Seit wenigstens 1990 hat das österreichische
Bundesdenkmalamt (BDA) behauptet, dass das Vorliegen einer „Grabungsgenehmigung“ (in der Folge: NFG) gem. § 11 Abs. 1 DMSG
durch das BDA „Voraussetzung für die
Aufnahme jeglicher Grabungstätigkeiten »und sonstiger
Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung beweglicher und
unbeweglicher Bodendenkmale«“ (BDA 2016, 6) sei. Wie aus z.B. der 4. Fassung
seiner Richtlinien für archäologische
Maßnahmen hervorging, betrachtete es dabei alle an Ort und Stelle durchgeführten archäologischen Tätigkeiten,
beginnend mit rein oberflächlichen Surveys durch Inaugenscheinnahme der
Landschaft oder zum Aufsammeln von Oberflächenfunden bis hin zu großflächigen
systematischen archäologischen Ausgrabungen als NFG-pflichtig (BDA 2016,
11-20); und zwar völlig unabhängig davon, ob es bereits irgendeinen bekannten,
konkreten Hinweis auf das Vorkommen irgendwelcher Denkmale iSd § 1 Abs. 1,
Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG oder auch nur irgendwelcher archäologischen
Bodenfunde von der zu untersuchenden Stelle gab.
Erst infolge des in einem von mir angestrengten
Beschwerdeverfahren gegen einen bewilligenden Bescheid des BDA gem. § 11 Abs. 1
DMSG ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 11.9.2017 zu
Zahl W183 2168814-1/2E (siehe dazu schon „Grabungsgenehmigung“? Braucht man nicht!) ist das BDA in der 5. Fassung
seiner Richtlinien von dieser
Position geringfügig abgewichen und hat sich darauf zurückgezogen, dass nunmehr
„Voraussetzung für die Aufnahme bewilligungspflichtiger archäologischer
Tätigkeiten […] das Vorliegen
eines bewilligenden Bescheides des Bundesdenkmalamtes gemäß § 11 Abs. 1 DMSG“
(BDA 2018, 6; Hervorhebung: RK) sei. In seinen genaueren
Ausführungen zu „bewilligungspflichtigen“ archäologischen Tätigkeiten ist es
jedoch kaum von seiner bisherigen Position abgewichen (BDA 2018, 10-20): einzig die „archäologisch-topografische Geländedarstellung“ (BDA 2018, 9-10) hat es im Vergleich zur vorherigen
Fassung in den Bereich der nicht NFG-pflichtigen Maßnahmen verschoben; selbst
Oberflächenfundaufsammlungen werden nur implizit durch die geringfügig
umgeschriebenen Ausführungen zu den weiterhin als NFG-pflichtig dargestellten Prospektionsmethoden
(BDA 2018, 10-15) ausgenommen.
Gänzlich unverändert bleibt hingegen der durch
die gewählte Darstellungsweise erweckte Eindruck, dass die Aufnahme aller als „bewilligungspflichtig“ ausgewiesenen
Arbeiten (d.h. bestimmte Prospektionsarten und Grabungen; BDA 2018, 10-20) gänzlich unabhängig vom Ort, an dem
diese Arbeiten durchgeführt werden sollen, einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG
bedürfen. Es wird also weiterhin unverändert der Eindruck erweckt, als ob die
Tatsache, ob von der Stelle, an der diese ‚archäologischen‘ Arbeiten
durchgeführt werden sollen, irgendwelche konkreten Hinweise auf das Vorkommen
von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1, Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG oder auch nur
archäologischen Bodenfunden bekannt sind, für die Auslösung der NFG-Pflicht des
§ 11 Abs. 1 DMSG vollkommen unerheblich wäre. Diese Auslegung der
NFG-Pflichtbestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG erschien und erscheint mir
weiterhin – und, wie noch gezeigt werden wird, nicht nur mir, sondern auch den
Gerichten – allerdings eine unzulässige, d.h. rechtswidrige, Auslegung des DMSG
zu sein.
Ein neuer Grabungsgenehmigungsantrag
Aus diesem Grund habe ich – nachdem ich
neuerlich erfolglos versucht hatte, die zuständigen FachbeamtInnen im BDA in
einem persönlichen Gespräch von der Rechtswidrigkeit ihrer Gesetzesauslegung zu
überzeugen – am 25.1.2018 neuerlich eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragt.
Beantragt wurden diesmal die Genehmigung der Durchführung einer Metallsuche,
einer Magnetometer- und einer Bodenradarprospektion sowie einer darauffolgenden
Ausgrabung eines 10x10 Meter großen Schnittes, dessen genaue Lage am
betroffenen Grundstück auf Basis der Prospektionsergebnisse gewählt werden
sollte. Als Ort für die geplante Durchführung dieser „archäologischen Maßnahmen“ wurde neuerlich das Gartengrundstück
mit Einfamilienhaus meiner Eltern in Wien 13 gewählt, das bereits Gegenstand
des Falls BVwG vom 11.9.2017, W183 2168814-1/2E war, was insbesondere für die hier
maßgebliche Frage von besonders großer Relevanz ist.
Wie bereits im soeben genannten Fall, war dem
Antrag neuerlich ein Begleitschreiben angeschlossen, in dem das BDA darauf
hingewiesen wurde, dass es sich auch bei dem vorliegenden Fall um einen
Testfall handeln und ich mit einer Zurückweisung meines Antrags aufgrund
Unzuständigkeit der Behörde rechnen würde. Dazu führte ich – wie bereits üblich
– natürlich zahlreiche Gründe an (für die relevanten Fallunterlagen, siehe BVwG
vom 19.9.2018 zu Zahl W195 2197506-1/11E), nicht zuletzt aber auch den
Grund, dass das BVwG bereits in seinem Erkenntnis vom 11.9.2017, W183 2168814-1/2E abschließend festgestellt hatte,
dass aufgrund des Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) vom 23.2.2017
zu Zahl Ro 2016/09/0008 das Bestehen einer NFG-Pflicht gem.
§ 11 Abs. 1 DMSG für beliebige Maßnahmen (inklusive archäologische
Prospektionen und Ausgrabungen) auszuschließen sei, wenn noch keinerlei
konkrete Hinweise auf das tatsächliche Vorkommen von Denkmalen oder wenigstens
Bodenfunden vom Untersuchungsort bekannt seien.
Die Sache war also eigentlich bereits doppelt
ausjudiziert: einmal allgemein in Hinblick auf die Frage, ob eine NFG-Pflicht
gem. § 11 Abs. 1 DMSG an Orten besteht, von denen noch keinerlei Hinweise auf
das Vorkommen von Archäologie vorliegen; und einmal konkret in Hinblick auf das
Grundstück, für dessen Untersuchung ich neuerlich eine NFG beantragt hatte, von
dem tatsächlich noch keinerlei Hinweise auf das Vorkommen von Archäologie
vorliegen. Dennoch erteilte mir das BDA gem. § 11 Abs, 1 DMSG mit Bescheid vom
25.4.2018, BDA-61408.obj/0003-ARCH/2018, die beantragte NFG.
Gegen diesen Bescheid des BDA erhob ich – wie
schon im Jahr davor – Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Dieses entschied nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.9.2018
mit Erkenntnis vom 19.9.2018, W195 2197506-1/11E in der Sache selbst und wies meinen
Antrag auf Erteilung einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG zurück. Die ordentliche
Revision wurde nicht zugelassen und dieses Erkenntnis ist seit 1.11.2018 auch
rechtskräftig. Im Erkenntnis werde ich u.a. sogar vom BVwG dafür gerügt, mit meinem Antrag
die Zeit der Behörde und in weiterer Folge des BVwG verschwendet zu haben, weil
ich ja gar nicht mit der Entdeckung von Denkmalen rechnete.
In seiner Entscheidungsbegründung stellte das BVwG
(unter anderem) unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 11.9.2017, W183 2168814-1/2E neuerlich fest: „Unabdingbare Voraussetzung für die
Anwendung des § 11 Abs. 1 DMSG 1923 ist, dass zumindest Bodenfunde vermutet
werden (VwGH 23.02.2017, Ro 2016/09/0008). Da der Beschwerdeführer keinerlei
Hinweise darauf hat, dass es im gegenständlichen Gartengrundstück
Bodendenkmäler gäbe und auch selbst keine diesbezügliche Erwartungshaltung hat,
fehlte dem Antrag auch jeder inhaltliche Substanzwert“ (BVwG 19.9.2018, W195 2197506-1/11E, 10).
Das scheint aufs erste nicht mehr zu sagen, als
eigentlich ohnehin allen Beteiligten von Anfang an klar gewesen sein sollte und
mir auch tatsächlich (worauf ich im Antrag auch hingewiesen hatte) klar war:
auf dem Grundstück meiner Eltern, von dem keine konkreten Hinweise auf das
Vorkommen auch nur von Bodenfunden, von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG,
geschweige denn von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG vorliegen, kann keine – auch
keine auch noch so ‚archäologische‘ – Maßnahme der Bewilligungspflicht des § 11
Abs. 1 DMSG unterliegen, weil eine der unabdingbaren Voraussetzungen für die
Anwendung der gesetzlichen NFG-Pflicht dieses Paragrafen einfach nicht gegeben
ist. So weit, so wenig überraschend.
Wann muss man und wann darf man eine NFG beantragen?
Bei etwas genauerer Betrachtung lassen sich aus
diesem jüngsten Erkenntnis des BVwG jedoch durchaus interessante
Schlussfolgerungen darüber ziehen, unter welchen Umständen man in Österreich
- eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragen muss;
- eine beantragen darf, aber nicht muss; und
- eine solche sicherlich nicht braucht und sie daher eigentlich auch gar nicht beantragen darf (ohne dadurch die Zeit der in solchen Fällen eben unzuständigen Behörde zu verschwenden).
Diese sind insbesondere für den archäologischen
Berufsstand, aber auch für an archäologischer Feldforschung interessierte Laien
und nicht zuletzt für MetallsucherInnen und SammlerInnen von Bedeutung und
Interesse, weil sich daraus ableiten lässt, wer unter welchen Umständen welche
archäologischen ‚Maßnahmen‘ durchführen darf und wie er bei diesen vorzugehen bzw.
was er dabei zu beachten hat.
Ich beginne der Einfachheit halber mit dem
Punkt, der bereits vollkommen klar sein sollte und der daher in aller Kürze
abgehandelt werden kann:
Unter welchen Umständen braucht man keine NFG?
Wie bereits aus dem zuvor Gesagten und
insbesondere aus dem wörtlichen Zitat aus dem jüngsten BVwG-Erkenntnis
(19.9.2018, W195 2197506-1/11E, 10) offensichtlich sein sollte,
braucht man auf Bodenflächen, von denen noch keine konkreten Hinweise auf das
Vorkommen von wissenschaftlich relevanten Bodenfunden vorliegen, für keine der in den Richtlinien des BDA
als ‚bewilligungspflichtig‘ aufgeführten Arten archäologischer Tätigkeiten (BDA 2018, 10-20) eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG.
Es werden auf solchen Bodenflächen schließlich „keine Bodenfunde vermutet“, womit die „unabdingbare Voraussetzung für die
Anwendung des § 11 Abs. 1 DMSG 1923“ (VwGH 23.02.2017, Ro 2016/09/0008) nicht gegeben ist. Die rein
hypothetische Möglichkeit bzw. der Generalverdacht, dass überall archäologische
Bodenfunde vorkommen könnten, ist nicht ausreichend, die gesetzliche
NFG-Pflicht auszulösen, sondern es muss dafür wenigstens „eine konkrete Vermutung oder
Wahrscheinlichkeit für ein Vorhandensein bzw. Auffinden
denkmalschutzrelevanter Gegenstände gegeben sein; Anhaltspunkte dafür können
z.B. wissenschaftliche Befunde und Gutachten geeigneter Sachverständiger oder
andere allgemein zugängliche Quellen bzw. auch ein laufendes Unterschutzstellungsverfahren
sein“ (VwGH 23.02.2017, Ro 2016/09/0008; Hervorhebung: RK). Eine
gesetzliche Bestimmung, deren unabdingbare Anwendungsvoraussetzung nicht
gegeben ist, ist selbstverständlich auch tatsächlich nicht anzuwenden; und kann
unter dieser Voraussetzung schon gar nicht verpflichtend anzuwenden zu sein.
Konkret gesagt bedeutet das, dass jeder auf allen Bodenflächen, auf denen
diese unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des § 11 Abs. 1 DMSG nicht
erfüllt ist, mit Zustimmung des bezüglich des betreffenden Grundstückes
Verfügungsberechtigten (gewöhnlich: dessen Eigentümer oder Pächter) auf diesem
im Rahmen der sonstigen Gesetzgebung alles
tun und lassen darf, was er will. ‚Alles‘ inkludiert dabei selbstverständlich
auch die Suche nach Bodenfunden mit Metallsuch- oder anderen technischen Mess-
und Suchgeräten, die Durchführung von archäologischen Surveys mit nicht
invasiven und invasiven Methoden und nicht zuletzt auch die Grabung nach
beliebigen Gegenständen, ob nun willkürlich oder mit systematischen
archäologischen Grabungsmethoden. Das alles darf unter den genannten
Voraussetzungen jeder tun; und zwar völlig unbeachtlich dessen, ob das BDA in
seinen Richtlinien diese Tätigkeiten als gem. § 11 Abs. 1 DMSG „bewilligungspflichtig“ ausweist (BDA 2018, 10-20) oder nicht; und auch völlig
unbeachtlich dessen, ob er irgendwelche archäologischen Qualifikationen
vorweisen kann oder nicht; denn die NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG besteht
auf diesen Bodenflächen generell nicht.
Bei Grabungen und sonstigen Nachforschungen auf
solchen Grundstücken werden die Bestimmungen des DMSG erst dann relevant, wenn
dabei Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG entdeckt werden, also „Gegenstände, die infolge ihrer Lage, Form
oder Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes
unterliegen könnten“. Bei diesen handelt es sich dann aber eben auch – ganz
im Sinne des § 8 Abs. 1 DMSG – um „Zufallsfunde“,[1]
die daher jedenfalls von ihrem Finder entsprechend der Bestimmungen der §§ 8
und 9 DMSG zu behandeln sind.
Derartige Funde von Bodendenkmalen sind daher
gem. § 8 Abs. 1 DMSG spätestens am ihrer Auffindung folgenden Werktag dem BDA
anzuzeigen; die Fundstelle ist gem. § 9 Abs. 1 bis längstens 5 Tage ab Abgabe
der Fundmeldung oder der früheren Aufhebung dieser Beschränkung durch ein Organ
oder einen Beauftragten des BDA unverändert zu belassen; und bewegliche
Fundgegenstände sind bei Bestehen der Gefahr ihres sonstigen Abhandenkommens
gem. § 9 Abs. 2 in sicheren Gewahrsam zu nehmen. Darüber hinaus stehen gem. § 9
Abs. 3 DMSG alle derartig entdeckten Bodendenkmale automatisch kraft
gesetzlicher Vermutung vom Zeitpunkt ihrer Entdeckung bis spätestens 6 Wochen
ab Abgabe der Fundmeldung unter Denkmalschutz; wobei das BDA binnen dieser 6
Wochen Frist bescheidmäßig bezüglich dieser Bodendenkmale zu entscheiden hat, ob
sie nach Ablauf der 6 Wochen weiterhin den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes
unterliegen oder nicht.
Ganz vereinfacht gesagt, braucht man also auch
für archäologische Feldforschungsmaßnahmen und beliebige sonstige
Nachforschungen und Grabungen in Österreich keine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG,
wenn man diese auf Bodenflächen durchführen will, auf denen man weder selbst
ernsthaft mit der Entdeckung von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG rechnet
noch aufgrund bekannter, konkreter Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen iSd
§ 1 Abs. 1 DMSG mit der Entdeckung von Bodendenkmalen rechnen muss. Das dürften
– außer in Sonderfällen, auf die im nächsten Abschnitt eingegangen wird – ca.
99% aller Bodenflächen in Österreich sein.
Umstände, unter denen ArchäologInnen eine NFG beantragen dürfen, aber nicht müssen
Nun wird die Situation allerdings
komplizierter, denn es gibt Umstände, unter denen bestimmte Personen, nämlich
graduierte ArchäologInnen, zwar eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragen
dürfen und auch von BDA erteilt bekommen können, aber nicht unbedingt eine
beantragen müssen, wenn sie archäologische Feldforschungsmaßnahmen durchführen
wollen. Diese Umstände ergeben sich aus der Tatsache, dass die Bestimmungen des
§ 11 Abs. 1 Anwendung finden können, wenn graduierte ArchäologInnen, die
archäologische Grabungen oder „sonstige
Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung
beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche“
anstellen möchten, subjektiv ernsthaft mit der Entdeckung von Bodendenkmalen
iSd § 8 Abs. 1 bei ihren archäologischen Feldforschungen rechnen, obgleich von
den Bodenflächen, die sie untersuchen wollen, noch keine allgemein zugänglichen
(bzw. bekannten), konkreten Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen iSd § 1
Abs. 1 DMSG vorliegen.
