Montag, 30. April 2018

Unveränderte Erhaltung oder Verwaltung von Veränderung?


Meiner Meinung nach ist es eines der größten und gravierendsten Probleme der archäologischen Denkmalpflege im deutschen Sprachraum, dass sie – entgegen aller gegenteiligen Beteuerungen ihrer primären Proponenten – keine Wissenschaft, sondern in erster Linie eine dogmatisch vertretene Ideologie ist. In diesem Beitrag möchte ich das an einem konkreten Beispiel aufzeigen, nämlich der Frage, worum es der archäologischen Denkmalpflege eigentlich geht: um die unveränderte Erhaltung aller archäologischen Denkmale, idealerweise in situ; oder um die Verwaltung der unabwendbaren Veränderungen, um den Verlust signifikanter archäologischer Informationen möglichst zu minimieren.

Dazu möchte ich zuerst einmal ein wenig weiter ausholen.

Was ist Wissenschaft?

Sehr verkürzt und vereinfacht zusammengefasst ist Wissenschaft nichts anderes als der Versuch, durch die sinnliche Beobachtung der Wirklichkeit ( durch ‚Erfahrung‘) und vernünftige Überlegung ( ‚rational‘) begründete Erkenntnisse ( ‚Wissen‘) darüber zu gewinnen, wie das Universum, in dem wir leben, tatsächlich ( ‚wirklich‘) funktioniert; und auch warum das so ist. Es geht der Wissenschaft also in erster Linie darum, festzustellen, gemäß welchen ‚Gesetzmäßigkeiten‘ bzw. ‚Regeln‘ oder wenigstens aufgrund welcher kausalen Zusammenhänge das, was ist, so ist, wie es eben nun einmal ist. Damit verbunden kann es in zweiter Linie auch von Bedeutung sein, welche wesentlichen, einzigartigen, charakteristischen Eigenschaften eine Sache bzw. ein Sachverhalt aufweisen, weil das für das Erkennen der genannten Zusammenhänge wichtig sein kann.

Das Endziel und gleichzeitig wichtigste Regulativ der Wissenschaft ist das, was man gemeinhin als ‚Wahrheit‘ bezeichnet. Neuerlich grob vereinfacht gesagt: Die ‚Wahrheit‘ als Zielvorstellung ist das objektiv inhaltlich vollkommen korrekte und vollständige Wissen darüber, wie und warum etwas (der Gegenstand der Erkenntnis) so ist, wie es (er) wirklich ist. Selbst wenn dieses Ziel bezüglich eines konkreten Sachverhaltes erreicht werden sollte, ist es aber in der Regel[1] aus erkenntnislogischen Gründen (siehe dazu detailliert Popper 1994) unmöglich, zu wissen, dass das tatsächlich wahre Wissen, das geschaffen wurde, auch wirklich objektiv wahr ist. Die ‚Wahrheit‘ als Regulativ ist hingegen bei subjektiven wissenschaftlichen Aussagen die Verpflichtung zur ‚schonungslosen Ehrlichkeit‘ im umgangssprachlichen Sinn: vorsätzliche Lügen in wissenschaftlichen Aussagen würden schließlich den Prozess der Wahrheitsfindung kompromittieren. WissenschafterInnen müssen daher, um die österreichische gerichtliche Eidesformel zu bemühen, wissenschaftlich stets das sagen, was sie subjektiv für die „die reine und volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ halten.

Als Versuch der Wahrheitserkenntnis ist die Wissenschaft zuallererst und hauptsächlich Selbstzweck. Denn aus Sicht der WissenschafterInnen, d.h. der Wahrheitssuchenden, bleibt sich weitgehend gleich, ob das von ihnen gewonnene, mutmaßlich ‚wahre‘ Wissen für irgendetwas oder irgendjemanden nützlich ist: die Wahrheit zu finden ist für jene, die nach ihr suchen, schon genug.  Diese – die ‚reine‘ – Wissenschaft ist sozusagen eine Denksportaufgabe: ob die Lösung der wissenschaftlichen Rätsel irgendeine praktische Anwendungsmöglichkeit hat, spielt – wenigstens vorerst – keine Rolle, das einzige was wissenschaftlich relevant ist, ist, dass diese Rätsel richtig gelöst werden.

Die erwünschten Nebenwirkungen der schonungslosen Wahrheitssuche

Die schonungslose wissenschaftliche Wahrheitssuche erzeugt aber gleichzeitig – insbesondere, wenn sie tatsächlich erfolgreich, aber oft sogar, wenn sie eigentlich nicht erfolgreich ist – eine wenigstens gesellschaftlich, meist aber auch von den beteiligten WissenschafterInnen selbst, gewollte Nebenwirkung. Denn erkennt die Wissenschaft tatsächlich die objektive Wahrheit über einen bestimmten Sachverhalt, erkennt sie ja gleichzeitig wie und warum – d.h. aufgrund welcher Regeln oder kausalen Zusammenhänge – dieser Sachverhalt zustande kommt bzw. gekommen ist.

Das erlaubt einerseits, Vorhersagen zu machen, was zukünftig geschehen wird, wenn unter gleichen oder sehr ähnlichen Voraussetzungen die gleichen Regeln wirken. Das gewonnene Wissen erlaubt es daher, vorausschauend für die vorhersehbaren Folgen des Zusammentreffens gleichartiger Voraussetzungen und gleich wirkender Regeln zu planen. Weiß man z.B., unter welchen Voraussetzungen ein Fluss wieviel Wasser führen wird, kann man Dämme bauen, um vorhersehbare Überflutungen abzuwenden.

Andererseits kann es erlauben – wenn durch gezieltes Handeln die notwendigen Voraussetzungen hergestellt werden können, dass die erkannten Regeln wirksam werden können – verlässlich vorhersagbare Vorteile zu gewinnen, die man ohne das Wissen über den betreffenden Sachverhalt nicht gewinnen könnte. Weiß man z.B. unter welchen Voraussetzungen Luftströme wieviel Auftrieb und wieviel Schub generieren, kann man Flugzeuge bauen, mit denen man viel schneller als mit anderen Transportmitteln von einem an einen anderen Ort gelangen kann.

Selbst daraus, dass angeblich wahres Wissen als tatsächlich falsch erkannt wird, kann man regelhaft bedeutenden Nutzen gewinnen. Denn man lernt dadurch zumindest, dass und warum etwas tatsächlich nicht zutrifft. Damit kann man dann wenigstens jene Handlungen vermeiden, die vorhersehbarerweise nicht zum gewünschten Erfolg führen werden und stattdessen andere Handlungen setzen, die (und sei es nur, weil man noch nicht weiß, dass sie sicherlich erfolglos sein werden) erfolgversprechender sein könnten.

Rein utilitaristisch betrachtet ist es dabei sogar weitgehend gleichgültig, ob das wissenschaftlich erzeugte Wissen tatsächlich objektiv wahr ist: treten die Vorhersagen, die sich aus ihm ableiten lassen, mit ausreichend hoher Verlässlichkeit ein (selbst wenn sie in seltenen Einzelfällen nicht eintreten), bzw. lassen sich die angestrebten Vorteile ausreichend verlässlich gewinnen, dann genügt das schon. Es genügt also im Bereich der angewandten Wissenschaft völlig, dass das gewonnene Wissen – im Sinne einer ausreichenden Annäherung – ‚wahr genug‘ ist, dass es – wenigstens normalerweise – in der Anwendungspraxis funktioniert: wehrt der Damm 99 von 100 vorhersehbaren Überschwemmungen ab, aber die hundertste nicht, weil das Wissen, aufgrund dessen man den Damm gebaut hat, nicht ganz, sondern nur fast ganz richtig war, hat man immer noch 99 von 100 vorhersehbaren Schäden abgewendet, nicht alle 100 erlitten.

Wissenschaft ist also enorm nützlich dafür, reale Probleme dadurch zu lösen, dass man die Realität empirisch beobachtet und daraus vernünftige Schlussfolgerungen darüber zieht, wie sich diese Probleme aller Wahrscheinlichkeit nach einigermaßen verlässlich erfolgreich lösen lassen. Die Vorteile, die sich daraus gewinnen lassen, sind aus der Außensicht die Wirkung der ‚angewandten‘ Wissenschaft, die sie für die Gesellschaft insgesamt wertvoll macht; und damit ihre Finanzierung aus gemeinschaftlich bereitgestellten Mitteln ( ‚Steuergeld‘) sowohl rechtfertigt als auch – so lässt sich wenigstens argumentieren – zur Förderung des Allgemeinwohls erforderlich macht.

Damit die Wissenschaft aber sowohl ihr selbstgesetztes Ziel als auch ihre gesellschaftlich gewünschte Nebenwirkung erreichen kann, muss sie – und zwar ebenfalls völlig schonungslos – selbstkritisch sein: der Wissenschaft ist nichts heilig und darf auch nichts heilig sein, ganz besonders nicht schon gewonnenes, scheinbar sicheres, wissenschaftlich generiertes Wissen. Der einzig wirklich relevante Maßstab ist dabei neuerlich die empirische Beobachtung der Wirklichkeit: sagt wissenschaftlich gewonnenes Wissen ( eine ‚Theorie‘) die Wirklichkeit nicht vollständig korrekt vorher, muss man als WissenschafterIn eingestehen, dass diese Theorie – wie sehr man auch von ihr überzeugt gewesen sein mag – aller Wahrscheinlichkeit nach wenigstens teilweise falsch ist und daher durch eine neue, besser funktionierende Theorie (d.h. neues, wissenschaftlich gewonnenes Wissen) ersetzt werden muss.

Selbst wenn WissenschafterInnen also glauben, die Wahrheit über irgendeinen Sachverhalt bereits gewonnen zu haben, müssen sie dennoch stets davon ausgehen, dass sie sich getäuscht haben und weiter und nur noch intensiver nach der Wahrheit suchen. Wissenschaftlich gewonnenes Wissen muss stets an der Wirklichkeit überprüft werden; auch und insbesondere, wenn alle WissenschafterInnen derzeit übereinstimmend der Meinung sind, dass das, was wir schon zu wissen glauben, vermutlich wahr sein dürfte: denn nicht nur der einzelne, sondern auch alle WissenschafterInnen können sich irren. Zeigt die empirische Beobachtung der Wirklichkeit, dass die Theorie nicht funktioniert, die alle für richtig halten, ist die Theorie falsch; nicht die Wirklichkeit.

Wodurch unterscheidet sich Wissenschaft von Ideologie?

Es ist genau der letztgenannte Punkt, in dem sich die Wissenschaft ganz maßgeblich von Ideologien unterscheidet.

Ideologien – ob nun religiöse, politische oder beliebige andere – sind ebenfalls Wissenssysteme, die – im Prinzip nicht anders als die Wissenschaft – dazu dienen, die Wirklichkeit (ob nun im Großen ‚die Welt‘, ‚die Schöpfung‘, ‚die Gesellschaftsordnung‘ oder auch nur im Kleinen bestimmte Sachverhalte) zu erklären und den Menschen zu ermöglichen, möglichst erfolgreich mit ihr umzugehen. Auch Ideologien geben den Menschen, die an sie glauben, letztendlich Handlungsanweisungen, ob nun generelle oder spezifische, wie sie sich in bestimmten Umständen verhalten sollen, um ein bestimmtes Endziel zu erreichen. Dieses Endziel kann ein sehr großes und weit entferntes Ziel sein, wie das, am Tag des Jüngsten Gerichts zu jenen Gerechten zu gehören, denen ewiges glückliches Leben im göttlichen Paradies beschert werden wird, weil man sich an die in der Bibel enthaltenen Verhaltensregeln gehalten hat. Oder es kann ein weit kleineres und bescheideneres, aber dafür unmittelbarer erreichbares Ziel sein, wie das, sich in einem Rechtsstaat nicht einer bestimmten Straftat schuldig zu machen, weil man nicht gegen das sie definierende Gesetz verstößt und daher dann auch nicht vom weltlichen Richter bestraft werden darf. Die jeweilige Ideologie erhebt den Anspruch, den Menschen das Wissen zu geben, das sie brauchen, um ihre Handlungen im gegebenen Umfeld jeweils so gestalten zu können, dass sie das von ihnen erwünschte und angestrebte Ziel erreichen.

Nicht anders als in der Wissenschaft wird dieses ideologische Wissen, das den Menschen dazu dienen soll, durch entsprechendes Handeln das von ihnen angestrebte Ziel zu erreichen, in der jeweiligen Ideologie ebenfalls als ‚wahres Wissen‘ dargestellt. Es wird auch von Gläubigen tatsächlich als immer im oben genannten Sinn verlässlich betrachtet: verhält man sich den ideologisch vorgegebenen Handlungsanweisungen entsprechend, erreicht man sicherlich das angestrebte Ziel, ob es nun die Erlösung am Tag des Jüngsten Gerichts oder auch nur die Vermeidung der Bestrafung durch den weltlichen Richter ist; oder was auch immer sonst das angestrebte Ziel sein mag.

Im Gegensatz zur Wissenschaft gilt aber in Ideologien wenigstens manches, nämlich das wirklich ideologisch relevante Wissen – also das, aus dem sich die erforderlichen Handlungsanweisungen für den Einzelnen ergeben – als nicht kritisierbar und auch der Überprüfung anhand der empirisch beobachtbaren Wirklichkeit nicht zugänglich: es gilt als absolut und unveränderlich wahr. Im Mindestfall werden Abweichungen zwischen der empirisch beobachtbaren Wirklichkeit – z.B. offensichtliche Fehlurteile durch weltliche Richter – als ‚menschliches Versagen‘ wegerklärt, selbst wenn sie systematisch auf- und eintreten: Kritik am Einzelfall bzw. den in diesem handelnden Personen oder sogar an einzelnen Regeln im System ist erlaubt; das ideologische System selbst aber letztendlich über jede Kritik erhaben.[2] Im Extremfall gilt hingegen jede Kritik oder auch nur die unterstellte Abweichung von der ‚reinen‘ ideologischen Lehre als Häresie, die wenigstens mit dem Ausschluss aus der ideologischen Gemeinschaft, wenn nicht mit noch dramatischeren Sanktionen geahndet wird.

