Dienstag, 7. August 2018

Sie zahlen, wir schaffen an!


Das Verursacherprinzip und die archäologische Denkmalpflege
Die archäologische Denkmalpflege setzt in den letzten Jahrzehnten zur Finanzierung von sogenannten präventiven Grabungen bzw. Rettungsgrabungen zunehmend auf das – ursprünglich aus dem Emissions- und Umweltschutzrecht stammende – sogenannte ‚Verursacherprinzip‘. Die Idee hinter dem Verursacherprinzip ist dabei im Grunde genommen die, dass die mit dem Gewinn eines privaten Vorteils für einen Einzelnen verbundenen Kosten nicht sozialisiert, d.h. von diesem Einzelnen nicht auf Dritte oder die Allgemeinheit abgewälzt werden sollen.

In diesem Beitrag möchte ich das denkmalpflegerische Verursacherprinzip – wie üblich kritisch – betrachten; aufzeigen, was seine Grenzen sind; und auf allgemeinerer Ebene besprechen, weshalb es – gerade aus Sicht der archäologischen Denkmalpflege – in vielerlei Hinsicht hochgradig problematisch ist. Gerade weil ich es kritisch betrachten möchte, ist es erforderlich, hier vorauszuschicken, dass ich nicht grundsätzlich gegen die Verwendung des Verursacherprinzips in der archäologischen Denkmalpflege bin, sondern auch durchaus dafür bin, es zum Einsatz zu bringen, wo es rechtlich belastbar, sinnvoll und auch denkmalpflegerisch nützlich zum Einsatz gebracht werden kann. Dennoch erscheint mir die hier gewählte kritische Betrachtung dieses Prinzips und seines Einsatzes in der archäologischen Denkmalpflege dringlich angebracht, weil ich zunehmend den Eindruck gewinne, dass sich einerseits die archäologische Fachwelt nicht nur viel zu viel davon verspricht bzw. erhofft, sondern es auch zunehmend überstrapaziert bzw. zu überstrapazieren versucht, und uns andererseits bisher nicht einmal annähernd ausreichend bewusst ist, dass es auch – gerade in der archäologischen Denkmalpflege – aus vielen Gründen inhärent problematisch ist.


Zur Popularität des denkmalpflegerischen Verursacherprinzips

Die Entwicklung des Faches und vor allem des Berufsstandes über die letzten Jahrzehnte zeigt, dass sich die archäologische Fachwelt vom denkmalpflegerischen Verursacherprinzip in erster Linie eine Erhöhung der Finanzierung für archäologische Feldforschung erhofft. Beobachtungen z.B. im Vereinigten Königreich (Aitchison 2010, 25-6; Abb. 1) zufolge scheint diese Hoffnung durchaus berechtigt. Auch wenn diese zusätzlichen wirtschaftlichen Ressourcen nur für Rettungsmaßnahmen verfügbar werden, ist das Verursacherprinzip nicht nur bei den ArchäologInnen, sondern auch bei politischen EntscheidungsträgerInnen populär, verspricht es letzteren doch eine Entlastung des Staatshaushaltes. Daher findet es nicht ausschließlich, aber auch nicht zuletzt bedingt durch Druck aus der archäologischen Fachwelt, unter Berufung auf seine angebliche Verankerung in Art. 6 Abs. 2 lit. a der Valletta-Konvention (Europarat 1992a), in den letzten Jahren auch zunehmend explizit Eingang in die deutschsprachigen Denkmalschutzgesetze (so z.B. § 29 Abs. 1 DSchG NRW; Davydov et al. 2016, 349-55; nun z.B. auch im Entwurf für § 9 Abs. 3 des aktuellen Vorschlags zur Novellierung des DSchG Bremen).

Abb. 1: Entwicklung der Beschäftigungszahlen professioneller ArchäologInnen im Vereinigten Königreich von 1922 bis 2007. Das Verursacherprinzip wurde Anfang der 1990er eingeführt, der scharfe Aufwärtsknick in der Anzahl der Beschäftigten um 1995 ist direkt damit in Verbindung zu bringen (Aitchison 2010, 25). Für andere europäische Länder ließen sich vergleichbare Entwicklungen zeigen, die ebenfalls mit der Einführung des Verursacherprinzips gekoppelt einen deutlichen Anstieg der beschäftigten ArchäologInnen und/oder einen ebenso starken Anstieg der Anzahl der durchgeführten Rettungsgrabungen zeigen (siehe dazu diverse Beiträge in Schlanger & Aitchison 2010).

Der Widerstand gegen das denkmalrechtliche Verursacherprinzip, insbesondere aus der im Bereich der Denkmalpflege üblicherweise stärksten Lobby gegen gesetzliche Regelungen, der Bauwirtschaft, ist gleichzeitig eher gering, wenn man überhaupt von einem solchen sprechen kann. Denn nicht nur ist die Bauwirtschaft das Verursacherprinzip schon lange – eben aus dem Bereich des Emissions- und Umweltschutzrechts – gewohnt; sondern es ist ihr auch wenigstens weitgehend egal: die dadurch entstehenden Kosten trägt schließlich nicht die Bauindustrie selbst, sondern sie wälzt diese auf die Endabnehmer ihrer Produkte ab.

Solange also dadurch einerseits keine Wettbewerbsverzerrung verursacht wird, d.h. wenn alle Bauunternehmen bei jedem konkreten Auftrag damit rechnen können, dass die dadurch entstehenden Kosten für alle Auftragswerber bei vergleichbarer Kostenkalkulation annähernd gleich sind, ist der Bauwirtschaft das Verursacherprinzip sogar sehr willkommen. Denn aus Sicht der Bauindustrie sind die Kosten, die für archäologische Rettungsmaßnahmen anfallen, im Prinzip Entsorgungskosten; nicht anders als die, die ihr z.B. auch für die Entsorgung von Giftstoffen anfallen, die ein zu verbauendes Grundstück kontaminieren. Ob ein Bauprojekt aufgrund einer ‚Verseuchung‘ des betroffenen Grundstückes mit archäologischen Überresten nun z.B. 10% mehr kostet als die eines beliebigen anderen, nicht archäologisch ‚verseuchten‘ Grundstückes, ist – solange diese Kosten planbar sind – nur für die Wahl des Baugrundstückes relevant; und selbst da eigentlich nur dann, wenn zwei miteinander konkurrierende Unternehmen funktionsgleiche Objekte auf unterschiedlichen Grundstücken errichten. Nur wenn z.B. die Firma X auf eigenes Risiko 10 Wohneinheiten auf dem nicht archäologisch ‚verseuchten‘ Grundstück A baut, Firma Y hingegen 10 idente Wohneinheiten auf dem archäologisch ‚verseuchten‘ Grundstück B direkt daneben – die daher aufgrund der dort anfallenden Archäologieentsorgungskosten um 10% teurer verkauft werden müssen – sind die durch die Archäologieentsorgung verursachten höheren Kosten für Firma Y ein Problem.[1]

Solange die mit archäologischen Vorarbeiten verbundenen Kosten und die für die notwendigen Entsorgungsmaßnahmen erforderliche Zeit- und sonstigen Aufwände andererseits auch vorherseh- und damit kalkulierbar sind und daher entsprechend vorausschauend in die Bauplanung einbezogen werden können, ist die erhöhte Planungssicherheit, die durchführende Bauunternehmen gewinnen, für diese sogar weit vorteilhafter als eine allfällige Ersparnis von Kosten. Unangenehm sind für die Bauindustrie (und eventuell noch mehr für die sie kreditfinanzierenden Banken und die sie oder diese Banken rückversichernden Versicherungen, die ebenfalls extrem starke Lobbys sind) nur nicht vorausschauend kalkulierbare Kosten oder unerwartet und unvorhergesehen eintretende Bauverzögerungen, die insbesondere durch unerwartet angetroffene archäologische ‚Verseuchungen‘ von Grundstücken und dadurch notwendig werdende archäologische Rettungsmaßnahmen verursacht werden; denn auf den dadurch entstehenden Kosten bleibt tatsächlich oft das durchführende Unternehmen, die dessen Projekt kreditfinanziert habende Bank oder deren Rückversicherer sitzen, und das verursacht diesen dann (potentiell sogar schweren) wirtschaftlichen Schaden.

In der Praxis stand daher die Kostentragung durch den Vorhabenträger im Bereich der archäologischen Denkmalpflege auch in den meisten deutschsprachigen Ländern schon lange im Einsatz, bevor sie tatsächlich denkmalrechtlich verankert wurde (siehe dazu z.B. für NRW Davydov et al. 2016, 349).[2] Das zeigt in aller wünschenswerten Deutlichkeit, dass der Bauwirtschaft die damit verbundene Planungssicherheit um ein Vielfaches wichtiger ist als die mit der ‚Entsorgung‘ der Archäologie für sie verbundenen Kosten. Kann ein Bauunternehmen (oder auch ein großflächig Bodenschätze abbauendes Unternehmen wie die Schotter- oder Braunkohleindustrie) dadurch, dass es die Kosten für allfällig erforderlich werdende archäologische Maßnahmen trägt, allfällig denkmalpflegerisch verursachte Verzögerungen ihrer geplanten Erdarbeiten verhindern – wie sie zuvor bei der nahvollständig staatlich finanzierten archäologischen Denkmalpflege aufgrund der nur begrenzt verfügbaren finanziellen Ressourcen häufiger vorgekommen sind – dann bezahlt es diese gerne ‚freiwillig‘, vor allem wenn es sie vorab in ihrer Kalkulation berücksichtigen konnte. Denn auf vorab kalkulierbare Kosten schlägt die Bauwirtschaft, wie schon in „Zur Möglichkeit einer vollständig privatisierten archäologischen Denkmalpflege“ erwähnt, einfach ihre Gewinnmarge auf und vergrößert damit nur ihren Profit, statt – wie durch ungeplante Verzögerungen – Schaden zu erleiden.

Das Verursacherprinzip scheint also eine geniale, weil für alle am Prozess der archäologischen Denkmalpflege beteiligten Parteien – die archäologische Fachwelt, den Staat und seine Denkmalschutzbehörden, und die Erdarbeiten durchführenden Wirtschaftsbetriebe – vorteilhafte, Lösung zu sein: die archäologische Fachwelt bekommt mehr Geld für die Durchführung ihrer Feldforschungen; der Staat kann seinen Haushalt finanziell entlasten und daher Politiker ihren Wählern überzeugend vermitteln, dass sie ihnen Steuern ersparen; und die Wirtschaft kann sowohl ihre Planungssicherheit als auch ihre Gewinne maximieren. Jenen hingegen, die letztendlich die Zeche für das alles bezahlen müssen – die EndabnehmerInnen der Produkte, im Zuge deren Erzeugung archäologische Denkmalpflegemaßnahmen erforderlich werden und denen daher erhöhte Kosten entstehen – fällt das hingegen zumeist nicht einmal auf, weil diese ja in der Regel auch gar keinen Einblick in die Preisgestaltung der Erzeuger dieser Produkte haben. Damit scheint die Kunst vollbracht zu sein, die eigentlich niemand kann: es scheint allen Menschen recht getan.

Oder ist es doch nicht so populär?

Aber ganz so schön und einfach ist die Sachlage doch nicht: wenn auch nur gelegentlich, so doch, hört man von den EndabnehmerInnen der Produkte, deren Erzeugung mit archäologischen Entsorgungskosten verbunden ist, die eine oder andere Beschwerde über die damit für sie verbundene Kostensteigerung. Dabei sind es allerdings normalerweise nur öffentlich wenigstens etwas stimmgewaltigere EndabnehmerInnen, wie z.B. BürgermeisterInnen von Gemeinden, die eine bestimmte Bodenfläche für irgendeine (oft, aber nicht immer wirtschaftlich profitträchtige) Nutzung erschließen wollen (siehe z.B. Schleswig-Holsteinische Landeszeitung 2017), deren Beschwerden es bis in die Medien schaffen und die damit das sonst heile Bild der allgemeinen Übereinstimmung darüber, dass das denkmalpflegerische Verursacherprinzip eine hervorragende Idee sei, ein klein wenig trüben.

An dieser Stelle zeigt sich bereits das erste Problem mit dem Verursacherprinzip: wer überhaupt dabei mitreden kann. Denn weitgehend einig, dass es eine gute Idee ist, sind sich nur die Diskursbeteiligten, d.h. die, die fachliche, politische oder wirtschaftliche Macht haben und deren Stimme daher sowohl in Gesprächen über das denkmalpflegerische Verursacherprinzip als auch in der Gestaltung der einschlägigen Gesetzgebung gehört werden kann (bzw. beachtet wird). Dagegen haben die vom denkmalrechtlichen Verursacherprinzip Betroffenen – d.h. eben gerade die, die am Ende die Zeche dafür bezahlen sollen, dass die erforderliche denkmalpflegerische Arbeit auch geleistet wird – praktisch überhaupt keine Stimme; und vor allem keine, der auch zugehört wird, nicht einmal, wenn sie der Bürgermeister einer kleinen Gemeinde sind. Diese Betroffenen können bestenfalls entscheiden, ob sie lieber – wenn sie sich das leisten können – die fällig werdende Zeche bezahlen, oder stattdessen das Projekt aufgeben, das sie geplant hatten. Hatten sie in dieses Projekt eventuell sogar bereits einen gewissen – und für Einzelpersonen eventuell nicht einmal unbeachtlichen – Geldbetrag investiert, bleiben sie auf dem Verlust dann sogar sitzen; d.h. erleiden eventuell sogar dann, wenn sie ihr geplantes Projekt nicht umsetzen können, durch die ihnen bereits entstandenen, nicht wiedereinbringlichen Kosten wirtschaftlichen Schaden.

Schafft es der Bürgermeister mit seinem Wehklagen über die für seine kleine und finanzschwache Gemeinde entstehenden Beschwerungen vielleicht gerade noch in die Lokalzeitung, bleibt der potentiell noch viel stärker negativ betroffenen Privatperson in der Regel nicht einmal ein Leserbrief, sondern sie kann sich bestenfalls bei ihren Verwandten, Freunden oder Bekannten darüber ausweinen und bleibt damit de facto ungehört. Nachdem solche Einzelschicksale – oft hat halt jemand Pech – nicht gehört werden, weil sie eben im Diskurs, geschweige denn einem öffentlichen Diskurs über das Thema, den es de facto auch gar nicht gibt, gar keine Stimme haben oder sich kein Gehör verschaffen können, trüben sie auch das Bild nicht, das wir als archäologische Fachwelt und das die Politik vom denkmalrechtlichen Verursacherprinzip haben. Sie zahlen, wir hingegen schaffen an; und das finden wir sogar noch richtig, weil es geht schließlich um den Schutz unserer Interessen an der Erhaltung und Erforschung der Archäologie und um unsere Jobs. Da kann man sich nicht um alles kümmern.

Wunschtraum und Wirklichkeit der archäologischen Denkmalpflege

In der Handhabungspraxis – also der Wirklichkeit – wird das Verursacherprinzip in der archäologischen Denkmalpflege derzeit überwiegend zur Abdeckung der mehr oder minder unmittelbar mit den Untersuchungsmaßnahmen im Feld verbundenen Kosten eingesetzt. Das bedeutet, dass normalerweise jedenfalls wenigstens die Kosten der eigentlichen Feldarbeit im engeren Sinn samt aller für ihre Organisation, Durchführung und die Verbringung der entdeckten Funde und angefertigten Dokumentationsunterlagen an einen geeigneten Nachbearbeitungs- bzw. Lagerort angefallenen Nebenkosten, soweit wirtschaftlich zumutbar, auf den ‚Verursacher‘ dieser Maßnahmen übertragen werden. Zusätzlich dazu werden regelhaft auch die Kosten einiger Nachbearbeitungsschritte im Büro und/oder Labor, wie z.B. die Digitalisierung auf der Fundstelle analog angefertigter Dokumentationsunterlagen oder das Waschen von Funden, ebenfalls auf den ‚Verursacher‘ abgewälzt; ebenso wie die Kosten für das Schreiben eines abschließenden Berichts über die durchgeführten Forschungsmaßnahmen, die Zusammenstellung der zugehörigen Beilagen, und deren Übermittlung an die örtlich und sachlich zuständige Denkmalbehörde.

Zu diesen unmittelbaren und mittelbaren Feldforschungskosten gehören dabei natürlich nicht etwa nur die Lohnkosten für das  eingesetzte Personal und Verbrauchsmaterialien, sondern es werden z.B. auch die Kosten für die bereits weit eher der Langzeitarchivierung des Fundmaterials als seiner Verbringung von der Fundstelle dienenden Behälter – heute zumeist archivgerechte Plastik-Lagerkisten – in denen Funde, Proben etc. verpackt sind und dergleichen mehr dem ‚Verursacher‘ der Feldmaßnahmen aufgebürdet. Wenigstens teilweise werden wenigstens von manchen Denkmalämtern bzw. veranlasst durch deren Auflagen von den die Feldforschung durchführenden archäologischen Dienstleistern inzwischen auch die Kosten für (manche) naturwissenschaftlichen Untersuchungen, die zum genaueren Verständnis der Fundstelle und der darauf entdeckten archäologischen Überreste erforderlich oder wenigstens nützlich sind, wie z.B. C14-Datierungen von Proben und anthropologische, paläozoologische, paläobotanische etc. Analysen, dem ‚Verursacher‘ übertragen.

Aus archäologischer Sicht ist das zwar bereits eine ganze Menge der Gesamtkosten, die aus der wissenschaftlichen Untersuchung archäologischer Überreste im Feld entstehen. Dennoch ist das vielen, wenn nicht sogar den meisten ArchäologInnen bei weitem nicht genug, denn diese wissen schließlich sehr gut, dass normalerweise der größere, oft sogar der bedeutend größere Anteil der Kosten der wissenschaftlichen Untersuchung archäologischer Überreste eben gerade nicht im Feld bei der Fundstellenvorerkundung und Ausgrabung entsteht; sondern in der konservatorischen bzw. restauratorischen und wissenschaftlichen Nachbearbeitung der im Feld gewonnenen Funde und Daten sowie der sachgerechten Archivierung von sowohl Funden als auch physischen und elektronischen Datensätzen von Funden, Befunden und Ergebnissen. Erfahrungsgemäß ist es oft so, dass das Verhältnis zwischen den für die Feldarbeit im engeren Sinn und für die konservatorische und wissenschaftliche Nachbearbeitung und Archivierung anfallenden Kosten wenigstens 1:2, wenn nicht sogar 1:3, in komplexeren Fällen bzw. je nachdem, wie weit man die derzeit verfügbaren technischen Möglichkeiten ausnutzen möchte, auch schon einmal bei 1:5 oder noch höher liegen kann.