Graduierte ArchäologInnen verfügen schließlich
selbst über jenen besonderen wissenschaftlichen Sachverstand in Bezug auf
archäologische Sachverhalte, der es ihnen ermöglicht, wissenschaftliche
Prognosen zu erstellen, an welchen Stellen mit gewisser Wahrscheinlichkeit
Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG vorkommen könnten, auch wenn – vor allem
allgemein zugängliche – konkrete Hinweise darauf (noch) fehlen. Solche Prognosen
können dabei auf Basis vieler verschiedener Beobachtungen mittels verschiedener
Methoden erstellt werden: so z.B. können wenigstens manche graduierten
ArchäologInnen allein durch die Inaugenscheinnahme der Landschaft
siedlungsfreundliche Plätze, von bestimmten vergangenen Bevölkerungen häufiger
aufgesuchte Arten von Orten etc. anhand typischer Eigenschaften erkennen, ohne
dass an diesen Stellen in der Landschaft archäologische Überreste sichtbar
sind, geschweige denn, dass bereits allgemein zugängliche Quellen über das
Vorkommen irgendwelcher Bodendenkmale auf diesen Plätzen vorliegen. Ebenso gibt
es statistische Modelle, anhand derer die Lage bestimmter Arten von
archäologischen Fundstellen wenigstens mit gewisser Wahrscheinlichkeit
prognostiziert werden kann; es können anhand von GIS-Analysen von
Geländemodellen Pfade durch die Landschaft berechnet werden, die mit dem
geringstmöglichen Energieaufwand begangen werden können und daher in der
Vergangenheit (und teilweise bis in die Gegenwart) auch häufig tatsächlich für
die Anlage von Straßen bzw. Wegen genutzt wurden; etc. Natürlich erlaubt es
keine dieser Methoden, mit absoluter Gewissheit vorherzusagen, ob an einem
bestimmten prognostizierten Ort tatsächlich Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1,
geschweige denn Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG, vorkommen, aber solche fachlichen
Vorhersagen treffen dennoch überzufällig häufig zu.
Es kann daher vorkommen, dass graduierte
ArchäologInnen subjektiv ernsthaft damit rechnen, dass sie an einem derart
prognostisch identifizierten Platz Bodendenkmale entdecken werden, wenn sie
dort Grabungen oder sonstige Nachforschungen iSd § 11 Abs. 1 DMSG durchführen,
auch wenn bei objektiver Betrachtung durch einen durchschnittlichen,
unvoreingenommenen, vernünftigen Dritten keinerlei konkrete Hinweise darauf
vorliegen, dass dort mit einer Entdeckung irgendwelcher Gegenstände von
geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung zu rechnen
ist. In einem solchen Fall können die betreffenden ArchäologInnen nun zwar,
wenn sie das wollen, auf diesen Bodenflächen archäologische Untersuchungen zum
Zwecke der Bestätigung oder Widerlegung ihrer wissenschaftlichen Prognosen
durchführen, ohne unbedingt eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG zu benötigen:
objektiv betrachtet fehlen schließlich konkrete Hinweise darauf, dass an dem
betreffenden Ort tatsächlich mit dem Entdeckungserfolg gerechnet werden muss.
Bestätigt sich bei diesen Grabungen oder
Nachforschungen an Ort und Stelle aber ihre subjektive Vermutung, dass am
prognostizierten Ort Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG vorkommen, müssen sie
diese entsprechend der Zufallsfundbestimmungen der §§ 8 und 9 DMSG behandeln,
d.h. insbesondere gem. § 9 Abs. 1 DMSG die Fundstelle und alle entdeckten Gegenstände
unverändert belassen. Das ist selbstverständlich kein Problem, wenn sie nur
nicht-invasive archäologische Prospektionsmethoden verwenden: dabei wird der
Zustand der Fundstelle und allfällig angetroffener Funde schließlich
normalerweise nicht verändert.
Arbeiten sie jedoch mit invasiven Methoden oder
führen Grabungen durch und ihre subjektive Prognose bestätigt sich im Verlauf
ihrer Arbeiten, müssen sie aufgrund der Bestimmung des § 9 Abs. 1 DMSG ihre
Grabungsarbeiten an der Fundstelle unmittelbar einstellen und – nach Abgabe der
verpflichtenden Fundmeldung spätestens am folgenden Werktag – wenigstens darauf
warten, bis 5 Werktage verstrichen sind oder ein Organ oder Beauftragter des
BDA zu einem früheren Zeitpunkt die Beschränkung des § 9 Abs. 1 DMSG aufgehoben
hat. Entdecken sie bei ihren Arbeiten ein unbewegliches Bodendenkmal iSd § 8
Abs. 1 DMSG, müssen sie ihre Arbeiten an der Fundstelle sogar potentiell gem. §
9 Abs. 3 DMSG auf bis zu 6 Wochen ab Abgabe der Fundmeldung einstellen, da
dieses unbewegliche Bodendenkmal ja so lange automatisch kraft gesetzlicher
Vermutung unter Denkmalschutz steht und daher nicht verändert werden darf, wenn
das BDA nicht bereits früher bescheidmäßig entscheidet, dass an der
fortgesetzten Erhaltung des betreffenden Objekts kein öffentliches Interesse
besteht (d.h. es kein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG ist) oder eine
Veränderungsbewilligung für das betreffende Bodendenkmal gem. § 5 Abs. 1 DMSG
erteilt.
Das ist schon dann unpraktisch genug, wenn
diese graduierten ArchäologInnen nur ihre Prognose, dass sich am
Untersuchungsort eine archäologische Fundstelle befindet, bestätigen wollten.
Noch unpraktischer wird es jedoch, wenn sie nicht nur ihre Prognose bestätigen
bzw. falsifizieren, sondern über die Archäologie des betreffenden Ortes mehr
herausfinden wollten. Denn so lange sie keine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG für die
Untersuchung dieser Fundstelle erteilt bekommen haben, die ihnen gem. § 11 Abs.
5 DMSG „die Veränderungen und
Zerstörungen an Bodendenkmalen […] in jenem Ausmaß gestattet“, das bei
wissenschaftlicher „Grabungsarbeit
unvermeidlich und daher notwendig ist“, müssen sie bei jedem weiteren Fund
eines weiteren Bodendenkmals iSd § 8 Abs. 1 DMSG – d.h. de facto bei jedem Fund
eines beweglichen oder unbeweglichen Gegenstandes, der infolge seiner Lage,
Form oder Beschaffenheit ihrer fachwissenschaftlichen Einschätzung nach den
Beschränkungen des DMSG unterliegen könnte – ihre Arbeiten an Ort und Stelle
neuerlich einstellen und wieder wenigstens ein paar Tage, wenn nicht sogar bis
zu 6 Wochen ab Abgabe der dann wieder erforderlichen Fundmeldung warten. Das
macht jeden Versuch einer wissenschaftlichen Untersuchung der von ihnen neu
entdeckten Fundstelle praktisch unmöglich.
Nachdem aber diese graduierten ArchäologInnen
aufgrund ihrer Prognose, dass an dem betreffenden Ort die Entdeckung von
Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu erwarten ist, tatsächlich ernsthaft damit
rechnen, dass sie den Taterfolg der „Entdeckung
und Untersuchung von beweglichen und unbeweglichen Denkmalen“ verwirklichen
könnten, können sie auch vorausschauend beim BDA eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG
beantragen. Denn diese ArchäologInnen haben zwar „…keinerlei Hinweise darauf […],
dass es“ am Ort der von ihnen geplanten Untersuchung „Bodendenkmäler gäbe“, sie haben allerdings sehr wohl selbst eine „diesbezügliche Erwartungshaltung“,
womit einem allfälligen Antrag auf Erteilung einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG an
das BDA auch tatsächlich „inhaltliche[r] Substanzwert“ (BVwG 19.9.2018, W195 2197506-1/11E, 10) zukommt. In einem solchen
Antrag wäre natürlich ihre Erwartungshaltung zu begründen, denn bei der
gebotenen objektiven Betrachtung müsste das BDA ansonsten ja zum Schluss
kommen, dass von dem Ort, an dem sie mit dem Vorkommen von Bodendenkmalen iSd §
8 Abs. 1 DMSG rechnen, keinerlei konkrete Hinweise auf deren tatsächliches
Vorkommen vorliegen und ihm daher gar keine rechtliche Kompetenz zur Gewährung
(oder Untersagung) einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG an diesem Ort zukommt. Die
Zuständigkeit des BDA entsteht in diesem Fall also überhaupt erst dadurch, dass
der Antragsteller bzw. die Antragstellerin selbst tatsächlich aus vernünftigen,
für andere Fachleute (wie die Amtssachverständigen im BDA) nachvollziehbaren
wissenschaftlichen Gründen, ernsthaft erwartet, an einem Ort Bodendenkmale
entdecken zu können, an dem das aufgrund des Fehlens des Vorliegens
irgendwelcher konkreten Hinweise weder der durchschnittliche Staatsbürger noch
das BDA erwarten können.
Diese NFG wäre vom BDA in einem solchen Fall
dann natürlich auch tatsächlich zu erteilen, da – es liegen schließlich keine
konkreten Hinweise auf das Vorkommen irgendwelcher Denkmale oder auch nur
Bodendenkmale von der betreffenden Bodenfläche vor – keine denkmalpflegerischen
Bedenken gegen eine wissenschaftliche Nachforschung oder Grabung zum Zwecke der
Entdeckung vermuteter Bodendenkmale bzw. Denkmale an diesem Ort bestehen
können. Das BDA könnte jedoch selbstverständlich in solchen Fällen die NFG mit
für die Umstände einer Grabung bzw. Nachforschung an einem Ort, an dem
Bodendenkmale bloß vom Antragssteller subjektiv vermutet werden, geeigneten
Auflagen verbinden, wie z.B. der, dass (sofern nicht schon ohne NFG erfolgt) in
einem ersten Schritt eine nicht-invasive Prospektion durchgeführt werden muss
und maximal einige flächenmäßig beschränkte Testschnitte angelegt werden
dürfen.
Mit einer derartigen NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG
können dann die graduierten ArchäologInnen ihre Grabungen und Nachforschungen
an Ort und Stelle zum Zwecke der (erstmalig wissenschaftlich dokumentierten)
Entdeckung und (mehr oder minder kursorischen wissenschaftlichen) Untersuchung
allfällig tatsächlich angetroffener beweglicher und unbeweglicher Denkmale
durchführen, ohne ihre Grabungsarbeiten jedes Mal wochenlang einstellen zu
müssen, wenn sich ihre Prognose bewahrheitet und tatsächlich relevante
archäologische Gegenstände entdeckt werden. Denn sie haben damit ja eine
Vorabgenehmigung des BDA, gem. § 11 Abs. 5 DMSG die im Rahmen einer
wissenschaftlichen Grabungstätigkeit unvermeidlichen und daher notwendigen
Veränderungen und Zerstörungen an den allfällig tatsächlich – zwar nicht
objektiv, aber von ihnen subjektiv erwarteter Weise – angetroffenen
Bodendenkmalen vorzunehmen.
§ 11 Abs. 1 DMSG enthielte somit – wie 1923
wohl auch tatsächlich vorgesehen – weniger eine NFG-Pflicht als eine die
wissenschaftliche archäologische Forschungsfreiheit trotz der „Zufallsfund“-Bestimmungen der §§ 8 und
9 DMSG gewährleistende Möglichkeit, vom BDA bereits vor dem Beginn
irgendwelcher invasiver archäologischer Feldarbeiten an Orten, an denen zwar
mögliche Denkmale vermutet werden, aber von denen tatsächlich noch nichts
bekannt ist, eine dauernde Unterbrechungen ihrer sinnvollen Arbeit verhindernde
NFG zu erhalten. Denn es ist regelhaft davon auszugehen, dass, wenn bei einer
professionell durchgeführten, invasiven archäologischen Maßnahme an einem Ort,
an dem man zuvor nicht ernsthaft mit dem Vorkommen von Denkmalen rechnen
konnte, im rechtlichen Sinn „zufällig“
doch Denkmale entdeckt werden, das Organ bzw. der Beauftragte des BDA, das bzw.
der die gem. § 9 Abs. 1 DMSG unverändert belassene Fundstelle begutachtet, die
Fortsetzung der wissenschaftlichen Grabungsarbeiten gestatten würde, wenn nicht
das BDA den Leiter dieser wissenschaftlichen Grabung gleich per Telefon
beauftragt, sich selbst die Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Grabungen zu
gestatten. Dieses unnötige Theater kann man sich durch Vorab-Erteilung einer
NFG ersparen, was die Angelegenheit für beide betroffenen Seiten erleichtert.
Unter welchen Umständen braucht man unbedingt eine NFG?
Damit bleibt noch die NFG-Pflicht gem. § 11
Abs. 1 DMSG zu besprechen. Auch das ist etwas komplizierter als es vielleicht
auf den ersten Blick erscheint, weil es eine gewisse Abgrenzungsunschärfe
zwischen den Umständen gibt, unter denen zwar eine NFG-Möglichkeit existiert,
aber keine NFG-Pflicht, und jenen Umständen, unter denen eine NFG-Pflicht
tatsächlich besteht. Ich beginne wieder mit dem einfacheren Ende, nämlich dem,
an dem eine NFG-Pflicht sicher besteht.
Mit Gewissheit besteht eine NFG-Pflicht gem. §
11 Abs. 1 DMSG, wenn die Bodenfläche, auf der Grabungen (oder sonstige invasive
Nachforschungen) zur Untersuchung von Denkmalen durchgeführt werden sollen, zum
Zeitpunkt der geplanten Untersuchung bereits gem. §§ 2a oder 3 bzw. 9 Abs. 3
DMSG unter Denkmalschutz steht. Auf allen derartigen Bodenflächen ist es
schließlich sicher, das dort Denkmale existieren, an deren Erhaltung ein
bereits auf gesetzlichem Weg festgestelltes öffentliches Interesse besteht.
Wenigstens jede die Substanz oder Erscheinung dieser Denkmale gefährdende
Nachforschung bedarf daher notwendigerweise einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG.
Nachdem invasive archäologische Untersuchungsmethoden unvermeidlich wenigstens
zu Veränderungen, wenn nicht sogar Zerstörungen, der Substanz dieser Denkmale
führen und wenigstens zeitweilig ihre historisch gewachsene Erscheinung
verändern, ist zusätzlich dazu auch – wie auch in § 11 Abs. 5 explizit erwähnt
– eine Veränderungsbewilligung gem. § 5 Abs. 1 DMSG erforderlich, ehe mit
irgendwelchen Arbeiten an Ort und Stelle begonnen werden darf. Darüber hinaus
besteht für nicht invasive Untersuchungen auf diesen Bodenflächen zu egal
welchen Zwecken eine separate NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 8 DMSG, sofern die
durchführende Person nicht bereits vom BDA eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG für
die Untersuchung derselben Bodenfläche erteilt bekommen hat.
Eine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG kann
darüber hinaus aber auch noch auf anderen als bereits unter Denkmalschutz
stehenden Bodenflächen bestehen. Dies ist immer dann der Fall, wenn ausreichende konkrete Hinweise
vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung durch einen unvoreingenommenen
Dritten das Vorkommen von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG bzw. wenigstens
Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG wenigstens wahrscheinlich erscheinen lassen. Was solche konkreten Hinweise
sind, wird im einschlägigen Erkenntnis des VwGH aus dem Jahr 2017 – wenn auch
nicht völlig eindeutig – dargestellt: „Anhaltspunkte
dafür können z.B. wissenschaftliche Befunde und Gutachten geeigneter
Sachverständiger oder andere allgemein zugängliche Quellen bzw. auch ein
laufendes Unterschutzstellungsverfahren sein“ (VwGH 23.02.2017, Ro 2016/09/0008).
Klar ist aus dieser Aufzählung von
Anhaltspunkten, die für eine „konkrete
Vermutung oder Wahrscheinlichkeit“ (ibid.) des Vorkommens von Denkmalen
oder wenigstens Bodendenkmalen sprechen, dass diese Hinweise jedenfalls
entweder allgemein zugänglich oder allerwenigstens dem, der Grabungen oder
sonstige Nachforschungen durchzuführen plant, subjektiv bekannt sein müssen.
Die bloße Tatsache, dass es wissenschaftliche Befunde und Gutachten geeigneter
Sachverständiger gibt oder ein Unterschutzstellungsverfahren tatsächlich am
Laufen ist, genügt für sich allein daher noch nicht, um die NFG-Pflicht des §
11 Abs. 1 DMSG auszulösen. Vielmehr muss der Grabungen oder sonstige
Nachforschungen Planende diese Hinweise tatsächlich kennen oder hätte im
Minimum bei Beachtung der gewöhnlichen Sorgfaltspflicht von diesen Hinweisen
Kenntnis haben müssen,[2]
damit die NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG ausgelöst werden kann.
Weniger klar ist hingegen, ob die im Erkenntnis
des VwGH genannten Anhaltspunkte alle gleichermaßen und wie sie zu gewichten
bzw. zu bewerten sind.
Im Fall, dass bezüglich des betreffenden
Grundstückes tatsächlich bereits ein Unterschutzstellungsverfahren am Laufen
ist, wird der Grabungen oder sonstige Nachforschungen auf diesem Grundstück
Planende wohl davon ausgehen müssen, dass es wenigstens dem BDA wahrscheinlich
erscheint, dass auf diesem Grundstück Denkmale oder wenigstens Bodendenkmale
vorkommen. Schließlich wird das BDA wohl kaum ein Unterschutzstellungsverfahren
bezüglich eines bestimmten Grundstückes in Angriff nehmen, wenn es nicht bei
der gebotenen objektiven Betrachtung davon ausgehen kann, dass es wenigstens
wahrscheinlich ist, dass die auf dem Grundstück vorkommenden Sachen von
ausreichender Bedeutung sind, dass ein öffentliches Interesse an ihrer
Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG besteht. Weiß der Grabungen oder sonstige
Nachforschungen Planende also, oder müsste er bei Wahrung der gewöhnlichen
Sorgfalt wissen, dass bezüglich des betroffenen Grundstückes ein
Unterschutzstellungsverfahren läuft, besteht also mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit eine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG für seine geplanten
Arbeiten.
In der Praxis bedeutet das wohl, dass ein Anruf
beim BDA mit der Frage, ob bezüglich des betroffenen Grundstückes ein
Unterschutzstellungsverfahren bereits läuft, während der Planung von
archäologischen Feldforschungen sinnvoll ist. Läuft nämlich kein derartiges
Verfahren, wird das BDA diese Frage wohl verneinend beantworten, weil die
Tatsache, dass keines am Laufen ist, nicht dem Amtsgeheimnis unterliegen kann
und auch keine schutzwürdigen Interessen irgendeiner Partei betroffen sein
können, weil es in Absenz eines laufenden Verfahrens gar keine Parteien gibt.
