Eine der populärsten Vorstellungen unter ArchäologInnen und
Archäologieinteressierten ist, dass ‚die Archäologie‘[1]
bzw. ‚die Bodendenkmale‘[2]
der Allgemeinheit gehören oder wenigstens gehören sollten. Archäologische
Überreste sind schließlich Quellen für die Erforschung der Vergangenheit, und,
wie man es häufiger in etwas simplifizierten Äußerungen zur Frage in populären
Medien liest, die Vergangenheit gehört schließlich „allen gleichermaßen“ (oder auch „keinem Einzelnen“ oder „niemandem“).
Diese Vorstellung findet – wenigstens scheinbar, wenigstens bei
oberflächlicher Betrachtung – auch Bestätigung in internationalen Kulturgüterschutzkonventionen
wie z.B. der Lausanne Charter. Diese spricht in ihrem Art. 3 davon, dass das
archäologische Erbe ein Allgemeingut der gesamten Menschheit ist: „The archaeological heritage is common to
all human society…“ (ICOMOS 1990, 2). Ebenso scheinen unsere
Verfassungsgesetze, die den Denkmalschutz zu einer im öffentlichen Interesse
gelegenen Staatsaufgabe machen, ebenso wie unsere Denkmalschutzgesetze, die
Denkmale aufgrund ebendieses öffentlichen Interesses als Allgemeinwohlgut
schützen, diese Ansicht zu bestätigen. Etwas, das ein Allgemeinwohlgut ist,
also allen nützlich sein soll, muss wohl auch – wenigstens in gewissem Sinn –
allen gehören.
Die Vergangenheit und Sachen der Gegenwart
In gewissem Sinn stimmt diese Vorstellung auch: die Vergangenheit als
solches kann keinem Einzelnen gehören, sondern gehört tatsächlich niemandem. Es
gibt ‚die Vergangenheit‘ schließlich gar nicht in einer Form, die sie der
eigentumsmäßigen Beherrschung durch Menschen zugänglich machen würde: weder ist
‚die Vergangenheit‘ eine körperliche Sache, die irgendjemand seiner eigenen
Herrschaft unterwerfen könnte, noch kann irgendjemand im eigentumsrechtlichen
Sinn über sie verfügen, d.h. z.B. sie ändern, verbrauchen oder vernichten. Sie
kann daher auch – wenigstens im rechtlichen Sinn – niemandem gehören, und zwar
weder einem Einzelnen noch allen gemeinsam (und auch nicht dem Staat oder einer
sonstigen Gebietskörperschaft als Vertreter der bzw. einer bestimmten
Allgemeinheit).
Dennoch ist diese Vorstellung auch falsch bzw. so grob vereinfachend,
dass sie – gerade in der archäologischen Denkmalpflege – zu maßgeblicher
Verwirrung führt; einer Verwirrung, die auch gravierende Folgen hat. Denn
dieser Vorstellung liegt der Denkfehler zugrunde, dass die materiellen Hinterlassenschaften
der Vergangenheit – d.h. ‚die Archäologie‘ bzw. ‚die Bodendenkmale‘– gänzlich
zu dieser und in diese Vergangenheit gehören und nicht (auch) körperliche
Sachen (bzw. Bestandteile solcher Sachen) der Gegenwart sind. Genau das ist
aber nicht der Fall, sondern in der Denkmalpflege geraten eben, wie es schon
Georg Dehio ausgedrückt hat, „Gegenwart
und Vergangenheit in Konflikt“ (1905, 274).
Als körperliche Sachen (bzw. Bestanteile solcher Sachen) der Gegenwart
sind Bodendenkmale selbstverständlich eigentumsfähig; wenigstens solange sie
nicht zur res extra commercium – d.h.
zum dem Privatrechtsverkehr entzogenen Staatsvermögen – erklärt werden. In der
Praxis bedeutet aber selbst letzteres nur, dass die betreffenden Sachen eben im
Eigentum des Staates stehen, der über sie (bzw. ihre Nutzung) dann im Prinzip
genauso frei verfügen kann wie ein privater Eigentümer über sein
Privateigentum; nur insofern beschränkt, als er sie dann – weil sie nicht
verkehrsfähig sind – nicht irgendjemandem anderen verkaufen kann.
Tatsächlich wäre es in unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung sogar
ein bedeutendes Problem, wenn eine ganze Kategorie von körperlichen Sachen wie
eben Bodendenkmale grundsätzlich keinen gegenwärtigen, rechtmäßigen Eigentümer
hätte: schließlich hat eigentlich nur der Eigentümer einer Sache sowohl die
rechtliche Verfügungsgewalt über die Nutzung als auch irgendeine rechtliche
Verantwortung bezüglich dieser Sache und der ihr anhaftenden Lasten. Eine
Sache, die niemandem gehört, darf daher entweder von überhaupt niemandem in
irgendeiner Weise genutzt werden, oder aber von jedem in jeder beliebigen Weise
genutzt werden; und niemand hat irgendeine Verantwortung, sich um diese Sache
zu kümmern. Alles davon wäre aus denkmalpflegerischer Sicht höchst ungünstig:
darf niemand die Sache in irgendeiner Weise nutzen, dann kann sie ja auch nicht
als Denkmal genutzt werden. Darf sie hingegen jeder jederzeit so nutzen, wie er
das will, dann ist sie weder vor der willkürlichen Zerstörung geschützt noch
wird sie unbedingt der denkmalpflegerisch sachgerechten,
allgemeinwohlförderlichen Nutzung zugeführt. Muss sich schließlich niemand um
sie kümmern, ist auch niemand dazu verpflichtet, sie zu erhalten oder
irgendwelchen Aufwand in sie zu investieren. Die mit dem Eigentumsrecht
einhergehende exklusive Verfügungsgewalt des Eigentümers über die Nutzung der
und Verantwortung für die Sache ist daher erforderlich, um die produktive
Nutzung der Sache regulieren und kontrollieren und ihre längerfristige
Erhaltung sicherstellen zu können.
Einfacher gesagt: als körperliche Sachen der Gegenwart brauchen
Bodendenkmale einen Eigentümer, wenn man sie gegenwärtig irgendwie nutzen und
irgendwem die gegenwärtige rechtliche und damit auch finanzielle Verantwortung
für sie übertragen will.
Denkmale als Sachen und das Eigentumsrecht
Man muss daher klar unterscheiden; einerseits
zwischen der Vergangenheit, die niemandem gehört; und andererseits zwischen den
gegenwärtigen körperlichen Sachen, die – weil sie aus der Vergangenheit stammen
– als körperliche Informationsspeichermedien in ihrer Erscheinung und Substanz
Informationen über die Vergangenheit beinhalten, die man mit archäologischen
Forschungsmethoden auslesen kann, die irgendjemandem gehören müssen. Man muss
sogar, wie ich noch weiter unten genauer darstellen werde, noch weiter
unterscheiden; nämlich auch noch zwischen einerseits den gegenwärtigen
körperlichen Sachen selbst, die als Speichermedien für Informationen über die
Vergangenheit fungieren, die jedenfalls einen Eigentümer brauchen; und
andererseits den aus diesen Medien mit archäologischen (und/oder anderen
wissenschaftlichen) Forschungsmethoden ausgelesenen Informationen über die
Vergangenheit, die jedenfalls immer einen konkreten Eigentümer haben.
Das Eigentumsrecht
Was Eigentum ist, ist einigermaßen komplex.
Grundsätzlich einmal kann man feststellen, dass das Eigentumsrecht per se
sowohl in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 17;
Europäische Union 2012, 399) als auch verfassungsgesetzlich in Deutschland
(durch Art. 14 GG)
ebenso wie in Österreich (durch Art. 5 StGG)
als bürgerliches Grundrecht garantiert wird. Der genauere materielle Gehalt des
Eigentumsrechts (d.h. was ‚Eigentum‘ eigentlich bedeutet) wird jedoch durch
eine Vielzahl verschiedener Einzelgesetze genauer bestimmt. So ist zwar
grundsätzlich gemäß der allgemeinen Legaldefinition des Eigentumsrechts im
deutschen BGB und österreichischen ABGB der vollständige Eigentümer einer Sache
dazu berechtigt, mit dieser zu verfahren, wie er will; bezüglich Denkmalen – die,
wie ja soeben ausgeführt, auch Sachen sind – wird diese willkürliche
Verfügungsgewalt des Eigentümers jedoch durch die Denkmalschutzgesetze wieder
beschränkt: darf der Eigentümer einer beliebigen Sache diese auch willkürlich
zerstören oder verändern, wenn er das möchte, bedarf der Eigentümer eines
geschützten Denkmals einer behördlichen Genehmigung, bevor er sein Denkmal
zerstören oder verändern darf (Berka 1999, 407). Eigentum kann man aber nicht
nur an körperlichen Sachen wie Denkmalen, sondern auch an immateriellen Gütern
(z.B. bestimmten Rechten) haben, wie z.B. die mit geistigen oder künstlerischen
Leistungen verbundenen Urheberrechte, die ‚geistige Eigentumsrechte‘ sind.
Primär unterliegen geldwerte Sachen und Rechte dem Eigentumsrecht, wenngleich dieses
sich auch (wenn auch nur seltener) auf nicht geldwerte Rechte erstrecken kann,
wie z.B. das Recht des Urhebers einer geistigen oder künstlerischen Leistung
auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem Werk (für Deutschland siehe §
13 UrHG; für Österreich §§ 19-20 UrHG).
Trotz aller damit verbundenen Komplexitäten
kann man das Eigentum dennoch, auf seinen einfachen Kern heruntergebrochen, als
das verbindliche Recht einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person
beschreiben, exklusiv[3]
im Rahmen gesetzlich bestimmter Grenzen willkürlich über ein bestimmtes Gut
(eine Sache oder ein Recht) zu verfügen. Oder noch einfacher gesagt: der
Eigentümer hat das Recht, im Rahmen der Gesetze alleine und frei, wie es ihm
beliebt, darüber zu entscheiden, was mit diesem Gut geschehen (oder nicht
geschehen) soll (darf, muss, etc.).
Nachdem das Recht, über das Schicksal der
betreffenden Sache zu entscheiden, gewöhnlich nur jeweils in der Gegenwart –
d.h. an dem Zeitpunkt, an dem eine Entscheidung getroffen wird – relevant ist,
genügt es gewöhnlich, das Eigentumsrecht rein synchron zu betrachten. Ist klar,
wer der rechtmäßige Eigentümer eines bestimmten Gutes ist, muss normalerweise
nur beurteilt werden, ob er über das Gut, über das er auf eine bestimmte Weise
verfügen möchte, im Rahmen der gesetzlichen Grenzen seines Eigentumsrechts auch
auf diese bestimmte Weise verfügen darf. Wem das betreffende Gut vorher gehört
hat oder nachher irgendwann einmal gehören wird und was ein allfälliger Vor-
oder Nacheigentümer oder sonstige beliebige Dritte bezüglich des betreffenden
Guts wollen würden, ist hingegen gewöhnlich vollkommen irrelevant: was zählt,
ist nur, was sein derzeitiger Eigentümer bezüglich dieses Gutes will.
Eine diachrone (bzw. historische) Betrachtung
des Eigentumsrechts ist in der Regel daher auch nur dann erforderlich, wenn die
Frage, wer das Eigentumsrecht an einem konkreten Gut hat, ungeklärt oder
umstritten ist; bzw. im Zeitpunkt, an dem das Eigentumsrecht von einem auf
einen anderen Eigentümer (freiwillig) übertragen[4]
wird oder (unfreiwillig) übergeht.[5]
Ist ungeklärt oder umstritten, wer das Eigentumsrecht am betreffenden Gut hat,
muss diese Frage natürlich geklärt werden; und dazu ist es häufig notwendig, zu
ermitteln, wer zu früherer Zeit das Eigentumsrecht hatte und ob und wie es wann
auf welche andere Person übergegangen ist. Sobald diese Frage jedoch geklärt
ist, kann man wieder zur rein synchronen Betrachtungsweise des Eigentumsrechts
zurückkehren.
Baudenkmale, Kunstdenkmale und Archivalien
Bau- und Kunstdenkmale wie auch Archivalien
sind – unabhängig davon, dass sie auch Quellen der Erforschung der und
kulturellen Erinnerung an die Vergangenheit sind – grundsätzlich einmal
weitgehend normale körperliche Sachen. Ob nun Bauwerke, Gemälde oder Dokumente
(etc.), sind sie jeweils für sich betrachtet von anderen separate (bzw.
sinnlich voneinander abgrenzbare und ohne Zerstörung oder maßgebliche
Veränderung ihrer jeweiligen Substanz abtrennbare) Gegenstände und damit
jeweils auch separat eigentumsfähige Sachen.
Als solche haben sie in aller Regel auch
jeweils einen gegenwärtigen, rechtmäßigen Eigentümer, d.h. sie gehören im
rechtlichen Sinn einer bestimmten, natürlichen oder juristischen Person. Von
beliebigen anderen körperlichen Sachen unterscheiden sie sich im Prinzip nur
dadurch, dass sie Denkmalcharakter haben; d.h. dass die Verfügungsgewalt ihres
jeweiligen Eigentümers über sie nicht nur – wie bei beliebigen anderen Sachen
der Fall – durch die sonstigen das Sacheigentum regelnden Gesetze, sondern auch
durch die jeweils lokal geltende Denkmalschutzgesetzgebung beschränkt wird.
Es gilt daher bezüglich Bau- und Kunstdenkmalen
sowie Archivalien im Prinzip das, was gerade generell zum Eigentumsrecht gesagt
wurde: ihr rechtmäßiger Eigentümer darf mit ihnen im Rahmen der gesetzlichen
Grenzen seines Eigentumsrechts weitgehend beliebig tun und lassen, was er will.
Diese Grenzen sind – weil ja bezüglich der Denkmale durch die
Denkmalschutzgesetze seine Verfügungsgewalt über sein Denkmal zusätzlich
beschränkt wird – etwas oder sogar deutlich enger gesetzt als bezüglich
beliebiger anderer, ebenfalls in seinem Eigentum stehender Sachen. Aber solange
er diese Grenzen nicht überschreitet, darf er willkürlich mit seinem Denkmal
verfahren, wie es ihm gerade gefällt.
Es genügt daher bei Bau- und Kunstdenkmalen wie
auch bei Archivalien gewöhnlich auch die rein synchrone Betrachtung des
Eigentumsrechts: relevant ist bei Entscheidungen über das Schicksal des
Denkmals in der Regel nur, ob der, der diese Entscheidung trifft, auch
tatsächlich am Zeitpunkt der Entscheidung das Eigentumsrecht am betroffenen
Denkmal innehat und seine Entscheidung auch innerhalb der gesetzlichen Grenzen
seiner rechtlichen Verfügungsgewalt über dieses liegt. Ist das der Fall, muss
man nichts Weiteres bedenken.
Nachdem wenigstens Bau- und Kunstdenkmale, aber
im Grunde genommen auch Archivalien, meist auch entsprechend ihrer zweckgemäßen
Nutzung gebraucht werden können[6],
steht ihre Unterschutzstellung als Denkmale gewöhnlich auch der für ihren
Eigentümer vorteilhaften, wenn auch denkmalgerechten, Nutzung nicht entgegen.