Im Gegensatz zu WissenschafterInnen sind also IdeologInnen im Bereich des ideologisch relevanten Wissens so überzeugt davon, die objektive Wahrheit bereits zu kennen, dass es für sie nicht mehr notwendig ist, nach alternativem, möglicherweise besserem Wissen als dem, das sie bereits zu haben glauben, zu suchen; oft sogar so sehr, dass bereits die bloße Suche nach Alternativen gänzlich tabu ist. Ideologisches Wissen braucht und darf sogar oft nicht an der Wirklichkeit überprüft werden; weil das, dessen Wahrheit behauptet wird, wahr sein muss: IdeologInnen können sich bezüglich ideologisch relevanten Wissens nicht irren. Zeigt die empirische Beobachtung der Wirklichkeit etwas anderes als das, was die (Chef-) IdeologInnen zur Wahrheit erklärt haben, dann ist nicht etwa die Ideologie falsch; sondern die Wirklichkeit.

Die Überprüfung des eigenen Glaubens anhand der empirischen Beobachtung der Wirklichkeit ist also im Bereich des ideologischen Wissens nicht erforderlich und wird zumeist sogar als gefährlich erachtet. Schließlich kann die Überprüfung der Ideologie an der Wirklichkeit letztendlich nur den Glauben der Gläubigen an die Wahrheit der Ideologie erschüttern, wenn die ideologischen Handlungsanweisungen nicht verlässlich zum angestrebten Erfolg führen. Zur Bestätigung der Wahrheit der Ideologie ist ihre Überprüfung an der Wirklichkeit hingegen gar nicht notwendig, weil wahre Gläubige ohnehin schon wissen, dass sie wahr ist. Sucht die Wissenschaft also die Überprüfung des von ihr erzeugten Wissens an der Wirklichkeit, weil sie dadurch nur gewinnen kann; scheut die Ideologie ebendiese Überprüfung, weil sie dadurch nur verlieren kann.

In anderen Worten gesagt: während WissenschafterInnen wissen, dass sie nur aus bestimmten Gründen glauben, dass das von ihnen generierte wissenschaftliche Wissen vermutlich objektiv wahr ist; glauben IdeologInnen aus dem Grund, dass das ideologisch notwendig ist, zu wissen, dass ihr ideologisches Wissen sicher objektiv wahr ist. Oder noch einfacher: in der Wissenschaft kommt Wissen vor Glauben, in der Ideologie Glauben vor Wissen.

Archäologische Denkmalpflege und Ideologie

Damit komme ich nun zu meiner Behauptung zurück, dass die archäologische Denkmalpflege im deutschen Sprachraum keine Wissenschaft, sondern dogmatisch vertretene Ideologie ist. Dies lässt sich deutlich anhand der für sie ganz grundlegenden Frage zeigen, worum es bei der archäologischen Denkmalpflege eigentlich geht, also was das Ziel archäologisch-denkmalpflegerischen Handelns ist.

Ganz vereinfacht gesagt gibt es in diesem Bereich derzeit international zwei miteinander konkurrierende Sichtweisen:

Die eine davon, die im deutschen Sprachraum derzeit meiner Wahrnehmung nach dominant ist, ist die, dass es bei archäologisch-denkmalpflegerischem Handeln um die möglichst dauerhafte, unveränderte Erhaltung der archäologischen Denkmale geht; idealerweise in situ, d.h. dort, wo sie sich wenigstens derzeit, wenn nicht sogar seit ihrer Deponierung (zumeist im Boden) befinden. Das Ziel dieses Zugangs ist also, dass alle Bodendenkmale – die unverfälschten archäologischen „Urkunden“ (Riegl 1903, 30) – genauso, wie sie derzeit sind, genau dort, wo sie sich derzeit befinden, für immer verbleiben.

Die andere davon, die sich inzwischen z.B. im anglophonen Raum (aber auch z.B. in der Baudenkmalpflege auch im deutschen Sprachraum) zunehmend durchsetzt, wenn nicht bereits weitestgehend durchgesetzt hat, ist die, dass es bei archäologisch-denkmalpflegerischem Handeln primär um die Verwaltung der Veränderung von (archäologischen) Denkmalen geht (Drury & McPherson 2008, 7, 22). Das Ziel ist also unter diesem Zugang, dass die Veränderung archäologischer Denkmale idealerweise stets nur in einem kontrollierten Rahmen unter vorab intentionell geplanten Bedingungen stattfindet.

Diese beiden Sichtweisen bzw. Zugänge zur archäologischen Denkmalpflege könnten also kaum unterschiedlicher sein: betrachtet die Erste jede Art von Veränderung des derzeitigen Zustands von archäologischen Denkmalen als inhärent schlecht und bezweckt daher ihre möglichst vollständige Verhinderung; betrachtet die Zweite diese Veränderung wenigstens als unvermeidbar, wenn nicht sogar – solange sie kontrolliert abläuft – letztendlich als wünschenswert und inhärent positiv und will nur ihren unkontrollierten Ablauf verhindern. Das führt in der Folge natürlich zu gänzlich unterschiedlichen Handlungsanweisungen, wie mit archäologischen Denkmalen umgegangen werden soll, d.h. zu einer ganz verschiedenen Einschätzung, was ‚denkmalgerechtes‘ Handeln ist und was nicht.

Würde bzw. will man nun wissenschaftlich an die Frage herangehen, welche dieser beiden Sicht- bzw. Zugangsweisen die ist, die in der Wirklichkeit besser funktioniert, muss man beide als wissenschaftliche Paradigmata (Kuhn 1973, 57-64) bzw. die sich aus ihnen ableitbaren Handlungsanweisungen als wissenschaftliche Theorien betrachten, deren Erfolg sich empirisch überprüfen lässt und auch empirisch überprüft werden muss. Wäre die archäologische Denkmalpflege also eine Wissenschaft, müsste sich – wiederum empirisch – beobachten lassen, dass das archäologisch-denkmalpflegerische Handeln durch die so Handelnden regelhaft auf seinen Erfolg überprüft und die aus dieser Überprüfung des tatsächlichen Erfolges oder Misserfolges dieses Handelns notwendige Schlussfolgerung gezogen, d.h. erforderlichenfalls die eine zugunsten der anderen Sichtweise aufgegeben wird. Findet diese Überprüfung des Zugangs zur archäologischen Denkmalpflege hingegen normalerweise nicht statt und werden selbst offensichtliche Diskrepanzen zwischen den Vorhersagen der jeweiligen Theorie (bzw. des jeweiligen Paradigmas) und der empirisch beobachtbaren Wirklichkeit von den entsprechend ihrer Handlungsanweisungen Handelnden systematisch ignoriert bzw. die Existenz derartiger Diskrepanzen sogar geleugnet, zeigt das, dass die betreffende Sichtweise von ihren Proponentinnen dogmatisch als Ideologie vertreten wird.

Das Paradigma der unveränderten Erhaltung

Dass das Paradigma der unveränderten Erhaltung der archäologischen Denkmale in der deutschsprachigen Denkmalpflege dominant ist, lässt sich sehr leicht sowohl an der archäologischen als auch der denkmalrechtlichen Fachliteratur zur Frage und den damit verbundenen, praktischen Handlungsanweisungen zeigen. Diese sagen nämlich sehr eindeutig und nahezu unisono, dass das von der archäologischen Denkmalpflege angestrebte Ziel die (möglichst) unveränderte Erhaltung aller archäologischen Denkmale in ihrer historisch gewachsenen Substanz und Erscheinung ist (z.B. Bazil et al. 2015, 42), idealerweise in situ. Jedes archäologische Objekt, ob nun beweglich oder unbeweglich, und insbesondere jedes archäologische Objekt, das sich noch ungestört in seiner ursprünglichen Lage im Boden befindet (z.B. Kriesch et al. 1997, 24-6), ob es nun bereits bekannt oder noch gänzlich unbekannt ist, sollte der einschlägigen Fachliteratur zufolge idealerweise ebendort in ebendem Zustand erhalten bleiben, in dem es sich derzeit befindet. Nur dort und nur in diesem Zustand ist und bleibt es die originale Bodenurkunde, die es nicht nur aus denkmalfachlicher Sicht zu erhalten gilt, sondern die auch im Boden am besten geschützt ist (so sinngemäß z.B. Strobl & Sieche 2010, 264-5).

Jede – auch die bei ihrer wissenschaftlichen Untersuchung durch invasive archäologische Methoden, insbesondere systematische Ausgrabungen, unvermeidbare, aber jedenfalls wissenschaftlich nützliche – Veränderung dieser Bodenurkunde ist aus dieser Sicht eigentlich überhaupt nur dann zulässig, wenn sie in situ durch andere Gefahrenquellen als diese wissenschaftlichen Untersuchungen mit mehr oder minder akuter Zerstörung bedroht ist (ibid., 266). Nur in (seltenen) Ausnahmefällen, wenn überhaupt, kann eventuell die Möglichkeit bzw. sogar Notwendigkeit des archäologisch-wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns die Notwendigkeit der unveränderten Belassung der Bodenurkunde in situ überwiegen (ibid., 266-7), wobei selbst in diesem Fall bei gleichermaßen zur Beantwortung der zu klärenden Forschungsfragen geeigneten archäologischen Denkmalen jedenfalls die Untersuchung jener zu bevorzugen ist, die durch andere Gefahrenquellen am stärksten gefährdet sind (siehe z.B. WSVA 2010, 3).

Manche Kommentare zu Denkmalschutzgesetzen (z.B. Strobl & Sieche 2010, 266) wie auch Fachpublikationen aus der archäologischen Denkmalpflege (z.B. Planck 1991, 22) gehen dabei sogar soweit, zu argumentieren, dass auch eine vollständige Untersagung der (invasiven) archäologischen Feldforschung zulässig wäre, weil ohnehin aus den sogenannten „Rettungsgrabungen“ mehr als genug Primärquellen für die archäologische Forschung verfügbar würden; und vor allem die „private“ Feldforschung – d.h. Forschung durch nichtstaatliche Organisationen oder Einzelpersonen – regelhaft weniger bedeutend als die unveränderte Erhaltung der archäologischen Denkmale in situ sei (so z.B. Viebrock 2007, 239-40). Manche KollegInnen vertreten sogar, wenigstens in informellen Konversationen, die Ansicht, dass es zum Erreichen des Ziels der dauerhaften Erhaltung der Denkmale am besten wäre, wenn überhaupt nicht mehr gegraben oder anders invasiv archäologisch geforscht würde, sondern einfach alle Denkmale, die es gibt, in situ belassen würden.

Alle sonstigen, nicht auf die wissenschaftliche Erforschung der Denkmale ausgerichteten Handlungen von Menschen, die der Erhaltung archäologischer Denkmale in situ abträglich sein könnten, sind hingegen idealerweise überhaupt vollständig zu unterlassen.

Bricht man das auf die zentralen Handlungsanweisungen herunter, die sich in diesen Ansichten finden lassen, sind das die Folgenden:
  1. Verhindere alles, wodurch ein archäologisches Denkmal in situ verändert werden könnte.
  2. Grabe jedes archäologische Denkmal nur dann und nur wissenschaftlich aus, wenn es durch andere Ursachen in situ durch unabwendbare Veränderung bedroht ist.
Werden diese Handlungsanweisungen durchgehend befolgt, erzeugt dies – wenigstens rein theoretisch – tatsächlich einen perfekten Denkmalschutz. Man verhindert theoretisch durch Befolgung der ersten Handlungsanweisung schließlich jedwede Veränderung aller archäologischen Denkmale vollständig, die sich irgendwie abwenden lässt und sorgt damit dafür, dass sie genau dort genau in dem Zustand erhalten bleiben, in dem sie sich gerade befinden. Durch die Befolgung der zweiten Handlungsanweisung sorgt man hingegen dafür, dass die in den archäologischen Denkmalen, deren Veränderung in situ nicht abgewendet werden kann, gespeicherte archäologische Information in der bestmöglichen Art und Weise in andere Informationsspeichermedien – die der wissenschaftlichen Dokumentation – kopiert und dann wenigstens ex situ dauerhaft unverändert erhalten wird.

Man hält also auf diese Weise bezüglich der archäologischen Denkmale in der Theorie den Ablauf der Zeit[3] an: was heute so ist, wie es ist, wird auch morgen noch genauso sein, wie es heute ist.

Die unveränderte Erhaltung in der Wirklichkeit

Beobachtet man hingegen empirisch die Wirklichkeit, zeigt sich unmittelbar, dass diese Theorie nicht wahr sein kann.

Die Probleme damit, diese Theorie mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen, beginnen schon damit, dass – wie die Gerichtsbarkeit im Bereich des Denkmalschutzes schon längst erkannt hat (Bazil at al. 2015, 16) – die Veränderung, bzw. langfristig gesehen Zerstörung, der Denkmale durch Zeitablauf überhaupt nicht verhindert werden kann: die natürliche Entropie kann letztendlich niemals völlig aufgehoben, der Ablauf der Zeit eben gerade nicht völlig angehalten, sondern der Verfall der archäologischen Denkmale höchstens bis zu einem gewissen Grad verlangsamt werden. Aber über dieses Problem kommt man, wenigstens hypothetisch, vielleicht gerade noch dadurch hinweg, dass man versuchen kann, durch die Verhinderung jedwedes denkmalgefährdenden Ereignisses die archäologischen Denkmale, zu deren wissenschaftlicher Untersuchung man derzeit nicht ausreichende Ressourcen zur Verfügung hat, wenigstens so lange ‚unverändert‘ zu erhalten, bis man die zu ihrer wissenschaftlichen Untersuchung erforderlichen Ressourcen bekommt.