Verweigert das BDA hingegen unter Berufung auf das Amtsgeheimnis und/oder
schutzwürdige Interessen Dritter die Auskunft, muss der Planende wohl davon
ausgehen, dass ein Unterschutzstellungsverfahren bezüglich des betreffenden
Grundstückes läuft und seine geplanten archäologischen Arbeiten auf diesem
daher der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterliegen.
Ähnlich ist die Sachlage, wenn bereits allgemein (d.h. bei Wahrung der
gewöhnlichen Sorgfalt dem Planenden auch tatsächlich) zugängliche wissenschaftliche Befunde und Gutachten geeigneter (d.h.
wissenschaftlicher oder Amts-) Sachverständiger vorliegen, die zum Schluss
gelangen, dass das Vorkommen von Denkmalen bzw. Bodendenkmalen am betreffenden
Grundstück wenigstens wahrscheinlich ist. Im Unterschied zu bereits laufenden
Unterschutzstellungsverfahren ist das Vorliegen solcher Gutachten bzw. – wie
das üblicherweise der Fall sein wird – sogar nur eines einzigen derartigen Gutachtens
bereits ein etwas schwächerer Hinweis darauf, dass das Vorkommen von Denkmalen
bzw. Bodendenkmalen am betreffenden Grundstück tatsächlich wahrscheinlich ist:
es stellt dies schließlich nur eine wissenschaftliche Fachmeinung dar, und ein
anderer Wissenschafter – wie z.B. der Planende – kann bei selbstständiger
Beurteilung der vorliegenden wissenschaftlichen Befunde zu einem anderen
Schluss gelangen als der Verfasser des bereits vorliegenden Gutachtens. Damit
kommen wir in den Bereich des Abgrenzungsproblems zwischen Fällen, in denen
eine NFG-Pflicht besteht, und solchen, in denen das nicht der Fall ist.
In der Praxis wäre aber auch in diesem Fall der
Grabungen oder sonstige Nachforschungen auf diesem Grundstück Planende wohl
wenigstens gut beraten, wenn er – und sei es auch nur rein sicherheitshalber –
davon ausgeht, dass die NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG für seine geplanten
archäologischen Untersuchungen auf diesem Grundstück besteht. Denn er selbst
mag zwar die bekannten wissenschaftlichen Befunde anders beurteilen als andere
GutachterInnen, aber es ist nicht garantiert, dass ein unbeteiligter
vernünftiger Dritter das ebenso sehen würde wie er, oder dieser nicht die
Argumente des bzw. der anderen Gutachter überzeugender finden würde. Daher ist
die Beantragung einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG in einem solchen Fall die
Variante, bei der der Planende nicht fehlgehen kann, und sollte daher auch
gewählt werden.
Liegen hingegen nur „andere allgemein zugängliche Quellen“ (VwGH 23.02.2017, Ro 2016/09/0008) vor, wird die Sachlage noch
komplizierter. Denn das bloße Vorkommen irgendwelcher unbestimmter Bodenfunde
an Ort und Stelle allein genügt für sich betrachtet wohl noch keinesfalls
dafür, die NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG auszulösen: schließlich kommen
irgendwelche Bodenfunde praktisch überall vor; und nahezu alle davon können
sicherlich keine Denkmale iSd § 1 Abs. 1 sein und sind auch aller
Wahrscheinlichkeit nach keine Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG.
Mit anderen
allgemein zugänglichen Quellen müssen also entweder solche gemeint sein, in
denen bereits eine sachverständige Beurteilung der Bedeutung der an einem Ort
vorkommenden Bodenfunde in Hinblick auf die in § 1 Abs. 2 DMSG genannten
Kriterien vorgenommen wurde und zum Schluss gelangt ist, dass dort wenigstens
Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG wahrscheinlich vorkommen dürften. Das ist
allerdings eigentlich nur in den beiden anderen im Erkenntnis genannten
Beispielen für „Anhaltspunkte“ der
Fall, d.h. bei Vorliegen sachverständiger Gutachten bzw. einem bereits
laufenden Unterschutzstellungsverfahren, d.h. diese Interpretation ist eher
unwahrscheinlich, weil redundant.
Oder es muss sich wenigstens um solche Quellen
handeln, in denen bereits eine sachverständige Beurteilung der
wissenschaftlichen Bedeutung von auf dem betreffenden Grundstück angetroffenen
Bodenfunden vorgenommen wurde. Solche anderen Quellen könnten daher, wenn man
die Formulierung des VwGH in seinem einschlägigen Rechtssatz derart
interpretieren will, z.B. Fundmeldungen sein, die in den Fundberichten aus Österreich (FÖ) (BDA 1920-2016) veröffentlicht
wurden. Schließlich hat das BDA „sämtliche
eingehenden Anzeigen und Berichte gemäß den §§ 8, 9 und 11 (einschließlich der
Ergebnisse der vom Bundesdenkmalamt selbst gemachten Funde) aus dem gesamten
Bundesgebiet […] soweit sie wissenschaftlich relevant sind, im
Rahmen eines jährlichen Druckwerkes als übersichtliche Gesamtdokumentation
zusammenzufassen“ (§ 11 Abs. 7 DMSG; Hervorhebung: RK).
Die Veröffentlichung einer Fundmeldung in den
FÖ setzt also voraus, dass von der betreffenden Fundstelle wenigstens solche
Funde bekannt sind, die wissenschaftlich relevant sind. Nachdem gem. § 1 Abs. 2
letzter Satz für das Bestehen eines öffentlichen Interesses auch wesentlich
ist, „ob und in welchem Umfang durch die
Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann“,
kann man wohl davon ausgehen, dass Funde wissenschaftlich relevanter
Gegenstände gleichzeitig Funde von Gegenständen sind, die iSd § 8 Abs. 1 DMSG „infolge ihrer Lage, Form oder
Beschaffenheit offenkundig den Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen
könnten“ und daher rechtlich als Bodendenkmale zu bewerten sind. Daraus
würde folgen, dass auf allen Bodenflächen, bezüglich derer bereits
Fundmeldungen in den FÖ veröffentlicht wurden, für archäologische Grabungen und
sonstige Nachforschungen eine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG besteht.
Oder es könnte sich dabei um alle anderen allgemein zugänglichen Quellen
handeln, die auf ein Vorkommen archäologisch signifikanter Bodenfunde auf der
betroffenen Bodenfläche hindeuten, d.h. neben in den FÖ veröffentlichten
Fundmeldungen z.B. auch andere veröffentlichte Berichte in anderer
archäologischer Fachliteratur; wobei aber die rechtliche Beurteilung der
Bedeutung dieser Quellen letztendlich dem einzelnen Rechtsanwender überlassen
bleibt. In diesem Fall hätte der eine Grabung oder sonstige Nachforschungen auf
einer Bodenfläche, von der in den FÖ oder in anderer Fachliteratur
veröffentlichte Fundberichte vorliegen, Planende diese Quellen selbst in
Hinblick auf die Frage zu beantworten, ob die dort bereits zuvor bekanntermaßen
aufgefundenen Gegenstände solche waren, die rechtlich wenigstens als
Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu bewerten sind. Kommt er bei der
Beurteilung dieser Rechtsfrage zum Ergebnis, dass dies der Fall ist, würde die
NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG für seine dort geplanten archäologischen
Arbeiten bestehen; kommt er zum gegenteiligen Ergebnis, würde keine NFG-Pflicht
bestehen.
Im Streitfall müsste sich, falls dies die zu
wählende Interpretation ist, der Grabungen oder sonstige Nachforschungen
Planende darauf verlassen, dass sich seine Beurteilung der anderen allgemein zugänglichen Quellen vor Gericht durchsetzen
wird. Das wäre immer ein gewisses Risiko, aber ist andererseits auch eines, das
Fachleute durchaus einzugehen bereit sein können. Sie sind schließlich Fachleute
und können einigermaßen verlässlich beurteilen, ob die konkreten Hinweise, die
ihnen zum Planungszeitpunkt als Anhaltspunkte aus anderen allgemein zugänglichen Quellen vorliegen, für das Vorkommen
von Gegenständen am geplanten Untersuchungsort sprechen, deren Verlust iSd § 1
Abs. 2 DMSG „eine Beeinträchtigung des
österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität
sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde“. Denn
das ist es, worauf es letztendlich ankommt; und sei es nur aufgrund der
Bestimmung des § 37 Abs. 6 DMSG: stellt nämlich das BDA – und sei es nur durch
Unterlassung der bescheidmäßigen unbefristeten Unterschutzstellung der
aufgefundenen Gegenstände binnen der 6 Wochen Frist des § 9 Abs. 3 DMSG – bescheidmäßig
fest, „dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Denkmals tatsächlich nicht besteht oder
bestanden hat“ (§ 37 Abs. 6 DMSG; Hervorhebung: RK), ist auch ein allfällig
bereits im Laufen befindliches Strafverfahren für mutmaßliche Verstöße gegen
die Bestimmungen des DMSG – inklusive der des § 11 Abs. 1 DMSG – ohnehin
notwendigerweise einzustellen.
In der Praxis bedeutet das alles dennoch, dass
– rein sicherheitshalber – graduierte ArchäologInnen, die Feldarbeiten planen,
sinnvollerweise eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragen sollten, wenn von der
Bodenfläche, die sie mit ihren Feldarbeiten untersuchen wollen, bereits in den
FÖ publizierte Fundberichte vorliegen oder sie aufgrund anderer allgemein
zugänglicher Quellen (wie z.B. Fachpublikationen in anderen Medien als den FÖ)
wenigstens subjektiv mit der Entdeckung von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG
rechnen. Selbst wenn diese Arbeiten nämlich der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1
DMSG nicht unterliegen sollten, fallen sie definitiv wenigstens in jenen
Bereich, in denen zwar eine NFG-Pflicht nicht besteht, aber dennoch aufgrund
der begründeten, subjektiven Bodendenkmalsfunderwartung des Antragstellers beantragt
werden kann.
Konsequenzen für die Richtlinien des BDA (2018)
Dies ist natürlich auch von Relevanz für die
Richtlinien des BDA, insbesondere für den einleitenden Satz des Kapitels zum
Antrag auf Erteilung einer NFG gem. § 11 Abs, 1 DMSG (BDA 2018, 6). Dieser ist nämlich in seiner derzeitigen
Form weitgehend inhaltsleer bzw. in Zusammenhang mit den Angaben zu den Ausführungen
zu „bewilligungspflichtigen“
Maßnahmen (BDA 2018, 10-20) grob missverständlich.
Entgegen seines derzeitigen Wortlautes hätte
dieser einleitende Satz aufgrund des bisher Erläuterten daher vollständig und
korrekt wie folgt zu lauten:
„Voraussetzung für die
Aufnahme archäologischer Tätigkeiten auf Bodenflächen, von denen bereits
konkrete Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen unter der Erd- bzw.
Wasseroberfläche (z.B. wissenschaftliche Befunde und Gutachten geeigneter
Sachverständiger oder andere allgemein zugängliche Quellen) vorliegen oder
bezüglich derer bereits ein Unterschutzstellungsverfahren läuft, ist das Vorliegen
eines bewilligenden Bescheides des Bundesdenkmalamtes gemäß § 11 Abs. 1 DMSG“.
Darüber hinaus wäre dieser Satz auch um zwei
Folgesätze zu ergänzen, die in verständlicher Form erläutern, unter welchen
Voraussetzungen eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG dennoch auch beantragt werden
kann, obgleich keine solchen konkreten Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen
am geplanten Ort der Untersuchung bekannt sind und daher keine NFG-Pflicht gem.
§ 11 Abs. 1 DMSG besteht. Diese die Nachforschungs-Vorabgenehmigungsmöglichkeit
nicht NFG-pflichtiger archäologischer Feldforschungen erläuternden Folgesätze
könnten etwa wie folgt lauten:
„Eine
Vorabgenehmigungsmöglichkeit gem. § 11 Abs. 1 DMSG besteht darüber hinaus auch
für geplante archäologische Tätigkeiten auf Bodenflächen, von denen zwar noch
keine konkreten Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen unter der Erd- bzw.
Wasseroberfläche vorliegen, auf denen der Antragsteller aber dennoch aufgrund
nachvollziehbarer wissenschaftlicher Prognosen ernsthaft mit der Entdeckung von
Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG rechnet. Einem Antrag auf Erteilung einer
solchen Vorabgenehmigung gem. § 11 Abs. 1 DMSG ist daher eine Begründung
beizufügen, aus welchen wissenschaftlichen Gründen der Antragsteller mit der
Entdeckung von Bodendenkmalen im Zuge der Durchführung seiner geplanten
Arbeiten rechnet.“
Damit würde verdeutlicht, unter welchen
Umständen für archäologische Feldforschungen eine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1
DMSG besteht; unter welchen Umständen eine NFG trotz Fehlens einer gesetzlichen
NFG-Pflicht beantragt und vom BDA auch erteilt werden kann; und gleichzeitig
natürlich auch, unter welchen Umständen keine NFG-Pflicht besteht und auch
keine NFG beantragt werden darf. Damit würde sichergestellt, dass die Zeit der
Behörde nicht durch jedenfalls unnötige NFG-Anträge gem. § 11 Abs. 1 DMSG
verschwendet wird und sie sich auf jene Anträge konzentrieren kann, die sowohl
aus Sicht des Antragsstellers sinnvoll als auch aus denkmalpflegerischer Sicht
wenigstens sinnvoll oder sogar erforderlich sind.
Zur Abgrenzungsproblematik zwischen Nachforschungshandlungen
Zur bisher geschilderten Komplexität kommt
allerdings noch ein weiteres Problem hinzu, das aus dem bisher Gesagten bereits
ansatzweise erkennbar geworden sein sollte. Es gibt zusätzlich nämlich auch
noch eine Abgrenzungsunschärfe zwischen NFG-pflichtigen, NFG-fähigen und nicht
NFG-fähigen Nachforschungshandlungen. Diese Unschärfe macht die Sachlage noch komplizierter,
insbesondere, weil die Abgrenzung im Unschärfebereich noch dazu von unterschiedliche
Personengruppen – nämlich Laien und graduierten ArchäologInnen –
unterschiedlich zu vorzunehmen ist.
Das Kernproblem dabei ist die rechtliche
Beurteilung der Frage, ob ein erwarteter Bodenfund bzw. erwartete Bodenfunde
nur irgendwelche Bodenfunde, oder aber Funde von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1
sind, oder nicht. Diese Rechtsfrage ist selbstverständlich – nachdem davon die
Erfüllung des Anknüpfungstatbestandes des § 11 Abs. 1 DMSG abhängt – vor Beginn
der geplanten Grabungen bzw. sonstigen Nachforschungen an Ort und Stelle zu
beantworten, und zwar von jedem Rechtsanwender selbst. Schließlich darf der
Rechtsanwender diese geplanten Nachforschungen nur unter einer von zwei
Voraussetzungen durchführen: entweder – das gilt sowohl für Laien als auch
ArchäologInnen – wenn eine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG gar nicht besteht,
oder – und das gilt nur für graduierte ArchäologInnen – wenn der Durchführende
eine NFG von BDA erteilt bekommen hat.
In der Folge werde ich zuerst die Abgrenzung zwischen
nicht NFG-fähiger und verbotener Nachforschung durch Laien besprechen, ehe ich
mich der zwischen NFG-pflichtiger, NFG-fähiger und nicht NFG-fähiger
Nachforschung durch Fachleute widme.
Die Grenze zwischen erlaubter und verbotener Nachforschung durch Laien
Laien – d.h. alle Personen, die nicht ein „einschlägiges Universitätsstudium“[3]
(§ 11 Abs. 1 DMSG) erfolgreich abgeschlossen haben – dürfen Grabungen und „sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle
mit dem Zwecke der Entdeckung und Untersuchung von beweglichen und
unbeweglichen Denkmalen unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche“ (ibid.)
generell nur auf Bodenflächen durchführen, auf denen keine NFG-Pflicht gem. §
11 Abs. 1 DMSG für derartige archäologische Tätigkeiten besteht. Denn gem. § 11
Abs. 1 DMSG kann eine NFG „nur an Personen erteilt werden, die ein
einschlägiges Universitätsstudium absolviert haben“ (ibid.). Liegen also
von einer bestimmten Bodenfläche ausreichende
Hinweise vor, die „eine konkrete
Vermutung oder Wahrscheinlichkeit für ein Vorhandensein bzw. Auffinden
denkmalschutzrelevanter Gegenstände“ (VwGH 23.02.2017, Ro 2016/09/0008) begründen, ist Laien dort jede
archäologische Nachforschungstätigkeit vollständig verboten: sie bedürften für
ihre geplanten Grabungen oder sonstigen Nachforschungen einer NFG gem. § 11
Abs. 1 DMSG durch das BDA, die ihnen jedoch nicht erteilt werden kann.
Damit erübrigt sich selbstverständlich auch
zwingend jeder Antrag von Laien um Erteilung einer NFG an das BDA: besteht
bezüglich der betreffenden Bodenfläche keine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG,
muss das BDA einen solchen Antrag wegen Unzuständigkeit zurückweisen; besteht
hingegen eine NFG-Pflicht, muss es den Antrag abweisen. Laien können daher vom
BDA de facto überhaupt nicht rechtsverbindlich erfahren, ob eine von ihnen
geplante archäologische Nachforschung erlaubt oder verboten ist, ohne einen von
Haus aus sinnlosen Antrag gem. § 11 Abs. 1 DMSG an das BDA zu stellen, der die
Zeit der Behörde verschwendet, weil er keinerlei Erfolgsaussicht hat.[4]
Laien bleibt also – wenigstens, wenn sie die Zeit der Behörde und damit
letztendlich ihre eigenen Steuerleistungspflichten schonen wollen – praktisch gar
nichts anderes übrig, als die Frage, wo sie archäologischen Nachforschungen
frei durchführen dürfen und wo ihnen solche Nachforschungen gesetzlich gänzlich
verboten sind, jeweils für sich selbst zu beantworten; wenigstens, wenn sie
sich nicht auf eine unverbindliche Rechtsauskunft durch das BDA verlassen
wollen.[5]
Damit ein Laie die Frage, ob er auf einer
bestimmten Bodenfläche, auf der er Grabungen oder sonstige Nachforschungen zu
Entdeckungs- bzw. Untersuchungszwecken durchführen möchte, auch tatsächlich
durchführen darf oder nicht, muss er gleich zwei voneinander weitgehend, aber
nicht ganz unabhängige Fragen korrekt beantworten. Diese Fragen sind erstens
die Sachfrage, ob es aufgrund der ihm bei Wahrung der gewöhnlichen Sorgfalt
vorliegenden, konkreten Hinweise bei objektiver Betrachtung durch einen
durchschnittlichen, vernünftigen Dritten wenigstens wahrscheinlich ist, dass er
irgendwelche Bodenfunde machen wird; und andererseits die Rechtsfrage, ob es
aufgrund derselben Hinweise wenigstens wahrscheinlich ist, dass er bei seinen
Nachforschungen Gegenstände entdecken wird, die als Bodendenkmale zu betrachten
sind.