Ihre zweckgemäße Nutzung ist sogar normalerweise die beste Möglichkeit, sie
längerfristig auch als Denkmal in gutem Zustand zu erhalten: diese
gewährleistet schließlich ihre auch denkmalpflegerisch erforderliche Instandhaltung,
während sie gewöhnlich recht rasch der Zerstörung anheimfallen, wenn sie gar
nicht oder nicht zweckgemäß genutzt werden. Die Beschränkungen ihrer
Verfügungsgewalt durch denkmalrechtliche Bestimmungen sind daher für Eigentümer
von Bau- und Kunstdenkmalen sowie Archivalien normalerweise auch kein
bedeutendes Problem: nachdem diese ohnehin ein eigenes Interesse daran haben,
ihr Eigentum in zweckgemäß nutzbarem Zustand zu erhalten, ist die ihnen
denkmalrechtlich aufgelastete Erhaltungspflicht zumeist – wenn überhaupt – nur
eine geringfügige zusätzliche Belastung für sie.[7]
Zu einer ernsthaften Belastung werden sie nur, wenn der Eigentümer des Denkmals
dieses zerstören, maßgeblich verändern oder – wie z.B. bei Kunstdenkmalen
häufiger relevant – ins Ausland verkaufen will.
Bei Bau- und Kunstdenkmalen sowie Archivalien
kommen also die Eigentumsrechte des Einzelnen, die gegenwärtige, zweckmäßige
Nutzung des Denkmals als körperliche Sache und die denkmalpflegerischen
Erfordernisse nur relativ selten in Konflikt miteinander: Gegenwart und
Vergangenheit sind meist miteinander weitgehend in Einklang. Nur wenn der
Denkmaleigentümer sein Denkmal vorsätzlich zerstören oder maßgeblich verändern
will, kommt es zu einem Konflikt zwischen den Bedürfnissen der Gegenwart und
der Vergangenheit.
Bodendenkmale
Bei Bodendenkmalen ist die Sachlage hingegen
nicht nur maßgeblich anders, sondern auch um ein Vielfaches komplexer. Denn im
Gegensatz zu den Bau- und Kunstdenkmalen sowie den Archivalien sind sie keine
weitgehend normalen körperlichen Sachen. Denn zum einen sind sie zumeist bis zu
ihrer Entdeckung gänzlich unbekannt, was ihre sachenrechtliche Einordnung und
eigentumsrechtliche Zuordnung unmöglich macht oder wenigstens maßgeblich
erschwert; und zum anderen nahezu immer Sachen, die aufgrund ihrer natürlichen
Eigenschaften – d.h. ihres historisch gewachsenen Zustands, normalerweise des
fortgeschrittenen Verfalls – durch ihren allfälligen Eigentümer kaum noch
irgendeiner von ihm gewünschten vorteilhaften Nutzung zugeführt werden können.
Als Folge davon ist weder die oben geschilderte, einfache, synchrone
Betrachtung der Eigentumsrechtsfrage noch ihre weitgehend konfliktfreie
denkmalgerechte Nutzung durch ihren allfälligen Eigentümer möglich.
Zusätzlich wird die Sachlage bei Bodendenkmalen
dann auch noch dadurch verkompliziert, dass sich der Zustand des betroffenen
Denkmals durch seine Erforschung durch archäologische Ausgrabung, die dafür
erforderlich ist, um es überhaupt seiner primären, im öffentlichen Interesse
gelegenen Nutzung (der kulturellen Erinnerung) zuführen zu können, auch noch
maßgeblich ändert. Nicht nur verändert sich dadurch seine Einordnung im
sachenrechtlichen Sinn, sondern oft auch seine eigentumsrechtliche Zuordnung
und es entstehen teilweise gänzlich neue, originäre Eigentumstitel am Denkmal
bzw. der wissenschaftlichen Dokumentation des Denkmals, die aus
denkmalpflegerischer Sicht an die Stelle des in seiner originalen Substanz
zerstörten, ursprünglichen Denkmals tritt.
Resultat davon ist nahezu totale Verwirrung,
die es nun wenigstens teilweise zu beseitigen gilt. Dafür sind bewegliche und
unbewegliche Bodendenkmale zuerst einmal separat voneinander zu betrachten.
Bewegliche Bodendenkmale
Bei beweglichen Bodendenkmalen beginnen die
Probleme damit, dass sie zwar bis zu ihrer Entdeckung gegenwärtig gänzlich
unbekannt sind und sich daher jedweder sachen- und eigentumsrechtlichen
Beurteilung entziehen; gleichzeitig aber jedenfalls bereits seit ihrer ursprünglichen
Erzeugung in der Vergangenheit existieren, aller Wahrscheinlichkeit nach auch
bereits in der Vergangenheit irgendwann einmal separat eigentumsfähig waren und
auch einen Eigentümer hatten.[8]
Das gestattet es nun, bewegliche Bodendenkmale diachron im sachen- und
eigentumsrechtlichen Sinn auf zwei verschiedene Arten zu betrachten:
Man kann einerseits davon ausgehen, dass ein
bewegliches Bodendenkmal im eigentumsrechtlichen Sinn eine klassische res derelictae ist, also eine
nachträglich herrenlos gewordene Sache. Diese Sache hatte vor ihrer Ablagerung
im Boden jeweils (wenigstens) einen rechtmäßigen Eigentümer, der jedoch sein
Eigentumsrecht an ihr entweder absichtlich aufgegeben[9]
oder unbeabsichtigt verloren hat,[10]
wodurch das an ihr vormals bestanden habende Eigentumsrecht erloschen und sie
somit herrenlos geworden ist. Als solche lag sie dann im Boden verborgen, bis
sie – ob nun durch ein zufälliges Ereignis[11]
oder absichtlich[12] -
wiederentdeckt wird, und ist während dieser Zeit durchgehend eine res nullius gewesen, also eine Sache,
die niemandem gehört.
Das erlaubt es, sie zum Zeitpunkt ihrer
Wiederentdeckung als nachträglich herrenlose Sache zu betrachten, an der
natürlichen oder juristischen Personen ein neues, originäres Eigentumsrecht
entstehen kann. Dieses Eigentumsrecht kann – je nach gesetzlicher Regelung des
Eigentumserwerbs an beweglichen Bodendenkmalen – allein oder in jeder
beliebigen Kombination der anderen geteilt ihrem Finder, dem Eigentümer des
Grundstückes, auf dem sie entdeckt wurde, dem Staat[13]
(oder einer anderen Gebietskörperschaft) oder jedem beliebigen Dritten
entstehen.
Gleichzeitig folgt daraus dann aber auch
zwingend, dass den Eigentümer des Grundstücks, auf dem sie sich befand, bis zu ihrer
Entdeckung niemals irgendeine denkmalrechtliche Erhaltungspflicht bezüglich
dieser Sache treffen konnte. Er war schließlich während dieser Zeit nicht ihr Eigentümer
und hatte daher auch keinerlei rechtliche oder sonstige Verantwortung für sie;
einmal abgesehen davon, dass er – weil sie ja bis zu ihrer Entdeckung unbekannt
ist – gar nicht wissen konnte, wo sie sich befindet und wie sie am besten
denkmalgerecht zu behandeln ist.
Ebenso wenig kann man ihm nach seiner
Entdeckung irgendwelche Kosten für die Bergung dieser Sache, d.h. des
beweglichen Bodendenkmals, aufbürden, wenn er nicht durch die Entdeckung
automatisch zu ihrem Eigentümer wird: er ist schließlich dann immer noch nicht
Eigentümer dieser Sache und es trifft ihn keinerlei rechtliche oder sonstige
Verantwortung für deren Erhaltung. Ganz im Gegenteil: er kann darauf bestehen,
dass der, dem durch die Entdeckung des beweglichen Bodendenkmals ein
Eigentumsrecht an ihm entstanden ist, dieses nun auch möglichst zeitnah auf
dessen eigene Kosten von seinem Grundstück entfernt, damit er sein Grundstück
uneingeschränkt durch irgendwelche Notwendigkeiten der Rücksichtnahme auf die
beweglichen Güter eines Dritten willkürlich benutzen kann. Ja er kann sogar,
soweit der Dritte, dem das Eigentum am beweglichen Bodendenkmal entstanden ist,
sein Grundstück zur Bergung seines Eigentums nicht bloß betreten, sondern auch
– z.B. für eine archäologische Ausgrabung – benutzen muss, von diesem Dritten
Schadenersatz und eine Gebühr für die Benutzung seines Grundstückes verlangen.
Denn an seinem vom beweglichen Bodendenkmal separaten Grundstück hat der
Grundeigentümer schließlich das ausschließliche Nutzungsrecht.
Unter dieser Betrachtungsweise kann man also
zwar das bewegliche Bodendenkmal qua Schatzregal am Zeitpunkt seiner Entdeckung
ins Staatseigentum übergehen lassen; aber dafür hat der Grundeigentümer dann
auch keinerlei Verpflichtungen bezüglich des beweglichen Bodendenkmals, und
zwar zu keiner Zeit, weder vor, noch (außer vielleicht einer gesetzlichen
Meldepflicht) bei, noch nach seiner Entdeckung. Ganz im Gegenteil kann er dann
für die notwendigen Bergungsmaßnahmen eventuell noch eine Gebühr für die dafür
notwendige Nutzung seines Grundstückes verlangen.
Oder man kann andererseits davon ausgehen, dass
das bewegliche Bodendenkmal, während es sich noch im Boden des Grundstückes
befindet, sinnlich nicht vom Grundstück unterscheidbar und auch nicht ohne
Zerstörung oder maßgebliche Veränderung seiner Substanz von diesem abtrennbar
und somit ein wesentlicher Bestandteil des Grundstückes selbst, d.h. im
rechtlichen Sinn keine vom Grundstück separate Sache ist. Wenn es aber nun Teil
des Grundstückes sein soll, kann es keine res
derelictae mehr sein, sondern muss entweder mit oder wenigstens irgendwann
einmal seit seiner Ablagerung in ihm mit dem Grundstück oder dem Boden zu einer
Einheit verschmolzen, also zum Grundstücks- oder Bodenbestandteil geworden
sein.
Ist es irgendwann einmal in der Vergangenheit
aber zu einem Grundstücks- oder Bodenbestandteil geworden, hat das Bodendenkmal
auch einen rechtmäßigen Eigentümer, nämlich eben den Eigentümer des
Grundstückes, dessen wesentlicher Bestandteil oder Bodenbestandteil es ist.[14]
Damit ist es möglich, dem Grundeigentümer denkmalspezifische
Erhaltungspflichten aufzubürden: er ist als Grundeigentümer schließlich
automatisch auch Eigentümer aller wesentlichen Bestandteile seines Grundstücks
bzw. des dieses ausmachenden Bodens und damit auch des beweglichen
Bodendenkmals. Zwar kann er von diesem Bestandteil – da er ja noch nicht
entdeckt ist – überhaupt nicht wissen und das bewegliche Denkmal daher auch
nicht denkmalgerecht behandeln. Aber wenigstens kann man ihm, sobald es
entdeckt wird, im Rahmen der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit mit den
Kosten einer allfällig erforderlich werdenden Bergung des Denkmals belasten: er
ist schließlich als sein Eigentümer zur (auch) allgemeinwohlförderlichen
Nutzung seines beweglichen Bodendenkmals verpflichtet.
Gleichzeitig folgt daraus aber dann auch
zwingend, dass im Fall der Entdeckung des beweglichen Denkmals weder die
hadrianische Teilungsregel (des § 984 BGB
bzw. §
399 ABGB) für Schatzfunde noch allfällig bestehende
denkmalrechtliche Schatzregale (wie z.B. das des §
23 DSchG-BW) greifen können.[15]
Denn die gesetzlichen Schatzfundregeln gelten schließlich allesamt nur für
herrenlose Sachen; und das bewegliche Bodendenkmal ist unter dieser
Betrachtungsweise eben gerade nicht herrenlos, sondern wesentlicher Bestandteil
des bzw. Bodenbestandteil eines Grundstückes und hat damit einen gegenwärtigen,
rechtmäßigen Eigentümer, nämlich eben den Grundeigentümer.
Die Tatsache, dass man das bewegliche
Bodendenkmal infolge seiner Entdeckung nun sowohl sinnlich vom Grundstück, auf
dem es sich befindet, unterscheiden als auch physisch von diesem abtrennen
kann, tut dabei nichts zur Sache. Rechtlich gesehen ist es schließlich ein
wesentlicher Bestandteil des Grundstückes bzw. dessen Bodens und man kann es
daher auch weiterhin nicht ohne wesentliche Veränderung der Substanz der im
Eigentum des Grundeigentümers stehenden Sache von dieser abtrennen. Vielmehr
teilt man, wenn man es vom Boden abtrennt, die Substanz der betroffenen Sache
in zwei (ungleiche) Teile: den (unbeweglichen) Boden selbst, und das (nunmehr
bewegliche) Bodendenkmal. Rechtlich gesehen ist dies nichts anderes, als wenn
man von einem Laib Brot eine Scheibe abschneidet. Selbstverständlich gehören
auch nach der Teilung der ursprünglichen Sache die in Form ihrer Teile nunmehr
neu entstandenen zwei Sachen – der Rest des Brotlaibes und die Brotscheibe –
weiterhin unverändert demselben Eigentümer, dem vorher das ganze Brot gehört
hat; nicht etwa nur der Rest des Brotlaibes, während die Brotscheibe nun als
herrenlose Sache zu betrachten wäre.
Unter dieser Betrachtungsweise kann man also
eventuell dem Grundeigentümer innerhalb eines zumutbaren Rahmens
denkmalrechtliche Erhaltungspflichten bzw. die dafür anfallenden Kosten
aufbürden; aber dafür kann man die beweglichen Bodendenkmale nicht qua
Schatzregal ins Staatseigentum übergehen lassen, sondern müsste sie ihrem
Eigentümer, wenn man sie ins Staatseigentum überführen will, entweder abkaufen
oder diesen (dann selbstverständlich gegen eine entsprechende finanzielle
Entschädigung) enteignen.
Das Problem ist: diese beiden
Betrachtungsweisen darf man nicht miteinander vermischen. Entweder das
bewegliche Bodendenkmal ist, während es sich noch unentdeckt im Boden befindet,
eine res nullius und gehört daher
auch nach seiner Entdeckung nicht (unbedingt) dem Grundeigentümer, sondern kann
einem staatlichen Schatzregal unterworfen werden. Oder es ist, während es noch
unentdeckt im Boden liegt, wesentlicher Bestandteil des Grundstücks oder seines
Bodens und daher auch nach seiner Entdeckung automatisch weiterhin Eigentum des
Grundeigentümers. Beides gleichzeitig kann nicht sein.