Daher wünschen sich bzw. träumen viele ArchäologInnen, sich auf Art. 6 Abs. 2 der Valetta-Konvention (Europarat 1992a) und den zugehörigen Absatz in den zugehörigen Erläuterungen stützend, von mehr, ja teilweise sogar sehr viel mehr Kosten, die dem ‚Verursacher‘ aufgetragen werden könnten. Der zuletzt genannte Absatz lautet dabei im englischen Originalwortlaut:

„Consequently, provision should be made allowing archaeological excavations as required by Article 5 and in such a way that the full cost of these is met for public or private resources as appropriate. Incorporated in these costs are the "full" recording and publication of the findings, meaning thereby the stages of work comprising the post-excavation period. The budget, therefore, needs to cover an assessment phase where the potential of the data collected is ascertained and the nature of further studies identified. This will be followed by analysis of the data through the production, first, of a research archive containing catalogues and reports drawn from detailed work on stratigraphy, artefacts and environmental material. Finally, there comes the report drawn from material in the research archive.” (Europarat 1992b).

Art. 6 der Valletta-Konvention hingegen lautet, weil das auch noch später wichtig werden wird, in seiner Gesamtheit im Originalwortlaut wie folgt:

„Each Party undertakes:
i         to arrange for public financial support for archaeological research from national, regional and local authorities in accordance with their respective competence;
Ii       to increase the material resources for rescue archaeology:
a          by taking suitable measures to ensure that provision is made in major public or private development schemes for covering, from public sector or private sector resources, as appropriate, the total costs of any necessary related archaeological operations;
b          by making provision in the budget relating to these schemes in the same way as for the impact studies necessitated by environmental and regional planning precautions, for preliminary archaeological study and prospection, for a scientific summary record as well as for the full publication and recording of the findings.” (Europarat 1992a).
Wie diese Rechtsquellen von deutschsprachigen ArchäologInnen gerne interpretiert werden, zeigt sich besonders deutlich an der erst jüngsthin eingereichten Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF) zur vorgeschlagenen Novellierung des DSchG Bremen. In dieser liest man zum vorgeschlagenen Wortlaut des § 9 Abs. 3 des novellierten Gesetzes:

„Gemäß Malta-Konvention, die hier ja umgesetzt werden soll, schließen die Verursacherkosten außer dem im jetzigen Text Genannten auch die Archivfähigmachung der Funde und Dokumentationen ein sowie deren einfache, katalogartige Publikation.“,

und

„… komplexe Befunde wie z.B. Beigaben führende Gräber einerseits und investorenfreundlich knapp gesetzte Grabungstermine andererseits legen es für die eine laufende Ausgrabung leitenden Archäologen oft nahe, Befunde en bloc in sog. Gipsblöcken zu bergen. Diese können später im Labor in Ruhe geröntgt, präpariert und konserviert werden. Ist diese Bergung im Labor noch Teil der Kostentragungspflicht (Malta-Konvention: ja), oder nicht mehr (wie man den Abs. 3 lesen könnte)? Hier scheint es geboten, dass der Gesetzgeber im Sinne des Staatssäckels und auch einer Planungssicherheit für die Investoren Klarheit schafft.“ (DGUF 2018, 2).

Einmal abgesehen vom geschickt gesetzten Verweis auf den Staatshaushalt und damit das Eigeninteresse der gesetzgebenden PolitikerInnen in Bremen ist dabei insbesondere bemerkenswert, wie weit die DGUF hier die Kostentragungspflicht des ‚Verursachers‘ sehen möchte: sie möchte diesem auch die Kosten für die Konservierung und andere zur archivgerechten Lagerung der Funde und Dokumentationen erforderlichen Kosten und die wissenschaftliche Auswertung der Forschungsergebnisse bis hin zur Publikation auftragen. Ebenso sollen diesem auch die Kosten von Blockbergungen von komplexeren Befunden wie beigabenführenden Gräbern und deren nachfolgende, umfassende und detaillierte Untersuchung im Labor (inklusive der ihrer ‚Präparation‘, d.h. der besonders vorsichtigen Ausgrabung im Labor, vorhergehenden Durchleuchtung mittels eines Röntgenapparats – und wenn wir schon dabei sind, warum eigentlich nicht gleich auch noch mit einem Magnetresonanztomographen, mit dem sich noch viel genauere Informationen über den Inhalt und dreidimensionalen Aufbau des geborgenen Blocks gewinnen lassen?) aufgelastet werden können; was alles ein Heidengeld kostet. Nur ein ganz klein wenig sarkastisch ausgedrückt, lesen sich solche Forderungen wie eine archäologische Wunschliste an das Christkind.

Zugegeben: die DGUF denkt hierbei fraglos – siehe dazu auch die Ausführungen von Frank Siegmund und Diane Scherzler (2014, 169-73) zur Kostentragungspflicht von Verursachern in Nordrhein-Westfalen, aus denen das klar hervorgeht – an jene ca. 95% aller Bauvorhaben, die entweder von der öffentlichen Hand selbst oder für rein wirtschaftliche oder gewerbliche Nutzungen durchgeführt werden, nicht an die nur etwa 5% der kleinen, aber dennoch denkmalpflegerische Arbeiten erforderlich machenden Bauvorhaben, die von Privatpersonen zu anderen als gewerblichen Zwecken durchgeführt werden. Es sind nur erstere, bei denen die DGUF irgendwo zwischen 3-15% der gesamten Investitionssumme (für die letzte Zahl gestützt auf das Urteil des OVG Magdeburg, Urteil vom 16.6.2012 – 2 L 292/08 [VG Dessau-Roßlau]) für dem ‚Verursacher‘ zumutbar hält, während derzeit Rettungsgrabungen gewöhnlich nicht mehr als ca. 1-2% der Gesamtinvestitionssumme ausmachen (Siegmund & Scherzler 2014, 171), d.h. für die oben genannten Nachbearbeitungsarbeiten bis zur Publikation einiges an Spielraum im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit besteht.

Der Wunschtraum der archäologischen Fachwelt klingt also, wenigstens auf den ersten Blick, durchaus verwirklichbar: kostet die Grabung in der Regel nicht mehr als ca. 1-2% der gesamten Investitionssumme eines Großbauvorhabens oder von Arbeiten zum Abbau von Bodenschätzen wie z.B. im Braunkohletagbau, könnten eventuell bis mehr als das Fünffache davon dem ‚Verursacher‘ für die ja ebenfalls anfallenden, wissenschaftlichen Nachbearbeitungskosten aufgetragen werden. Zwar muss man mit solchen Prozentsätzen ebenso vorsichtig sein wie mit dem Verursacherprinzip in der Denkmalpflege insgesamt (siehe dazu ganz grundlegend Martin et al. 2014, 3-4), aber wenigstens bei dieser Interpretation des denkmalpflegerischen Verursacherprinzips scheint – den nötigen fachlichen Druck auf politische Entscheidungsträger vorausgesetzt – durchaus Aussicht auf Erfolg für eine deutliche weitere Erhöhung der für die archäologische Denkmalpflege verfügbaren Mittel zu bestehen. Und vergisst man, wenigstens vorerst einmal, darauf, dass eine Erhöhung der Kosten von gewerblichen Bauten oder der in Kohlekraftwerken verfeuerten Braunkohle um bis zu 15% auch die Kosten der dort erzeugten Produkte (wie des Stroms, der zwar aus der Steckdose kommt, aber trotzdem etwas kostet) eventuell durchaus merklich verteuern könnte, und dass auch Erschließungsprojekte wie das schon oben zitierte (Schleswig-Holsteinische Landeszeitung 2017) Großprojekte der öffentlichen Hand sind, dann erscheint die Durchsetzung einer derartigen Wunschliste auch einigermaßen unproblematisch.

Kann man Art. 6 der Valletta-Konvention tatsächlich so interpretieren?

Bevor ich die Frage der Zumut- bzw. genauer eigentlich der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes des denkmalpflegerischen Verursacherprinzips etwas genauer betrachte, scheint es mir schon an diesem Punkt angebracht, mich noch etwas genauer der Frage zu widmen, ob man denn Art. 6 der Valletta-Konvention überhaupt so, und vor allem als so weitreichend, interpretieren kann, wie wir ArchäologInnen das glauben bzw. gerne hätten.

Betrachtet man Art. 6 der Valletta-Konvention auch nur etwas genauer, zeigt sich nahezu unmittelbar, dass im Wortlaut dieses Artikels dieser Konvention das Verursacherprinzip nicht nur gar nicht erwähnt wird, sondern schon gar nicht verpflichtend verankert ist. Zwar kann man den Passus in Art. 6 Abs. 2 lit a, dass von den Vertragsparteien die ausreichende Bedeckung der Gesamtkosten archäologischer Untersuchungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln – je nachdem, wie es angemessen ist – sicherzustellen sei, durchaus so interpretieren, dass damit den Vertragsparteien nahegelegt wird, die Einführung des Verursacherprinzips wenigstens in Betracht zu ziehen. Davon, dass Valletta damit Vertragsparteien zur Einführung des Verursacherprinzips verpflichten oder dieses auch nur als Regelfall vorsehen würde, kann allerdings keine Rede sein: in erster Linie verpflichtet die Valletta-Konvention in Art. 6 Abs. 1 eigentlich die Vertragsparteien, d.h. die Signatarstaaten, dazu, die finanzielle Unterstützung der archäologischen Forschung aus öffentlichen Mitteln zu gewährleisten. Nur für öffentliche oder private Groß(bau)vorhaben ist von den Vertragsparteien im Sinne des Art. 6 Abs. 2 lit. a die Finanzierung der archäologischen Kosten aus öffentlichen oder aus privaten Mitteln sicherzustellen.

Auch kann keineswegs davon ausgegangen werden, dass dieser Passus in der Valletta-Konvention einfach so interpretiert werden kann bzw. sollte, dass die durch öffentliche Großvorhaben verursachten archäologischen Kosten in ihrer Gesamtheit von der öffentlichen Hand, die durch private Großvorhaben verursachten archäologischen Kosten hingegen in ihrer Gesamtheit von deren privaten Verursachern getragen werden sollten. Gerade hier ist auch die amtliche Übersetzung dieses Übereinkommens ins Deutsche verwirrend bzw. falsch. In dieser wird der relevante Passus nämlich wie folgt übersetzt: „Jede Vertragspartei verpflichtet sich […] sicherzustellen, daß die Deckung der Gesamtkosten etwaiger notwendiger archäologischer Arbeiten im Zusammenhang mit großangelegten öffentlichen oder privaten Erschließungsvorhaben aus Mitteln der öffentlichen Hand beziehungsweise der Privatwirtschaft vorgesehen ist“ (Europarat 1992a; Hervorhebung: RK). Dies impliziert eine „Symmetrie zu den zuvor aufgezählten öffentlichen oder privaten Erschließungsvorhaben“, nicht nur eine Wahlmöglichkeit (so auch die Interpretation in den Erläuterungen im Entwurf zur Novelle des DSchG Bremen, 18).

Nun lässt sich aber das Englische ‚as appropriate‘ keinesfalls auf Deutsch mit dem Wort ‚beziehungsweise‘ (Engl. ‚respectively‘) übersetzen, aus dem sich eine solche „Symmetrie“ eventuell tatsächlich ableiten ließe. Vielmehr ist es am ehesten mit ‚soweit angemessen‘ bzw. ‚soweit erforderlich‘ zu übersetzen, was eben deutlich eine Beschränkung der Übertragungsmöglichkeit von – primär vom Staat zu tragenden – archäologischen Forschungskosten auf private Vorhabenträger anzeigt: wo durch die Verfolgung privater Profitinteressen der öffentlichen Hand andernfalls vermeidbare, zusätzliche Kosten für die Erhaltung der Denkmale entstehen, kann der private Verursacher vom Staat zur Deckung dieser Zusatzkosten herangezogen werden. Andere Kosten, die der öffentlichen Hand zur Erhaltung und Erforschung der Denkmale ohnehin auch ohne das Zutun des privaten Vorhabenträgers entstehen würden, können hingegen nicht auf den Vorhabenträger abgewälzt werden: er verursacht diese Kosten schließlich nicht durch die Verfolgung seiner privaten Profitinteressen, sondern diese ‚normalen‘ Erhaltungskosten werden durch das öffentliche Interesse an der Erhaltung und Erforschung der Denkmale verursacht. Diese Unterscheidung ist besonders wichtig, wir werden daher später noch einmal genauer auf sie zurückkommen müssen.

Zwar deuten die Erläuterungen zur Valletta-Konvention (Europarat 1992b, 6) recht deutlich an, dass der Europarat (oder wenigstens die ArchäologInnen, die den Text dieses Übereinkommens entworfen haben) die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 2 lit. a dieser Konvention durchaus als Empfehlung zur Einführung einer – wenn auch nur limitierten – Beteiligung des Vorhabenträgers an den Kosten der archäologischen Denkmalpflege verstanden haben wollte. Dennoch lässt der Wortlaut der Konvention selbst – sicher sehr bewusst – offen, auf welchem genauen (rechtlichen) Weg die privaten, profitorientiert arbeitenden Träger großer Planungsvorhaben zur Tragung wenigstens eines Teils der durch ihre Vorhaben entstehenden archäologischen Denkmalerhaltungsmaßnahmen herangezogen werden können. Es ist daher auch z.B. durchaus möglich, wie es das französische Modell zeigt, z.B. zwischen einer archäologiediagnostischen Phase im Planungsprozess und einer eigentlichen Ausgrabungsphase zu unterscheiden, die erstere durch eine alle Vorhaben treffende „Präventivarchäologiesteuer“ zu finanzieren und nur in der zweiten das Verursacherprinzip zur Anwendung zu bringen (Schlanger & Salas Rossenbach 2010, 71).

Es wäre im Rahmen der Valletta-Konvention sogar durchaus möglich, generell durch Einhebung einer Archäologieabgabe bei allen profitorientierten Landnutzungen auf die in Art. 6 Abs. 2 lit. a genannten privaten Ressourcen zurückzugreifen, um generell die aus der wirtschaftlichen Nutzung der Landschaft entstehenden Kosten für die Erhaltung archäologischer Denkmale teilweise abdecken zu können; d.h. nicht im Wege des Verursacherprinzips das Kostenrisiko für allfällig im öffentlichen Interesse erforderlich werdende archäologische Rettungsmaßnahmen zu privatisieren und damit zu individualisieren; sondern im Sinne des Versicherungsgedankens auf alle jene zu kollektivieren, die aus der Bodennutzung wirtschaftlichen Profit zu ziehen versuchen. Denn es ist eigentlich nicht nachvollziehbar und auch sachlich eigentlich nicht gerechtfertigt, selektiv nur jene privaten Vorhabenträger zur Tragung der Kosten der Erhaltung und Erforschung von konkret bestimmten (archäologischen) Denkmalen heranzuziehen, die archäologisch ‚verseuchtes‘ Land verbauen und daher sich zufälligerweise darauf befindliche archäologische Denkmale in situ zerstören; während z.B. Landwirte, deren auf wirtschaftlichen Profit ausgerichtete Landnutzung bekanntermaßen regelhaft mehr Schaden am noch in situ befindlichen (und daher zumeist noch gänzlich unbekannten) archäologischen Kulturerbe anrichtet als die mit Bauvorhaben verbundene (siehe Trow 2010, 21 Tab. 1.1), überhaupt nicht belastet werden (siehe allgemeiner Martin et al. 2014, 4). Geht es darum, die Kosten für die Erhaltung der archäologischen Quellen der kollektiven europäischen Erinnerung wenigstens teilweise jenen aufzubürden, die privaten wirtschaftlichen Nutzen aus diese Quellen in situ gefährdenden Handlungen ziehen – wie durch die Erläuterungen zur Valletta-Konvention (Europarat 1992b, 6) wenigstens impliziert – dann müssen auch tatsächlich alle gleichermaßen belastet werden, deren auf wirtschaftlichen Gewinn ausgerichtete Bodennutzungen diese Quellen – ob allfällig betroffene Denkmale nun im konkreten Einzelfall schon bekannt sind, vermutet werden oder noch gänzlich unbekannt sind – maßgeblich mit Zerstörung oder wenigstens die Aussagekraft dieser Quellen mindernden Veränderungen bedrohen.

Langer Rede kurzer Sinn: von einem durch die Valletta-Konvention zwingend vorgesehenen Verursacherprinzip, das private Verursacher individuell für die Bedeckung der Gesamtkosten der archäologischen Erforschung allfällig von ihren Vorhaben betroffener Denkmale verantwortlich macht, kann jedenfalls keine Rede sein. Wenn überhaupt, empfiehlt die Valletta-Konvention eine angemessene Beteiligung von individuellen Vorhabenträgern in konkreten Einzelfällen erforderlich werdender archäologischer Rettungsmaßnahmen zur Abdeckung der dem Staat durch ihre Handlungen zusätzlich entstehenden archäologischen Erhaltungskosten; lässt aber auch ganz andere Möglichkeiten offen, zusätzlich zu staatlichen auch private Ressourcen zur Bedeckung denkmalpflegerisch notwendig werdender archäologischer Maßnahmen heranzuziehen.

Wozu dient eigentlich das Verursacherprinzip?

Wie bereits eingangs erwähnt ist das Verursacherprinzip in der (archäologischen) Denkmalpflege aus dem Umweltrecht übernommen worden, wo es bereits seit den 1970ern einigermaßen fest etabliert ist. Beim Verursacherprinzip geht es dabei im Gegensatz zum Vorsorgeprinzip nicht grundsätzlich um die Vermeidung von Schäden an einem rechtlichen Schutzgut. Vielmehr geht es um die Zurechnung der Kosten, die entstehen, um durch Handlungen (bzw. Unterlassungen) eines Einzelnen verursachte, vorhersehbare Schäden an rechtlichen Schutzgütern zu vermeiden, vermindern, beseitigen oder auszugleichen. Dabei wiederum geht es in erster Linie um jene Kosten, die nicht einem beliebigen, aber dennoch konkret bestimmten Dritten, sondern einem weiteren, unbestimmten Personenkreis (sozusagen ‚der Allgemeinheit‘) aus den Handlungen eines Einzelnen entstehen (würden, wenn er sie nicht selbst zu tragen hätte).

Das Verursacherprinzip als präventive Schadenersatzleistung

Letztendlich liegt dem Verursacherprinzip aber ein uraltes Rechtsprinzip zugrunde, nämlich das allgemeine Schuldhaftungs- bzw. Verschuldensprinzip, das sich bereits in den frühesten Rechtsquellen findet (siehe z.B. Ebel & Thielmann 1998, 10-1 zu Schadenersatz im sumerischen Recht; Kelly 1988, 142-6 im frühmittelalterlichen irischen Recht). Dieses Prinzip besagt im Grunde genommen: wer durch sein Handeln oder seine Unterlassungen einem Dritten vorsätzlich oder fahrlässig Schaden zufügt, hat dem derart Geschädigten den diesem dadurch entstandenen Schaden bzw. die dadurch verursachten Kosten zu ersetzen.

