicht mit dieser Methode kein Problem damit, dass er
ohne sachlichen Grund in geschützte Grund- bzw. Menschenrechte eingreift:
schließlich sind ja durch ein nach dem deklaratorischen Prinzip
funktionierendes Denkmalschutzgesetz überhaupt nur jene Sachen gesetzlich
geschützt, an deren Erhaltung tatsächlich ein öffentliches Interesse besteht.
Bezüglich Sachen, an deren Erhaltung kein öffentliches Interesse besteht,
gelten die denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen hingegen überhaupt nicht und
der Staat greift daher, soweit diese betroffen sind, gar nicht in
verfassungsgesetzlich geschützte Individualrechte ein. Damit ist aus
verfassungsrechtlicher Sicht wenigstens theoretisch alles in Ordnung.
Auch Denkmalforschung zur Identifikation und
Lokalisierung von schützenswerten Denkmalen scheint damit nicht mehr notwendig
zu sein: die staatliche Denkmalpflege muss schließlich scheinbar gar nicht mehr
wissen, wo sich welche archäologischen Denkmale im Boden befinden, weil diese
Denkmale ja den Schutz durch das Gesetz völlig unabhängig davon genießen, ob
man sie kennt oder nicht. Nachdem also die staatliche Denkmalpflege gar nicht
wissen muss, wo sich ein Denkmal befindet, ja nicht einmal, ob es überhaupt
existiert, kann man sich die archäologische Landesaufnahme eigentlich auch
gleich ganz ersparen. Denkmalforschung braucht man unter dieser Voraussetzung scheinbar
eigentlich nur noch, um mehr über Denkmale zu erfahren, um sie der
Öffentlichkeit besser vermitteln zu können; oder um mit archäologischen
Methoden mehr über die Vergangenheit zu erfahren und damit das kulturelle
Gedächtnis der Menschheit mit zusätzlichen Details zu bereichern. Gerade
ArchäologInnen – und die Mehrheit der staatlichen archäologischen
DenkmalpflegerInnen hat Archäologiestudien absolviert – ist das sehr recht,
weil sie sich daher bei der Denkmalforschung auf die wissenschaftlichen
Fragestellungen konzentrieren können, die sie selbst interessieren, d.h. nicht
unbedingt (außer das interessiert sie) mit der Lokalisierung, Identifikation
und räumlichen Abgrenzung von zuvor noch gänzlich unbekannten archäologischen
Überresten im Boden befassen müssen.
Das deklaratorische Prinzip scheint also mit
einem genialen Federstrich beide der oben genannten Probleme aus dem Weg zu
räumen: man kann scheinbar doch alle archäologischen Denkmale rechtlich
schützen, auch wenn man sie überhaupt noch nicht kennt; und braucht auch nicht
mehr mit den dafür unzureichenden Mitteln für die Denkmalforschung systematisch
alle noch unbekannten Denkmale zu suchen. An dieser Stelle freut sich der nicht
genauer darüber nachdenken wollende Archäologe, denn das Unmögliche scheint
doch nicht nur möglich, sondern auch tatsächlich erreicht zu sein. Weil rein
hypothetisch, bzw. rein rechtlich, ist es das auch, wenigstens am Papier des
Gesetzes.
Unglücklicherweise hat man dadurch allerdings
in der Realität überhaupt nichts erreicht, weil man das Problem nur verlagert
hat, und zwar in einer Weise, die überhaupt nichts bringt. Denn alles, was man
damit tatsächlich tut, ist die rechtliche Verantwortung dafür, zu bestimmen, ob
sich an dem bestimmten Ort, an dem eine beliebige Person eine bestimmte
Handlung setzen möchte, nun tatsächlich als Denkmale zu bewertende
archäologische Überreste im Boden befinden, auf ebendiese beliebige Person
abzuwälzen. Diese Person hat jedoch zumeist noch viel weniger Möglichkeiten als
die staatliche Denkmalpflege, diese Bestimmung vorausschauend korrekt
vorzunehmen: schließlich ist sie zumeist keine archäologische Fachkraft und hat
daher keinen besonderen archäologischen Sachverstand, sondern nur den weit
niedrigeren Kenntnisstand des Durchschnittsbürgers; und hat normalerweise noch
viel weniger Ressourcen für die Durchführung archäologischer Prospektionen zur
Verfügung als die staatliche Denkmalpflege.[7]
Dieser beliebigen Person ist daher in der Regel
auch gar nicht zumutbar, mehr zu tun als sich durch Einsichtnahme in öffentlich
zugängliche Denkmalinformationssysteme bzw. ins Grundbuch (sofern bekannte
Denkmale dort einzutragen sind) zu informieren, ob sie dort, wo sie ihre
Handlung setzen will, mit archäologischen Denkmalen rechnen muss. Findet sie in
derartigen, jedermann leicht zugänglichen Quellen keine Hinweise darauf, dass
dort, wo sie ihre geplante Handlung setzen möchte, archäologische Denkmale vorkommen
dürften, und sind auch an Ort und Stelle keine mit freiem Auge erkennbar,
braucht sie sich nicht an irgendwelche denkmalrechtlichen Bestimmungen halten,
denn sie kann weder fahrlässig, noch eventualvorsätzlich und schon gar nicht
vorsätzlich irgendwelche denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen verletzen: sie
kann unter diesen Voraussetzungen nicht wissen, dass sie sich an diesem Ort bei
dieser Handlung an diese Schutzbestimmungen halten muss, weil sie selbst dann,
wenn sich tatsächlich dort ein noch unbekanntes Denkmal befindet, nicht wissen
kann, dass es sich dort befindet. Damit befindet sich die handelnde Person aber
notwendigerweise im unvermeidbaren Verbots-
(Deutschland: § 17 StGB bzw. § 11 Abs. 2 OWiG) bzw. Rechtsirrtum
(Österreich: § 9 StGB bzw. § 5 VStG) und kann daher nicht strafbar handeln.
Damit stehen bei einem nach deklaratorischem
Prinzip funktionierenden Denkmalschutzgesetz zwar tatsächlich auch alle noch
gänzlich unbekannten archäologischen Denkmale im Boden unter Denkmalschutz,
werden aber durch dessen Bestimmungen nicht tatsächlich geschützt, weil sich
niemand an sie halten muss, solange er nicht weiß, wo genau archäologische
Denkmale im Boden vorkommen. Dass es bei dieser Lösung nicht die staatliche
Denkmalbehörde ist, die wissen muss, wo ein archäologisches Denkmal ist, damit
sie es schützen kann, sondern ‚nur‘ der einzelne Rechtsanwender, ändert also in
der Praxis nichts: was niemand kennt, kann auch niemand schützen.
Der einzige Vorteil, der aus dieser versuchten
Lösung des unlösbaren Problems erwächst, ist der, dass wir ArchäologInnen uns und
insbesondere die staatlichen archäologischen DenkmalpflegerInnen sich selbst
einreden können, dass alle archäologischen Denkmale geschützt sind, egal ob man
sie kennt oder nicht; weil nicht wir vorausschauend die Entscheidung treffen
müssen, wo unserer Meinung nach archäologische Denkmale im Boden sind. Vielmehr
können wir jeweils retrospektiv – d.h. wenn ein zuvor noch unbekanntes Denkmal
bei seiner Veränderung oder Zerstörung entdeckt und der staatlichen
Denkmalpflege oder ArchäologInnen bekannt wurde – entscheiden, dass es sich
dabei um ein archäologisches Denkmal gehandelt hat und daher anders behandelt
hätte werden sollen als es behandelt wurde; nämlich sachgerecht von
professionellen ArchäologInnen ausgegraben, geborgen und dokumentiert hätte
werden sollen. Wir können damit also die Schuld für die Zerstörung bzw.
Veränderung eines zuvor noch unbekannten Denkmals, das wir nicht rechtzeitig
sachgerecht entdeckt, ausgegraben und dabei dokumentiert haben, jemand anderem
in die Schuhe schieben; statt zugeben zu müssen, dass wir es bisher übersehen
hatten und es nicht rechtzeitig erforschen konnten.
Gleichzeitig können wir eine Position der
moralischen Überlegenheit einnehmen: wir hätten das Denkmal schließlich
gerettet, wenn nicht irgendjemand anderer es unsachgemäß zerstört hätte; wir
haben also nichts falsch gemacht. Der betroffene Rechtsanwender hätte hingegen
seine Handlung unterlassen sollen, die zur Zerstörung oder Veränderung des
Denkmals geführt hat, weil er ja vorhersehen können musste, dass sich überall
im Boden noch gänzlich unbekannte archäologische Denkmale befinden könnten und
im konkreten Fall auch tatsächlich befunden haben. Dass er das gar nicht wissen
konnte, können wir hingegen als Ausrede abtun, weil wir sagen schließlich schon
immer, dass jeder immer überall aufpassen muss; der Rechtsanwender also
ausreichend gewarnt war. Auch wenn er es natürlich nicht war, weil wir die
Ebene der rein hypothetischen Vorhersagen nie verlassen haben: die
hypothetische Vorhersage, dass überall etwas sein könnte, das fast nirgendwo
tatsächlich ist, bewahrheitet sich schließlich notwendigerweise immer überall
dort, wo es tatsächlich doch ist.
Archäologischer Denkmalschutz nach dem
deklaratorischen Prinzip kann also bei bereits bekannten Denkmalen halbwegs
sinnvoll sein; ist aber, wo der Schutz noch unbekannter archäologischer
Überreste im Erdboden das Ziel ist, nicht mehr als ein Mittel zur Ermöglichung
archäologisch-denkmalfachlichen Selbstbetrugs. In der Praxis bietet das
deklaratorische Prinzip unbekannten archäologischen Denkmalen gar keinen Schutz,
sondern schützt nur unsere Wunschträume.
Erfundene Begründungen für den bloßen Verdacht
Nachdem das deklaratorische Prinzip nur in der
Theorie funktioniert, aber in der Anwendungspraxis eben spätestens daran
scheitert, dass der durchschnittliche Rechtsanwender selbst die meisten bereits
bekannten archäologischen Denkmale nicht richtig erkennen kann, weil sie sich
an der Erdoberfläche durch keine für den Laien und oft nicht einmal durch den
Fachmann mit dem freien Auge erkennbare Merkmale kennzeichnen, müssen bekannte
archäologische Denkmale letztendlich doch in Denkmallisten eingetragen werden,
auch wenn sie nach dem deklaratorischen Prinzip geschützt sind.
An dieser Stelle entfaltet das deklaratorische
Prinzip einen weiteren bedeutenden Vorteil für die staatliche Denkmalpflege:
nachdem kein eigener Verwaltungsakt erforderlich ist, um ein Denkmal unter Schutz
zu stellen, weil ja alle Sachen von Gesetz wegen unter Denkmalschutz stehen,
die der Legaldefinition des Denkmalbegriffs entsprechen, haben Grundeigentümer
keine Parteienstellung und können daher Unterschutzstellungen nicht so leicht
wie unter dem konstitutiven Prinzip oder sogar gar nicht vor Gericht bekämpfen
(DGUF 2013). Es genügt völlig, wenn die
Denkmalbehörde glaubt, ausreichend Gründe dafür zu haben, um annehmen zu
können, dass sich in der betroffenen Bodenfläche ein archäologisches Denkmal
befindet, damit sie dieses in die Denkmalliste eintragen und damit schützen
kann. Damit kann man sich scheinbar einiges an Denkmalforschung ersparen, weil
man den betroffenen Grundeigentümern und einem von diesen angerufenen Gericht
nicht glaubhaft machen muss, dass im betroffenen Boden tatsächlich ein
archäologisches Denkmal existiert, sondern höchstens behördeninternen, nachkontrollierenden
ArchäologInnen, was in der Regel viel leichter geht, weil diese ohnehin auch so
viel Archäologie als möglich als Denkmale schützen wollen.
Dennoch: für eine Eintragung einer Bodenfläche
als Bodendenkmal braucht man auch nach dem deklaratorischen Prinzip irgendeine
Begründung, weil das, was in die Denkmalliste aufgenommen werden soll,
schließlich der Legaldefinition des Gesetzes genügen muss. Man muss also
wenigstens irgendwelche Hinweise darauf haben, dass an dem betreffenden Ort im
Boden archäologische Hinterlassenschaften vorkommen, um die Archäologie, die
sich dort befindet, in die Denkmalliste aufnehmen zu können. Noch gänzlich
unbekannte archäologische Hinterlassenschaften kann man daher auch nicht in
eine nach dem deklaratorischen Prinzip funktionierende Denkmalliste aufnehmen
und sie bleiben daher ungeschützt.
Nun ist es aber so, dass die Denkmalämter selbst
bei vielen seit langem bekannten Fundstellen deren genaue räumliche Ausdehnung
nicht kennen. Früher konnte man diese oft auch wirklich kaum feststellen, weil
verlässliche Methoden zu ihrer räumlichen Eingrenzung fehlten: die seit langem
bekannte Luftbildarchäologie funktioniert nicht zu jeder Zeit gleich gut, nur
auf mit bestimmten Feldfrüchten bebauten Bodenflächen einigermaßen gut, und
z.B. im Wald zumeist gar nicht, und ist daher nur bedingt zur Abgrenzung von
Fundstellen gegenüber ihrem Umland geeignet. Die meisten geophysikalischen
Prospektionsmethoden sind hingegen erst in den letzten 30 Jahren soweit
ausgereift, dass sie weitgehend verlässlich funktionieren; und auch sie
funktionieren nicht immer unter allen äußeren Umständen (auf unterschiedlichen
Unterböden, bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen etc.) gleich gut –
einmal abgesehen davon, dass viele Denkmalbehörden noch nicht einmal eigene
Prospektionsgeräte und auch kein Personal zu deren Einsatz haben. Denkmalämter
haben daher häufiger den Verdacht, dass sich Fundstellen über ihre bekannten
Grenzen hinaus unbekannt im Boden weiterausdehnen; ohne allerdings irgendwelche
konkreten Hinweise darauf zu haben, was die Unterschutzstellung der betroffenen
Bodenflächen selbst nach dem deklaratorischen Prinzip schwierig macht.
Daher behelfen sich Denkmalbehörden gerne damit,
zum Schutz wenigstens dieser noch unbekannten Teile bereits bekannter
archäologischer Denkmale rund um diese, und eventuell auch an anderen Stellen
in der Landschaft „Bodendenkmalsverdachtsflächen“[8]
auszuweisen. Das sind vereinfacht gesagt Bodenflächen, auf die sich bereits
bekannte Denkmale in noch unbekannter Weise ebenfalls erstrecken oder noch
gänzlich unbekannte Denkmale befinden könnten.
Als Hinweis darauf, dass auf den betreffenden
Verdachtsflächen, obwohl man von ihnen selbst noch keine konkreten Hinweise
darauf hat, doch archäologische Hinterlassenschaften vorkommen könnten, wird z.B.
die Tatsache gewertet, dass auf einer benachbarten Fläche ein bereits bekanntes
Bodendenkmal vorkommt. Das scheint, wenigstens auf den ersten Blick, durchaus
vernünftig zu sein: schließlich befindet sich ja daneben ein bereits bekanntes
Bodendenkmal, dessen genaue Ausdehnung man nicht kennt. Das ist zwar nicht
wirklich ein konkreter Hinweis, sondern weitgehend hypothetische Spekulation; aber
nach dem deklaratorischen Prinzip scheint ja die Denkmalbehörde nicht unbedingt
konkrete Hinweise haben zu müssen, die auch eine objektive, dritte Partei davon
überzeugen würden, dass sich dort wo es die Behörde vermutet tatsächlich ein
Denkmal befindet. Und nachdem tatsächlich die exakten Abgrenzungen der meisten
bekannten Fundstellen nicht genau bekannt sind, bestätigt sich bei
Untersuchungen der Verdacht auf das Vorkommen von Bodendenkmalen auf den an
bekannte Bodendenkmalflächen angrenzenden Bodenflächen recht häufig, wenn diese
einigermaßen eng um bekannte Bodendenkmale gezogen werden.
Beispiel Bayern
In Bayern z.B. machen die im dortigen Denkmal-Atlas (Abbildung 1 - Abbildung 3) als bekannte Bodendenkmale ausgewiesenen
Bodenflächen ca. 1,4% der gesamten Landesfläche aus.[9] Darüber hinaus kann das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BayLfD)
auch andere Bodenflächen als Verdachtsflächen ausweisen, wobei die Frage, ob
eine Fläche eine solche ist, jeweils im Einzelfall zu prüfen ist (für Kriterien
siehe BayLfD 2016, 12).
Abbildung 1: Gesamtüberblick über bekannte Bodendenkmalen (samt Bodendenkmalverdachtsflächen) in Bayern (Bayerischer Denkmal-Atlas, Zoomstufe: 50km [7/3/2019]). Geschützte Bodendenkmale jeweils als Punkt dargestellt. |
Abbildung 2: Verteilung in einer dicht mit Bodendenkmalen (samt Bodendenkmalverdachtsflächen) durchsetzten Region in der Umgebung von Manching in Bayern (Bayerischer Denkmal-Atlas, Zoomstufe: 2km [7/3/2019]). Geschützte Flächen: rot. |
Abbildung 3: Verteilung von Bodendenkmalen (samt Bodendenkmalverdachtsflächen) in der unmittelbaren Umgebung von Manching (linke untere Ecke) in Bayern (Bayerischer Denkmal-Atlas, Zoomstufe: 100m [7/3/2019]). Geschützte Flächen: rot. |
Das ist tatsächlich eine statistisch
signifikant erhöhte Erfolgswahrscheinlichkeit: nimmt man eine geschätzte
durchschnittliche Fundstellendichte tatsächlich existierender Bodendenkmale von
ca. 12,5 pro km2 (Karl 2019b, 6), d.h. ca. ein Bodendenkmal pro 8 Hektar an
(siehe FN 6), das jeweils durchschnittlich
maximal ca. 2 Hektar Fläche aufweist,[11] ist die Wahrscheinlichkeit zufällig
ein Bodendenkmal zu entdecken höchstens ca. 25%. Die Denkmalvermutung des
BayLfD bestätigt sich also wenigstens etwa zwei Mal häufiger als zu erwarten
wäre.