Von diesen beiden Fragen ist wenigstens die
erste relativ einfach zu beantworten: kennt er – obwohl er die gewöhnliche
Sorgfalt walten hat lassen und einigermaßen leicht allgemein zugängliche
Quellen konsultiert hat –[6]
keine Bodenfunde vom betreffenden Grundstück, kann er die Frage getrost negativ
beantworten. Kann er sie negativ beantworten, kann eine NFG-Pflicht gem. § 11
Abs. 1 DMSG für seine geplanten Grabungen oder sonstigen Nachforschungen nicht
bestehen, weil ihm nicht einmal konkrete Hinweise auf das Vorkommen
irgendwelcher Bodenfunde, geschweige denn irgendwelcher Bodendenkmale, auf dem
betreffenden Grundstück vorliegen und er daher nicht ernsthaft damit rechnen
kann, irgendetwas bei seiner Suche zu finden.
Kennt er hingegen – und sei es auch nur, weil
er dort bereits zuvor selbst welche gemacht hat – irgendwelche konkreten
Hinweise auf das Vorkommen von Bodenfunden auf dem betreffenden Grundstück, muss
er wohl davon ausgehen, dass man dort Bodenfunde entdecken kann. In diesem Fall
könnte eine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG für die von ihm geplanten
Nachforschungen bestehen und er muss zur Beantwortung der zweiten Frage
voranschreiten, um zu wissen, ob er sie durchführen darf oder ihm ihre
Durchführung gesetzlich verboten ist.
Die Beantwortung der nur im zuletzt genannten
Fall relevanten Folgefrage, ob aufgrund der ihm vorliegenden konkreten Hinweise
ernsthaft damit zu rechnen ist, dass am betreffenden Grundstück Bodendenkmale
iSd § 8 Abs. 1 DMSG vorkommen, ist für Laien hingegen bedeutend schwieriger.
Bodendenkmale sind schließlich im Sinne der einschlägigen Legaldefinition „Gegenstände, die infolge ihrer Lage, Form
oder Beschaffenheit offenkundig den
Beschränkungen dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten“ (§ 8 Abs. 1 DMSG;
Hervorhebung: RK). Der Laie, der bei einer geplanten Nachforschung auf einem
bestimmten Grundstück ernsthaft mit der Entdeckung von irgendwelchen
Bodenfunden rechnen muss, muss also nun ex
ante aufgrund der ihm vorliegenden, konkreten Hinweise die Frage richtig
beantworten, ob sich unter den wahrscheinlich von ihm entdeckt werdenden
Bodenfunden wahrscheinlich Gegenstände befinden werden, die dieser Legaldefinition
entsprechen.
Als allgemein zugängliche Quellen, die es ihm
gestattet, diese Frage einigermaßen verlässlich zu beantworten, stehen dem
Laien nun aber hauptsächlich, wenn nicht sogar ausschließlich, das auf dessen
Webseiten veröffentlichte Denkmalverzeichnis des BDA und – wo Denkmale bereits
eingetragen sind – die Landes-GIS-Systeme zur Verfügung. Denn veröffentlichte
wissenschaftliche Befunde und Gutachten über die mutmaßliche denkmalrechtliche
Bedeutung von Bodenfunden, die auf bestimmten Bodenflächen entdeckt wurden,
gibt es praktisch nicht; und selbst wenn es diese in Ausnahmefällen gibt, sind sie
für den Laien – selbst wenn dieser als hobbymäßiger Bodenfundsucher über
überdurchschnittliche, aber dennoch nicht fachmännische, Kenntnisse über
archäologische Fundgegenstände und deren Bedeutung verfügt – in aller Regel
nicht verständlich. Ebenso wenig kann der Laie in der Regel wissen, ob
bezüglich eines bestimmten Grundstückes ein Unterschutzstellungsverfahren läuft;
und eine diesbezügliche Nachfrage beim BDA ist aus den bereits weiter oben
genannten Gründen wohl ebenfalls aussichtslos. Auch die Nachforschung in den FÖ
kann man dem Laien – selbst dem hobbymäßig nach Bodenfunden suchenden Laien –
nicht zumuten. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass er bei seinen Nachforschungen
ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 entdeckt, an dessen Erhaltung ein öffentliches
Interesse besteht – und das ist, siehe auch das schon zuvor zu § 37 Abs. 6 DMSG
Gesagte, die einzig wirklich relevante Frage – bei derartigen laienhaften
Nachforschungen nahezu gleich Null. Damit kann von Laien nicht erwartet werden,
dass sie sich Zugang zu den FÖ verschaffen und mehrere Tage in Recherchen in
den 55 Bänden, die es gibt, investieren, weil das wäre völlig
unverhältnismäßiger Aufwand.
Die einzigen sonstigen anderen Umstände, unter
denen ein Laie ernsthaft damit rechnen muss, dass er bei Grabungen oder
sonstigen Nachforschungen auf einem bestimmten Grundstück mit der Entdeckung
von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG rechnen muss, ist, wenn er – weil er
selbst oder einer seiner Bekannten, der ihm das auch erzählt hat, dort
mutmaßliche Bodendenkmale entdeckt hat, die bereits vom BDA gem. §§ 3 bzw. 9
Abs. 3 DMSG unter Denkmalschutz gestellt wurden – subjektiv weiß, dass auf
diesem Grundstück Denkmale vorkommen; oder wenn am Ort seiner geplanten
Untersuchung gerade eine professionelle archäologische Ausgrabung durchgeführt
wird. Im ersten dieser beiden Fälle ist unerheblich, ob das Grundstück selbst
gem. §§ 2a, 3 bzw. 9 Abs. 3 DMSG unter Denkmalschutz steht, weil bewegliche
Bodenfunde, die von diesem Grundstück stammen, unter Denkmalschutz gestellt
wurden und der dort Grabungen oder sonstige Nachforschungen planende Laie auch
subjektiv davon weiß. Findet hingegen am Ort seiner geplanten Nachforschungen
eine professionelle archäologische Ausgrabung statt, muss der Laie davon
ausgehen, dass Fachleute ernsthaft annehmen, dass dort wenigstens archäologisch
relevante Gegenstände entdeckt werden könnten.[7]
In der Praxis bedeutet das also, dass Laien auf
allen Bodenflächen Grabungen und sonstige Nachforschungen zu Entdeckungszwecken
durchführen dürfen, die nicht bereits gem. §§ 2a, 3 oder 9 Abs. 3 DMSG unter
Denkmalschutz stehen, auf denen ihres Wissens auch noch keine beweglichen
Denkmale entdeckt wurden, und auf denen keine professionellen archäologischen
Ausgrabungen stattfinden. Nur diese Hinweise sind nämlich konkret genug, dass
Laien davon ausgehen müssen, dass sie bei Entdeckungsversuchen auf
Grundstücken, von denen derartige Hinweise vorliegen, tatsächlich ernsthaft mit
der Entdeckung weiterer Bodendenkmale bzw. Denkmale rechnen müssen; und nur
wenn sie das müssen, ist ihnen die Durchführung von Grabungen und sonstigen
Nachforschungen zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung von beweglichen und
unbeweglichen Denkmalen unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche durch die dann
bestehende NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG verboten.
Anmerkungen zu Fundmelde- und anderen Pflichten und zum Fundeigentum
Sind Laien auf einer bestimmten Bodenfläche aus
den genannten Gründen Nachforschungen nicht verboten, sind ihre Funde – falls
sie welche machen – jedenfalls als Zufallsfunde zu behandeln. Sofern es sich
bei diesen Funden um solche von Bodendenkmalen
handelt, sind diese also vom Finder spätestens am der Entdeckung folgenden
Werktag dem BDA (direkt oder im Wege anderer zulässiger Meldestellen gem. § 8
Abs. 1 DMSG) zu melden, die Fundstelle ist (gem. § 9 Abs. 1 DMSG) auf bis zu 5
Werktage ab Abgabe der Fundmeldung unverändert zu belassen, bewegliche Bodendenkmale (gem. § 9 Abs. 2 DMSG) bei
Gefahr ihres sonstigen Abhandenkommens zu bergen und in sicheren Gewahrsam zu
nehmen und die entdeckten Bodendenkmale
stehen (gem. § 9 Abs. 3 DMSG) auf bis zu 6 Wochen ab Abgabe der Fundmeldung
automatisch kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz (entsprechend der
Rechtsfolgen für Unterschutzstellung durch Bescheid gem. § 3 DMSG). Hierzu ist
aber einschränkend zu bemerken, dass all diese Verpflichtungen und
Beschränkungen ausschließlich für entdeckte Bodendenkmale
bestehen, nicht für alle Funde; und zwar auch nicht für alle archäologischen Funde.
Welcher bei solchen erlaubten, laienhaften Grabungen
oder sonstigen Nachforschungen entdeckte Fundgegenstand ein Bodendenkmal ist,
ist objektiv, d.h. unabhängig vom Kenntnisstand des Finders, zu beurteilen; die
Beurteilung ist allerdings vom Finder selbst vorzunehmen. Hierzu hat Erika
Pieler zuletzt ganz richtig festgestellt, dass, da die Definition des
Bodendenkmalbegriffs „nicht allgemein
verständlich“ ist, bei der Beantwortung der Frage, ob ein Fundgegenstand
ein Bodendenkmal ist, sicherlich kein „allzu
hoher Maßstab“ (Karl et al. 2017, 111) anzulegen ist. Pieler meint
daher, dass „der Fund eines
römerzeitlichen Bronzehelms vermutlich jedem Finder als bedeutend erscheinen
mag, […] sich die Lage etwa bei
Relikten aus dem Zweiten Weltkrieg anders“ (Karl et al. 2017, 112) darstelle.
Tatsächlich muss man wahrscheinlich sogar noch
deutlich weiter gehen als Pieler und festhalten, dass selbst Laien, die
hobbymäßig nach Bodenfunden suchen,[8]
bei der überwiegenden Mehrheit aller Bodenfunde, die sie tätigen, aufgrund
deren Erhaltungszustandes – wenigstens zum Zeitpunkt der Entdeckung des Fundes
an Ort und Stelle – gar nicht zu beurteilen vermögen, um welche Art von
Gegenstand es sich bei ihrem Fund überhaupt handelt; geschweige denn, ob dieser
Fundgegenstand von derart beschaffener Bedeutung sein könnte, dass er als
Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu beurteilen ist. Handelt es sich also bei
einem Fund, den ein solcher Laie bei seinen Feldarbeiten entdeckt, nicht um
einen außergewöhnlich gut erhaltenen Fund eines außergewöhnlich herausragenden
Gegenstandes von erheblichem Alter – wie eben den von Pieler imaginierten „römischen Bronzehelm“ – sondern um
einen mehr oder minder alltäglichen archäologischen Fundgegenstand wie eine
stark abgenutzte Münze, stark fragmentierte Metallgegenstände etc. vorerst
unbekannter Zeitstellung, ist für den Finder nicht „offenkundig“, dass diesem
Gegenstand ausreichende Bedeutung zukommt, dass er den Beschränkungen des DMSG
unterliegen könnte. Damit ist ein solcher ‚unspektakulärer‘ Fund aber kein
Bodendenkmal und unterliegt somit auch nicht der Fundmeldepflicht des § 8 und
deren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG.
In der Praxis bedeutet das, dass Laien nicht
nur praktisch überall (außer auf den bereits weiter oben genannten Arten von
Bodenflächen) Grabungen und sonstige Nachforschungen zu Entdeckungszwecken ohne
denkmalrechtlicher Genehmigung durch das BDA durchführen dürfen, sondern auch,
dass sie so gut wie keine ihrer Funde entsprechend den denkmalrechtlichen
Fundmeldepflichten und deren Rechtsfolgen behandeln müssen. Vielmehr müssen sie
bezüglich der allermeisten ihrer Funde nur die normalen Fundmeldebestimmungen
der §§ 388-401 Allgemeines bürgerliches
Gesetzbuch (ABGB) beachten. Das bedeutet, dass sie Funde
verlorener, vergessener bzw. verborgener Gegenstände gem. §§ 390 bzw. 397 ABGB der (gem. § 14 Abs. 5 SPG) zuständigen Fundmeldebehörde
anzuzeigen haben, wenn (gem. § 391 Abs. 2 ABGB) deren gemeiner Wert € 10 übersteigt. Handelt
es sich um geringwertige Gegenstände, deren vormaliger Eigentümer sie nicht
binnen eines Jahres ab Zeitpunkt der Auffindung (im Falle des § 391 Abs. 2 ABGB) bzw. der Abgabe der Fundmeldung (in allen
anderen Fällen) zurückfordert oder nicht mehr ausgeforscht werden kann, gehen
diese gem. § 395 ABGB in das ungeteilte Eigentum ihres Finders über.
Nur wenn es sich bei den Funden um einen Schatz im Sinne des § 398 ABGB oder ein Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG
handelt, kommt die hadrianische Fundteilungsregel des § 399 ABGB zur Anwendung.
Gre nzen zwischen NFG-pflichtigen, NFG-fähigen und nicht NFG-fähigen Nachforschungen durch Fachleute
Bei Fachleuten – d.h. Personen, die ein
einschlägiges Universitätsstudium abgeschlossen haben und daher eine NFG gem. §
11 Abs. 1 DMSG erteilt bekommen können – ist die Sachlage hingegen anders und
weitaus komplizierter; weil die Grenzen zwischen NFG-pflichtigen, NFG-fähigen
und nicht NFG-fähigen Grabungen und sonstigen Nachforschungen zu
Entdeckungszwecken anderes verlaufen als für Laien und auch etwas anders zu
beurteilen sind. Weiter oben wurde schon ausgeführt, unter welchen Umständen es
für graduierte ArchäologInnen zwingend notwendig und unter welchen es – und sei
es nur rein sicherheitshalber selbst in Fällen, in denen das eventuell nicht
unbedingt erforderlich wäre – wenigstens sinnvoll ist, eine NFG gem. § 11 Abs.
1 DMSG zu beantragen. Ebenfalls bereits erläutert wurde, unter welchen
Umständen auch graduierte ArchäologInnen für ihre geplanten Feldarbeiten
sicherlich keiner NFG bedürfen und diese daher auch gar nicht beantragen
sollten. Hier werde ich mich daher nur der Frage der Abgrenzung zwischen diesen
Fällen und der Frage widmen, wie und nach welchen Kriterien und Maßstäben diese
Frage zu beurteilen ist.
Zentral sind hier für die Klärung der Frage der
Abgrenzung zwischen NFG-pflichtigen, NFG-fähigen und nicht NFG-fähigen
archäologischen Feldforschungsmaßnahmen gleich mehrere Faktoren:
Zuerst ist hier zu bedenken, dass Personen, die
ein einschlägiges Universitätsstudium abgeschlossen haben, (zumindest per definitionem) selbst über besonderen
Sachverstand in archäologischen und archäologisch-denkmalpflegerischen Fragen
verfügen. Sie sind daher selbst fähig, die relevanten denkmalfachlichen Fragen sachverständig zu beurteilen.
Relevant ist in diesem Zusammenhang
selbstverständlich ebenso wie bei der Beurteilung durch Laien zuerst die Frage,
ob die Entdeckung irgendwelcher Bodenfunde bei den von ihnen geplanten
Feldforschungen wenigstens wahrscheinlich ist. Allerdings trifft Fachleute
bereits bei der Beantwortung dieser Frage eine bedeutend höhere
Sorgfaltspflicht als Laien: schließlich verfügen Fachleute über besonderen
Sachverstand in archäologischen Fragen und haben in der Regel auch
unmittelbaren Zugang zu einschlägiger Fachliteratur und zahlreichen anderen
Quellen (wie z.B. Luftbildern, LIDAR-Daten, prognostischen Modellen, etc.). Im
Gegensatz zu Laien kann daher von Fachleuten auch ein höherer Rechercheaufwand
erwartet werden, wenn es um die Beantwortung der Frage geht, ob an der Stelle,
an der sie ihre geplanten archäologischen Arbeiten durchführen wollen,
ernsthaft mit dem Vorkommen von archäologischen
Bodenfunden zu rechnen ist. Fachleute müssen daher die ihnen im Gegensatz zu
Laien durchaus zumutbaren fachlichen Recherchen durchführen, um die Frage, ob
sie mit irgendwelchen archäologischen
Bodenfunden rechnen müssen, auch hinreichend verlässlich beantworten zu können.
Kommen Fachleute auch bei Wahrung der sie
treffenden besonderen Sorgfaltspflicht zum Schluss, dass an dem Ort, an dem sie
ihre geplanten Feldarbeiten durchführen wollen, nicht ernsthaft mit der
Entdeckung irgendwelcher archäologischer
Bodenfunde zu rechnen ist, sind ihre dort geplanten Grabungen und
Nachforschungen nicht NFG-fähig; und
zwar auch dann nicht, wenn sie mit der Absicht der Entdeckung von Denkmalen
unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche durchgeführt werden. Eine Beantragung einer NFG gem. § 11 Abs. 1
DMSG für die von ihnen geplanten archäologischen Arbeiten scheidet in einem
solchen Fall daher aus, weil das nur (ihre eigene und) die Zeit der Behörde
verschwenden würde.