Weit gravierender ist jedoch das Problem, dass die Annahme, dass man alle archäologischen Denkmale dadurch unverändert erhalten kann, dass man alles verhindert, was sie in situ verändern könnte, die Wahrheit wenigstens einer von zwei notwendigen Vorannahmen (Prämissen) voraussetzt:

I. Man kennt alle derzeit existierenden archäologischen Denkmale so ausreichend genau und erkennt die sie zu jedem beliebigen Zeitpunkt möglicherweise mit Veränderung bedrohen könnenden Gefahren ausreichend frühzeitig und ausreichend genau, um diese Gefahren entweder präventiv abwenden (d.h. die drohende Veränderung verhindern) oder diese archäologischen Denkmale vor Eintritt der Veränderung vollständig wissenschaftlich ausgraben zu können.

II. Alle noch un- oder nur unzureichend bekannten archäologischen Denkmale, die sich derzeit noch im Boden befinden, sind in situ perfekt vor jeder Art von Veränderung geschützt.

Sind beide dieser Prämissen nicht wahr, ist auch die Annahme, dass man alle archäologischen Denkmale dadurch unverändert erhalten kann, dass man alles verhindert, was sie in situ verändern könnte, notwendigerweise unhaltbar, d.h. falsch. Denn um Gefahren von Sachen abhalten zu können, muss man schließlich wissen, welche Gefahr welcher Sache droht: nachdem unterschiedliche Ursachen (= Gefahren) unterschiedliche Veränderungen unterschiedlicher Arten archäologischer Denkmale bewirken und daher unterschiedliche Gegenmaßnahmen erfordern, kann man nur dann die zur Abwendung der konkret drohenden Gefahr geeignete Gegenmaßnahme setzen, wenn man sowohl die genaue Ursache einer drohenden Veränderung als auch das konkrete, von ihr betroffene Denkmal kennt. Die oben genannten Handlungsanweisungen 1 und 2 können daher stets nur dazu geeignet sein, bekannte Gefahren von bekannten archäologischen Denkmalen abzuwehren. Unbekannte Denkmale sind hingegen schutzlos, weil man keine sinnvollen Gegenmaßnahmen zur Verhinderung ihrer Veränderung durch unbekannte Gefahren setzen kann.

Damit folgt aber zwingend, dass, wenn man nicht alle existierenden archäologischen Denkmale kennt, alle noch un- und unzureichend bekannten archäologischen Denkmale im Boden perfekt vor jedweder Veränderung geschützt sein müssen, damit der vom Paradigma der unveränderten Erhaltung aller Denkmale angestrebte, perfekte Denkmalschutz erreicht werden kann. Ist das auch nicht der Fall, gibt es nämlich eine Gruppe von un- und unzureichend bekannten archäologischen Denkmalen, die dauernd durch unbekannte Gefahren verändert werden, die durch die Befolgung von Handlungsanweisungen 1 und 2 nicht abgewehrt werden können. Damit würde aber nicht dafür gesorgt, dass alle archäologischen Denkmale genau dort in genau dem Zustand erhalten bleiben, in dem sie sich gerade befinden. Vielmehr würden nur jene archäologischen Denkmale erhalten, die man schon kennt und deren Gefährdung man auch tatsächlich rechtzeitig erkennen kann, um zeitgerecht adäquate Schutzmaßnahmen setzen zu können.

Es ist daher an dieser Stelle erforderlich, diese beiden Vorannahmen zu überprüfen, um festzustellen, ob beide oder wenigstens eine davon wahr sein könnte.

Unbekannte archäologische Denkmale

Es bedarf eigentlich keiner besonderen Erläuterung, dass derzeit keineswegs auch nur die Existenz aller archäologischen Denkmale, die es (noch) im Boden gibt, auch schon tatsächlich bekannt ist; geschweige denn, dass diese hinreichend genau bekannt wären, dass man verlässlich bestimmen könnte, welche möglichen Gegenmaßnahmen dazu geeignet wären, sie tatsächlich unverändert in situ zu erhalten. Vielmehr kann als wohlbekannt vorausgesetzt werden, dass selbst in jenen Ländern, in denen bereits seit mehr als einem Jahrhundert aktiv eine systematische archäologische Landesaufnahme betrieben wird, wie z.B. in Großbritannien, aller Wahrscheinlichkeit nach höchstens etwa die Hälfte aller archäologischen Fundstellen, die es tatsächlich geben dürfte, bereits bekannt sind.

In den meisten deutschsprachigen Ländern, in denen die archäologische Landesaufnahme noch deutlich weniger fortgeschritten ist, ist das Verhältnis zwischen bekannten und unbekannten Fundstellen regelhaft noch deutlich schlechter als das in besser aufgenommenen Ländern. Das zeigt sich mit erschreckender Deutlichkeit an der jeweiligen Anzahl bekannter Fundstellen im Verhältnis zur Landesfläche: nimmt man die jüngsten Zahlen des österreichischen Bundesdenkmalamtes [BDA] von ca. 19.550 bekannten Fundstellen (Picker at al. 2016, 285), sind derzeit in Österreich ca. 0,23 archäologische Fundstellen pro Quadratkilometer Bodenfläche (Gesamtfläche: 83,879 km2) bekannt. Zum Vergleich: in Brandenburg sind dem dortigen Landesamt für Denkmalpflege z.B. ca. 52.000 archäologische Fundstellen bekannt, d.h. ca. 1,76 Fundstellen pro Quadratkilometer (Auskunft des Landesamtes für Denkmalpflege vom 19.4.2018; Landesfläche: 29.479 km2), in Niedersachsen 123.300, d.h. ca. 2,59 Fundstellen pro Quadratkilometer (Auskunft des Landesamtes für Denkmalpflege vom 24.4.2018; Landesfläche: 47.614 km2); in Wales hingegen ca. 100.000, d.h. ca. 4,81 Fundstellen pro Quadratkilometer (http://www.cofiadurcahcymru.org.uk/arch [18.4.2018]; Landesfläche: 20,779 km2). Dass derartige Unterschiede die reale Fundstellendichte in den jeweiligen Ländern reflektieren, d.h. in Brandenburg tatsächlich etwa 8, in Niedersachsen etwa 11, und in Wales etwa 21 Mal so viele Fundstellen existieren wie in Österreich, erscheint in Anbetracht der jeweiligen Besiedlungsgeschichte dieser verschiedenen Länder nachgerade ausgeschlossen.

Ebenso zeigen begleitende archäologische Untersuchungen von Großbauprojekten, dass regelhaft die auf den betroffenen Bodenflächen bereits zuvor bekannten Fundstellen nur einen kleinen Anteil der tatsächlich bei der systematischen Untersuchung dieser Flächen angetroffenen archäologischen Denkmale ausmachen. So hat z.B. Harald Stäuble in seinem Beitrag zu einem vom Europae Archaeologiae Consilium [EAC] – d.h. dem transnationalen Verband der europäischen staatlichen archäologischen DenkmalpflegerInnen – herausgegebenen Band gezeigt, „dass das Verhältnis zwischen bekannten und unbekannten Fundstellen im Mittel etwa 1:5 beträgt – und dabei sind die mehrfach belegten, polykulturellen Fundstellen gar nicht berücksichtigt“ (Stäuble 2012, 18-9). Dabei ist allerdings selbst in Ländern mit über 100 Jahren systematischer archäologischer Landesaufnahme, wie in Wales, der Anteil der bei Großbauprojekten entdeckten, zuvor noch unbekannten archäologischen Fundstellen immer noch erschreckend hoch (siehe dazu z.B. Cuttler et al. 2012, 2-4).

Geht man also auf Basis der oben genannten, bekannten Fundstellendichten in den verschiedenen genannten Ländern davon aus, dass im Mittel in diesen Regionen etwa 2,5 Fundstellen pro Quadratkilometer bekannt sind, ist auf Basis von Stäubles (2012, 18-9) Daten damit zu rechnen, dass die durchschnittliche Dichte tatsächlich vorhandener archäologischer Fundstellen bei etwa 12,5 Fundstellen pro Quadratkilometer liegt. Dies würde bedeuten, dass in Wales – nach über 100 Jahren systematischer archäologischer Landesaufnahme durch die Royal Commission on the Ancient and Historical Monuments of Wales (https://rcahmw.gov.uk/) – gerade einmal etwa 40% aller tatsächlich vorhandenen archäologischen Fundstellen bekannt sind, was auch etwa den Erfahrungswerten entspricht (Cuttler et al. 2012). In Niedersachsen wären es hingegen etwa 21% der erwartungsgemäß vorhandenen archäologischen Fundstellen, die bereits bekannt sind, in Brandenburg ungefähr 13%, und in Österreich nicht einmal ganz 2%. Um das, wenigstens für Österreich, auch in absoluten Zahlen auszudrücken: von geschätzt ca. 1,05 Millionen mutmaßlich vorhandenen archäologischen Fundstellen (83.879 km2 x 12,5 Fundstellen/km2 = 1.048.487,5 Fundstellen) wären dem BDA gerade einmal ca. 19.550 (Picker et al. 2016, 285) bekannt, geschätzte 1.028.973,5 hingegen noch gänzlich unbekannt.

Davon, dass den staatlichen archäologischen Denkmalbehörden auch nur annähernd alle tatsächlich existierenden archäologischen Fundstellen bekannt wären, kann also keine Rede sein. Die empirische Erfahrung zeigt vielmehr, dass selbst in den am besten archäologisch voruntersuchten Ländern die zuständigen staatlichen Stellen nicht einmal die Hälfte aller mutmaßlich tatsächlich vorhandenen archäologischen Fundstellen (geschweige denn die dazwischen vorkommenden archäologischen Kleinstreufunde) zu kennen scheinen. In den am schlechtesten archäologisch voraufgenommenen Ländern unter den hier verglichenen, wie in Österreich, dürften den staatlichen Stellen hingegen nicht einmal ein Fünfzigstel aller mutmaßlich tatsächlich vorkommenden archäologischen Fundstellen bekannt sein. Es scheint also überall die Mehrheit der mutmaßlich vorkommenden archäologischen Fundstellen den zuständigen staatlichen Stellen noch gänzlich unbekannt zu sein; in manchen Ländern sogar die überwältigende Mehrheit.

Grad des Kenntnisstandes über und Kontrolle des Erhaltungszustandes bekannter Denkmale

Ebenfalls von Relevanz sind die Fragen, wie entwickelt der fachliche Kenntnisstand über bereits bekannte Denkmale ist und wie detailliert und regelmäßig der Erhaltungszustand bereits bekannter Denkmale überprüft bzw. einer denkmalpflegerischen Kontrolle unterworfen wird. Schließlich muss man, um der unveränderten Erhaltung der archäologischen Denkmale in situ drohende Gefahren auch effektiv abwenden zu können, nicht nur wissen, wo sich solche Denkmale ungefähr befinden, sondern muss auch ihre innere Zusammensetzung einigermaßen gut verstehen, damit man geeignete Gegenmaßnahmen zur Abwehr dieser drohenden Veränderungen treffen kann. Ebenso muss man wissen, wann jeder einzelne maßgebliche Bestandteil eines derzeit noch in situ vorhandenen Denkmals durch externe Ursachen derart verändert zu werden droht, dass ein aktives Eingreifen zur Rettung der in ihm gespeicherten historischen Information durch seine fachgerechte archäologische Ausgrabung erforderlich wird, weil nur dadurch kann man ihn vor seiner völlig unbemerkten, unbeobachteten und damit undokumentierten Zerstörung bewahren. Wie viel man über bereits bekannte archäologische Denkmale weiß und wie genau und regelmäßig man ihren Erhaltungszustand kontrolliert, hat also eine unmittelbare Auswirkung darauf, ob man die beiden zentralen Handlungsanweisungen des Paradigmas der unveränderten Erhaltung überhaupt in der Praxis umsetzen kann.

Auch in Hinblick auf diese Fragen sieht die Realität allerdings alles andere als erfreulich aus. Zwar kommen in der modernen Archäologie zunehmend nicht-invasive Prospektionsmethoden wie Magnetometrie oder Bodenradar zum Einsatz, durch die mutmaßlich im Boden vorhandene Störungen, teilweise sogar dreidimensional, vorerkannt werden können. Diese Voruntersuchungen können bei manchen Fundstellenkomplexen – ein gutes Beispiel dafür ist das römische Carnuntum und sein weiteres Umfeld (siehe z.B. http://lbi-archpro.org/cs/carnuntum/index.html [18.4.2018]) - auch zur mehr oder minder flächendeckenden Untersuchung mehrerer Quadratkilometer an Boden geführt haben; insbesondere, wenn ein entsprechend gut aufgestelltes wissenschaftliches Forschungsinstitut ein entsprechend langjähriges Forschungsprojekt betreibt. Dennoch erlauben selbst die modernsten, hochauflösenden geophysikalischen Untersuchungsmethoden bestenfalls ein ungefähres Bild des Bodenaufbaus zu gewinnen; inwieweit sie also genau genug sind, um wirklich beurteilen zu können, ob und inwieweit sich die Denkmalsubstanz im Boden verändert, ist bereits diskutierbar; vor allem wenn regelmäßig wiederholte Überprüfungsmessungen, insbesondere mit der gleichen Messanordnung – wie das bisher der Fall ist – nur in extrem seltenen Fällen durchgeführt werden. Und über die Lage, geschweige denn den Erhaltungszustand, im Boden enthaltener, beweglicher Kleinfunde verraten diese Methoden in der Regel ohnehin überhaupt nichts.