Beispiel Schleswig-Holstein
Ganz anders ist die Situation in
Schleswig-Holstein, wo die im Archäologie-Atlas SH (Abbildung 4 - Abbildung 6) ausgewiesenen bekannten
archäologischen Denkmale wohl weniger als 1%, die vom Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) ebenfalls
ausgewiesenen „archäologischen
Interessensgebiete“[12]
hingegen – geschätzt – ca. 75-80% der gesamten Landesfläche ausmachen. Dass
diese Interessensgebiete einigermaßen eng um bekannte Bodendenkmale gezogen
wären, lässt sich jedenfalls nicht behaupten (siehe Abbildung 6).
Abbildung 4: Gesamtüberblick über “Archäologische Interessensgebiete“ in Schleswig-Holstein (Archäologie-Atlas SH, Zoomstufe: 20km [7/3/2019]). Archäologische Interessensgebiete jeweils als blau schraffierte Flächen dargestellt. |
Abbildung 5: Verteilung in einer dicht mit archäologischen Interessensgebieten durchsetzten Region in der Umgebung von Haithabu in Schleswig-Holstein (Archäologie-Atlas SH, Zoomstufe: 2km [7/3/2019]). Geschützte Flächen: rot bzw. türkis. |
Abbildung 6: Bodendenkmale (rot) und archäologische Interessensgebieten (blau schraffiert) in der unmittelbaren Umgebung von Haithabu (linker Rand oben) in Schleswig-Holstein (Archäologie-Atlas SH, Zoomstufe: 100m [7/3/2019]). |
Weshalb das ALSH diese Flächen als
archäologische Interessensgebiete ausweist, lässt sich für Dritte nicht
nachvollziehen. Denn es findet sich im Archäologie-Atlas SH nicht mehr als die Angabe, dass es
sich bei einer beliebigen blau schraffierten Fläche um ein archäologisches
Interessensgebiet handelt; dessen Gebietsnummer; sowie in welchem Amt, Kreis
und Gemeinde es sich befindet. Es lässt sich auch nicht feststellen, warum das
ALSH die Grenzen der blau schraffierten archäologischen Interessensgebiete dort
gezogen hat, wo es sie gezogen hat; noch welchen „Umständen nach zu vermuten ist“ (§ 12 Abs. 6 DSchG SH), dass sich auf den gewaltigen ausgewiesenen
Flächen tatsächlich Bodendenkmale befinden; nicht nur rein hypothetisch
gesprochen welche befinden könnten. Und es gelang mir auch trotz einigermaßen
intensiver Suche nicht, die Kriterien herauszufinden, die das ALSH für die
Ausweisung von Flächen als archäologische Interessensgebiete heranzieht.
Zwar liegen mir aus Schleswig-Holstein keine
Daten vor, wie oft sich der Denkmalverdacht bei in archäologischen
Interessensgebieten durchgeführten Erdarbeiten bestätigt. Aber nimmt man nicht
an, dass es in Schleswig-Holstein ein Vielfaches mehr an Bodendenkmalen als in
Bayern gibt, scheint es eher unwahrscheinlich, dass das allzu häufig der Fall
ist. Zwar sind dem ALSH trotz deutlich kleinerer Landesfläche von
Schleswig-Holstein mehr, nämlich pro Flächeneinheit etwa 5,6 Mal so viele,
Bodendenkmale bekannt als dem BayLfD aus Bayern.[13]
Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass auch Bodendenkmale in
Schleswig-Holstein maximal durchschnittlich ca. 2 Hektar Fläche haben (siehe FN
11), käme man damit maximal auf ca. 123.000
Hektar bzw. ca. 7,9% der gesamten Landesfläche von Schleswig-Holstein
(abzüglich Lübeck), nicht auf die ungefähr 75-80% der Landesfläche, die im Archäologie-Atlas SH als archäologische
Interessensgebiete ausgewiesen werden.
Generell komme ich an dieser Stelle nicht
umhin, auf Basis meiner eigenen Erfahrungen und einer raschen Durchsicht
einschlägiger Fachliteratur über großflächige archäologische Maßnahmen (z.B.
Bopfinger & Krausse 2012) zu sagen, dass mir die Annahme einer signifikant
erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Vorkommen von archäologischen Denkmalen auf
auch nur 10% der Landesfläche eines beliebigen Landes doch eher unglaubwürdig
erscheint. Wie also das ALSH zum begründeten Verdacht (Ickerodt & Lund 2015, 109) gelangt sein kann, dass in
all den im Archäologie-Atlas SH als archäologische Interessensgebiete
ausgewiesenen Zonen eine derart erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Vorkommen
von Bodendenkmalen besteht, dass dies „den
Umständen nach zu vermuten ist“ (§ 12 Abs. 2 Z 6 DSchG SH), vermag ich nicht wirklich nachzuvollziehen.
Noch viel weniger vermag ich nachzuvollziehen,
wie das ALSH diese archäologischen Interessensgebiete räumlich abgrenzen
konnte: wenn, wie auf Abbildung 6, ca. 90% der dargestellten
Bodenfläche als Interessensgebiete ausgewiesen sind, muss man sich fragen,
warum nicht auch der Rest des auf dem Kartenausschnitt dargestellten Bodens ein
archäologisches Interessensgebiet ist? Schließlich muss ein signifikanter
Unterschied in den Umständen zwischen den als Interessensgebiet ausgewiesenen
und nicht ausgewiesenen Bodenflächen bestehen, der es zu bestimmen erlaubt,
dass in den als Interessensgebieten ausgewiesenen Zonen die Wahrscheinlichkeit,
dort bei Erdarbeiten auf archäologische Denkmale zu stoßen, die auf nicht
ausgewiesenen Bodenflächen deutlich übersteigt. Das setzt jedoch
Denkmalforschung voraus, die diese unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten auf
den verschieden bewerteten Bodenflächen einigermaßen verlässlich zu bestimmen
erlaubt hat.
Tatsächlich zeigen Beispiele wie dieses, dass
es sich bei den ausgewiesenen gar nicht um Flächen handeln kann, die aufgrund
eines sachlich begründeten Verdachts (Ickerodt & Lund 2015, 109) von anderen Bodenflächen
unterschieden werden können. Denn um zum sachlich begründeten Verdacht zu
gelangen, dass auf ca. 75-80% eine signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit
besteht, dass dort „den Umständen nach zu
vermuten ist“ (§ 12 Abs. 6 DSchG SH), dass sich dort archäologische Denkmale befinden,
müsste das ALSH systematisch die gesamte Landesfläche mit den oben genannten
archäologischen Prospektionsmethoden untersucht und festgestellt haben, dass
auf den ausgewiesenen Flächen konkrete Hinweise auf das Vorkommen
archäologischer Denkmale vorliegen, auf den verbleibenden 20-25% hingegen keine
vorkommen. Dafür hatte aber das ALSH niemals das erforderliche Personal noch
die erforderliche technische Ausstattung: immerhin hat Schleswig-Holstein
(inkl. Lübeck) ca. 15.763 km2 Fläche, d.h. allein eine systematische
Begehung hätte ca. 7,9 Millionen Personenarbeitsstunden (bzw. ca. 4.375
Personenarbeitsjahre) in Anspruch genommen. Die derzeit 6 auf der Webseite des
ALSH als in der archäologischen Landesaufnahme [11/3/2019] tätig geführten MitarbeiterInnen
hätten also etwa im Jahr 1239 n.Chr. damit beginnen müssen, um bis heute damit
fertig geworden sein zu können.
Bei den archäologischen Interessensgebieten in
Schleswig-Holstein handelt es sich also offensichtlich um ein Fantasieprodukt
des ALSH; eben um die reine Spekulation, dass archäologische
Hinterlassenschaften schließlich praktisch überall im Boden vorkommen könnten.
Für das Zutreffen dieses bloßen, unbegründeten Verdachtes wird eine
Scheinbegründung ins Feld geführt, nämlich, dass sich archäologische Denkmale manchmal
(wenn auch selten weit) über ihre bekannten Grenzen hinaus erstrecken. Damit kann
man beliebige Kringel auf die Landkarte malen und so tun, als ob man einen
begründeten Verdacht hätte, dass dort Bodendenkmale vorkommen.
Aber das ist noch keineswegs alles.
Denkmalbewertungsverweigerung
Um überhaupt sagen zu können, ob im Boden
verborgene Gegenstände Denkmale im Sinne der Legaldefinition des jeweils
örtlich geltenden Begriffs in einem nach deklaratorischen Prinzip
funktionierenden Denkmalschutzgesetz sind, muss man bewerten, ob sie dieser
Legaldefinition überhaupt entsprechen. Die Tatsache, dass wir ArchäologInnen
einen (bis zu seiner Entdeckung) im Boden verborgenen Gegenstand als einen
archäologischen Fund bzw. Befund betrachten und bezeichnen, bedeutet nämlich
noch keineswegs, dass dieser Gegenstand auch ein Denkmal im Sinne der relevanten
Legaldefinition ist.
Beispiel Bayern
So bestimmt z.B. das BayDSchG in seinem Art. 1 Abs. 1 iVm Abs. 4, dass
Bodendenkmäler bewegliche und unbewegliche, von Menschen geschaffene Sachen
oder Teile davon aus vergangener, in der Regel vor- oder frühgeschichtlicher
Zeit sind, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen,
städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse
der Allgemeinheit liegt. Um zu bestimmen, ob eine beliebige im Boden
befindliche Sache ein Bodendenkmal im Sinne dieser Legaldefinition ist, ist
also primär ihre Bedeutung im genannten Sinn, sowie, wenngleich nur sekundär,
ihr absolutes Alter zu bestimmen und schließlich zu bewerten, ob diese
Eigenschaften derart beschaffen sind, dass ihre Erhaltung deswegen im Interesse
der Allgemeinheit liegt.
Während man durchaus bis zu einem gewissen Grad
darüber streiten kann, wo genau die Grenzen zu ziehen sind, ab wann ein im
Boden verborgener Gegenstand ein Bodendenkmal im Sinne dieser Legaldefinition
ist, ergibt sich dennoch daraus gänzlich eindeutig, dass nicht jeder beliebige
Gegenstand im Boden ein Bodendenkmal ist oder auch nur sein kann. Vielmehr muss
anhand der bekannten Eigenschaften des betreffenden Gegenstandes durch jeden
Rechtsanwender selbst beurteilt werden, ob seine Erhaltung aufgrund dieser
Eigenschaften – wenigstens wahrscheinlich – im öffentlichen Interesse gelegen
ist oder nicht (siehe dazu sinngemäß schon Karl 2018a; c). Hierbei ist es – wie stets in solchen Fällen
– wichtig zu beachten, dass der operative Begriff in der Legaldefinition nicht
im Konjunktiv, sondern im Indikativ benutzt wird: es genügt nicht, dass die
Erhaltung des betreffenden Gegenstandes im Interesse der Allgemeinheit liegen könnte, sondern es ist
erforderlich, dass seine Erhaltung tatsächlich
im Interesse der Allgemeinheit liegt.
Beispiel Schleswig-Holstein
Die Legaldefinition des archäologischen
Denkmalbegriffs des § 2 Abs. 2 Z 2 DSchG SH ist etwas anders formuliert und subsumiert
unter dem Oberbegriff Kulturdenkmale
unter anderem den genauer eingeschränkten Unterbegriff archäologische Denkmale. Zusammengezogen sind archäologische
Kulturdenkmale iSd § 2 Abs. 2 DSchG SH „Sachen,
Gruppen von Sachen oder Teile von Sachen aus vergangener Zeit, deren
Erforschung oder Erhaltung wegen ihres besonderen geschichtlichen,
wissenschaftlichen, künstlerischen, technischen, städtebaulichen oder die
Kulturlandschaft prägenden Wertes im öffentlichen Interesse liegen“ und „die sich im Boden, in Mooren oder in einem
Gewässer befinden oder befanden und aus denen mit archäologischer Methode
Kenntnis von der Vergangenheit des Menschen gewonnen werden kann“, wozu „auch dingliche Zeugnisse wie Veränderungen
und Verfärbungen in der natürlichen Bodenbeschaffenheit sowie Zeugnisse
pflanzlichen und tierischen Lebens, wenn aus ihnen mit archäologischer Methode
Kenntnis von der Vergangenheit des Menschen gewonnen werden kann“ gehören.
Trotz der etwas anderen Formulierung sind also auch in Schleswig-Holstein
sowohl Alter als auch Bedeutung eines Bodenfundes bzw. -befundes
ausschlaggebend und daher zuerst einmal zu bestimmen, ehe sie in einem zweiten
Schritt in Hinblick darauf zu bewerten sind, ob aufgrund ihres Alters und ihrer
Bedeutung ihre Erforschung und Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Kann
im Vergleich zu Bayern der Gegenstand bedeutend jünger sein, weil er nur aus
der Vergangenheit und nicht in der Regel aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit
stammen muss; und muss er auch im Unterschied zu Bayern nicht von Menschen
geschaffen sein; muss er aber, auch im Gegensatz zu Bayern, von besonderem und
nicht bloß gewöhnlichem Wert (bzw. Bedeutung) sein, um ein archäologisches
Kulturdenkmal zu sein.
Daraus ergibt sich, dass auch in
Schleswig-Holstein, ebenso wie in Bayern, nicht jeder Bodenfund bzw. -befund
ein archäologisches Kulturdenkmal ist, das der Legaldefinition des
anzuwendenden Denkmalsbegriffs entspricht, sondern es wenigstens auch manche,
wenn nicht sogar – aufgrund der erforderlichen Besonderheit seines Wertes
(siehe dazu schon Karl 2018a, 11-13) – viele Bodenfunde und
-befunde gibt, die keine archäologischen Kulturdenkmale sind oder auch nur sein
können, auch wenn sie aus vergangener Zeit stammen und sich im Boden befinden
oder befanden (siehe dazu auch Ickerodt & Lund 2015, 108-109). Die Auswahl, die dem
Denkmalbegriff entspricht, mag eine etwas andere sein als die, die man in
Bayern nach den dortigen gesetzlichen Kriterien treffen müsste, aber es ist
auch in Schleswig-Holstein nur eine Auswahl, die daher ebenso anhand bekannter
Eigenschaften der betreffenden Gegenstände getroffen werden muss wie in Bayern.
Und ebenso wie in Bayern steht der operative Begriff auch in der
Legaldefinition in Schleswig-Holstein im Indikativ, nicht im Konjunktiv; und es
genügt daher auch in Schleswig-Holstein nicht, dass die Erforschung und
Erhaltung eines bestimmten Gegenstandes im öffentlichen Interesse liegen könnte, sondern diese müssen auch
tatsächlich im öffentlichen
Interesse liegen.
Verweigerung relativer Denkmalbedeutungszuweisungen
Es ist also sowohl in Bayern als auch in
Schleswig-Holstein eine Auswahl jener aus allen Bodenfunden und -befunden zu
treffen, die der jeweils örtlich anzuwendenden Legaldefinition genügen. Die, die
ihr nicht genügen, sind keine Denkmale und daher – nachdem diese ja nach dem
deklaratorischen Prinzip funktionieren – durch die jeweiligen
Denkmalschutzgesetze auch überhaupt nicht geschützt. Sie sind auch nicht ein
verfassungsgesetzlich geschütztes Rechtsgut, selbst wenn sich in der
betreffenden Landesverfassung ein Denkmalschutzartikel – in Bayern Art. 141 Abs. 2 – oder auch eine
Kulturstaatsklausel findet – wie das sowohl in Bayern mit Art. 3 Abs. 1 als auch in Schleswig-Holstein mit Art. 13 der jeweiligen Landesverfassung der Fall ist
(Krischok 2016, 181-183); weil diese ja nur Denkmale und nicht Sachen, die
keine Denkmale sind, zu verfassungsgesetzlich geschützten Gütern erheben. Die
Bewertung von Bodenfunden und -befunden ist daher bei nach dem deklaratorischen
Prinzip funktionierenden Denkmalschutzgesetzen absolut essentiell, weil was
kein Denkmal ist, durch sie auch nicht geschützt wird.
Genau diese Bewertung ist aber bei noch
gänzlich bzw. weitgehend unbekannten archäologischen Hinterlassenschaften im
Boden überhaupt nicht möglich, weil deren bewertungsrelevante Eigenschaften gar
nicht oder bestenfalls unzureichend bekannt sind. Kann man aber ihre Bedeutung nicht
bewerten, sind sie kein gesetzliches Schutzgut: ihre Erhaltung könnte
schließlich nur im öffentlichen Interesse gelegen sein, liegt aber – wenigstens
zum derzeitigen Kenntnisstand – noch nicht tatsächlich im öffentlichen
Interesse. Dass etwas, dessen Erhaltung derzeit noch nicht im öffentlichen
Interesse liegt, auch nicht durch die denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen
geschützt sein kann, ist offensichtlich: schließlich ist auch ein Gebäude nicht
automatisch deshalb denkmalgeschützt, weil sich zu späterer Zeit erweisen
könnte, dass es ein bis dahin nicht als solches erkanntes, besonders gut
gelungenes Beispiel für die Architektur seiner Zeit ist oder jemand darin aufgewachsen
sein könnte, der zwar noch nicht jetzt, aber zu späterer Zeit, zu einer
bedeutenden historischen Persönlichkeit wird. Ebenso wenig steht eine
unauffällige Bronzestatue alleine deshalb automatisch unter Denkmalschutz, weil
es sein könnte, dass sich bei genauerer Untersuchung in der Zukunft herausstellt,
dass sie von Michelangelo geschaffen wurde. Aus rechtlicher Sicht zählt eben
nicht, dass etwas, wenn man nur mehr über es wissen würde, vielleicht als
schützenswertes Denkmal erkannt werden könnte, sondern nur ob man in der
Gegenwart schon weiß, dass es aufgrund seiner bekannten Eigenschaften ein
schützenswertes Denkmal ist.