Kommen sie hingegen zum Schluss, dass am
Untersuchungsort ernsthaft mit der Entdeckung archäologischer Bodenfunde zu
rechnen ist, müssen sie – ebenfalls bei Wahrung der sie als Sachverständige für
das Thema treffenden besonderen Sorgfaltspflicht – die Folgefrage beantworten,
ob dort das Vorkommen von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG[9]
wenigstens wahrscheinlich ist. Das liegt nicht allein daran, dass der Wortlaut
des § 11 Abs. 1 DMSG als Anknüpfungstatbestand für die Anwendbarkeit seiner
Bestimmungen explizit den Zweck „der
Entdeckung und Untersuchung von beweglichen und unbeweglichen Denkmalen unter der Erd- bzw.
Wasseroberfläche“ (§ 11 Abs. 1 DMSG; Hervorhebung: RK) voraussetzt, nicht nur
den der Entdeckung von Bodendenkmalen;
auch wenn dies ebenfalls eine Rolle spielt.[10]
Es liegt vielmehr vor allem daran, dass Fachleute im Gegensatz zu Laien eben
über jenen besonderen Sachverstand verfügen, der dafür erforderlich ist, die
einzig eigentlich denkmalschutzrechtlich relevante Rechtsfrage in diesem Fall
beantworten zu können; nämlich die, ob sie bei ihren geplanten Arbeiten mit der
Entdeckung von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG rechnen müssen.
Denn das DMSG schützt laut seiner
Geltungsbereichsbestimmungen in § 1 Abs. 1 DMSG nur Denkmale, an deren
Erhaltung aufgrund ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen
kulturellen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht; und meint mit
Erhaltung ausschließlich die (gem. § 4 Abs. 1 DMSG in Substanz, Erscheinung und
künstlerischer Wirkung unveränderte) Bewahrung solcher schützenswerten Denkmale
„vor Zerstörung, Veränderung oder
Verbringung ins Ausland“ (§ 1 Abs. 1 DMSG). Wie es der VwGH in seinem
Erkenntnis vom 23.02.2017, Ro 2016/09/0008, festgestellt hat, ist „unabdingbare Voraussetzung für die
Anwendung des DMSG […], dass ein
Denkmal vorliegt (§ 1 Abs. 1 DMSG)“. Befindet sich daher am Ort der
geplanten Untersuchung tatsächlich kein
Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG, mögen dort geplante Nachforschungen zwar
strenggenommen der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG unterliegen, wenn dabei ernsthaft
mit der Entdeckung eines bislang noch unbekannten Denkmals iSd § 1 Abs. 1 DMSG
zu rechnen ist. Ihre ungenehmigte Durchführung ist aber – aufgrund der bereits
mehrfach erwähnten Bestimmung des § 37 Abs. 6 DMSG – dennoch nicht strafbar,
weil durch ihre Durchführung kein Denkmal zerstört, verändert oder ins Ausland
verbracht werden konnte. Was tatsächlich nicht da ist, kann man schließlich
weder entdecken, noch zerstören, noch verändern, noch ins Ausland verbringen.[11]
Nachdem Fachleute über den dafür
erforderlichen, besonderen Sachverstand verfügen, können sie daher die einzig
relevante denkmalfachliche Frage
selbst einigermaßen verlässlich beantworten; nämlich ob am geplanten Ort der
Untersuchung das Vorkommen von Gegenständen wahrscheinlich ist, die gemäß der „insbesondere durch Bedachtnahme auf den
Wissens- und Kenntnisstand sachverständiger Kreise zu ermittelnden“, in der
Fachwelt vorherrschenden Meinung (Bazil et al. 2015, 22-23) von derart
beschaffener Bedeutung sind, dass ihre gem. § 4 Abs. 1 DMSG unveränderte
Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Dafür ist die Beantwortung
zweier Unterfragen erforderlich, die in Summe die Antwort auf die relevante
denkmalfachliche Frage ergeben:
Die erste dieser beiden Unterfragen ist die,
welche bzw. welche Arten von archäologischen Funden und Befunden bei den
geplanten Feldforschungen wahrscheinlich entdeckt werden dürften. Diese Frage
ist selbstverständlich wieder aufgrund der ihnen bei Wahrung der besonderen
Sorgfaltspflicht des Sachverständigen verfügbaren Anhaltspunkte bzw. konkreten
Hinweise auf das Vorkommen bestimmter Arten archäologischer Funde und Befunde
am Untersuchungsort zu beantworten. Fachleute haben also durch Recherchen in
der einschlägigen Fachliteratur (wie z.B. Fundberichten in den FÖ und anderen
Fachpublikationen) und anderen (ihnen als Fachleuten) zugänglichen Quellen (wie
z.B. Luftbildern, LIDAR-Daten, prognostischen Modellen, etc.) die relevanten
Tatsachen zu erheben (Befund) und daraus dann mittels ihres besonderen
Sachverstandes tatsächliche Schlussfolgerungen darüber zu ziehen (Gutachten),
mit welchen Arten von archäologischen Funden und Befunden am Untersuchungsort
ernsthaft zu rechnen ist.
Die zweite dieser beiden Unterfragen, die sie
beantworten müssen, ist dann selbstverständlich die, ob die Arten von
archäologischen Funden und Befunden, mit deren Entdeckung bei der Durchführung der
geplanten Arbeiten am Untersuchungsort ernsthaft zu rechnen ist, wahrscheinlich
Denkmale sind, bei denen es sich iSd § 1 Abs. 2 DMSG „aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um
Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen
Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie
ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde“ und „ob und in welchem Umfang durch die
Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann“
(§ 1 Abs. 2 DMSG). Diese Frage ist neuerlich auf Basis ihnen bei Wahrung der
sie treffenden besonderen Sorgfaltspflicht des Sachverständigen verfügbaren
Anhaltspunkte und konkreten Hinweise zu beantworten.
Dafür sind nun allerdings andere Quellen
heranzuziehen als die bisher genannten, weil es nun um einen Vergleich zwischen
den (Arten von) archäologischen Funden und Befunden, mit deren Entdeckung bei
den geplanten Untersuchungen ernsthaft zu rechnen ist, und dem österreichischen
Kulturgüterbestand in seiner Gesamtsicht hinsichtlich der genannten Kriterien
geht. Dieser Vergleich ist daher selbstverständlich umso verlässlicher, je genauer
bzw. konkreter die verfügbaren Hinweise sind, mit welchen Funden und Befunden
am Ort der geplanten Untersuchung ernsthaft zu rechnen ist. Wie wahrscheinlich
bzw. ob es überhaupt wahrscheinlich ist, dass bei der Durchführung der
geplanten Untersuchungen Denkmale entdeckt werden, an deren Erhaltung
entsprechend der Kriterien des § 1 Abs. 2 DMSG ein öffentliches Interesse
besteht, hängt hingegen in erster Linie von der Art der aufgrund der
verfügbaren konkreten Hinweise zu erwartenden archäologischen Funde und Befunde
ab.
Liegen also der eine archäologische Maßnahmen
planenden Fachkraft auch nach entsprechend sorgfältiger Recherche nur wenige,
wissenschaftlich kaum aussagekräftige, konkrete Hinweise darauf vor, mit
welchen Funden und Befunden am geplanten Untersuchungsort zu rechnen ist, und
diese erscheinen auch bei nur regionaler (lokaler) Betrachtung vollkommen
durchschnittlich, ist es als unwahrscheinlich zu betrachten, dass es bei der
Durchführung der geplanten Untersuchung an diesem Ort zur Entdeckung von
Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG kommen wird. Gibt es z.B. vom geplanten
Untersuchungsort nur ein paar Fundberichte in den FÖ über durchschnittliche
latènezeitliche Streufunde und ein, einige mutmaßliche Siedlungsbefunde
zeigendes, unklares Luftbild, die das Vorkommen einer vollkommen
durchschnittlichen latènezeitlichen Flachlandsiedlung (und für eine solche
charakteristischer Funde und Befunde) wahrscheinlich erscheinen lassen, und aus
der betreffenden Region sind bereits viele andere, teilweise weitaus bessere
Beispiele für solche Flachlandsiedlungen (und für solche typische Funde und
Befunde) bekannt, von denen auch schon einige unter Denkmalschutz stehen, muss
die eine Untersuchung dieser (mutmaßlichen) Fundstelle planende Fachkraft nicht
mit der Entdeckung von Denkmalen rechnen, deren Bedeutung derart beschaffen
ist, dass ihre unveränderte Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist.
In einem solchen Fall ist die geplante
Nachforschung der Fachkraft daher zwar NFG-fähig,
aber nicht NFG-pflichtig. Denn es
liegen der Fachkraft selbstverständlich damit ausreichende Hinweise darauf vor,
dass sie bei ihren geplanten Feldforschungen archäologische Funde und Befunde
entdecken wird oder wenigstens könnte,[12]
ohne dass es bei der ebenfalls gebotenen objektiven Betrachtung wahrscheinlich
ist, dass sie dabei tatsächlich Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG entdecken wird.
Dies ist umso mehr der Fall, wenn die
betreffende Fundstelle bereits seit längerem amtsbekannt ist und vom BDA
dennoch nicht infolge einer früheren Fundmeldung gem. § 9 Abs. 3 oder davon
unabhängig gem. §§ 2a oder 3 DMSG unter Denkmalschutz gestellt wurde. Denn in
diesem Fall ist das Fehlen eines öffentlichen Interesses an der unveränderten
Erhaltung dieser konkreten Fundstelle[13]
bereits amtlich festgestellt worden. Gerade bei Fundstellen, über die bereits
Fundmeldungen in den FÖ veröffentlicht wurden, die aber bislang (noch) nicht
vom BDA gem. §§ 2a, 3 oder 9 Abs. 3 DMSG unter Denkmalschutz gestellt wurden,
können Fachleuten daher davon auszugehen, dass für (weitere) wissenschaftliche
archäologische Untersuchungen dieser Fundstellen zwar keine NFG-Pflicht
besteht, aber NFG-Fähigkeit dennoch gegeben ist, weil die betreffende Fundstelle
ja noch nicht vollständig untersucht ist und daher weitere Untersuchungen an
Ort und Stelle eine Revidierung der ursprünglichen Bewertung ihrer
Denkmalfähigkeit erforderlich machen können.
Liegen hingegen der Fachkraft zahlreiche,
wissenschaftlich aussagekräftige, konkrete Hinweise darauf vor, dass am Ort
ihrer geplanten Untersuchung mit regional oder sogar überregional bedeutenden
Funden und Befunden zu rechnen ist, dann muss sie ernsthaft damit rechnen, dass
sie bei ihren dort geplanten Arbeiten auch Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG
entdecken wird. Hat sie also vom geplanten Ort der Untersuchung in den
Ergebnissen bereits zuvor durchgeführter archäologischer Prospektionen deutliche
Hinweise auf eine komplexe, vielphasige Fundstelle, von der bereits zahlreiche
außergewöhnliche bewegliche Kleinfunde bekannt sind, derartige Fundstellen mit
einem derartigen Fundspektrum wenigstens in der Region oder sogar ganz
Österreich selten in vergleichbar gutem Erhaltungszustand vorkommen und noch
keine einzige vergleichbare Fundstelle unter Denkmalschutz steht, muss sie mit
der Entdeckung von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 bei ihren dort geplanten Arbeiten
rechnen.
In einem solchen Fall ist die dort geplante
Nachforschung der Fachkraft NFG-pflichtig
gem. § 11 Abs. 1 DMSG; und zwar selbst dann, wenn die Fundstelle schon lange
amtsbekannt ist und vom BDA bisher (ohne nachvollziehbare Gründe) nicht unter
Denkmalschutz gestellt wurde. Denn es ist in diesem Fall bei der ebenfalls
gebotenen objektiven Betrachtung davon auszugehen, dass diese Fundstelle schon
längst vom BDA gem. §§ 2a, 3 bzw. 9 Abs. 3 unter Denkmalschutz gestellt werden
hätte sollen, auch wenn es – eventuell z.B. aus Personalmangel – bisher nicht
dazu gekommen ist.
Die Grenze zwischen nicht NFG-fähigen und
NFG-fähigen geplanten archäologischen Maßnahmen liegt also dort, wo die solche
Feldforschungen planende Fachkraft aufgrund ihrer eigenen, vernünftigen,
sachverständigen Beurteilung der ihr über den Untersuchungsort erwartungsgemäß
zugänglichen und daher vorliegenden Informationen subjektiv zum Schluss
gelangt, dass sie zwar mit der Entdeckung beliebiger archäologischer Funde und
Befunde, aber bei objektiver Betrachtung nicht ernsthaft mit der Entdeckung von
Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG rechnen muss. Die Grenze zwischen NFG-fähigen und
NFG-pflichtigen archäologischen Maßnahmen liegt hingegen dort, wo bei
objektiver Betrachtung der vorliegenden Hinweise von der planenden Fachkraft
ernsthaft damit gerechnet werden muss, dass sie tatsächlich Denkmale entdecken
wird, an deren unveränderter Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG ein öffentliches
Interesse besteht.
Wo diese beiden Grenzen genau liegen, ist daher
auch nicht exakt bestimmbar, sondern eine Ermessensfrage; d.h. es gibt einen –
eventuell nicht unbedeutenden – Spielraum, und zwar an beiden Grenzen. In der
Praxis ist es daher für die einzelne Fachkraft sinnvoll, beide Grenzen relativ
niedrig anzusetzen. Das ist bei der Grenze zwischen nicht NFG-fähigen und
NFG-fähigen Fällen schon alleine deshalb sinnvoll, weil sie dadurch durch
unerwartet angetroffene Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG erzwungene
Unterbrechungen ihrer Feldarbeit bei der Umsetzung ihrer geplanten Maßnahmen
vermeiden kann. Bei der Grenze zwischen NFG-fähigen und NFG-pflichtigen
Maßnahmen ist es hingegen deshalb sinnvoll, weil ihr das BDA, wenn ihre
Maßnahme NFG-fähig, aber nicht NFG-pflichtig ist, die beantragte Genehmigung
gem. § 11 Abs. 1 DMSG jedenfalls erteilen muss, während sie durch
Antragstellung im Zweifel vermeiden kann, irrtümlich gegen die gesetzliche
NFG-Pflicht zu verstoßen, wenn diese tatsächlich besteht.
Dennoch bleibt ein relativ breites Feld an
archäologischen Maßnahmen – wie z.B. alle nicht invasiven geophysikalischen
Prospektionen, die der großflächigen archäologischen Vorerkundung dienen, aber
auch Probegrabungen auf Bodenflächen, von denen noch keine oder kaum
aussagekräftige, konkrete Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen iSd § 1 Abs.
1 DMSG vorliegen – bei denen die Beantragung einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG
wenigstens optional und eventuell nicht einmal sinnvoll ist. Denn solange die
selbstständig erstellte, gutachterliche Prognose der Feldforschungen planenden
Fachkraft ergibt, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass bei den
geplanten Maßnahmen tatsächlich Gegenstände entdeckt werden, die Denkmale iSd §
1 Abs. 1 DMSG sein könnten, oder eine Einstellung der Arbeiten an Ort und
Stelle aufgrund der Art der durchgeführten Maßnahmen selbst dann nicht
erforderlich ist, wenn solche dennoch zufällig entdeckt werden sollten,
rechtfertigt das verbleibende Restrisiko vermutlich den Aufwand einer
Antragstellung an das BDA nicht.
Anmerkungen zu Fundmelde- und anderen Pflichten und zum Fundeigentum
Auch bei von Fachkräften ohne NFG gem. § 11
Abs. 1 DMSG durchgeführten, nicht NFG-pflichtigen Maßnahmen sind alle dabei
dennoch entdeckten Funde (jedweder Art) und archäologischen Befunde demgemäß
als Zufallsfunde zu betrachten und behandeln. Daher sind diese, sofern es sich
dabei um Funde von Bodendenkmalen
handelt, von der die Feldarbeiten leitenden Fachkraft (die als Finder im Sinn
des § 8 Abs. 1 DMSG zu betrachten ist) bzw. bei Kenntnis auch einer anderen (gem.
§ 8 Abs. 2 DMSG) meldepflichtigen Person spätestens am der Entdeckung folgenden
Werktag dem BDA (direkt oder im Wege anderer zulässiger Meldestellen gem. § 8
Abs. 1 DMSG) anzuzeigen, die Fundstelle ist (gem. § 9 Abs. 1 DMSG) auf bis zu 5
Werktage ab Abgabe der Fundmeldung unverändert zu belassen, bewegliche Bodendenkmale sind (gem. § 9 Abs. 2
DMSG) bei Gefahr ihres sonstigen Abhandenkommens zu bergen und in sicheren
Gewahrsam zu nehmen und die entdeckten Bodendenkmale
stehen (gem. § 9 Abs. 3 DMSG) auf bis zu 6 Wochen ab Abgabe der Fundmeldung
automatisch kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz (entsprechend der
Rechtsfolgen für Unterschutzstellung durch Bescheid gem. § 3 DMSG). Auch hierzu
ist aber einschränkend zu bemerken, dass all diese Verpflichtungen und
Beschränkungen ausschließlich für entdeckte Bodendenkmale
bestehen, nicht für alle Funde; und zwar auch nicht für alle archäologischen Funde.
Auch bei durch Fachkräfte ohne NFG gem. § 11
Abs. 1 DMSG durchgeführten, nicht NFG-pflichtigen Maßnahmen ist die Frage,
welche der allfällig entdeckten archäologischen Funde und Befunde Bodendenkmale
iSd § 8 Abs. 1 DMSG sind, objektiv zu beurteilen; die Beurteilung ist – nicht
anders als bei Zufallsfunden von Laien – vom Finder, d.h. der die Maßnahme leitenden
Fachkraft selbst vorzunehmen. Nachdem es sich beim Finder in diesem Fall ja um
eine Fachkraft handelt, die über besonderen Sachverstand im Bereich der
Archäologie und archäologischen Denkmalpflege verfügt, ist allerdings der
anzulegende Maßstab ein anderer als
bei Laien.