Unbewegliche Bodendenkmale
Bei unbeweglichen Bodendenkmalen stößt man zwar
auf etwas anders gelagerte, aber nur noch umso größere Probleme. Hier ist zwar
klar, dass – sofern sie wirklich auch im sachenrechtlichen Sinn unbeweglich
sind[16]
– der Grundeigentümer gleichzeitig auch (gem. § 94 BGB
bzw. §§ 293-297 ABGB)
Eigentümer der sich auf seinem Grundstück befindlichen unbeweglichen
Bodendenkmale ist und dies damit selbstverständlich auch nach ihrer Entdeckung
bleibt. Allfällige Erhaltungspflichten bezüglich der unbeweglichen
Bodendenkmale bzw. für deren Erhaltung anfallende Kosten können also dem
Grundeigentümer im Rahmen der Zumutbarkeit aufgebürdet werden: er ist
schließlich unzweifelhaft ihr Eigentümer und dafür auch zu ihrer (auch)
gemeinwohlförderlichen Nutzung verpflichtet.
Allerdings ist das schon für sich ein Problem,
denn im Gegensatz zu Bau- und Kunstdenkmalen sowie Archivalien ist bei
unbeweglichen Bodendenkmalen eine ihrem ursprünglichen Verwendungszweck
entsprechende und damit auch – weil ihrer Natur entsprechend – automatisch
(wenigstens einigermaßen) denkmalgerechte Nutzung in der Regel überhaupt nicht
(mehr) möglich. Schließlich sind archäologische Befunde praktisch immer nur
noch die bereits extrem stark verfallenen, letzten Überreste oder sogar nur
noch Spuren vergangenen menschlichen Handelns; während von der eigentlichen Substanz
der vergangenen Sachen, deren Überreste die Befunde sind, nur noch sehr wenig
(wenn überhaupt irgendetwas) erhalten ist: das Haus, dessen letzte Spuren sich
im Erdboden abzeichnende, wiederverfüllte Pfostenlöcher sind, kann nicht mehr
vom Eigentümer dieses unbeweglichen Denkmals in für ihn vorteilhafter Weise
genutzt werden, indem er es bewohnt, weil es dieses Haus nicht mehr gibt.
Eine für ihn vorteilhafte Nutzung des
unbeweglichen Bodendenkmals ist für dessen Eigentümer in aller Regel also gar
nicht (mehr) möglich.[17]
In für ihn vorteilhafter Weise kann er daher normalerweise nur das Grundstück
nutzen, das ihm gehört, nicht den Bestandteil seines Grundstückes, der
tatsächlich das Bodendenkmal selbst ist. Das macht zwar aus rechtlicher Sicht
keinen Unterschied – schließlich ist das Bodendenkmal ein wesentlicher
Bestandteil der Substanz des Grundstückes und damit jedwede Nutzung des Grundstückes[18]
auch eine Nutzung seines Bodendenkmals –, aber sehr wohl aus
denkmalpflegerischer Sicht.
Denn die meisten für den Grundeigentümer auch
(vor allem wirtschaftlich) vorteilhaften Nutzungen seines Grundstückes machen
es erforderlich, dass er – auf die eine oder andere Weise – in den Boden des
Grundstückes eingreift oder ihn wenigstens durch seine Nutzung beeinflusst.[19]
Diese Bodeneingriffe bzw. Bodenveränderungen mögen zwar in manchen Fällen nur
relativ geringfügig sein;[20]
zumeist sind sie jedoch erheblich. Tatsächlich machen die meisten
(wirtschaftlich) vorteilhaften Nutzungsmöglichkeiten des Grundstückes
erhebliche Bodeneingriffe erforderlich, die jedenfalls nicht denkmalgerecht
sind; sondern allfällig vorhandene Bodendenkmale schädigen.
Dabei ist es keineswegs nur die bau- oder
bergbauwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes, die zur Zerstörung darauf
befindlicher Bodendenkmale führt; sondern auch die land- und
forstwirtschaftliche Nutzung, die unbewegliche Bodendenkmale am Grundstück
massiv schädigt und – wenn auch vergleichsweise langsamer – letztendlich
kumulativ zerstört (siehe dazu z.B. die diversen Beiträge in Trow et al. 2010).
Zwar lassen sich die zuletzt genannten kumulativen Zerstörungsprozesse durch
verschiedene denkmalpflegerische Schutzmaßnahmen bis zu einem gewissen Grad
verlangsamen, die meisten davon machen aber dennoch eine erhebliche
Beschränkung der wirtschaftlichen Nutzung des Grundstückes durch dessen
Eigentümer erforderlich. Denkmalpflegerische Schutzmaßnahmen hingegen, die die
landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit seines Grundstückes durch dessen
Eigentümer nur vergleichsweise geringfügig beschränken, sind normalerweise recht
teuer[21]
und daher dem Grundeigentümer wirtschaftlich nicht zumutbar.
Resultat davon ist, dass, wenn Gegenwart und
Vergangenheit bei auf land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken, auf
denen unbewegliche Bodendenkmale vorkommen, in Konflikt geraten – was
notwendigerweise immer der Fall ist, wenn diese in einer (auch) für deren Eigentümer
(wirtschaftlich) vorteilhafter Weise nutzbar bleiben sollen – die gegenwärtige
Nutzung des betreffenden Grundeigentümers praktisch immer die Notwendigkeit zur
Erhaltung der Denkmale überwiegt.
Die wissenschaftliche und allgemeinwohlförderliche Nutzung unbeweglicher Bodendenkmale
Die einzige Möglichkeit, dieses
denkmalpflegerische Problem zu lösen, ist es – unabhängig davon, ob ihre
Zerstörung durch die land-, forst-, bau- oder bergbauwirtschaftliche oder eine
sonstige für dessen Eigentümer vorteilhafte Nutzung seines Grundstücks
ausgelöst wird – die Teile des Grundstücks seienden unbeweglichen Bodendenkmale
durch archäologische Ausgrabungen zu untersuchen und dabei sachgerecht zu
dokumentieren.
Das führt nun aber seinerseits wieder zu maßgeblichen
sachen- und eigentumsrechtlichen Schwierigkeiten, denn das unbewegliche Bodendenkmal
ist schließlich wesentlicher Bestandteil des im Eigentum einer natürlichen oder
juristischen Person stehenden Grundstückes. Die archäologische Ausgrabung des
unbeweglichen Bodendenkmals macht es daher nicht nur erforderlich, den Boden
des Grundstücks, dessen wesentlicher Bestandteil es ist, in einer Weise zu
nutzen, die seine gleichzeitige, für diesen (wirtschaftlich) vorteilhafte,
Nutzung durch seinen Eigentümer ausschließt, sondern sie zerstört oder
verändert wenigstens auch – nachdem sie eine invasive Untersuchungsmethode ist
– die Substanz des Grundstückes, indem sie wesentliche Bestandteile der
Substanz dieser Sache dem Boden entnimmt.
Zurück bleibt danach das Grundstück ohne das
zuvor darauf befindliche Denkmal, d.h. eine substantiell verminderte Sache. Das
mag dem Grundeigentümer in vielen, wenn nicht sogar in den meisten Fällen,
durchaus nicht unrecht sein, stand doch das zuvor Bestandteil seines
Grundstücks seiende Denkmal seiner willkürlichen Nutzung seines Eigentums im
Wege. Aber das ändert aus rechtlicher Sicht weder etwas an der Tatsache, dass
ein wesentlicher Bestandteil seines Eigentums durch die archäologische
Ausgrabung zerstört, noch daran, dass sein Eigentum von Dritten in für diese
vorteilhafter Weise (während und nach der Ausgrabung) genutzt (wurde und werden)
wird.
Die Zerstörung des unbeweglichen Denkmals des
Grundeigentümers ist wenigstens dann kein besonderes Problem, wenn sie mit
seiner ausdrücklichen implizierten Erlaubnis (oder auch nur schweigenden
Duldung) erfolgt: er selbst darf ja als Eigentümer im Rahmen seiner
Verfügungsgewalt im Rahmen der Gesetze seine Sache nicht nur teilweise oder
sogar gänzlich zerstören, sondern diese Zerstörung auch Dritten gestatten, wie
es ihm gefällt. Dennoch kann er, wenn er das möchte, für die durch die
archäologischen Ausgrabungen verursachte, teilweise Zerstörung und damit
substantielle Minderung seines Eigentums selbstverständlich, wenn er das
möchte, vom Auftraggeber der Ausgrabungen angemessenen Schadenersatz oder auch
eine Gebühr in beliebiger Höhe verlangen.
Zwar ist der materielle Schaden an seinem
Grundstück in Hinblick auf den dadurch verursachten wirtschaftlichen Wertverlust,
den der Grundeigentümer dadurch erleidet, gewöhnlich eher gering oder –
insbesondere, wenn er die unbeweglichen Bodendenkmale ohnehin loswerden will –
sogar inexistent. Aber er ist schließlich auch der Eigentümer des unbeweglichen
Bodendenkmals selbst, das ja ein untrennbar mit seinem Grundstück verbundener
Bestandteil desselben ist, dem nicht nur ein materieller, sondern auch ein
bedeutender immaterieller Wert zukommt. Schließlich ist der Grund dafür,
weshalb Denkmale überhaupt erhalten, erforscht und allgemeinwohlförderlich genutzt
werden und daher die Verfügungsgewalt ihres rechtmäßigen Eigentümers über sie gesetzlich
beschränkt werden darf, kann und sogar muss, dass ihnen ein derart
herausragender immaterieller Wert zukommt, dass dies im öffentlichen Interesse
gelegen ist. Der immaterielle Schaden, der an seinem Grundstück – auch in
Hinblick auf den dadurch verursachten wirtschaftlichen Wertverlust[22]
– entsteht, ist also in der Regel bedeutend; und es steht ihm als
Denkmaleigentümer selbstverständlich auch eine angemessene Entschädigung für
den ihm entstandenen immateriellen Schaden zu.
Dass diese Entschädigung bisher in der Regel
nicht ausbezahlt wurde bzw. werden musste – wie hoch oder niedrig auch immer
sie in jedem Einzelfall nun tatsächlich ausfallen würde[23]
– liegt in erster Linie daran, dass wenigstens die meisten Grundeigentümer
nicht einmal auf die Idee kommen, dass ‚ihre‘ unbeweglichen Denkmale überhaupt
(auch) finanziell wertvoll sein könnten. Wir ArchäologInnen – ob nun außerhalb
von oder in Denkmalämtern – hüten uns gewöhnlich, die Grundeigentümer auf diese
Idee zu bringen; einmal abgesehen davon, dass vermutlich die meisten
ArchäologInnen selbst noch nie auf diese Idee gekommen sind und sie auch –
aufgrund der traditionellen, generellen Abneigung der archäologischen Fachwelt
dagegen, archäologischen Hinterlassenschaften (auch) einen finanziellen Wert
zuzuordnen – grundsätzlich abscheulich finden und für unmoralisch halten
würden.
Die wissenschaftliche Nutzung der unbeweglichen
Bodendenkmale zur Gewinnung allgemeinwohlförderlicher archäologischer
Erkenntnisse ist im Gegensatz zur durch die Ausgrabung verursachten Zerstörung
ihrer Substanz ein deutlich größeres Problem. Dabei ist das grundsätzliche
Problem, dass die Ausgrabung dieser Bodendenkmale die Nutzung des Grundstücks
des Grundeigentümers unabdingbar erforderlich macht und dieser daher eine
gewisse Entschädigung bzw. Gebühr für die Nutzung seines Grundeigentums
verlangen kann, an sich gut bekannt. In der Praxis wird eine dem
Grundeigentümer zu entrichtende Gebühr für seine Zustimmung zu Ausgrabungen auf
seinem Grundstück zwar meist als ‚Entschädigung‘ des Grundeigentümers für z.B.
allfällig durch Grabungen verursachte Ernteausfälle oder dergleichen
dargestellt, weil das normalerweise das ist, woran Grundeigentümer selbst als
erstes (und sei es nur als vorgeschobene Begründung, weshalb sie dafür, dass
jemand anderer ihr Grundstück für archäologische Ausgrabungen nutzen darf, von
diesem eine Nutzungsgebühr – quasi einen Pachtzins – verlangen) denken.
Tatsächlich geht aber das Problem – in bislang
wenigstens durch die überwältigende Mehrheit der GrundeigentümerInnen zu ihrem
erheblichen Nachteil nicht hinreichend erkannter Weise – eigentlich viel
weiter. Denn wie schon mehrfach gesagt: der Grundeigentümer ist nicht nur der
Eigentümer des Bodens, sondern auch des unbeweglichen Denkmals selbst, denn
diese beiden Dinge gehören ja untrennbar zusammen.
ArchäologInnen, die am Grundstück befindliche
unbewegliche archäologische Denkmale untersuchen wollen, nutzen also nicht nur des
Eigentümers Grundeigentum, sondern auch dessen Denkmaleigentum. Nun sind aber
im eigentumsrechtlichen Sinn die Erzeugnisse einer Sache „und die sonstige Ausbeute, welche aus der Sache ihrer Bestimmung gemäß
gewonnen wird“ ihre „Früchte“ (§
99 BGB) bzw. Nutzungen „die
Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch
der Sache oder des Rechts gewährt“ (§ 100 BGB),
und diese gehören jeweils dem Eigenbesitzer bzw. Nutzungsberechtigten (für
Deutschland siehe § 955 BGB;
für Österreich sinngemäß gleich §
330 ABGB); d.h. normalerweise dem Eigentümer der genutzten Sache
bzw. des genutzten Rechts.
Nun ist aber im Sinne der Denkmalschutzgesetze
und auch internationaler Übereinkommen wie der Valletta-Konvention (Europarat
1992) die Bestimmung der Bodendenkmale, als Quellen der wissenschaftlichen
Erforschung der Vergangenheit und des kollektiven kulturellen Gedächtnisses zu
dienen. Ihre wissenschaftliche Erforschung zum Zwecke des Wachhaltens und der
Förderung des kollektiven kulturellen Gedächtnisses ist daher die
bestimmungsgemäße Nutzung der Bodendenkmale. Es folgt daher, dass die
wissenschaftlichen Nutzungsrechte an unbeweglichen Bodendenkmalen auch dem
Eigentümer des Grundstücks gehören, auf dem sich diese befinden.
Wissenschaftliche Nutzungsrechte sind aber
offensichtlich auch geldwerte Rechte. Nicht nur verdienen wir ArchäologInnen
unser Einkommen mit der wissenschaftlichen Nutzung archäologischer Quellen; die
Früchte wissenschaftlicher Nutzungen von Bodendenkmalen – eben z.B. die
Grabungsergebnisse – werden auch auf verschiedenste andere Weise wirtschaftlich
vorteilhaft genutzt: sie werden in diversen populären Medien und
Fachpublikationen veröffentlicht, die man (oder wenigstens irgendjemand wie
eine Bibliothek, zu der man Zugang hat) kaufen muss, wen man sie konsumieren
(und gegebenenfalls weiternutzen) möchte, sie werden in Museen (etc.) ausgestellt,
die man nur gegen Entrichtung eines Eintrittspreises besuchen darf, und so
weiter.