Noch viel problematischer ist jedoch, dass derartige flächige Untersuchungen immer noch die Ausnahme zur Regel darstellen. Die Regel ist vielmehr, dass die meisten archäologischen Fundstellen den staatlichen Behörden nur durch Oberflächenfunde bzw. obertägig sichtbare Bodenmerkmale (wie die lokale Geomorphologie, Bewuchsmerkmale, etc.) bekannt sind. Zum Beispiel sind von den ca. 19.550 dem österreichischen BDA bekannten Fundstellen (Picker et al. 2016, 285) wohl nur ein geringer Prozentsatz – wenn es hoch kommt um die 5% – auch nur teilweise geophysikalisch prospektiert worden, geschweige denn vollständig. Es fehlt daher dem österreichischen BDA vermutlich nicht nur jedwede Kenntnis über die bloße Existenz von über 98% aller mutmaßlich in Österreich vorkommenden archäologischen Fundstellen. Es fehlt ihm wohl auch jedwede über die bloße mutmaßliche Kenntnis ihrer Existenz hinausgehende Kenntnis über den inneren Aufbau von über 95% der verbleibenden weniger als 2% der mutmaßlich vorhandenen archäologischen Fundstellen, die es kennt. Auch nur möglicherweise ansatzweise ausreichende Kenntnisse, um die Befolgung der oben genannten Handlungsanweisung 1 überhaupt zu ermöglichen, hat das BDA also über maximal 0,1% aller mutmaßlich derzeit in Österreich noch vorhandenen archäologischen Fundstellen; bewegliche Kleinstreufunde dazwischen noch gar nicht mitgerechnet.

In anderen Ländern mit besserem Kenntnisstand, wenigstens über die Existenz von archäologischen Fundstellen, mag auch der Erforschungsstand der bereits bekannten archäologischen Fundstellen etwas besser sein als der im „archäologischen Schurkenstaat“ (Tomedi 2002) Österreich. Aber wohl selbst in den besterforschten europäischen Staaten sind wohl immer noch nur sehr geringe Prozentsätze aller mutmaßlich vorhandenen archäologischen Fundstellen auch nur einmal so ordentlich prospektiert worden, dass man von ausreichender Kenntnis über den inneren Aufbau dieser Fundstellen für die Befolgung von Handlungsanweisung 1 ausgehen könnte. Tatsächlich ist es vermutlich selbst in Wales – dem Spitzenreiter in der Statistik der hier kurz betrachteten Länder – so, dass insgesamt weniger als 1% der derzeit noch im Boden verborgenen Archäologie auch nur magnetometrisch prospektiert wurde, geschweige denn mittels Bodenradar oder anderen dreidimensionale Bodenstrukturbilder liefernden Verfahren. Tatsächlich weiß also die staatliche Denkmalpflege kaum etwas darüber, was sich wo an Archäologie im Boden befindet; geschweige denn, dass sie das ausreichend genau wüsste, um geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen, um tatsächlich der unveränderten Erhaltung der archäologischen Denkmale in situ drohende Gefahren effektiv abwenden zu können.

Die Kontrolle des Erhaltungszustandes bereits bekannter Fundstellen ist dann nur noch umso schlechter. Schließlich ist die überwältigende Mehrheit aller bereits bekannten archäologischen Fundstellen noch nicht einmal ausreichend prospektiert, um überhaupt – sozusagen als Bezugspunkt für künftige Vergleichsuntersuchungen – auch nur Hinweise darauf zu haben, wie der innere Aufbau dieser Fundstellen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit beschaffen war. Regelmäßige Vergleichsuntersuchungen, mittels derer die Geschwindigkeit des Verfalls bzw. der Erosion archäologischer Informationen in situ auch nur annähernd bestimmt werden könnte, können daher auch gar nicht erst durchgeführt werden, weil man keine historischen Daten hat, mit denen man neu gewonnene Messdaten vergleichen könnte.

Nicht einmal eine regelmäßige, auch nur rein optische, oberflächliche Überprüfung der meisten bekannten archäologischen Fundstellen durch Fachkräfte der staatlichen Denkmalbehörden scheint überall stattzufinden; z.B. in Österreich praktisch überhaupt nicht. Das sollte auch – gerade in den Denkmalbehörden – niemanden überraschen: dass die 14 archäologischen FachbeamtInnen des BDA, die hauptsächlich mit administrativen Arbeiten im Innendienst ausgelastet sind, nicht einmal die ca. 19.550 archäologischen Fundstellen (Picker et al. 2016, 285), die ihnen bekannt sind, regelmäßig in Augenschein nehmen können, versteht sich eigentlich völlig von selbst. Denn selbst wenn man alle diese 14 Fachkräfte ausschließlich für die Inaugenscheinnahme dieser Denkmale im Feld einsetzen würde, würde jeder davon immer noch ca. 1.400 bekannte Fundstellen regelmäßig in Augenschein nehmen müssen; Fundstellen, die noch dazu über das ganze Land verstreut und teilweise eher abgelegen liegen. Eine derart häufige Kontrolle auch nur aller bekannten Fundstellen – um von der geschätzten Million tatsächlich vorhandener Fundstellen erst gar nicht zu reden –, dass der Erhaltung von archäologischen Denkmalen in situ drohende Gefahren effektiv abgewendet werden könnten, ist also in der Praxis vollkommen unmöglich.

Handlungsanweisung 1 des Paradigmas der unveränderten Erhaltung kann also in der Wirklichkeit gar nicht funktionieren, und funktioniert auch tatsächlich nicht. Beispiele für die erst viel zu spät bemerkte teilweise Veränderung oder sogar nahezu vollständige Zerstörung bereits bekannter archäologischer Fundstellen gibt es zuhauf; ich selbst habe das z.B. zuletzt am Beispiel der Zerstörung frühmittelalterlicher Hügelgräber durch Baggerarbeiten im Zirkenauer Wald dargestellt (Karl 2017, 4-5). Die Vorstellung, dass man alle Gefahren, die archäologischen Denkmalen drohen, abwenden und damit deren Veränderung in situ auch nur einigermaßen effektiv verhindern könnte, findet also in der Realität nicht nur keine Bestätigung, sondern erweist sich als grundsätzlich falsch. Wenn überhaupt, lässt sich ein verschwindend kleiner Anteil der archäologischen Denkmalen in situ drohenden Gefahren bei einer minimalen Minderheit geschützter und regelmäßig aktiv kontrollierter Denkmale teilweise abwenden. Mehr geht, wie der österreichische Gesetzgeber durchaus bereits erkannt hat (RV 1999, 39), nicht.

Unveränderte Erhaltung im Boden

Damit bleibt nur die zweite Vorannahme, dass alle noch un- und unzureichend bekannten archäologischen Denkmale, die sich derzeit noch im Boden befinden, in situ vor jeder Art von Veränderung geschützt wären, damit das Paradigma der unveränderten Erhaltung in situ irgendwie gerettet werden könnte. Denn nachdem die überwältigende Mehrheit der archäologischen Denkmale in situ durch die staatlichen Denkmalpflegebehörden nicht effektiv geschützt werden kann, können die Handlungsanweisungen dieses Paradigmas nur dann erfolgversprechend sein, wenn die archäologischen Denkmale wenigstens im Boden bis zu ihrer fachgerechten Ausgrabung vor jedweder Veränderung gefeit sind.

Nun bedarf es eigentlich keiner besonderen Erwähnung, dass es nachgerade lächerlich ist, anzunehmen, dass diese Vorannahme tatsächlich in der Wirklichkeit zutreffen könnte. Das zeigt schon das im letzten Absatz des vorherigen Kapitels erwähnte Beispiel der Zerstörung der frühmittelalterlichen Hügelgräber im Zirkenauer Wald: diese Hügelgräber waren seit spätestens 1919 dem BDA (das damals noch Staatsdenkmalamt hieß), bekannt (Kyrle 1919). Sie wurden sogar zwischen 2000 und 2002 teilweise – mit Genehmigung durch das BDA – wissenschaftlich untersucht (Ruprechtsberger 2003). Dass sie sich noch unverändert im Boden befanden, hat sie aber nicht vor der unbeobachteten Zerstörung im Jahr 2015 geschützt (Krieglsteiner 2015).

Dabei sind es nicht nur, ja nicht einmal hauptsächlich, solche ‚vorsätzlichen‘ Zerstörungen mit dem Bagger, die archäologische Denkmale in situ gefährden, sondern noch viel mehr die alltäglichen, unmerklichen Gefahren, die von Land- und Forstwirtschaft und natürlichen Einflüssen wie der Luftverschmutzung und der damit verbundenen Versäuerung von Böden ausgehen, die sie mit Veränderung bedrohen. Das wissen auch die staatlichen DenkmalpflegerInnen sehr gut: so warnt z.B. Bendix Trier im Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege (Martin & Krautzberger 2010, 851-2) eindringlich davor, dass durch diese Faktoren die „Archive im Boden ernsthaft bedroht“ wären. Mehr oder minder systematische Untersuchungen europäischer Denkmalämter zeigen sogar deutlich, dass die mit Abstand größte kumulative Gefahr für die Erhaltung von archäologischen Denkmalen in situ die ganz normale Land- und Forstwirtschaft ist (siehe z.B. Trow et al. 2010; Trow & Holyoak 2014, 56).

Wo Untersuchungen über den Verlust von durch Bewuchsmerkmale bekannten Fundstellen angestellt werden, bringen diese unterschiedliche, aber teilweise dramatische Ergebnisse. So haben z.B. Untersuchungen von Dunwell und Ralston (2008) gezeigt, dass in manchen Teilen Schottlands noch unterirdische Strukturen erhalten sind, obwohl es deutliche Verluste durch Pflugtätigkeiten gibt. Jüngere, noch unveröffentlichte Untersuchungen durch Cook und Cook (unpubl.) zeigen jedoch, dass in anderen Regionen inzwischen zwischen selbst 80-100% aller auf Luftbildern aus den 1970er-Jahren noch gut anhand von Bewuchsmerkmalen erkennbaren Fundstellen bereits völlig zerstört sind. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich – in wenig überraschender Weise – bei jüngeren Untersuchungen auch auf denkmalgeschützten Fundstellen in East Yorkshire (pers. Komm. Peter Halkon, 7.3.2018).

Es kann also auch keine Rede davon sein, dass archäologische Denkmale in situ am besten erhalten bleiben würden, geschweige denn, dass sie dort notwendigerweise unverändert erhalten bleiben würden, so lange man sie nicht ausgräbt; und sie daher nur dann ausgegraben werden müssten, wenn ihre Erhaltung in situ ‚akut‘ bedroht wäre. Alle archäologischen Denkmale, die sich noch in situ befinden, sind immer akut bedroht (siehe dazu auch schon Against retention in situ); und noch schlimmer: alle archäologischen Denkmale sind dauernd Veränderungsprozessen unterworfen. Die einzige wirkliche (relevante) Frage ist daher eigentlich, wann dieser Veränderungsprozess soweit voranschreitet, dass das betroffene archäologische Denkmal dadurch so sehr verändert oder gar zerstört wird, dass dabei bedeutsame archäologische Information verlorengeht. Wann dieser Zeitpunkt unmittelbar bevorsteht bzw. erreicht wird, kann man aber nur beurteilen, wenn man das betroffene Denkmal und die ihm drohenden Gefahren bereits möglichst genau kennt, womit man zu Handlungsanweisung 1 zurückkommt, deren Wirksamkeit wir schon weiter oben ausgeschlossen haben.

Die Unmöglichkeit der unveränderten Erhaltung in situ

Betrachtet man also die beiden Vorannahmen, von denen notwendigerweise wenigstens eine richtig sein muss, damit die Handlungsanweisungen des Paradigmas der unveränderten Erhaltung in situ zum erwünschten Erfolg – einem effektiven archäologischen Denkmalschutz – führen können, auch nur etwas genauer, stellt sich heraus, dass sich beide in der Wirklichkeit nicht bewähren. Der Schutz vor Veränderungen, den die Befolgung der beiden zentralen Handlungsanweisungen dieses Paradigmas den archäologischen Denkmalen bietet, ist zwar hypothetisch perfekt, aber praktisch so gut wie inexistent. Die archäologischen Denkmale, insbesondere die Mehrheit davon, die noch gänzlich unbekannt ist, aber selbst die Mehrheit jener Minderheit davon, die den staatlichen Denkmalbehörden bereits bekannt ist, wird in der Wirklichkeit dadurch überhaupt nicht geschützt; und selbst jene Minderheit jener Minderheit von archäologischen Denkmalen, die den Behörden bereits bekannt sind, nur eher schlecht als recht.

Das Paradigma der unveränderten Erhaltung als denkmalpflegerische Ideologie

Dass die Handlungsanweisungen, die sich aus dem Paradigma der unveränderten Erhaltung in situ ergeben, tatsächlich nicht zum erwünschten Erfolg führen, ja – bei auch nur etwas genauerer Analyse – nicht einmal hypothetisch zu diesem führen können, ist selbstverständlich auch der staatlichen Denkmalpflege wohlbekannt. Die staatlichen DenkmalpflegerInnen sind nämlich durchgehend hochgebildete, intelligente Personen, die häufiger als sonst jemand die tagtäglichen Veränderungen und Zerstörungen archäologischer Denkmale bemerken: es ist schließlich Teil ihres Berufs, sich mit eingehenden Schadensmeldungen zu befassen.

Ebenso wissen die staatlichen DenkmalpflegerInnen sehr gut darüber Bescheid, dass sie nicht einmal ansatzweise alle archäologischen Denkmale kennen, die es tatsächlich noch gibt; geschweige denn gut genug kennen, dass sie – außer in seltenen Ausnahmefällen wie (Groß-) Bauprojekten – auch nur einigermaßen verlässlich vorhersehen könnten, wann ein bestimmtes, bereits bekanntes archäologisches Denkmal durch welche Ursachen derart gefährdet wird, dass es akut ausgegraben werden müsste. Sie wissen auch, dass sie keineswegs auch nur annähernd die Ressourcen dafür haben, auch nur jene archäologischen Denkmale, von deren akuter Bedrohung durch Veränderung oder Zerstörung (durch andere Ursachen als Baumaßnahmen, in deren Rahmen eine verursacherfinanzierte Grabung angeordnet werden kann) sie tatsächlich wissen, selbst oder durch Dritte fachgerecht archäologisch auszugraben oder ausgraben zu lassen, ehe diese unabwendbaren Veränderungen zum Verlust archäologischer Informationen führen.

