Eines der wichtigsten Prinzipien von
Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung ist das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz
der Verfassung (Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG; siehe auch Art. 1 AEMR) abgeleitete Sachlichkeitsgebot. Der
Gleichheitssatz verpflichtet, ganz vereinfacht gesagt, die öffentliche Gewalt
generell dazu, sachlich Gleiches gleich und sachlich Ungleiches ungleich zu
behandeln.
Daraus folgt mittelbar, dass letztendlich alles
staatliche Handeln auf vernünftigen Gründen beruhen muss, die sich aus der
Natur der gegenständlichen Sache (bzw. des Sachverhalts) ergeben oder anderswie
einleuchtend sind, also sachlich sein muss: schließlich erlauben es nur solche
– nachvollziehbaren – Begründungen, festzustellen, welche Sachverhalte im
rechtlichen Sinne gleich und daher auch vom Staat gleich und welche ungleich
und daher auch vom Staat ungleich zu behandeln sind. Staatliches Handeln, dem
solche nachvollziehbaren Gründe fehlen oder das sachlich ungerechtfertigt
Gleiches ungleich oder Ungleiches gleichbehandelt, ist im rechtlichen Sinn
willkürlich und dem Staat und allen seinen Organen durch das sich aus dem
Gleichheitssatz ebenfalls ergebende Diskriminierungsverbot untersagt.
Sachlichkeit in der Denkmalpflege
Das staatliche Verwaltungshandeln unterliegt
selbstverständlich auch im Bereich der archäologischen Denkmalpflege ebendiesem
allgemeinen Sachlichkeitsgebot: auch in der Denkmalpflege dürfen der Staat und
seine Organe nicht einfach tun und lassen, was ihnen gerade im Augenblick in
einem bestimmten Einzelfall gefällt, sondern sind verfassungsgesetzlich dazu
verpflichtet, alle sachlich gleichartigen Einzelfälle gleich und ebenso alle
sachlich ungleichartigen Einzelfälle ungleich zu behandeln.
Nicht zuletzt deshalb beschäftigen unsere
Staaten bzw. Länder archäologische Fachkräfte in den staatlichen
Denkmalbehörden: sie bedürfen dieser als Amtssachverständige, um die
rechtlichen Entscheidungen, die diese Denkmalbehörden zu fällen haben – zum
Beispiel in Österreich im Kontext von Unterschutzstellungsverfahren gem. § 3
DMSG (Bazil et al. 2015, 22-3) oder auch im Kontext von bewilligenden
Bescheiden anzufügenden, sachdienlichen Auflagen (ibid., 61-4) – auch
entsprechend des tatsächlich bestehenden Sachverhalts sachlich begründet
treffen zu können. In jedem zu entscheidenden Einzelfall externe Fachgutachten
zukaufen zu müssen würde nämlich der Behörde – aufgrund der hohen Zahl der
alljährlich zu entscheidenden Fälle – insgesamt deutlich teurer kommen als das
Gehalt der behördenintern dafür angestellten Fachkräfte, die man günstiger Weise
auch gleich noch zu zahlreichen anderen, ohnehin zu erledigenden Arbeiten wie
in der Denkmalforschung einsetzen kann. Dabei versteht sich natürlich auch von
selbst, wozu die von diesen Fachkräften durchzuführende staatliche Denkmalforschung
primär dienen soll: selbstverständlich zur Ermittlung der notwendigen
Informationen, die zur ausreichend sachlichen Entscheidung denkmalrechtlicher
Fragen erforderlich sind.
Sachverständigengutachten
Die Anforderungen an ein
Sachverständigengutachten beschreiben Bazil et al. (2015, 23) in aller
gebotenen Kürze in ihrem Kommentar zum österreichischen DMSG wie folgt:
‚Der Sachverständige hat die Tatsachen zu
erheben (Befund) und aus diesen Tatsachen auf Grund besonderer Fachkunde
tatsächliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Einem schlüssigen Amtssachverständigengutachten ist so lange zu folgen,
als die Richtigkeit nicht durch Gegenausführungen und Gegenbeweise von
vergleichbarem Aussagewert widerlegt werden (VwGH 3.6.2004, 2002/09/0134). Ein
Amtssachverständigengutachten kann im Allgemeinen nur durch ein auf gleichem
wissenschaftlichen Niveau stehendes Gegengutachten
widerlegt werden (VwGH 23.9.1992, 92/09/0198, VwGH 20.3.2014, 2013/09/0154).
Die Beweiskraft eines Sachverständigengutachten wird auch durch den Nachweis
erschüttert, dass es mit den Denkgesetzen
oder mit den Erfahrungen des täglichen
Lebens in Widerspruch steht. Das Vorbringen, ein Gutachten stehe mit wissenschaftlichen Erfahrungen im
Widerspruch, ist jedoch durch ein Sachverständigengutachten unter Beweis zu
stellen (VwGH 25.4.1991, 91/09/0019).‘ (Bazil
et al. 2015, 23; Hervorhebungen: wie Original).
Ein Sachverständigengutachten kennzeichnet sich
also durch zwei Elemente: einerseits das, was im eben zitierten Text als ‚besondere Fachkunde‘, sonst aber auch
häufig als besonderer Sachverstand
bezeichnet wird. Das meint, neuerlich grob vereinfacht gesagt, dass sich der
Sachverständige mit der Materie (dem generellen Themenbereich, in den die
konkrete Sache fällt), über die er ein Gutachten verfassen soll, tatsächlich
deutlich überdurchschnittlich gut auskennt. Daher ist die normale
Erwartungshaltung, dass der Sachverständige in Bereichen, in denen es eine
solche Ausbildung gibt, wie z.B. im Bereich der Archäologie, ein einschlägiges
Universitätsstudium abgeschlossen hat. Zentral ist jedenfalls, dass die Person,
die ein sachverständiges Gutachten verfassen soll (oder möchte), einen größeren
Überblick über die und ein überdurchschnittlich entwickeltes Verständnis der
relevanten Materie braucht, denn nur das ermöglicht es ihr, wissenschaftlich korrekt
zu beurteilen (d.h. tatsächliche Schlussfolgerungen darüber zu ziehen), was
jetzt der konkreten Sache gerecht wird; d.h. das ist, was in der gutachtengegenständlichen
Sache ‚richtig‘ ist.
Andererseits kennzeichnet sich ein
Sachverständigengutachten aber auch – und noch wichtiger – durch die Kenntnis
der im Einzelfall relevanten Tatsachen, d.h. selbstverständlich zuallererst der
im Einzelfall betroffenen Sache selbst. Denn diese Tatsachen sind das, was
mittels der ‚besonderen Fachkunde‘ zu
beurteilen ist, d.h. die Grundlage (oder, wenn man es wissenschaftlicher ausdrücken
will: die primären Quellen) der gutachterlichen Beurteilung der
gutachtengegenständlichen Sache.
Eine sachverständige Beurteilung einer Sache,
die der Gutachter gar nicht kennt, ist daher gänzlich unmöglich: ein
Universitätsprofessor wie ich, der im Kontext der Beurteilung studentischer
Prüfungsleistungen als sachverständiger Gutachter agiert, kann
selbstverständlich eine schriftliche studentische Prüfungsarbeit nicht ‚richtig‘
beurteilen, die er nicht gelesen hat. Es genügt zur Beurteilung dieser
konkreten Prüfungsleistung dieses konkreten Studierenden z.B. nicht, ihm die
Note zu geben, die der – durchaus den Tatsachen entsprechende – Notendurchschnitt
seiner letzten z.B. zehn Prüfungsleistungen ist, egal wie wahrscheinlich es
ist, dass diese auch für seine konkret beurteilungsgegenständliche
Prüfungsleistung die ‚richtige‘ Note sein dürfte: fehlt dem Beurteilenden die
tatsächliche Kenntnis dieser konkreten Leistung, dann ist seine Beurteilung
keine sachverständige, sondern eine willkürliche Beurteilung. Eine solche
willkürliche Beurteilung ist verboten, weil sie nicht die Arbeitsleistung des
Prüflings, sondern nur ein Vorurteil des Prüfers reflektiert.
Sachdienliche Bescheidauflagen
Im Wesentlichen das gleiche gilt auch z.B. bei
der Erteilung sogenannter sachdienlicher
Auflagen im Kontext von Bescheiden. So ermöglicht und verlangt zum Beispiel §
11 Abs. 1 DMSG vom Bundesdenkmalamt (BDA), das von ihm erteilte ‚Bewilligungen gemäß diesem Absatz [RK: archäologische
Nachforschungsgenehmigungen] […] mit
Einschränkungen, Auflagen und Sonderregelungen […] (hinsichtlich Fläche und Tiefe, Art der Durchführung, Meldepflichten,
Kontrollen usw.)‘ (§ 11 Abs. 1 DMSG) verbunden werden (können). Das
bedeutet aber aufgrund des auch die Verwaltung bindenden Sachlichkeitsgebotes
selbstverständlich nicht, dass das BDA sogenannte ‚Grabungsgenehmigungen‘ (§ 11 Abs. 1 DMSG) mit jeder beliebigen
Einschränkung, Auflage oder Sonderregelung verbinden darf, die dem zuständigen
Beamten im BDA gerade gefällt. Vielmehr ist das BDA als Behörde verpflichtet,
immer nur die, aber dafür immer auch jene, Einschränkungen, Auflagen oder
Sonderregelung mit einem bewilligenden Bescheid zu verbinden, die tatsächlich
in der konkreten Sache erforderlich sind; im konkreten Fall dafür erforderlich,
das gesetzliche Schutzziel, das der Gesetzgeber generell mit dem DMSG und der
konkreten Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG verfolgt, zu erreichen.
Das BDA darf also – obwohl es vom Gesetzgeber
durch den zitierten Satz des § 11 Abs. 1 DMSG ausdrücklich dazu ermächtigt
wird, Bewilligungen mit Beschränkungen, Auflagen oder Sonderregelungen zu
verbinden – z.B. nicht mit einem solchen bewilligenden Bescheid die Auflage
verbinden, dass der Leiter der konkret betroffenen Nachforschung diese in einem
Clownskostüm durchführen muss: welche Kleidung der Leiter einer
Nachforschungsmaßnahme trägt, trägt schließlich nichts dazu bei, das betroffene
Denkmal vor vermeidbaren Schäden zu schützen. Ist dem BDA hingegen bekannt,
dass der Leiter der bewilligten Nachforschungsmaßnahme praktisch blind ist,
wenn er nicht eine zur Kompensation seiner Sehschwäche geeignete Brille trägt, kann
es nicht nur, sondern muss es diesem die Auflage erteilen, dass er bei der
Arbeit eine solche Brille tragen muss: er sieht sonst schließlich nicht, was er
und seine MitarbeiterInnen bei den Nachforschungsmaßnahmen tatsächlich tun und
kann daher die Arbeit nicht ausreichend überwachen. Ist also die Auflage, ein
Clownskostüm tragen zu müssen, unsachlich und daher unzulässig, ist die Auflage,
eine geeignete Brille tragen zu müssen, wenn der im Einzelfall eine
Grabungsgenehmigung beantragt habende Nachforschende eine solche braucht, sachlich
gerechtfertigt und deshalb zulässig.
Selbstverständlich ist es für die Erteilung
sachdienlicher Auflagen ebenfalls unumgänglich, dass der, der diese Auflagen
erteilen soll, ausreichend genaue Sachkenntnis hat: nur wenn der
entscheidungsbefugte Beamte weiß, dass der Antragssteller ohne Brille praktisch
blind ist, hat er überhaupt einen Grund, diesem das Tragen einer entsprechenden
Brille bei der Arbeit im Wege einer Bescheidauflage vorzuschreiben. Jedem
Antragsteller auf den reinen Verdacht hinauf, dass er ohne Brille praktisch
blind sein könnte, das Brillentragen per Bescheidauflage vorzuschreiben, wäre
schließlich absurd: alle AntragstellerInnen ohne Sehfehler brauchen schließlich
gar keine Brille, um ihre Arbeit ordentlich erledigen zu können.
Die Ziele des Denkmalschutzgesetzes
Welche Ziele der österreichische Gesetzgeber
mit den Bestimmungen des DMSG tatsächlich verfolgt, ist glücklicherweise
vollständig klar, denn er hat das schon in den ersten Paragrafen des DMSG mit
aller wünschenswerter Deutlichkeit hineingeschrieben:
‚Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen
Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und
bewegliche Gegenstände (…) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger
kultureller Bedeutung („Denkmale“) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den
Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu
anderen Gegenständen entstehen. „Erhaltung“
bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.‘ (§ 1 Abs. 1 DMSG; Hervorhebung: RK).
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung hat
dieses an sich schon eindeutig definierte Ziel noch genauer erläutert: dem
Denkmalschutz geht es nicht um das Wachhalten des Gedenkens, sondern Denkmale
sind, wenn ihre Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, aufgrund des
ihnen zukommenden, eigenen besonderen Wertes geschützt (VfGH 19.3.1964, K
11-4/63). Daher kann dem öffentlichen Erhaltungsinteresse auch nicht dadurch
Rechnung getragen werden, dass ein Denkmal vor seiner Zerstörung fotografiert (VwGH 8.11.1973, 1072/73) oder an einem an seiner Stelle errichteten
Neubau eine Gedenktafel angebracht wird (VwGH 16.1.1975, 1799/44). Dabei ist
mit Erhaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG stets die Verhinderung jeder
objektiv feststellbaren, körperlichen Veränderung der Substanz (VfGH 11.3.1976,
G 30/74 und G 6/75; VwGH 29.4.2011, 2010/09/0230), historisch gewachsenen
Erscheinung oder künstlerischen Wirkung (VfGH 1.3.1980, B 73/77) eines Denkmals
gemeint. Eine zeitliche Komponente fehlt allerdings, da letztendlich kein
Denkmal der Vernichtung durch Zeitablauf entgehen kann (VwGH 5.2.1976,
1891/75). Das DMSG kennt daher keine Pflicht zu aktiven Erhaltungsmaßnahmen,
sondern will nur nachteilige Zerstörungen oder Veränderungen verhindern;
Denkmale sind stets jeweils in dem Zustand geschützt, in dem sie sich im
Zeitpunkt ihrer Unterschutzstellung befanden (VwGH 8.9.1977, 1113/77; 18.6.2014, 2013/09/0131). Dabei sind jene Elemente, welche
die Denkmaleigenschaft eines Gegenstandes begründen, zu beschreiben und
sachverständig zu bewerten (VwGH 25.1.2013, 2012/09/0100).
Das gleiche Schutzziel wird dann auch
insbesondere durch die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 DMSG zum Ausdruck gebracht,
dem Verbot der Zerstörung und Veränderung von Denkmalen, der zentralen
Schutzbestimmung des DMSG für nach dem konstitutiven Prinzip (DGUF 2013) geschützte
Denkmale. Deren erster Satz besagt:
‚Bei
Denkmalen, die unter Denkmalschutz stehen, ist die Zerstörung sowie jede
Veränderung, die den Bestand (Substanz), die überlieferte (gewachsene)
Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflussen könnte, ohne Bewilligung
gemäß § 5 Abs. 1 verboten.‘ (§ 4 Abs. 1 1. Satz DMSG).
Auch das bringt sehr deutlich zum Ausdruck,
dass es dem Gesetzgeber um die körperlich unveränderte Erhaltung der Denkmale
in dem Zustand geht, in dem sie sich jeweils gerade befinden. Laut § 4 Abs. 1 Z
1 DMSG ist dabei als Zerstörung die faktische Vernichtung der Bedeutung des
betroffenen Denkmals zu betrachten, auch wenn – für sich allein aber nicht mehr
ausreichend signifikante – Bestandteile davon weiterbestehen. Gem. § 4 Abs. 1 Z
2 DMSG ist die vorsätzliche Unterlassung jedem Eigentümer zumutbarer, alltäglicher
Instandhaltungsmaßnahmen in offenbarer Zerstörungsabsicht der Zerstörung
gleichzuhalten (Bazil et al. 2015, 60-64).
Neuerlich das gleiche Schutzziel verfolgt der
Gesetzgeber auch mit den ‚archäologischen‘ Schutzbestimmungen für Zufallsfunde
von ‚Bodendenkmalen‘ der §§ 8 und 9
DMSG. Diese sind aufgrund der ‚für
Bodenfunde zumeist besondere[n]
Gefährdung durch Veränderung, Zerstörung oder Diebstahl‘ (§ 8 Abs. 1 DMSG)
einer der im ersten dieser beiden Paragrafen genannten, zulässigen
Fundmeldebehörden binnen eines Werktages ab dem Zeitpunkt ihrer Entdeckung
anzuzeigen. ‚Der Zustand der Fundstelle
und der aufgefundenen Gegenstände (Fund) ist bis zum Ablauf von fünf Werktagen
ab erfolgter Meldung unverändert zu belassen…‘ (§ 9 Abs. 1 DMSG),
allerdings sind bei Bestehen der ‚Gefahr,
dass bewegliche Fundgegenstände abhanden kommen könnten, […] diese vom Finder trotz der Bestimmung des
Abs. 1 in möglichst sicheren Gewahrsam zu nehmen‘ (§ 9 Abs. 2 DMSG).
Besteht diese Gefahr des Abhandenkommens nicht, ‚sind das Bundesdenkmalamt oder seine Beauftragten berechtigt, die
Funde zu bergen sowie die notwendigen Maßnahmen zur Klärung der Fundumstände
und zur Sicherung weiterer auf dem Grundstück vorhandener oder vermuteter
Bodendenkmale zu treffen‘ (§ 9 Abs. 2 DMSG). Schließlich unterliegen ‚die aufgefundenen Bodendenkmale […] vom Zeitpunkt des Auffindens bis zum
Abschluss der in Abs. 4 umschriebenen Arbeiten, längstens aber auf die Dauer
von sechs Wochen ab Abgabe der Fundmeldung (§ 8 Abs. 1), den Beschränkungen
dieses Bundesgesetzes, und zwar während dieser Zeit einheitlich gemäß den
Bestimmungen bei Unterschutzstellungen durch Bescheid (§ 3 Abs. 1)‘ (§ 9
Abs. 3 DMSG), stehen also zeitweilig kraft gesetzlicher Vermutung unter
Denkmalschutz; und zwar offensichtlich zum Zweck, dass das Bundesdenkmalamt ‚[b]is zum Ende dieser Frist‘ entscheiden
kann, ‚ob diese Bodendenkmale weiterhin
den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes (in allen Fällen nach den Rechtsfolgen
für Unterschutzstellungen durch Bescheid gemäß § 3 Abs. 1) unterliegen‘ (§
9 Abs. 3 DMSG).
Den Anwendungsbereichs- und Schutzbestimmungen
des DMSG ist also gemein, dass der Gesetzgeber jeweils deutlich erkennbarer
Weise bezweckt, besonders bedeutende Denkmale körperlich unverändert zu
erhalten. In diesem Kontext sind also auch die Bestimmungen des § 11 DMSG zu
lesen, insbesondere die seines Absatz 1, die eigentlich keine Schutzbestimmung,
sondern eine Reduplikation der für alle geschützten Denkmale geltenden Veränderungsbewilligungspflicht
des § 5 Abs. 1 DMSG bzw. dessen genauere Spezifizierung für ‚bewegliche und unbewegliche Denkmale unter
der Erd- bzw. Wasseroberfläche‘ (§ 11 Abs. 1 DMSG) ist. Laut der
Regierungsvorlage zum DMSG idF BGBl. 473/1990 bezwecken die Bestimmungen des §
11 generell in Parallelität zu den ‚Zufallsfundbestimmungen‘
der soeben besprochenen §§ 8-9 DMSG die Regelung der ‚Vorgangsweise bei der Durchführung bewilligter wissenschaftlicher
Grabungen. § 11 enthält […] viele
Bestimmungen, die eine für die Wissenschaft notwendig geregelte Vorgangsweise
bei der Durchführung der Grabungen, der Durchführung der Meldungen usw. vorsieht‘
(RV 1990, 20).