Als Denkmaleigentümer hat der Grundeigentümer
daher selbstverständlich das Recht, die ihm gehörenden wissenschaftlichen
Nutzungsrechte an seinem unbeweglichen Denkmal denen, die es wissenschaftlich
erforschen und dann medial, museal oder auch fremdenverkehrswirtschaftlich für
sich (oder ihren Arbeitgeber) vorteilhaft nutzen wollen, nur zu auch für ihn
selbst vorteilhaften Konditionen zu überlassen. Er kann also auch von jedem,
der das will, eine weitgehend beliebige Gebühr für die wissenschaftliche
Nutzung seines Denkmaleigentums verlangen.
Dass hierfür eventuell sogar –
selbstverständlich abhängig von der Art und Bedeutung des konkreten
Bodendenkmals – durchaus erhebliche Gebühren für die Übertragung der
wissenschaftlichen Nutzungsrechte angemessen wären, liegt auf der Hand. Bedenkt
man die oft vielen Millionen Euro an wirtschaftlicher Wertschöpfung, die aus
‚bedeutenderen‘ unbeweglichen Denkmalen durch ihre mediale, museale und
fremdenverkehrswirtschaftliche Verwertung gewonnen werden, sind auch nur ein
paar Prozent Anteil an der zu erwartenden Wertschöpfung aus der Nutzung seines
Eigentums, die ein Denkmaleigentümer durchaus verlangen kann, beachtliche
Beträge.
Dass solche Pachtzinsen bisher von
Grundeigentümern bezüglich der wissenschaftlichen Nutzungsrechte an ihren
unbeweglichen Denkmalen nicht verlangt wurden und werden, liegt wohl ebenfalls
in erster Linie daran, dass sie gar nicht auf die Idee gekommen sind, dass die
wissenschaftliche Nutzung ihres Denkmaleigentums überhaupt einen finanziellen
Wert haben kann und die Ergebnisse dieser Nutzung Früchte ihres Eigentums sind.[24]
Wir ArchäologInnen hingegen – wenn wir überhaupt daran gedacht haben, dass
wissenschaftliche Nutzungsrechte an Sachen auch geldwerte Rechte sind – hüten
uns natürlich davor, die Grundeigentümer darauf aufmerksam zu machen; weil wir
haben ohnehin schon derzeit nicht genug Geld, um unsere wissenschaftlichen
Nachforschungen, wie wir es uns wünschen würden, zu finanzieren.
Bodendenkmale und geistige Eigentumsrechte
Dazu kommen dann auch noch als zusätzliche
Komplikation in der wissenschaftlichen und sich aus dieser ergebenden
wirtschaftlich vorteilhaften Nutzung der beweglichen und unbeweglichen
Bodendenkmale die geistigen Eigentumsrechte, die bei der wissenschaftlichen
Untersuchung von Bodendenkmalen automatisch und unvermeidlich entstehen.
Für die Archäologie besonders wichtig ist hier
das Urheberrecht, das den Schutz der Beziehung zwischen dem Schöpfer eines
Werks und seinem persönlichen geistigen Erzeugnis und die angemessene
finanzielle Vergütung derartiger geistiger Leistungen gewährleisten soll. Ein
Werk im Sinne des Urheberrechts ist dabei eine sinnlich wahrnehmbare, kreative
Schöpfung einer natürlichen Person (oder eines Kollektivs derartiger Personen),
die durch den Urheber bzw. dessen Persönlichkeit geprägt ist und eine geistige
Eigenleistung des Urhebers darstellt. Dabei gehören sowohl gemäß dem deutschen (§
2 UrHG) als auch dem österreichischen Urheberrechtsgesetz (§§ 2-3 UrHG)
auch alle schriftlichen und bildlichen wissenschaftlichen Werke, die geistige
Eigenleistungen ihres jeweiligen Urhebers darstellen (inklusive Fotografien,
Skizzen, Planzeichnungen, Listen mit Datenaufzeichnungen, etc.) zu den
urheberrechtlich geschützten Werken.
Gerade die archäologische Ausgrabung von
Bodendenkmalen und ihre dabei erfolgende wissenschaftliche Dokumentation stellt
dabei regelhaft eine derartige geistige Schöpfung des Grabungsteams dar: wo
z.B. bei der Ausgrabung mittels der stratigrafischen Methode Schichtgrenzen
gezogen werden, stellt schon eine derartige geistige Eigenleistung des
jeweiligen Ausgräbers dar, sodass die durch Entfernung der darauf liegenden,
jüngeren Schicht herauspräparierte Oberfläche der nächsten Bodenschicht(en)
bereits ein Werk im Sinne des Urheberrechts darstellt. Da das geschaffene Werk aus
rechtlicher Sicht nicht dauerhafter, ja nicht einmal materieller, Natur,
sondern bloß sinnlich wahrnehmbar sein muss, ist also schon die eigentliche
Freilegungsarbeit selbst, noch bevor die derart freigelegten Schichtoberflächen
überhaupt dokumentiert werden, eine urheberrechtlich geschützte Leistung und
damit das persönliche geistige Eigentum ihres Schöpfers. Das Gleiche gilt dann
natürlich auch ebenso für alle angefertigten Dokumentationen auf der Grabung,
die ihrerseits jeweils geistige Eigenleistungen der sie anfertigenden
GrabungsmitarbeiterInnen darstellen: was eine dokumentationswürdige Information
bzw. Sache ist und wie genau diese dokumentiert wird, ist schließlich nicht
naturgegeben, sondern eine bewusste, von der Persönlichkeit, dem Wissens- und
Kenntnisstand, der Beobachtungsgabe etc. des Dokumentierenden abhängige Entscheidung
und damit eine geistige Eigenleistung, durch die etwas Neues geschaffen wird.
Wird also ein Bodendenkmal in seiner Substanz
durch seine wissenschaftliche Nutzung zerstört bzw. wesentlich verändert, dabei
aber wissenschaftlich dokumentiert, entsteht in Form der Dokumentation eine
neue Sache,[25] die
durch den in der Gegenwart stattfindenden Akt ihrer Erzeugung automatisch einen
(bzw. sogar viele) geistige Eigentümer hat. Diesem (bzw. diesen) stehen daher
auch alle aus dem Urheberrecht erwachsenden Nutzungs-, Verwertungs- und
sonstigen Eigentumsrechte an seinem (bzw. ihrem) geistigen Eigentum zu.
Hier kann man zwar in der Regel davon ausgehen,
dass die Werknutzungsrechte auf den Dienstgeber des einzelnen, eine Grabungs-
oder sonstige wissenschaftliche Untersuchungsarbeit durchführenden oder deren
Ergebnisse dokumentierenden Mitarbeiters bzw. – wenn dessen Dienstgeber
wiederum von einem Dritten für die Durchführung dieser Arbeiten beschäftigt
wird – den Auftraggeber der durchgeführten Arbeiten übergehen: diese bezahlen
schließlich unmittelbar bzw. mittelbar den kreativ tätigen Mitarbeiter für
genau diese Arbeit und bezahlen ihm somit für die angefertigten Werke ein
angemessenes Entgelt. Davon abgesehen ist es gerade in der Archäologie ohnehin
fachlicher Usus, dass Fachleute ihre Forschungsergebnisse – zu denen
selbstverständlich auch die bei der Dokumentation der Zerstörung von
Bodendenkmale angefertigten Dokumentationen gehören – für die wissenschaftliche
Nutzung durch Dritte und mediale, museale und touristische Verwertung kostenlos
zur Verfügung stellen.
Selbstverständlich ist das jedoch keinesfalls,
nicht einmal im archäologischen Sektor: nicht nur private, sondern auch
öffentliche archäologische Museen verlangen zum Beispiel liebend gerne –
teilweise sogar recht hohe – Gebühren für die Überlassung von (oft auch nur auf
eine bestimmte Auflage und ein bestimmtes Medium beschränkten, einfachen)
Vervielfältigungs- bzw. Publikationsrechten von z.B. Fotografien von
beweglichen (oder seltener auch unbeweglichen) Bodendenkmalen, die sich in
ihrem Eigentum befinden. Und ebenso selbstverständlich werden auch im
öffentlichen Eigentum stehende Publikationsorgane weder hergeschenkt noch
verzichten diese notwendigerweise auf eine Abgeltung der Vervielfältigungsrechte,
wenn ein in ihnen erschienener Beitrag von einem anderen Publikationsorgan
wiederveröffentlicht werden soll. Etwas zynisch gesagt kassieren eigentlich so
ziemlich alle ungeniert Geld mit der Nutzung von Archäologie, außer denen,
denen diese Archäologie eigentlich im rechtlichen Sinne gehört bzw. die sie
überhaupt erst nutzbar gemacht haben, nämlich den GrundeigentümerInnen und den
archäologischen WissenschafterInnen, für die es aus unerfindlichen Gründen
verpönt ist, mit ihrer Archäologie Geld zu verdienen.
Nachdem das eben nur in der gelebten
wissenschaftlichen Praxis ‚selbstverständlich‘, aber rechtlich weitgehend
irrelevant ist, könnten daher die geistigen Eigentümer der wissenschaftlichen
Werke, die die physische Entfernung der Denkmale ex situ und ihre
wissenschaftliche Untersuchung dokumentieren, jederzeit auf ihren Rechten
beharren. Sie könnten sogar in Deutschland – wenn aus der Nutzung des Werkes
ungewöhnlich hohe Erträge und Vorteile für die natürliche oder juristische
Person entstanden sind, der die Werknutzungsrechte vom Urheber übertragen
wurden, wie z.B. bei ‚Sensationsfunden‘ – gem. § 32a UrHG auch nachträglich eine
den (unerwartet veränderten) Umständen angemessene finanzielle Beteiligung an
diesen Mehrerträgen bzw. Abgeltung dieser unerwarteten Vorteile einfordern.
Geistiges Eigentum an wissenschaftlichen Werken bedeutet eben nicht nur, dass
sein Urheber das Recht darauf hat, dass sein Name dauerhaft mit dem von ihm
geschaffenen Werk verbunden bleibt; sondern geht erheblich weiter.
Denkmale und Privateigentum
Betrachtet man also die Frage, wem Denkmale nun
als materielle Sachen oder gar auch nur als immaterielle Rechte gehören, etwas
genauer, stellt sich nicht nur heraus, dass Denkmale praktisch immer im
Eigentum einer ganz konkreten natürlichen oder juristischen Person stehen;
sondern gerade bei Bodendenkmalen die eigentumsrechtliche Zugehörigkeit der
relevanten Sachen und Rechte ein veritables Minenfeld ist.
Insbesondere bei Bodendenkmalen ist es in der
Regel von ganz essentieller Bedeutung zu wissen, wann und warum bei diachroner
Betrachtung die betreffende Sache bzw. welche ihrer Früchte und Nutzungen
welcher natürlichen oder juristischen Person gehört hat, gerade gehört und
voraussichtlich in Zukunft gehören wird. Denn wem das Bodendenkmal zu welchem
Zeitpunkt gehört hat, gerade gehört und zukünftig (und das noch dazu in welcher
Form, die veränderlich ist bzw. wenigstens sein kann) gehören wird, hat nicht
nur einen ganz maßgeblichen Einfluss darauf, wer für es und allfällig durch
seine Erhaltung verursachte Kosten verantwortlich ist bzw. haftet, sondern auch
dafür, wer gegenwärtig und zukünftig über die Nutzungsrechte am betreffenden
Denkmal willkürlich verfügen und die aus seiner Nutzung erwachsenden Vorteile
für sich beanspruchen darf.
All das wurde und wird bisher weitgehend
ignoriert bzw. durch irreführende, umgangssprachliche moralisierende Floskeln
wie das Denkmale ‚niemandem‘ oder ‚allen‘ gehören würden (oder wenigstens
sollten) vollkommen verschleiert; nicht zuletzt, weil insbesondere die
archäologische Fachwelt Bodendenkmale stets als Sachen der Vergangenheit und
nie als Sachen der Gegenwart betrachtet; und die Denkmalpflege beinahe
gleichermaßen „gegenwartsvergessen“ ist (Rüsch 2004).
Öffentliches Interesse bzw. individuelle und kollektive Teilhaberechte
Nun ist es aber so, dass in den Denkmalen und
insbesondere den regelhaft nicht mehr ihrem ursprünglichen Verwendungszweck
entsprechend nutzbaren Bodendenkmalen eben doch auch – wenigstens irgendwie –
‚die Vergangenheit‘ steckt, die tatsächlich keinem Einzelnen gehören kann,
sondern an der sowohl jeder Einzelne als auch jedes beliebige Kollektiv von
Menschen gleichermaßen einen Anspruch hat; die daher also in gewissem Sinn
tatsächlich ‚der gesamten Menschheit gemeinsam‘ gehört. Dieser sowohl
individuelle als auch kollektive Anspruch auf ‚die Vergangenheit‘ wird gerne –
vor allem im Denkmalschutzrecht – grob vereinfacht als das ‚öffentliche
Interesse‘ an der Erhaltung bzw. gemeinwohlförderlichen Nutzung der Denkmale
dargestellt.
Es ist an dieser Stelle besonders wichtig, sich
bewusst zu machen und auch wirklich zu akzeptieren, dass die Idee eines
öffentlichen Interesses an der Erhaltung und gemeinwohlförderlichen Nutzung der
Denkmale nicht mehr als eine derartige grobe Vereinfachung eines ebenso
komplizierten Sachverhaltes wie des ihrer eigentumsrechtlichen Zugehörigkeit
ist. Denn der Staat per se hat heutzutage als moderner Verfassungsstaat selbst
überhaupt kein wie auch immer geartetes, partikuläres Interesse an den
Denkmalen zu haben, sondern – wo es erforderlich ist – nur zwischen den
privaten Interessen einzelner natürlicher und juristischer Personen oder
Personengruppen einerseits und andererseits den letztendlich ebenso privaten individuellen
oder kollektiven Interessen anderer ebensolcher Personen oder Personengruppen
zu vermitteln. In dieser Vermittlerrolle kann und muss er eventuell sogar – und
sei es bloß in manchen Fällen der prozeduralen Einfachheit halber – manche
kollektiven Interessen als das ‚öffentliche Interesse‘ betrachten und
behandeln, weil es in jedem konkreten Einzelfall eventuell tatsächlich zu
umständlich wäre, die vielen verschiedenen Interessen verschiedener Individuen
und Bevölkerungsgruppen an einer bestimmten Frage (wie der, ob eine bestimmte
Sache als Denkmal erhalten und/oder allgemeinwohlförderlich genutzt werden
soll) überhaupt auch nur zu ermitteln, geschweige denn in relevanten
Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen.
Tatsächlich setzt sich jedoch das ‚öffentliche
Interesse‘ an den Denkmalen bei genauerer Betrachtung aus einem komplexen
Konglomerat aus verschiedenen sozialen und kulturellen Teilhabe- bzw.
Partizipationsrechten am (archäologischen) kulturellen Erbe zusammen. Diese
Rechte Dritter sind – wenigstens bis zu einem gewissen Grad – geeignet, die
Verfügungsgewalt von Denkmaleigentümern über die in ihrem Eigentum stehenden
(Boden-) Denkmale zu beschränken; ohne aber diesen Dritten selbst eigene
individuelle oder kollektive Eigentumsrechte an den betroffenen Denkmalen
einzuräumen. Gerade dieser Unterschied – dass die Partizipationsrechte Dritter
eben nur Beschränkungen der Verfügungsgewalt des rechtmäßigen Eigentümers, aber
keine eigenen, individuellen oder kollektiven Eigentumsrechte an den betroffenen
Denkmalen zu begründen erlauben – ist ebenso zentral wie er durch die
umgangssprachliche Formulierung, Denkmale würden ‚niemandem‘ bzw. ‚allen
gemeinsam‘ gehören, verschleiert wird und dadurch zu bedeutender Verwirrung
führt.