Schadenersatz kann aber traditionell ausschließlich nur für schuldhaft verursachten Schaden eingefordert werden; und der Geschädigte muss auch nachweisen können, dass sein Schaden wirklich durch eine Handlung oder Unterlassung des Schuldigen verursacht wurde. Das funktioniert sehr gut, wenn ein offensichtlicher, unmittelbarer, kausaler Zusammenhang zwischen schädigender Handlung und entstandenem Schaden besteht. Leite ich bei Produktionsprozessen auf meinem Grundstück entstehende Giftstoffe auf das meines Nachbarn ab und gehen dem daher die dort von ihm angebauten Nutzpflanzen zugrunde, habe offensichtlich ich den ihm dadurch entstehenden Ernteausfall verschuldet und bin daher schadenersatzpflichtig.

Es funktioniert hingegen weit schlechter, wenn die schädigende Wirkung nicht unmittelbar auf ihre Ursache zurückzuführen ist, z.B. weil eine kollektive Ressource, die niemandem (oder allen) gehört, zwischengeschaltet ist: leite ich meine Giftstoffe in einen angrenzenden Fluss ab, aus dem 5 Kilometer flussabwärts die Kühe eines dort ansässigen Bauern trinken und – weil ich ja das Wasser vergiftet habe – daran sterben, ist der kausale Zusammenhang zwischen dem entstandenen Schaden und meiner Handlung schon weit schwieriger herzustellen. Schließlich leiten vielleicht auch noch viele andere Grundeigentümer irgendetwas in den Fluss. Es ist daher für den Geschädigten schon weit schwieriger, wenn nicht sogar überhaupt nicht mehr nachweisbar, dass seine Kühe an von mir und nicht von einem beliebigen anderen Anrainer in den Fluss geleiteten Giftstoffen umgekommen sind. Die Allgemeinheit hingegen, der der Fluss vielleicht kollektiv gehört, hat selbst keinen Schaden dadurch, dass ich den Fluss vergiftet habe, und kann daher von mir keinen Schadenersatz verlangen; bzw. gehört der Fluss überhaupt niemandem, dann gibt es auch niemanden, der sich an mir für die Vergiftung des Flusses schadlos halten könnte.

Um das daraus entstehende Problem zu lösen, dass die Handlungen Einzelner kollektive Schutzgüter – wie eben das Wasser, die Luft, etc. – in einer Weise schädigen können, dass dadurch einem zwar unbestimmten, aber dennoch konkreten, Personenkreis mittelbar Schaden entsteht, hat sich angeboten, die dem Verschuldensprinzip zugrundeliegende Idee der Verantwortlichkeit des Einzelnen für die vorhersehbaren, unmittelbaren und mittelbaren Folgen seiner Handlungen auch auf alle jene davon auszudehnen, durch die ein kollektives Schutzgut betroffen ist. Wer eine solche, vorhersehbare Gefährdung bzw. Belastung eines kollektiven Schutzgutes verschuldet, hat sozusagen Schadenersatz an die Allgemeinheit zu zahlen, indem er die Kosten übernimmt, die dafür anfallen, die von seinen Handlungen verursachten Schäden entweder von vornherein zu verhindern oder wenigstens soweit als möglich zu vermindern; allfällig dennoch entstehende (z.B. unvermeidliche Rest-) Schäden zu beseitigen bzw. beheben; oder, wenn auch das nicht geht, in irgendeiner geeigneten Weise auszugleichen, z.B. indem er einen Ersatz für die beschädigten Güter bereitstellt. Damit ist man beim Verursacherprinzip angekommen.

Das Verursacherprinzip als Mittel zum Interessensausgleich

Besonders wichtig ist beim Verursacherprinzip auch, dass es dabei eben eigentlich nicht um die Vermeidung oder Verminderung vorhersehbaren Schadens geht: wieviel Schaden der Verursacher durch seine Handlungen anrichtet bzw. anrichten würde, ist – wenigstens vorerst einmal – vollkommen gleichgültig. Wichtig ist nur, ob bzw. dass er die Kosten vollständig übernimmt, die anderen und insbesondere ‚der Allgemeinheit‘ aus dem durch seine Handlungen angerichteten Schaden bzw. der Behebung dieses Schadens erwachsen; er also für den von ihm angerichteten Schaden bzw. die Vermeidung weiteren Schadens bezahlt. Aus dieser Tatsache ergibt sich zwingend, dass der Zweck des Verursacherprinzips ist, die Lösung von Konflikten zwischen einander entgegengesetzten bzw. nicht miteinander zu vereinbarenden, aber wenigstens grundsätzlich jeweils berechtigten Interessen zu ermöglichen.

Grundsätzlich ist der ungeteilte Eigentümer einer beliebigen, bestimmten Sache dazu berechtigt, mit der in seinem Eigentum stehenden Sache im Rahmen der Gesetze willkürlich zu verfahren. Das österreichische ABGB definiert zum Beispiel das subjektive Eigentumsrecht in seinem § 354 als die „Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Andern davon auszuschließen“; und spezifiziert es in § 362 genauer als das Recht, „seine Sache nach Willkühr benützen oder unbenützt [zu] lassen“, sie zu „vertilgen, ganz oder zum Theile auf Andere [zu] übertragen, oder unbedingt sich derselben [zu] begeben, das ist, sie [zu] verlassen“. Zwar ist dieses Recht durch § 364 Abs. 1 dahingehend beschränkt, „als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden“, aber ansonsten darf der Eigentümer mit seiner Sache tun oder auch lassen, was er will. Ist also die in seinem ungeteilten Eigentum stehende Sache ein Stück Land, ist dessen Eigentümer z.B. dazu berechtigt, auf diesem jederzeit – und sei es auch nur, weil er gerade dazu Lust hat – ein Loch zu graben, wo und wie es ihm gefällt, solange das nicht durch irgendein Gesetz verboten ist und er dadurch auch nicht in irgendwelche Rechte eines Dritten eingreift.

Trotzdem er dazu berechtigt ist, kann es aber dennoch dazu kommen, dass die Handlung, die er im Rahmen seines berechtigten Interesses, mit seinem Eigentum zu verfahren, wie es ihm gerade gefällt, ausführt, in Konflikt mit einem genau dieser Verwirklichung seines berechtigten Interesses entgegenstehenden, aber ebenso berechtigten Interesse eines Dritten oder öffentlichen Interessen gerät. Es können sich zum Beispiel auf seinem Grundstück archäologische Hinterlassenschaften befinden, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht. Ist dies der Fall, könnte er dadurch, dass er, wie es ihm gerade gefällt, das Loch gräbt, diese archäologischen Hinterlassenschaften zerstören und damit das öffentliche Interesse schädigen. Darf er dieses öffentliche Interesse aber nicht schädigen, kann er nicht das Loch graben, das er gerade graben möchte und daher sein eigenes, vollständig berechtigtes Interesse mit seinem Eigentum so zu verfahren, wie es ihm gerade gefällt, nicht verwirklichen. Die beiden Interessen schließen einander eben gegenseitig aus, einen Mittelweg gibt es nicht.

Kommt es zu einem solchen Interessenskonflikt, muss gewöhnlich die öffentliche Verwaltung bzw. die Gerichtsbarkeit zwischen den beiden einander entgegenstehenden Interessen abwägen und entscheiden, welches davon nun im konkreten Einzelfall verwirklicht werden darf und welches aufgegeben werden muss. In unserem hypothetischen Beispielsfall bedeutet das entweder, dass dem Eigentümer des Grundstücks verboten wird, dass er das Loch gräbt, womit er in seinem Eigentumsrecht zugunsten des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der dort befindlichen archäologischen Hinterlassenschaften geschädigt wird; oder dass er das Loch graben darf und damit das öffentliche Interesse an der Erhaltung der sich dort befindlichen Hinterlassenschaften zugunsten seines Interesses an der willkürlichen Nutzung seines Eigentums geschädigt wird.[3] Wie auch immer aber die öffentliche Verwaltung bzw. Gerichtsbarkeit in diesem Fall auch entscheidet: das eine Interesse muss sozusagen dem anderen geopfert werden; was für den, dessen Interesse geopfert wird, jedenfalls äußerst unbefriedigend ist.

Glücklicherweise ist es in der Realität oft so, dass zwar die jeweils relevanten Interessen einander wirklich entgegenstehen, aber es dennoch Möglichkeiten gibt, eine Konfliktlösung zu finden, bei der nicht eine Seite ihre Interessen gänzlich zugunsten der anderen aufgeben muss, sondern beide Seiten gleichzeitig ihre jeweiligen Interessen wenigstens teilweise, wenn nicht sogar nahezu vollständig verwirklichen können. So kann in unserem hypothetischen Beispielfall z.B. der Grundeigentümer vollständig damit zufrieden sein, irgendwo auf seinem Grundstück das Loch graben zu können, das er graben will, und es glücklicherweise Teile seines Grundstückes geben, auf denen sich gar keine archäologischen Hinterlassenschaften befinden. In diesem Fall können, wenn er sein Loch einfach an einer der zuletzt genannten Stellen seines Grundstückes gräbt, die Interessen beider Seiten vollständig verwirklicht werden: der Grundeigentümer bekommt sein Loch, die archäologischen Hinterlassenschaften hingegen bleiben trotzdem in situ erhalten.

Umgekehrt kann es in unserem hypothetischen Fall aber auch so sein, dass zwar die unveränderte Belassung der archäologischen Hinterlassenschaften in situ die bevorzugte Form der Verwirklichung des öffentlichen Interesses an ihrer Erhaltung wäre, aber es aus denkmalfachlicher Sicht zur (und sei es nur teilweisen) Verwirklichung dieses Interesses auch ausreichen würde, wenn die Stelle, an der der Grundeigentümer sein Loch graben möchte, sachgerecht archäologisch untersucht wird, ehe er dort gräbt. Schließlich kann man nach der dort erfolgten Ausgrabung einfach die Bodenoberfläche wiederherstellen und der Grundeigentümer dann genau dort das Loch graben, das er will.

Es ist an genau diesem Punkt, an der Interessensausgleichsinstrumente greifen: der Grundeigentümer will – aus welchen Gründen auch immer – auf seinem Grund und Boden irgendwelche Erdarbeiten durchführen (lassen), durch die dort vorkommende archäologische Überreste zerstört werden würden. Es wäre daher für ihn eher ungünstig, wenn er sein Interesse zugunsten des öffentlichen Erhaltungsinteresses aufgeben müsste, wenn letzteres überwiegt. Gleichzeitig mag es aber zur ausreichenden Verwirklichung des öffentlichen Erhaltungsinteresses durchaus genügen, wenn die archäologischen Funde und Befunde auf seinem Grundstück sachgerecht ausgegraben und dokumentiert werden. In diesem Fall braucht weder der Grundeigentümer zu riskieren, dass er sein Erdarbeitsinteresse gänzlich aufgeben muss, noch muss das öffentliche Erhaltungsinteresse gänzlich aufgegeben werden. Vielmehr können beide ausreichend verwirklicht werden, wenn vor den geplanten Erdarbeiten die zur Verwirklichung des öffentlichen Interesses genügenden archäologischen Untersuchungen durchgeführt werden.

Nun kosten archäologische Untersuchungen aber Geld, das irgendwo herkommen muss, das aber eventuell der Staat, der das öffentliche Erhaltungsinteresse vertritt, nicht zur Verfügung hat. Dahingegen hat der Grundeigentümer eventuell mehr als genug Geld, um die notwendigen Grabungen bezahlen zu können; und kann nun auch – nachdem sein Wunsch, seine Interessen vollständig zu verwirklichen, mit dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der archäologischen Überreste in geeigneter Form kollidiert – als ‚Verursacher‘ der erforderlich werdenden Grabungen zu deren Bezahlung herangezogen werden. Damit erleiden beide beteiligten Seiten den geringstmöglichen Schaden an ihren jeweiligen Interessen und können diese jeweils ausreichend verwirklichen. Natürlich: dem Grundeigentümer wäre es sicher lieber, wenn er nicht für die Kosten der Ausgrabung aufkommen und seine Erdarbeiten einfach so, wie es ihm gefällt, durchführen hätte können; und die Allgemeinheit würde wahrscheinlich bevorzugen, die auf seinem Grundstück vorkommenden archäologischen Denkmale wären dort verblieben, wo sie sich bis zu ihrer Ausgrabung befanden. Dennoch können beide Seiten mit der gefundenen Lösung im Prinzip zufrieden sein, denn beide haben letztendlich wenigstens grundsätzlich das bekommen, was sie wollten.

Das Verursacherprinzip, auch das denkmalpflegerische, dient also dem Zweck bzw. ist ein Mittel eines gesamtgesellschaftlichen Interessenausgleichs: geraten die unterschiedlichen Interessen eines Einzelnen mit denen eines Anderen oder der Allgemeinheit in Konflikt, erlaubt es dem, der eine Handlung setzen möchte, die Schaden an den Interessen des Anderen oder der Allgemeinheit erzeugt (oder wenigstens erzeugen könnte), diese Handlung dennoch tatsächlich zu setzen. Dafür muss er aber dann auch den Schaden, welcher der anderen Seite dadurch entsteht, wenigstens so gering als möglich halten und / oder ihr diesen soweit als möglich ersetzen.

Das Verursacherprinzip und die archäologische Denkmalpflege

Insbesondere die zuletzt dargestellte Interessensgebundenheit ist wichtig, wenn wir nun zur Betrachtung des Verursacherprinzips in der archäologischen Denkmalpflege und vor allem den Grenzen seiner Anwendbarkeit kommen. Denn das Verursacherprinzip ist auch in der archäologischen Denkmalpflege nicht etwa ein Rechtsinstrument, um die für die archäologische Feldforschung verfügbaren staatlichen Mittel durch einen Robin-Hood-artigen, beliebigen und willkürlichen Rückgriff auf die privaten Ressourcen jener, die es sich leisten können, für archäologische Dienstleistungen zu bezahlen, zu ergänzen und die damit insgesamt dafür verfügbaren Finanzmittel zu vergrößern; wie das viele ArchäologInnen fälschlich zu glauben scheinen. Vielmehr ist es, auch in der archäologischen Denkmalpflege, ein Mittel zum Interessensausgleich zwischen den berechtigten, privaten Interessen des Einzelnen an der (wirtschaftlich oder anderweitig vorteilhaften) Nutzung seines Eigentums und dem öffentlichen Interesse – d.h. dem Interesse der Allgemeinheit – an der Erhaltung der archäologischen Denkmale. Jedwede Kostentragungspflicht des privaten ‚Verursachers‘[4] endet somit notwendigerweise auch dort, wo die Verwirklichung seines Interesses dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Denkmale nicht mehr entgegensteht. Es ist an dieser Stelle daher essentiell, die jeweiligen Interessen des (privaten oder öffentlichen) ‚Vorhabenträgers‘ und der Allgemeinheit an der Erhaltung der archäologischen Denkmale etwas genauer zu betrachten.

Die Interessen des Vorhabenträgers

Das berechtigte Interesse des einzelnen Vorhabenträgers, das mit denkmalpflegerischen Interessen der Allgemeinheit in Konflikt geraten kann bzw. gerät, ist sein Interesse an der mit Erdarbeiten verbundenen, wirtschaftlich oder anderweitig vorteilhaften, Nutzung (bzw. Umnutzung)[5] einer bestimmten Bodenfläche, auf der zufällig archäologische Hinterlassenschaften vorkommen; und zwar unabhängig davon, ob dieser Vorhabenträger eine natürliche oder eine juristische Person des privaten oder des öffentlichen Rechts ist. Als für die von ihm geplante Handlung bezüglich des betroffenen Grundstücks Verfügungsberechtigter handelt er im Prinzip – ob er nun tatsächlich selbst dessen Eigentümer oder nur ein mit des Eigentümers Einwilligung tätig werdender Dritter ist – im Rahmen der rechtlichen Verfügungsgewalt des Eigentümers; möchte also das berechtigte Interesse des Eigentümers verwirklichen, mit dessen Eigentum willkürlich so verfahren zu dürfen, wie es diesem gefällt. Dieses Interesse darf er uneingeschränkt verwirklichen, sofern er durch seine Handlungen weder die Rechte Dritter einschränkt noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertritt.

Dabei sind die Voraussetzungen, die bestehen oder hergestellt werden müssen, damit er dieses Interesse unbeschränkt durch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Förderung des Allgemeinwohlgutes der archäologischen Denkmale (d.h. den Denkmalschutzgesetzen) vorgeschriebenen Einschränkungen verwirklichen darf, exakt bekannt. Denn diese Voraussetzungen liegen bereits ganz automatisch bei allen jenen Grundstücken vor, auf denen sich keine archäologischen Denkmale befinden, durch deren Vorkommen die Verwirklichung der Interessen des Vorhabenträgers zugunsten der Belange der archäologischen Denkmalpflege überhaupt erst beschränkt werden würde. Daraus folgt, dass – sofern auf dem Grundstück, auf dem der Vorhabenträger sein Interesse verwirklichen will, archäologische Denkmale vorkommen – es also dafür, dass er dieses Interesse uneingeschränkt durch die Belange der archäologischen Denkmalpflege verwirklichen kann, erforderlich ist, dass die darauf vorkommenden archäologischen Denkmale von diesem Grundstück entfernt werden.

Aus dem Blickwinkel des Vorhabenträgers sind allfällig auf dem betroffenen Grundstück vorkommende archäologische Denkmale also im Prinzip eine Altlast, die sich, wenigstens vorerst, von beliebigen anderen ‚Verseuchungen‘ des Grundstückes nicht unterscheidet. Nachdem davon ausgegangen werden kann und muss, dass der Vorhabenträger – wie jede andere gesetzestreue Person auch – das betroffene Grundstück nicht nur privat-, sondern auch gemeinwohlförderlich nutzen möchte, ist daher auch davon auszugehen, dass er die das Grundstück belastenden archäologischen Denkmale sachgerecht entsorgen möchte; nicht anders als er z.B. irgendwelche gesundheitsgefährdenden Giftstoffe sachgerecht entsorgen oder entsorgen lassen würde, um weder sich selbst noch andere durch diese zu gefährden.

In Summe bedeutet das, dass der Vorhabenträger ein berechtigtes Interesse an der sachgerechten Entsorgung der das betroffene Grundstück belastenden archäologischen Denkmale hat, um sein Interesse an der durch archäologisch-denkmalpflegerische Belange uneingeschränkten, willkürlichen Nutzung dieses Grundstückes verwirklichen zu können.