Die Bestimmung ‚Bewilligungen gemäß diesem Absatz können mit Einschränkungen, Auflagen
und Sonderregelungen verbunden sein (hinsichtlich Fläche und Tiefe, Art der
Durchführung, Meldepflichten, Kontrollen usw.)‘ (§ 11 Abs. 1 3. Satz DMSG)
ist also auch dahingehend zu interpretieren, dass der Gesetzgeber bezweckt hat,
dass die mit der Bewilligung verbundenen Einschränkungen, Auflagen und
Sonderregelungen den Zweck verfolgen müssen, die körperlich möglichst
unveränderte Erhaltung der betroffenen Denkmale zu gewährleisten.
Einschränkungen müssen also z.B. dem Zweck dienen, jene Teile des von
wissenschaftlichen Grabungen untersuchten Denkmals, deren Erforschung vom
Antragsteller nicht beabsichtigt wird und deren körperlich unveränderte Erhaltung
durch Flächen- oder Tiefenbeschränkungen bei der Grabung tatsächlich erreicht
werden kann, auch tatsächlich körperlich unverändert zu erhalten. Will z.B. ein
provinzialrömischer Archäologe auf einer mehrphasigen Fundstelle die römische,
aber nicht die neolithische Besiedlung dieser Fundstelle erforschen, kann das
BDA solche Flächen- und Tiefenbeschränkungen mit dem bewilligenden Bescheid
verbinden, die dem Genehmigungsinhaber ein Vordringen auf jene Flächen bzw. in
jene tiefergelegenen Erdschichten verbieten, die nur neolithische Überreste
enthalten.
Vergleichbares gilt auch z.B. für
Sonderregelungen hinsichtlich der Art der Durchführung. Möchte z.B. ein
Antragsteller die zentrale Grabkammer, die er in einem hallstattzeitlichen
Riesentumulus vermutet, archäologisch untersuchen, aber auf dem Gipfel dieses
Tumulus steht ein mittelalterliches Kreuz, kann das BDA dem bewilligenden
Bescheid die Sonderregelung anfügen, dass der Tumulus derart auszugraben ist,
dass das mittelalterliche Kreuz auf seinem Gipfel unverändert erhalten bleibt.
Dies kann z.B. eine laterale statt der sonst üblichen, mehr oder minder
vertikal durchgeführten Grabung erforderlich machen; und wird schon rein
sicherheitshalber starke Pölzungen bzw. sonstige Absicherungen des über der
zentralen Grabkammer liegenden Hügels gegen Versturz bzw. Einbruch erfordern.
Diese für die körperlich in Erscheinung, Substanz und Wirkung unveränderte
Erhaltung des mittelalterlichen Kreuzes auf der Hügelkuppe erforderlichen
Sonderregelungen können also in einem solchen Fall mit dem Genehmigungsbescheid
verbunden werden.
Sachlichkeit in archäologischen Unterschutzstellungsverfahren
Verfahren zur Unterschutzstellung
archäologischer Denkmale beruhen, wie auch alle anderen
Unterschutzstellungsverfahren im DMSG, ganz maßgeblich auf
Sachverständigengutachten; die primär durch Amtssachverständige, d.h.
Fachpersonal der Abteilung für Archäologie des BDA, verfasst werden. Für die
Unterschutzstellung noch nicht ausreichend erforschter Denkmale – explizit
genannt noch nicht ausgegrabene archäologische Denkmale – reduziert § 1 Abs. 5
DMSG das sonst für die Unterschutzstellung erforderliche Beweismaß der
Sicherheit auf die bloße Wahrscheinlichkeit, dass die für die
Unterschutzstellung erforderlichen Fakten aufgrund des derzeitigen (eben noch
unvollständigen) wissenschaftlichen Erkenntnisstandes vorliegen.
Dabei ist selbstverständlich klar, dass es für
eine Unterschutzstellung eines archäologischen Denkmals wenigstens erforderlich
ist, dass es – ganz im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 5 DMSG – bei der
erforderlichen sachlichen Betrachtung wenigstens wahrscheinlich ist, dass das
betreffende Denkmal auch tatsächlich existiert. Daher ist auch eine
Unterschutzstellung solcher Teile von Grundstücken, von denen noch keine
Hinweise auf das Vorkommen irgendwelcher archäologischer Denkmale vorliegen,
nicht zulässig (VwGH 21.1.1994, 93/09/0386; 25.6.2013, 2011/09/0178). Gemäß der höchstgerichtlichen
Rechtsprechung geeignete Hinweise, die die Existenz von Gegenständen, denen
wahrscheinlich Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs. 2 DMSG zukommt, in für eine
Unterschutzstellung ausreichender Weise wahrscheinlich machen, sind dabei solche,
die auch generell in der archäologischen Wissenschaft als sichere Indizien auf
das Vorkommen bedeutender archäologischer Funde und vor allem Befunde im Boden
unter der Erd- oder Wasseroberfläche betrachtet werden: z.B. aussagekräftige
Luftbilder in Verbindung mit datierbaren Oberflächenfunden, die eine
einigermaßen eindeutige Zuordnung der im Boden wahrscheinlich vorkommenden
archäologischen Überreste zu einer bestimmten Klasse oder einem Typ von
Objekten[1],
wie z.B. ‚römische Villa‘, auch tatsächlich gestatten (siehe dazu z.B. VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178). Selbstverständlich ebenfalls in
diese Kategorie fallen die Ergebnisse geophysikalischer Prospektionen und
natürlich auch die bereits an Ort und Stelle durchgeführter (Test-) Grabungen,
wobei aber Grabungen keineswegs erforderlich sind, um die Präsenz eines
archäologischen Denkmals auf einem Grundstück bzw. Teilen eines Grundstückes
ausreichend beweiskräftig feststellen zu können.
Umgekehrt ist es aber auch so, dass es nicht
genügt, dass bloß irgendwelche Hinweise darauf vorliegen, dass an einer
bestimmten Stelle im Boden irgendwelche archäologischen Überreste vorkommen
könnten. Es muss vielmehr aus den bekannten Hinweisen – bei ihrer
sachverständigen wissenschaftlichen Beurteilung – ausreichend erkennbar sein,
dass es sich bei dem aller Wahrscheinlichkeit nach an einer bestimmten Stelle
im Boden befindlichen Objekt auch tatsächlich wahrscheinlich um ein solches
handeln dürfte, das den in § 1 Abs. 2 DMSG genannten Kriterien für das
Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung dieses Objektes als Denkmal
entspricht (VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178). So z.B. sagen auf Luftbildern
erkennbare Bewuchsmerkmale, die auf die Präsenz von zwei Mauergevierten – den
mutmaßlichen Überresten der Fundamente zweier ehemals an dieser Stelle
gestanden habenden Gebäude – im Boden hinweisen, noch nichts darüber aus, ob
diese Überreste von derart beschaffener Bedeutung sind, dass ihre Erhaltung iSd
§ 1 Abs. 2 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen ist. Fehlen also datierende
Kleinfunde, die es wahrscheinlich machen, dass es sich dabei z.B. um die
Überreste einer römischen Villa handeln dürfte, und könnten daher die Gebäude
jede Art von Gebäuden jedweder Zeitstellung sein, kann nicht sachverständig
beurteilt werden, ob diesen Überresten ausreichende Denkmaleigenschaft zukommt,
um ihre Unterschutzstellung zulässig zu machen. Denn erst dadurch, dass sich
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sachverständig bestimmen lässt, von welcher
Art von Gebäuden diese wahrscheinlich vorhandenen Überreste stammen, lässt sich
auch sachverständig beurteilen, ob es sich bei ihnen wahrscheinlich ‚aus überregionaler oder vorerst auch nur
regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine
Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht
hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten
würde‘ (§ 1 Abs. 2 DMSG; vgl. dazu VwGH 25.6.2013, 2011/09/0178).
Gerade letzteres ist unumgänglich für eine
Unterschutzstellung eines archäologischen Denkmals erforderlich: schließlich
will der Gesetzgeber mit den Bestimmungen des DMSG nur solche Denkmale
schützen, deren Erhaltung aufgrund ihrer besonderen Bedeutung im öffentlichen
Interesse gelegen ist, nicht alle ‚von
Menschen geschaffene[n] unbewegliche[n] und bewegliche[n] Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender
menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter
Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger
kultureller Bedeutung („Denkmale“)‘ (§ 1 Abs. 1 DMSG). So lange sich also
nicht sachverständig beurteilen lässt, worum es sich bei den betreffenden
Überresten (aller Wahrscheinlichkeit nach) handelt und sich daher auch nicht
feststellen lässt, ob ihr Verlust in Hinblick auf die genannten Kriterien
Qualität, Vielzahl, Vielfalt und Verteilung eine – und sei es auch nur aus
lokaler Sicht – Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgüterbestandes in seiner
Gesamtsicht bedeuten würde, kann eine Unterschutzstellung dieser – eben noch
nicht ausreichend beurteilbaren – Überreste nicht rechtmäßig erfolgen.
Sachlichkeit in Grabungsgenehmigungsbescheiden
Gibt es im Bereich der
Unterschutzstellungsverfahren durchaus einiges an höchstgerichtlicher
Judikatur, anhand derer sich beurteilen lässt, unter welchen Umständen
behördliche Entscheidungen dem verfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebot
genügen, fehlt derartige Judikatur im Bereich der Grabungsgenehmigungen gem. §
11 Abs. 1 DMSG und der damit verbundenen Einschränkungen, Auflagen und
Sonderregelungen bislang noch nahezu völlig.
Das braucht einen auch nicht zu wundern:
archäologische Unterschutzstellungsbescheide ergehen normalerweise (von den
Betroffenen einigermaßen unerwartet) an Personen, die eine Unterschutzstellung
ihres Eigentums – die ihre Verfügungsgewalt über ihr Eigentum wenigstens
teilweise beschränkt – zumeist nicht wollen und sich daher nicht selten gegen
derartige Bescheide auf dem Gerichtsweg wehren. Nachdem es – die
Unterschutzstellung senkt in aller Regel den wirtschaftlichen Wert des
betroffenen Grundstücks bedeutend – dabei auch zumeist um einiges an Geld geht,
durchlaufen auch nicht wenige davon den gesamten Instanzenzug, um den von ihnen
befürchteten wirtschaftlichen Nachteil abwehren zu können.
Bei Grabungsgenehmigungen ist die Sachlage
hingegen eine ganz andere: in aller Regel werden Grabungsgenehmigungen nur von
professionellen ArchäologInnen beantragt, die diese Genehmigung auch
tatsächlich erteilt bekommen wollen, so gut wie immer auch tatsächlich erteilt
bekommen, und sie auch zumeist für die (wirtschaftlich gewinnbringende)
Ausübung ihres Berufs brauchen. Selbst wenn ein bewilligender Bescheid mit
wirtschaftlich belastenden Einschränkungen, Auflagen und Sonderregelungen
verbunden ist, können diese den GenehmigungsinhaberInnen in der Regel
weitgehend egal sein: diese müssen ja zumeist ihre Grabungen oder sonstigen
Nachforschungen nicht aus ihren eigenen Mitteln finanzieren, sondern wälzen die
damit verbundenen Kosten und wirtschaftlichen Aufwände auf Dritte ab. Nachdem sie
ihre Grabungen und sonstigen Nachforschungen in aller Regel auch möglichst bald
nach Erteilung des Bescheides durchführen wollen oder sogar müssen (aufgrund
der Auflagen oder um – wenn sie in der Privatwirtschaft tätig sind – ihren
Lebensunterhalt mit ihrer Arbeit zu verdienen), haben sie normalerweise auch
gar nicht die Zeit, die sie bräuchten, um den erteilten Bescheid der eventuell
mehrere Jahre lang dauern könnenden Überprüfung durch die Gerichte überlassen
zu können und somit einen positiven Grund, bewilligende Bescheide selbst dann
nicht anzufechten, wenn deren Inhalt ihnen rechtswidrig erscheint.
Die Dritten hingegen, welche die durch mit dem
Bewilligungsbescheid verbundenen Einschränkungen, Auflagen und Sonderregelungen
verursachten Mehrkosten letztendlich tragen müssen, haben in aller Regel in den
Bewilligungsverfahren gem. § 11 Abs. 1 DMSG keine Parteienstellung und können
daher überhaupt nicht rechtlich gegen die erteilten Bescheide vorgehen, auch
wenn sie das eventuell wollen würden.
Abweisende Bescheide gem. § 11 Abs. 1 DMSG sind
hingegen so außergewöhnlich selten – das BDA weist so gut wie nie
Grabungsgenehmigungsanträge ab – dass schon alleine das die Wahrscheinlichkeit,
dass sie angefochten werden, auf nahezu Null senkt. Aber selbst wenn ein einmal
ein abweisender Bescheid an einen Antragsteller ergeht, ist es für den
Antragsteller – der ja ohnehin ein graduierter Archäologe sein muss, sonst hat
er aufgrund des Wortlauts des § 11 Abs. 1 (‚Eine
derartige Bewilligung kann nur an Personen erteilt werden, die ein
einschlägiges Universitätsstudium abgeschlossen haben‘) ohnehin keine
Chance vor Gericht, die Genehmigung zu erstreiten – in der Regel das Risiko
nicht wert, eine gerichtliche Überprüfung des abweisenden Bescheides
anzustrengen: ist er ein privatwirtschaftlich tätiger Archäologe, ist der
Auftrag, für dessen Erledigung er die Grabungsgenehmigung gebraucht hätte, wohl
verloren, weil sein Auftraggeber wohl kaum Jahre warten wird wollen, bis das
Gericht den abweisenden Bescheid überprüft hat, selbst wenn dieser völlig
offensichtlich rechtswidrig ergangen sein sollte, sondern stattdessen einfach
an jemand anderen vergibt, der die Genehmigung bekommt. Ist er hingegen ein
Angestellter einer Universität, sonstigen Forschungseinrichtung oder eines
Museums, ist es weit einfacher, einen der vielen Partner, die solche ArchäologInnen
normalerweise haben, die Bewilligung beantragen zu lassen. Die gerichtliche
Überprüfung von abweisenden Bescheiden gem. § 11 Abs. 1 DMSG wird daher in
aller Regel auch nie angestrengt.
Das hat im Endeffekt zur Folge, dass es keine
Kläger gegen bewilligende Bescheide, daher auch keine Richter, und somit auch
keine Judikatur zur Frage gibt. Das macht es weitaus schwieriger, die Frage zu
beantworten, was denn das BDA nun alles in Grabungsgenehmigungsbescheiden vorschreiben
darf, ohne das Sachlichkeitsgebot der Bundesverfassung zu verletzen: man kann
nur analog aus der Judikatur zu andersartigen Verfahren – wie eben den
Unterschutzstellungsverfahren – erschließen, was aller Wahrscheinlichkeit nach
in Grabungsgenehmigungsbescheiden zulässig und was in diesen nicht zulässig
ist.
Ein konkreter Beispielfall aus dem 13. Wiener Gemeindebezirk
Zieht man derartige Analogieschlüsse, so zeigt
sich jedoch nahezu unmittelbar, dass die Handhabungspraxis der Grabungsgenehmigungspflicht
des § 11 Abs. 1 DMSG durch das BDA hochgradig problematisch ist. Ich ziehe in
weiterer Folge als konkretes Beispiel, um das zu demonstrieren, den
bewilligenden Bescheid des BDA vom 25.4.2018, BDA-61408.obj/0003-ARCH/2018
heran, den es mir auf meinen dementsprechenden Antrag vom 25.1.2018 für
geplante Grabungen und sonstige Nachforschungen im Garten meiner Eltern in Wien
erteilt hat.
Abbildung 1: Bild des betroffenen Gartens in Wien 13. |
Der Sachverhalt
Gegenstand meines Antrags vom 25.1.2018 sind
von mir geplante Grabungen und sonstige Nachforschungen zum Zwecke der
Beantwortung der Forschungsfrage, ob und falls ja welche archäologischen Funde
und Befunde im Garten meiner Eltern im 13. Wiener Gemeindebezirk vorkommen
(Abb. 1). Die von mir beantragte, geplante Vorgehensweise ist dabei – in ganz
kurzen Worten, die Folgende:
- Durchführung eines Surveys mittels eines Metallsuchgeräts zur Lokalisierung von unter der Erdoberfläche verborgenen Metallgegenständen. Allfällige Signale sollen ausgeflaggt und der jeweilige Fundverdachtsort mittel d-GPS eingemessen werden.
- Durchführung einer magnetometrischen Prospektion zur Erstellung eines zweidimensionalen Plans mikroskopischer Störungen des Erdmagnetfelds über der Erdoberfläche, aus dem prognostische Rückschlüsse auf das Vorkommen mutmaßlich archäologischer Funde und Befunde unter der Erdoberfläche gezogen werden können.
- Durchführung einer Bodenradarprospektion zur Erstellung eines dreidimensionalen Schichtbildes des Bodenaufbaus unter der Erdoberfläche, aus dem prognostische Rückschlüsse auf das Vorkommen mutmaßlich archäologischer (Funde und) Befunde unter der Erdoberfläche gezogen werden können.
- Durchführung einer (maximal) 10 x 10 Meter großen archäologischen Ausgrabung in Schichtgrabungsmethode auf Basis der Prospektionsergebnisse, durch welche der archäologisch mutmaßlich aussagekräftigste Bereich des untersuchten Grundstücks untersucht und Schlüsse über seine Nutzungsgeschichte in der Vergangenheit gezogen werden sollen.