Individuelle und kollektive Teilhaberechte an (Boden-) Denkmalen
Die wichtigsten individuellen und kollektiven
Teilhaberechte anderer natürlicher (und teilweise auch juristischer) Personen
an den aus rechtlicher Sicht im ‚privaten‘ oder ‚öffentlichen‘ Eigentum
einzelner natürlicher bzw. juristischer Personen stehenden Denkmalen sind jene,
die aus den Bestimmungen des Art. 27 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR;
Vereinte Nationen 1948) erwachsen. Es können allerdings auch andere
Menschenrechte, z.B. die des Art. 18 (Religionsfreiheit), 26 (Recht auf
Bildung) und 29 Abs. 2 AEMR (allgemeine Handlungsfreiheit) im Kontext der
Teilhabe Dritter an Denkmalen eine gewisse – wenngleich deutlich untergeordnete
– Rolle spielen.
Art. 27 Abs. 1 AEMR bestimmt, dass jeder Mensch
das Recht hat, „am kulturellen Leben der
Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am
wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben“
(Vereinte Nationen 1948). Während die AEMR selbst keine verbindliche
internationale Rechtsquelle ist, werden die gleichen Teilhaberechte auch durch Art. 15 Abs. 1 bis 3 des Internationalen
Paktes über soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte (Vereinte
Nationen 1966) garantiert, den sowohl Deutschland (BGBl.
1973 II, Nr. 62) als auch Österreich (BGBl.
590/1978) ratifiziert haben und
dessen Bestimmungen somit in beiden Ländern verbindlich geltendes nationales sowie
Völkerrecht sind.
Diese individuellen und kollektiven kulturellen und wissenschaftlichen
Teilhaberechte sind auch, was dem sogenannten (ungeschriebenen)
Kulturstaatsprinzip der deutschen Bundesverfassung (Krischok 2016, 133-4) und
natürlich auch den Kulturstaats- und Denkmalschutzklauseln der deutschen
Landesverfassungen (Krischok 2016, 181-4) und der den Denkmalschutz in
Gesetzgebung und Vollzug zur Bundessache erklärenden Kompetenznorm des Art. 10
Abs. 1 Z 13 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) zugrunde
liegt. Kultur ist schließlich nichts, was unabhängig vom Menschen existiert,
sondern ist sowohl Inhalt als auch Zweck und Ergebnis menschlichen Handelns. Ebenso
ist der Denkmalschutz nicht Selbstzweck (Krischok 2016, 136), sondern dient
ganz offenkundig (auch explizit in den Denkmalschutzgesetzen und
internationalen Rechtsinstrumenten für den Kulturgüterschutz so definiert) dem
Zweck, die kulturellen Werte zu schützen, die von den – insbesondere
gegenwärtig lebenden – Menschen den Denkmalen sozial zugeschrieben werden und
somit kulturelles Leben zu ermöglichen.
Kultur (und damit auch Kulturgut) wird vom Staat nicht etwa deshalb geschützt,
weil sie Kultur und daher inhärent wertvoll ist; sondern Kultur wird vom Staat
geschützt, damit Menschen sie frei nutzen und an ihr aktiv teilhaben können;
sie schaffen, genießen, gestalten und konsumieren, d.h. sie leben können. Daher
wird auch das (ungeschriebene) verfassungsrechtliche Kulturstaatsprinzip in
Deutschland zuerst aus Art. 5 Abs. 3 GG,
d.h. der – strukturell Art. 27 Abs. 1 AEMR entsprechenden – Kunst- und
Wissenschaftsfreiheit abgeleitet (Krischok 2016, 134) und ist seine
verfassungsgesetzliche Verschriftlichung nicht nötig.
Beschränkungen des Eigentumsrechts durch kulturelle und wissenschaftliche Teilhaberechte
Wenn nun aber alle Menschen frei – d.h. so uneingeschränkt wie möglich –
am kulturellen Leben der Gemeinschaft teilnehmen – und damit selbstverständlich
auch an den Kulturgütern, die ein Produkt und Bestandteil dieses kulturellen
Lebens sind – und an der Wissenschaft und ihren Errungenschaften – d.h.
selbstverständlich inklusive der Gewinnung von wissenschaftlichen Erkenntnissen
anhand von und über Kulturgüter(n) – teilhaben können sollen; dann stehen diese
Teilhaberechte wenigstens bis zu einem gewissen Grad mit den andere
ausschließenden Eigentumsrechten einzelner natürlicher und juristischer
Personen bezüglich der in deren Eigentum stehenden Kulturgüter im Widerspruch.
Kann nämlich der Einzelne, dem ein bestimmtes Kulturgut im rechtlichen Sinne
gehört, jeden anderen von dessen Benutzung und allen das Schicksal dieses
Kulturgutes betreffenden Entscheidungen ausschließen, können alle anderen an
diesem gerade nicht – und schon gar nicht frei – teilnehmen bzw. teilhaben.
Schließlich könnte sich der rechtmäßige Eigentümer dieses bestimmten
Kulturgutes ja im Rahmen seines Eigentumsrechts jederzeit willkürlich dazu
entschließen, es in einer ihm passenden Weise zu nutzen und dabei – weil das
die gewählte Nutzungsart erforderlich macht – wesentlich zu verändern oder gar
zu zerstören, ohne dass irgendein anderer (sowohl rechtlich als auch sachlich)
irgendetwas dagegen tun kann. Damit würde dieses Kulturgut nicht nur
zeitweilig, sondern dauerhaft, jedweder weiteren Möglichkeit der – und sei es
auch nur zukünftigen – Nutzung durch die partizipationsberechtigten Dritten
entzogen.
Es ist daher rechtlich möglich, das
Eigentumsrecht des Denkmaleigentümers derart zu beschränken, dass er seine
willkürliche Verfügungsgewalt über sein Eigentum nicht in einer Weise nutzen
darf, dass durch seine unbeschränkte Wahrnehmung seiner Eigentümerrechte die
Teilhaberechte Dritter gänzlich aufgehoben oder soweit beschränkt würden, dass
dies ihrer vollständigen, dauerhaften Auslöschung gleichkommt. Dieses Recht des
Staates, die Eigentümerwillkür in einem solchen Fall zu beschränken, lässt sich
dabei mittelbar aus Art. 29 Abs. 2 AEMR ableiten, der bestimmt, dass jeder das
Recht hat, „bei der Ausübung seiner
Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen“ zu sein, „die das Gesetz ausschließlich zu dem Zweck
vorsieht, die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer zu
sichern und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und
des allgemeinen Wohles in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen“.
Denn aus diesem Recht folgt natürlich im Umkehrschluss zwingend auch die
Pflicht des Einzelnen, seine Rechte und Freiheiten nicht in einer Art
wahrzunehmen, durch die Rechte und Freiheiten Dritter bzw. das Allgemeinwohl
wesentlich geschädigt würden. Das wiederum berechtigt den Staat, der ja die
berechtigten Interessen, d.h. konkret die Rechte und Freiheiten, aller Menschen
(bzw. wenigstens seiner StaatsbürgerInnen) im Sinne des Art. 7 AEMR exakt
gleichermaßen zu schützen hat, das Recht des Denkmaleigentümers zur
willkürlichen Nutzung seines Denkmals soweit zu beschränken, als das zum Schutz
der Teilhaberechte Dritter an diesem Denkmal erforderlich und damit auch
verhältnismäßig ist.
Konkret gesagt bedeutet das im archäologischen
Denkmalschutz eben, dass der Staat dem Eigentümer von Bodendenkmalen verbieten
kann, diese im Rahmen seines Eigentumsrechts (ohne vorherige staatliche Bewilligung
dazu) willkürlich so zu benutzen, dass sie dadurch zerstört oder derart
wesentlich verändert werden, dass dadurch jenen Dritten, die Teilhaberechte
(auch) an diesen konkreten Denkmalen haben, jede weitere Möglichkeit, diese,
wie es ihnen gefällt, kulturell oder wissenschaftlich zu nutzen, jetzt und für
alle Zukunft genommen wird. Daher enthalten alle deutschsprachigen
Denkmalschutzgesetze Verbote von (und zugehörige Genehmigungspflichten für)
alle(n) willkürliche(n) Handlungen des Grundeigentümers (oder von diesem dazu
ermächtigten Dritten), die vorhersehbarerweise zur Folge hätten, dass die
geschützten Denkmale derart zerstört oder verändert würden.
Geschützt wird dadurch also eigentlich nicht
‚die Kultur‘ oder ‚die Denkmale‘ an sich, sondern die Teilhaberechte beliebiger
Dritter an ‚der Kultur‘ bzw. ‚den Denkmalen‘; oder, anders gesagt: jenes
unbestimmten Personenkreises, den man der Einfachheit halber als ‚die
Allgemeinheit‘ bezeichnen kann.[26]
Gleichermaßen besteht ein allfälliges ‚öffentliches Interesse‘ eigentlich nur an
der Wahrung der Teilhaberechte Dritter bzw. wenigstens der hypothetischen
Möglichkeit für diese Dritten, diese jetzt oder in Zukunft auch tatsächlich
verwirklichen zu können, nicht an der Erhaltung ‚der Kultur‘ bzw. ‚der Denkmale‘
per se.
Beschränkungen kultureller und wissenschaftlicher Teilhaberechte durch das Eigentumsrecht
Gerade weil es sich bei den kulturellen und
wissenschaftlichen Teilhaberechten ‚der Allgemeinheit‘ gerade nicht um
Eigentums-, sondern eben nur um Partizipationsrechte Dritter an den Denkmalen
handelt, werden umgekehrt auch diese Teilhaberechte durch das Eigentumsrecht
des Denkmaleigentümers beschränkt; und zwar in gewissem Sinn weitaus
maßgeblicher als umgekehrt. Denn wenn seinerseits der Eigentümer des Denkmals
frei – d.h. ebenfalls so uneingeschränkt als möglich – über die Nutzung und das
Schicksal seines Eigentums – eben der betroffenen Denkmale – willkürlich
verfügen können soll; dann steht seine exklusive Verfügungsgewalt wenigstens
bis zu einem gewissen Grad mit den Teilhaberechten beliebiger Dritter an seinen
Denkmalen in Widerspruch. Kann ihm nämlich ‚die Allgemeinheit‘ aufgrund ihrer
Teilhaberechte gewisse Entscheidungen betreffend des Schicksals seines
Eigentums aufzwingen, kann er schließlich gerade nicht exklusiv, d.h. jeden
anderen ausschließend, und auch nicht willkürlich, d.h. wie auch immer es ihm
gerade gefällt, über sein Eigentum verfügen.
Schließlich könnte ihm sonst ‚die
Allgemeinheit‘ jederzeit auftragen, sein Eigentum in einer ihm unpassenden
Weise zu nutzen, z.B. als Fremdenverkehrsattraktion für die kostenlose
Besichtigung durch Touristen statt als Acker zum Anbau von Bodenfrüchten, ohne
dass er (wenigstens rechtlich) irgendetwas dagegen tun könnte. Das würde jedoch
sein Eigentumsrecht in ein nudum ius
verwandeln, d.h. ein Recht, das nur noch formal (sozusagen ‚am Papier‘)
besteht, mit dem aber keine tatsächliche Nutzungsmöglichkeit (kein ‚dingliches
Recht‘) mehr einhergeht.
Daher bleiben die kulturellen und
wissenschaftlichen Teilhaberechte eines jeden beliebigen Dritten bezüglich der
im Eigentum eines Einzelnen stehenden Denkmale in der Regel meist auf
weitgehend hypothetische Möglichkeiten beschränkt und haben kaum materiellen
Gehalt: der kulturell Teilhabeberechtigte hat z.B. das uneingeschränkte Recht,
das im Eigentum des Einzelnen stehende Denkmal – sofern man es von dort sehen
kann – von ‚außen‘ – wie z.B. von öffentlichen Verkehrsflächen aus – zu
betrachten, damit zu ‚genießen‘ und in diesem Sinne auch an ihm ‚teilzuhaben‘;
aber betreten oder sonstwie benutzen darf er es ohne Zustimmung seines
Eigentümers nicht. Gleiches gilt z.B. für die wissenschaftliche Teilhabe:
jeder, der das möchte, darf das Denkmal mit wissenschaftlich geschultem Blick
von außen betrachten und welche wissenschaftlichen Schlüsse auch immer er
daraus gewinnen kann auch tatsächlich ziehen, aber betreten darf er das Denkmal
auch zur wissenschaftlichen Untersuchung desselben ohne Zustimmung seines Eigentümers
nicht. Denn auch für den kulturell oder wissenschaftlich Teilhabeberechtigten
gilt die in Art. 29 Abs. 2 AEMR zum Ausdruck gebrachte Regel, dass er seine
kulturellen und wissenschaftlichen Rechte und Freiheiten nur insoweit
unbeschränkt wahrnehmen darf, als er dadurch die Rechte des Denkmaleigentümers
nicht verletzt.
Es nutzt hier auch grundsätzlich gar nichts,
den Staat zwischenzuschalten zu versuchen, um z.B. die wissenschaftliche
Erforschung eines Bodendenkmals zu erzwingen, die dessen Eigentümer nicht
gestatten möchte, weil diese angeblich oder tatsächlich im ‚öffentlichen
Interesse‘ gelegen ist. Denn selbst unter der Voraussetzung, dass diese
wissenschaftliche Erforschung in einem konkreten Einzelfall tatsächlich für das
‚Allgemeinwohl‘ erforderlich sein sollte, steht dieser das Eigentumsrecht des
Denkmaleigentümers als stärkeres Recht entgegen: die wissenschaftliche
Untersuchung des Denkmals ist schließlich, wie wir schon oben gesehen haben,
seine zweckgemäße Nutzung, und über diese darf ausschließlich nur sein
rechtmäßiger Eigentümer verfügen, denn genau diese Verfügung ist der
Wesensgehalt seines Eigentumsrechts. Ihm dieses Recht zu entziehen, das – wie
ebenfalls schon oben gezeigt – auch tatsächlich ein geldwertes Recht und somit
ebenfalls sein Eigentum im klassischen Sinn ist, stellt im rechtlichen Sinn
seine Enteignung dar, nicht bloß eine – zum Schutz eines gleichrangigen
öffentlichen Interesses zulässige – Beschränkung seines Eigentumsrechts.[27]
Zwar ist – wenn das öffentliche Interesse an
der wissenschaftlichen Erforschung des betreffenden Denkmals tatsächlich
besteht – auch eine Enteignung des Denkmaleigentümers rechtlich zulässig.
Allerdings erfordert eine derartige Enteignung dann im Sinne des Art. 17 Abs. 2
AEMR und
für Deutschland des Art. 14 Abs. 3 GG bzw. für Österreich Art.