Das Interesse der Allgemeinheit

Das vom Staat zu vertretende und zu fördernde Interesse der Allgemeinheit, das mit dem privaten Interesse des Vorhabenträgers an der uneingeschränkt willkürlichen Nutzung des betroffenen Grundstückes in Konflikt geraten kann bzw. gerät, ist dessen Interesse an der Erhaltung der auf diesem vorkommenden archäologischen Denkmale als – im Sinne des Art. 1 Abs. 1 der Valletta-Konvention – „Quelle gemeinsamer europäischer Erinnerung und als Instrument für historische und wissenschaftliche Studien“ (Europarat 1992a). Die Denkmalschutzgesetze gehen dabei – wenigstens vorzugsweise (siehe auch Art. 4 Abs. 2 und 5 Abs. 4 der Valletta-Konvention) – davon aus, dass diese Erhaltung möglichst unverändert in Substanz, Erscheinung und Wirkung in situ verwirklicht werden sollte. Wenigstens die Valletta-Konvention (Art. 5 Abs. 2-4 und Art. 6)[6] akzeptiert als alternative, wenn auch weniger wünschenswerte, Erhaltungsmaßnahme für archäologische Denkmale allerdings auch die sogenannte ‚Erhaltung durch wissenschaftliche Dokumentation‘ in Fällen, in denen eine Erhaltung der auf einer Bodenfläche vorkommenden archäologischen Überreste in situ nicht möglich ist.

Die Voraussetzungen, die bestehen oder hergestellt werden müssen, damit der Staat dieses Interesse vollständig verwirklichen kann, sind ebenfalls exakt bekannt. Diese Voraussetzungen liegen nämlich immer dann vor, wenn entweder der Eigentümer eines Grundstücks im Rahmen seiner Eigentümerwillkür keine Handlungen setzt, welche die Erhaltung der sich dort befindlichen archäologischen Denkmale gefährden könnten, oder aber die archäologischen Denkmale bereits vollständig sachgerecht ausgegraben und archiviert sind und daher bereits im Wege ihrer wissenschaftlichen Dokumentation erhalten werden. Daraus folgt, dass – sofern auf diesem vorkommende archäologische Denkmale aufgrund eines vorrangigen Nutzungsinteresses des Eigentümers eines bestimmten Grundstückes dort nicht in situ erhalten werden können – es also dafür, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung der betroffenen archäologischen Denkmale (wenigstens ausreichend) verwirklicht werden kann, erforderlich ist, dass die auf diesem Grundstück vorkommenden archäologischen Denkmale sachgerecht ausgegraben, somit von diesem entfernt und andernorts in geeigneter Weise archiviert werden.

Das berechtigte Interesse der Allgemeinheit an den archäologischen Denkmalen beschränkt sich aber keineswegs nur auf deren Erhaltung, sondern geht deutlich darüber hinaus. Wie sowohl die Lausanne-Charter (ICOMOS 1990), die Valletta-Konvention (Europarat 1992a) als auch das österreichische und alle deutschen Denkmalschutzgesetze deutlich machen, dient die Erhaltung der archäologischen Denkmale dem Schutz der Quellen der – und damit dem Zweck die Möglichkeit der (mit archäologischen Methoden erfolgenden) wissenschaftlichen Erforschung der – Vergangenheit jetzt und in der Zukunft zu gewährleisten. Die archäologischen Denkmale fungieren dadurch als Informationsspeicher für das bzw. als Quelle des generationsübergreifenden, kollektiven Gedächtnisses der Gesellschaft oder sogar der Menschheit in ihrer Gesamtheit, das durch die wissenschaftliche Erforschung und Interpretation der archäologischen Denkmale ‚abgerufen‘, dadurch für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden kann und somit für sie nützlich ist. Die Erhaltung der archäologischen Denkmale – ob nun in situ oder durch ihre wissenschaftliche Dokumentation – ist also für die Allgemeinheit eigentlich nur Mittel zum Zweck, nämlich dem Zweck, ihrerseits einen für sie bedeutenden Vorteil aus der Erforschung und Verbreitung des aus den Denkmalen gewinnbaren Wissens zu ziehen.

In Summe bedeutet das, dass die durch den Staat vertretene Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse an der Erhaltung und sachgerechten wissenschaftlichen Erforschung der archäologischen Denkmale hat, um ihr Interesse an der für sie vorteilhaften ideellen Nutzung der Denkmale verwirklichen zu können.

Überschneidungs- und Konfliktbereich zwischen diesen Interessen

Damit lässt sich nun genauer der Bereich identifizieren, in dem sich diese einander wenigstens teilweise entgegengesetzten, jeweils für sich berechtigten, Interessen miteinander überschneiden und in dem sie daher auch in Konflikt geraten können. Dieser Bereich ist selbstverständlich der, in dem der einzelne Vorhabenträger sein Interesse an der uneingeschränkten, willkürlichen Nutzung seines Grundstückes verwirklichen möchte, auf dem aber archäologische Denkmale vorkommen, an deren ideeller Nutzung und damit deren Erhaltung und Erforschung die Allgemeinheit ein ebenso berechtigtes Interesse hat.

Überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der Denkmalerhaltung das des Einzelnen, wäre letzterer dazu gezwungen, sein Interesse an der von ihm gewollten (Um-)Nutzung seines Eigentums gänzlich aufzugeben. Das würde jedoch sein Eigentumsrecht massiv beschränken; insbesondere dann, wenn eine andere, hinreichend vorteilhafte Nutzung seines betroffenen Grundstückes nicht verfüg- bzw. ihm nicht zumutbar ist.[7] Überwiegt hingegen das Interesse des Einzelnen das der Allgemeinheit, muss die Allgemeinheit ihr Interesse keineswegs gänzlich aufgeben. Vielmehr kann ihr eigentliches Interesse an der Erforschung und Nutzbarmachung der Denkmale immer noch vollständig verwirklicht werden. Verzichten muss die Allgemeinheit nur darauf, diese Erforschung und Nutzbarmachung in eine ebenso unbestimmte wie unbekannte Zukunft verschieben zu können. Das Recht der Allgemeinheit an der Denkmalnutzung wird also durch die Verwirklichung des Interesses des dem Einzelnen nur dann beschränkt, wenn die Dokumentation der Denkmale nicht durchgeführt werden kann, weil die dafür erforderlichen, insbesondere finanziellen, Mittel nicht verfügbar sind.

Wird also ein Interessensausgleich angestrebt, wird normalerweise[8] dem Einzelnen die Verwirklichung seines Interesses zu gestatten sein, solange sichergestellt ist, dass die betroffenen Denkmale sachgerecht dokumentiert werden. Der Einzelne, der die Entsorgung der archäologischen Denkmale von seinem Grundstück veranlasst, wird somit zum Verursacher; allerdings nicht der erforderlichen archäologischen Maßnahmen, sondern nur des Zeitpunkts, an dem die Allgemeinheit ihr Interesse verwirklichen muss. Die Notwendigkeit, die archäologischen Denkmale zu untersuchen und durch Dokumentation zu erhalten wird hingegen keineswegs durch die Interessen des Einzelnen verursacht, sondern ausschließlich durch das Interesse der Allgemeinheit an ihrer Nutzung. Damit ist aber die Allgemeinheit der Verursacher der notwendig werdenden archäologischen Maßnahmen; während der Einzelne nur der Verursacher der Notwendigkeit ist, diese Maßnahmen jetzt zu be- und die betroffenen Denkmale damit von seinem Grundstück zu entsorgen.

Grundsätzliches zur Kostentragung durch den Verursacher

Der letzte Punkt ist im Zusammenhang mit der hier diskutierten Fragestellung der Kostentragungspflicht des Verursachers besonders wichtig: wie bereits weiter oben erläutert können dem Vorhabenträger – wenn das überhaupt gewollt ist – nur jene Kosten aufgebürdet werden, die die Allgemeinheit nicht ohnehin treffen würden, wenn diese ihr eigenes Interesse an der Nutzung der archäologischen Denkmale verwirklicht. Will aber die Allgemeinheit dieses Interesse tatsächlich verwirklichen, entstehen ihr für die dafür erforderlichen archäologischen Arbeiten wenigstens genau dieselben Kosten wie bei ihrer – für die Verwirklichung der Pläne des ‚privaten‘ Vorhabenträgers erforderlichen – ‚Erhaltung durch wissenschaftliche Dokumentation‘. Der Vorhabenträger verursacht daher der Allgemeinheit gar keine Kosten, die dieser nicht ohnehin für die Verwirklichung ihres eigenen Interesses an den Denkmalen entstehen würden. Er verursacht daher der Allgemeinheit durch die Verfolgung seiner privaten Interessen, wenn überhaupt, eine Änderung ihres Zeitplans, aber keinen Schaden, zu dessen Kompensation er überhaupt verpflichtet werden könnte.

Damit stehen wir vor einem ganz fundamentalen Problem.

Zum Unterschied zwischen umweltrechtlicher und denkmalpflegerischer Verursachung

Ursache dieses Problems ist in erster Linie, dass sich die archäologische Denkmalpflege vom Umweltschutz in einem ganz essentiellen Punkt maßgeblich unterscheidet, gerade in Hinblick auf die Anwendbarkeit des Verursacherprinzips in diesen beiden Bereichen.

Im Bereich des Umweltschutzes findet das Verursacherprinzip (auf Englisch: ‚the polluter pays-principle‘) in jenen Fällen Anwendung, in denen durch für diesen selbst vorteilhafte Handlungen des Einzelnen Schaden an kollektiven Ressourcen (bzw. Interessen) der Allgemeinheit angerichtet wird (oder wenigstens werden könnte). Dadurch entstehen der Allgemeinheit Kosten für die Behebung dieses Schadens, die ihr ohne das Zutun des Einzelnen überhaupt nicht entstehen würden.[9]

In der archäologischen Denkmalpflege soll es hingegen angeblich genau umgekehrt anwendbar sein, nämlich gerade in jenen Fällen, in denen die Allgemeinheit eine für sie selbst vorteilhafte Handlung bezüglich einer kollektiven Ressource – bestimmter archäologischer Denkmale – unterlassen hat, wodurch dann eigentlich dem Einzelnen Schaden an seinen berechtigten Interessen entsteht. Denn der Einzelne kann durch die Verwirklichung seines Interesses an der uneingeschränkten Nutzung seines Eigentums nur dadurch und nur deshalb das Interesse der Allgemeinheit an den archäologischen Denkmalen schädigen, weil sie es unterlassen hat (und sich auch weiterhin standhaft weigert), ihr Interesse an ihrer Nutzung tatsächlich zu verwirklichen.[10] Die Allgemeinheit könnte nämlich jederzeit einfach dadurch jedweden Schaden abwenden, indem sie die betroffenen Denkmale einfach auf ihre eigenen Kosten untersucht, dokumentiert und damit zu ihrem eigenen Vorteil nutzt bzw. – in den Ausnahmefällen, in denen sie die (erforschten) Denkmale trotz allem an Ort und Stelle belassen möchte – dem Eigentümer das Grundstück abkauft bzw. ablöst.

Beim denkmalpflegerischen scheint es also im Gegensatz zum umweltrechtlichen Verursacherprinzip nicht darum zu gehen, die Allgemeinheit vor Schaden zu bewahren, der ihr nur deshalb entsteht, weil ein Einzelner sein zwar berechtigtes, aber dennoch eigennütziges, ‚privates‘ Interesse verwirklichen kann bzw. will. Vielmehr scheint es darum zu gehen, dass die Allgemeinheit Kosten, die ihr aus der Verwirklichung ihres eigenen Interesses an der Erhaltung und Erforschung der archäologischen Denkmale entstehen würden, auf Einzelne abzuwälzen kann, wenn diese Einzelnen deren ‚private‘ Interessen verwirklichen wollen, bevor die Allgemeinheit ihr eigenes Interesse an der Erforschung und Nutzbarmachung der archäologischen Denkmale verwirklichen will.

In situ oder durch Dokumentation?

Man kann das hier attestierte, fundamentale Problem, dass es beim denkmalpflegerischen Verursacherprinzip nicht um die Abwehr von (finanziellem) Schaden am öffentlichen Interesse an der Erhaltung, Erforschung und öffentlichen Nutzung der archäologischen Denkmale zu gehen scheint, der ohne das Zutun des Vorhabenträgers gar nicht anfallen würde, aber wenigstens auf zwei Arten einigermaßen zu umgehen versuchen.

Der erste dieser Wege, wie man dem Vorhabenträger doch irgendwie den Mantel des ‚Verursachers‘ umzuhängen versuchen kann, ist der, sich auf die beliebte archäologische Position zurückzuziehen, dass das öffentliche Interesse eigentlich ja primär an der in Substanz, Erscheinung und Wirkung unveränderten Erhaltung der archäologischen Denkmale in situ besteht. Ist ihre nötigenfalls ersatzweise Erhaltung durch wissenschaftliche Dokumentation im Vergleich zur präferierten in situ-Erhaltung inferior, lässt sich auch das Argument aufrechterhalten, dass durch die Verwirklichung der eigennützigen, ‚privaten‘ Interessen des Vorhabenträgers eben doch Schaden am öffentlichen Erhaltungsinteresse entsteht. Der Vorhabenträger würde also dadurch, dass er die Kosten der inferioren Erhaltung der betroffenen Denkmale durch wissenschaftliche Dokumentation als deren ‚Verursacher‘ trägt, den Schaden finanziell kompensieren, welcher der Allgemeinheit dadurch erwächst, dass die optimale, d.h. in situ erfolgende, Erhaltung der Denkmale nicht möglich ist.

Dieses Argument ist aber gleich in zweierlei Hinsicht hochgradig problematisch. Denn zum einen setzt es fälschlicherweise voraus, dass die betroffenen Denkmale tatsächlich unverändert erhalten bleiben würden, wenn man sie nur in situ belassen würde. Das ist jedoch, wie ich schon in ‚Against retention in situ‘ gezeigt habe, außer vielleicht in extrem seltenen Ausnahmefällen, sicherlich nicht der Fall: auch an Ort und Stelle belassene Denkmale erodieren oder degradieren und gehen damit letztendlich früher oder später irgendwann einmal wenigstens soweit verloren, dass ihr wissenschaftliches Erkenntnispotential und damit auch ihre allgemeinwohlförderliche Nützlichkeit auf Null sinkt. Nur wenn tatsächlich die Erhaltungsbedingungen für die ebenso wie der tatsächliche Erhaltungszustand der betroffenen Denkmale im Boden aktiv kontrolliert und auf allfällige Veränderungen entsprechend reagiert wird, also die im Boden befindlichen Denkmale aktiv konserviert werden, kann man auch nur darauf hoffen, geschweige denn davon ausgehen, dass sie nicht bloß unbeobachtet und undokumentiert in situ natürlich verfallen oder durch Einwirkungen von außen zerstört werden.

Die Kosten für solche aktiven Erhaltungsmaßnahmen können aber dem Grundeigentümer nicht aufgebürdet werden, schon allein deshalb, weil sie in der Regel exorbitante Kosten verursachen würden, die durch eine denkmalschonende Nutzung des Bodens über den Denkmalen[11] gar nicht hereingebracht werden könnten. Damit müsste aber die Allgemeinheit, in deren Interesse diese Denkmale ja eigentlich erhalten werden, entweder diese aktiven Erhaltungskosten tragen, die kumulativ über eine unbefristete Zeitspanne hinweg in Summe sicher mehr ausmachen als die unmittelbare Erforschung und Nutzbarmachung der betroffenen Denkmale, oder aber – um diesem vorhersehbaren, nicht durch den Vorhabenträger verursachten Schaden vorzubeugen – sie erst recht auf ihre eigenen Kosten zeitnah erforschen und öffentlich nutzbar machen. Damit ist man wieder an dem Punkt zurück, dass die Verwirklichung seiner eigennützigen Interessen der Allgemeinheit gar keinen wirtschaftlichen Schaden verursacht, den man kompensatorisch auf den Vorhabenträger abwälzen könnte.

Zum anderen setzt dieses Argument ebenfalls fälschlicherweise voraus, dass die betroffenen Denkmale niemals mit invasiven, d.h. die betroffenen Denkmale in Substanz und Erscheinung verändernden bzw. zerstörenden, sondern – wenn überhaupt – in der Zukunft nur mit gänzlich zerstörungsfreien Methoden untersucht werden würden, um die in ihnen gespeicherte historische Information durch wissenschaftliche Dokumentation gewinnen und somit die Denkmale überhaupt nutzbar machen zu können. Denn wird das nicht vorausgesetzt, dann muss davon ausgegangen werden, dass eine allfällig irgendwann – wie auch immer weit in einer unbestimmten Zukunft – erforderliche Untersuchung dieser Denkmale ebenfalls mit invasiven Methoden durchgeführt werden und damit nur ihre im Vergleich zu der in situ inferiore Erhaltung durch wissenschaftliche Dokumentation erreicht werden würde; d.h. der Schaden, der jetzt durch die Verwirklichung der Interessen des Vorhabenträgers angerichtet wird, jedenfalls auch bei bloßer Verwirklichung des Interesses der Allgemeinheit an der Nutzbarmachung dieser Denkmale entstehen würde.

Nun ist es aber wenigstens bisher noch keineswegs absehbar, dass die Untersuchung archäologischer Denkmale durch rein zerstörungsfreie Methoden jemals hinreichend sein kann, um invasiver Methoden überhaupt nicht mehr zu bedürfen. Bewegliche Kleinfunde, menschliche, tierische und pflanzliche Überreste etc. werden z.B. aller Voraussicht nach weiterhin aus dem Boden geborgen werden müssen, um sie mit den diversen naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden genauer untersuchen zu können, die schon heute zum Standardrepertoire der archäologischen Forschung gehören und aus denen bedeutende wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden können. Dass man z.B. jemals ein in 2 Meter Tiefe in einem ungestörten Befund liegendes, weniger als einen Kubikzentimeter Volumen habendes Stückchen Holzkohle zerstörungsfrei in situ C14-datieren wird können, scheint beim heutigen Kenntnisstand vollkommen ausgeschlossen.

Dieser Weg, dem Vorhabenträger das Mäntelchen des ‚Verursachers‘ umhängen zu wollen, ist also, weil sachlich nicht rechtfertigbar, rechtlich höchstgradig unsauber.

Dokumentation jetzt oder später?