Das betroffene Grundstück steht seit Mitte der
1970er im Eigentum meiner Eltern. Um 1980 wurde darauf das derzeit auf dem
Grundstück befindliche Einfamilienhaus errichtet, das ebenfalls im Eigentum
meiner Eltern steht. Ich war damals etwa 10 Jahre alt und konnte – ich war
schon damals stark an Archäologie interessiert – selbst die Ausschachtung der
Baugrube für die Unterkellerung dieses Hauses beobachten. Archäologische Funde
und Befunde wurden dabei nicht entdeckt, geschweige denn solche, die den
Kriterien des § 1 Abs. 2 DMSG genügt und daher ein öffentliches Interesse an
ihrer Erhaltung begründet hätten. Ich habe dann in diesem Haus die nächsten ca.
10 Jahre gelebt und halte mich auch seither einigermaßen häufig auf diesem
Grundstück und in diesem Haus auf. Bei den immer wieder einmal von mir und noch
viel häufiger meinen Eltern und von diesen als Gärtnern beschäftigten Personen
auf dem Grundstück (inklusive dabei üblichen Erdarbeiten) durchgeführten
Gartenarbeiten wurde niemals auch nur ein einziger archäologischer Fund oder
Befund entdeckt. Auch bei einer Anfang 2018 infolge des Erkenntnis des BVwG vom 11.9.2017, W 183
2168814-1/2E ohne
Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG durchgeführten, systematischen
Begehung des Grundstückes zur Entdeckung von Oberflächenfunden wurden von mir
keinerlei Hinweise auf das Vorkommen irgendwelcher archäologischer Funde und
Befunde, von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG, geschweige denn von Denkmalen
iSd § 1 Abs. 1 und 2 DMSG entdeckt. Soweit für mich nachvollziehbar sind auch
dem BDA keinerlei Hinweise auf das Vorkommen von archäologischen Funden und
Befunden, Bodendenkmalen, geschweige denn Denkmalen vom betroffenen Grundstück
bekannt; und auch in anderen Quellen wie historischen Katastern, auf
Luftbildern oder in LIDAR-Daten finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass
dort irgendwelche denkmalschutzrelevanten Gegenstände über, auf oder unter der
Erdoberfläche vorkommen.
In einfacheren Worten gesagt: das betroffene
Grundstück ist aus denkmalpflegerischer Sicht eine absolute tabula rasa. Niemand weiß oder hat auch
nur Grund zur Vermutung, dass auf diesem Grundstück irgendetwas vorkommen würde,
das denkmalschutzwürdig wäre.
Genehmigungspflicht für Nachforschungen nach Denkmalen
Ob überhaupt eine Genehmigungspflicht geplanter
Nachforschungen an einem bestimmten Ort besteht, ist bereits eine Rechtsfrage,
die vom diese Nachforschungen Planenden ebenso wie vom BDA ex ante, d.h. bevor diese Nachforschungen durchgeführt werden, zu
beantworten ist (siehe dazu schon ‚Die Bewertung archäologischer
Denkmale‘). Dabei
ist selbstverständlich bereits bei der Beantwortung dieser Rechtsfrage das
verfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot zu beachten.
Zwar verlangt die Bestimmung des § 11 Abs. 1
DMSG nur, dass die geplante ‚(Grabung)
und sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und
Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw.
Wasseroberfläche‘ durchgeführt werden müssen, um der Bewilligungspflicht
dieses Paragrafen zu unterliegen. Man könnte also eventuell davon ausgehen,
dass einzig und allein das subjektive Motiv des diese Handlungen Planenden –
eben seine Absicht, Denkmale zu entdecken – dafür ausreicht, diese
Bewilligungspflicht auszulösen.
Zwar hat sich schon der VwGH in seinem
Erkenntnis vom 23.2.2017, Ro 2016/09/0008 zu dieser Frage geäußert und
festgehalten:
‚Bei
teleologischer, an der Zielsetzung des Denkmalschutzes orientierter
Interpretation der Formulierung "Zweck des Entdeckens und der
Untersuchung" in § 11 Abs. 1 DMSG ist zur Objektivierbarkeit und damit
Überprüfbarkeit dieser Intention aber ein Kriterium dazu darin zu sehen, ob
objektive Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Denkmalen im Untergrund
vorliegen, die einerseits berechtigte Gründe für die Annahme der Willensbildung
des Grabenden in Richtung beabsichtigter Untersuchung oder Entdeckung darstellen
können und andererseits (bei Heranziehung eines objektiven
Betrachtungsmaßstabes) begründete Zweifel an einer gegenteiligen Behauptung des
Grabenden erzeugen würden. Es kann dem Gesetzgeber nämlich nicht zugesonnen
werden, dass er mit der gewählten Formulierung allein auf die subjektiven
Beweggründe seitens des Grabenden abstellen und eine Überprüfbarkeit nach
objektiven Gesichtspunkten ausschließen wollte.‘ (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008,
RN 17).
Schon das schließt bei der gebotenen
Sachlichkeit eigentlich vollständig aus, dass die von mir auf dem betroffenen Grundstück
geplanten Grabungen und sonstigen Nachforschungen der Bewilligungspflicht des §
11 Abs. 1 DMSG unterliegen könnten: schließlich liegen ganz und gar keine
objektiven Anhaltspunkte darauf vor, das am betroffenen Grundstück Denkmale im
Untergrund vorhanden sind. Ganz im Gegenteil weisen alle vorliegenden
objektiven Anhaltspunkte eindeutig darauf hin, dass dort aller
Wahrscheinlichkeit nach keine Denkmale im Untergrund vorkommen dürften.
Aber selbst wenn man das vollständig ignoriert
bzw. das zuletzt zitierte Erkenntnis des VwGH so auslegen will, dass nur dann
(auch) auf objektive Gesichtspunkte abzustellen ist, wenn der Nachforschungen
Durchführende die Absicht leugnet, Denkmale entdecken bzw. untersuchen zu
wollen, gilt es immer noch, sachlich zu beurteilen, ob die Gegenstände, die der
Nachforschende entdecken bzw. untersuchen möchte, überhaupt Denkmale iSd § 1
Abs. 1 und 2 DMSG oder wenigstens Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG sind. Im
konkreten Fall – ich habe schließlich klar festgestellt, dass ich durch die von
mir geplanten Nachforschungen ermitteln will, ob und – wenn ja – welche archäologischen
Funde und Befunde auf dem zu untersuchenden Grundstück vorkommen – ist klar,
dass der eigentliche Gegenstand der von mir geplanten Nachforschung das betroffene
Grundstück ist.
Damit stößt man ganz unmittelbar auf das erste
Problem in Hinblick auf die Frage nach der Genehmigungspflicht der von mir
geplanten Grabungen und sonstigen Nachforschungen: das Grundstück, das ich in
Hinblick auf die Frage, ob und wenn ja welche archäologischen Überreste darauf
vorkommen, untersuchen möchte, ist sicherlich kein Denkmal, ja sicherlich nicht
einmal ein Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG. Weder ist es im Sinne der
Legaldefinition des Denkmalbegriffs des § 1 Abs. 1 DMSG – außer vielleicht im
extrem übertragenen Sinn, dass seine Abgrenzung gegenüber Nachbargrundstücken
auch Resultat einer körperlich gestaltenden menschlichen Handlung ist – von
Menschen ‚gestaltend‘ geschaffen, noch kommt ihm eine derartige Bedeutung zu,
dass seine unveränderte Erhaltung in Erscheinung, Substanz und Wirkung im
öffentlichen Interesse gelegen ist oder auch nur – iSd § 8 Abs. 1 ‚offenkundig‘ – im öffentlichen
Interesse gelegen sein könnte. Es ist dem BDA darüber hinaus spätestens seit
2017 (aus dem Fall BVwG 11.9.2017, W 183 2168814-1/2E) bekannt und hätte daher, wenn ihm
Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs. 2 DMSG zukäme, vom BDA spätestens 6 Wochen nach
Eingang meines vorjährigen Antrags auf Bewilligung einer
Oberflächenfundaufsammlung auf ihm, die rechtlich einer Fundmeldung gem. § 8
Abs. 1 DMSG gleichzuhalten ist, gem. der Bestimmungen des § 9 Abs. 3 DMSG unter
Denkmalschutz gestellt werden müssen.
Die Entdeckung und Untersuchung archäologischer
Funde und Befunde wird von mir hingegen gar nicht beabsichtigt: es ist mir
völlig gleichgültig, ob ich bei meinen geplanten Nachforschungen archäologische
Funde oder Befunde entdecken werde. Dass – rein hypothetisch – archäologische
Denkmale auf dem betroffenen Grundstück vorkommen könnten und daher auch von
mir entdeckt werden könnten, muss damit gänzlich unbeachtlich bleiben; umso
mehr, als keinerlei konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme eines
tatsächlichen Vorkommens solcher Gegenstände auf ihm rechtfertigen würden. Nur
im – bei der erforderlichen sachlichen Betrachtung extrem unwahrscheinlichen –
Fall, dass ich bei meinen Untersuchungen archäologische Überreste entdecke,
möchte ich diese dann auch – nachdem ich sie dann schließlich entdeckt habe –
auch untersuchen, um zu ermitteln, was sie mir über die vergangene Nutzung des
Grundstückes sagen. Viel wahrscheinlicher ist es allerdings, dass ich gar keine
archäologischen Überreste bei meinen Grabungen und sonstigen Nachforschungen an
Ort und Stelle entdecken und damit zum Schluss kommen werden muss, dass sich
über die Nutzung dieses Grundstückes in der Vergangenheit keine
wissenschaftlich verlässliche Aussage treffen lässt, weil keine archäologischen
Überreste darauf vorhanden sind, die eine solche Aussage gestatten würden.
Schon allein deshalb kann also eigentlich die gesetzliche Genehmigungspflicht
auf die von mir geplanten Nachforschungen nicht anwendbar sein.
Man kann allerdings dagegen argumentieren, dass
das eine rein semantische Haarspalterei ist: mir mag zwar egal sein, ob ich
archäologische Funde und Befunde bei meinen Nachforschungen entdecke, aber
nachdem ich letztendlich die Fragen beantworten will, ob und – falls ja –
welche archäologischen Überreste an Ort und Stelle vorkommen, doch – wenigstens
eventualvorsätzlich – ihre Entdeckung bezwecke. Ich nehme schließlich gerade,
wenn ich die Frage beantworten will, ob welche auf dem betroffenen Grundstück
vorkommen, jedenfalls billigend in Kauf, dass ich, wenn welche vorkommen, auch
tatsächlich archäologische Funde und Befunde entdecken werde. Damit würden –
weil der Eventualvorsatz im österreichischen Recht in Vorsatzdelikten
automatisch inkludiert ist – meine geplanten Nachforschungen also eventuell
doch der Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 unterliegen.
Das führt uns allerdings unmittelbar zum
nächsten Problem, nämlich der Frage, ob das, was ich eventualvorsätzlich doch
entdecken und untersuchen möchte – nämlich die an Ort und Stelle möglicherweise
unter der Erdoberfläche vorhandenen archäologischen Funde und Befunde –
überhaupt Denkmale iSd § 1 Abs. 1 und 2 DMSG sind. Diese Frage muss zwingend in
Hinblick auf die an Ort und Stelle tatsächlich vorhandenen Denkmale beantwortet
werden, denn es ist – nicht zuletzt aufgrund der seit inzwischen 95 Jahren im
Wesentlichen unveränderten Handhabungspraxis des DMSG durch das BDA – absolut
eindeutig klar, dass die überwältigende Mehrheit aller tatsächlich existierenden
archäologischen Funde und Befunde nicht die Kriterien des § 1 Abs. 2 DMSG
erfüllen, deren Erfüllung aber unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass ein
öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Gegenstände besteht.
Den jüngsten veröffentlichen Zahlen zufolge
sind dem BDA derzeit etwa 19.550 archäologische Objekte im oben definierten
Sinn bekannt, also das, was man im Fachjargon gewöhnlich als ‚Fundstellen‘
bezeichnet (Picker et al. 2016, 285). Davon stehen aber derzeit gerade einmal
etwas über 1.050 gem. §§ 2a oder 3 DMSG unter Denkmalschutz (2013 waren es
sogar nur 970; ibid.), also gerade einmal ca. 5,4%. Das BDA geht allerdings von
einer ‚Dunkelziffer‘ von wenigstens
100.000 tatsächlich in Österreich vorhandenen archäologischen Fundstellen aus
(ibid.), was die Unterschutzstellungquote auf (wohl unter) etwa 1% senkt. Geht
man von einem aus Zahlen aus anderen europäischen Ländern (z.B.
Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Wales) ermittelbaren
Durchschnittswert von ca. 12,5 archäologischen Fundstellen pro Quadratkilometer
aus, müsste man in Österreich sogar mit 1.048.488 archäologischen Fundstellen
rechnen, es stünden also gerade einmal 0,1% aller tatsächlich existierenden
Fundstellen unter Denkmalschutz. Bei beweglichen Einzelkleinfunden, die
bekanntermaßen auch überall zwischen archäologischen Objekten im oben
definierten Sinn im Boden vorkommen können, ist die Unterschutzstellungsquote
sogar noch viel geringer als 0,1%.
Es kann also keine Rede davon sein, dass auch
nur alle archäologischen Objekte (bzw. Fundstellen), geschweige denn – jeweils
für sich einzeln betrachtet – alle archäologischen Funde und Befunde Denkmale
iSd § 1 Abs. 1 und 2 DMSG wären. Ganz im Gegenteil sind – selbst wenn man nur
den Anteil geschützter unter den dem BDA bekannten Fundstellen heranzieht – nur
eine kleine, wenn nicht sogar eine verschwindend geringe Minderheit aller unter
der Erdoberfläche verborgenen, von Menschen geschaffenen oder gestaltend
veränderten, beweglichen und unbeweglichen Gegenstände inklusive deren
Überresten und Spuren und von Menschen geschaffener oder gestaltend veränderter
Bodenformationen (d.h. archäologische Funde und Befunde bzw. ‚Denkmale‘
iSd der Begriffsdefinition des § 1 Abs. 1 DMSG) Denkmale,
an deren Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG ein öffentliches Interesse besteht (für
die jeweilige Schriftfarbgebung siehe ‚Behördliche Leseverständnisprobleme‘).
Damit sind aber Grabungen und sonstige
Nachforschungen, die (und sei es nur eventualvorsätzlich) die Entdeckung und
Untersuchung beliebiger archäologischer Funde und Befunde bezwecken, nicht
solche zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung von Denkmalen. Vielmehr wären
sie Nachforschungen zum Zwecke der Entdeckung weitgehend beliebiger Sachen, die
der Bewilligungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG sicherlich nicht unterliegen.
Dass sich unter diesen beliebigen Sachen auch –
wenngleich auch nur mit verschwindend geringer Wahrscheinlichkeit – auch solche
befinden könnten, denen Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs. 2 DMSG zukommt, tut
dabei nichts zur Sache: schließlich könnte jede beliebige von Menschen
geschaffene oder gestaltend veränderte Sache ein Denkmal iSd Begriffsdefinition
des § 1 Abs. 1 DMSG sein. Das heißt aber, dass jede Nachforschung zum Zweck der
Entdeckung jeder beliebigen Sache (unabhängig davon, ob sie unter oder über der
Erdoberfläche befindet, weil sich alle diese beliebigen, gesuchten Sachen
sachlich nicht voneinander unterscheiden lassen) der Bewilligungspflicht des §
11 Abs. 1 DMSG unterliegen müsste, was völlig absurd wäre und auch definitiv
nicht der Fall ist. Es käme das schließlich einer Unterschutzstellung des
gesamten Landes ohne geringsten konkreten Grund gleich; und das ist (auch auf
Basis der schon oben zitierten Judikatur zu Unterschutzstellungen) rechtlich
unmöglich, weil das gegen das Sachlichkeitsgebot (und den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit staatlicher Reaktion) verstoßen würde.
Daraus folgt zwingend, dass die Genehmigungspflicht
des § 11 Abs. 1 DMSG nicht auf Nachforschungen zum Zwecke der Entdeckung
beliebiger archäologischer Funde und Befunde angewendet werden kann, sondern
nur auf Nachforschungen zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung solcher
archäologischen Denkmale, die auch tatsächlich Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs.
2 DMSG haben. Ob eine Sache tatsächlich Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs. 2 DMSG
hat, bedarf aber – nachdem jede von Menschen geschaffene oder gestaltend
veränderte Sache diese Eigenschaft haben könnte, weil sie sich ja
ausschließlich aus ihrer vorherrschenden Wertschätzung in der Fachwelt ergibt (VwGH 30.10.1991, 91/09/0047; 4.10.2012, 2010/09/0079) – der sachverständigen
gutachterlichen Beurteilung des konkreten Gegenstandes, was dessen hinreichende
Kenntnis zwingend voraussetzt. Gerade diese kann aber bei noch gar nicht
entdeckten archäologischen Funden und Befunden überhaupt nicht bestehen, weil
die zu beurteilende Sache noch überhaupt nicht und damit fraglos auch nicht
hinreichend genau bekannt ist.
Die einzigen Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG,
deren Denkmaleigenschaft – insbesondere ex
ante vom gewöhnlichen Normunterworfenen – ausreichend feststellbar ist, um
als Denkmale erkannt zu werden, deren
Entdeckung und Untersuchung durch Nachforschungen an Ort und Stelle der
Bewilligungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterliegt, sind daher zwingend
notwendigerweise jene, die bereits gem. §§ 2, 2a oder 3 bzw. 9 Abs. 3 DMSG
unter Denkmalschutz stehen. Gerade solche Denkmale
sind jedoch von betroffenen Grundstück gar nicht bekannt, d.h. bei der
gebotenen sachlichen Betrachtung können sowohl der gewöhnliche
Normunterworfene, als auch ich, als auch die zuständige Verwaltungsbehörde BDA,
stets nur zum Schluss kommen, dass für die von mir geplanten Nachforschungen
auf diesem Grundstück keine gesetzliche Genehmigungspflicht gem. § 11 Abs. 1
DMSG besteht: ich versuche nicht, Denkmale
unter der Erdoberfläche zu entdecken, sondern archäologische Funde und Befunde,
und archäologische
Funde und Befunde sind nicht dasselbe wie Denkmale
und dürfen daher auch im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes von den staatlichen
Vollzugsbehörden nicht rechtlich gleichbehandelt werden.
Anwendbar ist die Bestimmung des § 11 Abs. 1
DMSG daher nur dann, wenn von der zu erforschenden Bodenfläche bereits konkrete
Anhaltspunkte auf das Vorkommen archäologischer Denkmale
vorliegen, genau, wie es der VwGH ja bereits in seinem Erkenntnis (vom 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, RN 18) festgestellt hat. Solche
konkreten Anhaltspunkte sind ‚z.B.
wissenschaftliche Befunde und Gutachten geeigneter Sachverständiger oder andere
allgemein zugängliche Quellen bzw. auch ein laufendes
Unterschutzstellungsverfahren‘ (ibid.), d.h. Hinweise, die eben jene
ausreichende Sachkenntnis voraussetzen, die auch für eine Unterschutzstellung der
betreffenden Sache als Denkmal erforderlich
wäre. Alles darüber Hinausgehende wäre unsachlich und ist daher der Verwaltung
verboten.