5 StGG dann eine angemessene wirtschaftliche Entschädigung bzw.
Schadloshaltung (Berka 1999, 401) des Denkmaleigentümers; d.h. es wird an
dieser Stelle dann der wahre wirtschaftliche Wert der kulturellen und
wissenschaftlichen Nutzungsrechte relevant. ‚Die Allgemeinheit‘ bzw. als deren
Vertreter der Staat haben eben keine Eigentums-, sondern nur Teilhaberechte, an
den im Eigentum Einzelner stehenden Denkmalen; und sofern sich der Staat
aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses im Einzelfall das (oder
auch nur einen wesentlichen Teil vom) Eigentumsrecht eines Einzelnen aneignen
will bzw. muss, dann ist und bleibt das im rechtlichen Sinn eine
entschädigungspflichtige Enteignung.
Wo hingegen einzelne Teilhabeberechtigte bzw.
deren kulturelle oder wissenschaftliche Teilhaberechte an den Denkmalen eines
Dritten betroffen sind: wenn sie diese tatsächlich bezüglich bestimmter
Denkmale eines bestimmten Eigentümers wahrnehmen wollen, dann brauchen sie
entweder dessen Erlaubnis zur von ihnen gewünschten Nutzung des konkreten
Denkmals; oder sie müssen ihm die Nutzungsrechte oder das Denkmal (nötigenfalls
inklusive des Grundstückes, auf dem es sich befindet) abkaufen. Denn ihr
Teilhaberecht, ob nun individuell oder kollektiv, beschränkt zwar das
Eigentumsrecht des Denkmaleigentümers, aber das bedingt keinen Rechtsanspruch
an der tatsächlichen Wahrnehmung dieses Rechts bezüglich eines ganz bestimmten
Denkmals ohne Einwilligung dessen Eigentümers.
Teilhaberechte und Denkmale im öffentlichen Eigentum
Im Grunde genommen gilt weitgehend das Gleiche
wie soeben gesagt auch für im öffentlichen Eigentum stehende Denkmale;
allerdings mit gewissen Abweichungen. Denn es gehören solche Denkmale im
eigentumsrechtlichen Sinn vorerst einmal der jeweiligen Gebietskörperschaft
(oder sonstigen eigentumsrechtsfähigen öffentlichen Einrichtung) als
juristische Person, in deren Eigentum sie nun einmal stehen. Als juristische
Person hat diese daher im Prinzip genau die gleiche Verfügungsgewalt über und
genau die gleichen Eigentumsrechte an ihrem Denkmal, die auch ein beliebiger
anderer Denkmaleigentümer an einem in seinem privaten Eigentum stehenden
Denkmal hätte.
Dennoch sind Sachen, und insbesondere Denkmale,
die im öffentlichen Eigentum stehen, doch bis zu einem gewissen Grad etwas anderes
als Denkmale in Privateigentum. Sie mögen zwar Teile des Staatsvermögens sein
und der Staat sie daher eventuell auch genauso nutzen dürfen, wie ein einzelner
Eigentümer sein Privateigentum nutzen darf; aber der Staat (bzw. die sonstige
Gebietskörperschaft oder öffentliche Einrichtung, in deren Eigentum das Denkmal
steht) hält das Staatsvermögen nicht – wie ein Einzelner sein Privateigentum –
vorerst und vorwiegend zu seinem eigenen Nutzen, sondern ausschließlich dazu,
um seine allgemeinwohlförderlichen Aufgaben erfüllen zu können. Der Staat – und
mit ihm auch jede andere öffentliche Einrichtung – ist eben nicht für sich
selbst, sondern „um des Menschen willen
da“ (Herrenchiemsee-Entwurf des GG; zitiert bei Jarass & Pieroth 2016,
41).
Das macht im Kontext der im öffentlichen
Eigentum stehenden Denkmale die kulturellen und wissenschaftlichen
Teilhaberechte aller Menschen, die bei den in Privateigentum stehenden
Denkmalen primär als Abwehrrechte (status
negativus) gegen die willkürliche Schädigung (der Denkmale und damit der
Teilhaberechte Dritter) durch die uneingeschränkte Verfügung durch ihren
privaten Eigentümer dienen, zu Anspruchs- bzw. Leistungsrechten (status positivus; Pieroth et al. 2015,
26-7, 32-3; Berka 1999, 49, 59-67). Der Staat schützt die Denkmale schließlich
nicht um ihrer selbst willen; sondern er schützt sie dafür, dass die Menschen
sie auch tatsächlich als Quellen der wissenschaftlichen Forschung und der kollektiven
kulturellen Erinnerung nutzen können (Europarat 1992). Daher muss er sie dann
auch jenen Teilhabeberechtigten, die sie zweckgemäß als solche zur kulturellen
Erinnerung oder wissenschaftlich nutzen wollen, tatsächlich zu diesen Zwecken
zugänglich machen; denn diese Nutzung ist das im öffentlichen Interesse
gelegene Allgemeinwohl, das der Staat durch die Erhaltung der Denkmale fördern
muss.
Das bedeutet natürlich nicht, dass der Staat
den Zugang zu und die allgemeinwohlförderliche Nutzung der im öffentlichen
Eigentum stehenden Denkmale überhaupt nicht regeln darf; ganz im Gegenteil: er
muss diesen Zugang zu und die allgemeinwohlförderlichen Nutzungsmöglichkeiten
durch teilhabeberechtigte Dritte sogar regeln. Schließlich muss der Staat auch
bei in öffentlichem Eigentum stehenden Denkmalen dafür sorgen, dass diese
(auch) durch ihre (zweckgemäße) Nutzung durch einen Teilhabeberechtigten nicht
in einer Weise behandelt werden, dass dadurch andere kulturell und wissenschaftlich
Teilhabeberechtigte in ihren Teilhaberechten derart geschädigt werden, dass sie
diese gar nicht mehr oder nur noch in derart verminderter Weise wahrnehmen
können, dass sie keinen für sie vorteilhaften Nutzen aus ihnen mehr ziehen
können. Er kann und muss daher z.B. für die Nutzung in öffentlichem Eigentum
stehender Bodendenkmale durch invasive archäologische Feldforschungsmaßnahmen
allgemeinverbindliche Regeln festlegen, die sicherstellen, dass auch anderen Teilhabeberechtigten
die zukünftige wissenschaftliche oder sonstige allgemeinwohlförderliche Nutzung
des Denkmals weiterhin möglich bleibt.
Bei der Erstellung derartiger Regeln ist er
allerdings an das Sachlichkeitsgebot (siehe dazu auch schon ‚Sachlichkeitsgebot
und archäologische Denkmalpflege‘) und das
Verhältnismäßigkeitsprinzip staatlicher Reaktion gebunden, d.h. er darf nur
solche Regelungen erlassen, die sachlich dazu geeignet, dafür erforderlich sind
und mit der dadurch verursachten Beschränkung der kulturellen und
wissenschaftlichen Teilhaberechte des Einzelnen in einem wohl ausgewogenen
Verhältnis stehen. Ebenso ist er bei der Anwendung dieser Regeln an den
allgemeinen Gleichheitsgrundsatz der AEMR und unserer jeweiligen Verfassungen
gebunden, d.h. er muss diese Regeln auf alle Teilhabeberechtigten und alle
gleichartigen Fälle gleich anwenden (Jarass & Pieroth 2016, 114-24; Berka
1999, 498-508).
In der Praxis bedeutet das z.B., dass der Staat
dem einzelnen wissenschaftlich Teilhabeberechtigten die Untersuchung eines im
öffentlichen Eigentum stehenden Bodendenkmals mit zerstörungsfreien
wissenschaftlichen Feldforschungsmethoden in keinem Fall untersagen darf und
auch in jedem Fall – wenigstens unter gewissen Umständen – tatsächlich
ermöglichen muss. Schließlich geht von der zerstörungsfreien Untersuchung des
betroffenen Bodendenkmals keine Gefahr für dessen unveränderte Erhaltung in
Substanz und Erscheinung aus; und es gibt daher keinen sachlichen Grund, diese
Art der Wahrnehmung wissenschaftlicher Teilhaberechte zu verbieten. Der Staat
kann daher vom Einzelnen höchstens – wenn das Denkmal bereits in anderer Weise
wie z.B. zum Anbau von Feldfrüchten genutzt wird – verlangen, dass diese Untersuchung
nur zu einer Zeit durchgeführt wird, an dem die Untersuchung ohne Schädigung
der sonstigen Nutzung des betroffenen Grundstückes möglich ist – also z.B.
zwischen Ernte und nächster Aussaat.
Will hingegen ein Teilhabeberechtigter eine
invasive Untersuchung des Denkmals durch archäologische Ausgrabungen vornehmen,
kann der Staat ihm z.B. bestimmte Mindeststandards vorschreiben, die er bei der
Ausgrabung und Dokumentation der in situ zerstörten Bodendenkmale zu beachten
hat. Dadurch wird schließlich sichergestellt, dass nicht Informationen, die
andere wissenschaftlich Teilhabeberechtigte bei der invasiven Untersuchung des
betroffenen Denkmals aufgezeichnet hätten und die nach derzeitigem
Kenntnisstand zu seiner weiteren wissenschaftlichen Nutzung erforderlich sind
bzw. sein können, durch eine nicht mindeststandardkonforme Durchführung der
invasiven Feldforschungen verloren gehen.
Der Staat darf jedoch nicht einem
Teilhabeberechtigten, der durch seine geplante kulturelle oder
wissenschaftliche Nutzung des im öffentlichen Eigentum stehenden Denkmals
dieses voraussichtlich gar nicht gefährden würde oder sich bei seinen geplanten
Handlungen tatsächlich voraussichtlich an die allgemeinverbindlichen
Mindeststandards halten würde, die von ihm geplante kulturelle oder
wissenschaftliche Nutzung des betroffenen Denkmals untersagen; insbesondere
dann nicht, wenn er anderen Teilhabeberechtigten unter den gleichen
Voraussetzungen die gleichartige Nutzung (eventuell sogar des konkret
betroffenen Denkmals selbst) erlaubt. Nur wenn der Staat allen
Teilhabeberechtigten – inklusive sich selbst und seinen Organen – aus sachlich
nachvollziehbaren Gründen eine bestimmte Art der kulturellen oder
wissenschaftlichen Nutzung von in öffentlichem Eigentum stehenden Denkmalen untersagt,
darf (und muss) er (dann) auch jedem beliebigen Einzelnen, der seine
kulturellen oder wissenschaftlichen Teilhaberechte in dieser Art wahrnehmen
möchte, diese Art der Wahrnehmung seiner Teilhaberechte untersagen. Untersagt
er es hingegen nicht allen gleichermaßen, dann muss er die gleiche Art der
Untersuchung gleichermaßen allen Teilhabeberechtigten gestatten.
In der Praxis bedeutet das, dass, wenn ein
Denkmalamt selbst ein bestimmtes, im öffentlichen Eigentum stehendes
Bodendenkmal wissenschaftlich mit nicht invasiven und invasiven
Forschungsmethoden untersucht, es auch jedem anderen Teilhabeberechtigten die
gleiche Nutzung dieses Bodendenkmals gestatten muss. Will also z.B. ein
einzelner Teilhabeberechtigter die im Landeseigentum von Baden-Württemberg
stehende Heuneburg mit wissenschaftlich adäquaten, nicht invasiven und
invasiven Methoden untersuchen, die in Art und Qualität der Durchführung den
vom baden-württembergischen Landesamt für Denkmalpflege (LfD-BW) dort
durchgeführten Feldforschungen[28]
entsprechen, dann muss ihm diese geplante wissenschaftliche Nutzung schon
alleine deshalb gestattet werden, weil das LfD-BW selbst dort im rechtlichen
Sinn gleichartige Feldforschungen durchführt. Nur im Fall, dass von betroffenen
Denkmal nicht genug für alle, die es derzeit wissenschaftlich nutzen wollen,
für die von ihnen jeweils geplante wissenschaftliche Nutzung zur Verfügung
steht,[29]
kann und muss der Staat erforderlichenfalls eine Entscheidung darüber treffen,
welcher von diesen nutzungsinteressierten Einzelnen das Denkmal in der von ihm
gewünschten Weise nutzen darf und welcher nicht.[30]
Sich selbst bzw. seine Organe bevorzugen darf er
jedoch in gar keinem Fall. Denn ein „Forschungsvorrecht
des Landes“ (Strobl & Sieche 2010, 265), wie es manche Kommentatoren
von deutschen Denkmalschutzgesetzen zu konstruieren versuchen, ergibt sich aus
den denkmalrechtlichen Bestimmungen (gerade, aber nicht nur) bei im
öffentlichen Eigentum stehenden Bodendenkmalen sicher nicht (siehe sinngemäß dazu
auch Krischok 2016, 136). Vielmehr ist das genaue Gegenteil der Fall: gerade
weil das Teilhaberecht an der wissenschaftlichen Forschung ein Jedermannsrecht ist,
darf der Staat niemanden unsachlich in Hinblick auf die tatsächliche
Wahrnehmungsmöglichkeit dieses Rechtes bevorzugen.
Wenn überhaupt, hat der Einzelne in diesem
Zusammenhang einen Vorrang vor dem Staat und dessen Organen, da juristischen
Personen öffentlichen Rechts das Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 1 GG als
subjektives Grundrecht nicht zusteht, sondern höchstens willkürliche
Belastungen öffentlicher Einrichtungen als Verletzung der objektiv-rechtlichen
Seite des Gleichheitsgrundsatzes zu werten sind (Jarass & Pieroth 2016, 116-7):
der Staat ist eben für den Menschen da, nicht umgekehrt (Jarass & Pieroth
2016, 41) und darf daher auch gegenüber den Einzelnen, denen er dient,
benachteiligt werden. Nachdem aber dadurch, dass dem daran interessierten Einzelnen
die Wahrnehmung seiner kulturellen bzw. wissenschaftlichen Teilhaberechte
ermöglicht wird, der Staat überhaupt nicht – und schon gar nicht willkürlich –
belastet oder benachteiligt wird, kann eine Verletzung der
materiell-rechtlichen Seite des Gleichheitsgrundsatzes nicht vorliegen: der
Staat erfüllt schließlich gerade dadurch, dass er dem Einzelnen die
Verwirklichung seiner kulturellen bzw. wissenschaftlichen Teilhaberechte
ermöglicht, überhaupt erst wirklich seine Aufgabe, die Denkmale den Menschen für
genau diese Art der Nutzung tatsächlich verfügbar zu machen; erreicht also
gerade dadurch das Staatsziel, das er mit Denkmalschutz und Denkmalpflege
tatsächlich verfolgt. Und das kann wohl nicht zum Nachteil des Staates
gereichen.
Darf also der private Denkmaleigentümer auch
kulturell oder wissenschaftlich teilhabeberechtigte Dritte willkürlich von
jeder (auch der kulturellen oder wissenschaftlichen) Nutzung seines Denkmals
ausschließen, darf der Staat genau das bei im öffentlichen Eigentum stehenden
Denkmalen nicht. Er bewahrt schließlich die Denkmale für die kulturelle und
wissenschaftliche Nutzung durch die Menschen und kann sie daher dann nicht vor
ebendieser zweckgemäßen Nutzung schützen.