Ebenso wissen sie sehr gut, dass die primär in der Valletta-Konvention (Europarat 1992a) verankerte Präferenz für die Erhaltung archäologischer Denkmale in situ niemals als absoluter Wert, sondern nur als Mittel zum Zweck, insbesondere im Kontext von Bauplanungsvorhaben gedacht war (Europarat 1992b, 1-7). Das geht schon aus dem erläuternden Bericht zu dieser Konvention in aller Eindeutigkeit hervor, der spezifisch darauf verweist, dass die Erhaltung in situ „soweit realisierbar“ (Europarat 1992b, 6) empfohlen wird; d.h. dort wo sie auch tatsächlich erreicht werden kann. Noch deutlicher geht es aber aus den Worten von Willem Willems hervor, einem der Co-Autoren des Textes der Valletta-Konvention und des zugehörigen erläuternden Berichts, der in einem ursprünglich unter dem Titel „Preservation in situ sucks!“ gehaltenen, kurz danach veröffentlichten Vortrag auf die gravierenden Probleme mit dem Dogma der unveränderten Erhaltung in situ aufmerksam gemacht hat (Willems 2012). Willems fasst sein Argument im Abstract zu diesem Beitrag wie folgt zusammen:

„Preservation in situ has developed into a central dogma of western archaeological heritage management. This paper examines assumptions underlying that dogma and the way in which it works out in practice, both in western and non-western contexts. Bureaucratization and commercialization are seen as important drives behind its rise as a dominating concept in heritage policy. While surely useful and important in some situations, preservation in situ is too problematic in several ways to be acceptable as an ethical principle with broad validity. (Willems 2012, 1).

Aber trotzdem man das alles in den Denkmalbehörden sicherlich weiß, beharren diese – wenigstens in ihrer Außenkommunikation – stets auf dem Primat des Erhaltungsprinzips in situ, so zuletzt z.B. wieder Davydov (2017, 9), und dem damit verbundenen prohibitiven Ansatz, der sich aus den zugehörigen, oben besprochenen Handlungsanweisungen ergibt. Wie es Adrian Olivier, der derzeitige Secretary-General des International Scientific Committee on Archaeological Heritage Management (ICAHM) des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) jüngst etwas sarkastisch ausgedrückt hat: die Denkmalbehörden haben – und das übrigens nicht nur im deutschen Sprachraum – den Ruf “the agency who says NO!” (pers. Komm. A. Olivier, 10.4.2018) zu sein; obwohl jeder, der Augen im Kopf hat, sehen kann, dass die Strategien, die diese Behörden verwenden, nicht den postulierten, erwünschten Effekt erzielen, sondern zumeist das Gegenteil davon.

Dass die Denkmalbehörden trotz alledem auf ihrer Argumentation und deren Begründung beharren, dass sich „der gesetzliche Schutzauftrag gegenüber dem archäologischen Erbe … nicht auf die bekannten, bewerteten und als bedeutend eingestuften Objekte … beschränkt“ (Davydov 2017, 9), d.h. sowohl bekannte als auch unbekannte archäologische Denkmale umfassen soll, und „primär auf ihre ungestörte Erhaltung in situ gerichtet ist“ (ibid.; Hervorhebung: Original), weil diese dort angeblich am besten geschützt wären, zeigt, dass sie sich der (Überprüfung des Paradigmas der unveränderten Erhaltung in situ an der) Wirklichkeit verweigern. Das wiederum macht deutlich, dass die Denkmalbehörden nicht wissenschaftlich vorgehen, wenn es um die bestmögliche Erhaltung bzw. den bestmöglichen Umgang mit archäologischen Denkmalen geht, sondern einer Ideologie anhängen: die archäologischen Denkmale, ob nun bekannt oder unbekannt, sollen „ungestört“ in situ erhalten werden, daher muss man sie in situ belassen (siehe zum Unterschied zwischen Erhaltung und Belassung auch schon Against retention in situ); egal ob sie dort tatsächlich oder nur hypothetisch wirklich ungestört bleiben und vor Veränderungen geschützt sind.

Der Glaube an die Notwendigkeit der ungestörten Erhaltung in situ ist, wie es Willems (2012, 1) ausgedrückt hat, tatsächlich zu einem zentralen Dogma geworden, das so sakrosankt ist, für so unumstößlich wahr gehalten wird, dass, wenn die Wirklichkeit ihm nicht entspricht, nicht mit dem Dogma, sondern mit der Wirklichkeit etwas falsch sein muss.

Was sagt eigentlich die Valletta-Konvention dazu?

In diesem Zusammenhang ist es auch besonders interessant, sich die Frage zu stellen, was eigentlich die Valletta-Konvention, die stets zur Rechtfertigung dieses Dogmas herangezogen wird, zur Erhaltung in situ sagt; und vor allem, welche Zwecke sie mittels der in ihr ausgedrückten Präferenz für die Erhaltung in situ („soweit realisierbar“, Europarat 1992b, 6) überhaupt zu erreichen versucht. Dafür ist neuerlich insbesondere der erläuternde Bericht zur Konvention besonders aufschlussreich.

Schon in der Einleitung zur Erläuterung (Europarat 1992b) zum Europäischen Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes (revidiert) (Europarat 1992a), wie der deutsche Titel dieser Konvention eigentlich lautet, wird erklärt, dass es der Konvention im Gegensatz zu ihrem Vorgänger, der sogenannten Londoner Konvention (Europarat 1969), primär um die Abwendung anderer Gefahren als die durch Ausgrabungen oder andere wissenschaftliche Untersuchungen geht:

„While, in the 1960s, clandestine excavation was seen as the major threat to the archaeological heritage, in the 1980s, it was large-scale construction projects.” (Europarat 1992b, 1).

In der Begründung, warum überhaupt eine Revision der Londoner Konvention erforderlich erschien, wird noch deutlicher, dass es nicht um die möglichst vollständige Verhinderung von archäologischer Feldforschung – indem nur sogenannte Rettungsgrabungen überhaupt als zulässig betrachtet werden – geht, sondern vielmehr darum, das Verständnis archäologischer Feldforschungstätigkeit zu erweitern und die archäologische Feldforschung – auch und insbesondere mit Bürgerbeteiligung – zu fördern:

„A study of the [London] Convention … spoke of major changes in the scientific and economic context of archaeology. In particular, there has been a major switch from concentration on excavation to the utilisation of a wide range of techniques – geophysical prospecting, the processing of satellite pictures, laboratory analysis – in studying the past life of mankind. Excavation is now but one link in the chain of scientific activities that make up archaeological research. Furthermore, there is an increasing demand by members of the public to have access to their past. This is a demand for an identity and is a fundamental right of peoples.” (Europarat 1992b, 2).

Insbesondere für Letzteres, die Ermöglichung einer möglichst breiten Bürgerbeteiligung am archäologischen Kulturerbe, sieht die revidierte Konvention vor, dass kompetente Spezialisten die Bürgerbeteiligung ermöglichen sollen. Das Bedürfnis nach Teilhabe am archäologischen Erbe kann ihr zufolge

„… only be met by specialists – archaeologists – who can interpret the data and assist the public in gaining access to its heritage.” (Europarat 1992b, 2).

An keiner Stelle lässt sich aus der Valletta-Konvention eine Wertehierarchie ableiten, die der Vorstellung eines Primats der ungestörten Erhaltung der archäologischen Denkmale in situ, wie sie in der deutschsprachigen archäologischen Denkmalpflege noch immer propagiert wird (siehe Davydov 2017, 9), auch nur im Entferntesten entspricht. Vielmehr weisen die Erläuterungen zur Konvention, unter Berufung auf die Lausanne-Charter (ICOMOS 1990), ganz besonders auf die Bedeutung der wissenschaftlichen Erforschung des archäologischen Kulturerbes hin:

„The stated aim of the revised Convention emphasises the scientific importance of the archaeological heritage. …  the aim of the revised Convention is consistent with the Charter for the Protection and Management of the Archaeological Heritage produced by the International Council of Monuments and Sites (hereinafter referred to as the "Icomos Charter"), which states that "archaeological knowledge is based principally on the scientific investigation of the archaeological heritage" and that excavation is a last resort in the search for that information. This is not to say that the heritage must remain inviolate. By the use of scientific techniques, both destructive and nondestructive, the heritage can be used to provide information on the evolution of mankind in Europe, to serve "as a source of the European collective memory".” (Europarat 1992b, 3; Hervorhebungen: RK).

Die der Valletta-Konvention inhärente Wertehierarchie ist also keineswegs die, dass der ungestörten Erhaltung der archäologischen Denkmale in situ das Primat zukommt und die wissenschaftliche Erforschung des archäologischen Erbes, insbesondere durch Ausgrabungen und andere destruktive Forschungsmethoden, überhaupt nur dann zulässig sein soll, wenn die betroffenen archäologischen Denkmale akut durch Baumaßnahmen oder andere externe Einflüsse durch maßgebliche Veränderung oder Zerstörung bedroht sind (in diesem Sinn etwa Strobl & Sieche 2010, 266). Vielmehr sieht sie als höchsten Wert der archäologischen Denkmalpflege und einzigen Zweck der Erhaltung der archäologischen Denkmale – ob nun in oder ex situ – deren Erforschung mit – ob nun destruktiven oder nicht destruktiven – wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden an. Der Valletta-Konvention zufolge dient die Erhaltung der Denkmale dem Schutz der Möglichkeit ihrer Erforschung, ob nun durch derzeitige oder zukünftige Generationen von ForscherInnen, nicht ihre Erforschung als minderes Substitut für ihre Erhaltung in situ, wenn letztere nicht möglich ist (was sie ohnehin, wie oben gezeigt wurde, so gut wie niemals und nirgendwo ist). Worum es der Valletta-Konvention geht ist also nicht, archäologische Feldforschungen und Ausgrabungen so sehr als möglich zu verhindern, sondern die Quellen dieser Forschungen vor anderen Gefahren, insbesondere von Baumaßnahmen ausgehenden Gefahren, zu schützen (Europarat 1992b, 3-7), bis sie wissenschaftlich erforscht sind.

Selbst ihr Artikel 3, der sich in erster Linie mit der Frage der wissenschaftlichen archäologischen Qualitätssicherung befasst und eine Bewilligung der Anwendung, insbesondere destruktiver, archäologischer Feldforschungsmethoden vorsieht, bezweckt explizit nicht eine staatliche Kontrolle der archäologischen Feldforschung, geschweige denn ein „staatliches Forschungsvorrecht“, das manche deutschen Denkmalschutzjuristen postulieren (z.B. explizit Viebrock 2007, 238-9), sondern eine wissenschaftliche Qualitätskontrolle. Dieser haben sich den Erläuterungen der Konvention zufolge auch staatliche Einrichtungen zu unterwerfen:

„The permit contains various conditions controlling the activities envisaged. In this way it is sought to limit any damage to the archaeological heritage strictly to that which provides scientific evidence. … Article 3, paragraph i, makes it clear that the system installed should apply to the State as well as to private archaeologists. State departments must also follow the procedure.” (Europarat 1992b, 4; Hervorhebungen: RK).

Ob all der Berufung deutschsprachiger archäologischer Denkmalbehörden auf die Bestimmungen der Valletta-Konvention, insbesondere im Bereich der gesetzlichen Genehmigungspflicht von archäologischen Nachforschungen [NFG-Pflichten], erscheint ihre Interpretation dieser Konvention besonders bedenklich. Schließlich möchte diese Konvention gerade in Bezug auf gesetzliche NFG-Pflichten explizit nicht zwischen staatlichen und privaten Akteuren unterscheiden, sondern verlangt ausdrücklich die rechtliche Gleichbehandlung beider dieser Arten von archäologisch Forschenden. Es erscheint daher einigermaßen seltsam, dass gerade die Ausgrabungen und sonstigen Feldforschungen der staatlichen Denkmalbehörden von vielen deutschsprachigen Denkmalschutzgesetzen aus der für alle anderen Normunterworfenen verpflichtenden NFG-Pflicht ausgenommen werden (so z.B. § 13 Abs. 1 2. Satz DSchG-NRW, Davydov at al. 2016, 245; § 11 Abs. 2 DMSG, Bazil et al. 2015, 64) oder die Denkmalbehörden sich im Wege von – selbstverständlich von Amtsjuristen verfassten – Kommentaren ohne gesetzliche Grundlage selbst davon ausnehmen (siehe z.B. Hönes 1995, 273; Strobl & Sieche 2010, 269; siehe dazu auch schon Karl 2018a). Scheinbar gelten die Bestimmungen von Valletta entgegen der expliziten Forderung des Gegenteils in den ihr zugehörigen Erläuterungen aus unerfindlichen Gründen nicht für den Staat und insbesondere nicht für die staatlichen Denkmalbehörden.