Denn nachdem die Fachkraft über besonderen
Sachverstand in der relevanten Materie verfügt, kann sie – wie auch schon oben
ausgeführt – die Frage, welche der von ihr entdeckten beweglichen und
unbeweglichen Gegenstände derart beschaffen sind, dass ihre Erhaltung iSd § 1
Abs. 2 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte, selbstständig
sachverständig beurteilen. Das bedeutet einerseits zwar, dass sie als Fachkraft
vermutlich deutlich mehr als der Laie als potentiell denkmalschutzfähig (und
daher als Bodendenkmale) betrachten wird, insbesondere z.B. zwar für den Laien,
aber nicht für die Fachkraft, unauffällige unbewegliche Befunde. Umgekehrt ist
aber ihr fachliches Urteilsvermögen – eben weil sie über besonderen
Sachverstand verfügt – weitaus differenzierter als das des Laien und sie wird
daher möglicherweise manche Dinge, die Laien vermutlich für Bodendenkmale
halten würden, nicht als solche bewerten.
Ein gutes Beispiel für den Unterschied zwischen
der Bewertung von beweglichen Kleinfunden durch Laien und der sachverständigen
Beurteilung durch Fachkräfte ist z.B. der von Pieler als Beispiel verwendete „römische Bronzehelm“ (Karl et al. 2017, 112). Dieser wird, wie Pieler ganz
richtig bemerkt, „vermutlich jedem“ Laien,
der ihn findet, „als bedeutend erscheinen“
(ibid.). Der sachverständige, graduierte Archäologe weiß hingegen, dass
römische Helme zwar selten sind, aber es dennoch bereits zahlreiche Exemplare
bzw. Fragmente davon auch aus Österreich gibt. Von diesen ist bisher noch kein einziger
vom BDA gem. § 3 bzw. 9 Abs. 3 DMSG unter Denkmalschutz gestellt worden; dafür
stehen allerdings einige davon gem. § 2 Abs. 1 DMSG kraft gesetzlicher
Vermutung unter Denkmalschutz, weil sie zur Gänze im Eigentum von Sammlungen
der Gebietskörperschaften oder anderer relevanter Einrichtungen stehen. Ob es
sich also bei einem Neufund eines römischen Bronzehelms um ein Bodendenkmal iSd
§ 8 Abs. 1 DMSG handelt, ist aus sachverständiger Sicht differenzierter zu
betrachten: ob einem solchen Neufund besondere geschichtliche, künstlerische
oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt (oder auch nur zukommen könnte),
hängt stark davon ab, woher er genau stammt, um welchen Typ es sich beim
Neufund genau handelt, wie sein Erhaltungszustand ist, etc. – eben von seiner „Lage, Form oder Beschaffenheit“ (§ 8
Abs. 1 DMSG).
Handelt es sich also beim neu gefundenen
römischen Helm z.B. um ein gewöhnliches Exemplar eines gängigen Typs, das keine
Verzierungen oder handwerkliche Besonderheiten aufweist und schlechter als andere
bereits aus der Region bekannte Exemplare erhalten ist, gibt es für den
Sachverständigen keinen Grund anzunehmen, dass dieses konkrete Stück infolge
seiner Form oder Beschaffenheit von derartiger künstlerischer oder sonstiger
kultureller Bedeutung sein könnte, dass an seiner unveränderten Erhaltung ein
öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG bestehen kann. Handelt es sich dabei
noch dazu um einen Fund aus dem durchpflügten Ackerboden, d.h. einen Fund, der
nicht aus einem stratifizierten archäologischen Kontext stammt, ist er gemäß
der „in der Fachwelt vorherrschenden
Meinung“ (Bazil et al. 2015, 22) „allenfalls
noch“ eine Antiquität, die „für die
Forschung kaum noch zu verwenden und nur noch von geringer Bedeutung“
(Kriesch et al. 1997, 26) ist.
Handelt es sich beim Neufund also um den eines
derartigen römischen Helms, muss die Fachkraft bei entsprechend
sachverständiger Beurteilung der in der Fachwelt vorherrschenden Meinung
infolge seiner Lage, Form und Beschaffenheit zum gutachterlichen Schluss
kommen, dass an der Erhaltung (iSd § 1 Abs. 1 DMSG) dieses konkreten Helms ein
öffentliches Interesse (iSd § 1 Abs. 2 DMSG) nicht bestehen kann. Dieser
gutachterliche Schluss findet zusätzlich Bestätigung in der Tatsache, dass das
BDA in seiner inzwischen 95-jährigen Spruchpraxis keinen einzigen
vergleichbaren römischen Helm gem. §§ 3 bzw. 9 Abs. 3 DMSG unter Denkmalschutz
gestellt hat, obwohl ihm in dieser Zeit Neufunde von römischen Helmen –
darunter auch solchen aus stratifizierten Kontexten – gem. §§ 8 Abs. 1 oder 11
Abs. 4 und 6 DMSG angezeigt wurden. Die Fachkraft muss daher in einem solchen
Fall zur Ansicht gelangen, dass es sich beim konkreten Helm um kein Denkmal iSd
§ 1 Abs. 1 handeln kann und sich daher dabei auch nicht um ein Bodendenkmal iSd
§ 8 Abs. 1 DMSG handelt.
Umgekehrt wird die Fachkraft hingegen in einem
Fall, in dem sie ohne NFG gem. § 11 Abs. 1 Grabungen in einer (bei der sachverständigen
Betrachtung ex ante wahrscheinlich)
vollkommen durchschnittlichen (und daher Nachforschungen auch tatsächlich nicht
NFG-pflichtig machenden) römischen Villa durchführt und dabei unerwarteter
Weise auf zahlreiche, einander komplex stratigrafisch überlagernde Wandgräbchen
von 10 vorrömischen Vorgängerbauten zu dieser Villa stößt, wohl aufgrund ihres
besonderen Sachverstandes zum gutachterlichen Schluss gelangen, dass sie auf
einen archäologischen Befund gestoßen ist, den sie als Bodendenkmal iSd § 8
Abs. 1 DSMG betrachten und behandeln muss. Denn aufgrund der unerwarteten
Zeitstellung und Komplexität der angetroffenen Stratifikation des Bodens muss
die Fachkraft nicht nur davon ausgehen, dass die entdeckten Befunde gemäß der
in der Fachwelt vorherrschenden Meinung von besonderer historischer Bedeutung sein
dürften; sondern auch davon, dass durch ihre unveränderte Erhaltung in situ
eine geschichtliche Dokumentation in bedeutendem Umfang erreicht werden könnte.
Immerhin lassen sich schließlich dadurch wenigstens 10 (bzw. wenn man die Villa
mitrechnet eventuell sogar 11) chronologisch aufeinanderfolgende Bauphasen der
Besiedlung dieser Fundstelle voneinander unterscheiden, was nur an wenigen
vergleichbaren Fundstellen in Österreich der Fall ist, falls es überhaupt schon
eine andere, bereits bekannte und denkmalgeschützte, vergleichbar
aussagekräftige Stratifikation gibt. Für die Fachkraft muss damit der
Bodendenkmalcharakter dieser Stratifikation iSd § 8 Abs. 1 DMSG „offenkundig“ sein, während es für den
nicht sachverständigen Laien nicht mehr als ein paar völlig bedeutungslos
erscheinende Bodenverfärbungen sind.
Treffen also den Laien, aber eventuell –
abhängig von den genauen Umständen des Einzelfalls – nicht die Fachkraft, bei
der Entdeckung eines (einigermaßen gut erhaltenen) römischen Helms die
Fundmeldepflichten des § 8 samt den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gem. §
9 DMSG; treffen diese – neuerlich abhängig von den genauen Umständen des
Einzelfalls – die Fachkraft, aber – weitgehend unabhängig von den Umständen des
Einzelfalls – sicher nicht den Laien, bei der Entdeckung komplexer
Bodenstratifikationen. Gerade bei Entdeckungen archäologischer Funde und
Befunde durch Fachkräfte hat die Frage der Beurteilung ihres Bodendenkmal- bzw.
Feststellung ihres Denkmalcharakters zusätzlich bedeutende weitreichendere
Folgen, ob nun bei Maßnahmen mit oder ohne NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG.
Bei nicht NFG-pflichtigen Feldforschungen, die
auch tatsächlich ohne NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG durchgeführt werden, bestehen
deshalb nämlich in aller Regel keinerlei Fundmelde- oder Berichtspflichten: die
meisten Funde, die dabei gemacht werden, sind nämlich – sofern es sich nicht um
vollkommen unerwartete, außergewöhnliche handelt – sowohl individuell als auch
kollektiv als Sammlung betrachtet in aller Regel nicht denkmalschutzfähig, weil
ihre Bedeutung nicht ausreichend ist, dass ihre Erhaltung im öffentlichen
Interesse gelegen ist. Das erkennt man schon allein daran, dass das BDA in
seiner nunmehr 95-jährigen Spruchpraxis so gut wie keinen Einzelfund oder bei
einer Feldforschungsmaßnahme erstellte Fundsammlung gem. §§ 3 oder 9 Abs. 3
DMSG unter Denkmalschutz gestellt hat, obwohl seit 1923 wohl um die 15.000
professionelle archäologische Feldforschungen mit NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG
durchgeführt wurden. Die Eintrittswahrscheinlichkeit des Falls, dass bei nicht
NFG-pflichtigen Feldforschungen Gegenstände entdeckt werden, an deren Erhaltung
ein öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG besteht, ist also wohl kaum
größer, wenn nicht sogar deutlich kleiner, als 0,01%; gerade an Orten, an denen
auf Basis sachverständiger Prognose mit dem Vorkommen von Denkmalen gar nicht
zu rechnen ist. Was unbewegliche Befunde betrifft, ist diese
Eintrittswahrscheinlichkeit zwar etwas höher, aber liegt an Orten, an denen auf
Basis sachverständiger Prognose nicht mit dem Vorkommen von Denkmalen zu
rechnen ist, wohl ebenfalls jedenfalls im Bereich unter 1%, vermutlich sogar
kaum höher als 0,1%. In den meisten Fällen wird daher die denkmalrechtliche
Fundmeldepflicht des § 8 Abs. 1 DMSG für bewegliche und unbewegliche
Bodendenkmale nicht bestehen, weil gar keine Bodendenkmale gefunden werden,
sondern eben nur gewöhnliche archäologische Funde und Befunde.
Die bei solchen Nachforschungen entdeckten
beweglichen Kleinfunde sind daher in der überwältigenden Mehrheit aller Fälle
als verborgene Gegenstände iSd § 397 ABGB zu betrachten, deren gemeiner Wert € 10 nicht
übersteigt und deren Entdeckung daher iSd § 391 Abs. 2 ABGB auch nicht der allgemeinen Fundmeldepflicht
des § 390 ABGB unterliegt. Höchstens, wenn es sich bei einem
beweglichen Bodenfund um einen Schatzfund iSd § 398 ABGB handelt – d.h. deren gemeiner wirtschaftlicher
Wert wohl jedenfalls wenigstens € 10 übersteigt – ist die Fundmeldepflicht des
§ 390 ABGB zu beachten, was erfahrungsgemäß wohl
seinerseits nur in weniger als 0,01% aller Bodenfunde der Fall sein wird. Für
Funde unbeweglicher Gegenstände wie archäologischen Befunden besteht hingegen
überhaupt keine allgemeine Fundmeldepflicht, weil alle Fundmeldepflichten des ABGB ausschließlich für bewegliche Gegenstände
gelten.
Das bedeutet natürlich keineswegs, dass
Fachkräfte ihre bei nicht NFG-pflichtigen, tatsächlich ohne NFG durchgeführten
Feldforschungen entdeckten archäologischen Funde und Befunde nicht dennoch dem
BDA im Wege einer Fundmeldung zur Kenntnis bringen können, wenn sie das wollen;
sie müssen das jedoch nicht. Dies entspricht also im Prinzip weitgehend der
Rechtslage in England und Wales, wo archäologische Entdeckungen keiner
Meldepflicht an staatliche Behörden unterliegen, solange es sich dabei nicht um
Schatzfunde iSd Section 1 Treasure Act 1996 igF handelt. In England und Wales
gibt es deshalb seit mehreren Jahrzehnten für freiwillige Fundmeldungen das Portable Antiquities Scheme (PAS; [6.12.2018]) und für die
(ebenfalls großteils freiwillige) Berichterstattung über potentiell denkmal-
und raumplanungsrechtlich relevante archäologische Entdeckungen lokale
Denkmalverzeichnisse, die Historic Environment
Records (HER; z.B. für Wales online verfügbar unter https://www.archwilio.org.uk/arch/ [6.12.2018]). Vergleichbare freiwillige
Meldesysteme fehlen in Österreich jedoch bislang völlig.
Bei NFG-fähigen oder NFG-pflichtigen Maßnahmen,
die mit NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG durchgeführt werden, ist die Situation kaum
anders. Auch bei solchen Feldforschungen bestehen nämlich Fundmeldepflichten
gem. § 11 Abs. 4 DMSG nur „entsprechend
der Bestimmungen des § 8“; d.h. nur für Funde, „die infolge ihrer Lage, Form oder Beschaffenheit den Bestimmungen
dieses Bundesgesetzes unterliegen könnten (Bodendenkmale)“ (§ 8 Abs. 1
DMSG); nur mit verlängerten Meldefristen als einzigem signifikanten Unterschied.
Der NFG-Inhaber muss also auch bei gem. § 11 Abs. 1 DMSG bewilligten
Feldforschungen nur jene archäologischen Funde und Befunde melden, von denen er
annehmen muss, dass ihre unveränderte Erhaltung iSd § 1 Abs. 2 DMSG im
öffentlichen Interesse gelegen ist.
Die darüber hinaus gem. § 11 Abs. 6 DMSG
bestehende Verpflichtung für NFG-InhaberInnen, dem BDA in regelmäßigen
Abständen bzw. spätestens drei Monate nach Abschluss jedes Kalenderjahres einen
umfassenden „Bericht mit allen zur
anschaulichen Darstellung notwendigen Zeichnungen, Plänen, Fotos und sonstigem
Dokumentationsmaterial vorzulegen“ (§ 11 Abs. 6 DMSG) verbessert hier die
Situation nur marginal. Denn auch wenn das im Wortlaut dieser Bestimmung nicht
explizit so gesagt wird, ist klar, dass auch ein solcher Grabungsbericht nur
allfällig denkmalrechtlich relevante (oder wenigstens relevant sein könnende)
Informationen (also solche zu entdeckten und untersuchten Denkmalen oder
wenigstens Bodendenkmalen) enthalten muss: Aufgabe des BDA, was auch immer es
selbst glaubt oder gerne hätte, ist es schließlich nicht, als staatliches
Zentralarchiv für wissenschaftliche archäologische Forschungsergebnisse zu
dienen, sondern Denkmale zu schützen. Man kann sich natürlich die Frage
stellen, wie sinnvoll es bei der Abfassung eines Grabungsberichtes ist, nur
jene Informationen mit aufzunehmen, die denkmalrechtlich relevant sind (und es
wird sich wohl auch kaum eine archäologische Fachkraft darauf beschränken),
aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die Verpflichtung zur
Berichterstattung weit enger gefasst ist, als gemeinhin angenommen wird.
Schließlich hat das alles auch noch
eigentumsrechtliche Konsequenzen, denn auch die Sonderregelungen in § 10 DMSG,
insbesondere dessen Abs. 1, dass bewegliche Bodendenkmale unabhängig von ihrem
Verkehrswert stets als Schatzfund iSd § 398 ABGB (mit allen daraus resultierenden Rechtsfolgen
gem. §§ 399-401 ABGB) gelten, können nur auf Funde von
Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 bzw. Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG angewendet
werden. Voraussetzung für die Anwendung der Sonderregelungen des § 10 DMSG ist
also, dass es sich bei neu entdeckten beweglichen Fundgegenständen wenigstens
um solche handelt, deren unveränderte Erhaltung infolge ihrer Lage, Form oder
Beschaffenheit iSd § 1 Abs. 2 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte.
Es ist daher auch in Hinblick auf die eigentumsrechtliche Zuordnung eines
Neufundes „der Maßstab, ob es sich bei
dem gefundenen Gegenstand »offenkundig« um ein Denkmal handelt, objektiv […] zu
beurteilen“ (Bazil et al. 2015, 56-57).
Damit gibt es grundsätzlich nur zwei
Möglichkeiten, wie diese Beurteilung stattfinden kann.
Die erste davon ist, dass man denselben – dann
allerdings sehr niedrigen und enorm undifferenzierten – Maßstab zur
Beantwortung der Frage heranzieht, ob ein konkreter, neu aufgefundener
Gegenstand ein Bodendenkmal ist, den man bei der Beurteilung von Zufallsfunden durch
Laien anlegen muss. Das bedeutet dann allerdings, dass zwar der von Pieler als
Beispiel genannte „römische Bronzehelm“
(Karl et al. 2017, 112), aber sicher nicht die
überwältigende Mehrheit aller sonstigen beweglichen archäologischen Kleinfunde,
wie z.B. stark fragmentierte, korrodierte oder abgenutzte Keramik- oder
Metallgegenstände, als Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu betrachten sind.
Die zweite Möglichkeit hingegen ist, dass man –
wie es das BDA ohnehin gem. § 9 Abs. 3 DMSG muss, wenn ihm der Fund gem. § 8
Abs. 1 DMSG gemeldet wird – sachverständig beurteilt, ob der neu entdeckte
bewegliche Fundgegenstand, der ja nun, nachdem er entdeckt wurde,
denkmalrechtlich in Hinblick auf die Frage beurteilt werden kann, ob an seiner
unveränderten Erhaltung tatsächlich iSd § 1 Abs. 2 DMSG ein öffentliches
Interesse besteht, tatsächlich ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG ist. Damit kommt
man dann – wie oben dargestellt – zwar zu einem differenzierteren Urteil, aber
im Endeffekt erweisen sich damit ebenfalls die überwältigende Mehrheit aller
neu entdeckten archäologischen Bodenfunde als nicht denkmalschutzfähig.