Teilhabe als öffentliches Interesse
Die Teilhabe am kulturellen Erbe durch die
Menschen, die ihre kulturellen und wissenschaftlichen Teilhaberechte an den
Bodendenkmalen tatsächlich durch deren Nutzung verwirklichen wollen, sind also
das eigentliche öffentliche Interesse, dessentwegen diese Denkmale überhaupt
erhalten und allgemeinwohlförderlich nutzbar gemacht werden sollen. Es sind
ausschließlich nur diese Teilhaberechte, die alle Menschen gleichermaßen an den
Denkmalen haben. Mehr noch, diese Teilhaberechte für sich allein erstrecken
sich nur auf die gegenwärtige und zukünftige Nutzung jenes immateriellen
Bestandteils der Denkmale, der aus der Vergangenheit stammt, zu deren
kultureller und wissenschaftlicher Nutzung alle Menschen gleichermaßen
berechtigt sind.
Es sind diese Teilhaberechte an ‚der Vergangenheit‘
die letztendlich in der Gegenwart mit den schon weiter oben besprochenen
Eigentumsrechten in Konflikt geraten. Das bedeutet aber nicht, dass, weil jeder
an der – letztendlich in allen gegenwärtigen Sachen in irgendeiner Weise
enthaltenen – Vergangenheit teilhaben darf und daher ‚die Vergangenheit‘
letztendlich auch niemandem allein gehören kann, Denkmale als Sachen der
Vergangenheit betrachtet werden können und gegenwärtige Eigentumsrechte
irrelevant werden, wenn irgendjemand – ob er nun vom Staat dazu befugt wurde
oder nicht – festsetzt oder behauptet, dass irgendetwas ein ‚bedeutendes‘ Denkmal
ist. Denn Denkmale existieren und Entscheidungen über ihr Schicksal werden in
der Gegenwart getroffen; und es ist daher primär die Gegenwart, die relevant
ist, ob nun aus eigentums- oder auch aus teilhaberechtlicher Sicht.
Teilhabe an Bodendenkmalen ist nicht Eigentum
Wie in diesem Beitrag gezeigt wurde, gehören
‚die Archäologie‘ oder auch ‚die Bodendenkmale‘ weder allen noch niemandem;
sondern regelhaft einer ganz bestimmten, natürlichen oder juristischen Person.
Selbst wenn ein bestimmtes Denkmal im eigentumsrechtlichen Sinn nicht in
privatem, sondern im öffentlichen Eigentum steht, gehört es dennoch nicht –
oder wenn überhaupt nur in einem extrem übertragenen Sinn – allen, sondern dem
Staat; auch wenn dessen Möglichkeiten, jeden Einzelnen, der daran interessiert
ist, von der kulturellen oder wissenschaftlichen Nutzung der im öffentlichen
Eigentum stehenden Denkmale auszuschließen etwas beschränkter als die privater
Denkmaleigentümer sind, weil er einen solchen Ausschluss nicht willkürlich,
sondern nur sachlich begründet vornehmen darf. Ob es uns gefällt oder nicht:
praktisch alle derzeit existierenden Denkmale gehören jemandem ganz bestimmten.
Was allen Menschen gleichermaßen bezüglich
Denkmalen zusteht, sind kulturelle und wissenschaftliche Teilhaberechte. Diese
Teilhabe erstreckt sich dabei aber primär einmal nur auf jenen immateriellen
Aspekt der Denkmale, der ‚der Vergangenheit‘ angehört, die – weil sie eben
schon vergangen ist – tatsächlich niemandem (mehr) gehört; auf den materiellen
Aspekt der Denkmale hingegen nur insoweit, als dieser das Trägermedium des
genannten immateriellen Aspekts darstellt und in diesem Sinn ‚die
Vergangenheit‘ in der Gegenwart sowohl repräsentiert als auch sinnlich
erfahrbar macht, d.h. materialisiert. Die allgemeinmenschlichen Teilhaberechte
an den Denkmalen sind daher – weil sie sich eben auch unter gewissen
Voraussetzungen auf das materielle Trägermedium der sinnlichen Erfahrbarkeit
der Vergangenheit erstrecken – innerhalb eines gewissen Rahmens (z.B. der
Verhältnismäßigkeit) dazu geeignet, die Verfügungsgewalt ihres gegenwärtigen
Eigentümers über seine Denkmale zu beschränken, z.B. diesem deren Zerstörung
oder wesentliche Veränderung ohne vorherige staatliche Genehmigung dazu (samt
erforderlichenfalls der Einhaltung mit dieser verbundener Auflagen) zu
verbieten. Aber zu mehr als einer derartigen Beschränkung allfälliger
Eigentumsrechte der natürlichen oder juristischen Person, der ein bestimmtes
Denkmal gehört, sind sie nicht geeignet.
Was diese Teilhaberechte für sich betrachtet
hingegen nicht sind und auch nicht begründen können, ist ein wie auch immer
geartetes Eigentumsrecht an den gegenwärtigen Sachen, die aus der Vergangenheit
stammen (bzw. deren gegenwärtigen Überreste darstellen), d.h. an den
materiellen Gegenständen, die – aus welchen konkreten Gründen auch immer – als
Denkmale zu betrachten sind. Der materielle Aspekt, der das Denkmal als Sache
ausmacht, gehört eben – trotz der daran durchaus bestehenden
allgemeinmenschlichen Teilhaberechte – nicht allen und auch nicht keinem, sondern
irgendjemandem ganz bestimmten.
Daher werden diese jedem gleichermaßen
zustehenden Teilhaberechte auch ihrerseits durch die an Denkmalen als
gegenwärtige Sachen bestehenden Eigentumsrechte ebendieses bestimmten
Eigentümers maßgeblich beschränkt; insbesondere bei Denkmalen, die im privaten
Eigentum Einzelner stehen: sie gehen nur soweit, als das mit den alle anderen
von der Verfügung über sein Eigentum ausschließenden Eigentumsrechten des
einzelnen Denkmaleigentümers vereinbar ist. Gerade bei in Privateigentum
stehenden Denkmalen bedeutet das bezüglich der materiellen Komponente dieser
Sachen nicht mehr und nicht weniger als: ohne Einwilligung ihres Eigentümers
sind die allgemeinen Teilhaberechte nicht mehr als das Recht, die äußere
Erscheinung der betreffenden Denkmale, vorausgesetzt sie sind öffentlich
sichtbar, wahrnehmen zu dürfen und sich über sie und ihre Bedeutung in
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Gedanken zu machen.
Nur bei in öffentlichem Eigentum stehenden
Denkmalen gehen diese Teilhaberechte etwas weiter: nachdem der Staat das öffentliche
Eigentum nicht zu seinem Privatgebrauch, sondern ausschließlich zur Förderung
öffentlicher Interessen bzw. des Allgemeinwohls zu gebrauchen hat, hat er die
Denkmale auch jedem Einzelnen bei Bedarf zu den Zwecken zu überlassen, für den
sie bestimmt sind. Nachdem der Zweck aller Denkmale ihre
allgemeinwohlförderliche wissenschaftliche Erforschung und Nutzung als
Instrument der kollektiven menschlichen Erinnerung ist, hat daher jeder Mensch
auch einen Rechtsanspruch darauf, im öffentlichen Eigentum stehende Denkmale zu
diesen Zwecken nutzen zu können, sofern er dadurch nicht die gleichen
Teilhaberechte aller anderen Menschen maßgeblich schädigt. Wie aber der Staat
(bzw. die öffentliche Einrichtung, in deren rechtmäßigem Eigentum sich ein
bestimmtes Denkmal befindet) die Möglichkeit, diese Teilhaberechte
wahrzunehmen, im Detail gestaltet oder sonst über die betreffenden Denkmale
verfügt, bleibt diesem (bzw. dieser) dennoch weitgehend selbst überlassen,
solange er dabei alle Teilhabeberechtigten bei Vorliegen gleicher Sachverhalte
auch gleichbehandelt. Daher hat auch im Bereich der im öffentlichen Eigentum
stehenden Denkmale weder der Einzelne noch eine beliebige Gruppe von
Teilhabeberechtigten die freie Verfügungsgewalt über die materielle Komponente
der Denkmale, die das Eigentumsrecht überhaupt erst ausmacht.
Solange also die allgemeinen Teilhaberechte an
der immateriellen Vergangenheitskomponente nicht im Einklang mit den
Eigentumsrechten an der materiellen Gegenwartskomponente der Denkmale stehen,
sind sie weitgehend nutzlos. Um die Rechte an den Denkmalen, die wirklich allen
Menschen gleichermaßen zustehen, tatsächlich wahrnehmen zu können, bedarf es
also immer wenigstens der Zustimmung des Einzelnen (oder der juristischen
Person des öffentlichen Rechts), der (bzw. die) der gegenwärtige rechtmäßige
Eigentümer des konkret betroffenen Denkmals ist.
Daran ändert auch die Forderung danach, Denkmale
sollten, bzw. die als moralischer Imperativ formulierte Feststellung, Denkmale
würden allen gleichermaßen (oder niemandem) gehören, nicht das Mindeste, egal
ob uns das gefällt oder nicht. Ganz im Gegenteil: die Behauptung, es wäre so
(oder sollte so sein), dass Denkmale allen (oder niemandem) gehören und/oder
kein Einzelner hätte das Recht, sich Denkmale privat anzueignen, führt nur zu
allgemeiner Verwirrung, die letztendlich schädlich ist. Denn sie verschleiert
die Tatsache, dass Teilhaberechte nicht dasselbe wie Eigentumsrechte an
Denkmalen sind. Sie verschleiert die Tatsache, dass sich diese Teilhaberechte –
die allen zustehen – auch zumeist nicht mit den Eigentumsrechten an den
Denkmalen – die in aller Regel nur einzelnen natürlichen oder juristischen
Personen, ob nun allein oder im Kollektiv mit anderen ebensolchen Personen,
zustehen können – decken, sondern weit öfter als nicht miteinander in Konflikt
stehen. Und sie verschleiert daher dann auch das Erfordernis, einen Weg zum
Ausgleich zwischen den einander entgegenstehenden Interessen (an) ‚der
Vergangenheit‘ und den Interessen ‚der Gegenwart‘ zu finden, wenn die
Teilhaberechte der Allgemeinheit an der immateriellen Vergangenheitskomponente mit
den Eigentumsrechten des Einzelnen an der materiellen Gegenwartskomponente der
Denkmale in Widerspruch geraten.
Mehr noch: sie bedingt damit auch, wenigstens
teilweise, die „Gegenwartsvergessenheit“
(Rüsch 2004) der professionellen Denkmalpflege; die stets über die immaterielle
Vergangenheitskomponente der Denkmale spricht, selbst wenn sie eigentlich die materielle
Gegenwartskomponente der materiellen Sache meint, die das Denkmal (auch) ist.
Sie bedingt damit gleichzeitig auch, wenigstens teilweise, die
Vergangenheitsvergessenheit von Eigentümern der materiellen
Gegenwartskomponente von materiellen Sachen, die aufgrund der ihnen (auch)
anhaftenden Vergangenheitskomponente Denkmale sind; die sich – keinesfalls
gänzlich unberechtigterweise – durch die Behauptung, ihre Sache würde ihnen in
Wahrheit überhaupt nicht gehören oder wenigstens nicht gehören sollen, weil sie
ein Denkmal ist, in ihrem Eigentumsrecht angegriffen fühlen.
Resultat davon ist dann, dass Gegenwart und
Vergangenheit viel mehr und viel radikaler in Konflikt miteinander geraten, als
sie es müssten, wenn allgemeinmenschliche, inklusive, kulturelle und
wissenschaftliche Teilhaberechte und partikuläre, exklusive Eigentumsrechte an
Denkmalen aufeinanderprallen. Und das schadet letztendlich, nachdem die
handlungsfähige Gegenwart der praktisch gänzlich verteidigungsunfähigen
Vergangenheit in solchen Konflikten nahezu immer unterlegen ist, den Denkmalen
und den allgemeinmenschlichen Teilhaberechten an ihnen, die es zur Förderung
des Allgemeinwohls eigentlich zu schützen gälte. Teilhabe ist nicht das gleiche
wie Eigentum; und wenn wir dazwischen nicht korrekt unterscheiden, dann
verursachen wird durch fehlgeleitete Forderungen und die falsche Behandlung von
Denkmalen allen Beteiligten mehr Schaden als wir verhindern.
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Westermann, H.P. 2005. BGB – Sachenrecht.
11., neu bearb. Aufl., Heidelberg: C.F. Müller.
[1] Der Begriff ‚die Archäologie‘
ist hier als jene körperlichen Sachen
bzw. deren Bestandteile zu verstehen, aus
deren wissenschaftlicher Untersuchung mit archäologischen Forschungsmethoden
rationale Erkenntnisse über ‚die Vergangenheit‘ (d.h. vergangene
Ereignisse, vergangenes menschliches Verhalten, etc.) gewonnen werden können. Dies sind, sehr vereinfacht
zusammengefasst, alle von Menschen geschaffenen oder durch menschliches Handeln
direkt oder mittelbar veränderten körperlichen Sachen, d.h. (nahezu) alle
derzeit auf oder knapp unter der Erdoberfläche existierenden körperlichen
Sachen. ‚Archäologie‘ in diesem Sinn ist z.B. auch Ihr Computer, auf dem Sie
diesen Text soeben lesen.
[2] Der Begriff ‚die Bodendenkmale‘
ist hier als jene körperlichen Sachen
bzw. deren Bestandteile zu verstehen, aus
denen durch ihre wissenschaftliche Untersuchung mit archäologischen
Forschungsmethoden signifikante rationale Erkenntnisse über ‚die Vergangenheit‘ gewonnen werden können, deren (so weit als möglich unveränderte)
Erhaltung
daher im öffentlichen Interesse gelegen ist. Dabei handelt es sich
also – im Unterschied zu den mit dem Begriff ‚die Archäologie‘ im soeben
definierten Sinn gemeinten – nur um jene Sachen, aus deren Untersuchung in
irgendeiner Weise ‚besonders‘ bedeutende Erkenntnisse (siehe dazu auch schon ‚Die Bewertung archäologischer
Denkmale‘) gewonnen
werden können, d.h. nur einen sehr geringen Prozentsatz aller derzeit auf oder
knapp unter der Erdoberfläche existierenden körperlichen Sachen. Ihr Computer,
auf dem sie diesen Text soeben lesen, ist also zwar im Sinne der in FN 1 genannten Definition ‚Archäologie‘, aber eben
kein ‚Bodendenkmal‘, weil aus ihm (aller Wahrscheinlichkeit nach) mit
archäologischen Methoden keine besonders bedeutenden Erkenntnisse über ‚die
Vergangenheit‘ gewonnen werden können.
[3] D.h. alle anderen natürlichen und juristischen Personen ausschließend.
[4] Eine (freiwillige) Übertragung des Eigentumsrechts erfolgt z.B. durch
den Verkauf oder die Schenkung einer bestimmten Sache durch ihren vorherigen an
ihren nachherigen Eigentümer.