Aber dient die Grabungsgenehmigungspflicht nicht dem Schutz der Bodendenkmale?
Nun könnte man einwerfen, wie es das BDA an
dieser Stelle wohl sicherlich auch (gerne) tun würde, dass das alles den Zweck
des § 11 Abs. 1 DMSG missversteht, der aus archäologischer Sicht dem Schutz der
Bodendenkmale dient. Diese sind iSd § 8 Abs. 1 DMSG bekanntermaßen ‚unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche‘
aufgefundene ‚Gegenstände, die infolge
ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten (Bodendenkmale)‘ (Hervorhebung: RK).
Als Unterstützung für diese Sichtweise könnte
man sogar die Überschrift des § 11 DMSG anführen, die ‚Bewilligungen und Verpflichtungen bei Grabungen nach Bodendenkmalen‘
lautet. Auf dieser Basis könnte man nun argumentieren, dass die Bestimmung des
§ 11 Abs. 1 DMSG dazu dient, alle Grabungen und sonstigen Nachforschungen an
Ort und Stelle, die die Entdeckung und Untersuchung von Bodendenkmalen
bezwecken[2],
einer behördlichen Genehmigungspflicht zu unterwerfen. Es wäre damit also nicht
nur die Grabung und sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung
und Untersuchung von Gegenständen unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche, die
tatsächlich Denkmale iSd § 1 Abs. 1 und 2 DMSG sind, sondern auch die zum
Zwecke der Entdeckung und Untersuchung aller solchen Gegenstände unter der Erd-
bzw. Wasseroberfläche, die iSd § 8 Abs. 1 DMSG auch nur Denkmale sein könnten,
dieser Genehmigungspflicht durch das BDA unterworfen. Damit würden – weil ja
alle archäologischen Funde und Befunde Denkmale sein könnten – meine geplanten
Grabungen und sonstigen Nachforschungen am im konkreten Fall betroffenen
Grundstück doch der Bewilligungspflicht dieses Paragrafen unterliegen.
Aber einmal abgesehen davon, dass der Wortlaut
des § 11 Abs. 1 DMSG eben gerade nicht von ‚Bodendenkmalen
unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche‘ (BDA 2016, 6; 2018, 10), sondern von ‚Denkmalen unter der Erd- bzw.
Wasseroberfläche‘ (§ 11 Abs. 1 DMSG) spricht, bringt uns auch die vom BDA
bevorzugte, aber vom Wortlaut her falsche Lesung dieser Bestimmung nur zum
gleichen Problem zurück, bei dem wir gerade waren. Denn selbst wenn man
entgegen seinem tatsächlichen Wortlaut die vom BDA bevorzugte Lesung des Sinns
des § 11 Abs. 1 DMSG annehmen müsste, müsste nun in meinem konkreten Fall die
Frage beantwortet werden, ob die Gegenstände, die ich bei meinen geplanten
Nachforschungen (und sei es nur eventualvorsätzlich) zu entdecken und
untersuchen versuche, Bodendenkmale iSd 8 Abs. 1 DMSG sind. Denn die
Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DSMG wird jedenfalls nicht bereits dadurch
ausgelöst, dass die zu entdecken und untersuchen versuchten Gegenstände
Bodendenkmale sein könnten, sondern – wenn überhaupt – erst dadurch, dass sie
tatsächlich Bodendenkmale sind.
Nun ist es aber auch nicht so, dass alle
archäologischen Funde und Befunde Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG sind.
Vielmehr ist es so, dass die Frage, ob ein unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche
gefundener, beweglicher oder unbeweglicher Gegenstand ein Bodendenkmal ist,
neuerlich eine Rechtsfrage ist, die anhand bestimmter Eigenschaften des
betreffenden Gegenstandes – wenn auch angeblich unabhängig vom Kenntnisstand
des Finders (Bazil et al. 2015, 56-7) – zu beurteilen ist. Welche Eigenschaften
das sind, wird in der Begriffsbestimmung in § 8 Abs. 1 ausgeführt: ‚Lage, Form oder Beschaffenheit‘. Anhand
dieser Eigenschaften des konkret als mögliches Bodendenkmal in Frage kommenden
Gegenstandes hat nun der Normunterworfene zu entscheiden, ob diese konkrete
Sache infolge dieser Eigenschaften
‚offenkundig den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen‘ (§ 8
Abs. 1 DMSG) könnte, oder ob sie es infolge dieser Eigenschaften nicht kann.
Nur, wenn sie das könnte, ist der betroffene Gegenstand tatsächlich ein
Bodendenkmal, könnte sie es hingegen nicht, ist sie tatsächlich kein
Bodendenkmal.
Dass die Frage, was nun ein Bodendenkmal ist,
vor allem für gewöhnliche Normunterworfene schwierig zu beantworten ist, hat
erst jüngst die am BVwG für einschlägige Fälle zuständige Richterin Erika
Pieler in einem fachwissenschaftlichen Beitrag deutlich dargestellt. Pieler
schreibt dazu:
‚Um
festzustellen, was ein Bodendenkmal ist, muss auf § 8 Abs. 1 DMSG zurückgegriffen
werden. Dort wird ein Bodendenkmal als Gegenstand
unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche, der in Folge seiner Lage, Form oder
Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen
könnte, definiert. Auch
diese Definition ist nicht allgemein verständlich, verlangt sie doch vom Finder
die denkmalrechtliche Beurteilung des
Fundes (Ist der Gegenstand von geschichtlicher, künstlerischer oder
kultureller Bedeutung i. S. d. § 1 Abs. 1 DMSG?). Ein allzu hoher Maßstab darf jedoch
nicht angenommen werden, weil aufgrund des Wortes „offenkundig“ auf einen objektiven Maßstab
abzustellen ist, der unabhängig vom Kenntnisstand des Finders zu beurteilen
ist. Während der Fund eines römerzeitlichen Bronzehelms vermutlich jedem Finder
als bedeutend erscheinen mag, stellt sich die Lage etwa bei Relikten aus dem
Zweiten Weltkrieg anders dar.‘ (Karl et al. 2017, 111-2;
Hervorhebung: RK).
Es folgt daraus zwingend, dass gerade eben
nicht jeder archäologische Fund oder Befund – denn auch im Boden verborgene
Relikte aus dem zweiten Weltkrieg stellen wissenschaftssystematisch gesehen zweifelsfrei
archäologische Funde und Befunde dar – ein Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 ist;
sondern es eben nur manche davon sind, wobei der Maßstab sogar nicht ‚allzu hoch‘ angenommen werden darf,
weil der gewöhnliche Finder, der sich ja gerade dadurch kennzeichnet, dass er
nicht über den für die von ihm geforderte denkmalrechtliche Beurteilung
eigentlich notwendigen besonderen Sachverstand des zur Erstellung von
Fachgutachten qualifizierten archäologischen Wissenschafters verfügt, bei den
meisten Bodenfunden gar nicht zu erkennen vermag, ob es sich dabei um ein
Denkmal iSd § 1 Abs. 1 und 2 handeln könnte. Damit ein Fundgegenstand ein
Bodendenkmal ist muss also ‚offenkundig‘,
d.h. auch für den Durchschnittsbürger einigermaßen zweifelsfrei, erkennbar
sein, dass er über Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs. 2 DMSG verfügt.
Nachdem der Normunterworfene diese
denkmalrechtliche Beurteilung noch dazu aufgrund der sinnlich wahrnehmbaren
Eigenschaften des konkret betroffenen Gegenstandes – eben ‚Lage, Form oder Beschaffenheit’ – vorzunehmen hat, ist eine
allgemeine, ex ante vorzunehmende, korrekte Auslegung dieses unbestimmten
Rechtsbegriffs auch völlig unmöglich: der Normunterworfene müsste dafür
schließlich korrekt beurteilen, ob eine Sache, die er noch gar nicht kennt, von
derartiger Lage, Form oder Beschaffenheit sein könnte, dass ihre Erhaltung
offenkundig iSd § 1 Abs. 2 im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte. Zu
Auflösung dieses doppelten Konjunktivs fehlt dem gewöhnlichen Normunterworfenen
jedoch sowohl die ausreichende Kenntnis der konkret betroffenen Sache, als auch
der erforderliche besondere Sachverstand. Selbst FachwissenschafterInnen kann
man die Auflösung dieses doppelten Konjunktivs nicht zumuten, denn in
Ermangelung der Kenntnis der konkret betroffenen Sache fehlt auch diesen wenigstens
die unabdingbar erforderliche Sachkenntnis, um die – sich erst auf Basis dieser
Sachkenntnis korrekt beantworten lassende – denkmalrechtliche Folgefrage auch
tatsächlich korrekt beantworten zu können.
Wenn überhaupt lassen sich höchstens ganz bestimmte
Arten archäologischer Funde und Befunde ex ante als mögliche Bodendenkmale
beurteilen, wie z.B. der von Pieler als Beispiel genannte römische Bronzehelm
(Karl et al. 2017, 112), ein hallstattzeitlicher Großgrabhügel, oder
vergleichbar seltene und daher wohl jedenfalls offenkundig iSd § 1 Abs. 2 DMSG
im öffentlichen Interesse zu erhaltende archäologische Befunde. Das macht es
jedoch – damit eine Grabung oder sonstige Nachforschung tatsächlich die
Entdeckung und Untersuchung von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG bezweckt –
jedenfalls erforderlich, dass der diese Nachforschungen Planende auch
tatsächlich ganz konkret nach ganz bestimmten – eben jedenfalls, besonderen
Sachverstand vorausgesetzt, als Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG erkennbaren –
Gegenständen wie römischen Bronzehelmen, hallstattzeitlichen Großgrabhügeln
etc. sucht; nicht nach beliebigen archäologischen Funden und Befunden.
Beliebige archäologische Funde und Befunde –
wie die, die ich (und sei es auch nur eventualvorsätzlich) im konkreten
Beispielfall bei meinen geplanten Nachforschungen zu entdecken und untersuchen
versuche – sind daher bestenfalls Gegenstände, die Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1
DMSG sein könnten, aber nicht solche, die Bodendenkmale sind. Daher können –
bei Beachtung des Sachlichkeitsgebots – auch Grabungen und sonstige
Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung
von Bodendenkmalen (ob diese sich nun unter, auf oder über der Erdoberfläche
befinden) nicht der Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterliegen.
Aus genau diesem Grund – dass sich gar nicht ex
ante bestimmen lässt, ob Gegenstände, die noch gar nicht entdeckt wurden, nun
Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG sind – hat übrigens auch der Gesetzgeber in
den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 3 DMSG vorgesehen, dass der zufällig
entdeckten Bodendenkmale daraus erwachsende automatische Schutz Kraft
gesetzlicher Vermutung nicht etwa schon vor, sondern erst ab dem Zeitpunkt
ihrer Entdeckung zukommt. Weil etwas, von dessen Existenz man noch nicht das
mindeste weiß, und dessen Eigenschaften sich daher auch noch gar nicht
beurteilen lassen, kann man nicht als Denkmal und auch nicht als Bodendenkmal
rechtlich schützen, denn es fehlt dazu jedweder sachliche Grund.
Der bloße und völlig unbegründete Verdacht,
dass ja überall im Boden archäologisch bedeutsame Gegenstände vorkommen
könnten, von deren Existenz nur noch niemand etwas weiß, aber deren Erhaltung
im öffentlichen Interesse gelegen wäre, wenn man sie kennen würde, bietet dem
Staat und damit auch seinen Verwaltungsbehörden keine ausreichend sachliche
Begründung dafür, verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrechte wie die
Eigentumsgarantie des Art. 5 StGG und Art. 1 1.ZProtEMRK oder – gerade für
archäologische Nachforschungen relevant – die Wissenschaftsfreiheit des Art. 17
Abs. 1 StGG und Art. 13 Charter der Grundrechte der Europäischen Union auch nur
im mindesten zu beschränken. Denkmale kann man im österreichischen Recht erst
dann schützen, wenn man sie kennt; unabhängig davon, welches genaue Wort und
welche der beiden möglichen Legaldefinitionen der §§ 1 Abs. 1 oder 8 Abs. 1
DMSG man dafür heranziehen will. Will man nicht das Sachlichkeitsgebot der
österreichischen Bundesverfassung verletzten, wird man sich mit dieser Tatsache
abfinden müssen.
In meinem konkreten Fall ist daher der
Grabungsgenehmigungsbescheid, den mir das BDA (25.4.2018,
BDA-61408.obj/0003-ARCH/2018) erteilt hat, jedenfalls rechtswidrig. Die einzige
rechtmäßige Entscheidung, die das BDA im Hinblick auf den von mir gestellten
Grabungsgenehmigungsantrag fällen hätte können, wäre gewesen, meinen Antrag
wegen offensichtlicher Unzuständigkeit der Behörde zurückzuweisen. Der einzig
entscheidungswesentliche Sachverhalt war, dass es keinerlei konkrete
Anhaltspunkte ‚für ein Vorhandensein bzw.
Auffinden denkmalschutzrelevanter Gegenstände‘ (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, RN 18) am Ort der geplanten
Nachforschungen gibt. Nachdem es jedoch ‚[u]nabdingbare Voraussetzung für die Anwendung
des DMSG ist, dass ein Denkmal vorliegt (§ 1 Abs. 1 DMSG) bzw. im Falle des §
11 Abs. 1 DMSG, dass zumindest Bodenfunde vermutet werden‘ (ibid.), was in
Hinblick auf das betroffene Grundstück nicht der Fall ist, war einzig die
Entscheidung möglich, dass auch die Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG auf die von
mir geplanten Grabungen und Nachforschungen auf diesem Grundstück nicht
anwendbar ist.
Genehmigungspflichten für nicht-invasive Nachforschungsmaßnahmen?
Damit ist es aber noch lange nicht genug, denn
das BDA hat mir ja nicht nur rechtswidriger Weise eine Genehmigung für die
Durchführung archäologischer Grabungen und sonstiger invasiver archäologischer
Nachforschungen erteilt, sondern auch – gleich in doppelt rechtswidriger Weise
– für die Durchführung nicht-invasiver Nachforschungen. Konkreter begründet das
BDA die Tatsache, dass es auch nicht-invasive Nachforschungen der
Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterwirft, in seinem Bescheid wie
folgt:
‚Die
Bewilligungspflicht ist sehr weitreichend, weil sie neben der Grabung, worunter
nach der Judikatur des VwGH bereits das Wegwischen von Erde mit der Hand zu verstehen
ist (VwGH 24.06.1985, 84/12/0213) auch ein nicht-invasives Forschen an Ort und
Stelle umfasst.‘ (BDA 25.4.2018,
BDA-61408.obj/0003-ARCH/2018, 15).
Dabei ist zuerst einmal zu bemerken, dass der
VwGH im vom BDA zitierten Erkenntnis überhaupt nicht vom Wegwischen von Erde,
sondern nur von der Grabung mit der Hand spricht; geschweige denn davon, dass
die Bewilligungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG auch ein nicht-invasives Forschen
an Ort und Stelle umfassen würde. Tatsächlich hat sich der VwGH im genannten
Fall, der noch unter der Rechtslage des § 11 Abs. 1 DMSG idF BGBl. 167/1978 entschieden
wurde, unter der überhaupt nur ‚Ausgrabungen‘
(Helfgott 1978, 83) und noch nicht einmal ‚sonstige
Nachforschungen an Ort und Stelle‘ (§ 11 Abs. 1 DMSG ab Fassung BGBl.
473/1990) den Genehmigungspflichttatbestand dieser Vorschrift erfüllen konnten
(weshalb das BDA den genannten Fall letztendlich auch verloren hat, siehe VwGH
24.6.1985, 84/12/0213, 5), zu dieser Rechtsfrage überhaupt nicht geäußert. Er
konnte das nicht nur aufgrund der damals noch anderen Rechtslage überhaupt
nicht, sondern es war auch diese Frage gar nicht Verhandlungssache, weil es in
dem Fall um eine Aufsammlung von Oberflächenfunden unter Verwendung eines
Metallsuchgerätes ging. Dabei hatten die Strafverfolgungsbehörden 1. und 2.
Instanz – wie der VwGh entschieden hat, rechtswidriger Weise – sachlich
unbegründet angenommen, dass die Verwendung eines Metallsuchgerätes jedenfalls
immer Grabungen – ‚und sei es nur mit den
Händen‘ (ibid., 3-5) – nach sich ziehen würde und auch im
verfahrensgegenständlichen Fall nach sich gezogen habe. Der Beschuldigte hatte
hingegen konsistent durch alle Instanzen darauf beharrt, dass er gar nicht
gegraben, sondern nur Oberflächenfunde aufgesammelt habe. Auf dieses Vorbringen
des Beschuldigten waren weder die Behörde 1. noch die 2. Instanz ausreichend
eingegangen, weshalb der VwGH den Strafbescheid aufgrund Verletzung von
Verfahrensvorschriften aufzuheben hatte.
Das vom BDA scheinbar zur Begründung seiner
Rechtsansicht, dass auch nicht-invasive Nachforschungen der ‚sehr weitreichenden‘
Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterworfen seien, zitierte
VwGH-Erkenntnis stützt diese Ansicht also nicht, womit nur der Wortlaut des §
11 Abs. 1 DMSG selbst verbleibt. Dieser spricht wie bereits mehrfach zitiert
tatsächlich nicht nur von ‚Grabungen‘,
sondern auch von ‚sonstigen
Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung
von beweglichen und unbeweglichen Denkmalen unter der Erd- bzw.
Wasseroberfläche‘, worunter – vorerst einmal hypothetisch – tatsächlich
auch die Nachforschung durch Verwendung nicht-invasiver Methoden gemeint sein
könnte.
Dieser – hypothetisch möglichen – Auslegung der
Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG steht aber gerade in diesem Fall das
allgemeine Sachlichkeitsgebot entgegen, das dem Gesetzgeber – auch im Sinne der
materiellen Rechtsstaatlichkeit – die Erlassung willkürlicher und grob
unsachlicher Regelungen verbietet (Berka 1999, 505). Die Unterwerfung
nicht-invasiver Forschungsmethoden zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung
von Denkmalen (oder auch nur Bodendenkmalen) unter die Genehmigungspflicht des
§ 11 Abs. 1 DMSG wäre jedoch genau eine solche willkürliche Regelung, weil
jeder sachliche Grund dafür fehlt.
Der Gesetzgeber verfolgt bekanntermaßen mit den
Bestimmungen des DMSG generell (wie bereits weiter oben ausführlich diskutiert)
den Zweck, die nachteilige Zerstörung oder Veränderung der körperlichen
Erscheinung und Substanz (sowie der damit verbundenen Wirkung) der Denkmale,
deren Erhaltung aufgrund ihrer Bedeutung iSd § 1 Abs. 2 DMSG im öffentlichen
Interesse gelegen ist, zu verhindern (VwGH 8.9.1977, 1113/77). Das
Denkmalschutzgesetz zielt also ganz generell auf die Abwehr von (durch
menschliches Handeln verursachter) Gefahren ab, die Denkmale körperlich
verändern oder zerstören könnten.