Was sicherlich nicht geht, ist, die hier
relevante eigentumsrechtliche Frage auf Basis der rein hypothetischen
Möglichkeit zu beantworten, dass jeder von Menschen geschaffene oder gestaltend
veränderte bewegliche Bodenfund unter bestimmten, extrem selten eintretenden
Umständen ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG sein könnte. Denn es geht beim DMSG
eben nicht um den Schutz aller von Menschen geschaffener Gegenstände,
unabhängig davon, ob es sich dabei um einen 5.000 Jahre alten, einzigartigen
archäologischen Fund oder achtlos weggeworfenen Mist von gestern handelt,
sondern um den jener kleinen Anzahl besonderer Gegenstände, denen besondere
geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt. Daher
gilt eben, wie es der VwGH in seinem Erkenntnis vom 23.02.2017, Ro 2016/09/0008, festgestellt hat: es ist „unabdingbare Voraussetzung für die
Anwendung des DMSG […], dass ein
Denkmal vorliegt (§ 1 Abs. 1 DMSG)“; auch für die eigentumsrechtliche
Sonderregelung bezüglich Funden beweglicher Bodendenkmale des § 10 DMSG.
Das bedeutet nun aber auch, dass keineswegs
alle bei durch Fachkräfte – ob nun mit oder bei Nichtbestehen einer
denkmalrechtlichen NFG-Pflicht ohne NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG – durchgeführten
archäologischen Grabungen und sonstigen Nachforschungen entdeckten beweglichen
Kleinfunde durch die eigentumsrechtliche Sonderregelung des § 10 Abs. 1 DMSG
erfasst und daher als Schatzfunde iSd § 398 ABGB betrachtet und eigentumsrechtlich behandelt
werden müssen. Ganz im Gegenteil gilt im Prinzip genau dasselbe, was bei
Bodenfunden von Laien gilt:
Die überwältigende Mehrheit aller beweglichen
archäologischen Funde, die bei von Fachkräften durchgeführten archäologischen
Feldforschungen entdeckt werden, sind als ganz gewöhnliche Funde verborgener
Gegenstände iSd § 397 ABGB zu betrachten und zu behandeln. Eigentumsrechtlich
bedeutet das, dass ihr Finder gem. 395 ABGB nach Ablauf einer mit dem Zeitpunkt der
Entdeckung des Gegenstandes zu laufen beginnenden Jahresfrist das ungeteilte,
alleinige Eigentum an allen beweglichen archäologischen Bodenfunden erwirbt,
die nicht als Schatzfunde iSd § 398 ABGB zu betrachten sind. Nur, wenn es sich bei
einem ganz konkreten, beweglichen Fundgegenstand um „Geld, Schmuck oder andere Kostbarkeiten“ handelt, „die so lange im Verborgenen gelegen haben,
daß man ihren vorigen Eigenthümer nicht mehr erfahren kann“, d.h. um einen
Schatzfund iSd § 398 ABGB, kommt es stattdessen gem. § 399 ABGB zur hadrianischen Fundteilung, d.h. es
erwächst Finder und Grundeigentümer jeweils zur Hälfte das geteilte
Eigentumsrecht an dem Fund.
Als Finder ist dabei aus eigentumsrechtlicher
Sicht bei Funden verborgener Gegenstände gem. § 397 ABGB wohl in erster Linie jene Fachkraft zu
betrachten, welche die Feldforschungsmaßnahme, die zur Entdeckung der Neufunde geführt
hat, durchgeführt bzw. durch dritte Personen durchführen lassen hat; bzw.
sofern diese die Feldforschungen im Auftrag einer dritten Partei (z.B. ihres
Dienstgebers, wenn sie die Feldforschungen in dessen Auftrag während ihrer
Dienstzeit durchgeführt hat), ihr Auftraggeber. Bei Schatzfunden gem. § 398 ABGB gilt im Wesentlichen das gleiche, außer dass
eventuell der Eigentumsanteil des Finders gem. § 401 ABGB nicht dem Dienstgeber der Fachkraft, sondern
dem Auftraggeber dieses Dienstgebers (z.B. bei bauvorbereitenden
archäologischen Arbeiten der Baufirma, die ein archäologisches
Dienstleistungsunternehmen mit der archäologischen Ausgrabung der Baufläche
beauftragt hat) zusteht.
Etwas überraschend ist, dass es dadurch schlussendlich
aufgrund der allgemeinen Fundeigentumsregelung der §§ 388-401 ABGB dazu kommen kann, dass bewegliche
archäologische Funde, an deren Erhaltung tatsächlich kein öffentliches
Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG besteht, ein Jahr nach dem Zeitpunkt ihrer
Auffindung dennoch zu denkmalgeschützten Gegenständen werden. Ist nämlich der
Dienst- bzw. Auftraggeber des Finders der Bund, ein Land, eine andere
öffentlich-rechtliche Körperschaft, Anstalt, Fond, eine gesetzlich anerkannte
Kirche, Religionsgesellschaft oder eine Einrichtung der beiden zuletzt
genannten, wird die betreffende Körperschaft nach Ablauf der Frist des § 395 ABGB bei verborgenen Gegenständen iSd § 397 ABGB zu deren alleinigem Eigentümer. Bei
Schatzfunden iSd § 398 ABGB wird diese Körperschaft hingegen der Eigentümer
des Finderanteils bzw. wenn der Fund auf öffentlichem Grund entdeckt wurde zum
Eigentümer des Anteils des Grundeigentümers und erwirbt damit jeweils einen
Hälfteeigentumsanteil am Fund; d.h. bei Zusammenfall dieser beiden Tatsachen wird
diese ebenfalls zum alleinigen Eigentümer.
Nachdem nun aber archäologische Funde –
wenigstens in der Mehrheit aller Fälle – schon zum Zeitpunkt ihrer Auffindung
wenigstens 100 Jahre alt und – zumeist – auch nicht in größerer Menge
industriell oder handwerklich hergestellte Gebrauchsgegenstände sind, stehen
sie ab dem Augenblick, in dem sie in das alleinige oder überwiegende Eigentum
einer der genannten Körperschaften übergehen, gem. § 2 Abs. 1 DMSG vorläufig
kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz. Dieser Schutz kraft
gesetzlicher Vermutung bleibt bestehen, solange „das Bundesdenkmalamt nicht auf Antrag einer Partei […] auf Feststellung, ob die Erhaltung
tatsächlich im öffentlichen Interesse gelegen ist oder nicht, bzw. von Amts
wegen […] eine bescheidmäßige
Entscheidung über das tatsächliche Vorliegen des öffentlichen Interesses
getroffen hat“ (§ 2 Abs. 1 DMSG), auch wenn von Anfang an „offenkundig“ war, dass ein öffentliches
Interesse an der Erhaltung dieser beweglichen Fundgegenstände unmöglich
bestehen kann.
Schlussfolgerungen
Das Erkenntnis des BVwG vom 19.9.2018 zu Zahl W195 2197506-1/11E hat maßgeblich dazu beigetragen,
die Frage zu klären, unter welchen Umständen in Österreich für Grabungen und
sonstige Nachforschungen zu Entdeckungszwecken eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG
nicht erforderlich ist, beantragt werden kann bzw. beantragt werden muss;
gleichzeitig aber auch gezeigt, wie verworren, verwirrend und absolut
ungeeignet das DMSG in seiner derzeit geltenden Fassung ist. Die wohl wichtigste
Erkenntnis, die man aus diesem Erkenntnis des BVwG gewinnen kann, ist, dass im österreichischen
archäologischen Denkmalrecht – in für das Land typischer Manier – alles sehr
kompliziert ist (Abbildung 1).
Einige sehr wichtige Dinge lassen sich dennoch
nun einigermaßen eindeutig sagen, insbesondere, was die NFG-Pflicht des § 11
Abs. 1 DMSG bzw. sich das daraus zwingend ergebende archäologische
Feldforschungsverbot für Laien auf bestimmten und die Möglichkeit bzw.
Erforderlichkeit der Beantragung einer NFG vor Durchführung von Feldarbeiten
durch Fachleute auf teilweise denselben, teilweise anderen Bodenflächen
betrifft. Zentral ist dabei, dass es – im Gegensatz zum vom BDA in seinen Richtlinien erweckten Eindruck, dass die
Bewilligungspflicht in erster Linie von den Methoden abhängt, deren Verwendung
geplant ist (BDA 2018, 10-20) – in erster Linie auf den Ort ankommt,
an dem Grabungen oder sonstige Nachforschungen zu Entdeckungszwecken
durchgeführt werden sollen; während die Frage, welche Forschungsmethoden dabei
verwendet werden, bestenfalls sekundär, wenn nicht sogar nahezu gänzlich
irrelevant ist.
Für die Durchführung geplanter Entdeckungs-
bzw. Untersuchungsversuche benötigen graduierte ArchäologInnen an all jenen
Orten zwingend eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG, an denen sie bei objektiver
Betrachtung – d.h. anhand konkreter, allgemein zugänglicher Hinweise – wissen
oder ernsthaft damit rechnen müssten, dass die Entdeckung von Denkmalen iSd § 1
Abs. 1 DMSG unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche wenigstens wahrscheinlich ist.
Ob sie damit ernsthaft rechnen müssen, müssen sie selbst auf Basis ihres
besonderen Sachverstandes als Fachleute beurteilen. Jedenfalls besteht diese
NFG-Pflicht also, wenn die betroffene Bodenfläche bereits gem. §§ 2a, 3 oder 9
Abs. 3 DMSG unter Denkmalschutz gestellt wurde, bereits allgemein bekannt ist,
dass bezüglich dieser Bodenfläche ein Unterschutzstellungsverfahren läuft, oder
bereits durch allgemein verfügbare sachverständige Gutachten oder vergleichbar
aussagekräftige Quellen der Denkmalcharakter der betroffenen Bodenfläche
nachvollziehbar bejaht wurde.
Fachlichen Laien ist hingegen auf allen
Bodenflächen, auf denen sie bei objektiver Betrachtung – d.h. ebenfalls anhand
konkreter, allgemein zugänglicher Hinweise – oder subjektiv – d.h. anhand ihnen
selbst verfügbarer, aber nicht allgemein bekannter, nachvollziehbarer Hinweise
– wissen oder ernsthaft damit rechnen müssten, dass die Entdeckung von
Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG dabei wenigstens wahrscheinlich ist, jeder
geplante Entdeckungs- bzw. Untersuchungsversuch durch die Bestimmungen des § 11
Abs. 1 DMSG gänzlich verboten. Ob sie damit rechnen müssen, müssen sie
ebenfalls selbst auf Basis ihres laienhaften Verständnisses des
Bodendenkmalbegriffs des § 8 Abs. 1 DMSG (sinngemäß: Gegenstände, die Denkmale
iSd § 1 Abs. 1 DMSG sein könnten) beurteilen. Jedenfalls besteht das Verbot für
Entdeckungs- und Untersuchungsversuche durch Laien also, wenn die betroffene
Bodenfläche bereits gem. §§ 2a, 3 oder 9 Abs. 3 DMSG unter Denkmalschutz gestellt
wurde oder andere vergleichbar konkrete, allgemein bekannte Hinweise auf das
Vorkommen „offenkundig“ besonders
bedeutender Bodenfunde hindeuten. Wollen sie ganz sicher gehen, nichts
Widerrechtliches tun zu können, sollten Laien daher auch in den Boden bzw.
Grund unter Wasser eingreifende Entdeckungs- bzw. Untersuchungsversuche auch
z.B. auf allen jenen Bodenflächen unterlassen, auf denen allgemein oder ihnen
subjektiv bekanntermaßen schon Funde aus älterer (z.B. stein-, bronze-,
keltischer, römischer, mittelalterlicher) Zeit entdeckt wurden, deren
Denkmalschutzwürdigkeit Laien selbst aufgrund des ihnen fehlenden besonderen
Sachverstandes der Fachkraft nicht sicher beurteilen können.
Für die Durchführung geplanter Entdeckungs- und
Untersuchungsversuche an allen Orten, an denen bei objektiver Betrachtung die
Entdeckung von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG unwahrscheinlich ist, aber dennoch
aus vernünftig nachvollziehbaren Gründen vom Planenden subjektiv ernsthaft angenommen
werden kann, dass welche entdeckt werden könnten, können graduierte
ArchäologInnen eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragen, müssen das aber
nicht. Wird eine NFG unter solchen Umständen beantragt, muss sie vom BDA
erteilt werden, weil keine objektiven Gründe gegen ihre Erteilung sprechen.
Eine solche NFG-Fähigkeit besteht z.B. auf Bodenflächen, die dem BDA bereits
länger bekannte archäologische Fundstellen sind, die aber dennoch nicht unter
Denkmalschutz gestellt wurden; oder auch auf solchen, von denen objektiv
betrachtet noch gar keine konkreten Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen
bekannt sind, aber die dort Feldforschungen planenden ArchäologInnen aufgrund
eigener Beobachtungen (z.B. von Bewuchs- oder Geländemerkmalen) oder
prognostischer Modellierungen dennoch damit rechnen, dort signifikante
Archäologie zu finden.
Alle von graduierten ArchäologInnen geplanten
Grabungen und sonstigen Nachforschungen auf Bodenflächen, von denen weder bei
objektiver Betrachtung bereits konkrete Hinweise auf das wahrscheinliche
Vorkommen von Denkmalen allgemein bekannt sind und bei denen die Durchführenden
auch nicht subjektiv aus vernünftig nachvollziehbaren Gründen ernsthaft mit der
Entdeckung von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG rechnen sind hingegen nicht
NFG-fähig, d.h. eine NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG kann von ihnen weder beantragt
noch vom BDA erteilt oder verweigert werden. Muss der Durchführende nämlich
weder annehmen noch vermutet er selbst ernsthaft, dass er bei seinen geplanten
Handlungen wahrscheinlich Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG entdecken wird, kann er
den Anknüpfungstatbestand des § 11 Abs. 1 DMSG – den zielgerichteten Versuch
der Entdeckung von Denkmalen unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche – nicht
erfüllen. Damit besteht keine Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 11 Abs. 1
DMSG auf seine Handlungen und damit auch keine Entscheidungskompetenz des BDA
über deren Zulässigkeit. Alle Feldforschungen auf derartigen Bodenflächen
müssen also jedenfalls und dürfen daher auch gänzlich ohne NFG gem. § 11 Abs. 1
DMSG durchgeführt werden. Dies trifft insbesondere bei großflächigen
geophysikalischen und anderen Surveys zu, bei denen nicht mit der Entdeckung
irgendwelcher Denkmale gerechnet wird, sondern vielmehr nur überprüft werden
soll, ob auf den untersuchten Bodenflächen nicht doch – entgegen der objektiven
und subjektiven Erwartungshaltung der Forschenden – unerwarteter Weise welche
vorkommen. Es trifft aber ebenso z.B. auf alle jene bauüberwachenden
archäologischen Untersuchungen zu, bei denen die durchführenden ArchäologInnen
nur dazu abgestellt sind, z.B. bei Baggerarbeiten unerwartet auftretende
archäologische Funde und Befunde zu sichern und zu bergen (in der britischen
Diktion sogenannte „watching briefs“);
und wohl ebenso für die meisten Suchschnitte bei bauvorbereitenden Arbeiten.
Sofern graduierte ArchäologInnen auf den beiden
zuletzt genannten Bodenflächen Grabungen oder sonstige Nachforschungen ohne NFG
gem. § 11 Abs. 1 DMSG durchführen, sind alle Funde von mutmaßlichen Denkmalen
(d.h. Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG), die sie dabei entdecken, als „Zufallsfunde“ gem. § 8 Abs. 1 DMSG zu
behandeln; d.h. es besteht die ganz normale Zufallsfundmeldepflicht des § 8
samt den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG. Ob ein Zufallsfund
bei solchen Feldforschungen als Bodendenkmal iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu betrachten
ist, ist von den die Feldarbeiten durchführenden bzw. leitenden graduierten
ArchäologInnen selbstständig sachverständig zu beurteilen. Nur wenn die
durchführenden ArchäologInnen vom BDA beauftragt wurden, Bauarbeiten
archäologisch zu überwachen, sind die sonst bestehenden Veränderungsverbote
gem. § 9 Abs. 1 und 3 DMSG nicht zu beachten, sondern solche vom BDA in Auftrag
gegebenen Überwachungsarbeiten sind als amtswegige Maßnahmen des BDA gem. § 11
Abs. 2 DMSG zu betrachten, die von den NFG-Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG
explizit ausgenommen sind.
Von Laien durchgeführte Grabungen und sonstige
Nachforschungen mit Entdeckungszwecken sind schließlich ebenfalls nicht
NFG-fähig, wenn sie auf Bodenflächen stattfinden, auf denen der sie durchführende
Laie weder bei objektiver Betrachtung wissen muss noch subjektiv annimmt, dass
er dort dabei wahrscheinlich Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG entdecken wird.
Alle derartigen Entdeckungsversuche auf derartigen Bodenflächen sind Laien
daher ebenfalls ohne NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG erlaubt. Derartige Bodenflächen
sind jedenfalls alle, von denen noch keine signifikanten archäologischen
Bodenfunde in leicht allgemein zugänglichen Quellen bekannt sind; sowie auch
alle, von denen bisher nur Bodenfunde jüngeren Alters (spätneuzeitlich oder
jünger) bekannt sind. Finden Laien bei derartigen Entdeckungsversuchen auf
derartigen Bodenflächen dennoch wider Erwarten Gegenstände, die sie – mit ihrem
laienhaften Verständnis – als Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG betrachten
müssen, wie z.B. gut erhaltene römische Bronzehelme (Karl et al. 2017, 112), gelten diese ebenfalls als „Zufallsfunde“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG und
sind daher entsprechend der Fundmeldepflichten des § 8 und der sich daraus
ergebenden Rechtsfolgen des § 9 DMSG zu behandeln.