Der zweite Weg ist der zu argumentieren, dass der Vorhabenträger durch den Versuch der Verwirklichung seiner eigennützigen Interessen zwar nicht die Notwendigkeit der im Interesse der Allgemeinheit durchzuführenden archäologischen Arbeiten, aber doch wenigstens den Zeitpunkt, an dem diese akut wird, verursacht. Damit kommt man tatsächlich wenigstens etwas weiter: zwar verursacht der Einzelne der Allgemeinheit damit eigentlich keinen (finanziellen) Schaden, aber er belastet sie doch – wenigstens bei synchroner Betrachtung – mit Kosten, die ihr ohne sein Zutun nur irgendwann einmal, aber nicht gerade jetzt entstehen würden. Will oder kann der Vorhabenträger also nicht warten, muss er eben im Sinn des durch das Verursacherprinzip bezweckten Interessensausgleichs in Kauf nehmen, dass er selbst die Kosten für die aufgrund seines Zeitplans jetzt erforderlich werdenden Arbeiten übernehmen muss.

Das ist wenigstens solange sachlich, als man davon ausgeht, dass die dem Staat von der Allgemeinheit für die Vertretung ihrer denkmalbezogenen Interessen (im Wege der allgemeinen Steuerleistungen) zur Verfügung gestellten Mittel tatsächlich nicht dafür ausreichen, um alle gegenwärtig durch das eigennützige Handeln Einzelner zum Schutz dieser Interessen erforderlich werdenden wissenschaftlichen Dokumentationsarbeiten zu finanzieren. Ob das wirklich der Fall ist, lässt sich zwar stark diskutieren – die Summen, die dafür notwendig wären, sind so gering, dass sie nur einen sehr kleinen Anteil des Staatshaushaltes ausmachen würden –; ebenso wie sich stark diskutieren lässt, ob die erforderlichen Beträge nicht durch eine für den Einzelnen praktisch unmerkliche Steuererhöhung bereitgestellt werden könnten;[12] aber wie der Staat die Höhe der allgemeinen Steuerleistung bestimmt und die dadurch eingenommenen finanziellen Mittel dann auf verschiedene seiner Aufgabenbereiche verteilt, ist wenigstens bis zu einem gewissen Grad seine Sache. Es lässt sich also wenigstens einigermaßen argumentieren, dass für die sofortige Durchführung akut notwendig werdender archäologisch-denkmalpflegerischer Feldforschungsmaßnahmen einfach nicht genug öffentliche Mittel zur Verfügung stehen und der Einzelne daher also entweder mit der Verwirklichung seiner Pläne darauf warten muss, bis sie das doch tun, oder eben selber dafür zahlen muss, dass diese Arbeiten jetzt gleich erledigt werden.

Tatsächlich ist aber auch das ein Problem, denn diese Argumentation macht aus dem Verursacher-  eigentlich ein Veranlasserprinzip (wie es ja auch tatsächlich z.B. im Kommentar zu § 29 DSchG-NRW bezeichnet wird; Davydov et al. 2016, 350-5). Wie schon oben ausgeführt ist ja der Verursacher im umweltrechtlichen Sinn jener, dessen zu seinem eigenen Vorteil gesetztes Handeln (bzw. Unterlassen von Handlungen) Schäden an den berechtigten Interessen Dritter, insbesondere der Allgemeinheit, anrichtet und der daher auch im Sinne einer Schadenersatzpflicht für die durch diese Schäden verursachten Kosten verantwortlich ist. Der Veranlasser wäre hingegen jener, dessen zu seinem eigenen Vorteil gesetztes Handeln es für die Allgemeinheit erforderlich macht, Handlungen zu setzen, die dafür geeignet sind, Schäden an berechtigten Interessen des eigennützig Handelnden selbst oder Dritter, insbesondere solcher der Allgemeinheit, vorzubeugen oder zu beheben. Das ist aber keineswegs dasselbe, sondern ein ganz wesentlicher Unterschied.[13]

Das ‚Verursacherprinzip‘ in der archäologischen Denkmalpflege

Das Verursacherprinzip käme in der archäologischen Denkmalpflege eigentlich nur dann zur Anwendung, wenn die Finanzierung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung, Erforschung und Nutzbarmachung der archäologischen Denkmale auch wirklich vom Träger ebendieses Interesses, nämlich der Allgemeinheit im Wege ihres Vertreters, nämlich eben dem Staat, gewährleistet würde. Das, was in der archäologischen Denkmalpflege ‚Verursacherprinzip‘ genannt wird, hat nämlich eigentlich nicht das Mindeste damit zu tun, den eigentlichen Verursacher der anfallenden Kosten mit diesen zu belasten, sondern ganz im Gegenteil die Kosten von ebendiesem eigentlichen Verursacher auf irgendjemanden anderen, nämlich den seine eigenen berechtigten, ‚privaten‘ Interessen verfolgenden Einzelnen abzuwälzen; insbesondere den, der Geld ja ‚ohnehin dicke‘ hat oder wenigstens durch die Verwirklichung seiner Interessen solches verdienen will. Das passt sehr gut mit der generellen, bereits in „Zur Möglichkeit einer vollständig privatisierten archäologischen Denkmalpflege“ geschilderten generellen Abneigung in der archäologischen Fachwelt gegen das Geldverdienen mit der ‚Zerstörung von Archäologie‘ zusammen, mit der Selbstverantwortung des Einzelnen (oder auch des Staates als Vertreter der Allgemeinheit) für die Folgen seines Handelns (bzw. seiner Unterlassungen) hingegen überhaupt nicht.

Die Grenzen des denkmalpflegerischen ‚Verursacherprinzips‘

Selbst wenn man durch ausreichend verquere Sicht auf oder ausreichend selektive Argumentation das denkmalpflegerische ‚Verursacherprinzip‘ (oder wenigstens das Veranlasserprinzip) irgendwie retten könnte, sind diesem dennoch weit engere – insbesondere rechtliche – Grenzen gesetzt, als wir ArchäologInnen das hoffen. Denn ob ‚Verursacher-‘ oder Veranlasserprinzip, grundlegend ist für beide immer noch, dass sie Mittel des Interessensausgleichs und nicht der willkürlichen Kostenübertragung auf ein beliebiges, ausreichend wohlhabendes und sich nicht effektiv wehren könnendes Opfer sind. Das bedeutet aber, dass dem Vorhabenträger – wenn überhaupt – jedenfalls nur solche Kosten übertragen werden können, die dafür anfallen, dass er sein berechtigtes Interesse verwirklichen kann; nicht hingegen auch jene, die mit der Verwirklichung seines Interesses gar nicht in Zusammenhang stehen, sondern ausschließlich dem seinem entgegenstehenden, öffentlichen Interesse geschuldet sind.

Wie bereits oben ausgeführt beschränkt sich das Interesse des Vorhabenträgers im Hinblick auf allfällig sein Grundstück verseuchende und damit der Verwirklichung seiner eigentlichen Nutzungsinteressen entgegenstehende archäologische Denkmale auf deren sachgerechte Entsorgung. Konkreter gesagt bedeutet das nicht mehr und nicht weniger, als dass die dieses ‚verseuchenden‘ Denkmale von seinem Grundstück entfernt und dem überantwortet werden müssen, der das Interesse der Allgemeinheit an ihrer längerfristigen Erhaltung, Erforschung und öffentlichen Nutzung vertritt, also dem Staat bzw. dessen Denkmalbehörden.

Dass die Allgemeinheit nicht nur ein Interesse an der Erhaltung, sondern auch an der Erforschung und öffentlichen Nutzung der archäologischen Denkmale hat, kann den Vorhabenträger nicht weiter tangieren. Denn sein Vorhaben kann, sobald die sein Grundstück verseuchenden Denkmale von diesem verbracht sind, diese Interessen der Allgemeinheit überhaupt nicht mehr schädigen: sein Vorhaben beschränkt sich schließlich auf sein Grundstück, und auf diesem befinden sich die Denkmale nach ihrer Verbringung von diesem nun einmal nicht mehr.

Dass die vom Grundstück des Einzelnen sachgerecht entsorgten Denkmale vom Zeitpunkt ihrer Übernahme an nun eventuell irgendwelche Kosten für den Staat verursachen, ist ausschließlich das Problem der Allgemeinheit bzw. des Staates als deren Vertreter, nicht das des Vorhabenträgers. Denn der Vorhabenträger ist ja nicht dazu verpflichtet, dieses Interesse der Allgemeinheit aus seinen privaten finanziellen Mitteln (über seine normalen Steuerleistungen hinaus) zu finanzieren. Sobald sich die archäologischen Denkmale in der sicheren Obhut des Staates als Vertreter der Interessen der Allgemeinheit befinden, kann und muss dieser selbstverantwortlich und damit natürlich auch auf seine eigenen Kosten ihr Interesse verwirklichen.

Damit scheidet jedoch jedwede weitere finanzielle Verantwortung des Vorhabenträgers für allfällige, durch die fortgesetzte Verwirklichung des öffentlichen Interesses entstehende, zusätzliche Kosten von vornherein aus: es gibt zwischen den vom Grundstück des Vorhabenträgers entsorgten archäologischen Denkmalen und dem Vorhabenträger und dessen Interesse (außer einem historischen) keinen wie auch immer gearteten rechtlichen oder sonstigen Bezug mehr. Rechtlich ist es sogar gänzlich ausgeschlossen, dass der Vorhabenträger mit derartigen, weiteren Kosten belastet werden kann, die allein aufgrund des öffentlichen Interesses an der Erhaltung, Erforschung und öffentlichen Nutzbarmachung der von seinem Grundstück entsorgten archäologischen Denkmale entstehen.

Denn genauso wenig wie der Vorhabenträger ein Recht darauf hat, Kosten, die ihm ausschließlich dadurch entstehen, dass er seine privaten Interessen verwirklicht, auf die Allgemeinheit abzuwälzen; hat auch die Allgemeinheit bzw. der Staat als deren Vertreter kein Recht dazu, Kosten, die diesem ausschließlich dadurch entstehen, dass er ein öffentliches Interesse verwirklicht, auf einen Einzelnen abzuwälzen. Ganz im Gegenteil: die Abwälzung von Kosten auf den Vorhabenträger, die dem Staat ausschließlich aus der Verwirklichung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung, Erforschung und öffentlichen Nutzung der vom Grundstück des Vorhabenträgers in staatlichem Auftrag sachgerecht entsorgten und dem Staat überantworteten archäologischen Denkmale entstehen, würde im rechtlichen Sinn einer entschädigungslosen Enteignung des Vorhabenträgers gleichkommen. Diese ist jedoch dem Staat sowohl verfassungsgesetzlich (Deutschland: Art. 14 Abs. 1 und 3 GG; Österreich: Art. 5 StGG), europarechtlich (Art. 17 EU-Grundrechtscharter), als auch völkerrechtlich (Art. 1 1.ZProt EMRK; Art. 17 AEMR) verboten.

Es nützt hier auch nichts, auf das Argument auszuweichen zu versuchen, dass der Staat (bzw. die Allgemeinheit) dadurch zusätzlich belastet werden würde, dass die betroffenen Denkmale nur aufgrund des Zutuns des Vorhabenträgers zum Zeitpunkt ihrer Entsorgung von dessen Grundstück und nicht erst zu späterer Zeit oder sogar – wären sie dauerhaft in situ verblieben – gar nicht in seine Obsorge gelangt wären. Denn die Allgemeinheit hat weder ein Recht darauf, die in ihrem Interesse zu erhaltenden, erforschenden und öffentlich nutzbar zu machenden Denkmale für sie kostenlos zeitweilig oder gar dauerhaft auf dem Privateigentum des Vorhabenträgers zu belassen, schon gar nicht, wenn diesem deren sachgerechte Entsorgung in einem dafür vorgesehen Verwaltungsverfahren erlaubt wurde; noch ein Recht darauf, zu bestimmen, wann Denkmale, an deren Erhaltung (etc.) sie ein berechtigtes Interesse hat, aus der Verantwortung eines Dritten in ihre Verantwortung übergehen. Dass es dem Staat bzw. der Allgemeinheit vielleicht lieber wäre, mit den Kosten für die Erhaltung (etc.) dieser Denkmale erst später oder gar nicht belastet zu werden, ist genauso irrelevant wie die Tatsache, dass es dem Vorhabenträger sicher lieber wäre, wenn keine archäologischen Denkmale auf seinem Grundstück vorkämen und er daher in seinen Eigentumsrechten überhaupt nicht durch denkmalpflegerische Belange belastet wäre. So wie der Vorhabenträger eventuell eben Pech gehabt hat, wenn auf seinem Grundstück zuvor unbekannte archäologische Denkmale entdeckt werden, dadurch seine Verfügungsgewalt über sein Eigentum ab diesem Zeitpunkt bis zu deren sachgerechter Entsorgung oder unsachgemäßen Vernichtung beschränkt wird und ihm durch die ihm daraus entstehende denkmalrechtliche Erhaltungspflicht Kosten entstehen, die ihm sonst nicht entstanden wären, hat eben auch der Staat Pech gehabt, wenn ihm aufgrund der Übernahme der Obsorge über sachgerecht vom Grundstück des Vorhabenträgers entsorgte Denkmale jetzt und nicht, wie er es vielleicht gehofft hätte, erst zu späterer Zeit Kosten erwachsen.

Spezifischer gesagt bedeutet das, dass archäologische Wunschträume wie der, dass dem Vorhabenträger eventuell doch auch die bei der im Labor erfolgenden Röntgenuntersuchung, Präparation und Konservierung im Feld im Block geborgener, komplexerer Befunde entstehenden Kosten aufgetragen werden könnten (DGUF 2018, 2), rechtlich vollkommen unerfüllbar sind. Denn ebenso wie bei allen überantworteten beweglichen Funden geht die Verantwortung und damit auch die Haftung für bei späteren, weiteren Arbeiten entstehende Kosten durch die Entfernung des im Block geborgenen Befundes vom Grundstück des Vorhabenträgers auf den Staat über, der von diesem Zeitpunkt an auch die ausschließliche Verfügungsgewalt über dieses Denkmal hat. Will er nicht gleich die Kosten für die eventuell notwendig werden könnende Röntgenuntersuchung, Präparation und Konservierung des im Block geborgenen Fundes tragen, kann der Staat ihn auf seine eigenen Kosten einlagern, ihn um die ‚Bodenerhaltungsbedingungen‘ wieder herzustellen auf Staatsgrund vergraben oder auch sonst mit ihm tun, was er will, inklusive ihn einfach auf den nächsten verfügbaren Hof zu stellen und dort ‚natürlich‘ verfallen zu lassen.

Ebenso wenig können die Kosten für die wissenschaftliche Aufarbeitung bis hin zur und inklusive der Publikation der vom Vorhabenträger übernommenen Denkmale auf diesen übertragen werden: nichts davon ist nämlich für die Verwirklichung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale erforderlich (auch wenn und gerade weil dieses Erhaltungsinteresse nur dem Zweck des Schutzes des öffentlichen Interesses an der Möglichkeit zu ihrer gegenwärtigen oder zukünftigen wissenschaftlichen Erforschung und öffentlichen Nutzung dient). Alles, was es – auch im Sinne des verfassungsgesetzlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips – dafür bedarf, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung der betroffenen Denkmale verwirklicht werden kann, ist nämlich, dass der Staat als Vertreter dieses öffentlichen Interesses es auch tatsächlich verwirklicht, d.h. die Denkmale auch wirklich erhält. Tut er das nicht, ist das nicht das Problem und auch nicht die Schuld des Vorhabenträgers, der seine Verpflichtung, dieses Interesse nicht durch seine eigennützigen Handlungen zu schädigen, durch deren sachgerechte Entsorgung von seinem Grundstück samt Übergabe an die zuständigen öffentlichen Stellen bereits vollständig erfüllt hat.

Dass es wissenschaftlich vorteilhaft sein mag bzw. tatsächlich ist, diese Denkmale so zeitnah als möglich wissenschaftlich so vollständig als möglich zu untersuchen, und für die Allgemeinheit vorteilhaft sein mag, wenn die dadurch gewonnenen Forschungsergebnisse so zeitnah als möglich durch ihre Publikation auch wirklich öffentlich nutzbar werden, ist dabei vollkommen egal. Denn der Vorhabenträger ist eben nicht dazu verpflichtet, der Wissenschaft oder Allgemeinheit zu seinem eigenen finanziellen Nachteil einen Vorteil zu verschaffen, den diese in ihrem eigenen Interesse gerne gewinnen würden. Wollen Wissenschaft oder Allgemeinheit diese Vorteile für sich gewinnen, werden sie leider selbst dafür bezahlen müssen; oder dafür sorgen müssen, dass der Staat, der die Allgemeinheit vertritt, zur Verwirklichung ihrer Interessen dafür bezahlt.

Daran können übrigens auch übermäßige Auslegungen der Bestimmungen des Art. 6 Abs. 2 der Valletta-Konvention (Europarat 1992a) oder der ihr zugehörigen Erläuterungen (Europarat 1992b, 6-7) nichts ändern: die verfassungsgesetzliche, europarechtliche und völkerrechtliche Eigentumsgarantie würde nämlich selbst dann die Valletta-Konvention schlagen, wenn die ArchäologInnen, die ihren Inhalt gestaltet haben, die Bestimmungen ihres Art. 6 Abs. 2 tatsächlich so gemeint und der sie verabschiedet habende Europarat sie tatsächlich so verstanden hätte. Und auch die Einzelgesetzgebung – d.h. die Denkmalschutzgesetzgebung – kann das höchstens insoweit, als dadurch nicht die Eigentumsgarantie verletzt wird, was insbesondere dann aber sicherlich der Fall ist, wenn es dadurch zu einer Übertragung von Eigentum vom Einzelnen auf die Allgemeinheit kommt, d.h. zu einer (und sei sie auch noch so teilweisen) Enteignung des Einzelnen. So wie der Einzelne den Staat nicht zu seinem privaten Vorteil schädigen darf, darf auch der Staat den Einzelnen nicht zum Vorteil der Allgemeinheit schädigen.

Dem denkmalpflegerischen Verursacherprinzip sind somit eigentlich enge Grenzen gesetzt, wenn man es denn überhaupt verwenden kann. Jedweder Versuch, die Kostentragungspflicht des ‚Verursachers‘ über die bloße Entsorgung der betroffenen Denkmale von seinem Grundstück hinaus zu erweitern, verstößt zwingend gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit staatlicher Reaktion und ist daher verfassungswidrig.

Verursacherprinzip und staatliche archäologische Schatzregale

Noch weitaus problematischer wird das denkmalpflegerische Verursacherprinzip, wenn der Staat in seiner einschlägigen Denkmalgesetzgebung ein archäologisches Schatzregal vorgesehen hat; wie es inzwischen alle deutschen Länder mit Ausnahme von Bayern getan haben (für einen Überblick siehe Krischok 2016, 184-88). Dabei sind insbesondere sogenannte ‘große’ Schatzregale wie z.B. jenes des § 3 Abs. 2 DSchG Berlin oder des § 17 Abs. 3 DSchG Hamburg problematisch; aber auch alle ‚kleinen‘ Schatzregale, die den Eigentumserwerb durch das Land bezüglich beweglicher Bodendenkmale, die bei archäologischen bzw. staatlichen Nachforschungen oder in Grabungsschutzgebieten entdeckt wurden oder von besonderem (hervorragenden, etc.) wissenschaftlichen Wert sind, festschreiben, wenigstens in vielen Fällen bedenklich.