Bei bereits bekannten archäologischen
Hinterlassenschaften im Boden kann man ihren Denkmalwert hingegen gewöhnlich
aufgrund ihrer bereits bekannten Eigenschaften bestimmen. Dieser ist jedoch bei
der gebotenen objektiven Betrachtung zumeist nicht ausreichend besonders, dass
ihre Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse liegt: die meisten
archäologischen Hinterlassenschaften im Boden sind nämlich tatsächlich, jeweils
für sich betrachtet, weitgehend unbedeutend und gewinnen ihre Bedeutung erst
durch ihre Verbindung bzw. Zusammenhänge mit anderen, ebenso unbedeutenden,
archäologischen Hinterlassenschaften (Hoernes 1892, 43; cf. Karl 2018a, 12-13).
Es ist daher aus archäologischer Sicht relativ
einfach, zu argumentieren, dass eine komplex stratifizierte, befund- und
fundreiche archäologische Fundstelle eine in ihrer Gesamtheit besonders
bedeutende Sache und daher aller Wahrscheinlichkeit nach im Sinne der relevanten
Legaldefinition ein Denkmal ist,[14]
dessen Erhaltung und/oder Erforschung im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Denn aus einer solchen Fundstelle kann man mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit einiges an wissenschaftlicher Erkenntnis gewinnen, und mit
wenigstens guter Wahrscheinlichkeit auch signifikante Erkenntnisse, und sei es
nur über die Geschichte der menschlichen Nutzung der Region, in der sie sich
befindet. Dasselbe erfolgreich bei einem beliebigen Oberflächen- oder
Oberbodenfund zu argumentieren, ist hingegen nahezu unmöglich: die
Wahrscheinlichkeit, dass aus einem solchen tatsächlich signifikante
wissenschaftliche Erkenntnis gewonnen werden kann, ist zumeist nahe Null.
Ungünstigerweise ist allerdings ohne wenigstens
einigermaßen intensive Denkmalforschung zu betreiben zumeist nicht erkennbar,
ob sich auf einer bestimmten Bodenfläche unter der Erdoberfläche eine komplex
stratifizierte, befund- und fundreiche Fundstelle befindet: wenigstens eine Luftbildanalyse
oder noch besser eine ordentliche geophysikalische Prospektion muss man
durchgeführt haben, um das beurteilen zu können. Bei allfälligen Feldbegehungen
(ob mit oder ohne Metallsuchgerät) findet man nämlich normalerweise nur
Oberflächenfunde und eventuell Oberbodenfunde, die weitgehend
dekontextualisiert und somit wissenschaftlich zumeist nahezu völlig wertlos
sind, die also eben gerade der Legaldefinition des relevanten Denkmalbegriffs
vermutlich nicht genügen. Streng genommen sollten Oberflächenfunde nicht einmal
reichen, die Fundstelle als Bodendenkmalverdachtsfläche zu betrachten: man hat
schließlich nur konkrete Hinweise darauf, dass dort irgendwelche Funde
vorkommen, die der gesetzlichen Denkmalsbegriffsdefinition nicht genügen,
nicht, dass dort auch solche vorkommen, die dieser Definition genügen.
Das führt in Summe bei ArchäologInnen zu einer
besonderen kognitiven Dissonanz (Festinger 1957): von Gesetz wegen ist es
erforderlich, die genannte Bewertung von archäologischen Hinterlassenschaften
vorzunehmen, um zu bestimmen, ob die Schutzbestimmungen des örtlich relevanten
Denkmalschutzgesetzes überhaupt auf sie anwendbar sind. Genau diese Bewertung,
die stets auf Basis des aktuellen Kenntnisstandes über ein mögliches
archäologisches Denkmal vorzunehmen ist, fällt jedoch in der überwiegenden
Mehrheit aller Fälle negativ aus; d.h. immer wenn noch nicht ausreichende
Hinweise zur Feststellung einer für das Bestehen eines öffentlichen Interesses
an ihrer Erhaltung (bzw. Erforschung) ausreichenden Bedeutung des möglichen
Denkmals vorliegen. Damit könnten aber noch gänzlich unbekannte oder noch nicht
hinreichend bekannte archäologische Hinterlassenschaften im Boden nicht als
Denkmale geschützt werden; also genau die archäologischen Überreste im Boden,
die wir ArchäologInnen jedenfalls auch schützen wollen bzw. besonders zu
schützen glauben müssen.
Um diese kognitive Dissonanz auflösen oder
wenigstens reduzieren zu können, muss – da eine echte Lösung dieses Problems
nur durch eine grundlegende Änderung unserer Überzeugung möglich wäre, auch die
noch gänzlich un- oder nur unzureichend bekannten archäologischen Überreste im
Boden als Denkmale schützen zu müssen – daher eine Scheinlösung für das Problem
gefunden werden. Diese Scheinlösung ist die, so zu tun (und im Bedarfsfall auch
gegenüber Dritten steif und fest zu behaupten), dass alle archäologischen
Hinterlassenschaften von exakt gleicher, nämlich unendlich hoher, Bedeutung
wären; d.h. jedwede realistische Bewertung der Bedeutung einzelner
archäologischer Hinterlassenschaften strikt zu verweigern. Im Zweifelsfall wird
dadurch auch aus einer wissenschaftlich vollkommen informationsgehaltlosen
Wandscherbe ein archäologisches Äquivalent der Mona Lisa (Karl 2013, 118); im Notfall auf Basis des
Arguments, dass ja in der Zukunft neue, bislang noch völlig unvorstellbare
Untersuchungsmethoden entwickelt werden könnten (so sinngemäß z.B. Brunecker
2008, 16), mit denen man dann eventuell aus dieser Wandscherbe derzeit noch gänzlich
undenkbare, ungeheuer bedeutende Informationen gewinnen könnte.
Natürlich ist allen ArchäologInnen bei
genauerer Überlegung bewusst, dass unterschiedlichen archäologischen
Hinterlassenschaften selbstverständlich nicht nur unterschiedliche (geschichtliche,
wissenschaftliche, etc.) Bedeutung zukommt, sondern auch in der Regel sehr
exakt vorhergesagt werden kann, welchen archäologischen Hinterlassenschaften
(im oder am Boden) besondere Bedeutung zukommt; und zwar nicht nur im
rechtlichen, sondern auch und insbesondere im wissenschaftlichen Sinn. Selbstverständlich
ist eine beliebige, nicht diagnostische Wandscherbe, selbst wenn sie aus einem
ungestörten Befund kommt, sowohl rechtlich als auch geschichtlich und
wissenschaftlich weitaus weniger bedeutend als z.B. die unsachgemäß aus dem
Boden geborgene Himmelsscheibe von Nebra (z.B. Otten 2012, 21-24); und diese
ihrerseits wieder wenigstens wissenschaftlich weitaus weniger bedeutend als der
ungestörte, komplexe Befund des ‚Fürstengrabes‘ aus Hochdorf mit seinen
zahllosen kontextualisierten, in vielen Fällen ihrerseits auch als
Einzelobjekte denkmalschutzwürdigen Grabbeigaben (siehe ebenfalls z.B. Otten
2012, 10-16). Ebenso sind sich praktisch alle ArchäologInnen einig, dass –
wenigstens nahezu alle – unsachgemäß geborgenen beweglichen Bodenfunde „allenfalls noch Antiquitäten, für die
Forschung kaum noch zu verwenden und nur noch von geringer Bedeutung“ (Kriesch et. al. 1997, 26; Hervorhebung:
RK) sind. Und selbstverständlich lehren archäologische Grabungshandbücher, dass
unterschiedliche Grabungsfunde je nach der ihnen zukommenden Bedeutung
unterschiedlich genau zu dokumentieren sind (Gersbach 1998, 43-46), mit der geringsten
empfohlenen Dokumentationsgenauigkeit für „Streufunde
… deren Fundlage auf dem Planum nicht ganz eindeutig feststellbar ist“
(Gersbach 1998, 46).
ArchäologInnen ziehen also – wie aus der
Fachliteratur absolut offensichtlich erkennbar ist – selbst überhaupt nicht
ernsthaft in Zweifel, dass unterschiedlichen archäologischen
Hinterlassenschaften, je nach ihrer genauen Beschaffenheit bzw. ihren konkreten
Eigenschaften, unterschiedliche wissenschaftliche Bedeutung zukommt. Ganz im
Gegenteil ist die Tatsache, dass unterschiedlichen archäologischen
Hinterlassenschaften abhängig von ihren genauen Eigenschaften unterschiedliche
Bedeutung und damit auch unterschiedlich großer Wert zukommt, eines der
wesentlichsten von der Archäologie gegen unsachgemäße Fundbergungen ins Feld
geführten Argumente; und da wiederum für die wissenschaftliche
Bedeutungszuweisung die ausschlaggebende Eigenschaft, ob ein Fund (und auch
Befund) noch stark kontextualisiert oder weitgehend bis vollständig
dekontextualisiert ist (Kriesch et. al. 1997, 26). Es ist also keineswegs
unmöglich, archäologischen Hinterlassenschaften unterschiedlichen, d.h. im
Vergleich miteinander relativ größeren bzw. geringeren, Wert zuzuweisen.
Vielmehr wird diese Bedeutungszuweisung im
Bereich der kognitiven Dissonanz aktiv verweigert bzw. werden wissentlich
falsche Bedeutungszuweisungen vorgenommen, wenn die Gefahr besteht, dass eine
richtige Bedeutungszuweisung entsprechend der allgemein anerkannten fachlichen
Bewertungskriterien nicht zum fachlich erwünschten Ergebnis führen würde. Die
Behauptung, alle archäologischen Funde wären gleich wichtig, insbesondere
solange sie noch unbekannt sind, weil sie sich ja, wenn man von ihnen Kenntnis
erlangt, als nächste Mona Lisa (bzw. Himmelsscheibe von Nebra) erweisen könnten,
ist erforderlich, um argumentieren zu können, dass man gerade dort, wo man noch
gar nichts weiß, dennoch alles unter Denkmalschutz stellen muss. Will man also
archäologische Interessensgebiete wie die in Schleswig-Holstein argumentieren,
muss man als Archäologe bzw. archäologischer Denkmalpfleger wenigstens nach
außen hin so tun, als ob jeder noch unbekannte, aber möglicherweise doch
vorhanden sein könnende, Bodenfund so unendlich wertvoll wäre, dass sein
Verlust einen unermesslichen Schaden für die Allgemeinheit darstellen würde;
weil sonst lässt sich ein Denkmalschutz auf bloßen Verdacht überhaupt nicht
rechtfertigen.
Das alles kommt dann auch der staatlichen
Denkmalpflege sehr gelegen, die Denkmalbewertungen ohnehin oft nur sehr ungern
vornimmt und daher Lösungen schätzt, die dem zuständigen Denkmalpfleger das Begehen
eines Fehlers unmöglich zu machen scheinen (siehe dazu z.B. schon Rüsch 2004, 4). Die für die Archäologie und
Denkmalpflege ebenfalls charakteristische Verlustangst (Holtorf 2015), die, auch als Spiegel und
Ausdruck der zunehmend vollständigen kapitalistischen Durchsetzung unserer
Gesellschaft (Bernbeck 2016), zu einem klassischen zwanghaften
Hortverhalten in unserem Fachbereich führt (Karl 2016), trägt ebenfalls ihren Teil dazu
bei; und hindert uns insbesondere daran, unsere Überzeugung, dass alle
archäologischen Hinterlassenschaften um jeden Preis erhalten werden müssen, zu
ändern, welche die kognitive Dissonanz überhaupt erst auslöst.
Der Mythos der unveränderten Erhaltung archäologischer Denkmale in situ
Schließlich kommt noch ein weiteres Element des
massiven Selbst- und Fremdbetrugs als Mittel zur Scheinbegründung des
unbegründeten Verdachtes hinzu: der Mythos, dass archäologische Denkmale sich
unverändert in situ erhalten, wenn sie dort belassen werden (siehe dazu auch
schon Karl 2018d).
Zwar wissen ArchäologInnen in der Regel auch,
dass archäologische Hinterlassenschaften keineswegs unverändert erhalten
bleiben, wenn man sie einfach im Boden belässt, ohne irgendwelche konkreten
Maßnahmen zu setzen, um sie vor irgendwelchen anderen Gefahren als ihrer
(unsachgemäßen) Bergung zu schützen; und dass die mit Abstand größten Gefahren,
die mit Abstand die meisten archäologischen Hinterlassenschaften im Erdboden
zerstören oder maßgeblich verändern, nicht die ihrer (unsachgemäßen) Bergung sind
(siehe schon oben Seite 170; Trow 2010; Hebert 2018, 85). Aber
diese Tatsache wird sowohl intern als auch extern in der Regel verschwiegen und
stattdessen selbst von Landesämtern für Denkmalpflege behauptet, dass „der beste Schutz eines Bodendenkmals sein
Verbleib im Boden ist“ (Winghart 2015, 5). Dass man das im betreffenden
Landesamt, von dessen Präsidenten das wörtliche Zitat stammt, selbst ernsthaft
glaubt, scheint wenig glaubwürdig (Büttner et al. 2010).
Auch der Mythos von der unveränderten Erhaltung
archäologischer Denkmale, insbesondere durch ihre bloße Belassung in situ, ist
eine Scheinlösung, um dieselbe kognitiven Dissonanz reduzieren zu können, von
der schon die Rede war. ArchäologInnen sind sich selbstverständlich in der
Regel vollständig bewusst, dass alle im Boden belassenen archäologischen
Überreste unweigerlich früher oder später dasselbe Schicksal erleiden: sie
werden in situ durch eine der zahllosen Gefahren, die ihnen im Boden drohen,
zerstört (siehe z.B. sinngemäß Trier 2010, 851-852; Hebert 2018, 85). Sie sind
sich ebenso bewusst, dass die Geschwindigkeit, mit der archäologische
Hinterlassenschaften im Boden zerstört werden, insbesondere seit Ende des
zweiten Weltkriegs durch die Intensivierung der Bodennutzung drastisch
angestiegen ist (Trier 2010, 851-852; Trow 2010; Karl 2018d). Sie sind sich ebenso bewusst,
dass die einzige Möglichkeit, Bodendenkmale über ihre im Boden unvermeidliche
Zerstörung nicht nur zu erhalten, sondern sie gleichzeitig auch einer
menschlichen Nutzung und somit Inwertsetzung als Denkmale zugänglich zu machen,
die ist, sie aus dem Boden zu bergen; wobei die durch die Bergung erwachsenden
Nutzungs- und Inwertsetzungsmöglichkeiten als Denkmal umso vielfältiger und
größer sind, desto sachgerechter die Bergung vorgenommen und genauer sie
wissenschaftlich dokumentiert wurde
(Hebert 2018, 84-85). Genau deshalb insistiert die Fachwelt ja auch
darauf, dass bekannte archäologische Denkmale, ehe sie durch akut werdende,
bekannte Gefahren (wie z.B. Baumaßnahmen) im Boden zerstört werden, sachgerecht
geborgen und wenigstens fachlichen Mindeststandards entsprechend dokumentiert
werden müssen (z.B. Kriesch et al. 1997, 26; BDA 2018, 2; Hebert 2018).
Nachdem geborgene Kleinfunde mit den
verfügbaren Ressourcen aber nicht alle dauerhaft in öffentlichen Archiven
erhalten werden können (Karl 2016); und Ausgrabungen wenigstens die
an Ort und Stelle erhaltene, körperliche Substanz der betroffenen
archäologischen Hinterlassenschaften notwendigerweise zerstören (siehe z.B. BDA 2018, 2), wobei immer wenigstens die Gefahr
besteht, dass manche in dieser Substanz selbst gespeicherte Information über
die Vergangenheit verloren geht (siehe z.B. Strobl & Sieche 2010, 264-265;
Hebert 2018, 81); erzeugt die Extrahierung von Archäologie ex situ
offensichtlich (wenigstens potentiellen) Schaden an ihr, der – weil bekannt und
tatsächlich beobachtet – nicht geleugnet werden kann. Die Extrahierung von
Archäologie ex situ, selbst die komplett sachgemäße, steht somit im Widerspruch
zum selbstgewählten Ziel der archäologisch-denkmalpflegerischen Fachwelt, alle
archäologischen Quellen vollständig zu erhalten.
Noch gänzlich oder weitgehend unbekannte
archäologische Hinterlassenschaften im Boden, deren konkreten Erhaltungszustand
man auch entweder gar nicht kennt oder wenigstens nicht genau beurteilen kann,
sind hingegen im engeren Sinne des Sprichworts aus den Augen und damit auch aus
dem Sinn der Archäologie. Nachdem man weder sieht, dass, noch wie rasch, noch
nicht genau bekannte archäologische Hinterlassenschaften im Boden verändert und
zerstört werden, kann man relativ ungehindert so tun, als ob sie, solange man
sie in situ im Boden belässt, dort keinen oder wenigstens keinen signifikanten
Schaden erleiden würden. Man weiß schließlich bei solchen unbekannten Funden
und Befunden nicht, ob und wann genau sie welchen genauen Schaden erleiden und
kann daher die Hypothese, dass sie keinen Schaden erleiden, aufrechterhalten;
auch wenn man damit ungeniert und fälschlich Absenz von Evidenz für die
Entstehung von Schaden als Evidenz für die Absenz der Entstehung von Schaden
missbraucht.