Von einem Vorrang oder gar einem Vorrecht staatlicher vor privater Forschung kann also – wenigstens auf Basis der Valletta-Konvention – keine Rede sein. Vielmehr sehen wir auch hier wieder einmal eine eigennützige, selektive Lesung einschlägiger – hier völkerrechtlicher – Bestimmungen durch die staatliche Denkmalpflege aus ideologischen Gründen. Im Herrenchiemsee-Entwurf des deutschen Grundgesetzes [GG] heißt es in Art. 1 Abs. 1 noch: „Der Staat ist um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen“ (Jarass & Pieroth 2016, 41). In der deutschsprachigen archäologischen Denkmalpflege scheint hingegen das Gegenteil davon der Fall zu sein, weil es „unsinnig“ (Strobl & Sieche 2010, 269) wäre, wenn für den Staat und seine Denkmalbehörden dieselben Regeln wie für Privatpersonen gelten und die „durch die mit der Einbindung Privater verbundene Entlastung der Denkmalbehörde in eine Belastung umschlägt“ (Davydov 2017, 10). Völker- und Verfassungsrecht sind zugegebenermaßen interpretierbar, aber aus einer Forderung nach der Gleichberechtigung staatlicher und privater Akteure ein Forschungsvorrecht staatlicher Akteure und ein nahezu vollständiges Forschungsverbot für private Akteure abzuleiten, dafür braucht es schon ein ungewöhnlich hohes Ausmaß an Unverschämtheit.

Die Alternative: Verwaltung von Veränderung

Tatsächlich weisen bereits die Charter von Lausanne (ICOMOS 1990) und noch mehr die Valletta-Konvention (Europarat 1992a; b) eigentlich den Weg in eine ganz andere Richtung; weg von einem prohibitiven hin zu einem operativen Denkmalschutz. Gerade aus der soeben vorgenommenen, kurzen Besprechung der Ziele, die durch die Valletta-Konvention erreicht werden sollten, geht in aller Deutlichkeit hervor, dass es der internationalen archäologisch-denkmalpflegerischen Fachwelt – und diese hat beide der genannten internationalen Übereinkommen verfasst (siehe dazu für die Valletta-Konvention ganz deutlich Europarat 1992b, 2) – nicht um eine Beschränkung genuiner archäologischer Forschung, sondern um den Schutz archäologischer Quellen für die wissenschaftliche Forschung geht. Diesen Forschungsquellenschutz will die Valletta-Konvention primär durch Sicherstellung einer adäquaten wissenschaftlichen Qualitätssicherung aller archäologischen Untersuchungen bei ihrer Durchführung erreichen; vorerst einmal egal, weshalb und von wem diese Untersuchungen durchgeführt werden.

Dabei erachtet die Konvention ebenso wie die Lausanne-Charter die Durchführung derartiger Untersuchungen dann als besonders notwendig, wenn archäologische Kontexte durch innere oder äußere Ursachen so sehr zu verfallen drohen, dass dadurch wichtige wissenschaftliche Informationen verlorengehen (ICOMOS 1990, 4). Als Kontexte im Sinne der Valletta-Konvention sind dabei alle jene Spuren und Überreste vergangenen menschlichen Handelns zu betrachten, die sich derzeit noch – aber seit ihrer Ablagerung in der Vergangenheit bereits regelhaft mehr oder weniger stark durch natürliche Verfallsprozesse und externe Einflüsse verändert – im Boden befinden (Europarat 1992b, 3): „ungestörte“ archäologische Denkmale kennt die Valletta-Konvention und auch die Lausanne-Charter (ICOMOS 1990) nicht. Ziel ist letztendlich eine archäologisch-denkmalpflegerische Kontrolle über und Verwaltung der gegenwärtigen und zukünftigen Veränderungsprozesse, durch die archäologische Information, die derzeit noch in der Substanz der archäologischen Denkmale im Boden gespeichert ist, unbeobachtet und undokumentiert verloren gehen würde, egal aus welchem Grund.

Die in beiden internationalen Übereinkommen genannte Präferenz für die Erhaltung archäologischer Denkmale in situ (ICOMOS 1990, Art. 5-6; Europarat 1992a, Art. 4 Abs. ii) bezieht sich daher nicht auf alle archäologischen Denkmale, sondern nur auf solche, deren unveränderte Erhaltung an Ort und Stelle durch aktive Pflege, d.h. geeignete Konservierungsmaßnahmen, auch tatsächlich sichergestellt werden kann. Die Lausanne-Charter äußert sich dazu besonders deutlich:

„Owing to the inevitable limitations of available resources, active maintenance will have to be carried out on a selective basis. It should therefore be applied to a sample of the diversity of sites and monuments, based upon a scientific assessment of their significance and representative character, and not confined to the more notable and visually attractive monuments.” (ICOMOS 1990, 4; Hervorhebung: RK).

Dies entspricht exakt der Forderung im erläuternden Bericht zur Valletta-Konvention, dass die Erhaltung archäologischer Denkmale in situ dann zu bevorzugen ist, wenn sie tatsächlich realisierbar ist (Europarat 1992b, 6). Das setzt selbstverständlich die regelmäßige Kontrolle des tatsächlichen Erhaltungszustandes der noch an Ort und Stelle vorhandenen Denkmale und ihre aktive Erhaltung durch geeignete Konservierungsmaßnahmen voraus (Europarat 1992b, 4-6).

Dafür ist aber selbstverständlich eine sinnvolle, nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgende Auswahl jener Denkmale erforderlich, deren langfristige Erhaltung mit den verfügbaren Ressourcen tatsächlich erreicht werden kann: eine bloße Belassung aller archäologischen Denkmale in situ in der verfehlten Hoffnung, dass sie dort schon irgendwie „bestmöglich“ erhalten bleiben werden, genügt dafür nicht. Diese Notwendigkeit sowohl der Selektivität, als auch der Wissenschaftlichkeit der durchzuführenden Auswahl, hat auch z.B. der österreichische Gesetzgeber bereits vollständig korrekt erkannt (RV 1999, 39).

Die Verwaltung von Veränderung in der Wirklichkeit

Dass diese Auswahl unumgänglich notwendig ist, hat natürlich auch maßgebliche Folgen dafür, welche Handlungsanweisungen für die archäologische Denkmalpflege, wenn sie erfolgreich sein will, essentiell sind. Dabei ist die wichtigste Konsequenz, dass nicht etwa die Erhaltung der archäologischen Denkmale vor ihrer Erforschung kommt, sondern die Erforschung der archäologischen Denkmale vor ihrer Erhaltung kommen muss: wie schon oben gezeigt wurde, kann man Denkmale, die man nicht ausreichend genau kennt, überhaupt nicht sinnvoll erhalten, weil man weder weiß, welche davon wie stark gefährdet sind, noch weiß, welche Gegenmaßnahmen man ergreifen muss, um den Denkmalen tatsächlich drohenden Schaden von ihnen abzuwenden.

Das bedeutet nun natürlich keineswegs, dass man alle archäologischen Denkmale so rasch als möglich ausgraben sollte: sowohl die Lausanne-Charter als auch die Valletta-Konvention weisen ganz richtig darauf hin, dass die systematische archäologische Ausgrabung eines archäologischen Denkmals den letzten Schritt in einem längeren archäologischen (Er-) Forschungsprozess darstellt. Vielmehr sollten archäologische Denkmale zuerst möglichst zerstörungsfrei bzw. substanzschonend untersucht werden, d.h. vorzugsweise mit modernen archäologischen Prospektionsmethoden (ICOMOS 1990, Art. 4-5).

Dennoch steht die Gewinnung aussagekräftiger Informationen über die archäologischen Denkmale ganz klar im Vordergrund: solange man keine oder nur unzureichende Informationen über archäologische Denkmale hat, kann man sie nicht erhalten. Aussagekräftige Informationen über archäologische Denkmale zu gewinnen hat also absolute Priorität, denn von diesem Erkenntnisgewinn hängen alle weiteren Schritte im Prozess des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege ab. Neuerlich drückt das die Lausanne-Charter in aller wünschenswerten Deutlichkeit aus:

„The protection of the archaeological heritage must be based on the fullest possible knowledge of its extent and nature.” (ICOMOS 1990, 3).

Daraus folgt, dass die erste und wichtigste Handlungsanweisung (Abb. 1) für einen archäologischen Denkmalschutz im Sinne der Lausanne-Charter und der Valletta-Konvention ist:

  1. Gewinne möglichst jede Information über die Existenz und Natur archäologischer Denkmale, die gewonnen werden kann, unabhängig davon, unter welchen Umständen diese Information zutage gekommen ist; idealerweise mit möglichst wissenschaftlich verlässlichen Methoden.

    Aus dieser Handlungsanweisung folgen dann die folgenden (Abb. 1) in absteigender Priorität

  2. Beurteile auf Basis der verfügbaren Information die mutmaßliche wissenschaftliche Signifikanz, den aktuellen Erhaltungszustand und die Gefährdungslage der in bekannten archäologischen Denkmalen gespeicherten archäologischen Information.
  3. Wähle auf Basis dieser Beurteilung jene davon aus, die mit den verfügbaren staatlichen und privaten Ressourcen regelmäßig kontrolliert und längerfristig durch aktive Konservierungsmaßnahmen in situ erhalten werden können und weise diese entsprechend als besonders schützenswerte Objekte aus.
  4. Wähle auf Basis dieser Beurteilung und der für Rettungsmaßnahmen verfügbaren staatlichen und privaten Ressourcen jene davon aus, die wissenschaftlich so signifikant erscheinen und so unmittelbar gefährdet sind, dass ihre sachgerechte wissenschaftliche archäologische Untersuchung durch Ausgrabungen (und andere Methoden) akut notwendig ist.

    Schließlich folgt aber daraus auch noch eine fünfte und letzte Handlungsanweisung (Abb. 1):

  5. Überlasse alle archäologischen Denkmale, die mit den behördlich verfügbaren staatlichen und privaten Mitteln weder in situ erhalten noch sachgerecht archäologisch untersucht und ausgegraben werden können, der beliebigen Nutzung durch Dritte zu deren Zwecken; idealerweise zum Gewinnen weiterer Informationen darüber, wo welche davon vorkommen, um in einem iterativen Prozess zu Handlungsanweisung 2 zurückkehren zu können.
Abb. 1: Archäologischer Denkmalschutz gemäß der Handlungsanweisungen
des Paradigmas der Verwaltung von Denkmalveränderungen.

Es geht eben in einer modernen archäologischen Denkmalpflege gerade nicht darum, alles, was es geben könnte, in der Theorie zu schützen und dann in der Praxis so wenig als möglich zu tun und auch niemanden anderen als die staatlichen Denkmalbehörden irgendetwas selbst tun zu lassen; bzw., wie es Eckart Rüsch ausgedrückt hat, nicht um eine „Zukunfts-Entsorgung“ der (archäologischen) Denkmale durch die Vertagung denkmalpflegerisch notwendiger Entscheidungen „in eine unbestimmte Zukunft“ (Rüsch 2004, 4). Es geht vielmehr darum, sachverständig die jetzt jeweils denkmalpflegerisch notwendigen Entscheidungen zu treffen; und dazu braucht es zuerst einmal das Wissen, welche archäologischen Denkmale sich wo befinden und wodurch diese tatsächlich gefährdet sind (Abb. 1). Das hat selbstverständlich bedeutende Folgen für den Umgang mit archäologischen Denkmalen, insbesondere unbekannten und unzureichend erforschten; und natürlich auch dafür, welche Erhaltungsmaßnahmen unter welchen Voraussetzungen indiziert sind.

Die Entdeckung und Untersuchung unbekannter Denkmale

Archäologische Denkmale, die man noch nicht kennt, kann man nicht dadurch schützen, dass man versucht, ihre Entdeckung und Untersuchung möglichst zu verhindern, weil sie dadurch ja verändert oder zerstört werden könnten. Vielmehr ist die erste und wichtigste Erhaltungsmaßnahme für bisher unbekannte archäologische Denkmale, von ihrer Existenz und Lage sowie von möglichst vielen weiteren Details über ihre Beschaffenheit zu erfahren (Abb. 1). Die „Nachforschung zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung“ (§ 11 Abs. 1 DMSG) derzeit noch unbekannter archäologischer Denkmale ist also essentiell, um sie überhaupt schützen zu können.

Selbstverständlich wäre es für den archäologischen Denkmalschutz optimal, wenn diese Entdeckung und Erstuntersuchung durch kompetente Personen erfolgt, die dazu möglichst zerstörungsfreie archäologische Prospektionsmethoden verwenden: das ist der ideale Prozess, den auch die Lausanne-Charter (ICOMOS 1990, Art. 4-5) und die Valletta-Konvention (Europarat 1992a, Art. 3 Abs. i lit b) als ersten Schritt im archäologischen Denkmalerhaltungsprozess empfehlen. In der Realität wird dieser Idealzustand aber nur viel zu selten erreicht und kann mit den tatsächlich dafür verfügbaren Ressourcen auch in der Regel gar nicht ausreichend erreicht werden. Das zeigen Beispielländer wie Wales mit einer über 100-jährigen Tradition der personalintensiven, systematischen archäologischen Landesaufnahme in aller Deutlichkeit: selbst nach dieser langen Zeit sind scheinbar nur etwas über ein Drittel aller mutmaßlich tatsächlich vorhandenen archäologischen Denkmale bekannt. In Ländern wie Österreich, wo eine solche systematische Landesaufnahme bisher weitgehend fehlt, weil dem BDA vom Staat dafür niemals genug Personal und sonstige Ressourcen zur Verfügung gestellt wurden, ist die Sachlage in dieser Beziehung noch weit dramatischer. Sich in dieser Situation auf die Position zurückzuziehen, dass nur die ideale Vorgehensweise zulässig sein darf, bedeutet das Beste zum Feind des Besseren zu machen, ohne dadurch dem erwünschten Erfolg – möglichst genaue Kenntnisse über die vorhandenen Denkmale zu erlangen, um sie sinnvoll schützen zu können – auch nur einen halben Schritt näher zu kommen. Vielmehr fördert es die unbemerkte Zerstörung der unbekannten archäologischen Denkmäler.