Die zwar teilweise in Details verschiedenen, aber grundsätzlich in ihrem Kern sehr ähnlichen, archäologischen Schatzregale der deutschen Länder bestimmen nämlich, dass wenigstens manche, wenn nicht sogar alle beweglichen Bodendenkmale, die zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung im eigentumsrechtlichen Sinn als herrenlose Güter (§ 959 BGB) zu betrachten sind, mit der Entdeckung automatisch zum Eigentum des jeweiligen Landes werden, auf dessen Territorium sie aufgefunden wurden. Dabei ist es für den dadurch erreichten originären Eigentumserwerb durch das Land absolut essentiell, dass diesem das Eigentum an diesen beweglichen Bodendenkmalen tatsächlich automatisch schon mit der Entdeckung entsteht. Wäre dem nicht so, würde nämlich stattdessen die allgemeine Schatzfundeigentumsregel des § 984 BGB greifen und somit automatisch Finder und Grundeigentümer jeweils zur Hälfte zu den rechtmäßigen EigentümerInnen des entdeckten beweglichen Bodendenkmales.

Dies würde jedoch einen späteren, originären Eigentumserwerb durch das jeweilige Land, in dem das betroffene Bodendenkmal entdeckt wurde, unmöglich machen: das Land müsst dann nämlich das betreffende bewegliche Bodendenkmal entweder von Finder und Grundeigentümer käuflich erwerben oder diese gegen angemessene Entschädigung auf Basis einer gesetzlichen Enteignungsmöglichkeit enteignen, weil es sich dann ja nicht mehr um ein herrenloses Gut handelt. Genau diese Notwendigkeit des Erwerbs von ‚bedeutenden‘ beweglichen Bodendenkmalen durch Kauf oder Enteignung sollen aber die archäologischen Schatzregale der Länder aus fiskalischen Gründen verhindern.

Denkmalrechtliche Erhaltungspflichten des Eigentümers?

Die privaten denkmalrechtlichen Erhaltungspflichten werden generell mit der in Art. 14 Abs. 2 GG verfassungsgesetzlich festgesetzten Sozialbindung des Eigentums begründet: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“. Nun wird aber in Ländern mit archäologischen Schatzregalen der Staat mit der Entdeckung eines beweglichen Bodendenkmals zu dessen rechtmäßigem Eigentümer; womit er und nicht mehr ein beliebiger Dritter dieses Bodendenkmal, das ja nun sein Eigentum ist, zugleich zu seinem eigenen als auch dem Wohle der Allgemeinheit zu gebrauchen hat. Als im rechtlichen Sinn alleiniger und ausschließlicher Eigentümer der entdeckten Bodendenkmale hat er die volle rechtliche Verfügungsgewalt über diese und trägt ab diesem Zeitpunkt auch allein die Verantwortung für sein Eigentum.

Dieses bewegliche Staatseigentum befindet sich noch dazu – nachdem es dort originär entstanden ist – nun wohl in der Regel ohne dessen Zustimmung auf dem Grundeigentum eines Dritten, der völlig berechtigterweise darauf dringen kann, dass es von dort – selbstverständlich auf Kosten des Staates, der ja der Eigentümer der und damit für diese beweglichen Sachen rechtlich voll verantwortlich ist – entfernt wird, damit er sein Grundstück wie es sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht ist, wie es ihm gefällt, im Rahmen der Gesetze nutzen kann. Der Staat hat jedoch weder das Recht, sein bewegliches Eigentum dauerhaft auf dem Grundeigentum dieses Dritten zu belassen, d.h. längerfristig zu lagern, noch es nur zeitweilig auf diesem zu parken, d.h. zeitlich befristet abzustellen, solange ihm das nicht explizit vom Grundeigentümer erlaubt wird. Nachdem das Staatseigentum auf seinem Grundstück originär entstanden ist, wird der Grundeigentümer dem Staat selbstverständlich eine zumutbare Frist einräumen müssen, damit dieser sein bewegliches Eigentum vom Grundstück entfernen kann, auf dem es entstanden ist; aber mehr nicht. Räumt der Staat sein bewegliches Eigentum binnen dieser zumutbaren Frist nicht auf eigene Kosten vom Grundstück des Dritten, auf dem es sich befindet, kann der Grundeigentümer im Wege einer Räumungsklage (gem. § 855 ZPO) die Zwangsvollstreckung erwirken, für deren Kosten der Staat als Eigentümer der zu räumenden beweglichen Sachen haftbar ist.

Da der Staat als Eigentümer der beweglichen Bodendenkmale auch Nutznießer des Eigentumsrechts an diesen Denkmalen ist; der Grundeigentümer hingegen ab dem Zeitpunkt des dem Staat entstehenden, originären Eigentumsanspruchs an den beweglichen Bodendenkmalen aus diesen keinerlei wirtschaftlichen oder sonstigen Nutzen mehr ziehen kann; können dem Grundeigentümer auch keinerlei Kosten für die Erhaltung, Erforschung oder öffentliche Nutzung dieser Denkmale aufgebürdet werden, weil ihm dies rechtlich und wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Wie es Till Kemper prägnant zusammengefasst hat: „Dass die belasteten Eigentümer, Besitzer oder Erbbauberechtigten einen Nutzen aus dem Denkmal ziehen können, ist die wesentliche Vorrausetzung dafür, dass sie mit Erhaltungsmaßnahmen (finanziell) belastet werden können“ (Kemper 2017, 44). Der Grundeigentümer kann aber aus den beweglichen Denkmalen, die nun dem Staat gehören, überhaupt keinen Nutzen mehr ziehen, weshalb auch jede (finanzielle) Belastung des Grundeigentümers mit den Kosten irgendwelcher weiterer, diese beweglichen Denkmale betreffenden Erhaltungs-, Erforschung- und öffentlichen Nutzungsmaßnahmen vollständig ausscheidet. Es ist eben Eigentum, das verpflichtet; und zwar den Staat ebenso wie den Privaten. Erwirbt der Staat das Eigentum an einer Sache, ist demnach auch der Staat verpflichtet, nicht irgendwelche Privaten, auf deren Grund sich die dem Staat gehörende Sache zufälligerweise gerade befindet.

Das hat zur Folge, dass die Anwendbarkeit des archäologisch-denkmalpflegerischen Verursacherprinzips (falls man es trotz der bereits weiter oben ausgeführten Probleme überhaupt anwenden kann) in Ländern mit archäologischem Schatzregal noch viel stärker beschränkt ist als in solchen mit hadrianischer Fundeigentumsteilungsregel (d.h. Bayern und Österreich). Denn eine Kostentragungspflicht des Vorhabenträgers kann in Ländern mit archäologischem Schatzregal überhaupt nur für unbewegliche Bodendenkmale und für bewegliche Bodendenkmale nur bis zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung existieren.

Damit scheiden sowohl die Kosten für die Bergung der beweglichen Denkmale an Ort und Stelle, als auch die für ihre allfällig erforderliche Verpackung, ihren Transport, ihre auch nur zeitweilige und noch viel mehr dauerhafte Lagerung bzw. Archivierung und ihre weitere wissenschaftliche Untersuchung bis hin zur Veröffentlichung anfallenden Kosten automatisch aus der Kostentragungspflicht des Vorhabenträgers aus: nachdem dieser nicht ihr rechtmäßiger Eigentümer ist, können ihm keine der dafür anfallenden (finanziellen) Kosten zumutbar sein. Ebenso sind selbstverständlich auch die Kosten für die Röntgenuntersuchung, Präparation und Konservierung im Feld im Block geborgener, komplexerer Befunde dem Vorhabenträger unmöglich anzulasten. Denn selbstverständlich sind auch im Block geborgene Befunde als bewegliche Bodendenkmale bzw. bewegliche Sachen zu betrachten, die im Sinne des § 93 BGB keine wesentlichen Bestandteile des Grundstückes sind, von dem sie stammen, da sie von diesem getrennt werden konnten, ohne dass dadurch der im Block geborgene Befund oder das Grundstück zerstört oder in seinem Wesen verändert wurde.

Sind Befunde unbewegliche oder bewegliche Denkmale?

Es stellt sich sogar in Anbetracht moderner technischer Möglichkeiten zur Bergung von Blöcken von Erdreich die Frage, inwieweit man überhaupt noch die meisten archäologischen Befunde – die herkömmlicherweise als ‚unbewegliche‘ Bodendenkmale betrachtet wurden – als unbewegliche Sachen im sachenrechtlichen Sinn betrachten kann. Bedenkt man z.B. die jüngst erfolgte Bergung der geschätzte Innenmaße von 5,3 Meter Länge, 2,7 Meter Breite und mindestens 2,5 Meter Höhe aufweisenden Grabkammer eines frühbronzezeitlichen Großgrabhügels bei Dieskau im Saalekreis in drei jeweils ca. 25 Tonnen wiegenden Blöcken (Vieweg 2018), sollte einigermaßen klar sein, dass selbst voluminöse komplexe Befunde heutzutage gut im Block geborgen werden können.

Unbewegliche Sachen im rechtlichen Sinn sind Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte. Was wesentliche Bestandteile einer Sache bzw. eines Grundstückes sind, wird hauptsächlich durch §§ 93 und 94 (sowie 96 und 97) BGB bestimmt (für Österreich weitgehend sinngleich dazu siehe §§ 291-298, insbesondere 293 ABGB). Dabei bestimmt § 94 BGB, dass die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen wie insbesondere Gebäude und die zu ihrer Herstellung in den Boden eingefügten Sachen sowie Erzeugnisse des Grundstückes und in ihm angepflanzte Samen (etc.) seine wesentlichen Bestandteile sind. § 93 BGB hingegen bestimmt als wesentliche Bestandteile einer beliebigen Sache jene Teile, „die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird“.

Die Methode der Blockbergung gestattet es jedoch nun, wenigstens viele, wenn nicht sogar die überwältigende Mehrheit aller archäologischen Befunde vom Grundstück, auf dem sie angetroffen wurden, zu trennen, ohne dass der Befund oder das Grundstück zerstört oder wesentlich verändert werden. Nur besonders komplexe, horizontal und vertikal weit ausgedehnte, zusammenhängende stratigrafische Befunde, wie man sie z.B. häufig in historischen Stadtkernen antrifft, können nicht oder nur sehr schwer im Block geborgen werden. Die meisten anderen archäologischen Befunde hingegen, wie Pfostenlöcher, Gräber, Siedlungsgruben, etc., können sehr wohl im Block geborgen werden, wenn man das möchte. Selbst lineare Strukturen wie Gräben und Wallkörper können – und sei es auch nur Abschnittsweise in mehreren oder sogar vielen Blöcken – im Block geborgen werden, ohne dass dadurch die betroffenen Befunde oder das Grundstück, von dem sie getrennt werden, zerstört oder wesentlich verändert werden müssen.

Insbesondere, wenn man die sachgerechte Ausgrabung und wissenschaftliche Dokumentation von Bodendenkmalen als im Vergleich zu deren in Substanz und Erscheinung unveränderten Erhaltung als aus denkmalpflegerischer Sicht inferiore Erhaltungsmaßnahme betrachtet, wie das alle deutschsprachigen Denkmalbehörden derzeit zu tun scheinen, erscheint die Blockbergung gesamter Fundstellen – die technisch, wenn auch nur in einzelnen Teilblöcken, durchaus selbst bei gewaltigen Bodendenkmalen möglich ist, wie das Beispiel der Tempel von Abu Simbel zeigt – als der Dokumentation ihrer Zerstörung in situ überlegen. Schließlich könnte die Fundstelle ja wenigstens weitgehend unverändert in Substanz und Erscheinung vom Staat (als Eigentümer der die Fundstelle überhaupt erst ausmachenden beweglichen Denkmale) entweder in dafür geeigneten, klimakontrollierten Lagerräumen eingelagert oder wenigstens auf Staatsgrund wieder (selbstverständlich korrekt zusammengesetzt) eingegraben werden. Für die in Substanz und Erscheinung weitgehend unveränderte Erhaltung der betroffenen beweglichen Bodendenkmale ist also bei Bestehen eines staatlichen archäologischen Schatzregales ausschließlich deren Räumung durch ihren Eigentümer, d.h. den Staat, vom Grundstück des Dritten, auf dem sie sich befinden, erforderlich, die auch technisch möglich ist. Klar, das kostet sicherlich ein Vermögen; aber Eigentum verpflichtet eben, den Staat ebenso wie jeden einzelnen Staatsbürger.

Betrachtet man auch archäologische Befunde als bewegliche Bodendenkmale – wie man es eigentlich aus rechtlicher Sicht müsste – bleibt also von einem archäologisch-denkmalpflegerischen Verursacherprinzip bei Bestehen eines staatlichen archäologischen Schatzregals eigentlich überhaupt nur eine juristische Person übrig, die ab dem Zeitpunkt der Entdeckung der betroffenen Bodendenkmale als Verursacher der erforderlich werdenden denkmalpflegerischen Rettungsmaßnahmen zur Tragung der dadurch anfallenden Kosten herangezogen werden kann: der Staat. Denn dieser kann alle ab deren Entdeckung in seinem Eigentum stehenden beweglichen Bodendenkmale schließlich auf seine eigenen Kosten vom Grundstück des Einzelnen räumen, auf dem sie sich seit dem Zeitpunkt ihrer Entdeckung befinden, und dadurch ihre wenigstens weitgehend unveränderte Erhaltung in Substanz und Erscheinung als ‚originales Bodendokument‘ gewährleisten.

Archäologische Schatzregale und das ‚Verursacherprinzip‘

Staatliche archäologische Schatzregale und das denkmalpflegerische Verursacherprinzip, das einzelnen nicht-staatlichen Vorhabenträgern die Kosten für archäologisch-denkmalpflegerische ‚Rettungsmaßnahmen‘ aufbürdet, sind daher wenigstens zu guten Teilen, wenn nicht sogar gänzlich, nicht miteinander vereinbar. Selbst wenn man die Befunde trotz der Möglichkeit zu ihrer Bergung im Block nicht als bewegliche, sondern als unbewegliche Bodendenkmale betrachten will, kann bei Bestehen eines staatlichen Schatzregals eine Kostentragungspflicht des Vorhabenträgers maximal auf die sachgerechte Ausgrabung und wissenschaftliche Dokumentation der an Ort und Stelle befindlichen archäologischen Befunde ausgedehnt werden. Bereits die Bergung beweglicher Kleinfunde, ebenso wie die Blockbergung von Teilen von oder ganzen Befunden, durch die qua Schatzregal schon bei deren Entdeckung ein Eigentumsanspruch des Staates entsteht, fällt vollständig in die Verantwortung des Staates, nicht des Vorhabenträgers, dessen Grundstück durch dort plötzlich originär entstandenes Landeseigentum in Beschlag genommen wird. So verständlich es auch ist, dass der Staat nur begrenzte Mittel dafür zur Verfügung hat (oder eigentlich: nur lächerlich geringe Mittel dafür zur Verfügung stellen will), dass archäologische Denkmale, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, auch tatsächlich im Falle der Zerstörung ihrer Substanz und Erscheinung in situ stattdessen durch die sachgerechte Dokumentation ihrer Ausgrabung erhalten und dadurch der wissenschaftlichen Erforschung zugänglich gemacht werden, damit sie für die Allgemeinheit nutzbar werden; er kann und darf seine eigenen Mittel nicht einfach durch einen willkürlichen und unbegründeten Rückgriff auf private Mittel zu ergänzen versuchen. Ist er bzw. wird er mit dessen Entdeckung zum Eigentümer eines Bodendenkmals, dass sich auf dem Grundeigentum eines Dritten befindet, muss er dieses auf seine eigenen Kosten vom betreffenden Grundstück räumen, wenn es der betroffene Dritte will; denn das ist seine Verantwortung und Verpflichtung als Eigentümer dieser beweglichen Sache. Darum kommt man nicht herum; nicht zuletzt auch aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes der Verfassung: der Staat darf sich in dieser Beziehung selbst nicht anders behandeln, als er jeden einzelnen seiner Angehörigen behandelt.

Wer ist eigentlich (bis bzw. ab) wann der ‚Denkmaleigentümer‘?

Ein archäologisch-denkmalpflegerisches Verursacherprinzip ist im Prinzip – wenn überhaupt – nur dann und so lange haltbar, als archäologische Denkmale (noch) untrennbare Teile des Grundstückes sind, auf dem sie sich befinden. Denn nur solange sie das sind, kann der Eigentümer des Grundstückes, dessen Teil sie (noch) sind, aufgrund der Sozialbindung des Eigentumsrechts zur allgemeinwohlförderlichen Nutzung seines Eigentums verpflichtet werden: er ist schließlich aus rechtlicher Sicht nicht nur der Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich das betreffende Denkmal befindet, sondern – weil das Denkmal im sachenrechtlichen Sinn gar nicht als eigenständige Sache, sondern nur als Bestandteil des Grundstückes existiert – auch Eigentümer des Denkmals selbst.

Bewegliche Bodendenkmale

Diese Situation ändert sich jedoch ganz maßgeblich, wenn ein archäologisches Denkmal im rechtlichen Sinn zu einer eigenständigen und damit separat aneignungsfähigen Sache wird. Bei beweglichen Denkmalen ist das am Zeitpunkt, an dem sie entdeckt werden: sie werden mit ihrer Entdeckung als res derelictae bzw. bona vacantia erkannt, d.h. als nachträglich herrenlos gewordene Sachen, die eben gerade nicht dem Grundeigentümer gehören, sondern die gar keinen (derzeitigen) Eigentümer haben. Im rechtlichen Sinn wird das bewegliche Denkmal damit durch seine Entdeckung – gerade weil es bereits zuvor physisch existiert hat und (mutmaßlich) einen vormaligen Eigentümer (oder wenigstens Besitzer) hatte – zu einer vom Grundstück separaten Sache, die als solche bis zur Entstehung eines neuen originären Eigentumstitels (noch) keinen rechtmäßigen Eigentümer hat: dem Eigentümer des Grundstückes, dessen Teil sie bis zu ihrer Entdeckung war, gehört ja nur das Grundstück (und dessen Erträge, die aus seiner produktiven Nutzung erwachsen), nicht jedoch irgendwelche beliebigen, vom Grundstück separaten Sachen, die sich nur zufälligerweise auf ihm befinden (oder auf ihm entstanden sind). Damit fällt aber auch automatisch jede Erhaltungspflicht des Grundeigentümers bezüglich dieser neu als separat vom Grundstück erkannten Sache weg: er ist (nun) schließlich nicht (mehr) ihr Eigentümer und somit auch nicht (mehr) zu ihrer (auch) allgemeinwohlförderlichen Nutzung verpflichtet. Ganz im Gegenteil: er darf sie nun eigentlich überhaupt nicht mehr benutzen, weil er eben nicht (mehr) ihr Eigentümer und daher auch nicht (mehr) zu ihrer Nutzung berechtigt ist.