Nicht-invasive archäologische
Feldforschungsmethoden (wie z.B. die von mir geplanten magnetometrischen und
Bodenradarmessungen) kennzeichnen sich jedoch gerade dadurch, dass sie nicht in
die Substanz archäologischer Denkmale eingreifen. Sie können in aller Regel
auch nicht die Erscheinung der archäologischen Denkmale verändern, weil sie mit
dem Denkmal selbst gar nicht physisch in Kontakt kommen; insbesondere nicht,
wenn man bedenkt, dass der Humusboden – als natürlich entstandene und stetig
neu entstehende oberste Bodenschicht – unmöglich Teil der Substanz eines
archäologischen Denkmals iSd § 1 Abs. 1 DMSG und somit die Humusoberkante auch
nicht die dessen Erscheinung bestimmende Oberfläche des Denkmals sein kann
(siehe in diesem Sinn auch schon VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, RN 21).
Der Forschende, der sich und seine
Messinstrumente bei der Durchführung von Surveys mit nicht-invasiven Methoden
auf der Erdoberfläche bewegt, interagiert bei diesen Forschungen also mit den
von ihm untersuchten, sich unter der Erdoberfläche befindlichen Denkmalen (und
sonstigen beliebigen Sachen) körperlich überhaupt nicht. Bei manchen dieser
Methoden – wie z.B. bei der Magnetometrie – wird nicht einmal ein
elektromagnetisches Signal aktiv in den Erdboden gesandt und somit mit den
eventuell betroffenen Denkmalen nicht einmal auf diese Weise interagiert,
sondern nur natürlich vorkommende, mikroskopische Störungen des Erdmagnetfelds
über der Erdoberfläche gemessen, aus denen sich Rückschlüsse über Störfaktoren
im Boden ableiten lassen. Bei anderen Methoden – wie der Bodenradarmessung –
wird zwar ein elektromagnetisches Signal aktiv in den Boden gesandt und damit
mit allfällig betroffenen Denkmalen physikalisch, wenn auch nicht körperlich,
interagiert, aber es gibt bisher nicht einmal einen erstzunehmenden,
hypothetischen Verdacht, dass diese physikalische Interaktion im Boden
gelegenen Denkmalen irgendeinen, geschweige denn ernsthaften, körperlichen
Schaden zufügen könnte.
Damit fehlt aber für den Gesetzgeber jedweder
sachliche Grund, auch Nachforschungen mit nicht-invasiven Methoden der
Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG zu unterwerfen. Damit würde aber diese
gesetzliche Bestimmung jedenfalls das allgemeine Sachlichkeitsgebot und darüber
hinaus auch noch das Diskriminierungsverbot[3]
(Berka 1999, 504) und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit staatlicher Reaktion[4]
(Berka 1999, 156-67) verletzen, wäre also gleich aus drei Gründen ein
verfassungswidriges Gesetz.
Nachdem aber eine Behörde wie das BDA dem
Gesetzgeber nicht unterstellen darf, ein verfassungswidriges Gesetz erlassen zu
haben, muss sie aus allen – hypothetisch – möglichen Auslegungen einer
Bestimmung, mit deren Vollzug sie betraut ist, eine jener auswählen, die
verfassungskonform sind. Das bedeutet nun aber im konkreten Fall der
Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG, dass die Auslegung, dass auch nicht-invasive
archäologische Nachforschungen der in dieser Vorschrift festgesetzten
Genehmigungspflicht unterworfen sind – die vorerst hypothetisch möglich
erschienen ist – aufgrund offensichtlicher Verfassungswidrigkeit auszuscheiden
ist.
Damit konnte aber das BDA die von mir geplanten
nicht-invasiven Nachforschungen mittels Magnetometer und Bodenradar keinesfalls
der Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterwerfen; unabhängig von der
Frage, ob die ebenfalls von mir geplanten, invasiven Maßnahmen (insbesondere
die geplante Grabung) dieser Genehmigungspflicht unterliegen (was sie, wie
schon in den beiden vorhergehenden Unterkapiteln gezeigt, auch nicht tun
können). Bei Beachtung des Sachlichkeitsgebotes hätte es sich vielmehr
insbesondere in Hinblick auf die von mir beantragten nicht-invasiven Methoden
als unzuständig erklären und meinen Antrag auf Bewilligung wenigstens in diesen
Teilen zurückweisen müssen.
In Verbindung mit dem bereits andernorts
besprochenen Fall BVwG vom 11.9.2017, W 183
2168814-1/2E, und
dem bereits zuvor generell zur ebenfalls nicht bestehenden
Genehmigungsfähigkeit all meiner geplanten Nachforschungen Gesagten beginnt
dies den Verdacht zu erwecken, dass das BDA in seiner Anwendungspraxis der
Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG nicht nur die geltende Rechtlage ‚in besonderem Maß‘ (VfSlg 11.840/1989;
Berka 1999, 547) verkennt, sondern tatsächlich mehr hinter dieser vollkommen
willkürlichen behördlichen Anwendung dieser Vorschrift steht. Denn es kann ja
unmöglich sein, dass die archäologischen Fachkräfte, die das BDA gerade wegen
ihres besonderen archäologischen Sachverstandes beschäftigt, ernsthaft der
Ansicht sind, dass von nicht-invasiven Forschungsmethoden wie der
magnetometrischen oder der Bodenradarmessung irgendwelche ernsthaften Gefahren
für die Erhaltung von Erscheinung und Substanz von Denkmalen (oder auch nur
Bodendenkmalen) ausgehen. Diese Fachkräfte können also unmöglich glauben, dass
diese nicht-invasiven Nachforschungsmethoden der Genehmigungspflicht des § 11
Abs. 1 unterliegen können. Auf diesen Punkt wird daher später noch
zurückzukommen sein.
Sachdienliche Bescheidauflagen?
Aber ehe wir uns diesem Punkt zuwenden ist noch
zu betrachten, welche Auflagen das BDA denn nun mit seinem bewilligenden
Bescheid verbunden hat.
Dass das BDA berechtigt ist, mit einem
(rechtmäßigen) Bewilligungsbescheid gem. § 11 Abs. 1 DMSG Einschränkungen,
Auflagen und Sonderregeln zu verbinden, wurde ja bereits weiter oben
ausgeführt. Wie dort aber ebenfalls schon ausgeführt wurde, müssen solche mit
einem (rechtmäßig erteilten) Bescheid verbundenen Auflagen auch tatsächlich
sachdienlich, d.h. dafür geeignet und erforderlich sein, das gesetzliche
Schutzziel zu erreichen oder wenigstens sein Erreichen maßgeblich zu fördern.
Wie schon oben beispielhaft ausgeführt: Brille wo erforderlich ja, Clownskostüm
generell nein.
Wie ebenfalls schon weiter oben ausgeführt ist
das Ziel, das der Gesetzgeber mit den Bestimmungen des DMSG – inklusive der
Möglichkeit, mit bewilligenden Bescheiden gem. § 11 Abs. 1 sachdienliche
Auflagen zu verbinden – verfolgt, die körperlich in Erscheinung und Substanz
möglichst unveränderte Erhaltung der Denkmale
zu gewährleisten. Damit mit solchen Bescheiden verbundene Auflagen als
sachdienlich erachtet werden können, müssen sie also dafür geeignet sein, die
körperliche Zerstörung oder Veränderung der Erscheinung und Substanz der durch
die beauflagten Maßnahmen betroffenen Denkmale
(bzw. Bodendenkmale) zu verhindern oder
wenigstens maßgeblich zu reduzieren.
Das stellt das BDA natürlich gerade im hier
diskutierten Beispielfall von Anfang an vor ein bedeutendes Problem in Hinblick
auf die Verbindung von Auflagen mit dem (ohnehin gänzlich rechtswidrigen)
bewilligenden Bescheid: vom betroffenen Grundstück sind ihm schließlich weder
irgendwelche Hinweise auf das (auch nur mutmaßliche) Vorkommen irgendwelcher Denkmale iSd § 1 Abs. 1 und 2 DMSG noch auf das
irgendwelcher Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1
DMSG bekannt. Ja es liegen ihm nicht einmal irgendwelche konkreten Hinweise auf
das Vorkommen von Denkmalen oder Bodendenkmalen, oder auch nur irgendwelcher archäologischer
Funde und Befunde, von dem betroffenen Grundstück vor.
Das schließt nun aber eigentlich schon allein
für sich völlig aus, dass das BDA mit einem bewilligenden Bescheid für diese
konkret geplanten (und alle sachlich gleich gelagerten) Nachforschungen
irgendwelche Auflagen verbinden kann. Schließlich hängt die Beantwortung der
Frage, welche Auflagen sowohl dafür geeignet als auch erforderlich sind, um
allfällig von ihnen betroffene Denkmale
(oder auch nur Bodendenkmale) vor durch die
geplanten Maßnahmen (möglicherweise) verursachten Zerstörungen und
Veränderungen ihrer Erscheinung und Substanz zu schützen, unabdingbar davon ab,
wo im betroffenen Boden welche konkreten Denkmale
bzw. Bodendenkmale vorhanden sind.
Eine Einschränkung hinsichtlich der
beispielhaft dafür im Wortlaut des § 11 Abs. 1 genannten Tiefe und Fläche
geplanter Grabungen kann bei Beachtung der gebotenen Sachlichkeit
selbstverständlich nur dann mit dem Bescheid verbunden werden, wenn das BDA
bereits weiß, wo auf dem betreffenden Grundstück in welcher Tiefe welche Denkmale vorkommen, an deren körperlich
unveränderter Erhaltung auch tatsächlich – wenigstens wahrscheinlich iSd § 1
Abs. 5 DMSG – ein öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG besteht. Das gleiche
gilt bezüglich Auflagen zur Art der Durchführung: weiß das BDA nicht, dass an
Ort und Stelle denkmalgeschützte paläolithische oder mesolithische
archäologische Überreste vorkommen, kann es auch nicht die Durchführung der
Grabung entsprechend der in den Richtlinien angeführten Vorgaben für
Paläolith-/Mesolithgrabungen (BDA 2018, 18) als Auflage mit dem Bescheid
verbinden.
Ganz einfach gesagt: worüber das BDA nichts
weiß, kann es auch keinerlei Auflagen erlassen.
Nachdem es im konkreten Fall nur weiß, dass es nichts (über das
Vorkommen irgendwelcher Denkmale an Ort
und Stelle) weiß, kann es auch keinerlei sachdienlichen Auflagen erteilen.
Trotzdem hat das BDA im konkreten Fall mit
seinem bewilligenden Bescheid 37 nummerierte Auflagen verbunden, deren Darstellung
13 eng bedruckte A4-Seiten umfasst. Diese 37 Auflagen sind dabei allesamt mehr
oder minder wörtlich aus den Richtlinien für archäologische Maßnahmen (BDA
2018) übernommen. Eine wie auch immer geartete Anpassung an die besonderen
Umstände des konkreten Einzelfalls ist in keinem einzigen Fall erkennbar.[5]
Generell lassen sich die 37 Auflagen grob in 2
Gruppen einteilen: Auflagen Nr. 1-28, 30 und 32-36 enthalten verpflichtend
einzuhaltende Vorgaben über die bei den invasiven und nicht-invasiven Nachforschungen
zu verwendenden wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden, wissenschaftlichen
Dokumentationsmethoden, das wissenschaftliche Berichtswesen und verpflichtend
beizubringende Manuskripte für die Publikation, jeweils mit Vorgaben bis hin zu
feinen Details (wie z.B. bei magnetometrischen Untersuchungen zu wählenden,
maximalen Messpunktabstände, die detaillierte verbale Beschreibung jeder
stratigrafischen Einheit nach Kontur und Form, die Schriftart und -größe für
Haupttext und Fußnoten im Berichtsteil B, der automatisch im elektronischen
Teil der FÖ publiziert wird, wenn der Berichterstatter dies nicht explizit
untersagt, etc.). Auflagen 29-31 und 37 hingegen enthalten verpflichtend
einzuhaltende Vorgaben zur Bergung, möglichst langfristigen Konservierung,
Restaurierung und Langzeitarchivierung bei den Maßnahmen entdeckter beweglicher
Kleinfunde, zur Sicherung unmittelbar betroffener unbeweglicher Bodendenkmale
und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Erdoberfläche nach
Abschluss der Maßnahmen.
Bei der gebotenen sachlichen Betrachtung ist
selbstverständlich unmittelbar offensichtlich, dass die zur ersten genannten
Gruppe gehörenden Auflagen allesamt nicht sachdienliche Auflagen sein können.
Schließlich ist das Ziel, das der Gesetzgeber mit den Bestimmungen des DMSG
verfolgt, die körperlich möglichst unveränderte Erhaltung von Denkmalen iSd § 1
Abs. 1 und 2 DMSG zu erreichen; und keine der hier zur ersten Gruppe
zusammengefassten Auflagen ist auch nur im Entferntesten dafür geeignet, geschweige
denn dafür erforderlich, dieses Schutzziel zu erreichen oder sich diesem auch
nur irgendwie anzunähern.
Bei allen Auflagen, die die Durchführung und
Dokumentation nicht-invasiver Untersuchungen betreffen, ist das schon allein
aus dem schon weiter oben ausgeführten Grund offensichtlich der Fall, weil
diese ja überhaupt nicht die körperliche Zerstörung oder Veränderung
(eventuell) an Ort und Stelle vorkommender Denkmale verursachen können. In
welchem Abstand z.B. bei magnetometrischen Untersuchungen Messungen entlang
einer eingemessenen Messleine mit einem Messgerät welcher effektiven
Messauflösung vorgenommen werden, hat ebenso wenig irgendeinen Einfluss auf die
körperlich unveränderte Erhaltung von Erscheinung und Substanz irgendwelcher im
Erdboden befindlicher Denkmale, wie ob die Darstellung der Messdaten nun in
Form einer Graustufenabbildung, Farbdarstellung, Konturlinien oder anderswie
erfolgt (Auflage Nr. 5). Alle diese Auflagen können daher auch weder dafür
geeignet sein, das gesetzliche Schutzziel zu erreichen, noch sind sie in
irgendeiner Weise erforderlich, sich ihm auch nur maßgeblich mehr anzunähern:
es wird schließlich auch schon ganz ohne die Erteilung dieser Auflagen gänzlich
erreicht.
Aber auch die Auflagen, welche die Durchführung
und Dokumentation invasiver Untersuchungen, d.h. in erster Linie die
archäologische Ausgrabung im engeren Sinn betreffen, können nicht sachdienlich
sein, denn auch durch ihre Einhaltung kann das gesetzliche Schutzziel weder
erreicht noch auch nur sein Erreichen maßgeblich gefördert werden. So z.B.
vermag auch Auflage Nr. 7, die vorschreibt, dass die Grabung ausschließlich
innerhalb der bewilligten Maßnahmenfläche entsprechend der stratigrafischen
Grabungsmethode durchzuführen und dabei jede stratigrafische Einheit zu
dokumentieren und mit einer fortlaufenden Zahl in arabischen Ziffern zu
nummerieren ist (usw.), nicht dazu beitragen, dass allfällig auf der
bewilligten Maßnahmenfläche vorkommende unbewegliche Denkmale körperlich in
Erscheinung und Substanz unverändert erhalten bleiben. Schließlich ist die
archäologische Ausgrabung – wie auch schon der Wortlaut von § 11 Abs. 5 DMSG
letzter Satz explizit feststellt – ‚zwangsläufig‘
mit Veränderungen bzw. der Zerstörung der betroffenen Denkmale verbunden.
Wie genau – ob nun z.B. mittels der Schicht-
oder der ebenfalls im deutschen Sprachraum noch weit verbreiteten Abstich- bzw.
Planumsgrabungsmethode (Gersbach 1998, 29-31; vgl. LfDH 2017, 6-7) – diese
Zerstörung oder Veränderung nun am Besten durchgeführt wird, ist eine Frage der
Methodenwahl, die man wissenschaftlich durchaus diskutieren kann.[6]
Aber wie auch immer man zu dieser Frage steht ändert nichts daran, dass die
ausgegrabenen unbeweglichen Denkmale durch ihre Ausgrabung zerstört oder
wenigstens so maßgeblich verändert werden, dass das ihrer Zerstörung iSd § 4
Abs. 1 DMSG gleichkommt, und damit das gesetzliche Schutzziel auch nicht
dadurch erreicht oder sich im maßgeblich angenähert werden kann, dass die
zuständige staatliche Behörde durch eine Bescheidauflage die Verwendung der
einen Methode ge- und die der anderen somit verbietet.
Ebenso wenig können alle Auflagen bezüglich der
Dokumentation sachdienliche Auflagen sein. Denn wie schon oben zu den Zielen
festgehalten wurde, die der Gesetzgeber mit dem Denkmalschutzgesetz verfolgt,
geht es nicht um das Wachhalten des Gedenkens, sondern um die Erhaltung der
Denkmale selbst (VfGH 19.3.1964, K 11-4/63), weshalb dem öffentlichen
Erhaltungsinteresse auch nicht dadurch Rechnung getragen werden kann, dass ein
Denkmal vor seiner Zerstörung fotografiert (VwGH 8.11.1973, 1072/73) oder anderswie dokumentiert wird.
Mit Erhaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG ist immer die Verhinderung der
Veränderung von Substanz (VfGH 11.3.1976, G 30/74 und G 6/75; VwGH 29.4.2011, 2010/09/0230), Erscheinung oder künstlerischen
Wirkung (VfGH 1.3.1980, B 73/77) des Denkmals gemeint. Dafür ist aber der
Denkmalschutz auch niemals dauerhaft, weil letztendlich kein Denkmal der Vernichtung
entgehen kann (VwGH 5.2.1976, 1891/75).
Die Dokumentation der Veränderung bzw.
Zerstörung eines archäologischen Denkmals – wie wünschenswert auch immer sie
aus archäologisch-wissenschaftlicher Sicht auch ist – ist – leider – im Sinne
des DMSG keine Maßnahme, durch die das öffentliche Interesse an der Erhaltung
der Denkmale erreicht werden kann. Damit können Auflagen betreffend der
wissenschaftlichen Dokumentation archäologischer Feldforschungsmaßnahmen auch
unmöglich sachdienliche denkmalpflegerische Auflagen sein, die einem
bewilligenden Bescheid gem. § 11 Abs. 1 DMSG angeschlossen werden können.