Man muss also in der Praxis – wenigstens, wenn man die unbekannten archäologischen Denkmale tatsächlich schützen will – Abstriche von Idealzustand in Kauf nehmen. Nachdem das Wissen über die Existenz eines Denkmals überhaupt erst seinen effektiven Schutz ermöglicht, muss man daher auch in Kauf nehmen, dass archäologische Denkmale auch durch fachliche Laien gefunden werden können und sogar häufig vorsätzlich gesucht werden; auch wenn die nicht-professionelle Entdeckung und Untersuchung von archäologischen Denkmalen eine gewisse, aber vergleichsweise mit der gänzlich unbemerkten Zerstörung des Denkmals geringe, Veränderung des derzeitigen Zustandes des Denkmals verursachen kann. Diese vergleichsweise geringe Veränderung des zuvor noch unbekannten archäologischen Denkmals ist der Preis, den man dafür zahlen muss, dass man zukünftige weitere Veränderungen des Denkmals den Verwaltungsprozessen unterwerfen kann, die seinem Schutz vor weiteren, unbemerkten Veränderungen dienen; wenigstens so lange man nicht unbegrenzte Ressourcen für eine systematische, professionelle archäologische Landesaufnahme zur Verfügung hat.

Wichtigstes Ziel der archäologischen Denkmalpflege muss es daher sein, möglichst alle Informationen über archäologische Denkmale zu bekommen, die irgendjemandem auf egal welchem Weg bekannt werden; nicht nur jene Informationen, die bei systematischen, mit modernen wissenschaftlichen Methoden durchgeführten, professionellen archäologischen Untersuchungen gewonnen werden. Das haben auch die frühen Väter der Denkmalpflege ebenso wie die AutorInnen der Lausanne-Charter und die Valletta-Konvention verstanden: aus genau diesem Grund hat die Habsburgermonarchie schon 1846 auf das bis dahin durch § 399 ABGB vorgesehene „Staatsdrittel“ am Eigentum von (archäologischen) Schatzfunden verzichtet (Karl et al. 2017, 100-2), und darum wird von der Valletta-Konvention (Europarat 1992a, Art. 2 Abs. iii) eine allgemeine archäologische Fundmeldepflicht vorgesehen. Eine solche kennen sogar auch alle deutschsprachigen Denkmalschutzgesetze; wo sie nur durch die staatlichen Denkmalschutzbehörden derzeit durch ihre Auslegung der NFG-Pflichtbestimmungen völlig untergraben wird (siehe dazu zuletzt Karl 2018b).

Die Verbesserung des Kenntnisstandes und Entscheidung über bekannte Denkmale

Ziel aller dieser Bestimmungen ist es, den staatlichen Denkmalbehörden möglichst viel Kenntnis über die tatsächlich vorhandenen archäologischen Denkmale in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu verschaffen; und zwar egal aus welcher Quelle sie stammen. Die erste Aufgabe der Denkmalbehörde – und damit die zweite Erhaltungsmaßnahme – ist es dann, auf Basis dieser ihr verfügbaren Kenntnisse und ihres besonderen Sachverstandes zu beurteilen, ob ihr schon genug Informationen über dieses Denkmal vorliegen, um seine wissenschaftliche (oder sonstige) Bedeutung tatsächlich sachverständig beurteilen zu können (Abb. 1).

Reicht ihre Kenntnis zu dieser Beurteilung noch nicht aus, hat sie – unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls – zu entscheiden (Abb. 1), ob

a) die vorliegenden Informationen noch keinen ausreichenden Anfangsverdacht begründen, dass am Fundort ein wissenschaftlich (oder sonstwie) derart bedeutendes archäologisches Denkmal vorliegen könnte, dass der Einsatz weiterer Ressourcen zur genaueren Ermittlung des Sachverhalts angebracht wäre und daher weitere Fundmeldungen bzw. Untersuchungsergebnismeldungen vom betroffenen Fundort abzuwarten sind; oder

b) die vorliegenden Informationen einen ausreichenden Anfangsverdacht begründen, um den Einsatz staatlicher (oder gegebenenfalls auch für die Behörde verfügbarer privater) Ressourcen zur genaueren Voruntersuchung der betroffenen Fundstelle erforderlich erscheinen zu lassen.

Ist Option a) das Ergebnis der behördlichen Entscheidung, hat es nicht nur keinen Sinn, sondern muss es sogar als schädlich betrachtet werden, wenn weitere Untersuchungen der betreffenden Fundstelle durch die Behörde untersagt werden: schließlich braucht die Behörde noch weitere Informationen, um überhaupt entscheiden zu können, ob dort tatsächlich irgendetwas vorkommt, das den Einsatz behördlicher Ressourcen zur ausreichenden Verbesserung des behördlichen Kenntnisstandes über dieses (mögliche) Denkmal rechtfertigen würde (Abb. 1). Nachdem sie dazu gerade keine eigenen Ressourcen einsetzen will, muss sie anderen (d.h. in der Regel privaten Akteuren) die Möglichkeit lassen und diese eventuell sogar dazu anregen, deren Ressourcen dazu zu verwenden, den Kenntnisstand über dieses (mögliche) Denkmal zu verbessern, damit die Behörde nötigenfalls zu späterer Zeit aufgrund des dann besseren Kenntnisstandes zum Ergebnis kommen kann, dass der Einsatz behördlicher Forschungsressourcen zum Schutz dieses (möglichen) Denkmals notwendig ist. Das schließt – selbst wenn eine qualitative Betreuung nicht möglich oder erwünscht ist – jedenfalls mit ein, keine aktiven oder mittelbaren Abschreckungsmaßnahmen zu ergreifen, damit die potentiellen InformationsgewinnerInnen ihr Wissen dann auch mit der Behörde teilen.

Ist hingegen Option b) das Ergebnis der behördlichen Entscheidung, hat die Behörde von sich aus das mögliche Denkmal zu untersuchen oder (ob nun ehrenamtlich oder entgeltlich tätige) Dritte mit einer solchen genaueren Untersuchung zu beauftragen (Abb. 1). Ziel dieser genaueren Untersuchung – die nun, weil unter der Hoheit der Denkmalbehörden, hoffentlich tatsächlich entsprechend den Empfehlungen der Lausanne-Charter und Valletta-Konvention möglichst denkmalsubstanzschonend und möglichst professionell durchzuführen ist – ist es, den Kenntnisstand der durchführenden bzw. beauftragenden Behörde soweit zu vergrößern, dass sie die im engeren Sinn denkmalschutzrelevanten Entscheidungen treffen kann, nämlich ob an Ort und Stelle

i) kein ausreichend wissenschaftlich (oder sonstwie) bedeutendes archäologisches Denkmal vorzukommen scheint, dass der Einsatz weiterer behördlicher Ressourcen erforderlich erscheinen würde;

ii) derart bedeutende, aber akut gefährdete archäologische Denkmale vorkommen, dass ihre zeitnahe teilweise oder vollständige archäologische Untersuchung inklusive ihrer Ausgrabung mit den absehbar verfügbaren behördlichen (oder auch verfügbaren privaten) Ressourcen sowohl vor ihrer Zerstörung möglich als auch aus denkmalfachlicher Sicht erforderlich ist; oder

iii) derart bedeutende archäologische Denkmale vorkommen, dass ihre (regelmäßige) Überwachung und (aktive) Erhaltung in situ mit den absehbar verfügbaren, behördlichen (oder auch verfügbaren privaten) Ressourcen wenigstens mittelfristig (d.h. z.B. für das nächste Jahrzehnt) auch tatsächlich möglich ist.

Ist Option i) das Ergebnis der denkmalfachlichen Bewertung der Untersuchungsergebnisse der genaueren Untersuchung eines bereits bekannten (mutmaßlichen) Denkmals, gilt das gleiche wie soeben zu Option a) gesagt: es ist schädlich, wenn die Behörde weitere Untersuchungen der betroffenen Bodenfläche untersagt, denn sie selbst ist nicht bereit, irgendwelche der ihr direkt oder mittelbar verfügbaren Ressourcen zum Schutz irgendwelcher dort möglicherweise dennoch vorkommenden archäologischen Denkmale zu investieren. Sie muss also alle weiteren Versuche, dort doch noch die Existenz von (bedeutenden) archäologischen Denkmalen nachzuweisen oder diese zu untersuchen (oder auch zu bergen) der privaten Initiative jener BürgerInnen überlassen, die das wollen. Diese können schließlich keinen zu vermeidenden Schaden an Denkmalen anrichten, die (nach Ansicht der Behörde) dort gar nicht vorkommen oder nicht mit den ihr verfügbaren Ressourcen erhaltungsfähig sind, wo sie ihre Nachforschungen durchführen wollen. Weil etwas, was gar nicht da ist, kann man auch dadurch nicht kaputt machen, dass man unsachgemäß danach gräbt; und was nicht wichtig genug ist, um mit der zuständigen Behörde verfügbaren, staatlichen oder privaten Ressourcen erhalten zu werden, dessen Erhaltung liegt offensichtlich nicht im öffentlichen Interesse.

Wissenschaftliche Untersuchung und Ausgrabung gefährdeter bedeutender Denkmale

Kommt die Denkmalbehörde bei ihrer denkmalfachlichen Beurteilung der genaueren Untersuchungsergebnisse hingegen zu Ergebnis ii), hat sie selbstverständlich die wissenschaftliche Untersuchung – soweit erforderlich samt teilweiser oder gar vollständiger professioneller Ausgrabung der gefährdeten archäologischen Denkmale – so nahzeitig zu veranlassen, dass die in diesen Denkmalen gespeicherte, bedeutende archäologische Information so vollständig als möglich dokumentiert und durch sachgerechte Archivierung langfristig erhalten werden kann, ehe sie in situ verloren geht.

Dies ist aber auch, wie sowohl die Lausanne-Charter (ICOMOS 1990, Art. 6) als auch die Valletta-Konvention (Europarat 1992b, 6-7) anerkennen, wenigstens teilweise abhängig von den verfügbaren Ressourcen. Zentral für die Entscheidung, was wie genau wissenschaftlich untersucht werden kann bzw. soll, ist daher das Prinzip der „wissenschaftlich überlegte[n] Auswahl“ (RV 1999, 39): natürlich sollte idealerweise jeder archäologische Kontext so gut es derzeit möglich ist dokumentiert und jeder entdeckte Fund dauerhaft aufgehoben werden, um sowohl die archäologische Information als auch alle beweglichen archäologischen Quellen für die derzeitige und zukünftige Forschung zu erhalten. In der Praxis ist das jedoch in der Regel nicht generell möglich, weil sowohl für Ausgrabungen (und sonstige Feldforschungen) als auch für die Langzeiterhaltung der angefertigten Dokumentationen und entdeckten Fundmaterialien und ihre wissenschaftliche Auswertung nur beschränkte Ressourcen zur Verfügung stehen.

Auch hier gilt daher: was die staatliche Denkmalpflege nicht selbst sachgerecht ausgraben oder durch professionelle Dritte sachgerecht ausgraben lassen kann, weil die Ressourcen dafür fehlen, ist von ihr nicht einfach zur Zerstörung freizugeben, sondern zuerst einmal interessierten, nicht-professionellen Dritten zu überlassen. Die Niederlande tun dies schon: wird ein archäologisches Denkmal, z.B. vor geplanten Bauarbeiten, von der Denkmalbehörde zur Zerstörung freigegeben, ohne dass eine professionelle archäologische Untersuchung angeordnet wird, ist auch die zwischenzeitliche, unprofessionelle Untersuchung dieses Denkmals durch interessierte BürgerInnen nicht mehr untersagt. Schließlich hat die Denkmalbehörde die Zerstörung des betroffenen Denkmals bereits erlaubt, ihr Schutz vor unsachgemäß durchgeführten Ausgrabungen kann also nicht mehr erforderlich sein. Dies ist auch ganz im Geist der Charter von Lausanne, die bereits die aktive Bürgerbeteiligung an der Denkmalpflege fordert (ICOMOS 1990, Art. 2, 6); und wo wäre solche Bürgerbeteiligung besser als zur Rettung wenigstens mancher Teile von Denkmalen, die anderenfalls sicher gänzlich zerstört würden?

Aktive Überwachung und Erhaltung von Denkmalen in situ

Kommt die zuständige Denkmalbehörde bei ihrer denkmalfachlichen Beurteilung der genaueren Untersuchungsergebnisse hingegen zu Ergebnis iii), hat sie für eine tatsächliche Erhaltung dieser Denkmale in situ Sorge zu tragen; was – wie auch schon die Lausanne-Charter (ICOMOS 1990, Art. 6) explizit feststellt – aktive Erhaltungsmaßnahmen erforderlich macht, die auch (wenigstens auf absehbare Zeit) finanzierbar sein müssen. Ideal wäre dafür, diese Denkmale vollständig aus der modernen Bodennutzung auszunehmen, um wenigstens die bei der modernen Landnutzung unvermeidbaren Veränderungen der archäologischen Denkmale in situ im Boden auszuschließen.

Nachdem aber eine derartige aktive Konservierung von unbeweglichen archäologischen Denkmalen gewaltigen Ressourcenaufwand verursacht, muss man wohl auch hier in der Praxis gewisse Abstriche von der nahperfekten Erhaltung in situ machen. Dennoch reicht eine bloße Belassung dieser Denkmale in situ sicherlich nicht aus: im Mindestfall ist ihre regelmäßige Überwachung und das Setzen tatsächlich geeigneter Gegenmaßnahmen erforderlich, wenn Gefahrenquellen oder auch nur natürliche Veränderungen der Denkmalsubstanz erkannt werden, um aus einer bloßen Belassung in situ auch eine tatsächliche Erhaltung der Denkmale in situ zu machen. Dass dabei als Überwachung die bloße oberflächliche Inaugenscheinnahme des in situ zu erhaltenen Denkmals nicht genügt, sondern regelmäßig wiederholte zerstörungsfreie bzw. substanzschonende (z.B. Bodenbeprobung zur Feststellung möglicher Veränderungen der Erhaltungsbedingungen im Boden) Untersuchungen erforderlich sind, versteht sich von selbst. Denn nur, wenn man die denkmalerhaltungsrelevanten Bodeneigenschaften kennt und auf allfällige Veränderungen dieser Eigenschaften aktiv reagiert, erhält man das betroffene archäologische Denkmal langfristig in situ und verhindert tatsächlich seine Veränderung, statt sie bloß in völliger Unkenntnis der Sachlage tatenlos zuzulassen.