Damit überhaupt wieder irgendwer bezüglich dieser Sache nutzungsberechtigt werden kann, muss irgendwem ein originärer Eigentumstitel an ihr entstehen, indem sie sich jemand aneignet oder sie zugeeignet bekommt. Wem dieser originäre Eigentumstitel entsteht, kann natürlich nun gesetzlich auf unterschiedliche Weise geregelt werden: er kann dem Entdecker, dem Grundeigentümer, dem Staat, jedem beliebigen Aneignungswilligen (der von der Existenz der neuen Sache Kenntnis erlangt hat) oder natürlich auch jeder beliebigen Kombination dieser möglichen Kandidaten zuerkannt werden. Aber irgendwem muss er entstehen, damit irgendjemand darüber verfügen darf, was nun mit dieser separaten Sache geschehen soll.

Dieser originäre Eigentümer des betroffenen Denkmals ist dann der, der zur Tragung allfällig am Denkmaleigentum haftender Lasten verpflichtet ist. Er darf aber dafür dann auch über die weitere Nutzung des betreffenden Denkmals frei verfügen, d.h. z.B. Dritten seine wissenschaftliche Nutzung gestatten oder diese von jedweder derartigen Nutzung ausschließen; es der Öffentlichkeit zugänglich machen oder diese von jedem Zugang dazu ausschließen; es verkaufen; etc. Kosten für die wissenschaftliche Untersuchung oder gar die Publikation des betroffenen beweglichen Denkmals können dem Eigentümer dieses Denkmals daher auch nur dann aufgelastet werden, wenn er diese Untersuchung und Publikation in Auftrag gibt; bzw. falls Untersuchungen gar nicht durchgeführt und eine Publikation gar nicht vorgenommen werden, wenn er diese untersagt; können für solche auch keinerlei Kosten entstehen.

Im Block geborgene Befunde

Das Gleiche gilt für im Block geborgene Befunde, die man aus rechtlicher Sicht als eigenständige, bewegliche, herrenlose Sachen betrachten muss. Denn nicht nur hat man den Block ja tatsächlich ohne Zerstörung oder wesentliche Veränderung beider vom Grundstück abtrennen können, womit er kein untrennbarer Bestandteil des betroffenen Grundstücks mehr sein kann, sondern es kann auch dem Grundeigentümer kein originärer Eigentumstitel am Block erwachsen. Würde ihm nämlich ein solcher erwachsen, könnte er den Block schließlich einfach auch an anderem Ort vergraben oder anderswie lagern und ihn nicht für die weitere wissenschaftliche Erforschung zur Verfügung stellen. Sollte doch eine Weiternutzung des Blockes wissenschaftlich gewünscht sein, könnte er dafür dann sogar eine finanzielle Entschädigung verlangen, in die er wohl die ihm für die Bergung des Blocks entstandene Kosten mit einrechnen und noch eine gewisse Profitmarge aufschlagen würde.

Die widerrechtliche wissenschaftliche Weiternutzung des Blocks ohne explizite Zustimmung seines rechtmäßigen Eigentümers hätte strafrechtliche Folgen für die Täter (z.B. Deutschland: §§ 303-304 StGB; Österreich: §§ 125-126 StGB); eine Weiternutzung unter Berufung auf das berechtigte öffentliche Interesse an der Erforschung des im Block geborgenen Denkmals entgegen dem Willen seines Eigentümers käme hingegen seiner verfassungswidrigen entschädigungslosen Enteignung gleich. Man kann den Grundeigentümer einfach nicht gleichzeitig als zum Tragen der am Eigentum haftenden Lasten verpflichteten Eigentümer des Blockes betrachten, aber ihm sämtliche mit diesem Eigentumstitel verbundenen Rechte entziehen. Nachdem der Block als Denkmal aber wirtschaftlich gar nicht mehr, sondern nur noch wissenschaftlich genutzt werden kann, sind die einzigen relevanten Eigentumsrechte, aus denen der bezüglich des Blocks Verfügungsberechtigte noch irgendeinen vorteilhaften Nutzen ziehen kann, eben die wissenschaftlichen Nutzungsrechte am Block und den in ihm gespeicherten, wissenschaftlich auswertbaren Informationen.

Will man also den im Block geborgenen Befund wissenschaftlich (und in weiterer Folge öffentlich) weiter nutzen können, muss er rechtlich als durch seine Abtrennung vom Grundstück herrenlos gewordene, vom Grundstück separate, bewegliche Sache betrachtet werden. Diese Sache muss sich der Staat oder wenigstens der individuelle Wissenschafter aneignen, der möchte, dass der Block durch wissenschaftliche Untersuchung weitergenutzt wird, um über ihn wissenschaftlich verfügen zu dürfen. Damit wird aber der Staat bzw. der betreffende Wissenschafter im rechtlichen Sinn zum Eigentümer des Blockes, der zur Tragung der mit dem Eigentum am Block verbundenen Lasten verpflichtet ist, also auch die Kosten der Untersuchung etc. zu tragen hat.

Unbewegliche Bodendenkmale

Bei tatsächlich unbeweglichen archäologischen Denkmalen ist die Sachlage zwar ein wenig anders, aber kaum weniger problematisch. Zwar bleibt der Grundeigentümer in diesem Fall Eigentümer des unbeweglichen Denkmals, bis es vollständig ausgegraben und damit in seiner Substanz vollständig zerstört ist, und man kann ihm als solchen eventuell die Kosten der Ausgrabung des betroffenen Befundes auflasten. Sobald der Befund allerdings in situ vollkommen zerstört ist, ist er kein Bestandteil des Grundstückes mehr, sondern existiert gar nicht mehr.

Die bei der Zerstörung des betroffenen unbeweglichen Denkmals angefertigte wissenschaftliche Dokumentation ist jedenfalls eine eigene, vom Grundstück separate, bewegliche Sache. An dieser Dokumentation besteht – nachdem es sich um eine eigenständige geistige Leistung im Sinne sowohl des deutschen als auch des österreichischen Urheberrechtsgesetzes handelt – jedenfalls geistiges Eigentum ihres jeweiligen persönlichen Urhebers. Die damit verbundenen Verwertungsrechte (inklusive den zu diesen gehörenden Publikationsrechten) können jedoch – je nach genauerer vertraglicher Regelung zwischen allfälligen Auftrag- bzw. ArbeitgeberInnen und dem jeweiligen persönlichen Urheber eines geschützten Werks – zahlreichen verschiedenen natürlichen oder juristischen Personen gehören. Die physischen Trägermedien wiederum können denselben oder anderen natürlichen oder juristischen Personen gehören als die Verwertungsrechte. Wichtig ist auch, dass es sich insbesondere bei den wissenschaftlichen und publizistischen Verwertungsrechten und dem Eigentum an den Trägermaterialien der Dokumentation jeweils um geldwerte Rechte handelt.

Nachdem die Substanz des unbeweglichen Denkmals nicht mehr besteht, kann der Grundeigentümer des Grundstückes, auf dem es sich bis zu seiner Vernichtung befunden hat, nicht mehr als Eigentümer des unbeweglichen Denkmals betrachtet und daher auch nicht zur Tragung weiterer Kosten zur Erhaltung des Denkmals, geschweige denn zu der von Kosten für seine Erforschung bis hin zur Publikation, verpflichtet werden. Vielmehr ist nun, wenn man davon ausgeht, dass das Denkmal durch seine Erhaltung durch Dokumentation nun in Form der Dokumentationsunterlagen weiterbesteht, der Eigentümer dieser Unterlagen bzw. der diesbezüglichen Verwertungsrechte gleichzeitig der Eigentümer des betreffenden Denkmals. Allfällige denkmalrechtliche Erhaltungspflichten sowie allfällige Verpflichtungen zur Tragung der Kosten der weiteren wissenschaftlichen Untersuchung dieses Denkmals bis hin zur Publikation treffen nun also, wenn überhaupt irgendwen, den Eigentümer der Dokumentationsunterlagen bzw. diesbezüglichen Verwertungsrechte.

Allfällige Erhaltungs- oder darüberhinausgehende Kostentragungspflichten können den Eigentümer der Dokumentationsunterlagen bzw. der diesbezüglichen Verwertungsrechte nun jedoch vom Staat nur in jenem Rahmen wirtschaftlich zugemutet werden, als die diesem dadurch entstehenden Kosten die wirtschaftlichen Vorteile, die er aus der Nutzung seines Eigentums gewinnen kann, nicht übersteigen (Kemper 2017, 44). Der wirtschaftliche Nutzen, den der Eigentümer der Dokumentationsunterlagen bzw. der diesbezüglichen Verwertungsrechte aus diesen ziehen kann, ist aber in der Regel gleich Null; womit eine finanzielle Belastung des Dokumentationseigentümers mit irgendwelchen weiteren Kosten in der Regel ausscheidet.

Die eigentumsrechtlichen Grenzen des archäologischen Verursacherprinzips

Damit ist das Verursacherprinzip in der archäologischen Denkmalpflege – sofern es überhaupt einsetzbar ist – notwendigerweise nur innerhalb sehr enger Grenzen einsetzbar.  Das absolute Maximum, das dem Grundeigentümer (bzw. Vorhabenträger) aufgelastet werden kann, ist jener Teil der Kosten allfällig erforderlich werdender archäologischer Rettungsmaßnahmen, die bis zur Entdeckung bzw. Abtrennung der beweglichen Bodendenkmale (inklusive im Block geborgener Befunde) vom betroffenen Grundstück bzw. der Zerstörung der Substanz unbeweglicher Bodendenkmale in situ anfallen. Denn ab diesem Moment ist der Grundeigentümer – es sei denn, er erwirbt an beweglichen Denkmalen einen neuen, originären Eigentumstitel – nicht mehr der Eigentümer dieser Denkmale, kann daher auch keinen Nutzen aus seinem Denkmaleigentum mehr ziehen und muss daher auch keine der mit dem Denkmaleigentum verbundenen Lasten mehr tragen.

Die Verpflichtung zur Tragung allfälliger am Denkmaleigentum haftender Lasten trifft hingegen ab diesem Zeitpunkt den bzw. die, dem bzw. denen ein originärer Eigentumstitel an den im rechtlichen Sinn neu entstandenen Denkmalen (ob es sich dabei nun um bewegliche Kleinfunde, im Block geborgene Befunde oder die bei der Zerstörung der Substanz der unbeweglichen Denkmale in situ angefertigten Dokumentationsunterlagen bzw. der diesbezüglichen Verwertungsrechte handelt) erwachsen ist. Diese neuen Denkmalseigentümer treffen nun allfällige Erhaltungspflichten bezüglich der nun ihnen gehörenden Denkmale, sie kommen dafür aber auch in den Genuss des Nutzens des Eigentums an den betreffenden Denkmalen. Nachdem diese neu entstandenen Denkmale aber problemlos erhalten werden können, ohne dass sie weiter wissenschaftlich untersucht, publiziert oder sonstwie verwertet werden und ihre Eigentümer in der Regel – außer es handelt sich dabei um auch wirtschaftlich wertvolle ‚Schatzfunde‘ im engeren Wortsinn – aus diesem Eigentum keinen wirtschaftlichen Nutzen ziehen können, scheidet normalerweise auch jedwede Kostentragungspflicht dieser Denkmaleigentümer für die weitere wissenschaftliche Untersuchung dieser Denkmale bis hin zur Dokumentation als unverhältnismäßig aus.

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Wie in diesem Beitrag gezeigt wurde, kann ein echtes Verursacherprinzip in der archäologischen Denkmalpflege kaum dazu genutzt werden, privaten Vorhabenträgern irgendwelche Kosten für archäologische Rettungsmaßnahmen aufzulasten; geschweige denn die Kosten für die wissenschaftliche Untersuchung der im Feld geborgenen beweglichen und dokumentierten unbeweglichen Denkmale bis hin zu ihrer Publikation. Wenn er überhaupt irgendwelche die öffentliche Hand sonst eventuell nicht bzw. erst später treffende Kosten bzw. ohne sein Zutun nicht entstehenden Schaden verursacht, für die (bzw. den) er kompensationspflichtig sein könnte, kann der Vorhabenträger überhaupt nur mit jenen Kosten belastet werden, die aus seiner ‚privaten‘ Nutzung seines Denkmaleigentums entstehen. Das sind jedoch maximal die, die bis zur Freilegung beweglicher Bodendenkmale (inklusive im Block geborgener Befunde) und zur Zerstörung unbeweglicher Bodendenkmale durch ihre (hoffentlich sachgerecht durchgeführte) Ausgrabung entstehen, denn spätestens an dem betreffenden Zeitpunkt erlischt jedwedes Eigentumsrecht des Grundeigentümers (bzw. Vorhabenträgers) an den betreffenden Denkmalen und entsteht ein neues, vom Grundeigentum völlig unabhängiges Eigentumsrecht an den betroffenen Denkmalen (bzw. der bei den in situ zerstörten unbeweglichen Denkmalen an ihre Stelle tretenden wissenschaftlichen Dokumentation). Bereits die Kosten zur Archivfähigmachung, ja auch nur zur langfristigen Lagerung beweglicher Denkmale und Dokumentationsmaterialien, treffen ab diesem Moment den (neuen, originären) Eigentümer der betroffenen Denkmale, nicht mehr den Grundeigentümer (es sei denn, dieser ist auch der neue, originäre Eigentümer der von seinem Grundstück abgetrennten Denkmale).

Versucht man, dem Grundeigentümer bzw. Vorhabenträger im Wege des sogenannten denkmalpflegerischen Verursacherprinzips zusätzliche Kosten für die über diesen Zeitpunkt hinausgehende Erhaltung, Erforschung oder öffentliche Nutzung der betroffenen Denkmale aufzubürden, würde das eine verfassungswidrige Enteignung des Grundeigentümers darstellen. Man würde ihn dadurch nämlich dazu verpflichten, wirtschaftliche Vorteile, die er aus der Nutzung seines keine Denkmale (mehr) enthaltenden Grundeigentums gewinnen möchte, das öffentliche Interesse an der Erhaltung von Denkmalen zu fördern, die überhaupt nicht (mehr) zu diesem Grundeigentum gehören. Das ist aber selbst dann unzulässig, wenn der Grundeigentümer (bzw. Vorhabenträger) durch rechtmäßige An- bzw. Zueignung der nun von seinem Grundeigentum separaten Sachen einen neuen, originären Eigentumstitel an diesen erwirbt: schließlich findet die Kostentragungspflicht des Denkmaleigentümers ihre Grenze an den wirtschaftlichen Erträgen, die er aus der Nutzung des betreffenden Denkmals ziehen kann (Kemper 2017, 44); nicht an den Erträgen, die er aus seinem sonstigen Eigentum zieht. Dies gilt natürlich umso mehr in jedem Fall, in dem das Eigentumsrecht am (nunmehr) vom Grundeigentum abgetrennten und somit separaten Denkmal – ob es sich dabei nun um ein bewegliches Denkmal oder die wissenschaftliche Dokumentation eines in situ zerstörten unbeweglichen Denkmals handelt – auf einen beliebigen Dritten übergeht, also der Grundeigentümer bzw. Vorhabenträger überhaupt keine Eigentumsrechte bezüglich der betroffenen Denkmale mehr hat.

Der archäologische (und teilweise auch politische bzw. gesetzgeberische) Wunschtraum, die Kosten der durch die Erhaltung der Denkmale in situ gefährdende, ‚private‘ Vorhaben von Grundeigentümern bzw. sonstigen ‚Vorhabenträgern‘ erforderlich werdenden denkmalpflegerischen Arbeiten bis hin zur wissenschaftlichen Nachbearbeitung und Publikation der daraus gewonnenen Erkenntnisse auf diese privaten ‚Verursacher‘ abwälzen zu können, steht also auf extrem schwachen rechtlichen Beinen. Sich dafür dann auch noch auf die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 2 der Valletta-Konvention (Europarat 1992a) zu berufen, dass die für archäologisch-denkmalpflegerische Rettungsmaßnahmen anfallenden Kosten – je nachdem, wie es angemessen ist – aus staatlichen oder privaten Ressourcen getragen werden sollen, weil die Allgemeinheit (bzw. als deren Vertreter der Staat), die (bzw. der) aus den archäologischen Denkmalen Nutzen ziehen will, die durch ihr eigennütziges Handeln entstehenden Kosten nicht tragen will, kann eigentlich nur noch als Verhöhnung der davon Betroffenen betrachtet werden. Dass es im Sinne dieser Konvention und des Schutzes des Eigentumsrechts ‚angemessen‘ wäre, den ‚privaten‘ Grundeigentümer bzw. Vorhabenträger für die Kosten der Erhaltung, Erforschung und öffentlichen Nutzung von Denkmalen haftbar zu machen, die sich weder (noch) in seinem Eigentum befinden noch mit diesem (noch) in irgendeinem anderen als einem historischen Zusammenhang stehen, ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Denn diese Konvention verpflichtet primär und hauptsächlich in Art. 6 Abs. 1 die Signatarstaaten dazu, dafür Sorge zu tragen, dass die archäologische Erforschung der Bodendenkmale aus öffentlichen Mitteln ausreichend finanziert wird, nicht ‚private‘ Denkmaleigentümer; und schlägt nur subsidiär dazu vor, eventuell – wo angemessen bzw. erforderlich – durch Rückgriff auf (auch) private Ressourcen zusätzliche Mittel für Rettungsgrabungen bereitzustellen.

Letztendlich kommt man in der archäologischen Denkmalpflege mit den Verursacherprinzip nicht weit, wenn man damit erreichen möchte, dass private Dritte dafür bezahlen sollen, dass wir anschaffen dürfen. Gänzlich abgesehen von den schon bei Martin et al. (2014, 4 mit weiteren Verweisen in FN 2) angeführten, grundsätzlichen Problemen (z.B. weshalb nur bei Bodendenkmalen?) mit einem archäologisch-denkmalpflegerischen Verursacherprinzip scheitert dieses letztendlich insbesondere daran, dass der Vorhabenträger gar keinen nennenswerten, generell vermeidbaren Schaden am eigentlichen öffentlichen Interesse an den Bodendenkmalen verursacht: das öffentliche Interesse an der öffentlichen Nutzung der Bodendenkmale kann schließlich stets nur durch ihre wissenschaftliche Erforschung, insbesondere durch ihre archäologische Ausgrabung, verwirklicht werden; niemals bloß durch ihre Belassung in situ. Wenn der Vorhabenträger also überhaupt irgendetwas ‚verursacht‘, dann ist es die Notwendigkeit der Entsorgung der betroffenen Denkmale von seinem Grundstück; und sobald diese erreicht ist, endet auch seine denkmalspezifische Erhaltungspflicht.