Dass das eine klassische Scheinlösung zur
Dissonanzreduktion ist – ein strategisches Nichtwahrnehmen, Leugnen oder
Abwerten von Informationen bzw. die selektive Beschaffung und Interpretation
von Dissonanz reduzierenden Informationen – versteht sich von selbst: natürlich
erleiden die archäologischen Überreste im Boden weiterhin genau denselben
Schaden, den sie dort eben bekanntermaßen erleiden. Man schützt also durch die
Belassung archäologischer Überreste in situ nicht die Quellen der
archäologischen Forschung, sondern ganz im Gegenteil die eigene
Wunschvorstellung, alle davon unverändert erhalten zu können, vor der
schmerzhaften Kollision mit der Wirklichkeit. Und da man diese Selbsttäuschung
selbstverständlich auch Dritten gegenüber nicht eingestehen kann, muss man auch
Dritten gegenüber darauf bestehen, dass die sogenannte „Erhaltung in situ“ die beste Möglichkeit dafür ist, um
archäologische Denkmale vor Schaden zu schützen. Die Selbsttäuschung erzwingt
also auch die Fremdtäuschung.
Behördenintransparenz als denkmalpflegerisches Schutzprinzip?
Dass all das in der Praxis weit besser zu
funktionieren scheint als der archäologische Denkmalschutz nach dem
konstitutiven Prinzip hat dabei nicht das mindeste damit zu tun, dass das
deklaratorische Prinzip Denkmale besser schützen würde. Das lässt sich in aller
erforderlichen Deutlichkeit zeigen, wenn man die oben geschilderte Situation in
Bayern und Schleswig-Holstein mit der in Österreich vergleicht.
Beispiel Österreich
Das österreichische DMSG schützt Denkmale bekanntermaßen primär auf
Basis des konstitutiven Prinzips: „Das
öffentliche Interesse an der Erhaltung im Sinne des Abs. 1
(Unterschutzstellung) wird wirksam kraft gesetzlicher Vermutung (§ 2) oder
durch Verordnung des Bundesdenkmalamtes (§ 2a) oder durch Bescheid des
Bundesdenkmalamtes (§ 3) …“ (§ 1 Abs. 4 DMSG). Das bedeutet, dass – im Unterschied zu nach
dem deklaratorischen Prinzip funktionierenden Denkmalschutzgesetzen (wie dem BayDSchG oder dem DSchG SH) – normalerweise[15]
ein eigenständiger Verwaltungsakt erforderlich ist, um Denkmale (iSd § 1 Abs. 1
und 2 DMSG) den denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen (im
Wesentlichen der §§ 4-13 DMSG) zu unterwerfen.
Aus verwaltungsrechtlicher Sicht ist das
natürlich ein bedeutender Unterschied, weil es dazu führt, dass wenigstens
betroffene GrundeigentümerInnen im Verwaltungsverfahren Parteienstellung haben.
Das hat eine Reihe bedeutender Folgen in der Rechtsanwendungspraxis: als
Parteien sind die betroffenen GrundeigentümerInnen über die Einleitung des
Unterschutzstellungsverfahrens zu informieren; alle relevanten
Verfahrensunterlagen sind ihnen – und sei es nur im Wege der Akteneinsicht –
zur Kenntnis zu bringen; es ist ihnen im Verfahren Gehör zu geben; die
Entscheidung der Behörde samt expliziter Entscheidungsbegründung ist ihnen
bekanntzumachen und sie haben das Recht, gegen diese Beschwerde bei den
Gerichten zu erheben, wenn sie sich dadurch in irgendwelchen ihrer Rechte
verletzt fühlen. Daraus folgt natürlich auch, dass alle derartigen Entscheidungen
der zuständigen Behörde wenigstens hypothetisch einer externen Kontrolle
unterliegen und auch in der Praxis recht häufig einer solchen Kontrolle durch
die Gerichtsbarkeit unterzogen werden. Nachdem die zuständige
Verwaltungsbehörde nicht nur Fehler machen kann, sondern – wenigstens in
manchen Fällen – auch tatsächlich Fehler macht, führt dies dazu, dass
wenigstens manche Unterschutzstellungsversuche fehlschlagen, weil das Gericht
der betroffenen Partei recht gibt und die ergangene Unterschutzstellungsentscheidung
der Behörde aufhebt (siehe dazu z.B. BVwG 21.01.2019, W195 2211187-1).
Auch in der hier besonders relevanten
Angelegenheit – der Frage, ob eine bestimmte Bodenfläche denkmalgeschützt
werden kann, weil sich auf ihr tatsächlich Sachen befinden, die der
Legaldefinition des relevanten Denkmalbegriffs entsprechen – besteht ein
maßgeblicher Unterschied. Bei nach dem deklaratorischen Prinzip
funktionierenden Denkmalschutzgesetzen muss nämlich die Legaldefinition des
relevanten Denkmalbegriffes derart bestimmt gefasst sein, dass jeder
Rechtsanwender – d.h. auch der Durchschnittsbürger – sie wenigstens in der
Regel korrekt auslegen und daher das betreffende Gesetz richtig anwenden kann. Bei
nach dem konstitutiven Prinzip funktionierenden Denkmalschutzgesetzen muss
hingegen nur die für Unterschutzstellungen von Denkmalen zuständige Behörde den
gesetzlichen Denkmalbegriff richtig auslegen können, weil der durchschnittliche
Rechtsanwender die denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen nur anwenden muss,
wenn eine Sache durch die Behörde tatsächlich durch formalen Verwaltungsakt unter
Denkmalschutz gestellt wurde. Daher kann die Legaldefinition des relevanten
Denkmalbegriffs in nach konstitutivem Prinzip funktionierenden
Denkmalschutzgesetzen weit unbestimmter sein: es genügt hier, wenn diese von
Personen mit besonderem Sachverstand – insbesondere AmtsgutachterInnen der
zuständigen Fachbehörde – korrekt ausgelegt werden kann (Karl 2018e).
Trotz dieser durchaus signifikanten
Unterschiede zwischen nach konstitutivem und nach deklaratorischem Prinzip
funktionierenden Denkmalschutzgesetzen sind diese in der uns hier eigentlich
beschäftigenden Frage – wann eine Sache ein Denkmal ist, dessen Erhaltung im
öffentlichen Interesse liegt – grundsätzlich gleich: eine Sache ist ein
Denkmal, wenn sie der Legaldefinition des relevanten Denkmalbegriffes
entspricht. Wer das wie unter welchen Umständen zu entscheiden hat, und ob
diese Entscheidung wenigstens hypothetisch einer gerichtlichen Kontrolle
unterliegt, macht hierfür im Prinzip keinen wesentlichen Unterschied: hat die
Sache jene Eigenschaften, die bei objektiver Betrachtung erforderlich sind,
dass ihre Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, dann ist sie ein
Denkmal; hat sie jene Eigenschaften nicht, dann ist sie keines.
Man kann sich daher anschauen, wie die
Unterschutzstellung von archäologischen Hinterlassenschaften und die Ausweisung
von Verdachtsflächen in Österreich von den Gerichten beurteilt und vor allem
welche Grenzen ihr gezogen werden. Das ist zwar natürlich – nachdem die
Legaldefinitionen der jeweils relevanten Denkmalbegriffe in den nach
deklaratorischem Prinzip funktionierenden Denkmalschutzgesetzen und auch andere
Aspekte der Rechtslage in Deutschland nicht gänzlich identisch mit der in
Österreich sind – nicht direkt auf Deutschland übertragbar, aber sehr wohl
sinngemäß, was Beschränkungen betrifft, die auch unter nach dem deklaratorischen
Prinzip funktionierenden Gesetzen bei der Bewertung von bekannten
Bodendenkmalen und der Ausweisung von Verdachtsflächen zu berücksichtigen sind.
Schließlich besteht auf der grundsätzlichen Ebene kein Unterschied zwischen
nach konstitutivem und nach deklaratorischem Prinzip funktionierenden
Denkmalschutzgesetzen: eine Sache ist bei beiden immer nur dann ein Denkmal,
wenn sie der Legaldefinition des relevanten Denkmalbegriffs entspricht.
Nachdem das europäische
Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes (revidiert), die
sogenannte Valletta-Konvention (CoE 1992a), ebenso wie ihr Vorgänger, die Londoner Konvention (CoE 1969), die Einrichtung von archäologischen
Schutzzonen für die Erforschung durch zukünftige Generationen vorsieht, finden
sich auch im österreichischen DMSG schon seit seiner Fassung BGBl. Nr. 473/1990 Vorkehrungen für die
Unterschutzstellung von sogenannten „Fundhoffnungsgebieten“
(RV 1990, 10; Bazil et al. 2015. 24-25). Bei diesen
handelt es sich im Prinzip um das gleiche wie bei den
Bodendenkmalverdachtsflächen in Bayern und den archäologischen
Interessensgebieten in Schleswig-Holstein, nämlich um Bodenflächen, bei denen „den Umständen nach“ anzunehmen (Art. 7
Abs. 1 1. Satz BayDSchG) bzw. zu vermuten (§ 12 Abs. 6 DSchG SH) ist, dass sich dort Bodendenkmale befinden: „Die Bestimmung … mußte im Hinblick darauf
aufgenommen werden, daß eine genaue wissenschaftliche Erforschung vor allem
teilweiser oder gänzlich verborgener Denkmale – insbesondere archäologischer
Denkmale – erst dann möglich ist, wenn sie ausgegraben bzw. freigelegt wurden.
Andererseits müssen bei der UnterschutzsteIlung solcher Denkmale eben noch
viele Fragen offen bleiben, manchmal sogar die exakte Lage (etwa genaue
Ausdehnung einer prähistorischen Siedlung)“ (RV 1990, 12).
Für die Unterschutzstellung als
Fundhoffnungsgebiet von noch nicht ausreichend erforschten Sachen, insbesondere
noch nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen, genügt – im Gegensatz zur
Unterschutzstellung bereits ausreichend erforschter Sachen, bei denen
Gewissheit erforderlich ist – die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines
Denkmals (§ 1 Abs. 5 DMSG; Bazil et al. 2015, 24), d.h. einer Sache, die
der Legaldefinition des Denkmalbegriffs in § 1 Abs. 1-2 DMSG entspricht. „Dieses geringere Beweismaß
der behördlichen Überzeugung richtet sich danach, ob bei verständiger Würdigung
aller glaubhaft gemachten Umstände die Beweiszeichen „mehr für als gegen“ das Vorhandensein verborgener Denkmale
sprechen (VwGH 21.1.1994, 93/09/0386; VwGH 18.12.2012, 2010/09/0175)“ (Bazil et al. 2015, 24-25; Hervorhebungen im
Original; Links: RK).
Dieses Beweismaß wird wohl in der Regel – in
Anbetracht der schon oben genannten vorherrschenden Wertschätzung
archäologischer Hinterlassenschaften durch die archäologische Fachwelt (z.B.
Kriesch et al. 1997, 26; Gersbach 1998, 43-46; BDA 2018, 2) – erst dann erreicht, wenn konkrete
Hinweise auf das Vorkommen von sowohl (wenn auch für sich nicht besonders)
aussagekräftigen Bodenfunden als auch aussagekräftigen Befunden vorliegen
(siehe sinngemäß VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178; Hebert 2018, 85); d.h. tatsächlich
mit dem Vorkommen der archäologisch signifikanten Kombination von Funden in „ungestörten“ Befunden (Kriesch et al.
1997, 25-6) zu rechnen ist. Ist das Vorkommen dieser archäologisch besonders
aussagekräftigen Kombination tatsächlich den bekannten Umständen entsprechend anzunehmen, genügt es – wenigstens
in Österreich – dann dafür aber auch, dass das somit wahrscheinlich an Ort und Stelle vorhandene archäologische Denkmal
von bloß regionaler (lokaler) Bedeutung ist. Das zeigt sich deutlich am soeben
zitierten höchstgerichtlichen Erkenntnis, dass die fallgegenständliche
Unterschutzstellung einer – nämlich der ersten aus dem Tal der kleinen Tulln (Einzugsgebiet:
71,4 km2) bekannt gewordenen – römischen Villa rechtmäßig erfolgt
ist, obwohl aus Niederösterreich (und sogar aus der nur einen kleinen Teil
Niederösterreichs ausmachenden Region des Tullnerfelds) bereits zahlreiche
vergleichbare und eventuell sogar bedeutendere römische Villen bekannt sind und
teilweise unter Denkmalschutz stehen (VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178). Die Besonderheit, welche die
Erhaltung dieser römischen Villa im öffentlichen Interesse liegen lässt, ist
also nicht, dass die betreffende Villa eine besonders bedeutende römische Villa
ist, sondern dass es die einzige (bisher bekannte) in einer etwa 7x10 km großen
Mikroregion ist.
Umgekehrt ist aber auch – weil eben
Denkmalschutzgesetze, selbst wenn sie nach dem konstitutiven und noch viel mehr,
wenn sie nach dem deklaratorischen Prinzip funktionieren, nur tatsächliche Denkmale
schützen, nicht hingegen Sachen, die der Legaldefinition des relevanten
Denkmalbegriffs nicht entsprechen – in Österreich nur das Denkmal selbst und
gerade nicht seine – nicht Teil des Denkmals seiende – Umgebung geschützt. Das
lässt sich am selben Erkenntnis deutlich erkennen, das auch feststellt, dass „nur die Überreste der römischen Villa … und
nicht das gesamte Grundstück … schlechthin Gegenstand der Unterschutzstellung“
sei. Die „übrigen Teile“ des
Grundstücks seien hingegen nur „in jenem
Umfang“ umfasst, „als dies für die
denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist"
(VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178). Der VwGH begründet in seiner
ständigen Rechtsprechung den dieser Beschränkung auf das verfassungsgesetzliche
Schutzgut des tatsächlichen Denkmals zugrundeliegenden „Grundsatz der geringstmöglichen Unterschutzstellung“ damit, dass die
Unterschutzstellung "die unbedingt
notwendige Eigentumsbeschränkung nicht überschreiten" dürfe (VwGH
25.6.2013, 2011/09/0178). Das liegt auch auf der Hand, weil
es nicht mehr darstellt als den Ausdruck des Prinzips der Verhältnismäßigkeit
staatlicher Reaktion (Berka 1999, 156-167) und des allgemeinen
Rechtsstaatlichkeitsprinzips.
Zwar stellt die Denkmalschutzgesetzen inhärente
Beschränkung der Verfügungsgewalt des Eigentümers über das in seinem Eigentum
stehende Denkmal aus verfassungsrechtlicher Sicht keine bedenkliche
Beschränkung der Eigentumsgarantie des Art. 5 StGG dar, weil diese unter Gesetzesvorbehalt steht und
daher das Eigentumsrecht selbstverständlich auch durch denkmalrechtliche
Gesetzesbestimmungen genauer bestimmt werden darf (siehe dazu VfGH 1.10.1981, B 384/77 mit zahlreichen Verweisen auf die
ständige Rechtsprechung zu dieser Frage). Eine allfällige – auch auf
gesetzlichem Weg erfolgende – Einschränkung eines unter Gesetzesvorbehalt
stehenden Grundrechts darf aber dennoch nicht weitergehen, als dies zum
Erreichen des legitimen gesetzlichen Schutzzieles erforderlich ist (Berka 1999,
156, 159-160). Dieses Schutzziel des österreichischen DMSG ist nun aber einmal (schon seit seiner
Stammfassung; BGBl. 533/1923) der Schutz jener Denkmale, deren
Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist; nicht der Schutz beliebiger,
nicht denkmalschutzwürdiger Sachen. Dieses Schutzziel kann daher überhaupt nur
dann erreicht werden, wenn ein derartiges, im öffentlichen Interesse
erhaltenswertes, Denkmal vorliegt (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, RN 18); und kann daher notwendigerweise auch andere als denkmalschutzwürdige
Sachen nur maximal soweit betreffen, als ihr unverändertes Fortbestehen dafür
unabdingbar ist, dass ein erhaltenswertes Denkmal auch tatsächlich erhalten
werden kann. Damit ist aber die Anwendung denkmalrechtlicher Schutzbestimmungen
auf nicht schutzwürdige und auch nicht für die Erhaltung schutzwürdiger
Denkmale unabdingbare Sachen notwendigerweise unverhältnismäßig. Damit fehlt
für die Anwendung denkmalrechtlicher Schutzbestimmungen auf andere Sachen als
schützenswerte Denkmale jedwede Rechtsgrundlage; d.h. ihre über schützenswerte
Denkmale hinausschießende Anwendung würde das Rechtsstaatlichkeitsprinzip des
Art. 18 Abs. 1 B-VG verletzen. Daraus folgt der „Grundsatz der geringstmöglichen
Unterschutzstellung“ (VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178) zwingend.
Damit also in Österreich nach dem konstitutiven
Prinzip ein archäologisches Denkmal bzw. Bodendenkmal bzw. Fundhoffnungsgebiet
unter Denkmalschutz gestellt werden kann, muss wenigstens den Umständen nach
anzunehmen sein, dass auf der betreffenden Bodenfläche tatsächlich Denkmale iSd
§ 1 Abs. 1-2 DMSG vorkommen. Diese Umstände sind nur dann
gegeben, wenn konkrete Hinweise darauf vorliegen, dass am betreffenden Ort die
archäologisch besonders aussagekräftige Kombination von beweglichen Kleinfunden
und unbeweglichen Befunden, tatsächlich vorhanden ist.