Um dieses Problem kommt man nicht einmal dann
herum, wenn man annehmen will, dass alle diese Auflagen mit dem Bescheid nur
für den Eventualfall verbunden sind, dass bei den archäologischen Maßnahmen –
und sei es, wie im konkreten Fall, auch nur wider jedwedes Erwarten – doch
irgendwelche beweglichen oder unbeweglichen Gegenstände entdeckt werden, die
offenkundig Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs. 2 DMSG haben und daher tatsächlich Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG sind, die daher
ab dem Zeitpunkt ihrer Entdeckung gem. § 9 Abs. 3 DMSG zeitweilig kraft
gesetzlichen Vermutung unter Denkmalschutz stehen. Denn einmal abgesehen davon,
dass diese dann – streng genommen – eigentlich ‚Zufallsfunde‘ iSd § 8 Abs. 1 DMSG wären, weil ihre Entdeckung zwar
durchaus beabsichtigt gewesen sein mag, aber nicht vorhersehbar war (was die
Erteilung einer Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 DMSG für die geplanten Nachforschungen
völlig sinnlos machen würde)[7]:
die Grabungsgenehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG gestattet laut § 11 Abs. 5 DMSG den
‚nach Abs. 1 Berechtigten […] die Veränderungen und Zerstörungen von
Bodendenkmalen […] in jenem Ausmaß […], als dies durch eine wissenschaftliche
Grabungsarbeit unvermeidlich und daher notwendig ist‘ (§ 11 Abs. 5 DMSG 1.
Satz). Wenn aber die Grabungsgenehmigung die bei archäologischen Ausgrabungen
wissenschaftlich notwendigen Zerstörungen von Bodendenkmalen gestattet, dann
können auch die Art der Durchführung betreffende Auflagen, die mit dem
bewilligenden Bescheid nur für den Eventualfall verbunden sind, dass der
bewilligungspflichtige Taterfolg eintritt, nicht dazu geeignet sein, die
körperlich unveränderte Erhaltung der dabei entdeckten und untersuchten
Bodendenkmale zu gewährleisten und daher weder dazu dienlich sein, das
gesetzliche Schutzziel zu erreichen noch sein Erreichen maßgeblich zu fördern.
Es ist denkunmöglich, dass Denkmale (und/oder
Bodendenkmale), die zwingend zerstört oder verändert werden müssen, damit der
Nachforschende den Zweck, den er mit der bewilligungspflichtigen Handlung
erreichen will, tatsächlich verwirklichen kann, durch mit dem diese Handlungen
bewilligenden Bescheid verbundene Auflagen vor Zerstörung oder Veränderung
geschützt werden können. Wenn die Auflagen aber das Denkmal nicht vor
Zerstörung oder Veränderung schützen können, können sie nicht sachdienlich
sein, weil die den Zweck, den der Gesetzgeber mit dem DMSG zu erreichen
versucht, nicht zu verwirklichen gestatten. Die Zwecke, die Nachforschender und
Gesetzgeber verwirklichen wollen, schließen sich in diesem Fall einfach
gegenseitig aus; und auch eine noch so gute wissenschaftliche Dokumentation der
Zerstörung des betroffenen Denkmals – die wissenschaftlich selbstverständlich
ebenso wünschenswert wie erforderlich ist – kann an dieser Tatsache nichts
ändern.
Damit bleiben nur noch Auflagen 29-31 und 37,
die sich im weitesten Sinn mit der Konservierung, Restaurierung, Archivierung
und Sicherung von entdeckten, beweglichen archäologischen Funden und
unbeweglichen Befunden befassen. Bei diesen besteht – wenigstens auf den ersten
Blick – wenigstens eine Chance, dass sie als sachdienliche Auflagen betrachtet
werden könnten: immerhin scheint es dabei wenigstens teilweise, wenn nicht
sogar durchgehend, um die langfristig körperlich unveränderte Erhaltung der
entdeckten Denkmale zu gehen, was dem Erreichen des gesetzlichen Schutzzieles
förderlich sein könnte.
Schon bei etwas genauerer Betrachtung zeigt
sich jedoch, dass auch diese Auflagen nicht sachdienlich im Sinne des DMSG sein
können. Das beginnt schon damit, dass schließlich gar keine Hinweise auf das
Vorkommen irgendwelcher Denkmale, Bodendenkmale oder auch nur irgendwelcher
archäologischer Funde und Befunde vom im konkreten Fall betroffenen Grundstück
bekannt sind. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung irgendwelcher auf
diesem Grundstück befindlicher Sachen fehlt daher völlig, die dem BDA die
Einschränkung der Eigentumsgarantie des Art. 5 StGG und Art. 1 1ZProt.EMRK
gestatten würde.
An dieser Stelle stoßen wir wieder auf das
Problem, dass eben keineswegs jeder archäologische Fund und Befund auch nur ein
Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1, geschweige denn
ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 und 2 DMSG ist.
Dennoch verlangt das BDA, z.B. in Auflage 29, dass ‚die Konservierung sämtlicher Funde zu gewährleisten‘ ist. ‚Dies betrifft sowohl das Fundmaterial (=
bewegliche archäologische Denkmale) als auch die an Ort und Stelle erhaltenen
Befunde/Befundreste (unbewegliche archäologische Denkmale)‘ (BDA25.4.2018,
BDA-61408.obj/0003-ARCH/2018, 8). Nun ist es jedoch so, dass an der Erhaltung
der meisten archäologischen Funde und Befunde, wie schon oben ausgeführt,
überhaupt kein öffentliches Interesse besteht.
Das BDA kann jedoch nur bezüglich solcher
Sachen durch irgendwelche mit dem Bescheid verbundenen Auflagen irgendwelche
Anordnungen treffen, an deren Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG ein öffentliches
Erhaltungsinteresse besteht. Damit erweisen sich unmittelbar alle die Konservierung,
Restaurierung, Archivierung und Sicherung aller archäologischen Funde und
Befunde, an deren Erhaltung gar kein öffentliches Interesse besteht, als
sachlich unzulässig: das DMSG will Denkmale
schützen, nicht alle Sachen (siehe dazu auch schon VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, RN 18). Gerade im konkreten Fall fehlen
aber jeder konkrete Anhaltspunkt darauf, dass bei den von mir geplanten
Nachforschungen irgendwelche Gegenstände entdeckt werden könnten (geschweige
denn entdeckt werden dürften), die Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs. 2 DMSG
haben. Allen dem BDA von diesem Grundstück bekannten Sachen fehlt hingegen
ebendiese Denkmaleigenschaft völlig, womit bei der gebotenen sachlichen
Beachtung kein sachlicher Grund für die Erteilung dieser Auflagen existiert.
Auch hier könnte man nun auf den Eventualfall
auszuweichen versuchen, dass doch – entgegen aller Erwartungen – bei meinen
geplanten Nachforschungen Bodendenkmale iSd
§ 8 Abs. 1 DMSG entdeckt werden könnten, die dann eben entsprechend der
genannten Auflagen zu behandeln seien. Diese stehen schließlich vom Zeitpunkt
ihrer Entdeckung an kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz, d.h. es
besteht ab diesem Zeitpunkt ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung. Zwar
hätte das BDA seine Auflagen dann auch entsprechend anders formulieren müssen,
um klar zu machen, dass nicht alle angetroffenen archäologischen Funde und
Befunde, sondern nur jene, denen offenkundig Denkmaleigenschaft iSd § 1 Abs. 2
DMSG zukommt, entsprechend der Auflagen 29-31 und 37 zu behandeln seien; aber
das könnte man als bloße, unglückliche Formulierung abtun und davon ausgehen,
dass das BDA ohnehin nur jene davon gemeint hat, an deren Erhaltung ein
öffentliches Interesse bestehen könnte, nicht wirklich alle. Allerdings führt
einen auch diese Annahme nicht wirklich viel weiter, gleich aus mehreren
Gründen.
Da ist zuerst die gerade erst zitierte
Bestimmung des § 11 Abs. 5 DMSG, dass bei der bewilligten Grabung gem. § 11
Abs. 1 DMSG die wissenschaftlich erforderliche Zerstörung und Veränderung von Bodendenkmalen gestattet ist, was die Konservierung
(etc.) von an Ort und Stelle vorhandenen Befunden/Befundresten, die untersucht
werden sollen, völlig unmöglich macht. Nicht unmittelbar betroffene Bodendenkmale, die nicht untersucht werden sollen,
sind hingegen gar nicht von den bewilligten Nachforschungen betroffen. Eine
Pflicht zu ihrer Konservierung oder auch Sicherung kann den Bewilligungsinhaber
also unmöglich treffen; insbesondere dann nicht, wenn an deren Erhaltung
überhaupt kein festgestelltes öffentliches Interesse besteht. Wenn überhaupt
hat sie der Nachforschende, der sie ja gerade nicht vorsätzlich entdecken und
untersuchen will, wenn sie zuvor noch unbekannt waren, als ‚Zufallsfunde‘ gem. § 8 Abs. 1 DMSG zu melden und dann gem. § 9
Abs. 1 DMSG unverändert zu belassen.
Dazu kommt das Problem hinzu, dass an der
Erhaltung von zuvor noch unbekannten Bodendenkmalen
ein öffentliches Interesse an deren Erhaltung gem. § 9 Abs. 3 DMSG nur
zeitweilig und nur kraft gesetzlicher Vermutung besteht. Diese zeitweilige
Unterschutzstellung dient genau einem Zweck, der sich aus dem Wortlaut des § 9
Abs. 3 DMSG auch ganz einfach ableiten lässt: neu entdeckte Bodendenkmale stehen gem. § 9 Abs. 3 DMSG vom
Zeitpunkt ihrer Entdeckung bis maximal 6 Wochen ab Abgabe der Fundmeldung unter
Denkmalschutz, damit das BDA ‚bis zum
Ende dieser Frist‘ entscheiden kann, ‚ob
diese Bodendenkmale weiterhin den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes (in
allen Fällen nach den Rechtsfolgen für Unterschutzstellungen durch Bescheid
gemäß § 3 Abs. 1) unterliegen; einem Rechtsmittel gegen diesen Bescheid kommt
keine aufschiebende Wirkung zu‘.
Daher unterliegen diese Bodendenkmale während dieser Frist – während der sie ‚einheitlich gemäß den Bestimmungen bei
Unterschutzstellungen durch Bescheid (§ 3 Abs. 1)‘ (§ 9 Abs. 3 DMSG) unter
Denkmalschutz stehen, vollständig dem Zerstörungs- und Veränderungsverbot des §
4 DMSG. Dieses Veränderungsverbot verbietet jedoch jede Handlung in Hinblick
auf das geschützte Denkmal (und sei es nur
ein zeitweilig geschütztes Bodendenkmal),
die dessen Substanz, überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung auch
nur beeinflussen könnte; wobei die überlieferte Erscheinung ‚der aktuelle Zustand ist, zu dem sich das
Denkmal seit der Unterschutzstellung durch bewilligte oder ‚natürliche‘
(zB alterungs- oder witterungsbedingte)
Veränderungen entwickelt hat‘ (Bazil et al. 2015, 42).
Soweit an solchen, geschützten ‚unbeweglichen Denkmalen Instandhaltungs-
und Reparaturmaßnahmen im üblichen notwendigen Umfang durchgeführt werden‘
sollen, ‚können die Anträge‘ gemäß §
5 Abs. 1 laut § 5 Abs. 2 DMSG ‚auch
mündlich oder schriftlich wenigstens zwei Monate vor Beginn der Arbeiten in
Form einer Anzeige an das Bundesdenkmalamt gestellt werden. Diese Mitteilung
hat den Hinweis zu enthalten, dass es sich nur um im vorhergehenden Satz
beschriebene Maßnahmen handelt. Eine Entscheidung des Bundesdenkmalamtes hat
binnen sechs Wochen zu ergehen. Eine nicht rechtzeitige Entscheidung kann nicht
als Genehmigung gewertet werden.‘ (§ 5 Abs. 2 DMSG). Soweit es sich also
bei den im Grabungsgenehmigungsbescheid per Auflage angeordneten
Konservierungs-, Restaurierungs-, Archivierungs- und Sicherungsmaßnahmen um
solche Maßnahmen handelt, die als solche üblichen Instandhaltungs- und
Reparaturmaßnahmen handelt, ist deren Durchführung ohne separaten Bescheid des
BDA gem. § 5 Abs. 1 DMSG verboten, der zwei Monate vor der Entdeckung der
betreffenden Bodendenkmale gestellt werden hätte müssen, wofür allerdings auch
ein mündlicher Antrag genügt hätte. Gehen die per Auflage angeordneten
Maßnahmen hingegen darüber hinaus, ist für ihre Durchführung ein voller
schriftlicher Antrag gem. § 5 Abs. 1 DMSG erforderlich, so lange die
betroffenen Bodendenkmale kraft gesetzlicher
Vermutung zeitweilig unter Denkmalschutz stehen.
Nun werden aber an Bodendenkmalen
regelhaft überhaupt keine Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen durchgeführt,
der übliche notwendige Umfang davon ist also dolce far niente; selbst bei gem. §§ 2a oder 3 DMSG geschützten,
unbeweglichen archäologischen Denkmalen, die
im Eigentum des Bundes stehen. Damit sind jedoch alle vom BDA mit dem
Grabungsbewilligungsbescheid verbundenen Auflagen bezüglich Konservierung,
Restaurierung, Archivierung und Sicherung von Bodendenkmalen
unzulässig, denn das BDA müsste diese Maßnahmen auf Basis eines Antrags gem. §
5 Abs. 1 DMSG prüfen, der nicht gestellt und auch nicht entschieden werden
kann, ehe nicht die Sache bekannt ist, auf die er sich bezieht. Solange dem
Nachforschenden nicht eine separate Bewilligung gem. § 5 Abs. 1 DMSG der
konkreten Konservierungsmaßnahmen (etc.), die er setzen soll, vorliegt, darf er
diese nicht durchführen, egal was der Bewilligungsbescheid gem. § 11 Abs. 1
DMSG dazu sagt.
Dass größte Problem mit Auflagen 29-31 und 37
ist jedoch, dass es sich bei all den vom BDA in ihnen geforderten Maßnahmen zur
Konservierung, Restaurierung, Archivierung und Sicherung von Bodendenkmalen allesamt um ‚aktive‘
Erhaltungsmaßnahmen handelt; während das DMSG selbst für Eigentümer tatsächlich
gem. §§ 2, 2a oder 3 DMSG zeitlich unbefristet geschützter Denkmale nur eine Verpflichtung zur ‚passiven‘
Erhaltung kennt. Was ‚passive‘ Erhaltungsmaßnahmen sind, wurde schon vom
Gesetzgeber selbst in § 4 Abs. 2 DMSG als jene Maßnahmen definiert, ‚die dem Eigentümer (Verantwortlichen)
insgesamt zumutbar sind, weil die Beseitigung keine oder nur geringe Geldmittel
erfordert (wie zB die Ergänzung einzelner zerbrochener Dachziegel,
Verschließung offenstehender Fenster und dergleichen)‘.
Dies wird durch die ständige Rechtsprechung der
Höchstgerichte so ausgelegt, dass diese Erhaltungspflicht – gerade, weil sie
rein passiv ist und nicht ‚über den an
sich schon gegebenen Erhaltungsaufwand‘ hinausgeht – auch aus
verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich sei (VfGH 1.10.1986, B 164/85). Die
denkmalspezifische Erhaltungspflicht geht dabei jedenfalls nicht so weit, dass
sie auch ‚die Verpflichtung aktiv
Verbesserungen (Restaurierungen) am Denkmal vorzunehmen oder dieses im Zustand
zu erhalten, in dem es sich im Zeitpunkt der Unterschutzstellung befand‘
(Bazil et al. 2015, 43; siehe dazu auch RV 1999, 48-49) umfassen würde. Laut
VwGH (11.3.2011, 2010/09/0241) ist Betroffenen jedenfalls die
Durchführung solcher Maßnahmen zumutbar, die jeder durchschnittlich sorgfältige
Eigentümer aus eigenem Antrieb laufend durchführen würde; wobei allerdings
selbst dabei die wirtschaftliche Zumutbarkeit zu berücksichtigen ist (VwGH 19.5.1993, 89/09/0005; vgl. RV 1999, 48-49). Dabei ist
die wirtschaftliche Zumutbarkeit ‚unter
Berücksichtigung des Ertrags- oder Verwertungspotentials des Denkmals zu
bestimmen‘ (Bazil et al. 2015, 44). Der Regierungsvorlage zum DMSG 1999 ist
dazu explizit zu entnehmen, ‚dass eine
Erhaltungspflicht dem Eigentümer nur soweit angelastet werden kann, als sie in
der Wirtschaftlichkeit gedeckt ist, was gerade bei der großen Anzahl einer
wirtschaftlichen Nutzung tatsächlich nicht zugänglicher Denkmale in ganz
besonders hohem Ausmaß nicht der
Fall sein kann‘ (RV 1999, 49;
Hervorhebung in Fettdruck: Original).
Dass der durchschnittlich sorgfältige
Eigentümer bewegliche und unbewegliche Gegenstände, die – wie es bei
archäologischen Funden und Befunden regelhaft der Fall ist – bereits so sehr
beschädigt sind, dass sie nicht mehr gebraucht werden können, möglichst langfristig
konservieren, restaurieren, archivieren oder auch nur sichern würde, kann
jedoch getrost als den Erfahrungen des alltäglichen Lebens widersprechend
ausgeschlossen werden: alter, kaputter Mist – und das sind, als Sachen
betrachtet, die meisten archäologischen Funde und Befunde nun leider einmal –
wird vom durchschnittlich sorgfältigen Eigentümer nicht gepflegt und gehegt,
sondern weggeworfen. Dies ist umso mehr der Fall, als archäologischen Funden
und Befunden in aller Regel kein oder bestenfalls ein sehr geringer
wirtschaftlicher Nutzwert zukommt, sowohl beweglichen Kleinfunden[8]
als auch besonders unter der Erdoberfläche verborgenen, unbeweglichen Befunden,
die regelhaft wirtschaftlich völlig wertlos sind.
Dass also der (ob nun ‚vorsätzliche‘ oder ‚zufällige‘)
Entdecker eines zuvor noch unbekannten Bodendenkmals
aufgrund dessen zeitweiliger Unterschutzstellung kraft gesetzlicher Vermutung
gem. § 9 Abs. 3 DMSG per Auflagen zu einem Bescheid gem. § 11 Abs. 1 DMSG dazu
verpflichtet werden könnte, zahllose und kostspielige Auflagen zu befolgen, die
nicht einmal dem Eigentümer eines wirtschaftlich gewinnbringend nutzbaren,
geschützten Denkmals zugemutet werden
dürfen, ist völlig ausgeschlossen. Dies gilt natürlich umso mehr, wenn – wie im
konkreten Fall – noch nicht einmal konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die eine
Vermutung sachlich begründen könnten, dass irgendwelche Gegenstände bei den
geplanten Grabungen und sonstigen Nachforschungen entdeckt werden dürften, an
deren Erhaltung ein öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG besteht oder
auch nur offenkundig bestehen könnte. Das muss schon allein deshalb der Fall
sein, weil in Unkenntnis der (zukünftig eventuell entdeckt werden könnenden) Bodendenkmale deren wirtschaftliche
Nutzungsmöglichkeit vom BDA gar nicht beurteilt werden kann und es daher auch
nicht abwägen kann, ob die von ihm angeordneten Konservierungs- und sonstigen
Maßnahmen dem Genehmigungsinhaber zumutbar sind.