Die ‚Notwendigkeit‘ der wissenschaftlichen Erforschung der Bodendenkmale wird hingegen allein durch das öffentliche Interesse an der öffentlichen Nutzung der Bodendenkmale erzeugt. Verursacher dieser ‚Notwendigkeit‘ ist also die Allgemeinheit mit ihrem denkmalspezifischen Interesse bzw. als deren Vertreter der Staat selbst, der sich inzwischen im Großteil Deutschlands auch selbst zum Eigentümer der vom Grundstück des Vorhabenträgers abgetrennten Denkmale macht und insbesondere die wissenschaftlichen Nutzungsrechte an den derart ‚geretteten‘ Bodendenkmalen – und damit die einzigen wirklichen Möglichkeiten zur ihrer in irgendeiner Weise (wirtschaftlich oder anderswie) vorteilhaften Nutzung – an sich gezogen bzw. der archäologischen Fachwelt übertragen hat.

Es ist daher auch der Staat, den wir zuallererst zur Finanzierung der Kosten der archäologischen Forschung heranziehen müssen. Denn er ist es, der der rechtliche Vertreter der Allgemeinheit ist, deren Interesse die Erforschung dieser Denkmale erforderlich macht und der dafür auch im Wege der allgemeinen Steuerleistung von dieser Allgemeinheit die dafür erforderlichen finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen hat; so wie das auch die Valletta-Konvention in ihrem Art. 6 (Europarat 1992a) vorgesehen hat. Diesen muss man also verstärkt an seine Verantwortung erinnern, nicht nur davon zu reden, dass die archäologischen Denkmale erhalten werden müssen, um als „Quelle gemeinsamer europäischer Erinnerung und als Instrument für historische und wissenschaftliche Studien“ (Europarat 1992a) dienen zu können, sondern auch durch sein Handeln (in Form ausreichender Finanzierung) dafür zu sorgen, dass diese Quelle auch tatsächlich zu gewünschten Zwecken genutzt wird.

Literaturverweise

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Vieweg, M. 2018. Für die Archäologie in Blöcken gehoben. Damals.de, 17.6.2018 [20.7.2018].



[1] Und das auch nur vorausgesetzt es gibt in der betreffenden Gegend nicht ohnehin einen akuten Wohnungsmangel, der dafür sorgt, dass auch Firma Y ihre etwas teureren Wohnungen ebenso, wenn nicht sogar noch gewinnbringender, verkaufen kann wie Firma X ihre für die EndabnehmerInnen billigeren; oder Firma x einfach ihre Preise nach oben hin anpasst und die Differenz als Gewinn einstreift.

[2] In Österreich habe ich z.B. schon in den späten 1980ern und frühen 1990ern meine frühen Grabungserfahrungen auf großen Rettungsgrabungen des Bundesdenkmalamtes gewinnen können, die bereits damals praktisch vollständig verursacherfinanziert waren; obwohl in Österreich das Verursacherprinzip in der archäologischen Denkmalpflege – und selbst da nur im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren – überhaupt erst mit und nur im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 eingeführt wurde. Im Denkmalschutzgesetz – das jedenfalls bisher für die Mehrheit aller archäologischen Maßnahmen im Lande als das relevante gesetzliche Regelungswerk herangezogen und betrachtet wurde und wird – ist hingegen das Verursacherprinzip bis heute nicht vorgesehen; obwohl es in der Praxis auch derzeit regelhaft zum Einsatz kommt.

[3] Die in der archäologischen Fachwelt populäre Vorstellung, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung archäologischer Hinterlassenschaften automatisch das private Interesse des Grundeigentümers überwiegt, auf seinem Grundstück willkürlich ein Loch graben zu dürfen, ist falsch. Es stehen hier einander das verfassungsgesetzlich geschützte Grundrecht des Eigentümers auf Schutz des Eigentums und das ebenfalls verfassungsgesetzlich verankerte öffentliche Interesse an der Erhaltung der Denkmale als wenigstens grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinanderstehende Rechtsgüter gegenüber und es ist daher zwingend von der staatlichen Verwaltung abzuwägen, welches dieser beiden Rechte im konkreten Einzelfall das andere überwiegt. Weder die deutsche noch die österreichische Rechtsordnung stellen die Rechte der (durch den Staat vertretenen) Allgemeinheit über die Rechte des Einzelnen, sondern sehen ganz richtig die Allgemeinheit als genau das was sie ist, nämlich die Summe aller Einzelnen. Nachdem aber alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten sind, wiegen die Rechte der Allgemeinheit nicht mehr oder weniger als die des Einzelnen, sondern grundsätzlich einmal genau gleich schwer. So wie der Staat die Allgemeinheit vor dem Einzelnen zu schützen hat, hat er auch den Einzelnen vor allen anderen und damit selbstverständlich auch vor der Allgemeinheit zu schützen. Dies macht es im Fall von Kollisionen von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten erforderlich, in jedem Fall anhand der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls zu bestimmen, welches der verfassungsgesetzlich geschützten Rechtsgüter in diesem konkreten Fall schwerer wiegt als das andere; und erzwingt somit die Abwägung und Entscheidung im Einzelfall. Dabei mag es dann zwar durchaus so sein, dass in der Mehrheit aller Einzelfälle, in dem zwischen dem Recht des Einzelnen, willkürlich ein Loch in ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück zu graben, und dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der sich an der betroffenen Stelle befindlichen archäologischen Hinterlassenschaften abzuwägen ist, das letztere Interesse überwiegen wird; es kann aber dennoch – und sei es nur sehr selten – Fälle geben, in denen das private Interesse des Eigentümers das öffentliche Erhaltungsinteresse überwiegt.

[4] Bei staatlichen ‚Verursachern‘ ist das hingegen nicht der Fall: nachdem der Staat das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Denkmale vertritt, ist er generell aufgrund der Bestimmungen des Art. 6 der Valletta-Konvention (Europarat 1992a) dazu verpflichtet, die Gesamtkosten für die erforderlich werdenden archäologischen Erforschungs- und Erhaltungsmaßnahmen zu tragen. Der Staat kann nur jene Teile dieser Kosten, die ihm nur durch die Handlungen von privaten oder öffentlichen ‚Verursachern‘ entstehen, die ihm ansonsten hingegen nicht entstehen würden, auf diese anderen natürlichen oder juristischen Personen abwälzen. Ist der Staat also selbst der Verursacher der erforderlich werdenden archäologischen Rettungsmaßnahmen, hat er deren Gesamtkosten – bis hin zur Publikation – allein zu tragen.

[5] Anderweitige als wirtschaftliche Vorteile können z.B. die Gewinnung von privatem Wohnraum zum eigenen Gebrauch, die Errichtung eines für die Erledigung von Amtsgeschäften erforderlichen, öffentlichen Gebäudes, aber auch z.B. die Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Vergangenheit durch die archäologische Ausgrabung der betroffenen archäologischen Überreste zu Forschungszwecken sein. Bei allen genannten Beispielen handelt es sich selbstverständlich auch um für den Vorhabenträger vorteilhafte Nutzungen; in aller Regel kann dieser daraus aber keine signifikanten wirtschaftlichen Vorteile gewinnen, d.h. er zieht keinen oder höchstens insignifikanten wirtschaftlichen Profit aus diesen anderweitigen Nutzungen.

[6] Nicht unbedingt hingegen das österreichische und alle deutschen Denkmalschutzgesetze!

[7] Inwieweit dies der Fall ist, ist natürlich jeweils anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden: schließlich können dem Eigentümer immer noch zahlreiche verschiedene andere Nutzungsmöglichkeiten verbleiben. Ein größeres Grundstück, das nicht verbaut werden kann, weil sich darauf in situ zu erhaltende archäologische Denkmale befinden, kann z.B. von seinem Eigentümer eventuell immer noch landwirtschaftlich genutzt oder für die derartige Nutzung an einen Bauern verpachtet werden. Das reduziert zwar vielleicht – im Vergleich mit der Verbauung dieses Grundstücks – maßgeblich den wirtschaftlichen Profit, den der Eigentümer aus seinem Grundstück gewinnen kann. Aber übersteigen bei längerfristiger Betrachtung durchschnittlich die Einnahmen, die er aus der landwirtschaftlichen Nutzung (ob nun durch sich selbst oder einen Pächter) des betreffenden Grundstückes gewinnt, die Kosten, die ihm daraus entstehen, gewinnt er weiterhin einen privaten Vorteil aus seinem Eigentum an dem Grundstück.

Gleichzeitig ist jedoch anzumerken, dass genau das oft nicht der Fall ist: z.B. kann der Eigentümer einer Bauparzelle, die er zu den weit höheren Kosten erworben hat, für die solche Grundstücke normalerweise im Vergleich zu für langwirtschaftliche Tätigkeiten gewidmeten Flächen verkauft werden, dann nicht auch tatsächlich zur Verbauung nutzen, weil darauf archäologische Denkmale vorkommen, kann er normalerweise – selbst wenn sich die Parzelle theoretisch immer noch landwirtschaftlich nutzen lässt – aus seinem Eigentum an dieser Parzelle selbst langfristig gesehen keinen wirtschaftlichen Vorteil mehr ziehen, sondern es entsteht ihm aus seinem Eigentum ein bedeutender wirtschaftlicher Nachteil: schließlich kann er die Parzelle aller Wahrscheinlichkeit nach nur noch um einen Bruchteil des Wertes verkaufen, um die er sie erworben hat, und aus der landwirtschaftlichen Nutzung (bzw. Pacht dafür) wird er aller Wahrscheinlichkeit sehr lange nicht ausreichend wirtschaftlichen Profit ziehen können, um auch nur seine ursprünglichen Investitionskosten für den Erwerb des Grundstückes wiederzugewinnen, geschweige denn einen wirtschaftlichen Profit daraus ziehen zu können. Das wird nur noch schlimmer, wenn auch die landwirtschaftliche Nutzung dieses Grundstückes aufgrund des Vorkommens archäologischer Denkmale auf diesem zusätzlich beschränkt wird (z.B. in Bezug auf zulässige Pflugtiefen etc.) und der Ertrag daher im Vergleich zu nicht archäologisch belasteten Grundstücken noch geringer wird; und der Eigentümer zusätzliche Ausgaben für aktive Erhaltungsmaßnahmen zum Schutz ‚seiner‘ archäologischen Denkmale hat.

Kann der Eigentümer (bzw. sonstige Verfügungsberechtigte) sein Grundstück nicht mehr gewinnbringend nutzen, bzw. übersteigen die finanziellen Belastungen, die ihn durch die Erhaltung der auf seinem Grund vorkommenden Denkmale treffen, den finanziellen Nutzen, den er aus diesem Grundstück ziehen kann – selbst wenn er es noch auf irgendeine für ihn anderswie vorteilhafte Weise nutzen könnte – ist ihm dies nicht mehr zumutbar (siehe dazu sinngemäß auch Kemper 2017, 44; ausführlicher Martin et al. 2014). Erforderlichenfalls ist – wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der auf seinem Grundstück vorkommenden archäologischen Denkmale tatsächlich derart schwer wiegt, dass diese vom Staat auch dann zu gewährleisten ist, wenn dies dem Eigentümer mehr Kosten als Nutzen bringen würde – in einem solchen Fall, wenn sich keine andere Lösung finden lässt, notfalls eine zwangsweise Enteignung des privaten Grundeigentümers vorzunehmen.

[8] D.h. immer dann, wenn nicht das berechtigte Interesse der Allgemeinheit, die betroffenen Denkmale in situ unverändert zu erhalten, das des Einzelnen an ihrer Entsorgung von seinem Grundstück so extrem deutlich überwiegt, dass diese (wenigstens zum betreffenden Zeitpunkt noch) überhaupt nicht ersatzweise wissenschaftlich ausgegraben werden können; was allerdings stets schon allein deshalb inhärent problematisch ist, weil sich dann die Frage stellt, wofür diese Denkmale überhaupt erhalten werden sollen, wenn man sie (wenigstens derzeit, wenn nicht sogar überhaupt nie) der Nutzung zuführen kann, für die man sie angeblich erhalten muss.

[9] Eben: um den von mir vergifteten Fluss überhaupt weiter nutzen zu können, muss diese Vergiftung neutralisiert werden. Als Verursacher der Vergiftung bin ich für die dafür anfallenden Kosten verantwortlich: ohne mein Zutun wäre Fluss schließlich nicht vergiftet worden und daher auch keinerlei Kosten für seine Entgiftung entstanden.

[10] Oder anders gesagt: ich bin Eigentümer eines Planschbeckens, in dem ich gerne ein wenig planschen möchte. Die Allgemeinheit hat jedoch ein Interesse daran, die ‚originale‘ Wasserqualität in meinem Planschbecken als Denkmal wissenschaftlich zu erforschen. Das könnte sie zwar jederzeit auf eigene Kosten machen, hat es aber bisher unterlassen, weil sie damit lieber auf später warten will. Will ich daher jetzt in meinem Planschbecken planschen, bin ich angeblich dafür verantwortlich, dass die jetzt aufgrund meines eigennützigen Verhaltens ‚denkmalpflegerisch notwendig‘ gewordene ‚Untersuchung‘ durchgeführt werden ‚muss‘ und habe daher als deren ‚Verursacher‘ die dafür anfallenden Kosten zu tragen.

[11] Und in diesem Fall muss tatsächlich auf die Einnahmen abgestellt werden, die aus der denkmalschonenden Nutzung des Bodens über den archäologischen Denkmalen lukriert werden können: schließlich können sich archäologische Denkmale auch nur auf kleinen Teilen eines weit größeren Grundstückes befinden. Selbst wenn man eine aktive Erhaltungspflicht des Grundeigentümers für sich auf seinem Boden befindliche archäologische Denkmale voraussetzt (die in Österreich ausgeschlossen ist, siehe dazu Bazil et al. 2015, 7,16, 43-4) kann dieser wohl kaum dazu verpflichtet werden, die Erhaltung von Denkmalen auf Teilen seines Grundes durch die Erträge querzufinanzieren, die er mit der Nutzung seines nicht ‚denkmalverseuchten‘ Bodens erwirtschaftet.

[12] Betrachtet man z.B. die durch das Discovering the Archaeologists of Europe 2012-2014-Projekt für das Jahr 2013 geschätzten Gesamtkosten der deutschen Archäologie (die natürlich mehr als nur die Kosten von denkmalpflegerisch erforderlichen Rettungsgrabungen abdecken mussten) von ca. € 240 Millionen (Aitchison et al. 2014, 41) im Vergleich mit den Gesamtausgaben der deutschen Länder im selben Jahr von ca. € 309 Milliarden (Bundesfinanzministerium 2014, 2), dann zeigt sich, dass die gesamte deutsche Archäologie nur 0,08%, d.h. nicht einmal ein Promille, der Ausgaben der zuständigen Länder gekostet hat. Legt man diese geschätzten, durch die deutsche Archäologie im Jahr 2013 erzeugten Gesamtkosten auf alle im gleichen Jahr Erwerbstätigen Menschen mit Wohnort (und damit wohl auch Steuerpflicht) in Deutschland um – laut statistischem Bundesamt waren das c. 44,4 Millionen Menschen (siehe https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/ 2015/01/PD15_001_13321.html [13.7.2018]), hätte jeder davon in diesem Jahr ca. € 5,40 bezahlen müssen, um die gesamte deutsche Archäologie voll auszufinanzieren. Umgelegt auf die Ende 2013 c. 80,8 Millionen EinwohnerInnen Deutschlands wären es sogar nur ca. € 2,97 pro Person. Selbst wenn man davon ausgeht, dass – wie schon weiter oben erwähnt – die derzeit kaum finanzierte Nachbearbeitung archäologischer Ausgrabungen bis hin zur Publikation die Kosten pro Person verfünffachen würden, d.h. die Gesamtkosten der deutschen Archäologie pro Jahr auf ca. € 1,2 Milliarden ansteigen würden, wären die Kosten dafür pro Person immer noch gerade einmal ca. € 14,85 jährlich, also weniger als der Preis für ein Abendessen in einem Restaurant. Dass eine derartige Summe jedem einzelnen Mitglied der Allgemeinheit für die Verwirklichung des Interesses der Allgemeinheit an der Erhaltung der archäologischen Denkmale – das ja scheinbar groß genug ist, dass man privaten ‚Verursachern‘ archäologischer Ausgrabungen Kosten von eventuell bis zu 15% des gesamten Investitionsvolumens ihres Vorhabens zumuten kann – was bei teuren Großbauvorhaben auch 'mal schnell über eine Million, eventuell sogar in Einzelfällen über hundert Millionen Euro sein könnten – nicht zumuten kann, erscheint doch eher unglaubwürdig.

[13] Auch dafür ein kleines, fiktives Beispiel: Sie wollen in einem gesetzlich im öffentlichen Eigentum und damit (auch) zu ihrem Gebrauch zur Verfügung stehenden Fluss baden und stellen dabei fest, dass dieser Fluss von einem unbekannten Verursacher vergiftet wurde. Der Staat ist an sich gesetzlich dafür verantwortlich, diesen Fluss im öffentlichen Interesse nutzbar zu erhalten, d.h. allfällige Vergiftungen des Flusses zu neutralisieren. Dieser Verantwortung ist der Staat aber bisher nicht nachgekommen und will ihr derzeit auch nicht nachkommen, weil er die dafür erforderlichen finanziellen Ressourcen nicht bereitstellen will. Nachdem sie jetzt in diesem Fluss zwar völlig berechtigter Weise, aber eigennützig, baden wollen, muss der Staat daher jetzt und nicht erst irgendwann einmal später den Fluss entgiften, d.h. seinen Zeitplan für die Flussentgiftung umstellen. Nachdem ihm das jetzt Kosten verursacht, die ihn ohne ihr Zutun eventuell erst später getroffen hätten, verlangt er von ihnen daher nun den Ersatz dieser Kosten, weil ja erst ihr eigennütziges Verhalten ihn dazu veranlasst, die Vergiftung des Flusses zu neutralisieren.

1 Kommentar:

  1. "Valletta-Konvention"

    Wozu braucht der in Europa nationalstaatlich geregelte Denkmalschutz solche supranationalen Konstrukte?

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