Bayern und Schleswig-Holstein
Zwar lässt sich die österreichische Situation,
wie bereits gesagt, nicht direkt auf Bayern und Schleswig-Holstein übertragen:
es gibt Unterschiede in der jeweils geltenden Rechtslage. Dennoch, von
geringfügigen Variationen in der Legaldefinition des jeweils relevanten
Denkmalbegriffs – die in Österreich weiter als in Bayern und Schleswig-Holstein
gefasst ist – und ebensolchen im genauen Wortlaut der einschlägigen
Schutzbestimmungen einmal abgesehen, kann man dennoch davon ausgehen, dass im
Prinzip die gleichen Einschränkungen wie in Österreich auch in diesen Ländern
mit ihren nach dem deklaratorischen Prinzip funktionierenden
Denkmalschutzgesetzen zu beachten sind. Denn gerade weil deren Denkmalschutzgesetze
nach dem deklaratorischen Prinzip funktionieren, stellen ihre
Schutzbestimmungen notwendigerweise nur auf den jeweils in den relevanten
Legaldefinitionen bestimmten Schutzgegenstand ab, d.h. auf Denkmale, deren
Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Sowohl das BayDSchG als auch das DSchG SH bestimmen hinreichend, was ihr jeweiliges
Schutzgut ist: Sachen, deren Erhaltung (und Erforschung) – wo archäologische
Denkmale betroffen sind – im Wesentlichen aus geschichtlichen und
wissenschaftlichen Gründen im öffentlichen Interesse liegt.[16]
Beide benutzen dabei, wie schon erwähnt, den relevanten operativen Begriff in
der Legaldefinition nicht im Konjunktiv, sondern im Indikativ. Es reicht daher
sowohl in Bayern als auch in Schleswig-Holstein, wie auch in Österreich, nicht
dafür aus, um eine bestimmte Sache zum denkmalrechtlichen Schutzgut zu machen,
dass ihre Erhaltung aus wenigstens einem der genannten Gründe im öffentlichen
Interesse liegen könnte, sondern sie muss tatsächlich im öffentlichen Interesse
liegen.
Ebenso sind die schon oben zitierten
gesetzlichen Schutzbestimmungen sowohl des Art. 7 Abs. 1 BayDSchG als auch des § 12 Abs. 2 Z 4-6 DSchG SH im Indikativ gefasst: damit der jeweilige
Anknüpfungstatband der in diesen vorgesehenen Genehmigungspflichten überhaupt
erfüllt sein kann, muss „den Umständen
nach“ davon auszugehen bzw. zu vermuten sein, dass sich dort tatsächlich
Boden- bzw. Kulturdenkmale befinden. Es genügt also auch hier die bloße
Möglichkeit, dass sich auf einer Bodenfläche Boden- bzw. Kulturdenkmale
befinden könnten, nicht, sondern ein höheres Beweismaß muss erfüllt sein, eben,
dass deren tatsächliches Vorhandensein anzunehmen ist.
Es gilt also auch in Bayern und
Schleswig-Holstein, nicht anders als in Österreich, das Bestehen bestimmter
Tatsachen zu ermitteln, ehe „den
Umständen nach“ davon auszugehen ist, dass auf einer beliebigen, bestimmten
Bodenfläche das gesetzliche Schutzgut vorkommt; d.h. ehe diese als
Bodendenkmalverdachtsfläche bzw. archäologisches Interessensgebiet betrachtet
werden kann. Das Beweismaß, dass dafür erreicht werden muss, muss dabei wohl –
ebenfalls nicht anders als in Österreich – das der Wahrscheinlichkeit sein: damit man bei vernünftiger, sachlicher
Betrachtung davon ausgehen kann, dass etwas tatsächlich der Fall ist und nicht
nur der Fall sein könnte, müssen wohl (wenigstens) mehr Beweiszeichen für als
gegen (Bazil et al. 2015, 24-25) die betreffende Annahme sprechen. Ist das
Verhältnis nämlich umgekehrt, wäre es offensichtlich unvernünftig, das
Unwahrscheinlichere als tatsächlich gegeben anzunehmen.
Nachdem sowohl in Bayern als auch in
Schleswig-Holstein auch primär geschichtliche oder wissenschaftliche Gründe für
die Beantwortung der relevanten Rechtsfrage wesentlich sind, ob der konkret
betroffenen Sache ausreichend (besondere) Bedeutung zukommt, damit ihre
Erhaltung tatsächlich im öffentlichen Interesse liegt, ist auch – nicht anders
als in Österreich – davon auszugehen, dass wenigstens in der Regel sowohl
Hinweise auf das Vorkommen aussagekräftiger Kleinfunde als auch Befunde
vorliegen müssen, damit das erforderliche Beweismaß erreicht werden kann. Denn
erst das Auftreten von Funden in ungestörten Befunden macht es wahrscheinlich,
dass aus allfällig an Ort und Stelle vorhandenen archäologischen Überresten signifikante
wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden können (Kriesch et al. 1997, 26;
Gersbach 1998, 43-46).[17]
Bedeutendere Unterschiede bestehen zwischen
Österreich, Bayern und Schleswig-Holstein eigentlich nur darin, nach welchen
Kriterien zu bestimmen ist, ob eine Fundstelle als Denkmal bzw. Verdachtsfläche
zu betrachten ist. Sind hierfür in Österreich die in § 1 Abs. 2 DMSG genannten Kriterien von Qualität,
ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung und geschichtlicher
Dokumentation und die wenigstens lokale Bedeutung, aber dafür kein bestimmtes
Alter ausschlaggebend (Bazil et al. 2015, 16); müssen in Schleswig-Holstein gem.
§ 2 Abs. 2 DSchG SH Kulturdenkmale aus einer abgeschlossenen
Zeitperiode der Vergangenheit stammen und von besonderer Bedeutung sein;
während in Bayern gem. Art. 1 Abs. 4 BayDSchG Bodendenkmäler aus vergangener und in der
Regel aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit stammen aber dafür nur von normaler
und nicht von besonderer Bedeutung sein müssen. Das hat allerdings nur
Konsequenzen dafür, welche Kombinationen von Kleinfunden mit Bodenbefunden als
Denkmale, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht, aus allen
Kombinationen von Kleinfunden mit Befunden auszuwählen sind, nicht dafür, dass
das erforderliche Mindestmaß an archäologischer Bedeutung gegeben sein muss,
damit eine Fundstelle überhaupt als auch nur mögliches archäologisches Denkmal
zu betrachten ist.
Nachdem auch in der Bundesrepublik Deutschland
sowohl der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlicher Reaktion als auch das
Rechtsstaatsprinzip fundamentale Pfeiler der Verfassungs- und Rechtsordnung
darstellen (Pieroth et al. 2015, 70-76; Jarass & Pieroth 2016, 32-33; siehe
auch Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 und 28 GG), ist
auch für Bayern und Schleswig-Holstein vorauszusetzen, dass der auch in
Österreich zu beachtende „Grundsatz der
geringstmöglichen Unterschutzstellung“ (VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178) zu beachten ist. Zwar gilt auch in
Deutschland, dass eine Einschränkung der Verfügungsgewalt des Eigentümers über
sein (archäologisches) Denkmal aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich
ist, weil auch in Deutschland die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unter
Gesetzesvorbehalt steht (siehe dazu z.B. auch Strobl & Sieche 2010, 265).
Dennoch kann sich diese Ausgestaltung des Eigentumsrechts ausschließlich nur
auf die Gestaltung des Eigentumsrechts an der Legaldefinition dieses Begriffs
entsprechenden Denkmalen beziehen. Jedwede Beschränkung des nur durch die
sonstige Gesetzgebung gestalteten Eigentumsrechts an Bodenflächen, die keine
Denkmale enthalten, würde einen völlig unverhältnismäßigen Eingriff in die
durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentumsgarantie darstellen, für
den jedwede Rechtsgrundlage fehlt.
Mehr noch, nachdem die Genehmigungspflichten
des Art. 7 Abs. 1 BayDSchG und § 12 Abs. 2 Z 4-6 DSchG SH nicht nur die Verfügungsgewalt des Eigentümers
über sein Eigentum beschränken, sondern auch die durch Art. 2 Abs. 1 GG
gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit und die durch Art. 5 Abs. 3 GG
gewährleistete Wissenschaftsfreiheit, ist auch deren jeweilige Beschränkung zu
bedenken.[18] Ist
bei der Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit, die auch nur unter
Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist, nur das gleiche wie soeben gesagt zu
bedenken; ist bei der vorbehaltlos gewährleisteten Wissenschaftsfreiheit
jedwede Eingriffsmöglichkeit durch den Staat jedenfalls verfassungswidrig, wenn
kein ihr gleichrangig geschütztes Rechtsgut durch ihre unbeschränkte Ausübung
ernsthaft gefährdet werden kann. Das hat bei rein nach dem deklaratorischen
Prinzip funktionierenden Gesetzen zur Folge, dass dem Staat überall dort, wo
nicht tatsächlich Denkmale im Sinne
der jeweils örtlich relevanten Legaldefinition vorkommen, jedwede Beschränkung
der wissenschaftlichen archäologischen Forschung – und sei es auch nur durch
ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Pieroth et al. 2015, 75;
Krischok 2016, 128-129) – verfassungsgesetzlich verboten ist. Denn wo nicht
tatsächlich ein Denkmal im Sinne der relevanten Legaldefinition ist, gibt es
auch kein verfassungsgesetzlich geschütztes Rechtsgut, das eine Beschränkung
der Wissenschaftsfreiheit verfassungsrechtlich rechtfertigen könnte: es fehlt
das kollidierende Verfassungsrecht, das dafür unabdingbar erforderlich wäre
(Pieroth et al. 2015, 178-179).
Das macht es in Deutschland für den Staat und
dessen für den Vollzug der Denkmalschutzgesetze verantwortliche Behörden, die
ja in ihrem Verwaltungshandeln sowohl verfassungs- als auch gesetzesgebunden
sind, noch viel essentieller als in Österreich, in der Gesetzesanwendung den
Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffes zu beachten. Denn nur dadurch können
sie gewährleisten, dass sie nicht rechtfertigungslos in die
Wissenschaftsfreiheit eingreifen. Einen derartigen Eingriff in die
Wissenschaftsfreiheit nimmt die Denkmalbehörde nämlich bei einem nach
deklaratorischen Prinzip funktionierenden Gesetz immer dann vor, wenn sie eine
geplante wissenschaftliche Forschungshandlung eines Grundrechtsträgers an einem
Ort der NFG-Pflicht unterwirft, von dem sie aufgrund einer bloßen Wahrscheinlichkeitsprognose
glaubt, dass dort Denkmale im Sinne der anzuwendenden Legaldefinition
vorkommen, an dem aber tatsächlich keine vorkommen.
Daher genügt auf behördlicher Seite nicht
einmal, dass (soweit sich das mit prognostischen Methoden vorhersagen lässt) an
einem bestimmten Ort aller Wahrscheinlichkeit nach ein Denkmal vorkommen dürfte.
Ist nämlich sicher, dass durch eine Schutzbestimmung eines nach dem
deklaratorischen Prinzip funktionierenden Denkmalschutzgesetzes in Grundrechte
eingegriffen wird – wie das sowohl bei den Genehmigungspflichten des Art. 7
Abs. 1 BayDSchG als auch des § 12 Abs. 2 Z 4-6 DSchG SH der Fall ist – aber nicht sicher, dass das
gleichermaßen verfassungsgesetzlich geschützte Rechtsgut Denkmal am betroffenen
Ort vorkommt, überwiegt der sicher zu gewährleistende Grundrechtsschutz
jedenfalls den Schutz des gar nicht sicher vorhandenen, gleichermaßen
geschützten Rechtsguts Denkmal.
Das ist insbesondere der Fall, als das
verfassungsgesetzlich geschützte Rechtsgut Denkmal ohnehin vom Gesetzgeber
zusätzlich – in Bayern durch die Bestimmungen des Art. 8 Abs. 1, 2 und 5 BayDSchG, in Schleswig-Holstein durch die des § 15 DSchG SH – durch gesetzliche Meldepflichten und
zeitlich befristete Veränderungsverbote geschützt ist. Hat also ein
Rechtsanwender fälschlich ein Nichtvorkommen dieses Schutzgutes auf der
betroffenen Bodenfläche prognostiziert, entdeckt aber – unvorhergesehenermaßen[19]
– bei beliebigen Handlungen am betroffenen Ort doch eines, unterliegt es wenigstens
zeitweilig allen denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen. Nachdem das Schutzgut
Denkmal ohnehin gesetzlich vor den Folgen der falschen negativen Prognose über
sein Vorkommen geschützt ist (Tabelle 1), darf sich die zuständige
Denkmalbehörde auch nicht „zugunsten“ des Denkmalschutzes irren, wenn das auf
Kosten verfassungsgesetzlich geschützter Grundrechte geht.
Negative Prognose
|
Positive Prognose
|
|
Prognose richtig
|
Kein schützenswertes Denkmal vorhanden
Grundrechte nicht beschränkt
|
Schützenswertes Denkmal vorhanden
|
Prognose
falsch
|
Schützenswertes Denkmal vorhanden
|
Kein schützenswertes Denkmal vorhanden
|
Tabelle 1: Zulässigkeit von prognostischen
Grundrechtseingriffen unter nach
deklaratorischem Prinzip funktionierenden Denkmalschutzgesetzen (anhand der
Beispiele BayDSchG und DSchG SH).
Das ist eben das Problem mit
Denkmalschutzgesetzen, die (rein) nach dem deklaratorischen Prinzip
funktionieren: sie sind ein zweischneidiges Schwert, das allerdings auf
behördlicher Seite deutlich schärfer schneidet als auf der Seite des
Durchschnittsbürgers. Darf sich der Rechtsanwender auch irren, wenn er –
aufgrund fehlender allgemein bekannter, konkreter Hinweise auf deren dortiges Vorkommen
– ex ante nicht vorhersehen und daher nicht wissen kann, dass auf einer
bestimmten Bodenfläche Denkmale vorkommen; darf sich gerade die Behörde nicht
irren, wenn sie – und sei es auch aufgrund überwältigender konkreter Hinweise
auf deren Vorkommen auf einer bestimmten Bodenfläche – annimmt, dass auf einer
bestimmten Bodenfläche Denkmale vorkommen. Weil es kommt eben nicht darauf an, was
die Behörde glaubt, sondern nur darauf, was tatsächlich der Fall ist.
Konsequenzen
Das hat natürlich Konsequenzen für die
Beurteilung der Verwaltungspraxis des BayLfD und des ALSH, insbesondere was
deren Ausweisung von Bodendenkmalverdachtsflächen bzw. archäologischen
Interessensgebieten betrifft. Denn die Ausweisung derartiger Gebiete ist nichts
anderes als die denkmalbehördliche Prognose, wo bislang noch unbekannte
Denkmale im Boden vorkommen und wo nicht, die, wie wir gerade gesehen haben,
überall wo sie positiv ausfällt eigentlich streng genommen in 100% aller Fälle
richtig sein muss, um nicht verfassungswidriges Verwaltungshandeln
darzustellen.
Ausweisungspraxis von Bodendenkmalverdachtsflächen bzw. archäologischen Interessensgebieten
Betrachtet man dazu die schon genannten Zahlen,
dass sich diese Prognosen des BayLfD in den Jahren 2013 und 2014 in knapp 43%
aller relevanten Fälle als richtig, in 52% der Fälle als sicher falsch
herausgestellt haben (Bayerischer Landtag 2015, 2),[20]
zeigen diese, dass das BayLfD schon zu „denkmalfreundlich“ prognostiziert. Das
ist in Anbetracht der Tatsache, dass Prospektionsmethoden wie Luftbildarchäologie
und geophysikalische Untersuchungen eine deutlich höhere Trefferquote bei der
Vorhersage des tatsächlichen Vorkommens von Befunden im Boden haben als 43%
und, wenn sie fehlerhafte Vorhersagen machen, weit eher falsche Negativ- als
falsche Positivbefunde produzieren, schon einigermaßen bedenklich: das BayLfD
greift in über der Hälfte aller Verdachtsflächen unbegründet in die Eigentumsrechte
der Eigentümer der betroffenen Grundstücke ein. In die allgemeine Handlungs-
und die Wissenschaftsfreiheit greift es hingegen nicht ein, weil es im Bayerischen Denkmal-Atlas nur die tatsächlichen (sicheren)
Denkmalflächen ausweist, nicht hingegen die Verdachtsflächen, und nur
möglicherweise Betroffenen empfiehlt, bei ihren Handlungen einen
Sicherheitsabstand zu ausgewiesenen Bodendenkmälern einzuhalten.
Umgekehrt ist aber auch anzuerkennen, dass 43%
durchaus keine schlechte Erfolgsquote ist: sie zeigt deutlich, dass das BayLfD
nicht völlig willkürlich Flächen als Bodendenkmalverdachtsflächen ausweist,
sondern tatsächlich in vielen Fällen auf Basis ausreichender Sachkenntnis
korrekte Schlussfolgerungen über das Vorkommen von Bodendenkmälern auf
bestimmten Bodenflächen zieht (BayLfD 2016, 12). Tatsächlich ist zwar streng
genommen eine Erfolgsquote von 100% erforderlich, aber da es sich bei der vorausschauenden
Ausweisung von Flächen, auf denen mit dem Vorkommen von noch (weitgehend)
unbekannten Bodendenkmälern zu rechnen ist, notwendigerweise um eine Prognose
und daher keine exakte Wissenschaft handeln kann, ist eine gewisse Fehlerquote
nicht nur zu erwarten, sondern auch tolerierbar; wenigstens wenn die eine
falsche Prognose erstellt habende Behörde Betroffene für ihnen allfällig
aufgrund der fehlerhaften Prognose entstandene Schäden kompensiert bzw. ihre
Vermutungen selbst auf eigene Kosten überprüft, wie es das BayLfD auch
tatsächlich tut (BayLfD 2016, 9). Zwar sind ca. 50% Fehlerquote
zweifellos zu hoch, aber das BayLfD könnte wohl durch eine relativ geringfügige
Änderung seiner Beweiswürdigungspraxis eine vertretbare Fehlerquote von weniger
als 20% erreichen. Es gibt in der Handhabungspraxis des BayLfD also Optimierungsmöglichkeiten,
aber der prognostische archäologische Denkmalschutz funktioniert.
Betrachtet man hingegen die Sachlage in
Schleswig-Holstein (siehe Seiten 185-188), zeigt sich ein ganz anderes Bild.