[5] Ein (unfreiwilliger) Übergang des Eigentumsrechts erfolgt z.B. durch die
Vererbung entsprechend den gesetzlichen Erbregeln im Fall des Ablebens des
vorherigen Eigentümers einer bestimmten Sache, der keine testamentarische
Verfügung bezüglich dieser Sache vorgenommen hat; aber z.B. auch durch eine
Enteignung des vormaligen Eigentümers einer Sache aufgrund gesetzlicher
Enteignungsbestimmungen.
[6] Bei Archivalien ist dieser Gebrauch, für den sie gedacht waren, der als
archivierbare historische Dokumente zu dienen, ihre Archivierung und ihr
Gebrauch als Archivgut stellt also ihre vorgesehene Nutzung dar.
[7] Geht die denkmalrechtliche Erhaltungspflicht des Eigentümers eines Bau-
oder Kunstdenkmals bzw. von Archivalien, wie in Österreich, überhaupt nur
soweit, wie sie „jeder durchschnittlich
sorgfältige Eigentümer aus eigenem Antrieb laufend durchführen würde“
(Bazil et al. 2015, 43-4), sind die denkmalrechtlichen Beschränkungen der
Eigentümerverfügung sogar so lange überhaupt keine Belastung für den
Eigentümer, als dieser nicht sein Denkmal – z.B., wenn es sich um ein
Baudenkmal handelt, um es durch ein gänzlich neues Gebäude zu ersetzen –
gänzlich zerstören oder wenigstens maßgeblich verändern will.
[8] Dies ist zwar, insbesondere bei prähistorischen beweglichen
Bodendenkmalen, nicht gänzlich gesichert, aber kann jedenfalls für gegenwärtige
Zwecke als rechtliche Fiktion angenommen werden. Denn es ist zwar ungeklärt, wo
sich in der Urgeschichte wann ein dem modernen wenigstens grob vergleichbares
Konzept eines Eigentumsrechts entwickelt hat. Dennoch kann mit einiger
Gewissheit davon ausgegangen werden, dass bereits in der frühen Urgeschichte
wenigstens gewohnheitsrechtliche Besitz- und Nutzungsrechte an den meisten
Sachen existierten und gerade an beweglichen, von Menschen geschaffenen oder
gestaltend veränderten Gegenständen auch de facto wenigstens so etwas ähnliches
wie ein kollektives Eigentumsrecht innerhalb bestimmter, nach außen hin
einigermaßen abgeschlossener Personengruppen (ob es sich dabei nun um Familien,
Abstammungsgruppen, Stämme, Haushalte, Völker, etc. gehandelt hat) bestanden
hat. Damit kann die Existenz eines ursprünglichen bzw. vormaligen Eigentümers
selbst für prähistorische Fundgegenstände angenommen werden.
[9] z.B. indem er sie weggeworfen oder in der Absicht sie aufzugeben
vergraben hat.
[10] z.B. weil er die Sache eben verloren und nicht wiedergefunden hat und
sie damit dauerhaft in Vergessenheit geraten ist.
[11] Wie z.B. durch natürliche Erosionsereignisse oder auch Arbeiten zu
anderen Zwecken als zur Entdeckung verborgener, verlassener, verlorener oder
vergessener Sachen wie z.B. Bauarbeiten.
[12] D.h. vorsätzlichen Suchen (bzw. ‚Nachforschungen‘) nach verborgenen,
verlassenen, verlorenen oder vergessenen Sachen wie z.B. Schatzsuchen oder auch
archäologische Ausgrabungen.
[13] Siehe dazu auch das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes zum
Schatzregal der Länder (BVerfGE 78, 205), dass es sich bei staatlichen Schatzregalen
für herrenlose Bodendenkmale nicht um eine verfassungswidrige Enteignung von
Finder und/oder Grundeigentümer handelt.
[14] Bezüglich Bodenbestandteilen, siehe Westermann
2005, 28.
[15] Dem steht auch das Urteil BVerfGE 78, 205 zum Schatzregal des § 23 DSchG-BW nicht
entgegen, denn dieses bezieht sich explizit nur auf denkmalrechtliche
Schatzregale für herrenlose
Gegenstände.
[16] Siehe dazu die Erwägungen zur Frage, inwieweit archäologische Befunde,
die im Block geborgen werden (könnten), überhaupt im rechtlichen Sinn als
unbewegliche Bodendenkmale betrachtet werden können, in ‚Sie zahlen, wir schaffen an!‘.
[17] Diese Tatsache, dass eine große Anzahl von Denkmalen einer
wirtschaftlichen Nutzung tatsächlich nicht zugänglich ist, wird z.B. sogar in
der Regierungsvorlage zur letzten größeren Novelle des österreichischen
Denkmalschutzgesetzes explizit anerkannt (RV 1999, 49).
[18] Bzw. wenigstens jede Nutzung jener Teile seines Grundstücks, auf denen
sich das unbewegliche Bodendenkmal befindet.
[19] Tatsächlich sind es, wenn man von der Nutzung des Bodendenkmals (wenn
sie auch wirtschaftlich vorteilhaft sein soll: für einen Eintrittspreis) als Tourismusattraktion
einmal absieht, praktisch alle; denn selbst die Nutzung des Grundstücks als
Garten macht es wenigstens gelegentlich erforderlich, zum Einsetzen von Zier-
oder (Gott behüte) gar Nutzpflanzen irgendwelche Bodenveränderungen
vorzunehmen.
[20] So z.B. ist bei der Nutzung einer Bodenfläche als Parkplatz abgesehen
von der Aufbringung einer einigermaßen stabilen Standfläche zum Abstellen von
Fahrzeugen nur mit etwas Bodenkompression durch die Auflast der abgestellten
Fahrzeuge und gelegentliche geringfügige Bodenverseuchungen durch aus lecken
Autos austretende Schadstoffe (z.B. Motoröl, Treibstoff, etc.) zu rechnen.
Selbst eine derartige, vergleichsweise nur geringfügige Veränderung des Bodens
des Grundstückes kann dennoch bereits signifikante Schäden am im Boden des
Grundstücks vorhandenen unbeweglichen Bodendenkmal auslösen; so z.B. fragile
Bestandteile der Substanz des Denkmals soweit komprimieren, dass sie als
zerstört zu betrachten sind oder – vor allem langfristig gesehen – zu einer
derartigen Durchsetzung der Substanz des Denkmals mit modernen Schadstoffen
führen, dass die naturwissenschaftliche Untersuchung von Materialproben der Substanz
des Denkmals keine aussagekräftigen Ergebnisse mehr produzieren kann.
[21] Eine signifikante Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Bodennutzung
durch dessen Eigentümer kann z.B. durch den Auftrag zusätzlichen Erdreichs auf
dem Grundstück bzw. wenigstens jenen Teilen des Grundstückes, auf denen sich
unbewegliche Bodendenkmale befinden, wenigstens teilweise verhindert werden;
auch wenn selbst in diesem Fall dann normalerweise immer noch z.B. die
denkmalschonende Beschränkung des Einsatzes von Düngemitteln bei der
Bewirtschaftung des Grundstückes erforderlich ist. Die Aufbringung einer
zusätzlichen Humusschicht von wenigstens 30 cm Stärke z.B. erfordert jedoch die
Beschaffung und gleichmäßige Verteilung von mindestens 3.000 m3
fruchtbaren Erdreichs pro Hektar Fläche. Das kostet pro Hektar alleine ca. €
50.000 (bei Erdpreisen erhoben am 25.8.2018) für das erforderliche Erdmaterial,
die Kosten für dessen Anlieferung und Verteilung am Grundstück noch gar nicht
mitgerechnet.
[22] Man bedenke an dieser Stelle den von ArchäologInnen häufig zur
Verdeutlichung des durch die unsachgemäße Zerstörung von archäologischen
Befunden erzeugten immateriellen Schadens (und weshalb man sie daher nicht
verursachen darf) angeführten Vergleich, dass man ja auch nicht an der Mona
Lisa kratzen oder sich ein Stück davon abschneiden dürfe, wenn man den Louvre
besucht (siehe dazu schon, auch für einen konkreten Beleg für die Verwendung
dieser Metapher, Karl 2013, 118). Nimmt man diesen Vergleich ernst (was man
natürlich nicht kann) und rechnet aus dem 1962 auf $ 100 Millionen geschätzten
Versicherungswert der Mona Lisa unter Berücksichtigung der Inflation ihren
heutigen immateriellen Wert hoch, wäre dieser wohl etwas über das Sechsfache
höher; dies wäre dann also der immaterielle Wert eines jeden noch unerforschten
archäologischen Befundes. Der dem Grundeigentümer durch die Zerstörung seines
unbeweglichen Denkmals entstehende wirtschaftliche Wertverlust seines Eigentums
wäre also astronomisch hoch – die vollständige Zerstörung eines Befundes wäre
schließlich der ebensolchen Zerstörung der Mona Lisa gleichzusetzen.
[23] Mutmaßlich würde sie in der Regel eher niedrig ausfallen, weil es bisher
wenigstens auf den ersten Blick keinen Markt für unbewegliche Bodendenkmale zu
geben scheint und sie daher von sachverständigen GutachterInnen vermutlich als
finanziell weitgehend wertlos geschätzt werden würden. Es stellt sich
allerdings die Frage, ob bei einer derartigen Wertschätzung nicht wenigstens
die Kosten, die für die Nutzbarmachung des immateriellen Werts des betreffenden
unbeweglichen Bodendenkmals – d.h. seine archäologische Ausgrabung – angefallen
sind, als Untergrenze für den finanziellen Wert des Denkmals anzusetzen wären:
schließlich müsste der, der sie ausgraben und damit der ideellen Nutzung
zuführen will, diese Kosten in die Nutzbarmachung ihres ideellen Wertes
investieren. Nachdem Forschungsgrabungen auch tatsächlich schon seit langem mit
öffentlichen und privaten Fördermitteln durchgeführt werden, ‚kaufen‘ an
unbeweglichen Bodendenkmalen interessierte archäologische
Forschungsinstitutionen also schon seit langem unbewegliche Bodendenkmale an;
womit sich die Grabungskosten als Marktwert der unbeweglichen Bodendenkmale
betrachten lassen und wohl auch betrachtet werden müssen.
[24] GrundeigentümerInnen überlassen daher üblicherweise in Unwissen darüber,
dass sie eigentlich Geld für die Überlassung der wissenschaftlichen
Nutzungsrechte an ihrem Denkmaleigentum verlangen könnten, diese Nutzungsrechte
der natürlichen oder juristischen Person, die sich diese Nutzungen aneignen
will, die damit auch zum rechtmäßigen Eigentümer der Früchte der
wissenschaftlichen Untersuchung dieser Denkmale wird (in Deutschland gem. § 956 BGB; in Österreich gilt im wesentlichen dasselbe
in Folge einer Verbindung mehrerer Bestimmungen im ABGB zum Erwerb von
redlichem Besitz und Eigentumsrechten durch Zueignung).
[25] Inwieweit diese neu geschaffene Sache ein neues Denkmal ist; das in
seiner Substanz zerstörte Denkmal in veränderter Form (eben der der
wissenschaftlichen Dokumentation) weiter besteht; oder bloß wissenschaftliche
Information über ein ehemaliges Denkmal dokumentiert wird, der selbst kein
eigener Denkmalcharakter (oder eventuell ein solcher nun als Archivalie, aber nicht
mehr als Bodendenkmal) zukommt, darüber ließe sich hier vorzüglich streiten.
Klar ist aber jedenfalls, dass – zu welchem Ergebnis man in einem solchen
möglichen Streit auf immer gelangen mag – die neu entstandene Dokumentation
nicht mehr die in ihrem Wesen gleiche Sache wie das ursprüngliche Bodendenkmal
selbst ist, also nicht mehr die ‚Originalquelle‘ aus der Vergangenheit, sondern
bestenfalls eine gegenwärtige ‚Originalquelle‘ über die Zerstörung einer
‚Originalquelle‘ aus der Vergangenheit. Wir haben damit also nun bestenfalls
ein Denkmal des gegenwärtigen Umgangs mit Denkmalen (in diesem Sinn z.B. auch
schon Holtorf 2012), nicht mehr hingegen das ursprüngliche Denkmal vor uns.
[26] Mit ‚die Allgemeinheit‘ ist in diesem Zusammenhang also keineswegs ‚alle‘
gemeint. Gemeint sind vielmehr jene Menschen, die ihrerseits ein – und sei es
auch nur hypothetisches – kulturelles, wissenschaftliches (oder auch
religiöses, erholungsdienliches, etc.) Nutzungsinteresse an den Denkmalen eines
Einzelnen haben oder auch nur haben könnten.
[27] Ohne Enteignung des Denkmaleigentümers erzwingen lässt sich nur die
wissenschaftliche Untersuchung seines Denkmals zu rein behördeninternen
Zwecken, d.h. zum Beispiel zum Zweck festzustellen, welche konkreten
Erhaltungsmaßnahmen erforderlich bzw. sachdienlich wären, um seine Zerstörung
oder wesentliche Veränderung durch natürliche Schadensursachen verhindern oder
wenigstens verlangsamen zu können. Als behördliche Ermittlungsmaßnahme stellen
sie dann nämlich keine (und schon gar keine wirtschaftlich für irgendjemanden
vorteilhafte) Nutzung des Denkmals dar, sondern sind Teil der zur Erhaltung des
Denkmals notwendigen Vorarbeiten – schließlich muss man zuerst einmal wissen,
wodurch das Denkmal gefährdet wird, ehe man sachdienliche Gegenmaßnahmen zur
Abwehr der diesem tatsächlich drohenden Gefahren setzen zu können (siehe dazu
auch schon ‚Sachlichkeitsgebot
und archäologische Denkmalpflege‘). Die Ergebnisse derartiger
Untersuchungen stehen dann aber auch ausschließlich zum behördeninternen
Gebrauch zur Erfüllung der Denkmalschutzaufgaben des Staates zur Verfügung und
dürfen nicht veröffentlicht oder sonstwie weiter genutzt werden.
[28] Siehe dazu z.B. http://www.fuerstensitze.de/1063_Heuneburg.html
[14.8.2018].
[29] Bzw. verschiedene Teilhabeberechtigte gleichzeitig einen ganz bestimmten
Teil des betroffenen Denkmals in sich gegenseitig ausschließender Weise
wissenschaftlich untersuchen wollen.
[30] Auch dafür bedarf es erforderlichenfalls klarer und transparenter
Regeln. Wie er diese Regeln genau gestaltet – sei es nach dem Prinzip ‚wer
zuerst kommt mahlt zuerst‘, durch eine Verlosung, einen öffentlichen
Wettbewerb, etc. – bleibt ihm dabei weitgehend selbst überlassen, solange es
dazu nicht zu einer systematischen, sachlich nicht gerechtfertigten Bevorzugung
einer bestimmten Person oder Art von Personen vor allen anderen Teilhabeberechtigten
oder umgekehrt einer systematischen unsachlichen Benachteiligung eines
bestimmten Personenkreises kommt.
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