Eine ernstzunehmende Erhaltung von archäologischen Denkmalen in situ ist daher zwar durchaus wünschenswert, aber ob des damit gewöhnlich verbundenen, doch einigermaßen bedeutenden Ressourcenaufwands nur sehr selektiv möglich. Daher fordert auch die Lausanne-Charter (ICOMOS 1990, Art. 6), dass diese Auswahl der Vielfalt der archäologischen Denkmale aufgrund der wissenschaftlichen Bewertung entsprechend ihrer Signifikanz getroffen werden und sich nicht auf die bemerkenswerteren und visuell attraktiveren archäologischen Denkmale beschränken sollte.

Das Paradigma der Verwaltung der Veränderung als Denkmalpflegewissenschaft

Im Gegensatz zum ideologischen Paradigma der unveränderten Erhaltung in situ erweist sich also das Paradigma der Verwaltung der Denkmalveränderung als wissenschaftliche Zugang zur archäologischen Denkmalpflege: es wird dadurch nicht ein ideologisches Ideal der Wirklichkeit übergestülpt, während die Effekte des ideologischen Handelns in dieser Wirklichkeit geflissentlich ignoriert oder wegzuerklären versucht werden. Vielmehr steht die Gewinnung empirischer Daten über die Wirklichkeit – wie unter anderem von der Charter von Lausanne (ICOMOS 1990) und der Valletta-Konvention (Europarat 1992a; b) gefordert – nicht nur im Vordergrund, sondern bildet die Grundlage aller tatsächlich sachverständigen denkmalpflegerischen Entscheidungen; insbesondere der vernünftigen Entscheidung darüber, welche konkreten Erhaltungsmaßnahmen zur Abwehr oder Verminderung konkreter Gefahren von tatsächlich bedrohten archäologischen Denkmalen geeignet, erforderlich und mit den tatsächlich verfügbaren Ressourcen erfolgreich umsetzbar sind.

Es versteht sich von selbst, dass es das Paradigma der Verwaltung der Denkmalveränderung nicht ermöglicht, alle archäologischen Denkmale vor jedweder Veränderung zu schützen: es geht schließlich unter diesem Zugang überhaupt nicht darum, möglichst jede Veränderung jedes bekannten und unbekannten Denkmals zu verhindern – ein Ziel, dass natürlich auch nicht erreicht werden kann, wenn man den Handlungsanweisungen des Dogmas der unveränderten Erhaltung in situ folgt. Vielmehr geht es darum, möglichst viel, möglichst verlässliches Wissen darüber zu gewinnen, wie sich archäologische Denkmale verändern; im Rahmen der verfügbaren Ressourcen möglichst viele der archäologischen Informationen, die ansonsten unbemerkt verloren gehen würden, durch möglichst sachgerechte Dokumentation auszulesen und zu erhalten; und wissenschaftlich überlegt jene archäologischen Denkmale auszuwählen, die mit den verfügbaren Ressourcen durch das aktive Setzen geeigneter Gefahrenabwehrmaßnahmen tatsächlich wenigstens mittelfristig, wenn nicht sogar langfristig, in ihrer Substanz essentiell unverändert erhalten werden können.

Folgt man den Handlungsanweisungen, die sich aus dem Paradigma der Verwaltung der Denkmalveränderung ergeben, wie es auch die Lausanne-Charter (ICOMOS 1990) und Valletta-Konvention (Europarat 1992a; b) anraten, kann man das selbstgesetzte Ziel, möglichst viele signifikante Informationen über das archäologische Kulturerbe zu erhalten, um dieses zum Nutzen derzeitiger und zukünftiger Generationen untersuchen und interpretieren zu können“ (ICOMOS 1990, 1; Übersetzung und Hervorhebung: RK), auch tatsächlich in der Wirklichkeit einigermaßen effektiv erreichen. Mehr noch: man kann nicht nur, sondern muss dauernd den tatsächlichen Erfolg des denkmalpflegerischen Handelns an der empirischen Wirklichkeit überprüfen und, wenn sich herausstellt, dass die getroffenen Entscheidungen und gesetzten Handlungen nicht oder nicht ausreichend effektiv zum gewünschten Erfolg führen, diese Entscheidungen revidieren und sein Handeln ändern. Dies gilt selbstverständlich auch für das Paradigma selbst: wie es auch die Lausanne-Charter explizit fordert, sollten alle Strategien für den Schutz archäologischer Denkmale kontinuierlicher revidiert werden, um auf aktuellem Stand zu bleiben“ (ICOMOS 1990, Art. 2; Übersetzung und Hervorhebung: RK); und das gewählte Paradigma ist nicht mehr und nicht weniger als die strategische Grundlage der denkmalpflegerischen Praxis, die ebenfalls stets durch stetige Revision am neuesten Stand zu halten ist.

Denkmalbehörden, die den Handlungsanweisungen des Paradigmas der Verwaltung der Denkmalveränderung folgen wären daher dann auch nicht Behörden, „die nein sagen“ (pers. Komm. A. Olivier, 10.4.2018; Übersetzung: RK), sondern Behörden, die herauszufinden versuchen, was sinnvoll ist, damit möglichst alle Teilhaber am kulturellen Erbe ihre Ziele möglichst effektiv erreichen können. Sie werden also zu den Behörden, die sagen, wie die Allgemeinheit den größtmöglichen Nutzen aus den archäologischen Denkmalen ziehen kann; d.h. zu jener Dienstleistungseinrichtung, zu der in Österreich der aktuelle Kulturminister Gernot Blümel das Bundesdenkmalamt machen möchte (APA 2018).

Schlussfolgerungen

In der archäologischen Denkmalpflege gibt es schon seit langem einen paradigmatischen Streit zwischen zwei grundsätzlich unterschiedlichen Denkschulen, von denen im deutschen Sprachraum bislang das Paradigma der unveränderten Erhaltung der archäologischen Denkmale in situ dominant ist.

Wie in diesem Beitrag gezeigt wurde, handelt es sich bei diesem Paradigma um eine denkmalpflegerische Ideologie, die, von ihren Proponenten dogmatisch vertreten, die hauptsächliche Aufgabe der archäologischen Denkmalpflege darin sieht, die archäologischen Denkmale möglichst unverändert für eine „unbestimmte Zukunft“ (Rüsch 2004, 4) zu erhalten und sie dazu weder zu bewerten, noch irgendwelche Entscheidungen über ihre bestmögliche Nutzung zu treffen, noch überhaupt anzurühren; gänzlich ohne die Konsequenzen des derartigen denkmalpflegerischen Handelns in der Wirklichkeit zu überprüfen. Es wird ein hypothetischer Idealzustand – dass die archäologischen Denkmale, dort wo sie sich derzeit im Boden befinden, notwendigerweise ‚am besten‘ erhalten bleiben – zur unbestreitbaren Glaubenswahrheit erklärt und die Verhinderung jeder Handlung, die Denkmale gefährden könnte, zum Grundprinzip denkmalpflegerischer (Un-) Tätigkeit erhoben, obgleich das nachweislich in der Wirklichkeit nicht zum postulierten Erfolg führt.

Eckart Rüsch hat bereits 2004 diese Ideologie sehr zutreffend beschrieben:

„Man kann sich des schwierigen Umgangs mit den Denkmalen auch dadurch entledigen, dass man verantwortliche Entscheidungen in eine unbestimmte Zukunft vertagt. Das geschieht, wenn die Einsicht aus dem Auge verloren wird, dass Denkmalpflege von Anfang bis Ende mit interessierter Wertung, Umwertung und Verwertung zu tun hat. Immer dann, wenn Denkmalpfleger so tun, als gäbe es diese Wertungen nicht, dann vertagen sie ihre Antworten, oder eigentlich genauer: ihre Ver-Antwortung. Immer in der (übrigens höchst spekulativen) Hoffnung, dass die künftigen Generationen erfreut und dankbar sein würden, dass wir ihnen diese Art von Denkmalen vorgehalten haben. Wem der Mut zu abschließenden Denkmal-Bewertungen und zu Eingriffsentscheidungen fehlt, der zieht sich auf die einfachste Position zurück, nämlich Bewertungsfragen offen zu lassen, nicht einzugreifen und am liebsten gar nichts anzurühren. Mit einer solchen Haltung ist, so glaubt mancher Denkmalpfleger blauäugig, wenigstens nichts falsch zu machen. Auch brauche man so als Denkmalpfleger keine Kollegen-Schelte zu fürchten, warum man denn diese oder jene Denkmalbedeutung drangegeben habe. Untätigkeit als ethischer Auftrag des Denkmalpflegers? Sie sehen: In der Zukunfts-Entsorgung von Denkmalen ähneln sich Konservierung und Entscheidungsschwäche zum Verwechseln...“ (Rüsch 2004, 4).

Im Gegensatz zur Ideologie der unveränderten Erhaltung in situ, die jede Überprüfung ihrer Prämissen und ihres (Miss-) Erfolgs in der Praxis anhand der Wirklichkeit wenigstens scheut, wenn nicht sogar aktiv verweigert, sucht das mit dieser Ideologie konkurrierende, wissenschaftliche Paradigma der Verwaltung der Denkmalveränderung diese Überprüfung an der Wirklichkeit aktiv und macht es zum Kern seiner Vorgehensweise. Ganz im Sinne der Lausanne-Charter (ICOMOS 1990) und der Valletta-Konvention (Europarat 1992a; b) stellt dieses Paradigma die Erhebung empirischer Daten über die archäologischen Denkmale – vorzugsweise mit zerstörungsfreien oder wenigstens möglichst denkmalsubstanzschonenden Untersuchungsmethoden – in den Vordergrund.

Das damit gewonnene Wissen dient dabei in erster Linie dem Zweck, den staatlichen DenkmalpflegerInnen die Wahrnehmung ihrer von Rüsch (2004, 4) genannten Verantwortung, diese Denkmale in der Gegenwart sachverständig zu be- und verwerten und die notwendigen vernünftigen Entscheidungen über erforderliche, geeignete und mit den verfügbaren Ressourcen auch mögliche Schutzmaßnahmen zu treffen, überhaupt erst zu ermöglichen. Es dient aber in zweiter Linie auch dem Zweck, ihnen darüber hinaus zu gestatten, wissenschaftlich überlegte Entscheidungen darüber zu treffen, welche archäologischen Denkmale mit den verfügbaren Ressourcen weder unverändert in situ erhalten noch sachgerecht archäologisch untersucht und ausgegraben werden können und daher – so schmerzhaft und bitter dies aus denkmalschützerischer Sicht auch sein mag – der unbeschränkten, selbstbestimmten Nutzung und damit notwendigerweise verbundenen Veränderung durch an ihrer Nutzung interessierte Privatpersonen überlassen werden müssen.

Dass sich die deutschsprachige archäologische Denkmalpflege dem zweitgenannten, wissenschaftlichen denkmalpflegerischen Paradigma verweigert und stattdessen – in der Wirklichkeit weitgehend erfolglos und vor allem weit erfolgloser als dies unter dem zweitgenannten Paradigma tatsächlich möglich wäre – dogmatisch dem erstgenannten, ideologischen Paradigma folgt, bestätigt in aller Deutlichkeit die eingangs dieses Beitrages aufgestellte Behauptung: die archäologische Denkmalpflege im deutschen Sprachraum ist – entgegen aller gegenteiligen Beteuerungen ihrer primären Proponenten – keine Wissenschaft, sondern in erster Linie eine dogmatisch vertretene Ideologie. Als solche mag sie sehr gut dafür geeignet sein, die staatlichen DenkmalpflegerInnen darin zu bestärken, zu glauben, dass sie schon wissen würden, was für ‚die archäologischen Denkmale‘ in ihrer Gesamtheit – ob sie nun schon bekannt oder noch völlig unbekannt sind – ‚das Beste‘ sei. Sie ist jedoch in der bitteren Wirklichkeit, wie sie sich empirisch beobachten lässt, absolut ungeeignet, das eigentliche Ziel, das die archäologische Denkmalpflege zu erreichen versuchen sollte, tatsächlich effektiv zu erreichen: „das archäologische Erbe als Quelle gemeinsamer europäischer Erinnerung und als Instrument für historische und wissenschaftliche Studien zu schützen“ (Europarat 1992a, Art. 1 Abs. 1; offizielle amtliche Übersetzung durch die Republik Österreich).

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[1] Ausnahmen sind die reinen Formalwissenschaften und wissenschaftlich banale Aussagen wie z.B. reine Beschreibungen von Messdaten oder sinnlichen Wahrnehmungen.
[2] Auch wenn Systemkritik vielleicht geäußert werden darf, so kann sie doch niemals zur Aufgabe der ideologischen Grundvoraussetzungen des Systems führen, denn diese gelten als unumstößlich und unveränderlich. In der Ideologie des Rechtsstaates kann daher z.B. die wahrhaftige Gerechtigkeit der rechtsstaatlichen Gesellschaftsordnung selbst nicht angezweifelt werden, weil diese ist die ideologische Grundannahme, die als unumstößlich wahr gilt.
[3] Dieser Ablauf der Zeit lässt sich in der Praxis empirisch nur dadurch beobachten, dass sich Dinge verändern. Wird also bezüglich bestimmter Sachen – wie z.B. der archäologischen Denkmale – jede Veränderung dieser Sachen verhindert, wird für diese Sachen der Ablauf der Zeit angehalten: wären diese Sachen die einzigen Sachen, die sich empirisch beobachten lassen, wäre der Ablauf der Zeit nicht mehr empirisch beobachtbar und damit in der Wirklichkeit nicht mehr existent, weil wirkungslos.

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