Zwar liegen keine Daten dazu vor, wie häufig sich die Prognosen des ALSH
bewahrheiten, dass sich an beliebigen Orten innerhalb der als archäologische
Interessensgebiete ausgewiesenen Bodenflächen tatsächlich archäologische Denkmale
befinden. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass ca. 75-80% der Bodenfläche
Schleswig-Holsteins als solche Interessensgebiete ausgewiesen sind (Abbildung 4 - Abbildung 6), kann die Prognoseerfolgsquote
wohl kaum höher als 10% liegen, liegt vermutlich deutlich darunter und kann
sich kaum signifikant von der Zufallswahrscheinlichkeit auf der gesamten
Bodenfläche Schleswig-Holsteins unterscheiden.
Das zeigt deutlich, dass es sich bei den in
Schleswig-Holstein als archäologische Interessensgebiete ausgewiesenen
Bodenflächen nicht um solche handeln kann, von denen dem ALSH ausreichend
konkrete Hinweise auf das tatsächliche Vorkommen von Kulturdenkmalen vorliegen,
um bei sachverständiger Beurteilung und Beweiswürdigung zur tatsächlichen
Schlussfolgerung gelangt sein zu können, dass auf all diesen Bodenflächen
tatsächlich archäologische Denkmalen wahrscheinlich, geschweige denn sicher, vorkommen.
Vielmehr hat das ALSH scheinbar willkürlich viele Bodenflächen, von dem ihm gar
keine, oder nur unzureichende, Hinweise auf das Vorkommen von Kulturdenkmalen
bekannt sind, zu archäologischen Interessensgebieten erklärt. Es greift damit
wohl in der Mehrheit aller Fälle völlig grundlos maßgeblich in die Grundrechte
von Betroffenen ein, ob nun von GrundeigentümerInnen oder Personen, die ihre
allgemeine Handlungs- oder Wissenschaftsfreiheit nutzen wollen, und handelt
somit grob verfassungswidrig. Die Handhabungspraxis des ALSH scheint also durch
gravierende Mängel gekennzeichnet zu sein, die Behörde wendet die Bestimmungen
des § 12 Abs. 2 Z 4-6 DSchG SH willkürlich an und verletzt damit das
Rechtsstaatlichkeitsprinzip. Hier dürfte wohl eine grundlegende Reform der
behördlichen Verwaltungspraxis dringend notwendig sein.[21]
Kostentragepflicht die Behörde bei falscher positiver Prognose
Eine weitere Konsequenz fälschlich positiver
Ausweisungen von Bodenflächen als Bodendenkmalverdachtsflächen bzw.
archäologische Interessensgebiete ist eine Kostentragepflicht der Behörde bzw. das
Entstehen von Schadenersatzansprüchen gegen die Behörde, wenn das anzuwendende
Denkmalschutzgesetz nach dem deklaratorischen Prinzip funktioniert.
Entstehen Betroffenen (besonders
GrundeigentümerInnen bzw. sonstigen Verfügungsberechtigten) nämlich Kosten, die
ihnen ohne die falsche Prognose der zuständigen Denkmalbehörde nicht entstanden
wären, ist das wirtschaftlicher Schaden. Dieser Schaden entsteht völlig
grundlos, wenn sich auf der betroffenen Bodenfläche gar keine Denkmale
befinden; weil dort weder eine denkmalrechtliche Genehmigung noch irgendwelche
Denkmalerhaltungsmaßnahmen (wie Prospektionen, Baustellenbeobachtungen oder gar
Grabungen) erforderlich gewesen sein können. Den Eigentümer dieser Bodenfläche kann
auch eine allfällig in einem Denkmalschutzgesetz vorgesehene,
denkmalspezifische Erhaltungs- oder sonstige Kostentragepflicht (z.B. §§ 13
Abs. 6 und 14 DSchG SH) nicht treffen; und die Gemeinwohlbindung des
Eigentums des Art 14 Abs. 2 GG greift ebenfalls
nicht: das Gemeinwohlgut, dessentwegen der Eigentümer sein Eigentum gemeinwohlförderlich
nutzen müsste, existiert auf der betroffenen Bodenfläche schließlich überhaupt
nicht.
Dass sich auf seinem Boden ein Denkmal befinden
hätte können, bleibt hierbei völlig unerheblich, ebenso wie unerheblich bleibt,
ob bei vorausschauender Betrachtung bekannte Hinweise mehr dafür als
dagegengesprochen haben, dass sich dort ein Denkmal befinden dürfte; weil sich
dort – Hinweise hin oder her – tatsächlich keines befunden hat. Der tatsächliche
Sachverhalt ist somit exakt der gleiche wie bei jedem beliebigen, anderen
Grundeigentümer, auf dessen Boden sich kein Denkmal befindet; und muss daher
aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG rechtlich gleichbehandelt werden. Ein
behördlicher Prognoseirrtum rechtfertigt eine Ungleichbehandlung des einen gegenüber
anderen GrundeigentümerInnen, auf deren Grundstücken sich tatsächlich keine
Denkmale befinden, sicherlich nicht; insbesondere nicht, wenn er nicht durch
einen formalen Verwaltungsakt rechtswirksam wurde, gegen den der Betroffene
Beschwerde erheben hätte können, um sich vor behördlichen Irrtümern schützen zu
können. Eine über seine Steuerleistung hinausgehende Verpflichtung zur gemeinwohlförderlichen
Nutzung seines Eigentums kann daher nicht bestehen; denn auch beliebige andere
Grundeigentümer, auf deren Boden sich keine Denkmale befinden, sind nur zur
gewöhnlichen Steuerleistung verpflichtet.
Dem Grundeigentümer, auf dessen Grundstück sich
tatsächlich keine Denkmale befinden, ist daher nicht zumutbar, irgendwelche ausschließlich
aus dem behördlichen Irrtum resultierenden Kosten zu tragen. Werden bzw. wurden
ihm solche unmittelbar, z.B. durch Auflagen in einem tatsächlich unnötigen
Genehmigungsbescheid, von der Behörde aufgelastet, ist diese Auflastung sogar eine
durch Art. 14 Abs. 3 GG explizit verbotene Enteignung des Betroffenen
durch die Behörde. Schließlich wird der Grundeigentümer dadurch verpflichtet,
entschädigungslos sein Eigentum (das Geld, mit dem er die Kosten deckt) dem
Staat (bzw. einem auflagengemäß zu bestellenden, behördenexternen
Sachverständigen) zu überlassen, damit dieser die Untersuchungen durchführt,
die beweisen, dass sich die für derartige Untersuchungen zuständige staatliche
Behörde bisher geirrt hat. Diese Enteignung dient daher nicht dem „Wohle der Allgemeinheit“; sondern
einzig dazu, dem Staat Kosten für die Korrektur von Irrtümern seiner
zuständigen Verwaltungsbehörde zu ersparen.
Entstehen einem Betroffenen hingegen mittelbar
Kosten, z.B. für die Beantragung einer Genehmigung oder die Durchführung von dafür
notwendigen Untersuchungen, die überhaupt nur deshalb erforderlich wurden, weil
die Behörde irrtümlich den betroffenen Ort als Verdachtsfläche bzw.
archäologisches Interessensgebiet ausgewiesen hat, sind diese Kosten
ausschließlich dem behördlichen Irrtum geschuldet. Schließlich wären dem
Betroffenen diese Kosten überhaupt nicht entstanden, wenn die zuständige
Behörde nicht durch die irrtümliche Ausweisung der betroffenen Fläche als Verdachtsfläche
bzw. archäologisches Interessensgebiet seine dort geplanten Handlungen fälschlich
denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen unterworfen hätte, die in Ermangelung des
tatsächlichen Vorkommens von Denkmalen auf dieser Fläche dort niemals anwendbar
waren. Nachdem sich die Behörde, wie schon oben gezeigt, bei positiven
Prognosen über das Vorkommen von Denkmalen auf beliebigen Bodenflächen nicht
irren darf, liegt somit behördliches Verschulden und damit Schadenersatzpflicht
der Behörde vor.[22] Für
die Schäden, die aus Fehlern des Staates bzw. seiner Organe entstehen, ist
sicher nicht das Opfer des Irrtums einer staatlichen Verwaltungsbehörde haftbar,
sondern sicherlich diese Verwaltungsbehörde bzw. der Staat selbst.
Das ist in Bayern wohl aufgrund der schon jetzt
relativ hohen Trefferquote mit positiven Prognosen nur ein relativ geringes Problem
und das BayLfD übernimmt (wohl auch
daher) seit Anfang 2016 „die Überprüfung
dieser Vermutung für private und kommunale Antragsteller selbst oder auf eigene
Kosten“ (BayLfD 2016, 9). Das kann man durchaus als vorbildlich bezeichnen, weil dadurch
das BayLfD tatsächlich sicherstellt, dass allfällige irrtümliche Beschränkungen
von Grundrechten einzelner Betroffener so gering als möglich gehalten werden
und, falls doch fälschlich ein Grundrechtseingriff vorgenommen wurde, dem
Betroffene dadurch wenigstens kein Schaden entsteht.
In Schleswig-Holstein hingegen muss die
Trefferquote bei positiven Prognosen deutlich niedriger sein als in Bayern; und
damit auch der Betroffenen entstehende Schaden – und sei es nur der aus den
Kosten der Beantragung aufgrund der irrtümlichen Ausweisung von Flächen als
archäologische Interessensgebiete fälschlich erforderlich werdenden Einholung einer
Genehmigung gem. § 12 DSchG SH – bedeutend höher sein. Nachdem in
Schleswig-Holstein das „Verursacherprinzip“
(Ickerodt & Lund 2015, 110) bzw. die Kostentragepflicht
des Antragstellers des gewöhnlichen Verwaltungsrechts zur Anwendung gebracht
wird (Ickerodt 2010, 119) und sich keine gegenteiligen
Informationen auf den Webseiten des ALSH finden lassen, ist anzunehmen, dass
die Kosten für die Überprüfung des Verdachts, dass in archäologischen Interessensgebieten
archäologische Denkmale vorkommen, auch den Betroffenen aufgelastet werden.[23]
Werden bei allfällig durchgeführten Untersuchungen in archäologischen
Interessensgebieten also keine archäologischen Denkmale entdeckt, entsteht dem
Betroffenen maßgeblicher Schaden rein aufgrund eines behördlichen Irrtums (bzw.
der willkürlich exzessiven Auslegung der gesetzlichen Schutzbestimmungen durch
die Behörde, wo sie diese gar nicht anwenden durfte) und ist diesem daher zur
Gänze zu ersetzen.
Intransparenz als Schutzschild für behördliche Willkür
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich also, dass
Denkmalschutzgesetze, die nach dem deklaratorischen Prinzip funktionieren,
archäologische Denkmale – wenigstens in der Theorie – keineswegs unbedingt
besser, sondern in vielerlei Hinsicht schlechter schützen als
Denkmalschutzgesetze, die wenigstens weitgehend – außer im Bereich des Schutzes
von Zufallsfunden, der überhaupt nur nach dem deklaratorischen Prinzip
funktionieren kann – nach dem konstitutiven Prinzip funktionieren. Der
hauptsächliche Vorteil des deklaratorischen Prinzips liegt in der
Verwaltungspraxis; und da wiederum in erster Linie in der mit dem
deklaratorischen Prinzip einhergehenden möglichen Intransparenz der mit der
Ausweisung denkmalgeschützter Flächen zusammenhängenden Verwaltungsprozesse.
Diese Intransparenz dient nämlich Behörden, die ihre denkmalrechtlichen
Kompetenzen exzessiv auslegen bzw. weit überschreiten wollen, als Schutzschirm,
der es ihnen erlaubt, ihr willkürliches Verwaltungshandeln externer Kontrolle
weitgehend zu entziehen.
Natürlich muss diese mit dem deklaratorischen
Prinzip einhergehen könnende Intransparenz von Denkmalbehörden nicht unbedingt
genutzt werden, wie das Beispiel des Verwaltungshandelns des BayLfD zeigt.
Dieses hat nicht nur seine Bodendenkmalliste und eine flächenscharfe
GIS-Kartierung der bekannten Ausdehnung bekannter Bodendenkmäler seit längerer
Zeit einfach verfügbar im Internet stehen (Bayerischer Denkmal-Atlas; BayLfD 2016, 9), sondern auch die Kriterien für
die Ausweisung von Bodendenkmalverdachtsflächen samt Beispielen für die
Überprüfung derartiger Vermutungen (BayLfD 2016, 12-28) in vorbildlicher Weise
bekanntgemacht. Mehr noch, seit Anfang 2016 trägt es auch alle für die
Überprüfung der Richtigkeit seiner Prognosen anfallenden Kosten selbst, d.h.
belastet Betroffene nicht durch potentiell falsche Prognosen und greift somit
auch nur so geringfügig als möglich in allfällig dem Denkmalschutz
entgegenstehende Grundrechtspositionen ein. Es folgt also tatsächlich dem „Grundsatz der geringstmöglichen
Unterschutzstellung“, der sein Verwaltungshandeln auch im Bereich des
präventiven Denkmalschutzes bestimmen muss.
Dahingegen zeigt das Beispiel
Schleswig-Holsteins, wie das deklaratorische Prinzip durch eine Denkmalbehörde
wie das ALSH dazu missbraucht werden kann, ihr willkürliches Verwaltungshandeln
als bloße Wahrnehmung ihres pflichtgemäßen Ermessens zu verschleiern, während
sie ihre absolut exzessive Verwaltungspraxis praktisch jedweder externen
Kontrolle entzieht. Dass dem ALSH ausreichend konkrete Hinweise von 75-80% der
gesamten Landesfläche von Schleswig-Holstein vorliegen, um bezüglich all dieser
Bodenflächen (siehe Abbildung 4 - Abbildung 6) den – vom derzeitigen Leiter
dieser Behörde selbst als erforderlich erachteten – „begründeten Verdacht“ (Ickerodt & Lund 2015, 109) ausgebildet zu haben, dass „den Umständen nach zu vermuten ist, dass
sich dort“ tatsächlich besonders
bedeutende (Ickerodt & Lund 2015, 109) archäologische Kulturdenkmale
iSd § 2 Abs. 2 Z 2 DSchG SH befinden, ist ausgeschlossen.
Es ist schon alleine deshalb völlig
ausgeschlossen, weil selbst laut dem derzeitigen Landesarchäologen von
Schleswig-Holstein die nach dem aktuellen DSchG SH von archäologischen Hinterlassenschaften zu
erreichende Bedeutung zwischen der von „einfachen“
und „besonders bedeutenden“ Denkmalen
der vorherigen Fassung dieses Gesetzes anzusetzen ist; wobei vor der letzten
Novellierung dieses Gesetzes von den damals bekannten über 55.000
archäologischen Denkmalen nur ca. 5.000 als „besonders
bedeutend“ ins Denkmalbuch eingetragen waren (Ickerodt & Lund 2015, 109). Es können daher nicht einmal
alle derzeit (mit Ausnahme von Lübeck) in Schleswig-Holstein bekannten ca.
61.500 archäologischen Fundstellen archäologische Denkmale iSd § 2 Abs. 2 Z 2 DSchG SH sein, geschweige denn „den Umständen nach“ das tatsächliche Vorkommen von der
anzuwendenden Legaldefinition entsprechenden Denkmalen jeweils kilometerweit im
Umkreis aller bekannten Fundstellen (Abbildung 6) ernsthaft vermutet werden. Es ist
auch deshalb völlig ausgeschlossen, weil es – wenigstens im Vergleich mit
beliebigen anderen, archäologisch bereits vollständig durch Grabungen
erforschten Bodenflächen in und außerhalb Schleswig-Holsteins – unmöglich sein
kann, dass auf 75-80% der Landesfläche von Schleswig-Holstein tatsächlich (noch
gänzlich unbekannte) archäologische Denkmale im Boden vorhanden sind. Wo aber
keine Denkmale im Boden vorhanden sind, können dem ALSH auch gar keine
konkreten Hinweise auf deren dortiges Vorkommen vorliegen.
Es kann also nicht sein, dass das „Verwaltungswerkzeug der archäologischen
Interessensgebiete“ (Ickerodt & Lund 2015, 109) vom ALSH nur als Mittel zur
Ausweisung von Bodenflächen genutzt wird, bezüglich derer es tatsächlich einen
durch konkrete Evidenz begründeten Verdacht hat, dass dort schützenswerte
archäologische Denkmale tatsächlich vorkommen. Vielmehr nützt es die schwammige
Formulierung „den Umständen nach zu vermuten“
in § 12 Abs. 2 Z 4 und 6 DSchG SH, um sich das „Verwaltungswerkzeug der archäologischen Interessensgebiete“ (Ickerodt & Lund 2015, 109) zu erfinden, das gesetzlich
gar nicht vorgesehen ist. Dieses frei erfundene Verwaltungsinstrument benutzt
es dann in seiner Handhabungspraxis dazu, den beliebten, aber in der Regel
unbegründeten, archäologischen Generalverdacht, dass nahezu überall unbekannte
archäologische Denkmale im Boden vorkommen könnten, durch die Hintertüre der
daraus abgeleiteten (angeblichen) Anwendbarkeit denkmalrechtlicher
Genehmigungspflichten rechtswirksam zu machen. Es erklärt damit de facto etwa
drei Viertel der Landesfläche von Schleswig-Holstein zu Schutzzonen iSd § 10 DSchG SH, ohne sich die Mühe antun zu müssen, dies auf
dem vorgesehenen Weg der Verordnung zu erreichen – die auch niemals durchgehen
würde, wenn das ALSH versuchen würde, damit 75-80% der gesamten Landesfläche, großteils
völlig grundlos, den gesetzlichen Schutzbestimmungen des DSchG SH zu unterwerfen.