Darüber hinaus gelten auch alle
eigentumsrechtlichen Sonderregelungen des § 10 DMSG nicht für alle beweglichen
archäologischen Kleinfunde, sondern nur für solche Funde, die wenigstens als
Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu betrachten sind. Dies ist jedoch – egal ob
bei der sachverständigen Betrachtung durch die Fachkraft oder der laienhaften
Betrachtung durch Personen, die kein einschlägiges Universitätsstudium
abgeschlossen haben – stets nur eine verschwindend geringe Minderheit aller –
ob bei professionellen oder laienhaften – archäologischen Ausgrabungen und
sonstigen Nachforschungen an Ort und Stelle entdeckten Bodenfunde. Für alle
anderen Bodenfunde – d.h. alle, denen nicht wenigstens jenes Mindestmaß an „offenkundiger“ geschichtlicher,
künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung zukommt, dass an ihrer
Erhaltung ernsthaft ein öffentliches Interesse iSd § 1 Abs. 2 DMSG bestehen
könnte, die es erlaubt, sie als Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu betrachten
– gelten hingegen unverändert die allgemeinen Fundeigentumsregelungen für
verborgene Gegenstände des § 397 bzw. wirtschaftlich wertvolle Schatzfunde der
§§ 398-401 ABGB. Das bedeutet, dass für die überwältigende
Mehrheit aller bei solchen Feldforschungsmaßnahmen bzw. Entdeckungsversuchen
tatsächlich entdeckten Fundgegenstände – d.h. alle deren gemeiner Wert € 10
nicht übersteigt – dem freien Zueignungsrecht des Finders des § 395 ABGB unterliegen, d.h. nach Ablauf eines vollen
Kalenderjahres ab dem Zeitpunkt der Auffindung in das ungeteilte, alleinige
Eigentum ihres Finders übergehen.
Von der vom BDA seit vielen Jahrzehnten
propagierten NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG für alle „Grabungen und sonstigen Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke
der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter
der Erd- bzw. Wasseroberfläche“ bleibt also bei genauerer Betrachtung nur
sehr wenig übrig; nämlich nur etwa das, was auch in Bayern gilt. Eine
NFG-Pflicht besteht auch in Österreich gem. § 11 Abs. 1 DMSG nur dort, wo man –
um es in den Worten des bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG)
auszudrücken – „weiß oder vermutet oder
den Umständen nach annehmen muß, daß sich dort Bodendenkmäler befinden“
(Art. 7 Abs. 1 BayDSchG). Dort, wo man das annehmen muss, sind alle
Versuche, Denkmale zu entdecken, NFG-pflichtig gem. § 11 Abs. 1 DMSG, egal mit
welcher Suchmethode. Dort, wo man es nicht annehmen muss, ist hingegen die
Verwendung keiner Suchmethode NFG-pflichtig, weil wo es keinen Grund zur
Annahme gibt, dass es dort schutzwürdige Denkmale geben könnte, gilt auch –
ganz iSd § 1 Abs. 1 DMSG – keine einzige der Bestimmungen des DMSG. Denn das
DMSG ist ein Denkmalschutzgesetz, kein Gesetz zum Schutz vor archäologischen
Entdeckungsversuchen.
Literaturverweise
Bazil, C., Binder-Krieglstein, R., Kraft, N.
2015. Das österreichische
Denkmalschutzrecht. Denkmalschutzgesetz & Kulturgüterschutzrecht,
Durchführungsvorschriften, Unionsrecht. 2. Aufl., Wien: Manz.
BDA 1920-2016. Fundberichte aus Österreich. Band 1-55, Wien: Bundesdenkmalamt.
BDA 2016. Richtlinien
für archäologische Maßnahmen. 4. Fassung – 1 Jänner 2016. Wien:
Bundesdenkmalamt.
BDA 2018.
Richtlinien für archäologische Maßnahmen. 5. Fassung – 1 Jänner 2018. Wien: Bundesdenkmalamt
[29.11.2018].
Karl, S., Koch, I., Pieler, E. 2017. Revidierung der gesetzlichen
Vorschriften zu archäologischen Funden und Schätzen in der österreichischen
Monarchie zwischen 1834 und 1846. Mit einem Ausblick auf die heutige Situation. Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LXXI/1,
86-119 [4.12.2018].
Kriesch, E.G., Eberl, W., Bielfeldt, D.,
Wegener, H.-H. 1997. Gegen die Raubgräber.
2. Aufl., Bonn: Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz.
RV 1999. Regierungsvorlage. Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend
Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher,
künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert
wird. 1769 der
Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP [4.12.2018].
[1] Es mag auf den ersten Blick
aus archäologischer Sicht als widersinnig erscheinen, Bodendenkmale, die bei
Metallsuchen, archäologischen Prospektionen oder sogar Grabungen entdeckt
werden, rechtlich als „Zufallsfunde“
zu behandeln, denn ihr Finder hat ja schließlich nach Bodenfunden gesucht und
daher offensichtlich ‚vorsätzlich‘
gehandelt.
Aus rechtlicher Sicht ist es jedoch so, dass
der Finder in einem solchen Fall zwar sicher gesucht hat und vielleicht sogar
tatsächlich Denkmale finden wollte, aber die Verwirklichung des gesetzlichen
Tatbildes der „Entdeckung … von
Denkmalen“ des § 11 Abs. 1 DMSG am Ort seiner Suche nicht ernsthaft für
möglich halten konnte: es fehlte ihm schließlich jeder konkrete Hinweis darauf,
dass es dort, wo er gesucht hat, überhaupt denkmalschutzrelevante Gegenstände
zu finden gibt und er konnte daher auch nicht vernünftig erwarten, welche zu
finden. Damit kann er aber im Sinne der Definition des Begriffs in § 5 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) keinen Vorsatz ausgebildet
haben, nicht einmal einen Eventualvorsatz, weshalb auch die NFG-Pflicht des §
11 Abs. 1 DMSG in diesem Fall nicht ausgelöst wird. Daher sind Funde, die bei
Handlungen entdeckt wurden, für die keine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG
bestand und die sich daher aus rechtlicher Sicht von Funden von Bodendenkmalen
bei jeder beliebigen anderen Handlung (wie z.B. Bau-, Feld-, Wald-,
Gartenarbeiten, etc.) nicht unterscheiden, dann auch „Zufallsfunde“ iSd § 8 Abs. 1 DMSG.
Es wäre natürlich eventuell glücklicher
gewesen, wenn man diese Funde in der Bestimmung des § 8 Abs. 1 DMSG nicht als „Zufallsfunde“, sondern als „unerwartete Funde“ von Bodendenkmalen
bezeichnet hätte, weil das für uns ArchäologInnen weniger verwirrend gewesen
wäre. Aber aus rechtlicher Sicht tut es wenig zur Sache, ob wir ArchäologInnen –
oder sonstige StaatsbürgerInnen – durch unglücklich gewählte Rechtsbegriffe
verwirrt werden: im Sinne des allgemeinen Gleichheitssatzes ist (rechtlich)
Gleiches rechtlich gleich zu behandeln, egal ob das jemanden verwirrt, auch wenn
es für jeden Rechtsunterworfenen zw. -anwender besser wäre, die Gesetze wären
möglichst verständlich formuliert.
[2] Das ist insbesondere bei laufenden
Unterschutzstellungsverfahren schon allein deshalb ein Problem, weil das BDA vermutlich
aufgrund der Amtsverschwiegenheitspflicht und des Datenschutzes die
Information, dass bezüglich eines bestimmten Grundstückes ein
Unterschutzstellungsverfahren am Laufen ist, überhaupt nicht an am
Unterschutzstellungsverfahren unbeteiligte Dritte weitergeben darf. Darüber
hinaus ist es auch höchstgradig fraglich, ob eine Anfrage ans BDA, ob bezüglich
eines Grundstückes ein Unterschutzstellungsverfahren am Laufen ist, nicht
bereits einen Aufwand für den Planenden darstellt, der über die Erfordernisse
der gewöhnlichen Sorgfaltspflicht hinausgeht.
[3] „Einschlägige Universitätsstudien“ sind
laut der Regierungsvorlage zum DMSG 1999 „Studien
der Archäologie sowie der Ur- und Frühgeschichte, soweit es sich um Studien handelt,
bei denen zugleich praktische Ausgrabungstätigkeit Pflichtfach ist“ (RV
1999, 54).
[4] Laien steht damit de facto
auch nicht die Möglichkeit offen, Rechtsmittel gegen einschlägige
Entscheidungen zu ergreifen, wenn sie nicht einen solchen von Haus aus sinnlosen
Antrag stellen: eine allfällige Verletzung ihrer Rechte kann nur in dem Fall
vorliegen, dass das BDA einen Antrag eines Laien auf Erteilung einer NFG gem. §
11 Abs. 1 DMSG abweist, obwohl eine
NFG-Pflicht für die von diesem Laien am konkret betroffenen Grundstück
geplanten Grabungen oder sonstige Nachforschungen aufgrund des Fehlens
ausreichender konkreter Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen auf diesem gar
nicht besteht, es den Antrag also wegen Unzuständigkeit zurückweisen hätte müssen. Der Laie müsste also einen Antrag
stellen, der unter keinen Umständen eine Aussicht auf Erfolg hat, um die Frage
klären zu können, ob er überhaupt keinen Antrag stellen hätte müssen. Das ist
natürlich völlig absurd; und kein Mensch wird sich diese Mühsal antun; und man
kann es vom durchschnittlichen Staatsbürger auch nicht verlangen, dass er das
tut, um Rechtssicherheit zu erhalten.
[5] Und wie hochgradig
unverlässlich solche unverbindlichen Rechtsauskünfte durch das BDA bisher
waren, kann man unschwer an der Tatsache erkennen, dass ich mich über zwei mir
durch das BDA rechtswidrig erteilte NFG-Bescheide beim Bundesverwaltungsgericht
beschweren musste, obwohl die tatsächliche Rechtslage in beiden Fällen völlig
klar und eindeutig war. Man kann daher als Staatsbürger nicht darauf vertrauen,
dass das BDA korrekte unverbindliche Rechtsauskünfte erteilt; sondern muss
vielmehr davon ausgehen, dass es entweder selbst nicht weiß, was das Gesetz von
ihm verlangt, mit dessen Vollzug es betraut ist; oder wider besseres Wissen fälschlich
auch dann behauptet, dass eine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG besteht, auf
denen eine solche unmöglich bestehen kann. Und zwar selbst auf Bodenflächen,
bezüglich derer bereits gerichtlich geklärt wurde, dass auf ihnen eine
gesetzliche NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG für archäologische Grabungen und
sonstige Nachforschungen tatsächlich nicht besteht.
[6] Z.B. das Denkmalverzeichnis
des BDA (https://bda.gv.at/de/denkmalverzeichnis/ [4.12.2018]) oder das Online-GIS
des Bundeslandes, in dem das betreffende Grundstück liegt, sofern in diesem
Denkmale verzeichnet sind (z.B. https://www.doris.at/viewer/(S(iuykg25zk3hbwdigecktcc3n))/init.aspx?ks=alk&karte=doka
[4.12.2018]). Mehr als einen
solchen Aufwand muss der Laie nicht investieren, weil mehr kann man von einem
durchschnittlichen Bürger nicht verlangen. Z.B. muss ein Laie sicherlich nicht
die FÖ konsultieren, denn das wäre mit überdurchschnittlichen hohem Aufwand
verbunden: außer in der Nationalbibliothek in Wien und in den Bibliotheken der
Universitäten, die Archäologiestudien anbieten, sind diese nicht allgemein
zugänglich. Die Nachschau in ihnen ist daher ein unverhältnismäßiger Aufwand;
nachdem es sich dabei inzwischen um 55 Bände mit jeweils mehreren hundert
Seiten Text handelt, selbst für Jemanden, der in einer Universitätsstadt wohnt.
Der für eine Recherche in den FÖ erforderliche Aufwand übersteigt daher das Maß
der gewöhnlichen Sorgfaltspflicht bei weitem.
[7] Dies ist selbst dann der
Fall, wenn die professionellen ArchäologInnen, die eine solche Grabung
durchführen, weder subjektiv davon ausgehen, dass sie bei dieser Ausgrabung denkmalschutzrelevante
Gegenstände finden werden, noch konkrete Hinweise auf das Vorkommen solcher
Gegenstände vom betreffenden Grundstück bekannt sind; also eigentlich dort
überhaupt keine NFG-Pflicht gem. § 11 Abs. 1 DMSG besteht. Davon kann der Laie
jedoch schon allein deshalb nicht ausgehen, weil professionelle archäologische
Ausgrabungen überdurchschnittlich häufig an Orten durchgeführt werden, an denen
wenigstens Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 vorkommen; auch wenn das keineswegs bei
allen professionellen Ausgrabungen der Fall ist. Nachdem der Laie in der Regel
die genauen Umstände des Einzelfalls aber nicht kennt und seine fachliche
Urteilskraft – er verfügt eben nicht über den besonderen Sachverstand einer
Fachkraft – auch geringer ist als die der ArchäologInnen, die diese konkrete
Grabung durchführen, muss er davon ausgehen, dass diese ArchäologInnen mit der
Entdeckung denkmalschutzrelevanter Gegenstände auf der Grabungsfläche rechnen.
Damit ist ihm die Nachforschung auf dieser konkreten Bodenfläche auch durch die
Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG verboten.
[8] Bei denen daher ein höherer
durchschnittlicher Kenntnisstand über archäologische Bodenfunde vorausgesetzt
werden kann als beim Durchschnittsbürger.
[9] Dies ist ein maßgeblicher
Unterschied zu Laien, die nicht die Frage nach der Wahrscheinlichkeit des
Vorkommens von Denkmalen iSd § 1
Abs. 1 DMSG, sondern die nach der Wahrscheinlichkeit der Entdeckung von Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG zu
beantworten haben.
[10] Ursache dafür, dass Laien im
Gegensatz zu Fachleuten im gleichen Kontext die Frage nach dem Vorkommen von
Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG und nicht von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1 DMSG
am Ort der geplanten Untersuchung beantworten müssen, ist die, dass Laien eine
NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG überhaupt nicht erteilt bekommen können und ihnen der
erforderliche besondere Sachverstand zur Beurteilung der Frage, ob ein
Gegenstand ein Denkmal iSd § 1 Abs. 1 DMSG (d.h. ein Gegenstand, an dessen
Erhaltung aufgrund der in § 1 Abs. 2 DMSG genannten Kriterien ein öffentliches
Interesse besteht) ist, notwendigerweise fehlt. Laien können daher höchstens
die Rechtsfrage (und wie bereits weiter oben ausgeführt, selbst diese nur mit
erheblichen Schwierigkeiten) beantworten, ob Gegenstände, die sie entdeckt
haben oder wahrscheinlich entdecken werden, den Beschränkungen des DMSG
unterliegen könnten; d.h. Bodendenkmale sind. Für Laien kann sich daher stets
nur die Frage stellen, ob sie bei einer von ihnen geplanten Untersuchung
wahrscheinlich Gegenstände finden werden, die sie subjektiv ex ante als Bodendenkmale erkennen
können. Ist dies der Fall, müssen sie daher davon ausgehen, dass sie – weil sie
es nicht besser wissen können – auch tatsächlich Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG
finden könnten (ohne das erkennen oder wissen zu können) und daher die von
ihnen geplante Grabung oder sonstige Nachforschung nicht durchführen dürfen.
[11] Das mag aus
denkmalpflegerischer Sicht rechtspolitisch verfehlt erscheinen (so z.B. Bazil
et al. 2015, 112), wenn man die Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG als
Schutzbestimmung versteht, die Denkmale (oder sogar nur Bodendenkmale) vor der
Entdeckung schützen soll. Das kann aber schon alleine deshalb nicht der Sinn
der Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG sein, weil der rechtliche Schutz von
Kulturgütern – und darum geht es bei allen Schutzbestimmungen des DMSG –
voraussetzt, dass das zu schützende Kulturgut bereits bekannt ist. Das wiederum
setzt voraus, dass ein tatsächlich existierendes, aber noch im Verborgenen
gelegenes und daher noch unbekanntes, Kulturgut zuerst einmal entdeckt werden
muss, damit die Schutzbestimmungen des DMSG überhaupt greifen können. Der
Gesetzgeber kann also Denkmale nicht vor der Entdeckung schützen (oder auch nur
schützen wollen), sondern nur vor von Handlungen, die zur Entdeckung von
Denkmalen führen (können), für die unveränderte Erhaltung schützenswerter
Denkmale ausgehenden Gefahren. Solche Gefahren für die Erhaltung
schützenswerter Denkmale kann es aber selbstverständlich nur geben, wenn
tatsächlich ein solches vorhanden ist, weshalb auch der erfolglose
Entdeckungsversuch (von dem folglich aufgrund der objektiv gegebenen Umstände
des Einzelfalls keine Gefahr für das rechtliche Schutzgut ausgehen konnte)
nicht strafbar sein kann.
[12] Was es eben in der Praxis
dann für diese Fachkraft sinnvoll erscheinen lassen wird, auch tatsächlich eine
NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG zu beantragen. Denn unter den zu erwartenden
archäologischen Funden und Befunden können sich selbstverständlich stets welche
befinden, die vielleicht doch – aber eben unerwarteter Weise – aufgrund ihrer
Lage, Form oder Beschaffenheit Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG sein könnten und
daher iSd § 8 Abs. 1 DMSG Bodendenkmale sind, deren – im rechtlichen Sinn dann
eben „zufällige“ – Entdeckung bei der geplanten archäologischen Maßnahme die
Zufallsfundmeldepflichten des § 8 samt deren Rechtsfolgen gem. § 9 DMSG
auslösen würden.
[13] Wenigstens zum derzeitigen
wissenschaftlichen Kenntnisstand, d.h. ohne Durchführung weiterer
Untersuchungen zur Gewinnung weiterer, neuer Erkenntnisse über ihre Bedeutung.
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