Auch die Auflagen 29-31 und 37 des konkreten
Bescheides können also nicht sachdienlich sein: die Sache, der sie dienlich
sein sollen, ist schließlich noch nicht einmal bekannt; das BDA müsste sie aber
kennen, um die erforderliche sachliche Beurteilung vorzunehmen, was bezüglich
dieser konkreten Sache geeignet und erforderlich ist, um diese konkrete Sache
unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit körperlich möglichst unverändert passiv
zu erhalten. Das BDA verkennt also auch in Hinblick auf die Auflagen, die es im
konkreten Fall mit seinem bewilligenden Bescheid (und auch in anderen Fällen
mit vergleichbaren Bescheiden in vergleichbaren Bewilligungsverfahren) zu
verbinden versucht, die geltende Rechtlage nicht nur ‚in besonderem Maß‘ (VfSlg 11.840/1989; Berka 1999, 547), sondern
neuerlich in einer Weise, die vermuten lässt, dass mehr hinter dieser
vollkommen willkürlichen behördlichen Anwendung dieser Vorschrift steht als
bloße Inkompetenz.
Subjektive Willkür?
Die zuständigen Fachkräfte im BDA – ob nun in
dessen Rechts- oder seiner archäologischen Abteilung – können unmöglich
ernsthaft geglaubt haben, dass es rechtlich zulässig und bei der gebotenen
sachlichen Betrachtung dafür geeignet sein kann, dem gesetzlichen Schutzziel
der körperlich unveränderten Erhaltung von Denkmalen
dadurch näherzukommen, dass deren bewilligte Zerstörung bzw. Veränderung nur
mit bestimmten und nicht anderen ebenso anerkannten wissenschaftlichen
Forschungsmethoden vorgenommen und diese Zerstörung in ganz bestimmter Weise
dokumentiert sowie in ganz bestimmter Weise gegliederte Daten und formatierte
Berichte abgegeben und Publikationsentwürfe dem BDA zur Veröffentlichung zur
Verfügung gestellt werden. Schließlich wissen gerade Fachkräfte im BDA, dass
keine noch so genaue Dokumentation einer bewilligten Zerstörung bzw.
Veränderung ebendiese Zerstörung bzw. Veränderung verhindern kann: genau das
ist nämlich der Grund, warum sie seit langem behaupten, dass Grabungen nach
derartigen Gegenständen zu wissenschaftlichen Erkenntniszwecken angeblich
generell der behördlichen Bewilligungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterworfen
sind.
Ebenso wenig können diese Fachkräfte ernsthaft
geglaubt haben, dass hinsichtlich aller archäologischen Funde und Befunde oder
auch nur aller Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1
DMSG, deren – ob nun zufälligen oder vorsätzlichen – Finder, der gerade bei
unbeweglichen Bodendenkmalen nicht einmal teilweise zu deren Eigentümer wird,
eine aktive Erhaltungs-, Restaurierungs-, Archivierungs-, Sicherungs- und
Wiederherstellungspflicht trifft. Schließlich treffen selbst hinsichtlich
tatsächlich gem. §§ 2, 2a oder 3 DMSG geschützter Denkmale
nicht einmal deren vollständigen Eigentümer derartige aktive
Erhaltungspflichten, sondern nur eine rein passive Erhaltungspflicht; und
selbst diese geht keinesfalls weiter, als die Kosten dafür durch den
wirtschaftlichen Nutzen, den er aus seinem Denkmal ziehen
kann, wenigstens aufgewogen werden. Gerade Fachkräfte im BDA müssen jedoch wissen,
dass der wirtschaftliche Wert nahezu aller archäologischen Funde und Befunde,
ob sie jetzt Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1
oder gar Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG sind,
praktisch gleich Null ist.
Ganz generell müssen die zuständigen Fachkräfte
im BDA sogar gewusst haben, dass die Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG
Grabungen und sonstige Nachforschungen an Orten, von denen noch nicht einmal
konkrete Anhaltspunkte auf das Vorkommen irgendwelcher Bodenfunde bekannt sind,
grundsätzlich nicht anwendbar ist: schließlich hat erst im Februar 2017 der
VwGH unmissverständlich – sogar in Form eines Rechtssatzes – festgehalten, dass
‚Unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des DMSG 1923 ist, dass ein Denkmal
vorliegt (§ 1 Abs. 1 DMSG 1923) bzw. im Falle des § 11 Abs. 1 DMSG 1923, dass
zumindest Bodenfunde vermutet werden‘ (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, RN 18; Hervorhebung: RK). Darauf hat
sich sogar bereits das Erkenntnis des BVwG vom 11.9.2017, W 183
2168814-1/2E in
seiner Begründung gestützt, weshalb auf die von mir 2017 auf dem konkret
betroffenen Grundstück geplanten archäologischen Nachforschungen die
NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG nicht angewendet werden konnte und daher mein
Antrag auf Erteilung einer solchen Genehmigung zurückzuweisen war. Es folgt
daher aus beiden Erkenntnissen zwingend, dass auch die von mir 2018 beantragten
Grabungen und sonstigen Nachforschungen auf ebendiesem Grundstück ebenfalls
nicht der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterliegen können: es werden dort
schließlich noch immer keine Bodenfunde vermutet und es fehlt somit die laut
VwGH für die Anwendung des § 11 Abs. 1 DMSG unabdingbare Voraussetzung.
Ein bloßes, irrtümliches Verkennen der
Rechtslage durch das BDA – selbst ‚in
besonderem Maß‘ (VfSlg 11.840/1989; Berka 1999, 547) – erscheint daher
ausgeschlossen: so sehr irren kann man sich nicht mehr bloß unabsichtlich;
schon gar nicht, wenn man als in der zuständigen Verwaltungsbehörde tätige
Fachkraft nicht nur über besonderen archäologischen Sachverstand, sondern
berufsbedingt auch über besonderen Sachverstand im Hinblick auf das Gesetz
verfügen muss, für dessen Vollzug man verantwortlich ist. Dies gilt umso mehr,
wenn die relevante Rechtsfrage bereits ausjudiziert ist und daher der
behördlichen Auslegung bereits durch die höchstgerichtliche Judikatur klare
Grenzen gesetzt werden; und diese Judikatur bereits in einem erst jüngst
entschiedenen Fall bezüglich des konkret betroffenen Grundstückes
entscheidungswesentlich war, in dem es – wenigstens im Prinzip – um die gleiche
Frage gegangen ist, den die Behörde verloren hat.
Selbst wenn man davon ausgehen will, dass sich
das BDA bis September 2017 tatsächlich zwar massiv, aber doch ehrlich
unabsichtlich bei seiner Auslegung der Anwendungsgrenzen des § 11 Abs. 1 DMSG geirrt
und daher ‚nur‘ objektiv willkürlich gehandelt hat, ist es spätestens seither
damit vorbei: mit Vorliegen des Erkenntnis des BVwG vom 11.9.2017, W 183
2168814-1/2E hätte
sich das BDA ernsthaft damit auseinandersetzen müssen, dass die von ihm
gewählte Auslegung der Bestimmungen dieses Paragrafen rechtlich nicht
vertretbar ist und auch in seiner Anwendungspraxis dieser Vorschrift die
entsprechenden Konsequenzen ziehen müssen. Es ist also zu vermuten, dass das
BDA seit spätestens dann nicht mehr ‚nur‘ objektiv, sondern auch tatsächlich
subjektiv willkürlich handelt; d.h. Betroffenen absichtlich Unrecht zufügt
(Berka 1999, 546).
Tatsächlich finden sich starke Hinweise darauf
nicht nur im wiederholten, gravierenden Verkennen der geltenden Rechtslage
durch das BDA, das stets in eine ganz bestimmte Richtung ausgefallen ist;
sondern insbesondere in den jüngsten Richtlinien
des BDA (2018), die ja nicht zuletzt aufgrund des Erkenntnis des BVwG vom 11.9.2017, W 183
2168814-1/2E
notwendig wurden.
Da ist zum einen die Tatsache, dass der –
rechtlich unhaltbare – erste Satz in Kapitel 1 der vorherigen Fassung der
Richtlinien einfach verschoben wurde, aber sinngemäß dennoch vollinhaltlich
beibehalten wurde. Las man in der Druckfassung der 4. Fassung der Richtlinien
noch im ersten Kapitel ‚Voraussetzung für
die Aufnahme jeglicher Grabungstätigkeiten und sonstiger Nachforschungen an Ort
und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und
unbeweglicher Bodendenkmale ist das
Vorliegen eines bewilligenden Bescheides des Bundesdenkmalamtes gemäß § 11 Abs.
1 DMSG‘ (BDA 2016, 6; Hervorhebung: RK), wurde dies in der aktuell
geltenden Fassung durch den vollkommen undurchsichtigen Satz ‚Voraussetzung für die Aufnahme
bewilligungspflichtiger archäologischer Tätigkeiten ist das Vorliegen eines
bewilligenden Bescheides des Bundesdenkmalamtes gemäß § 11 Abs. 1 DMSG‘
(BDA 2018, 6) ersetzt, der dem Erkenntnis des BVwG vom 11.9.2017, W 183
2168814-1/2E zu
genügen scheint. Tatsächlich findet man aber nun als ersten Satz unter der
Überschrift ‚2.1.2.
Bewilligungspflichtige Prospektionsmaßnahmen‘ den Satz ‚Bewilligungspflichtig nach § 11 DMSG sind invasive, d. h. mit
Bodeneingriffen einhergehende Prospektionen sowie systematische Prospektionen
als intendierte Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und
Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Bodendenkmale
unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche‘ (BDA 2018, 10; Hervorhebung: RK).
Aber nicht nur das: der Text zu archäologischen
Surveys – d.h. in der Regel nichts anderes als die systematische Begehung zur
Aufsammlung von Oberflächenfunden – findet sich in im Vergleich zur Fassung von
2016 weitestgehend unveränderten Wortlaut weiterhin unter den
bewilligungspflichtigen Prospektionsmaßnahmen angeführt (cf. BDA 2016, 11-12;
BDA 2018, 10-11). Genau dagegen steht aber nicht nur das Erkenntnis des BVwG vom 11.9.2017, W 183
2168814-1/2E,
sondern auch die ihm zugrundeliegende, in seiner Begründung zitierte
höchstgerichtliche Judikatur und sogar ganz direkt der Gesetzeswortlaut selbst.
Dass aus halbherzigen Einfügungen wie ‚Fundgegenstände,
die bei Surveys z. B. durch Eingriffe in die Erdoberfläche geborgen oder durch
den Einsatz einer Metallsonde kleinstflächig ergraben werden, sind lagemäßig zu
erfassen‘ (BDA 2018, 10) die Adressaten der Richtlinien richtig erschließen
könnten, dass – wenn überhaupt – ausschließlich solche archäologischen Surveys
der Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterliegen können, die mit
invasiven Methoden auf Bodenflächen durchgeführt werden, auf denen das
Vorkommen von Bodendenkmalen wenigstens wahrscheinlich ist, und
Oberflächenfundaufsammlung ausschließlich auf geschützten archäologischen
Denkmalen, ist auszuschließen. Vielmehr versucht das BDA mit allen Mitteln den
Eindruck zu wahren, als ob – trotz eindeutig gegenteiliger Rechtslage – auch
alle archäologischen Surveys weiterhin vollständig der Bewilligungspflicht des
§ 11 Abs. 1 DMSG unterliegen würden; weil es will, dass dem so ist, egal was
Gesetz oder Rechtsprechung dazu sagen.
Noch weitaus deutlicher zeigt sich, was das BDA
wirklich will, aber an den – sinngemäß schon in der 4. Fassung (BDA 2016, 3;
Nr. 8) zu findenden – ersten beiden, durchgehend in Fettdruck gesetzten
Absätzen der ‚Vorbemerkungen‘ zu den
Richtlinien (BDA 2018, 2). In diesen führt das BDA nämlich seine Vorstellungen
dazu aus, warum archäologische Maßnahmen entsprechend bestimmter Standards
durchzuführen sind und was das Ziel des archäologischen Denkmalschutzes ist:
‚Archäologische
Maßnahmen stellen häufig irreversible Eingriffe in das überlieferte
archäologische Erbe dar. Nach einer archäologischen Grabung beispielsweise
verbeiben eher selten unbewegliche Bestandteile des ursprünglichen, authentischen
Bodendenkmals an Ort und Stelle; durch die archäologische Grabung kommen aber
zumeist bewegliche Bodendenkmale (= archäologische Fundgegenstände und/oder
Proben) zutage und es entstehen in aller Regel Dokumentationsunterlagen.
Die genannten unbeweglichen und beweglichen Bestandteile sowie die
Dokumentationsunterlagen treten in ihrer Gesamtheit an die Stelle des durch die
archäologische Maßnahme veränderten oder zerstörten Bodendenkmals (= der
archäologischen Fundstelle), führen dessen – eine geschichtliche Dokumentation
ermöglichende – Quellenfunktion weiter und sind somit als weiterhin
zusammengehörige Elemente des archäologischen Erbes zu betrachten und zu
bewahren.‘ (BDA 2018, 2).
Daraus geht in aller wünschenswerten
Deutlichkeit hervor, was das BDA im Bereich der archäologischen Denkmalpflege
gerne hätte: einen totalen
archäologischen Denkmalschutz. Es will alle archäologischen Funde und
Befunde als Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG
betrachten, völlig unabhängig davon, ob ihre Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG –
geschweige denn offenkundig – im öffentlichen Interesse gelegen ist oder nicht.
Nicht nur das, es will auch die bei deren Zerstörung an Ort und Stelle
angefertigten Dokumentationsunterlagen als Teile der dauerhaft fortgesetzt zu ‚bewahrenden‘ Bodendenkmale
(oder wenigstens des ‚archäologischen
Erbes‘) betrachten. Es hätte gerne, dass die Überreste und Dokumentation
des tatsächlich zerstörten Bodendenkmals
irgendwie als Ersatz für das ‚authentische
Bodendenkmal‘ an dessen Stelle treten; also das zerstörte Bodendenkmal dadurch, dass es sachgerecht
erforscht wurde, doch irgendwie weder maßgeblich verändert oder zerstört wurde
und daher ein Bodendenkmal bleibt, auch wenn
es aufgrund völligen Fehlens seiner Substanz iSd § 1 Abs. 10 DMSG ein solches
gar nicht mehr sein kann.
Oder anders gesagt: das BDA hätte gerne, dass im
DMSG das Prinzip der Erhaltung von (archäologischen) Denkmalen durch Dokumentation
wäre, bei dem – und sei es nur als der unveränderten Erhaltung der Denkmale
in situ nachrangige Erhaltungsmaßnahme – tatsächlich die Im Feld geborgenen
Funde und angefertigten Dokumentationsunterlagen ‚in ihrer Gesamtheit an die Stelle des durch die archäologische
Maßnahme veränderten oder zerstörten‘ archäologischen Funde und Befunde
treten (BDA 2018, 2). Dass das BDA und vor allem die in ihm tätigen
archäologischen Fachkräfte das gerne hätten, ist auch überhaupt nicht
überraschend: es ist tatsächlich das, was die überwiegende Mehrheit der
archäologischen Fachwelt weltweit (inklusive mir) wenigstens gerne hätte bzw.
aus archäologisch-wissenschaftlicher Sicht sogar für unabdingbar erforderlich
hält, um die Quellen der archäologischen Wissenschaft möglichst langfristig für
die Forschung zugänglich zu halten.
Das einzige Problem damit ist: wie in diesem
Beitrag gezeigt wurde, geben die Bestimmungen des DMSG einen derartigen Zugang
zur archäologischen Denkmalpflege – leider – nicht her. Das DMSG bezweckt ganz
generell und auch in seinen spezifischen archäologischen Bestimmungen nur die
körperlich unveränderte, passive Erhaltung der Substanz, Erscheinung und
Wirkung der Denkmale, deren Erhaltung deshalb im öffentlichen Interesse gelegen
ist, weil ihr ‚Verlust eine
Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht
hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung
bedeuten würde‘, wobei auch wesentlich ist, ‚ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine
geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann‘ (§ 1 Abs. 2 DMSG). Es
ermöglicht daher nur, und zwar ausschließlich nur, die Erhaltung
archäologischer Denkmale in situ; und zwar
nur ‚in jenem Zustand, in dem [sie] sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens
der Unterschutzstellung‘ (§ 1 Abs. 6 DMSG) befinden. Mehr geht einfach mit
dem derzeitigen Gesetz nicht; egal was das BDA gerne hätte; und ebenso egal,
was aus archäologisch-wissenschaftlicher Sicht sinnvoll oder gar erforderlich
wäre.
Damit ist das BDA aber nicht zufrieden: es will
den totalen archäologischen Denkmalschutz durchsetzen, den es gerne hätte,
inklusive all der aktiven Erhaltungspflichten, die das DMSG weder vorsieht noch
die laut der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur verfassungsrechtlich
zulässig wäre. Daher versucht das BDA, das, was ihm gesetzlich nicht möglich
ist, auf anderem Weg zu erreichen, eben mit absolut abstrusen Auslegungen des
Gesetzes und vollkommen unsachlichen Bescheidauflagen. Es scheint dem BDA dafür
jedes Mittel recht zu sein; auch das, wissent- und willentlich rechtswidrige
Bescheide zu erlassen und damit absichtlich jenen Unrecht zuzufügen, die
aufgrund der scheinbar bewusst irreführend formulierten behördlichen
Richtlinien fälschlich glauben, einer behördlichen Bewilligung für die
Durchführung archäologischer Feldforschungsmaßnahmen zu bedürfen, für die gar
keine gesetzliche Genehmigungspflicht besteht.
Es scheint daher, als ob die Behörde im Bereich
der Erteilung von Grabungsgenehmigungen gem. § 11 Abs. 1 DMSG nicht nur
objektive, sondern tatsächlich subjektive Willkür übt. Statt der ihr eigentlich
zugewiesenen Aufgabe nachzukommen, unparteiisch zwischen den öffentlichen und
privaten archäologischen Forschungsinteressen und dem öffentlichen Interesse an
der Erhaltung besonders bedeutender Denkmale
abzuwägen, handelt sie aus persönlichen – wenn auch sicherlich subjektiv als
hehr empfundenen, scheinbar aus wissenschaftlichen Gründen erforderlichen –
Motiven parteiisch (Berka 1999, 346). Bei allem Verständnis dafür, dass die
archäologischen Quellen bestmöglich erhalten werden sollen – ein Ziel, das auch
ich anstrebe –, die bestmögliche Erhaltung der archäologischen Quellen kann in
einem Rechtsstaat wie Österreich stets nur die sein, die im Rahmen der Gesetze
möglich ist, nicht die, die durch die Behörde erreicht werden kann, wenn sie
sich selbst die Gesetze erfindet, die sie lieber hätte als die, die sie tatsächlich
zu vollziehen hätte.