Dadurch, dass das ALSH praktisch flächig fast
ganz Schleswig-Holstein zum archäologischen Interessensgebiet erklärt, lastet
es jedoch Betroffenen auf absolut perfide Weise das Risiko auf, für eine
Handlung, bei der sie überhaupt nicht vorhersehen können, dass dadurch
vielleicht doch ein zufällig irgendwo im Boden vorhandenes, aber noch
unbekanntes archäologisches Kulturdenkmal verändert oder zerstört wird, einen
Ordnungswidrigkeitstatbestand erfüllen oder gar eine Straftat begehen. Denn
verändern oder zerstören sie völlig unbeabsichtigt und auch unwissentlich in
einem archäologischen Interessensgebiet ein dort zufällig doch vorkommendes
archäologisches Denkmal, für dessen Existenz auch dem ALSH nicht der geringste
Hinweis vorgelegen ist, kann das ALSH dennoch behaupten, dass – weil es ja in
einem archäologischen Interessensgebiet war – sie von seiner Existenz wissen
hätten müssen und es daher entsprechend den denkmalrechtlichen
Schutzbestimmungen zu behandeln gehabt hätten. Die einzige Möglichkeit, die
Betroffene haben, um nicht bei jeder Handlung, die sie in archäologischen
Interessensgebieten setzen, mit einem Fuß im Kriminal zu stehen – gem. § 19
Abs. 1 Z 2 DSchG SH ist schließlich die vorsätzliche Durchführung
von Erdarbeiten, ohne die dafür erforderliche Genehmigung gem. § 12 Abs. 2 Z 6 DSchG SH zu haben, mit bis zu zwei Jahren Haftstrafe
bedroht – ist, sich bei allen ihren Handlungen an die denkmalrechtliche
Genehmigungspflichten zu halten; selbst wenn das in mutmaßlich (deutlich) über
90% aller Fälle vollkommen unnötig ist.
Noch dazu entzieht das ALSH den Betroffenen
durch die Ausweisung als archäologisches Interessensgebiet auch praktisch jede
Möglichkeit, eine erfolgreiche Feststellungsklage (Ickerodt & Lund 2015, 109) gegen die ‚Vermutung‘ des
ALSH, dass auf ihren Grundstücken tatsächlich archäologische Denkmale
vorkommen, zu führen. Denn diese dürfen vom Augenblick der Ausweisung an streng
genommen weder Feldbegehungen auf ihren Grundstücken durchführen, noch
Luftbilder von ihren Grundstücken anfertigen (geschweige denn
luftbildarchäologisch auswerten), noch sonst irgendwelche archäologischen
Methoden verwenden, „die geeignet sind,
Kulturdenkmale aufzufinden“, ohne dafür eine Genehmigung des ALSH gem. § 12
Abs. 2 Z 4-6 DSchG SH erteilt bekommen zu haben. Wenn überhaupt,
können sie höchstens um teures Geld einen professionellen Archäologen damit
beauftragen, diese archäologischen Untersuchungen für sie mit entsprechender
Genehmigung des ALSH durchzuführen, die es jedoch wenigstens in Einzelfällen
generell zu verweigern droht.[24]
Diese Genehmigung kann das ALSH zwar gem. § 13
Abs. 2 DSchG SH nur dann versagen, „wenn Gründe des Denkmalschutzes“ ihrer Erteilung entgegenstehen,
aber solche Gründe lassen sich bei Bedarf wohl auch finden. Aber selbst wenn
sich wirklich keine Gründe finden lassen, kann das ALSH die Genehmigung mit
unzähligen, teilweise kostenintensiven Auflagen verbinden,[25]
die den Preis dieser Dienstleistung in für den durchschnittlichen Betroffenen
wenigstens schmerzhafte Höhen treiben können. Die Möglichkeit der Einbringung
einer Feststellungsklage gegen die Ausweisung der betreffenden Bodenfläche (Ickerodt & Lund 2015, 109) ist also weitgehend eine
Farce: der Betroffene muss massive Vorabkosten auf sich nehmen, um sein Klagsvorbringen
so ausreichend beweisen zu können, dass er sicherlich Erfolg hat; oder ein
hohes Prozessrisiko auf sich nehmen und selbst bei von ihm erbrachten Beweisen
eine Niederlage vor Gericht riskieren; um sich von einer seinem Eigentum
potentiell willkürlich durch die Behörde auferlegten Last befreien zu können.
Nachdem das deklaratorische Prinzip dazu führt,
dass eine externe Nachkontrolle der behördlichen Entscheidungen praktisch kaum
herbeizuführen und allfälliges Fehlverhalten der Behörde aufgrund ihrer sich
selbst angemaßten Totalkontrolle über die Durchführung von dieses potentiell
nachweisen könnenden Untersuchungen auch so gut wie sicherlich nicht bewiesen
werden kann, funktioniert das in der Praxis dann auch weitgehend problemlos. Von
einer Handhabung des Gesetzes, die „auf
die berechtigten Belange der Verpflichteten Rücksicht“ nimmt, wie es das DSchG SH in seinem § 11 explizit fordert, kann allerdings
nicht im Entferntesten die Rede sein. Vielmehr missachtet das ALSH willkürlich
sogar verfassungsgesetzlich geschützte Grundrechte der Betroffenen schamlos,
indem es in der überwältigenden Mehrheit aller Fälle fälschlich so tut, als ob
nahezu überall in Schleswig-Holstein besonders bedeutende archäologische
Denkmale im Boden schlummern würden, während das nur an wenigen Stellen in
archäologischen Interessensgebieten der Fall sein kann; und benutzt seine
Stellung in der Architektur der einschlägigen Verwaltungsverfahren, um das zu
verschleiern.
So kann man natürlich auch Denkmalschutz
betreiben, wenn man das möchte. Ethisch vertretbar, geschweige denn rechtmäßig,
ist das jedoch nicht, egal ob es in der Praxis funktioniert.
Denkmalforschung und Denkmalschutz
Damit kommen wir zum Ende und damit zur zu
Beginn dieses Artikels genannten Binsenweisheit zurück: was man nicht kennt,
kann man auch nicht schützen.
Ob ein Denkmalschutzgesetz nun primär nach
konstitutivem oder nach deklaratorischem Prinzip funktioniert, spielt dabei keine
Rolle; wenigstens, wenn man die Möglichkeit der hinter maximaler Behördenintransparenz
verborgenen, exzessiven Gesetzesauslegung außer Acht lässt. Denn egal nach
welchem der beiden Prinzipien das betreffende Gesetz funktioniert: damit man
noch im Boden befindliche archäologische Denkmale auch nur rechtlich,
geschweige denn praktisch, vor Veränderung oder Zerstörung schützen kann,
braucht die zuständige Denkmalbehörde wenigstens ausreichende Hinweise auf
deren Existenz an jenem bestimmten Ort, an dem menschliches Handeln den
Schutzbestimmungen des örtlich anzuwendenden Denkmalschutzgesetzes unterworfen
werden soll.
Ein bloßer, unbegründeter Verdacht, dass
archäologische Denkmale schließlich überall in der Landschaft vorhanden sein
könnten, genügt dafür weder unter einem primär nach dem konstitutiven noch einem
rein nach dem deklaratorischen Prinzip funktionierenden Denkmalschutzgesetz.
Streng genommen ist es unter einem nach deklaratorischen Prinzip
funktionierenden Gesetz sogar schwieriger, Flächen, auf denen man das Vorkommen
von archäologischen Denkmalen nur aufgrund vergleichsweise schwacher Hinweise
vermutet, aber es noch nicht mit Sicherheit beweisen kann, den
denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen zu unterwerfen als mit einem primär
konstitutiv funktionierenden Gesetz. Denn gelten die Schutzbestimmungen eines
primär nach konstitutivem Prinzip funktionierenden Gesetzes auf allen
Bodenflächen, die aufgrund des dafür ausreichenden Beweismaßes des Überwiegens
der Hinweise auf deren wahrscheinliches dortiges Vorkommen durch einen
förmlichen Verwaltungsakt unter Denkmalschutz gestellt wurden, egal ob diese
Prognose tatsächlich zutrifft oder nicht; können die Schutzbestimmungen eines
rein nach dem deklaratorischen Prinzip funktionierenden Gesetzes stets nur auf
jene Sachen Anwendung finden, die der relevanten Legaldefinition des
anzuwendenden Denkmalbegriffs im betreffenden Gesetz tatsächlich entsprechen. Der
Vorteil nach dem deklaratorischen Prinzip funktionierender gesetzlicher
Bestimmungen ist eben gleichzeitig auch ihr Nachteil: sie gelten zwar für alle,
aber dafür auch nur für die Sachen (Denkmale), die der relevanten
Legaldefinition entsprechen; nicht auch für solche, die dieser nur entsprechen
könnten, es aber tatsächlich nicht tun.
Man kann sich zwar um dieses Problem herumzuschummeln
versuchen; aber rechtlich wirklich sauber ist das kaum möglich. Denn
letztendlich fehlt, wo keine Denkmale sind, bei nach dem deklaratorischen
Prinzip funktionierenden Gesetzen jedwede rechtlich belastbare Rechtfertigung
für den Staat und seine Denkmalbehörden, um in Grundrechte Betroffener –
insbesondere die Eigentumsgarantie, die allgemeine Handlungsfreiheit und die
Wissenschaftsfreiheit – auch nur extrem geringfügig eingreifen zu dürfen: auf
einer Bodenfläche, auf der tatsächlich kein Denkmal ist, gibt es schließlich
auch kein verfassungsgesetzlich geschütztes Allgemeinwohlgut, dessen Schutz die
Beschränkung irgendwelcher Grundrechte gestatten würde. Man muss sich daher, um
irgendwie um dieses Problem herumzukommen, mit schwammigen Formulierungen im
Gesetzeswortlaut (wie „den Umständen nach
zu vermuten“) behelfen, um auch Bodenflächen wenigstens zu einem gewissen
Grad unter denkmalrechtliche Kontrolle zu bekommen, auf denen das Vorkommen von
archäologischen Denkmalen zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher ist. Gerade
solche schwammigen Formulierungen im Gesetzeswortlaut laden aber
Denkmalbehörden nachgerade dazu ein, sie zu missbrauchen, um nicht nur die
Bodenflächen, auf denen wirklich mit hoher Wahrscheinlichkeit archäologische
Denkmale vorkommen, sondern einfach beinahe das ganze Land mittels frei
erfundener „Verwaltungswerkzeuge“
sachlich unbegründet unter de facto-Denkmalschutz zu stellen.[26]
Letztendlich gibt es nur eine Möglichkeit, wie
man bislang noch unbekannte archäologische Denkmale effektiv schützen kann, und
das ist eine möglichst intensive archäologische Denkmalforschung zu betreiben.
Das BayLfD zeigt durch seine Verwaltungspraxis vor, wie das einigermaßen gut
funktionieren kann. Zwar muss sich auch das BayLfD um das verfassungsrechtliche
Problem herumschummeln, dass man mittels nach dem deklaratorischen Prinzip
funktionierenden Denkmalschutzgesetzen Bodenflächen nicht denkmalrechtlichen
Schutzbestimmungen unterwerfen kann, auf denen nicht mit Sicherheit Denkmale
vorkommen. Das tut es aber insofern einigermaßen geschickt, als es klare – wenn
auch nicht unbedingt allgemeinverständliche, aber wenigstens veröffentlichte –
Kriterien benutzt (BayLfD 2016, 12), um bestimmte Bodenflächen als
Bodendenkmalverdachtsflächen auszuwählen und mit seiner auf dieser Basis
vorgenommenen Auswahl auch eine Trefferquote von beinahe 50% erzielt (Bayerischer Landtag 2015, 2). Es federt noch dazu ebenso
geschickt und durchaus vorbildlich die potentiellen negativen Folgen von
falschen behördlichen Positivprognosen ab, indem es die Kosten für die auf
diesen Bodenflächen vor dort potentiell Bodendenkmale gefährdenden, ob nun
aufgrund des Bodendenkmalverdachts der Behörde oder generell, genehmigungspflichtigen
Maßnahmen erforderliche Denkmalforschung übernimmt.
Es muss daher – im Unterschied zum
österreichischen BDA – seine spärlichen Ressourcen für die Denkmalforschung
nicht nach dem Gießkannen- bzw. Zufallsprinzip über das ganze Land verteilen,
sondern kann sie konzentrieren und strategisch einsetzen, wann und wo die
Denkmalforschung ganz besonders notwendig ist, um tatsächlich vorhandenen
Denkmalen akut drohenden Gefahren effektiv vorbeugen zu können. Gleichzeitig
stellt es aber auch nicht – im Unterschied zum ALSH – beinahe das ganze Land
durch unsaubere Tricks unter de facto-Denkmalschutz, sondern nimmt tatsächlich
maßvoll auf die berechtigten Belange Betroffener Rücksicht. In anderen Worten:
das BayLfD betreibt effektives archäologisches Denkmalmanagement.
Der Schlüssel dafür ist, dass es tatsächlich
Denkmalforschung betreibt, wo diese wirklich notwendig ist, oder archäologische
Privatunternehmen auf seine Kosten mit strategischer Denkmalforschung betraut.
Erst diese verrät ihm dann, wo tatsächlich welche Bodendenkmäler im Boden
verborgen sind, welche Gefahren diesen tatsächlich drohen, und welche
geeigneten Gegenmaßnahmen ergriffen werden können, um diesen effektiv
entgegenwirken zu können. Erst diese Denkmalforschung gestattet es ihm auch,
die erforderliche denkmalrechtliche Bewertung der tatsächlich vorhandenen
Bodendenkmäler vorzunehmen und sachverständig zu entscheiden, welche (sehr
wenige) davon in situ erhalten werden können; welche (die Mehrheit) am besten
durch Bergung und Dokumentation, d.h. durch ihre wissenschaftliche Erforschung
in anderen Medien erhalten und öffentlich nutzbar gemacht werden; und – auch
wenn es diese schwere Entscheidung eventuell zu selten treffen mag – welche
davon man der Zerstörung überlassen kann, weil sie nicht bedeutend genug sind,
um ihre Erhaltung und Erforschung erforderlich zu machen. Der Schlüssel zu
einer einigermaßen effektiven archäologischen Denkmalpflege ist eben nicht der
Schutz von allem am geduldigen Papier, und nicht das Verstecken hinter
denkmalpflegerischer Unsicherheit und behördlicher Intransparenz, sondern die
mit modernen Methoden sachgemäß durchgeführte Denkmalforschung zur Bestätigung
oder Widerlegung eines sachlich und vernünftig begründeten Verdachtes (BayLfD 2016).
Weil was man kennt, das kann man – wenigstens
meistens – auch tatsächlich effektiv schützen.
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[1] Von dieser Regel gibt es
allerdings gewisse Ausnahmen: so z.B. kann die wenigstens wahrscheinliche, wenn
nicht sogar sicher gegebene Präsenz archäologischer Überreste im Boden durch
charakteristische Hinweise an der Erdoberfläche unter gewissen Umständen auch
mit dem freien Auge erkennbar sein. Dies ist klarerweise immer dann der Fall,
wenn z.B. noch Überreste von ehemaligen Gemäuern (Ruinen) über die
Erdoberfläche hinausragen, charakteristische Bodenunebenheiten die Präsenz von
(ehemaligen) Gräben, Weganlagen, Wällen, Grabhügeln etc. anzeigen oder
Häufungen beweglicher Kleinfunde an der Erdoberfläche die wahrscheinliche
Präsenz zahlreicher weiterer, vergleichbarer Kleinfunde im Erdboden indizieren.
Aber auch Bewuchsmerkmale, Bodenverfärbungen, Häufungen ortsfremden
Steinmaterials etc. (siehe z.B. BDA 2018, 10) können mit freiem Auge erkennbare
Hinweise auf die Präsenz von archäologischen Überresten im Erdboden sein,
wenngleich sie selten so eindeutig sind wie die zuvor genannten,
offensichtlichen Hinweise.
[2] Dies ist wenigstens solange
der Fall, als der Metallsucher seinem Hobby an einem Ort nachgeht, von dem noch
keine anderen Hinweise auf das mutmaßliche Vorkommen von noch unbekannten
archäologischen Denkmalen im Boden vorliegen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass
an einem beliebigen Ort im Boden befindlicher, magnetisch leitfähiger
Gegenstand tatsächlich ein Denkmal im Sinne der einschlägigen Legaldefinition
des örtlich geltenden Denkmalschutzgesetzes ist, ist in der Regel verschwindend
gering. Die Situation ist selbstverständlich eine andere, wenn er auf einer
bekanntermaßen denkmalfundträchtigen Fundstelle oder an einem Ort sucht, an dem
offensichtlich mit dem freien Auge erkennbare Hinweise (wie noch über den Boden
hinausragende Ruinen; offensichtlich als menschengeschaffene Grabhügel
erkennbare Bodenunebenheiten, etc.) vorhanden sind, die das Vorkommen von
(weiteren,) bislang noch unbekannten archäologischen Denkmalen an diesem Ort
wahrscheinlich erscheinen lassen.
[3] Berechnet man mit, dass der
angerichtete Schaden außer in seltenen Einzelfällen noch dazu auch noch meist
nur von geringer Signifikanz ist, ist die Eintrittswahrscheinlichkeit von
signifikantem Befundschaden sogar noch deutlich geringer als 0,5%.
[4] Und streng genommen hat man
dort, wo man sie gerade tatsächlich sicher vollständig entfernt hat, dadurch,
dass man sie gerade vollständig entfernt hat, neue archäologische Überreste im
Boden erzeugt, die – wenigstens hypothetisch – auf archäologischem Weg Schlüsse
über den Prozess der Entfernung zuvor dort vorhandener (älterer)
archäologischer Überreste zu ziehen gestatten. Diese sind nur – wenigstens
üblicherweise, wenn ordentlich dokumentiert wurde – insofern irrelevant, als
der gesamte Archäologieentfernungsprozess inklusive seines Endergebnisses –
d.h. der neu entstandenen archäologischen Überreste – bereits bei seiner
Durchführung vollständig dokumentiert wurde und daher seine neuerliche Dokumentation
zu späterer Zeit mit archäologischen Methoden eigentlich nicht mehr
erforderlich sein sollte bzw. redundant ist.