Schlussfolgerungen
Wie in diesem Beitrag gezeigt wurde, verletzt
das BDA durch die Erteilung von Grabungsgenehmigungsbescheiden gem. § 11 Abs. 1
DMSG für Handlungen, für die gar keine gesetzliche Genehmigungspflicht besteht,
und durch die Verbindung dieser Bescheide mit Auflagen, die jedweder sachlichen
Grundlage entbehren, massiv das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz der
Verfassung (Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG; siehe auch Art. 1 AEMR) abgeleitete Sachlichkeitsgebot, das auch die
staatliche Verwaltung bindet.
Es scheint dies in erster Linie deshalb zu tun,
weil es mit den gesetzlichen Mitteln, die ihm das DMSG zur Verfügung stellt,
nicht jenen archäologischen Denkmalschutz erreichen kann, den es gerne hätte.
Dabei ist insbesondere das vom DMSG – das in seinem Kern schließlich aus 1923
stammt und seither nicht hinreichend verändert wurde, um es modernen
wissenschaftlichen Erfordernissen und Notwendigkeiten entsprechend anzupassen –
nicht vorgesehene Prinzip der Erhaltung von (allen) archäologischen Funden und
Befunden durch die sachgerechte Dokumentation ihrer Zerstörung bzw. Veränderung
und Langzeitarchivierung der dabei entdeckten Funde und angefertigten
Dokumentationsunterlagen, dass das BDA – internationalen Vorbildern folgend – willkürlich
in seiner Anwendungspraxis der gesetzlichen Bestimmungen umzusetzen versucht.
Dies tut es in erster Linie dadurch, dass es archäologische
Nachforschungen an Ort und Stelle der Genehmigungspflicht des § 11 Abs. 1 DMSG
zu unterwerfen versucht, weil dies aufgrund der nicht gänzlich eindeutigen
Formulierung dieser Vorschrift – die scheinbar ausschließlich auf das
subjektive Motiv des Nachforschenden abstellt – auch dann möglich zu sein
scheint, wenn noch keinerlei Hinweise auf das Vorkommen irgendwelcher
archäologischen Funde und Befunde am betroffenen Grundstück vorliegen. Diese
Genehmigungspflicht gestattet dem BDA dann aufgrund des Wortlautes des Gesetzes,
bewilligende Bescheide mit Einschränkungen, Auflagen und Sonderregelungen zu
verbinden. Die gesetzliche Ermächtigung, bewilligende Bescheide gem. § 11 Abs.
1 DMSG mit sachdienlichen Auflagen zu verbinden, benutzt es in weiterer Folge als
Freibrief dafür, GenehmigungsinhaberInnen die Durchführung solcher aktiver
Erhaltungsmaßnahmen bezüglich aller noch unbekannter archäologischer Funde und
Befunde verpflichtend vorzuschreiben, an deren Erhaltung in der überwältigenden
Mehrheit aller Fälle sicher kein öffentliches Interesse besteht; und die es
nicht einmal den rechtmäßigen Eigentümern gem. §§ 2, 2a oder 3 DMSG
entsprechend dem konstitutiven Prinzip geschützter (und daher notwendigerweise
sehr gut bekannter) Denkmale auflasten kann,
an deren Erhaltung bereits ein tatsächlich behördlich festgestelltes,
rechtswirksam gewordenes öffentliches Interesse besteht. Dass diese Auflagen –
bezogen auf den konkreten Einzelfall – sachdienlich zu sein haben und daher
überhaupt nur in derartige Bescheide aufgenommen werden können, wenn die Sachen
bekannt sind, deren Schutz vor Veränderung oder Zerstörung sie dienen sollen,
ignoriert es dabei ebenso geflissentlich wie die Tatsache, dass die Mehrheit
aller Handlungen, die es qua bewilligendem Bescheid diesen Auflagen unterwirft,
laut höchstgerichtlicher Judikatur (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/09/0008, RN 18) gar nicht
bewilligungspflichtig sind.
Damit ist es bisher auch durchgekommen, weil
die ArchäologInnen, die aufgrund jahrzehntelanger Fehlinformationspolitik durch
das BDA glauben, Bewilligungen gem. § 11 Abs. 1 DMSG für alle ihre ‚Nachforschungen an Ort und Stelle‘ zu
brauchen, nicht das Risiko auf sich nehmen können, einen möglicherweise
jahrelangen Rechtsstreit mit dem BDA vom Zaun zu brechen, der ihnen ihre
wirtschaftliche Existenzgrundlage nimmt; einmal abgesehen davon, dass die
meisten ArchäologInnen ohnehin selbst der Ansicht sind, dass das, was das BDA
durchzusetzen versucht, aus fachlicher Sicht richtig und sogar erforderlich ist
und sie noch dazu normalerweise die durch die Beachtung der Auflagen
verursachten Kosten auf ihren Auftraggeber abwälzen können. Und nachdem diese
Auftraggeber ihrerseits in den relevanten Verfahren selbst keine
Parteienstellung haben, können auch diese nichts dagegen machen; einmal
abgesehen davon, dass den meisten davon lieber ist, wenn die Archäologie
zeitgerecht aus ihrem Weg geräumt wird als dass die Baustelle auf Jahre wegen
eines Rechtsstreits steht. Eine interne Kontrolle – ob nun im BDA selbst oder
durch dessen vorgesetzte Dienststelle, das zuständige Ministerium – erfolgt schließlich
scheinbar auch nicht, was dazu führt, dass auch eklatante Rechtswidrigkeiten
wie die hier geschilderten ohne Folgen bleiben. Dadurch wird Amtswillkür zum
denkmalpflegerischen Verwaltungsprinzip.
Die äußerst unangenehme und auch völlig
unnötige Folge davon ist, dass die archäologische Feldforschung in
kontraproduktiver Weise beschränkt wird, wo das gar nicht notwendig ist; und
insbesondere noch unbekannte archäologische Funde und Befunde im Boden – wo
auch immer in diesem sie sich befinden – letztendlich hauptsächlich vor ihrer
Entdeckung und Erforschung, statt vor ihrer willkürlichen Zerstörung oder
Veränderung durch die Eigentümer des Grundes, auf dem sie sich befinden,
geschützt werden. Das ist letztendlich das Resultat davon, dass die staatliche
Verwaltung das Sachlichkeitsgebot missachtet und stattdessen die von ihr als
ungeeignet empfundenen gesetzlichen Bestimmungen in der administrativen Praxis
so durch kreative Auslegungen, selektive Lesungen und Missachtung der
einschlägigen Judikatur (oder noch schlimmer: der Verkehrung der Stoßrichtung
von höchstgerichtlichen Erkenntnissen in ihr Gegenteil) hinzubiegen versucht,
dass ein archäologischer Denkmalschutz möglich zu werden scheint, den die
zuständige Behörde gerne hätte. Und nachdem man den Schaden, den man damit
anrichtet, nicht sieht – die betroffene Archäologie ist schließlich noch
gänzlich unbekannt und wird gänzlich unbemerkt zerstört, und das
Rechtsstaatlichkeitsprinzip ist ohnehin ein Abstraktum, das man gar nicht sehen
kann – kann man so tun, als ob alles in Ordnung wäre und man ohnehin schon den
bestmöglichen archäologischen Denkmalschutz hätte, den es gibt...
Literaturverweise
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geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung
(Denkmalschutzgesetz) geändert wird. 1275 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates
XVII. GP [22.2.2018].
RV 1999. Regierungsvorlage. Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend
Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher,
künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert
wird. 1769 der Beilagen zu den
Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP [24.5.2018].
Wheeler, R.E.M .1954. Archaeology
from the Earth. Oxford: Clarendon Press.
[1] Der Begriff ‚Objekt‘ wird an
dieser Stelle dazu verwendet, um eine zusammengehörende Gesamtheit von
Gegenständen zusammenfassend zu bezeichnen, wie z.B. die in ihrer Gesamtheit
eine archäologische Fundstelle einer bestimmten Art ausmachenden,
zusammengehörenden Funde und Befunde. Bei einem Objekt der Klasse ‚römische
Villa‘ wären das also nicht nur die unbeweglichen Überreste von Fundamenten
ehemaliger Mauern, Gruben, Gräben, Pfostenlöchern und sonstigen die ehemaligen
baulichen Strukturen der Villa ausmachende Gegenstände (‚Befunde‘), sondern
auch die mit der römerzeitlichen Benutzung der Villa zusammenhängenden
beweglichen Gegenstände (‚Funde‘) wie Fibeln, Münzen, Gefäßkeramik, etc. Ein
‚archäologisches Objekt‘ wäre also jene Gesamtheit von beweglichen und
unbeweglichen Gegenständen, die in einem für die wissenschaftliche Erforschung
(der Geschichte) dieses Objektes relevanten ‚archäologischen‘ Sinnzusammenhang
stehen; d.h. jeweils den relevanten ‚archäologischen Kontext‘ aller
Bestandteile des betreffenden Objektes darstellen.
[2] In diesem Sinn auch das im
Wortlaut falsch paraphrasierte Zitat aus dem ersten Satz des § 11 Abs. 1 DMSG ‚Voraussetzung für die Aufnahme jeglicher
Grabungstätigkeiten und sonstiger Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke
der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Bodendenkmale ist
das Vorliegen eines bewilligenden Bescheides des Bundesdenkmalamtes gemäß § 11
Abs. 1 DMSG‘ in der Druckfassung der Richtlinien
für archäologische Maßnahmen 2.-4. Fassung des BDA (2016, 6).
[3] Das Diskriminierungsverbot
würde dadurch verletzt, dass der Staat dadurch, dass er Handlungen, die – wie
Grabungen und andere invasive Methoden – in die Erscheinung und Substanz der
Denkmale körperlich eingreifen und diese somit in signifikanter Weise verändern
oder zerstören können, und solche die – wie alle nicht-invasiven Methoden –
genau das nicht tun und daher auch die körperlich unveränderte Erhaltung der
Erscheinung und Substanz der von ihnen betroffenen Denkmale gar nicht gefährden
können, rechtlich gleichbehandeln würde, obgleich sie sich in ihrer
entscheidenden Eigenschaft sachlich maßgeblich voneinander unterscheiden. Damit
würde der Staat also Ungleiches gleichbehandeln, was ihm durch das Diskriminierungsverbot
ebenso verboten ist wie Gleiches ungleich zu behandeln (Berka 1999, 504).
[4][4] Nachdem von der Verwendung
nicht-invasiver Nachforschungsmethoden keine ernsthafte Gefahr für das
rechtliche Schutzgut der Denkmale ausgehen kann, kann die Unterwerfung dieser
Nachforschungsmethoden unter die Bewilligungspflicht weder dafür geeignet noch
dafür erforderlich sein, das vom Gesetzgeber verfolgte gesetzliche Schutzziel
zu erreichen oder ihm auch nur maßgeblich näherzukommen. Damit wird das
Übermaßverbot wenigstens dadurch verletzt, dass der Gesetzgeber mit dem weitaus
gelinderen Mittel, nicht-invasive Forschungsmethoden gar keiner
Genehmigungspflicht zu unterwerfen, das von ihm angestrebte Ziel ebenso
effektiv erreichen kann als wenn er sie einer Genehmigungspflicht unterwirft.
Damit fällt aber die Genehmigungspflicht für nicht-invasive Methoden zwingend
im 2. und 3. Schritt der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Dasselbe gilt übrigens auch für die Bewilligungspflicht für nicht-invasive
Nachforschungsmethoden in § 11 Abs. 8 DMSG, die daher jedenfalls eine
verfassungswidrige gesetzliche Bestimmung ist.
[5] Auch das ist schon
problematisch: bei einem Bescheid handelt es sich im österreichischen Recht um
einen individuellen hoheitlichen, im Außenverhältnis ergehenden normativen
Verwaltungsakt, der sich nie gleichermaßen an alle Normunterworfenen richtet,
sondern individuelle Rechtsverhältnisse gestaltet oder feststellt. Dementgegen
haben von Organen der Verwaltung im Außenverhältnis einseitig erlassene
generelle Rechtsnormen, die sich an einen allgemeinen Personenkreis richten,
Verordnungscharakter. Direkt aus den Richtlinien (BDA 2018) übernommene und
nicht an den individuellen Einzelfall angepasste ‚Auflagen‘, die mit jedem
Grabungsgenehmigungsbescheid verbunden werden, sind daher als Verordnungen zu
betrachten.
Dabei bleibt es sich gleich, ob das BDA – das
als nachgeordnete Dienststelle des Ministeriums keine eigene
Verordnungskompetenz hat – die Tatsache, dass es sich dabei um eine Verordnung
handelt, dadurch zu verschleiern versucht, indem es sie ‚Richtlinien‘ nennt und
so tut, als ob sie erst durch Verbindung mit einem bewilligenden Bescheid
rechtswirksam würde. Dies ist umso mehr der Fall, wenn es eben nicht nur die
darin festgesetzten Vorschriften tatsächlich überhaupt nicht an den konkreten
Einzelfall anpasst, sondern an diesen Einzelfall überhaupt gar nicht anpassen
kann, weil es in aller Regel den dafür entscheidungswesentlichen Sachverhalt
weder kennt noch kennen kann.
Davon abgesehen ist der Verordnungscharakter
der Richtlinien aber auch daran zu erkennen, dass das BDA auf den dem
Bewilligungsantrag gem. § 11 Abs. 1 DMSG beizufügenden ‚Prospektionskonzept‘ und ‚Grabungskonzept‘
(siehe auch BDA 2018, 48-51) verlangt, dass ein von den Richtlinienvorgaben
abgehendes Vorgehen eigens beantragt und dafür auch begründet werden muss. Dass
eine hypothetische Möglichkeit existiert, auch alternatives Vorgehen bewilligt
bekommen zu können – die wohl auch praktisch so gut wie nie genutzt werden dürfte,
weil sie mit bedeutendem Mehraufwand und höherem Abweisungsrisiko verbunden ist
– ist bestenfalls ein Feigenblatt, ein formalrechtlicher Trick, mit dem man die
ansonsten offenkundige Rechtswidrigkeit des gewählten Vorgehens mehr oder
minder geschickt zu verstecken versucht.
[6] Wobei an dieser Stelle
festzuhalten ist, dass ich schon seit langem aus erkenntnislogischen Gründen
(die im Prinzip schon R.E. Mortimer Wheeler 1954, 51-4 erläutert hat) die vom BDA per Bescheidauflage Nr. 7 angeordnete
Schichtgrabungsmethode bevorzuge. Ich habe also per se kein Problem damit, die
von mir geplante Grabung in Schichtgrabungsmethode durchzuführen. Ich würde
aber auch dann die Grabung in Schichtgrabungsmethode durchführen, wenn das BDA
sich in dieser methodischen Frage anders entscheiden und – wie es das lange
getan hat – die Planumsgrabungsmethode vorschreiben würde. Mit der Auflage, in
Schichtgrabungsmethode graben zu müssen, schreibt das BDA also nicht nur
unsachlich eine bestimmte Vorgehensweise (bzw. ‚Art der Durchführung‘) vor,
sondern greift durch diese Auflage noch dazu in den Wesensgehalt der
Wissenschaftsfreiheit des Art. 17 Abs. 1 StGG ein, die den Wissenschafter vor
genau derartigen Eingriffen des Staates in seine Freiheit der Methodenwahl
absolut schützt (Berka 1999, 344-5). Die Auflage ist also gleich in zweierlei
Weisen hochgradig verfassungswidrig, insbesondere wenn man bedenkt, dass vom
betroffenen Grundstück noch nicht einmal ein konkreter Hinweis auf das
Vorkommen des verfassungsgesetzlich geschützten Rechtsguts Denkmale bekannt
sind. Die Frage, welche Grabungsmethode geeigneter ist, um archäologische
Ausgrabungen durchzuführen, ist letztendlich eine wissenschaftsethische Frage,
die jeder Wissenschafter für sich selbst entscheiden muss; nicht etwas, was ihm
von einer staatlichen Behörde per Bescheidauflage vorgeschrieben werden kann.
[7] Das impliziert auch Auflage
Nr. 10, die bestimmt, dass ‚gänzlich
unerwartete, d.h. der vorausgegangenen Prognose nicht entsprechende, oder z.B.
hinsichtlich ihrer Qualität, ihrer Singularität oder ihres
konservatorischen/retauratorischen Anspruchs herausragende (Be-)Funde‘,
trotz vorliegender Genehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG dennoch ‚der Meldepflicht nach § 8 DMSG‘ (BDA
25.4.2018, BDA-61408.obj/0003-ARCH/2018, 3) und damit dann wohl auch (obgleich
nicht explizit erwähnt) deren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG unterliegen. Gerade
das führt aber in einem Fall wie dem konkreten den bewilligenden Bescheid
gänzlich ad absurdum: die Prognose am betreffenden Grundstück ist schließlich,
dass dort gar keine Denkmale, Bodendenkmale oder auch nur archäologische Funde
und Befunde vorkommen. Damit würde aber die Entdeckung eines jedes
Bodendenkmals der Meldepflicht des § 8 Abs. 1 und deren Rechtsfolgen gem. § 9
DMSG unterliegen, d.h. die (bereits bewilligten) Nachforschungen an Ort und
Stelle wären erst recht gem. § 9 Abs. 1 DMSG unverzüglich auf bis zu 5 Tage ab
Abgabe der Fundmeldung oder zur vorherigen Aufhebung dieser Beschränkung durch
ein Organ des BDA einzustellen und die Fundstelle unverändert zu belassen; und
alle entdeckten beweglichen und unbeweglichen Bodendenkmale stünden gem. § 9
Abs. 3 DMSG automatisch auf bis zu 6 Wochen oder der zuvor ergangenen bescheidmäßigen
Entscheidung des BDA, dass an ihrer Erhaltung kein öffentliches Interesse iSd §
1 Abs. 2 DMSG besteht, kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz und
dürften daher während dieser Zeit gem. § 4 Abs. 1 DMSG ohne Genehmigung des BDA
gem. § 5 Abs. 1 DMSG weder zerstört noch in irgendeiner Weise verändert werden.
Exakt diese Beschränkungen bestehen aber ohnehin, d.h. die Bewilligung der
Grabung und sonstigen Nachforschungen wäre vollkommen unnötig.
[8] Ausnahmen hierzu sind nur
Schatzfunde im engeren Sinn, d.h. Gegenstände, die ISd § 398 ABGB ‚Geld, Schmuck oder ander[e] Kostbarkeiten‘
sind, denen Aufgrund des Materials, aus dem sie bestehen (z.B. Gold, Silber,
Edelsteine) oder als verhandelbare Kunstgegenstände auch heute noch
wirtschaftlicher Wert zukommt, selbst wenn sie so beschädigt sind, dass sie
keinen Gebrauchswert mehr haben.
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