[5] Wenigstens so lange, als man
es nicht schafft, einen Richter durch Vorspiegelung falscher Tatsachen davon zu
überzeugen, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass an einem beliebigen Ort
doch im Boden zuvor noch unbekannte archäologische Denkmale vorgekommen sind,
was insbesondere retrospektiv (wenn von der beklagten Partei tatsächlich welche
entdeckt wurden) oft relativ leicht möglich ist. Dass das für die beklagte
Partei ex ante nicht vorhersehbar war, fällt dann gerne unter den Tisch,
wenigstens, wenn nicht der Verteidiger ausnehmend gut informiert ist und sich
in der Materie gut auskennt.
[6] 3 signifikante Bodenfunde pro
Hektar Bodenfläche sind eine eher konservative Schätzung. Wie in einem jüngst
publizierten anderen Beitrag hochgerechnet (Karl 2019b, 6), muss man in Österreich wohl
mit ca. 1,05 Millionen und in Deutschland wohl mit ca. 4,5 Millionen
archäologischen Fundstellen rechnen; durchschnittlich 12,5 pro km2.
Das bedeutet, dass damit zu rechnen ist, dass eine archäologische Fundstelle
pro ca. 8 Hektar vorkommt. Befindet sich eine Fundstelle unter dem Pflug, kann
man auf jeder Fundstelle mit durchschnittlich wenigstens 25 signifikanten
Bodenfunden rechnen, was pro Hektar ca. 3.13 signifikante Fundgegenstände
ergibt.
[7] Dies gilt in der Regel auch
für Bauherren bzw. Bauunternehmen, die zwar eventuell die erforderlichen Mittel
für archäologische Prospektionen vor Durchführung ihrer geplanten Handlungen
aufbringen können, wenn sie das müssen, und denen in Anbetracht des geplanten
Projektgesamtvolumens die dafür anfallenden Kosten im Rahmen der
wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch aufgebürdet werden können, diese aber
normalerweise nicht von sich aus für die archäologische Prospektion aufwenden
würden, wenn sie nicht müssen. Selbst der Großbauunternehmer hat also im
engeren Sinn keine Ressourcen für die Durchführung einer archäologischen
Landesaufnahme bzw. auch nur archäologischer Prospektionen verfügbar; einmal
abgesehen davon, dass er sie in den meisten Ländern im deutschen Sprachraum
aufgrund der gesetzlichen NFG-Pflichten gar nicht selbstständig durchführen
darf, ohne sich das zuvor vom Denkmalamt genehmigen zu lassen.
[8] So die Bezeichnung in Bayern
(siehe z.B. Bayerischer Landtag 2015), in anderen deutschen
Bundesländern wird ähnliches anders bezeichnet, so z.B. als „Archäologische Interessensgebiete“ in
Schleswig-Holstein.
[9] Pers. Mitt. M. Ullrich,
BayLfD, 4.5.2018.
[10] Art. 7 Abs. 1 1. Satz BayDSchG bestimmt: „Wer
auf einem Grundstück nach Bodendenkmälern graben oder zu einem anderen Zweck
Erdarbeiten auf einem Grundstück vornehmen will, obwohl er weiß oder vermutet
oder den Umständen nach annehmen muß, daß sich dort Bodendenkmäler befinden,
bedarf der Erlaubnis“. Bodendenkmalverdachtsflächen sind dabei solche
Bodenflächen, auf denen zu vermuten bzw. den Umständen nach anzunehmen ist,
dass sich auf ihnen Bodendenkmale befinden (für die dafür relevanten Kriterien,
siehe BayLfD 2016, 12).
[11] Die durchschnittliche
Fundstellenfläche von maximal ca. 2 Hektar ergibt sich ebenfalls aus Zahlen des
BayLfD: Bayern hat ca. 70.550 km2 Fläche, davon sind ca. 1,4% als
bekannte Bodendenkmale ausgewiesen, wobei die Zahl der ausgewiesenen Flächen
(per 4.5.2018, siehe FN 9) insgesamt 49.137 betrug. Daraus
lässt sich eine durchschnittliche Fläche pro Bodendenkmal von ca. 2,01 Hektar
errechnen.
[12] Die Rechtslage ist in
Schleswig-Holstein in Hinblick auf Erdarbeiten nahezu ident zu der in Bayern. §
12 Abs. 2 Z 6 DSchG SH bestimmt nämlich, dass „Nachforschungen, Erdarbeiten oder taucherische Bergungen an Stellen,
von denen bekannt ist oder den Umständen nach zu vermuten ist, dass sich dort
Kulturdenkmale befinden, ohne dazu nach anderen Rechtsvorschriften befugt zu sein“,
der „Genehmigung der oberen
Denkmalschutzbehörde bedürfen“. Laut ALSH sind archäologische
Interessensgebiete solche Bodenflächen, auf denen den Umständen nach zu
vermuten ist, dass sich auf ihnen Bodendenkmale befinden.
[13] Laut pers. Mitt. E. Sigloff, ALSH,
mit Stichdatum 7.5.2018 insgesamt ca. 61.500 (exklusive Lübeck) bzw. ca. 3,94
pro km2 im Vergleich zu nur 49.137 bzw. ca. 0,7 pro km2
in Bayern (siehe FN 9, 11). Inwieweit dies allerdings nicht
daran liegt, dass in Schleswig-Holstein z.B. auch einzelne zu einem größeren
Gräberfeld gehörende Grabhügel jeweils als (damit durchschnittlich viel
kleinere Flächen abdeckende) Einzelbodendenkmale ausgewiesen werden, während in
Bayern eventuell das ganze Hügelgräberfeld als ein Bodendenkmal gezählt wird,
lässt sich ohne genaue Analyse der Bodendenkmalliste der beiden Länder nicht
mit Gewissheit sagen.
[14] Dass eine archäologische
Fundstelle aus vielen separaten Einzelsachen (beweglichen Kleinfunden und
‚unbeweglichen‘ Befunden) besteht, steht einer Betrachtung der gesamten
Fundstelle als ein Denkmal als zusammengehörende, aus vielen Teilen bestehende
Sache bzw. Sachgesamtheit nicht entgegen. Ebenso steht die Betrachtung einer
archäologischen Fundstelle als eine in ihrer Gesamtheit denkmalschutzwürdige
Sache (bzw. Sachgesamtheit) nicht der Möglichkeit entgegen, dass einzelne
Bestandteile der Fundstelle wie z.B. einzelne Funde und Befunde ihrerseits als
einzelne Sachen oder deren Teile auch selbstständig denkmalschutzwürdige Sachen
sind. In dieser Hinsicht unterscheiden sich archäologische Fundstellen nicht
von Baudenkmalen samt deren Zubehör, die auch in ihrer Gesamtheit geschützt
sein können, obwohl auch einzelne Teile des Zubehörs – so z.B. einzelne, zur
ursprünglichen Ausstattung des Gebäudes gehörende Möbel, Gemälde etc. – für
sich betrachtet als einzelne Sachen denkmalschutzwürdig und daher geschützt
sein können.
[15] Außer bei der
Unterschutzstellung kraft gesetzlicher Vermutung des § 2 DMSG, die aber nur für mehr als 100 Jahre alte,
nicht massenproduzierte Sachen im öffentlichen Eigentum gilt, und der zeitweiligen Unterschutzstellung kraft
gesetzlicher Vermutung von Bodendenkmalen gem. § 9 Abs. 3 DMSG, die aber erst ab dem Zeitpunkt der Auffindung
des betreffenden Gegenstandes rechtswirksam wird.
[16] Geschichtliche und
wissenschaftliche Gründe sind wohl bei nahezu allen (möglichen) archäologischen
Denkmalen als ein und dasselbe zu betrachten, weil sich die geschichtliche
Bedeutung archäologischer Hinterlassenschaften stets erst durch ihre
wissenschaftliche Erforschung erschließen lassen kann.
[17] Gegenstände, aus denen nur
insignifikante wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden können, können in
Schleswig-Holstein keinesfalls unter Denkmalschutz stehen, weil die
Legaldefinition des § 2 Abs. 2 DSchG SH verlangt, dass Kulturdenkmälern besondere
Bedeutung zukommt. Die Legaldefinition des Art. 1 BayDSchG spricht hingegen nur von Bedeutung, ohne zu
erwähnen, dass diese Bedeutung in irgendeiner Weise besonders sein müsse (siehe
dazu Eberl et al. 2016, 104-110, insbesondere 104 für zahlreiche Verweise auf
Judikatur zu dieser Frage), weshalb auch Sachen von Bedeutung sind, die das
Geschichtsbild nur eher geringfügig prägen. Dennoch muss ein gewisses
Mindestmaß an Bedeutung auch in Bayern erreicht werden, weil objektiv
belanglose Sachen nicht denkmalschutzfähig sind (Eberl et al. 2016, 105 mit
Verweisen auf einschlägige Judikatur); was sich schon allein dadurch zwingend
ergibt, dass jeder in der Vergangenheit geschaffenen Sache wenigstens
irgendeine geschichtliche Bedeutung zukommt und jeder Sache wissenschaftliche
Bedeutung zukommen kann. Sachen, aus denen keine signifikanten Informationen
über die Vergangenheit gewonnen werden können, können daher auch in Bayern
nicht Bodendenkmäler sein.
[18] Das ist in Österreich ein
weit geringeres Problem als in Deutschland; einerseits weil die allgemeine
Handlungsfreiheit in Österreich zwar ebenfalls, aber nur implizit
verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Bezemek 2016); andererseits weil sowohl diese
als auch die durch Art. 17 StGG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit durch
denkmalrechtliche Genehmigungspflichten auf nicht konstitutiv
denkmalgeschützten Bodenflächen kaum oder gar nicht beschränkt werden; bzw. –
wenn überhaupt – nur dann, wenn auf der betreffenden Bodenfläche tatsächlich
Denkmale iSd § 1 Abs. 1-2 DMSG entdeckt werden (siehe dazu zuletzt Karl 2018f, 438).
[19] Umgangssprachlich (und
teilweise sogar in Denkmalschutzgesetzen wie in § 8 Abs. 1 DMSG) wird statt „unvorhergesehenermaßen“ gerne der Begriff „zufällig“ eingesetzt. Im rechtlichen Sinn bedeutet das, dass die
Entdeckung des Denkmals eben nicht ex ante vorhergesehen wurde bzw. auch nicht
vorhergesehen werden konnte, weil keine ausreichenden Hinweise auf das
Vorkommen eines Denkmals am betroffenen Ort allgemein bekannt oder an Ort und
Stelle offensichtlich erkennbar waren. Welche Auswirkungen das auf gesetzliche
NFG-Pflichten hat, habe ich schon anderorts für Österreich erklärt (Karl 2018f). In Bayern und Schleswig-Holstein
gilt diesbezüglich aus Sicht des (durchschnittlichen) Rechtsanwenders im
Wesentlichen dasselbe: sofern der (nicht als behördliches Organ) handelnde
Rechtsanwender aus objektiven Gründen („den
Umständen nach“) davon ausgehen muss oder subjektiv glaubt, bei seiner
möglicherweise NFG-pflichtigen Handlung auf Denkmale zu treffen, muss er vor
deren Durchführung eine NFG beantragen. Die zuständige Behörde hat diese dann
auch zu erteilen, wenn ihr keine ausreichenden objektiven Hinweise vorliegen,
die einer Verweigerung der NFG-Erteilung entgegenstehen. In Bayern und
Schleswig-Holstein können aufgrund der Tatsache, dass ihre jeweiligen DSchG
rein nach dem deklaratorischen Prinzip funktionieren, die Erteilung einer
derartigen Genehmigung nur verweigern, wenn auf der betroffenen Bodenfläche mit
Sicherheit tatsächlich Denkmale vorkommen.
[20] In den verbleibenden ca. 5%
aller Fälle, in denen dem BayLfD kein Ergebnis bekannt wurde (Bayerischer Landtag 2015, 2), wird sich der
Bodendenkmalverdacht wohl ebenfalls als falsch erwiesen haben, weil ein
positives Ergebnis dem BayLfD schließlich bekannt gemacht werden hätte müssen.
[21] Der erste, unmittelbar und
verhältnismäßig einfach zu setzende Schritt in einem solchen Reformprozess
wäre, den Layer, auf dem die willkürlichen Kringel, die als archäologische
Interessensgebiete ausgewiesen sind, aus dem Archäologie-Atlas SH zu entfernen. Denn es ist
unmöglich, dass bei der gebotenen, sachlichen Betrachtung auf all diesen
Flächen „den Umständen nach zu vermuten
ist“ (§ 12 Abs. 6 DSchG SH), dass sich dort tatsächlich unbekannte
archäologische Denkmale iSd § 2 Abs. 2 Z 2 DSchG SH im Boden befinden.
[22] Dass dem so sein muss, zeigt
der Vergleich mit der Unterschutzstellung auf Basis des konstitutiven Prinzips:
stellt eine Denkmalbehörde durch Verwaltungsakt fest, dass eine Bodenfläche
(z.B. als „Fundhoffnungsgebiet“ iSd §
1 Abs. 5 DMSG) den Schutzbestimmungen des betreffenden
Denkmalschutzgesetzes unterliegt, kann der betroffene Grundeigentümer dagegen
Rechtsmittel ergreifen. Stellt sich im gerichtlichen Beschwerdeverfahren heraus
– z.B. durch ein vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebenes Privatgutachten, für
dessen Erstellung der Privatgutachter eine geophysikalische Prospektion und
Probegrabungen durchgeführt hat, um einen stichhaltigen Beweis für das
Nichtvorkommen von Denkmalen auf der betroffenen Bodenfläche erbringen zu
können – dass die Unterschutzstellung tatsächlich irrtümlich erfolgt ist und
keine schutzwürdigen Denkmale vorkommen, hat die beklagte Behörde dem
Beschwerdeführer dessen Verfahrenskosten zu erstatten. Diese Kosten beinhalten
selbstverständlich auch die Kosten für das Privatgutachten und die für dessen
Erstellung erforderlichen archäologischen Untersuchungen auf der betroffenen
Bodenfläche, nicht nur allfällige Gerichtsgebühren und Anwaltskosten. Die
Behörde haftet also – wie jeder andere auch – in derartigen Fällen für den
durch ihren Irrtum entstandenen unmittelbaren und mittelbaren Schaden. Warum
das bei behördlichen Irrtümern bei nach deklaratorischem Prinzip
funktionierenden Gesetzen anders sein und die Behörde für ihre Fehler und die
dadurch verursachten Schäden an Gütern Dritter nicht haftbar sein sollte, ist
nicht ersichtlich.
[23] Selbst das ist wohl nur bei
gleichheitswidriger Anwendung der Genehmigungspflichtbestimmungen möglich,
wenigstens der des § 12 Abs. 2 Z 6 DSchG SH, der ja alle „… Erdarbeiten […] an
Stellen, von denen bekannt ist oder den Umständen nach zu vermuten ist, dass
sich dort Kulturdenkmale befinden“, der denkmalrechtlichen
Genehmigungspflicht unterwirft. Zu Erdarbeiten sind wohl auch alle
landwirtschaftlichen, in den Erdboden eingreifenden Arbeiten wie insbesondere
das Pflügen, Grubbern und jedwedes Einsetzen von Pflanzen zu zählen, selbst das
von Tulpenzwiebeln im Vorgarten. Werden diese Arbeiten der gesetzlichen
Genehmigungspflicht nicht unterworfen, ist nicht nachvollziehbar, weshalb Baggerarbeiten
(z.B. im Rahmen von Bauarbeiten) ihr unterworfen sein sollten, denn bei
sachlicher Betrachtung besteht kein Unterschied in der von allen derartigen
Erdarbeiten ausgehenden Gefährdung von (insbesondere noch unbekannten)
archäologischen Denkmalen im Boden. Würden allerdings für alle Erdarbeiten auf
75-80% der Landesfläche Genehmigungsanträge gem. § 12 Abs. 2 Z 6 DSchG SH gestellt, würde nicht nur das ALSH in einer
Antragsflut untergehen, sondern allein die dadurch zusammenkommenden
Arbeitszeitkosten der Antragsteller in Summe astronomisch hoch. Die willkürlich
exzessive Ausweisung von archäologischen Interessensgebieten durch das ALSH
greift also nicht nur massiv in Grundrechte ein. Vielmehr verhindert nur ihre
grundrechtswidrig zwischen sachlich gleichen Sachverhalten willkürlich
diskriminierende Anwendung durch das ALSH die Entstehung enormer Schadenersatzansprüche.
[24] Beweiskräftige Unterlagen,
die das belegen, liegen mir vor.
[25] Zum Zeitpunkt der Verfassung
dieses Beitrages ließ sich nicht exakt ermitteln, ob und falls ja welche
Richtlinien in Schleswig-Holstein einzuhalten sind bzw. per Auflage mit
bewilligenden Bescheiden verbunden werden, weil sich die „Service“-Webseite des
ALSH zu „Grabungsgenehmigungen“ [12/3/2019] in Bearbeitung befand.
Grundsätzlich ist allerdings anzunehmen, dass auch in Schleswig-Holstein
Auflagen mit Genehmigungsbescheiden verbunden werden, die wenigstens grob den
etwa 60 Seiten langen Standards des Verbandes der Landesarchäologen in der
Bundesrepublik Deutschland e.V. für Ausgrabungen und Prospektionen (VLA 2006) entsprechen.
[26] Dass das allerdings auch
Denkmalbehörden, die primär nach konstitutivem Prinzip funktionierende
Denkmalschutzgesetze zu vollziehen haben, mit dem Mittel der vollkommen
überzogenen Auslegung und selektiven Lesung ihres Denkmalschutzgesetzes zu
erreichen versuchen, zeigt sehr deutlich die Handhabungspraxis der Bestimmungen
des § 11 Abs. 1 DMSG des österreichischen BDA (Karl 2018f).
Good Post. ÖVP TTIP,CETA
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